L 2 U 240/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 8 U 272/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 240/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. Mai 2001 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 10. Dezember 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. März 1999 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 1961 geborene Kläger erlitt während seiner Tätigkeit als Landmaschinenmechaniker im Januar 1997 einen Unfall.

Laut Angaben des Arbeitgebers in der Unfallanzeige vom 26.02. 1998 stürzte der Kläger beim ganz normalen Absteigen von der Maschine aus einer Höhe von ca. 1 m zu Boden. Beim Durchgangsarzt Dr.G. gab der Kläger am 10.04.1997 an, er sei beim Hinunterspringen vom Mähdrescher hängen geblieben und habe dabei das rechte Bein verdreht. Gegenüber der Beklagten erklärte der Kläger am 17.06.1997, vor ca. fünf Monaten habe er beim Springen von der Mähdrescherleiter das rechte Kniegelenk nach außen verdreht. Der Durchgangsarzt Dr.R. führte am 26.01.1998 aus, der Kläger sei aus einer Höhe von 1 m vom Mähdrescher abgerutscht, an der Leiter hängen geblieben und habe sich das rechte Knie verdreht. Im Schreiben vom 24.07.1998 gab der Kläger an, in etwa 1 m Höhe sei er beim Absteigen mit dem rechten Fuß von der Leiter abgerutscht; dabei habe sich das rechte Bein verklemmt, und er sei rückwärts von der Maschine gefallen. Hierbei sei das eingeklemmte rechte Knie verdreht worden. Aus einer Niederschrift über die Rücksprache des Klägers am 24.07. 1998 bei der AOK geht hervor, der Kläger habe rückwärts mit dem Gesicht zum Fahrzeug über die Leiter das Fahrzeug verlassen wollen, sei von der Metallsprosse abgerutscht, mit dem Fuß zwischen Leiter und Fahrzeug geraten und Kopf voraus auf den Boden gefallen, während der Fuß noch eingeklemmt gewesen sei. Er habe sich mit dem Oberkörper gedreht, um mit Armen und Händen den Sturz größtenteils auffangen zu können. In der hängenden Lage mit verdrehtem eingeklemmten Bein und Fuß habe er mehrere Minuten verbracht, bis er sich selbst habe befreien können. Gegenüber dem Chirurgen Dr.A. schilderte der Kläger das Ereignis so, dass er an einer Sprosse abgerutscht und mit dem rechten Fuß zwischen Leiter und Fahrzeug geraten sei. Dabei habe er den Halt mit den Händen verloren und sei nach rückwärts gefallen. Um nicht mit dem Kopf aufzuschlagen, habe er sich gedreht und den Sturz mit den Händen abgefangen. Er sei kurzzeitig in dieser Stellung mit verdrehtem rechten Knie hängen geblieben. Beim ärztlichen Sachverständigen Dr.F. gab der Kläger an, er sei auf der Leiterstufe mit dem rechten Fuß hängen geblieben und habe den Fuß verdreht. Der Fuß habe sich beim Verdrehen des Oberkörpers nicht mitgedreht. Wegen der Schmerzen sei er zunächst liegen geblieben, nach einiger Zeit habe er sich dann aus der Zwangslage selbst befreit.

Der Kläger suchte erstmals am 10.04.1997 einen Arzt, nämlich den Orthopäden Dr.G. auf, der den Verdacht auf Innenmeniskusschaden rechts äußerte und im Übrigen eine beginnende mediale Gonarthrose rechts feststellte. Ein MRT vom 15.04.1997 ergab am Innenmeniskus im Hinterhorn bis zur Mitte einen Abriss. Die Diagnose lautete: Deutliche Läsion im Innenmeniskushinterhorn, retropatellare Chondromalazie. Der Durchgangsarzt, der Orthopäde Dr.R. , diagnostizierte am 26.01.1998 einen Innenmeniskushinterhornriss rechts. Das rechte Knie sei auf den Röntgenaufnahmen vom 10.04.1997 völlig unauffällig und ohne Verschleiß. Im MRT zeige sich ein Horizontalriss im Innenmeniskushinterhorn.

