L 2 U 218/96

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 13 U 29/95
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 218/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ob der Sozialversicherungsträger von der Einrede der Verjährung Gebrauch macht, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Der Hinweis der Beklagten, rechts- und damit ermessensmissbräuchlich sei die Erhebung der Einrede nur, wenn die Beklagte durch falsche und unvollständige Auskunft, die
Fristversäumnis mitverursacht haben, ist nicht nur unzutreffend, sondern auch eine nicht hinreichende Ermessensausübung.
I. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 31.05.1996 wird aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 27.07.1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.1995 verpflichtet, einen neuen Bescheid unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu erteilen.
II. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am ...1944 geborene Kläger erlitt 1962 während seiner Tätigkeit bei der Fa ... eine Verletzung des rechten Auges durch einen Eisensplitter. Der Beklagten lag ein Durchgangsarztbericht vom 05.06.1962 vor. Zahlungen wurden 1962 und 1963 geleistet.

Am 27.07.1990 bat der derzeitige Arbeitgeber des Klägers, die Fa ... Fahrzeugbau, um Überprüfung, ob der Arbeitsunfall von 1962 gemeldet sei. Die Ermittlungen der Beklagten bei den behandelnden Ärzten und Kliniken sowie der Nachfolgefirma der Fa ... blieben erfolglos. Die AOK Straubing übersandte die Bestätigung einer Krankheitszeit vom 28.05.1962 bis 01.07.1962 wegen Augenverletzung durch Metallsplitter. Mit Schreiben vom 15.06.1962 hatte die Bezirksverwaltung München der Beklagten die Akten bezüglich des Unfalles des Klägers zuständigkeitshalber an die Bezirksverwaltung Nürnberg übersandt. Am 23.10.1963 war bei der Musterung eine Sehschwäche festgestellt worden. Nach Einholung eines Gutachtens des behandelnden Augenarztes Dr ... vom 05.11.1993 sowie von dem Augenarzt Dr ... vom 25.05.1994 erkannte die Beklagte im Bescheid vom 27.07.1994 als Folgen des Arbeitsunfalles an: Linsenlosigkeit und Hornhautnarben des rechten Auges nach durchbohrender Hornhautverletzung mit nachfolgendem Wundstar. Ab 01.01.1986 wurde ein Rentenanspruch nach einer MdE von 20 v.H. anerkannt. Für die Zeit vor dem 01.01.1986 sei der Anspruch gemäß § 45 Abs.1 SGB I durch Zeitablauf verjährt.

Mit Widerspruch vom 22.08.1994 wandte der Kläger ein, ein positiver Rentenbescheid hätte 1962 ergehen müssen. Der entstandene Schaden sei im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu beheben.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.1995 zurück. Der Anspruch auf Rente für die Zeit vor dem 01.01.1986 sei verjährt. Im Einzelfall könne die Geltendmachung der Verjährungseinrede rechts- und damit ermessenmissbräuchlich sein. Anzunehmen sei dies aber nicht bereits bei Unkenntnis des Berechtigten vom Bestehen eines Anspruchs, selbst wenn diese Unkenntnis auf einer Verletzung der allgemeinen Aufklärungspflicht beruhen sollte. Rechtsmissbrauch sei nur dann anzunehmen, wenn der Leistungsträger durch eine unrichtige missverständliche oder unvollständige Auskunft die Fristversäumnis mitverursacht habe. Ein derartiger Sachverhalt sei nicht gegeben. Die vorgetragenen Einwendungen rechtfertigten daher keine Abänderung des ergangenen Bescheides.

Während des Klageverfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 12.07.1995 die Rente neu festgestellt und die MdE ab 13.06.1994 auf 25 v.H. erhöht. Es sei eine Verschlimmerung der Unfallfolgen eingetreten. Im Erörterungstermin vom 30.05.1996 hat der Kläger erklärt, streitig sei lediglich eine eventuelle Gewährung der rückwirkenden Rente ab 1962. Die mit Bescheid vom 12.07.1995 gewährte Rente sei dagegen nicht strittig. Weiter hat er erklärt, er habe bis 1990 nie bei der Beklagten nachgefragt.

