Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 19 KA 60/99 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 B 72/99 KA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 09.09.1999 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin auch im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Berechtigung der Antragstellerin, weiterhin Patienten im Rahmen des Delegationsverfahrens zu behandeln.
Die Antragstellerin ist 77 Jahre alt, Diplom-Psychologin und seit 1973 in eigener Praxis als analytische Psychotherapeutin tätig. Sie rechnete in der Vergangenheit im sogenannten Delegationsverfahren mit der Antragsgegnerin ab. Vor dem 31. März 1999 legte sie die Approbationsurkunde als Psychologische Psychotherapeutin vor.
Im Dezember 1998 beantragte die Antragstellerin die bedarfsunabhängige Zulassung als Psychologische Psychotherapeutin. Der Zulassungsausschuß lehnte den Antrag am 28.06.1999 ab, weil ein kontinuierlicher Praxisaufbau nach dem Zeitfenster nicht vorliege. Den Widerspruch wies der Beigeladene zu 8) am 14.10.1999 zurück. Eine Zulassung scheitere bereits daran, daß die Antragstellerin am 01.01.1999 das 68. Lebensjahr vollendet hatte. Dagegen hat die Antragstellerin Klage vor dem SG Köln erhoben.
Mit ihrem Antrag auf Erlaß einer Einstweiligen Anordnung vom 02.06.1999 hat die Antragstellerin vorgetragen, sie erfüllt die Voraussetzungen des sog. Zeitfensters und auf die Vollendung des 68. Lebensjahres komme es nicht an.
Die Antragstellerin hat beantragt,
ihr zu gestatten, weiterhin Patienten zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung an ihrem Praxissitz B ... im Rahmen des Delegationsverfahrens zu behandeln und abzurechnen, bis über den Widerspruch auf Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit rechtskräftig entschieden ist.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 09.09.1999 den Antrag zurückgewiesen. Ein Anordnungsgrund bestehe nicht, funktionell seien allein die Zulassungsgremien zuständig.
Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde wiederholt die Antragstellerin ihr Vorbringen und trägt ergänzend vor, daß aufgrund der Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruches an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes nur geringe Anforderungen gestellt werden dürfen.
Die Antragstellerin beantragt nunmehr,
den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 09.09.1999 aufzuheben und ihr zu gestatten, weiterhin Patienten zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung an ihrem Praxissitz B ... im Rahmen des Delegationsverfahrens (§§ 3, 12 der Psychotherapie-Vereinbarungen in dem bis zum 31.12.1998 gültig gewesenen Fassungen) zu behandeln und abzurechnen, bis über den Widerspruch auf Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit rechtskräftig entschieden ist hilfsweise, der Antragstellerin/Beschwerdeführerin zu gestatten, psychotherapeutische Leistungen entsprechend der Rechte und Pflichten der zugelassenen Vertragspsychotherapeuten abzurechnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet.
Das Begehren auf Weiterbehandlung im Rahmen des Delegationsverfahren richtet sich grundsätzlich zutreffend gegen die Antragsgegnerin.
Jedoch ist der Erlaß vorläufiger gerichtlicher Anordnungen über die in den §§ 97 und 199 Abs. 2 und 3 SGG geregelten Fälle hinaus im sozialgerichtlichen Verfahren auf Ausnahmefälle beschränkt, weil der Gesetzgeber trotz mehrfacher Änderung des SGG einen solchen weitergehenden Rechtsschutz nicht vorgesehen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verlangt jedoch Art. 19 Abs. 4 GG jedenfalls dann vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz, wenn ohne solchen Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung der Hauptsache nicht in der Lage wäre. Nach Wortlaut, systematischer Stellung und Entstehungsgeschichte lasse § 198 Abs. 2 SGG eine Auslegung zu, die es den Sozialgerichten gestattet, über die ausdrücklich geregelten Fallarten hinaus zur Vermeidung von solchen schweren und unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteil in entsprechender Anwendung des § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VWGO) Einstweilige Anordnungen zu erlassen (BVerfGE 46, S. 166 ff). Dem schließt sich der Senat wiederum auch für die Angelegenheiten der vertragsärztlichen Zulassung und Leistungserbringung an.
Somit ist erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, wenn bei Versagen des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in Grundrechten der Antragstellerin droht, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann. Dabei ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Verwaltungsgerichte den vorläufigen Rechtsschutz davon abhängig machen, daß der Antragstellerin das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes glaubhaft macht (BverfGE 79, 69, 74). Das ist der Antragstellerin nicht gelungen. Auf jeden Fall liegt ein Anordnungsgrund nicht vor.