Am 27.01.1998 wurde der Kläger in der Praxis Dr.A. , Dr.H. , Dr.R. operiert. Dabei zeigte sich ein Querriss im Hinterhornbereich mit einem mobilen Hinterhornlappen, die Knochenflächen waren sonst in Ordnung. Weiter wurde ein Scheibenmeniskus ohne Degeneration festgestellt. Die histologische Untersuchung ergab eine frische Meniskusruptur bei minimaler degenerativer Meniskopathie. Die Orthopäden Dr.S. , Dr.H. , Dr.K. stellten am 05.05.1998 einen Zustand nach Arthroskopie des rechten Kniegelenks im Januar 1998, Horizontalriss im Resthinterhornmeniskus und einen kleinen Lappenriss fest. Am 13.07.1998 führten sie aus, im Kernspintomogramm vom 25.05.1998 zeige sich ein Horizontalriss in dem im Gelenk belassenen Resthinterhorn des Innenmeniskus. Hier handele es sich wohl um einen degenerativen Riss, der jedoch ursächlich auf den Unfall vom Januar 1997 zurückzuführen sei. Aus den Unterlagen der AOK Mühldorf geht hervor, dass der Kläger vom 02.05. bis 05.05.1989 wegen eines Hämatoms am rechten Kniegelenk mit schwerer Kniedistorsion und -kontusion arbeitsunfähig erkrankt war.

Der Vorgesetzte des Klägers M. G. und der Kollege K. P. bestätigten, dass der Kläger beim Absteigen von der Maschine aus einer Höhe von ca. 1 m zu Boden gestürzt sei. Er habe danach gehinkt.

Im Gutachten vom 04.11.1998 führte der Chirurg Dr.A. zusammenfassend aus, das Unfallereignis sei biomechanisch in der Lage, einen Innenmeniskusschaden auch an einem gesunden Knie hervorzurufen. Wenn man davon ausgehe, dass zum Unfallzeitpunkt geringe degenerative Veränderungen vorgelegen hätten, so überwiege doch die Bedeutung des Unfallereignisses, das somit ursächlich für den Hinterhornriss gewesen sei. Dass der Kläger den Arzt erst am 10.04.1997 aufgesucht habe, liege daran, dass er die Beschwerden nicht ernst genommen habe. Wegen der eindeutigen Brückensymptome zwischen dem Unfall am 30.01.1997 und der Erstbehandlung am 10.04.1997 sowie zwischen der arthroskopischen Operation am 27.01.1998 und der heutigen Untersuchung sei an der Ursächlichkeit der Verletzungsfolgen nicht zu zweifeln. Die MdE sei bis Februar 1999 mit 10 v.H. einzuschätzen; nach Durchführung der vorgesehenen zweiten Arthroskopie mit kompletter Hinterhornresektion sei die MdE nach einem Vierteljahr voraussichtlich mit 0 v.H. einzuschätzen.

Der Beratungsarzt, der Chirurg Dr.M. , wies in der Stellungnahme vom 18.11.1998 darauf hin, ein isolierter Innenmeniskushinterhornriss ohne Verletzung der Band- oder Kapselstrukturen sei unwahrscheinlich. Außerdem hätte eine derartige Verletzung eine Fortführung der kniebelastenden Arbeit unmöglich gemacht. Auch ohne Berücksichtigung der unterschiedlichen Ereignisschilderungen sei eine unfallmäßige Entstehung der Rissbildung nicht anzunehmen, da danach keine einer solchen Verletzung folgende Funktionseinbuße bestanden habe. Auch die auf der Röntgenaufnahme vom 10.04.1997 dargestellte Verschmälerung des inneren Kniegelenkspaltes spreche für eine anlagebedingte Entstehung.