Mit Gerichtsbescheid vom 31.05.1996 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung der Verletztenrente für die Zeit vor dem 01.01.1986. Gemäß § 45 SGB I verjährten Ansprüche auf Sozialleistungen in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind. Der Anspruch des Klägers sei mit dem Eingang der Unfallanzeige entstanden. Die Unterbrechung der Verjährung hierdurch habe nicht bis zur Entscheidung der Beklagten mit Bescheid vom 27.07.1994 angedauert, denn das Verwaltungsverfahren sei spätestens 1964 in Stillstand geraten. Der Kläger habe sich nicht so verhalten, wie es das sachliche Recht von allen Bürgern erwarte, denn er habe sich erstmals 1990 an die Beklagte gewandt, um Leistungen zu erhalten. Selbst wenn man der Auffassung des Klägers, es bestehe ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch folge, wäre als zeitliche Grenze dieses Anspruches § 44 Abs.4 SGB X zu beachten, so dass sich auch dann keine Nachleistungspflicht der Beklagten über einen Zeitraum von vier Jahren hinaus ergebe.

Der Kläger wendet mit der Berufung vom 05.07.1996 ein, er sei der Überzeugung gewesen, dass bezüglich des Unfalls 1962 noch eine abschließende Entscheidung durch die Beklagte ergehen werde. Da sie von Amts wegen tätig geworden sei, habe er keine Veranlassung gesehen, sich nach dem Fortgang des Verfahrens zu erkundigen. Die Geltendmachung der Verjährungseinrede sei rechtsmissbräuchlich. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, ihn auf den Sachstand bezüglich der Rente hinzuweisen. Diese Unterlassung habe dazu geführt, dass die Beklagte den Zeitablauf mitverursacht habe.

Die Beklagte erkläre mit Schreiben vom 13.09.1996, von einer Verletzung der Aufklärungspflicht könne keine Rede sein, da der Kläger vor 1990 nicht an die Beklagte herangetreten sei. Es lasse sich nicht mehr nachvollziehen, ob der Beklagten im Zusammenhang mit der unfallbedingten Behandlung Unterlagen vorgelegen hätten, die ein weiteres Tätigwerden von Amts wegen erforderlich gemacht hätten. Die Erhebung der Verjährungseinrede sei nicht schon dann rechtsmissbräuchlich, wenn die nicht rechtzeitige Leistungserbringung in den Verantwortungsbereich des Leistungsträgers falle.

Der Kläger stellt den Antrag, seinem Antrag, ggf. auch teilweise, stattzugeben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und sachlich teilweise begründet.

Die Entscheidung richtet sich nach den bis 31.12.1996 geltenden Vorschriften der RVO, da der streitige Versicherungsfall vor dem 01.01.1997 eingetreten ist und über einen daraus resultierenden Leistungsanspruch vor dem 01.01.1997 zu entscheiden gewesen wäre (§§ 212, 214 Abs.3 SGB VII i.V.m. § 580 RVO).

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 27.07.1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.1995; nicht dagegen der Bescheid vom 12.07.1995, da er einen anderen Streitgegenstand, nämlich die Höhe der MdE für die Zukunft, betrifft und vom Kläger ausdrücklich nicht angefochten wird. Die Gewährung von Leistungen für die Zeit vor dem 01.01.1986 hat die Beklagte noch zu überprüfen.

Die Beklagte hatte, wie das Schreiben vom 15.06.1962 zeigt, Kenntnis von dem Arbeitsunfall des Klägers und hat 1962 und 1963 auch Leistungen bewilligt. Daher hätte sie über einen Rentenanspruch durch Bescheid entscheiden müssen. Dies ist erst mit Bescheid vom 27.07.1994 für die Zeit ab 01.01.1986 geschehen, wobei die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hat.

Leistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung werden von Amts wegen erbracht (§ 19 Satz 2 SGB IV). Der Unfallversicherungsträger hat das Feststellungsverfahren nicht erst auf Antrag, sondern von sich aus zu betreiben, sobald er von einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit Kenntnis erlangt (Schulin, Unfallversicherungsrecht, § 24 Rdnr.25). Hält der Unfallversicherungsträger einen Leistungsanspruch für nicht gegeben, muss er nicht in jedem Fall einen ablehnenden Verwaltungsakt erteilen oder den Betroffenen in anderer Weise informieren. Dies vor allem nicht, wenn der Anspruch offensichtlich nicht besteht oder der Betroffene Leistungen offensichtlich nicht erwartet. Es kommt dazu jeweils auf die Umstände des Einzelfalls an (Seewald KassKomm § 19 SGB IV Rdnr.6). Ein derartiger Fall lag hier nicht vor, denn Anhaltspunkte dafür, dass der Leistungsanspruch des Klägers 1962 offensichtlich nicht bestanden, bzw. dass der Kläger solche Leistungen nicht erwartet habe, sind nicht gegeben.

