L 11 KA 48/99

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 25 KA 252/96
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 48/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.02.1999 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen zu 8) auch für Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Wirtschaftlichkeitsprüfung des Honorars der Beigeladenen zu 8) für physikalisch-medizinische Leistungen im Quartal IV/1994.

Die Beigeladene zu 8) ist als Lungenärztin in S ... niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im streitigen Quartal überschritten ihre Honoraranforderungen für physikalisch-medizinische Leistungen den Durchschnitt der Lungenärzte (Gruppe 29 Untergruppe 1 der Anlage 1 der Prüfvereinbarung) um 420 %. Auf die Prüfanträge der Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung kürzte der Prüfungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen die Honoraranforderungen um 73 %. Auf den Widerspruch der Beigeladenen zu 8) hob der Beklagte die Honorarkürzung auf. Er erkannte den abweichenden Anteil an Notdienst-/Vertreterfällen und Zuweisungen als Praxisbesonderheit an und berechnete eine bereinigte Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts von 392 %. Er habe aber die Wirschaftlichkeit der physikalisch-medizinischen Leistungen insgesamt - der selbst erbrachten und der an auswärtige Institute verordneten Leistungen - nicht beurteilen können, weil ihm die Kosten über verordnete Heilmittel nur von den Ersatzkassen, nicht auch von den Primärkassen mitgeteilt werden konnten.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Klage erhoben mit der Begründung, eine Beschränkung der Prüfung nur auf die Patienten der Ersatzkassen sei möglich gewesen, weil der Anteil dieser Patienten ca. 40 % betrage.

Mit Urteil vom 10.02.1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Nach der ab 1993 geltenden gemeinsamen Prüfvereinbarung für die Primärkassen und Ersatzkassen erfolge die Wirtschaftlichkeitsprüfung für alle Kassenarten gemeinsam. Der Honoraranforderung für alle Kassen und der Überprüfung ihrer Wirtschaftlichkeit seien im Rahmen der gebotenen Gesamtschau die Verordnungskosten physikalisch-medizinischer Leistungen für alle Kassen gegenüber zustellen. Der Beklagte sei daher in vertretbarer Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass er sich von einer unwirtschaftlichen Behandlungweise der Beigeladenen zu 8) mangels vollständiger statistischer Unterlagen nicht habe überzeugen können.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Er ist der Ansicht, die Problematik der fehlenden Daten über die entsprechenden Verordnungskosten im Primärkassenbereich könne nicht zu seinen Lasten gehen. Bei einer Überschreitung der Honoraranforderungen um 420 % bestehe der Anschein der Unwirtschaftlichkeit. Es gehe ausschließlich zu Lasten der Beigeladenen zu 8), wenn dieser Anschein nicht entkräftet werden könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.12.1999 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 27.02.1996 zu verurteilen, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 8) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Beklagte habe aufgrund der intellektuellen Prüfung der vorliegenden Daten gerade keine Überschreitungen der Leistungsanforderungen in einem offensichtlichen Mißverhältnis feststellen können. Denn nach der Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit sei eine Zusammenfassung der eigenen und der verordneten physikalisch-medizinischen Leistungen zwingend. Darüberhinaus enthielten die von den Ersatzkassen mitgeteilten Verordnungswerte keine Aufteilung auf die einzelnen Untergruppen. Bei einer weiteren intellektuellen Prüfung der Abrechnungswerte der Beigeladenen hätte sich bereits der statistische Aussagewert der Abrechnungsdaten der Beigeladenen zu 8) als fraglich herausgestellt wegen der geringen Anzahl der Leistungserbringer.

Wegen der weiteren Einzelheiten, auch des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Prozeßakten und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.02.1999 ist statthaft und zulässig, aber unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid des Beklagten vom 27.02.1996 nicht beschwert, denn dieser ist rechtmäßig. Darin hat der Beklagte zu Recht die vom Prüfungsausschuss ausgesprochene Kürzung in Höhe von 73 % der Honoraranforderungen der Beigeladenen zu 8) für physikalisch medizinische Leistungen im Quartal IV/1994 aufgehoben. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen, weil der Senat die Berufung aus diesen Gründen zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Berufungsvorbringen des Klägers führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Ausgangspunkt der Überlegungen des Klägers geht bereits fehl, dass bei Überschreitungen um 420 % immer ein offensichtliches Mißverhältnis vorliege, aus dem der Anschein der Unwirtschaftlichkeit folge. Jedenfalls seit der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 08.05.1985 - 6 RKa 24/83 - Arztrecht 1986, 85 - ist eine Gesamtschau der selbst erbrachten physikalisch-medizinischen Leistungen (Sachleistungen) und der Verordnungskosten von physikalisch-medizinischen Leistungen geboten, weil diese teilweise in ärztlichen Praxen selbst, teilweise auf ärztliche Anordnung in nichtärztlichen physiotherapeutischen Instituten erbrachten werden können. Wegen Fehlens der Daten über Verordnungskosten bei Versicherten von Primärkassen, also eines überwiegenden Anteils der Patienten der Beigeladenen zu 8), war dem Beklagten eine solche Gesamtschau verwehrt. Dieser Nachteil kann jedenfalls nicht entsprechend der Auffassung des Klägers zum Nachteil der Beigeladenen zu 8) gehen. Wenn die Beigeladenen zu 1) bis 5) bzw. die ihnen angehörigen Krankenkassen entgegen ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus § 106 Abs. 2 Nr. 1 SGB V die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Versorgung ihrer Versicherten mit ärztlich verordneten Leistungen unmöglich machen und auch ihrer Verpflichtung aus § 13 Abs. 3 der ab 01.07.1993 geltenden Prüfvereinbarung nicht nachkommen, ist dieses Verhalten zwar offensichtlich rechts- und vertragswidrig. Denn nach der Prüfvereinbarung haben die Krankenkassen oder deren Verbände vierteljährlich für Vertragsärzte statistische Erhebungen durchzuführen, aus denen die von diesen Ärzten zu Lasten der nordrheinischen Krankenkassen verordneten Heilmittel hervorgehen. Sachliche Gründe für das vertragswidrige Verhalten sind nicht erkennbar. Eine Belastung der Vertragsärzte kann dadurch jedenfalls nicht statt finden.

Darüberhinaus weist der Beklagte mit der Berufungsbegründung zusätzlich zutreffend darauf hin, dass unbeschadet der nicht möglichen Gesamtschau die vom Prüfungsausschuss festgesetzte Kürzung bereits aus anderen Gründen aufgehoben werden mußte. Denn aus einer Überschreitung der statistischen Abrechnungswerte der Fachgruppe um ca. 400 % ergibt sich jedenfalls dann nicht ohne weiteres in offensichtliches Mißverhältnis, wenn von 45 Ärzten der Fachgruppe nur 17 bzw. 14 Ärzte die entsprechenden Leistungsziffern erbringen und abrechnen und ihm übrigen ein Honoraranteil von 68 % bei den physikalischmedizinischen Leistungen aus der Gebührennummer 505 EBM nur von 3 Ärzten (einschließlich der Beigeladenen zu 8)) der Fachgruppe erbracht wird. Dieser Erkenntnis hat sich die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angeschlossen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 und 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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