Mit Bescheid vom 10.12.1998 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Entschädigung aus Anlass des Ereignisses vom Januar 1997 ab. Das angeschuldigte Ereignis sei weder Ursache noch rechtlich wesentliche Teilursache für den Körperschaden. Damit seien die Voraussetzungen, die an das Vorliegen eines Arbeitsunfalles gestellt würden, nicht erfüllt.

Mit Widerspruch vom 18.12.1998 wandte der Kläger ein, er habe die Arbeit aus betrieblichen Gründen nicht unterbrechen können und sei mit großen Schmerzen und Beschwerden tätig gewesen. Im Übrigen hätten zuvor nur geringgradige degenerative Veränderungen bestanden. Der Orthopäde Dr.G. erklärte am 07.09.1998, der Krankheitsverlauf spreche eindeutig dafür, dass es sich um eine Folge des Arbeitsunfalles vom Januar 1997 handele.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.1999 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zu Recht sei im angefochtenen Bescheid die Anerkennung eines Arbeitsunfalles einschließlich eines Anspruches auf Entschädigung abgelehnt worden. Ein Arbeitsunfall setze voraus, dass ein äußeres Ereignis einen Körperschaden rechtlich wesentlich verursacht habe. Dies sei hier nicht der Fall.

Der Kläger hat mit der Klage vom 16.04.1999 geltend gemacht, der Sturz vom Mähdrescher bei eingeklemmtem Fuß habe bei gleich- zeitiger Drehung des Körpers eine enorme Belastung des Kniegelenks bewirkt und zu den festgestellten Verletzungen geführt. Die geringfügigen degenerativen Veränderungen hätten sich nicht ausgewirkt.

Der vom SG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Orthopäde Dr.F. hat im Gutachten vom 14.09.2000 ausgeführt, die Lokalisation des Risses im Hinterhorn spreche mehr für eine degenerative Genese, da ein Hinterhornschaden nach der medizinischen Standardliteratur eher degenerativ bedingt sei. Im Hinblick auf die 1989 erfolgte schwere Verletzung des rechten Kniegelenks sei von einem Vorschaden auszugehen. Dr.R. habe die bestehende beidseitige, also unfallunabhängige Bänderschwäche nicht festgestellt. Seine Angabe, das rechte Knie sei völlig unauffällig und ohne Verschleiß, sei nicht nachzuvollziehen. Bereits Dr.G. habe eine Verschmälerung des inneren Gelenkspaltes beschrieben. Außerdem sei zu diesem Zeitpunkt kernspintomographisch ein Kniescheibenknorpelschaden gesichert gewesen. Zu berücksichtigen sei auch, dass die histologische Untersuchung vom 29.01.1998 eine frische Meniskusruptur ergeben habe, also eine Ruptur, die deutlich nach Januar 1997 eingetreten sein müsse. Gegen eine schwerwiegende Traumatisierung spreche, dass der erste Arztbesuch im April 1997 erfolgt sei. Zu berücksichtigen sei die an beiden Kniegelenken festzustellende deutliche Bänderlockerung, die die Entwicklung eines degenerativen Prozesses im Meniskusgewebe erkläre, da eine Bänderschwäche immer mit Scherbewegungen einhergehe. Auch der Scheibenmeniskus stelle einen pathologischen zum Verschleißschaden prädisponierenden Befund dar. Da im zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen keine ärztliche Befundaufzeichnung vorliege, könne ein unfallbedingter Gesundheitsschaden nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.

Auf Antrag der AOK Bayern wurde sie mit Beschluss vom 03.05. 2001 gemäß § 75 Abs.1 Satz 1 SGG zum Verfahren beigeladen.

