L 7 V 23/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 3 V 88/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 V 23/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12. Mai 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die "Vollstreckung des Bescheides vom 01.08.1988", mit dem ihm seiner Ansicht nach Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zuerkannt worden sind.

Der im Jahre 1919 geborene Kläger war während des zweiten Weltkrieges Soldat der Deutschen Wehrmacht mit Einsätzen in Norwegen und Finnland.

Ein an den Minister für Familie, Gesundheit und Soziales gerichtetes Schreiben des Klägers vom 15.10.1985 wurde als Antrag auf Versorgung nach dem BVG ausgelegt. Mit diesem Schreiben begehrte der Kläger die Weiterbefreiung von der Rundfunkgebührenpflicht und begründete dies u.a. damit, dass er während des Krieges chemische Waffen habe benutzen müssen und hiervon eine Star-Krankheit zurückbehalten habe. Der Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 04.08.1997 ab, da der Nachweis eines schädigenden Ereignisses aufgrund der widersprüchlichen Sach- und Beweislage nicht gelungen sei. Im Widerspruchsverfahren erteilte der Beklagte unter dem 01.08.1988 einen "Abhilfebescheid", mit dem er den Bescheid vom 04.08.1987 aufhob und eine Neuentscheidung über den Antrag des Klägers nach weiterer Sachaufklärung ankündigte. Dem Widerspruch sei damit abgeholfen, so dass das Vorverfahren beendet sei (§ 85 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Nach weiterer Sachaufklärung lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Versorgung erneut ab und verwies darauf, dass auch die weiteren Ermittlungen den Nachweis eines schädigenden Ereignisses im Sinne des § 1 BVG nicht erbracht hätten (Bescheid vom 24.07.1989). Der Kläger erhob Widerspruch und machte nun geltend, dass mit Bescheid vom 01.08.1988 bereits abschließend darüber entschieden worden sei, dass ihm Versorgungsleistungen zustehen. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.12.1989 als unbegründet zurück. Die Klage auf Vollstreckung des Verwaltungsaktes des Versorgungsamtes E vom 01.08.1988 wurde vom Sozialgericht (SG) Dortmund (S 7 V 174/89) mit Urteil vom 03.05.1991 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) NRW hat die Berufung mit Urteil vom 31.03.1992 zurückgewiesen (L 6 V 101/91). Das Bundessozialgericht (BSG) hat die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen (Beschluss vom 20.05.1992 - 9a BV 75/92).

Im Jahre 1998 erhob der Kläger zwei Klageverfahren vor dem SG Dortmund, die unter dem Aktenzeichen S 3 V 91/99 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind. Im Erörterungstermin vom 26.06.1998 hat der Kläger erklärt, dass er weiterhin die Vollstreckung des Abhilfebescheides vom 01.08.1988 beantrage. Das SG Dortmund wies die Klage mit Urteil vom 07.01.2000 ab, weil die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sei. Das LSG NRW hat die Berufung des Klägers mit Urteil vom 15.08.2000 zurückgewiesen (Az.: L 6 V 12/00). Die auf einen Leistungs- oder Vollstreckungsanspruch aus dem Bescheid vom 01.08.1988 gerichtete Klage sei wegen der Rechtskraftwirkung des Urteils des LSG vom 31.03.1992 unzulässig.

Am 15.05.2002 hat sich der Kläger an das SG Dortmund mit dem Antrag gewandt, gemäß § 199 Abs. 4 SGG ein Urteil zur weiteren Vollstreckung zu erteilen. Gemäß § 131 Abs. 3 SGG sei die Verpflichtung zur Unterwerfung gem. § 201 SGG auszusprechen. Ferner hat er unter dem gleichen Datum eine Verpflichtungsklage zur weiteren Vollstreckung von Leistungen nach dem BVG erhoben. Zur Begründung seines Antrages und seiner Klage hat er auf den Abhilfebescheid vom 01.08.1988 und das Gerichtsprotokoll vom 26.06.1988 in dem Verfahren S 3 V 91/99 (ehemals S 3 V 120/98) verwiesen.

Das SG Dortmund hat am 17.03.2003 einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt. In diesem hat der Kläger erklärt, dass es ihm "auch in diesem Rechtsstreit wieder um die Vollstreckung des Bescheides vom 01.08.1988" gehe.