Die Verjährung von Ansprüchen auf Leistungen der Versicherungsträger ist nur auf Einrede zu berücksichtigen (BSGE 6, 283). Wenn die Einrede der Verjährung zu recht erhoben ist, ist eine Gewährung von Leistungen für über vier Jahre zurück ausgeschlossen. Denn die Verjährungsregelung wird nicht durch die Ausschlussfrist des § 44 Abs.4 SGB X verdrängt. Eine entsprechende Anwendung ist ausgeschlossen. Denn § 44 Abs.4 SGB X setzt voraus, dass bereits ein Bescheid vorliegt, der rückwirkend zu korrigieren ist. Die Verjährung tritt damit ein, wenn eine entsprechende Einrede erhoben ist. Ob sie erhoben wird, liegt im Ermessen des Versicherungsträgers.

Die Beklagte hat sich auf die Einrede der Verjährung sowohl im Bescheid vom 27.07.1994 als auch im Widerspruchsbescheid vom 22.08.1994 berufen. Sie hat dabei aber die tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die für ihre Entscheidung wesentlich waren, nicht hinreichend dargestellt, so dass ein Ermessensfehlgebrauch vorliegt.

Gemäß § 35 Abs.1 Satz 3 SGB X muss der Versicherungsträger zusätzlich zu den Erfordernissen des Abs.1 Satz 2, also Mitteilung der tatsächlichen und rechtlichen Gründe für die Entscheidung, auch die Gesichtspunkte mitteilen, von denen er bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist. Aus der Begründung muss erkennbar sein, dass die Beklagte erkannt hat, dass sie einen Ermessensspielraum hat, welche Gesichtspunkte sie bei der Ausübung des Ermessens berücksichtigt und wie sie diese gewichtet hat. Ohne Mitteilung dieser Gesichtspunkte ist nicht zu erkennen, ob sie vom Ermessen in pflichtgemäßer, dem Zweck der Ermächtigung entsprechender Weise Gebrauch gemacht und allgemeine Rechtsgrundsätze wie Gleichheitssatz und Sozialstaatsprinzip beachtet hat (Schroeder-Printzen SGB X § 35 Rdnr.6).

Die Beklagte hat im Bescheid vom 27.07.1994 keinerlei Ermessenserwägungen angestellt. Im Widerspruchsbescheid vom 22.08.1994 ist das Ermessen gleichfalls nicht pflichtgemäß ausgeübt. Die Beklagte hat sich zunächst einmal nur auf den Zeitablauf berufen, also nur dargetan, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erhebung der Einrede erfüllt sind (vgl. BSG vom 05.05.1993 SozR 3 1200 § 45 SGB I Nr.2). Der Hinweis der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 22.08.1994, rechts- und damit ermessenmissbräuchlich sei die Erhebung der Einrede nur, wenn die Beklagte durch falsche oder unvollständige Auskunft, die Fristversäumnis mitverursacht habe, ist nicht nur nicht zutreffend, er ist auch nicht hinreichend. Denn damit sind nicht alle Gesichtspunkte berücksichtigt, die bei der Ausübung des Ermessens zu erwägen wären. Die später von der Beklagten im Klage- und Berufungsverfahren vorgetragenen Gesichtspunkte können nicht berücksichtigt werden, da das Gericht auf die spätestens im Widerspruchsbescheid aufgeführten Ermessenserwägungen beschränkt ist. Ein Nachschieben von Gründen ist bei Ermessensentscheidungen nicht zulässig (Schroeder-Printzen SGB X § 45 Rdnr.6).

Bei den Ermessenserwägungen wären insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers sowie Kausalitäts- und Verschuldensfragen eingehend zu berücksichtigen. Dabei wären Ausführungen zu dem Problem zu machen, dass die Erhebung der Einrede der Verjährung unzulässig ist, wenn eine unzulässige Rechtsausübung vorliegt. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte gegen Treu und Glauben im Sinne des § 242 BGB verstößt, wenn sie sich auf die Verjährung beruft, obwohl sie die ihr vom Gesetz auferlegte Pflicht zur Verbescheidung nicht rechtzeitig erfüllt hat. Die Folgen dieser Rechtsverletzung kann sie nicht durch Ausübung des Gegenrechts auf den Kläger abwälzen (BSGE 62, 10; Hauck/Haines § 45 SGB I Rdnr.5 a). Denn die unterlassene Verbescheidung und ggf. Rentenzahlung liegt im Verantwortungsbereich der Beklagten, die nachdem die Unfallanzeige des Arbeitgebers und der Durchgangsarztbericht vorlag, alle notwendigen Kenntnisse hatte, um das Verfahren weiter zu betreiben. Zwar ist dem Versicherten zuzumuten, dass er sich um seinen Anspruch kümmert, andererseits wird die Beklagte zu berücksichtigen haben, dass sie aus Nachlässigkeit innerhalb der Verjährungsfrist keinen Bescheid erteilt hat (vgl. Peters, Allgemeiner Teil § 45 S.396). Ab 1964 hat es an jeder Kontrolle bezüglich des weiteren Verfahrensablaufs gefehlt. Die Beklagte dürfte sich auch dann nicht auf Verjährung berufen, wenn sie notwendige und mögliche Ermittlungen unterlassen und deshalb die vom Kläger begehrte Leistung nicht festgestellt hätte (Gitter, Bochumer Kommentar SGB I § 45 Rdnr.20).