Mit Urteil vom 29.05.2001 verurteilte das Sozialgericht München die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.12. 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.1999, den Unfall vom 30.01.1997 als Arbeitsunfall anzuerkennen sowie wegen der Verletzungsfolge Innenmeniskushinterhornriss rechts die gesetzlichen Entschädigungsleistungen zu erbringen. Im Termin vom 29.05.2001 habe der Kläger in der ihm eigenen Sprache den Unfallhergang geschildert. Die Leiter sei an der Außenwand des Mähdreschers so eingehängt gewesen, dass sich die Tritte in mehreren Zentimetern Abstand von der Außenwand befunden hätten. Zwischen einen dieser Tritte und die Außenwand sei der Kläger beim Hinabsteigen geraten, so dass er gefallen sei, während das rechte Bein fixiert gewesen sei und der Oberkörper sich nach unten verdreht habe. Die Aussage des Klägers decke sich auch mit seinen Angaben im Verwaltungsverfahren und mit den schriftlichen Angaben des Zeugen G ... Zwar gebe es für den eigentlichen Unfallhergang keinen Augenzeugen. Auch habe der Kläger gegenüber den begutachtenden Ärzten, insbesondere gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen Dr.F. keine klaren Angaben zum Unfallhergang machen können. Dies sei in Anbetracht der Struktur des Klägers nicht verwunderlich. Es werde nicht übersehen, dass sich der Kläger erst Monate nach dem Unfall in ärztliche Behandlung begeben habe. Das Gericht sei überzeugt, dass der Kläger infolge seiner robusten Konstitution und seines eisernen Arbeitswillens nachhaltig bestrebt gewesen sei, zu zeigen, dass ihn ein Sturz bei einer Tätigkeit, die er 100- und sogar 1.000-fach durchgeführt habe, nicht aus der Bahn werfen könne. Dr.F. messe den mehrfach diagnostizierten degenerativen Veränderungen zu hohe Bedeutung bei. Denn es seien lediglich leichte degenerative Veränderungen festgestellt worden, von denen in einem Alter von 35 Jahren grundsätzlich auch nur auszugehen sei. Hieran ändere auch nichts, dass bei beiden Knien des Klägers eine Bänderlockerung bestehe. Auch insofern sei das geringe Alter ausschlaggebend. Nur dann sei eine degenerative Veränderung wesentliche Ursache, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen wäre, dass es zur Auslösung der akuten Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkung bedurft habe. Jedenfalls dann, wenn der unfallbedingte Anteil am Gesundheitsschaden in einer Gesamtschau mit einem Drittel oder mehr zu bewerten sei, liege eine wesentliche Mitverursachung durch den Unfall vor. Eine Verursachung von über zwei Dritteln durch degenerative Veränderungen scheide im streitgegenständlichen Fall aber aus, weil lediglich geringe degenerative Veränderungen nachgewiesen seien und ein biomechanisch geeigneter Unfallhergang vorliege.

Mit der Berufung vom 26.07.2001 führt die Beklagte aus, Dr.F. habe darauf hingewiesen, dass gegen einen rechtlich wesentlichen Zusammenhang die Lokalisation des Meniskusschadens, die degenerativen Veränderungen, der Scheibenmeniskus, die fehlenden zeitnahen ärztlichen Befunde, das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, die fehlenden Bandverletzungen und der histologische Befund sprächen. Die Gesamtschau aller Faktoren ergebe, dass dem Ereignis vom Januar 1997 nicht die rechtlich wesentliche Bedeutung für den im April 1997 diagnostizierten Meniskusschaden beizumessen sei.