Die Antragstellerin hat Umstände nicht einmal dargetan, die einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes begründen könnten. Es ist für den Senat nicht ersichtlich, daß die Antragstellerin ohne den beantragten Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht in der Lage wäre. Zwar hat die Antragstellerin vorgetragen, daß sie nunmehr keine neuen Patienten annehmen könne und die Behandlung des Restkontingentes an Patienten, sowie der Privatpatienten nicht ausreiche, die Praxis aufrecht zu erhalten. Es fehlt jedoch an der Glaubhaftmachung, in welchem Umfang Praxis der Antragstellerin ohne vorläufigen Rechtsschutz in ihrer Existenz bedroht ist. Die Versorgung von Versicherten ist durch die übrigen niedergelassenen Psychotherapeuten sicherlich bereits deshalb sicherzustellen, weil die Antragstellerin nach ihrem eigenen Vortrag nur in äußerst geringem Umfange Patienten in der Vergangenheit behandelt hat. Weitere Anhaltspunkte ergeben sich weder aus Angaben zur aktuellen Einnahmesituation noch aus sonstigen Gegebenheiten. Zwar ist es für den Senat nachvollziehbar, daß aufgrund der geringen Patientenzahl die Einnahmen der Antragstellerin aus dieser Tätigkeit nicht besonders hoch waren und sind. Jedoch ist eine Existenzbedrohung dadurch nicht glaubhaft gemacht. Dagegen spricht der Umstand, daß die Antragstellerin nach eigenem Vorbringen aufgrund des Unterhaltsanspruches gegen ihren Ehemann wirtschaftlich abgesichert ist. Auf ihr nicht nachvollziehbares Vorbringen kommt es danach nicht an, daß sie keine Rente oder Pension bezieht. Dem ist sie trotz des mehrfachen ausdrücklichen Hinweises der Antragsgegnerin nicht durch Vorlage entsprechender Unterlagen entgegengetreten. Die bloßen Behauptungen wirtschaftlicher Gründe machen einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung von §§ 183 und 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um die Berechtigung der Antragstellerin, weiterhin Patienten im Rahmen des Delegationsverfahrens zu behandeln.
Die Antragstellerin ist 77 Jahre alt, Diplom-Psychologin und seit 1973 in eigener Praxis als analytische Psychotherapeutin tätig. Sie rechnete in der Vergangenheit im sogenannten Delegationsverfahren mit der Antragsgegnerin ab. Vor dem 31. März 1999 legte sie die Approbationsurkunde als Psychologische Psychotherapeutin vor.
Im Dezember 1998 beantragte die Antragstellerin die bedarfsunabhängige Zulassung als Psychologische Psychotherapeutin. Der Zulassungsausschuß lehnte den Antrag am 28.06.1999 ab, weil ein kontinuierlicher Praxisaufbau nach dem Zeitfenster nicht vorliege. Den Widerspruch wies der Beigeladene zu 8) am 14.10.1999 zurück. Eine Zulassung scheitere bereits daran, daß die Antragstellerin am 01.01.1999 das 68. Lebensjahr vollendet hatte. Dagegen hat die Antragstellerin Klage vor dem SG Köln erhoben.
Mit ihrem Antrag auf Erlaß einer Einstweiligen Anordnung vom 02.06.1999 hat die Antragstellerin vorgetragen, sie erfüllt die Voraussetzungen des sog. Zeitfensters und auf die Vollendung des 68. Lebensjahres komme es nicht an.
Die Antragstellerin hat beantragt,
ihr zu gestatten, weiterhin Patienten zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung an ihrem Praxissitz B ... im Rahmen des Delegationsverfahrens zu behandeln und abzurechnen, bis über den Widerspruch auf Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit rechtskräftig entschieden ist.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 09.09.1999 den Antrag zurückgewiesen. Ein Anordnungsgrund bestehe nicht, funktionell seien allein die Zulassungsgremien zuständig.
Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde wiederholt die Antragstellerin ihr Vorbringen und trägt ergänzend vor, daß aufgrund der Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruches an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes nur geringe Anforderungen gestellt werden dürfen.