Zu berücksichtigen ist allerdings, dass der Kläger sich während des gesamten Verfahrens nicht ausreichend um seine Angelegenheiten gekümmert hat. Aber die Beklagte hätte das Verfahren auch dann fortzusetzen und abzuschließen gehabt, wenn der Kläger erforderliche Angaben nicht gemacht hätte. Ein Nichtbetreiben des von der Offizialmaxime beherrschten Verfahrens im Sinne der Verjährungsvorschriften liegt darin nicht (BSG vom 24.09.1992 SozR 3-1200 § 45 SGB I Nr.1). Ein Verfahren wird nicht betrieben, wenn von demjenigen, der sich auf die Unterbrechung beruft, erwartet werden darf, dass er auf den Verfahrensfortgang einwirke. Eine solche Erwartung bestand gegenüber dem Kläger nicht, weil im Unfallversicherungsrecht der Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären ist. Deshalb hatte die Beklagte trotz der Untätigkeit des Klägers das Verwaltungsverfahren fortzusetzen und abzuschließen. Der Zeitablauf allein kann nicht zur Verwirkung führen. Ein Anspruch ist erst dann verwirkt, wenn seit der Möglichkeit seiner Geltendmachung längere Streit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, auf Grund derer die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben empfunden wird. Es liegt im Wesen der Aufgaben einer BG, dass sie einem gesetzlich begründeten, bei ihr fristgemäss angemeldeten Anspruch auf Unfallentschädigung grundsätzlich auch dann nicht mit dem Einwand der Unzumutbarkeit der Erfüllung begegnen kann, wenn der Berechtigte es jahrelang unterlassen hat, einen Anspruch auf Rente geltend zu machen (BSGE 7, 199). Zwar gehört die Mitwirkung am Verfahren zu den Obliegenheiten des Versicherten, doch ist der Kläger hier zu einer Mitwirkung durch die Beklagte nicht aufgefordert worden. Dagegen hat die Beklagte es unterlassen, das von Amts wegen zu betreibende Verfahren abzuschließen.

Insofern ist den Ausführungen der Beklagten, ein pflichtwidriges Verhalten, das den Vorwurf der unzulässigen Rechtsausübung beim Geltendmachen der Verjährungseinrede zur Folge hätte, liege nicht vor, nicht zuzustimmen, denn das BSG hat insbesondere auf den Vertrauensschutz des Versicherten hingewiesen (BSG SozR 3-1200 § 45 SGB I Nr.1).

Im Rahmen der Prüfung, ob die Verjährungseinrede gegen Treu und Glauben verstößt und bei der Ermessensabwägung ist für den Herstellungsanspruch kein Raum. Etwaige Behördenfehler sind bei der Zulässigkeit der Verjährungseinrede unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben und im Übrigen im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen (BSG vom 22.10.1996 SozR 3-1200 § 45 SGB I Nr.6).

Diese Gesichtspunkte wird die Beklagte bei der Neubescheidung zu berücksichtigen haben. Zur Leistung kann die Beklagte nicht verurteilt werden, da keine Ermessensschrumpfung auf Null vorliegt und somit nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Beklagte sich ohne Ermessensfehler auf die Verjährung berufen könnte. Der Kläger hat mit Schreiben vom 25.09.1999 erklärt, er hoffe, dass seinem Antrag, ggf. auch teilweise, stattgegeben werde. Bei der Entscheidung war der Senat nicht an die Fassung des Antrags des Klägers gebunden (§ 123 SGG). Es ist davon auszugehen, dass der Kläger, wäre er in der mündlichen Verhandlung anwesend gewesen, nach Beratung durch den Senat einen sachdienlichen Antrag auf Bescheidungsurteil gestellt hätte.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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