Auf Anfrage des Senats teilt der Chirurg Dr.H. mit, Unterlagen über die Behandlung des Klägers wegen der Knieverletzung von 1989 lägen nicht mehr vor. Die Radiologin Dr.L. teilt mit Schreiben vom 22.10.2001 mit, eine "frische Meniskusruptur", wie im Bericht vom 29.01.1998 erwähnt, sei nur bis zu fünf Tage alt. Die Beigeladene führt hierzu in den Schreiben vom 20.01.2001 und 09.01.2002 aus, nach den Angaben von Dr.L. hätte sich die Meniskusruptur in der Zeit vom 23.01. bis 27.01.1998 ereignet haben müssen. Dr.G. habe aber bereits am 10.04.1997 den Verdacht auf Innenmeniskusschaden rechts geäußert. Auch die Kernspintomographie vom 15.04.1997 habe einen Innenmeniskushinterhornriss gezeigt. Sie übersendet einen Brief von Dr.L. vom 27.11.2001 an den Kläger, in dem ausgeführt wird, der morphologisch fassbare Befund spreche für allenfalls minimale degenerative Meniskusveränderungen sowie für eine frische Ruptur. Zeichen einer stärkergradigen chronischen Vorschädigung hätten sich nicht gefunden. Dieser Befund schließe nicht aus, dass vor einem Zeitraum von mehr als einem Jahr eine Meniskusruptur stattgefunden habe. Der frische Meniskusriss könne entweder Folge einer kurz vor der Operation stattgehabten traumatischen Einwirkung sein oder Ausdruck einer frischen Schädigung des Knorpels infolge einer funktionellen Störung des Kniegelenkes. Diese habe klinisch wohl vorgelegen.

Die Berufungsklägerin stellt den Antrag, das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.05.2001 auf- zuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 10.12.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.1999 ab- zuweisen.

Der Kläger stellt den Antrag, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beigeladene schließt sich dem Antrag des Klägers an.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und sachlich begründet.

Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs.1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz begründen- den Tätigkeit. Voraussetzung ist, dass die zum Unfall führende Verrichtung mit der versicherten Tätigkeit sachlich verknüpft ist, der Unfall ursächlich auf der versicherten Tätigkeit beruht und der Unfall im Sinne der haftungsausfüllenden Kausalität einen Gesundheitsschaden bewirkt hat. Dies ist beim Kläger nicht der Fall gewesen. Nach den überzeugenden Ausführungen des ärztlichen Sachverständigen Dr.F. kann ein ursächlicher Zusammenhang des Ereignisses vom Januar 1997 mit dem beim Kläger diagnostizierten Innenmeniskushinterhornriss nicht hergestellt werden.

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass es Zeugen für den vom Kläger erstmals am 10.04.1997 gegenüber Dr.G. erwähnten Arbeitsunfall nicht gibt. Hinzu kommt, dass der Kläger das streitige Ereignis im Laufe des Verfahrens immer ausführlicher und mit mehr Details versehen geschildert hat. Während er gegenüber dem Arbeitgeber nur angab, er sei beim Absteigen von der Maschine aus einer Höhe von ca. 1 m zu Boden gestürzt und bei Dr.G. erklärte, er sei beim Abspringen hängen geblieben und habe sich das Knie verdreht, schilderte er erstmals im Schreiben vom 24.07.1998, also mehr als eineinhalb Jahre nach dem Unfall, dass er sich das rechte Bein verklemmt habe und dadurch rückwärts von der Maschine gefallen sei. Diese Angaben hat er offenbar in der Verhandlung vor dem Sozialgericht München wiederholt, das sie in den Urteilsgründen übernimmt. Die Erklärung des Sozialgerichts, die Ausführungen deckten sich mit denen im Verwaltungsverfahren, ist aber im Hinblick auf die sich im Laufe des Verfahrens erst entwickelnde Schilderung nicht zutreffend.

Im Hinblick auf die wechselnden Angaben des Klägers, der nicht einmal den Unfallzeitpunkt genau benennen kann, bleiben Zweifel bezüglich des Unfalls offen. Aber selbst wenn man ein für eine Verletzung geeignetes Unfallereignis unterstellt, sind die medizinischen Voraussetzungen zur Annahme eines durch den Sturz verursachten Knieschadens nicht gegeben. Denn der ärztliche Sachverständige Dr.F. hat im Gutachten vom 14.09.2000 überzeugend auf die gegen einen Ursachenzusammenhang sprechenden Gesichtspunkte hingewiesen.