Das SG Dortmund hat die Klage mit Urteil vom 12.05.2003 abgewiesen. Auf die Entscheidung wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 24.05.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.06.2003 Berufung eingelegt vorgetragen, das Urteil vom 12.05.2003 sei nichtig. Mit bindendem Verwaltungsakt vom 01.08.1988 seien die Schädigungsfolgen aus Kriegseinwirkung beglaubigt worden. Er habe Anspruch auf Leistungen nach dem BVG.

Der Kläger ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des SG Dortmund vom 12.05.2003 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm Leistungen nach dem BVG gemäß Bescheid vom 01.08.1988 zu erbringen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat die Vorprozessakten beigezogen (SG Dortmund Az.: S 3 V 91/99 und S 7 V 174/89).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakten des Beklagten und der Vorprozessakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger am Termin zur mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen hat. Der Kläger ist in der ihm ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilung auf diese verfahrensrechtliche Möglichkeit hingewiesen worden.

Die Berufung des Klägers ist unbegründet, denn das SG hat die Klage zu Recht als unzulässig angesehen und abgewiesen.

Das Klagebegehren des Klägers ist im Hinblick auf seine Erklärung im Erörterungstermin vom 17.03.2002, den das SG durchgeführt hat, als Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG auszulegen. Der Kläger hat in diesem Termin zu Protokoll gegeben, dass es ihm "wieder nur um die Vollstreckung aus dem Bescheid vom 01.08.1988" gehe. Die weitergehenden Anträge verfolgt der Kläger offenkundig nicht weiter. Insbesondere hat er deutlich gemacht, dass er nicht die Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2002 begehrt, mit dem der Beklagte die Zuerkennung des Merkzeichens "Notwendigkeit ständiger Begleitung" abgelehnt hatte.

Der Zulässigkeit der Leistungsklage steht die Rechtskraft der vorangegangenen Entscheidung des LSG NRW vom 31.03.1992 (Az.: L 6 V 101/91) entgegen. Nach § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Die Wirkung der Rechtskraft ist von Amts wegen zu beachten. Eine neue Verhandlung und Entscheidung über denselben Gegenstand zwischen denselben Beteiligten ist nicht möglich, eine neue Klage ist nicht zulässig (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 7. Auflage, § 141 RZ. 6 m.w.N.).

Dem Kläger ging es sowohl im Vorverfahren als auch in dem jetzigen Verfahren darum, Leistungen aus dem Bescheid vom 01.08.1988 zu beanspruchen. Das LSG hat in seinem Urteil vom 31.03.1992 entschieden, dass ein solcher Anspruch aus dem genannten Bescheid nicht besteht. Das BSG hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers als unzulässig verworfen, weswegen dieses Urteil auch rechtskräftig geworden ist. Der Kläger vertritt jedoch nach wie vor die Auffassung, dass die Glaubhaftigkeit seiner Schädigungsfolgen mit diesem Bescheid anerkannt worden ist und ihm deswegen Leistungen nach dem BVG zustehen. Diese Auffassung ist Grundlage seines jetzigen Klagebegehrens. Damit sind die Streitgegenstände des Vorverfahrens und des jetzigen Verfahrens identisch. Das hat zur Folge, dass die erneute Leistungsklage des Klägers nicht zulässig ist.

Der Senat weist im Übrigen darauf hin, dass dem Kläger auch bereits ein Urteil des LSG NRW zu der hier behandelten Rechtsfrage vorliegt (Urteil vom 15.08.2000 Az.: L 6 V 12/00). Auf diese Entscheidung wird deshalb Bezug genommen.

Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, das Klagebegehren des Klägers als Antrag nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) auszulegen. Eine Auslegung oder gar Umdeutung scheitert nach Auffassung des Senats bereits daran, dass der Kläger offenkundig meint, seinen Anspruch aus dem Bescheid vom 01.08.1988 unmittelbar herleiten zu können. Eine materiell-rechtliche Überprüfung liegt somit nicht im Interesse des Klägers. Das kann letztlich aber dahinstehen. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass in dem Klageantrag inzident ein Antrag auf Überprüfung nach § 44 SGB X enthalten ist, bliebe die Klage unzulässig. Denn eine anfechtbare Verwaltungsentscheidung des Beklagten liegt diesbezüglich nicht vor.

Den Schriftsatz des Klägers vom 21.09.2003 konnte der Senat bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen, da ihm dieser erst nach Verkündung der Entscheidung vorgelegt worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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