Die Antragstellerin beantragt nunmehr,
den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 09.09.1999 aufzuheben und ihr zu gestatten, weiterhin Patienten zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung an ihrem Praxissitz B ... im Rahmen des Delegationsverfahrens (§§ 3, 12 der Psychotherapie-Vereinbarungen in dem bis zum 31.12.1998 gültig gewesenen Fassungen) zu behandeln und abzurechnen, bis über den Widerspruch auf Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit rechtskräftig entschieden ist hilfsweise, der Antragstellerin/Beschwerdeführerin zu gestatten, psychotherapeutische Leistungen entsprechend der Rechte und Pflichten der zugelassenen Vertragspsychotherapeuten abzurechnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet.
Das Begehren auf Weiterbehandlung im Rahmen des Delegationsverfahren richtet sich grundsätzlich zutreffend gegen die Antragsgegnerin.
Jedoch ist der Erlaß vorläufiger gerichtlicher Anordnungen über die in den §§ 97 und 199 Abs. 2 und 3 SGG geregelten Fälle hinaus im sozialgerichtlichen Verfahren auf Ausnahmefälle beschränkt, weil der Gesetzgeber trotz mehrfacher Änderung des SGG einen solchen weitergehenden Rechtsschutz nicht vorgesehen hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verlangt jedoch Art. 19 Abs. 4 GG jedenfalls dann vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz, wenn ohne solchen Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung der Hauptsache nicht in der Lage wäre. Nach Wortlaut, systematischer Stellung und Entstehungsgeschichte lasse § 198 Abs. 2 SGG eine Auslegung zu, die es den Sozialgerichten gestattet, über die ausdrücklich geregelten Fallarten hinaus zur Vermeidung von solchen schweren und unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteil in entsprechender Anwendung des § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VWGO) Einstweilige Anordnungen zu erlassen (BVerfGE 46, S. 166 ff). Dem schließt sich der Senat wiederum auch für die Angelegenheiten der vertragsärztlichen Zulassung und Leistungserbringung an.
Somit ist erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, wenn bei Versagen des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in Grundrechten der Antragstellerin droht, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann. Dabei ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Verwaltungsgerichte den vorläufigen Rechtsschutz davon abhängig machen, daß der Antragstellerin das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrundes glaubhaft macht (BverfGE 79, 69, 74). Das ist der Antragstellerin nicht gelungen. Auf jeden Fall liegt ein Anordnungsgrund nicht vor.
Die Antragstellerin hat Umstände nicht einmal dargetan, die einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes begründen könnten. Es ist für den Senat nicht ersichtlich, daß die Antragstellerin ohne den beantragten Rechtsschutz schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht in der Lage wäre. Zwar hat die Antragstellerin vorgetragen, daß sie nunmehr keine neuen Patienten annehmen könne und die Behandlung des Restkontingentes an Patienten, sowie der Privatpatienten nicht ausreiche, die Praxis aufrecht zu erhalten. Es fehlt jedoch an der Glaubhaftmachung, in welchem Umfang Praxis der Antragstellerin ohne vorläufigen Rechtsschutz in ihrer Existenz bedroht ist. Die Versorgung von Versicherten ist durch die übrigen niedergelassenen Psychotherapeuten sicherlich bereits deshalb sicherzustellen, weil die Antragstellerin nach ihrem eigenen Vortrag nur in äußerst geringem Umfange Patienten in der Vergangenheit behandelt hat. Weitere Anhaltspunkte ergeben sich weder aus Angaben zur aktuellen Einnahmesituation noch aus sonstigen Gegebenheiten. Zwar ist es für den Senat nachvollziehbar, daß aufgrund der geringen Patientenzahl die Einnahmen der Antragstellerin aus dieser Tätigkeit nicht besonders hoch waren und sind. Jedoch ist eine Existenzbedrohung dadurch nicht glaubhaft gemacht. Dagegen spricht der Umstand, daß die Antragstellerin nach eigenem Vorbringen aufgrund des Unterhaltsanspruches gegen ihren Ehemann wirtschaftlich abgesichert ist. Auf ihr nicht nachvollziehbares Vorbringen kommt es danach nicht an, daß sie keine Rente oder Pension bezieht. Dem ist sie trotz des mehrfachen ausdrücklichen Hinweises der Antragsgegnerin nicht durch Vorlage entsprechender Unterlagen entgegengetreten. Die bloßen Behauptungen wirtschaftlicher Gründe machen einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung von §§ 183 und 193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
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