Gegen eine schwerwiegende Traumatisierung spricht zunächst, dass der erste Arztbesuch im April 1997 erfolgte. Zwar muss eine Meniskusverletzung nicht unbedingt von starken Schmer- zen, den Zeichen schwerer körperlicher Beeinträchtigung und dem Zwang zu sofortiger bzw. baldiger Arbeitsniederlegung begleitet sein. Eine kleine Längslösung oder ein kleiner Flach- riss im Hinterhorn verursachen keine erheblichen Beschwerden, die die Arbeitsniederlegung erzwängen. Beim Kläger wurde aber ein Einriss des Innenmeniskus bis zur Mitte festgestellt. Er zeigte sich an der Unterseite des Meniskus bis zur Basis. Dass der Kläger trotz dieser erheblichen Verletzung von Januar 1997 bis zum 10.04.1997 trotz heftiger Beschwerden weitergearbeitet hätte, ist unwahrscheinlich, insbesondere im Hinblick darauf, dass der Kläger wegen anderer nicht unbedingt wesentlich gravierenderer Gesundheitsstörungen ärztliche Hilfe gesucht hat, wie sich aus den Unterlagen der AOK ergibt.

Aus der Form des Meniskusrisses lassen sich keine sicheren Schlüsse auf eine traumatische oder nicht traumatische Entstehung ziehen. 90 % der Meniskusrisse beginnen im Bereich des Innenmeniskushorns, dort, wo der Meniskus mit dem hinteren schrägen Teil des Seitenbandes fest verwachsen und entsprechend weniger beweglich ist. Aus diesem Anfangsriss entwickeln sich dann die verschiedenen klassischen Verletzungsformen. Entsprechend ist der Hinterhornschaden eher degenerativ bedingt (vgl. Schoenberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage 1998, S.654). Nach dem Operationsbericht vom 27.01.1998 wurde beim Kläger ein Querriss im Hinterhornbereich festgestellt. Querrisse sind meist Folgen eines ausschließlich degenerativ bedingten Horizontalrisses (vgl. Schoenberger-Mehrtens-Valentin, a.a.O., S.654).

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, so Dr.F. , die an beiden Kniegelenken festzustellende deutliche Bänderlockerung, die die Entwicklung eines degenerativen Prozesses im Meniskusgewebe erklärt, da eine Bänderschwäche immer mit Scherbewegungen einhergeht. Auch der Scheibenmeniskus im äußeren Kompartment stellt einen pathologischen, zum Verschleißschaden prädisponierenden Befund dar. Im Übrigen ist der innere Gelenkspalt am rechten Knie verschmälert, wobei jedoch auch links eine deutliche Einengung zu verzeichnen ist.

Wesentlich für die Entwicklung des Knieschadens war zudem die schwere Knieverletzung von 1989, da, wie Dr.F. betont, von einer früheren Traumatisierung des Kniegelenkes ausgegangen werden muss.

Bei der im histologischen Befund vom 29.01.1998 festgestellten frischen Meniskusruptur handelt es sich nicht um eine etwa im Januar 1997 eingetretene Ruptur, da eine frische Ruptur nach ärztlicher Diktion nicht mehr als fünf Tage zurückliegen kann, wie Dr.L. in ihren Schreiben vom 22.10.2001 und 27.11.2001 bestätigt hat. Sie hat insbesondere darauf hingewiesen, dass der am 29.01.1998 festgestellte frische Meniskusriss entweder Folge einer kurz vor der Operation stattgehabten traumatischen Einwirkung sei, oder Ausdruck einer frischen Schädigung des Knorpels infolge einer funktionellen Störung des Kniegelenkes. Ein Zusammenhang mit dem angegebenen Unfallereignis vom Januar 1997 lässt sich daraus nicht ableiten.

Nicht überzeugen können die Ausführungen von Dr.A. im Verwaltungsverfahren, wenn er von eindeutigen Brückensymptomen zwischen dem Unfallereignis und der Erstbehandlung spricht; derartige Symptome sind durch ärztliche Feststellungen nicht belegt, da der Kläger vor dem 10.04.1997 keinen Arzt aufgesucht hat.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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