L 14 RA 71/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 RA 311/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 RA 71/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 1941 geborene Kläger begehrt - im Rahmen des § 44 des Sozialgesetzbuches Teil X (SGB X) - die Neufeststellung der ihm ab 01.03.2001 gewährten Altersrente unter Berücksichtigung von in der DDR erzielten Entgelten oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze Ost und die dementsprechende Nachzahlung von Rentenleistungen.

Er hat zwischen September 1955 und Oktober 1989 Versicherungszeiten und Arbeitsausfallstage ("Anrechnungszeiten") im Beitrittsgebiet zurückgelegt; er gehörte keinem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem an und trat auch nicht der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bei. Am 05.10.1989 nahm er seinen Wohnsitz in F./Bayern.

Mit Bescheid vom 23.02.2001 bewilligte ihm die Beklagte Altersrente wegen Arbeitslosigkeit für die Zeit ab 01.03.2001. Bei der Rentenberechnung ist die Beklagte von den im Sozialversicherungsausweis der DDR festgehaltenen Arbeitsentgelten ausgegangen, wobei für die Jahre von 1972 bis einschließlich 1988, ausgenommen das Jahr 1976, ein jährliches Entgelt von 7.200,00 DM berücksichtigt worden ist.

Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch beanstandete der Klä- ger, dass mit Einführung der FZR Mehrverdienste über 600,00 Mark monatlich (7.200,00 Mark jährlich) nur noch im Rahmen der freiwillig gezahlten Rentenversicherungsbeiträge berücksichtigt würden und damit ein freiwilliger Beitrag zum Pflichtbeitrag hochstilisiert werde. Die Folge hiervon sei gewesen, dass seine Rentenversicherungsbeiträge, gedeckelt mit 600,00 Mark pro Monat, immer weniger Entgeltpunkte bei der Rentenberechnung erbracht hätten, so zum Beispiel im Jahre 1988 nur 0,59, obwohl sein Bruttoarbeitsgeld mit einem Wert von 1,4 Punkten ausgewiesen hätte werden müssen. Die einschränkenden Regelungen gälten gemäß § 256a Abs.3 des Sozialgesetzbuches Teil VI (SGB VI) jedoch nicht für die Gruppen von ehemaligen DDR-Bürgern, die in den Genuss eines Zusatz- oder Sonderversorgungssystems gekommen seien. Es frage sich, wie die Rechtmäßigkeit dieser Verfahrensweise zu begründen sei.

Der Rechtsbehelf wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.07.2001 zurückgewiesen, weil die erfolgte Rentenberechnung gesetzesentsprechend sei und die Beklagte nicht über die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze zu entscheiden habe.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg (S 13 RA 305/01) begehrte der Kläger eine Gleichstellung mit den in § 256a Abs.3 SGB VI genannten und privilegierten Personen. Es sei unstreitig, dass den Beitragszahlern zur FZR ein geldwerter Vorteil gegenüber den normalen Beitragszahlern zur Pflichtversicherung zustehe. Allein dies könne nicht dazu führen, die Grundlage einer allgemeinen Bewertung darauf aufzubauen. Dies würde bedeuten, für die Feststellung des bundesdeutschen Durchschnittsverdienstes alle privaten Rentenversicherungen mit einzubeziehen. Auf diesem Wege werde ihm ein Rentenanspruch für einen Hilfsarbeiter zugestanden, wobei er doch seit 1975 Betriebsleiter mit entsprechendem Gehalt gewesen sei. Für eine persönliche Berechnung seiner Rente bemühe er sich um die früher erzielten tatsächlichen Entgelte in der DDR. In der mündlichen Verhandlung am 22.01.2002 nahm der Kläger seine Klage zurück und stellte zugleich bei der Beklagten den Antrag, gemäß § 44 SGB X nach Beiziehung der alten Lohnunter- lagen einen neuen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erteilen.

Auf frühere Veranlassung des Sozialgerichts forderte die Beklagte diese Lohnunterlagen an und erhielt sie lückenhaft, soweit sie archiviert waren, übersandt. Anschließend erteilte sie den streitgegenständlichen Bescheid vom 16.04.2002, wonach die Rücknahme des Bescheides vom 23.02.2001 abgelehnt wurde, weil die Überprüfung dieses Bescheides gemäß § 44 SGB X ergeben habe, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei; vielmehr sei die Rente in zutreffender Höhe festgestellt worden. In den Jahren 1975 und 1977 bis 1989 könnten die in der DDR erzielten Arbeits- verdienste nur bis zu einem Betrag von monatlich 600,00 Mark berücksichtigt werden, weil ein Beitritt zur FZR nicht erfolgt sei, obwohl dieser möglich gewesen sei (§ 256a Abs.3 SGB VI). Der hiergegen unter Bezugnahme auf das frühere Vorbringen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11.07. 2002 zurückgewiesen, weil die Rentenberechnung gesetzesentsprechend erfolgt sei.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Augsburg (S 13 RA 311/02) begehrte der Kläger erneut die Gleichstellung mit den in § 256a Abs.3 SGB VI genannten Personen. Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 26.02.2003 ab, weil das Arbeitsentgelt in der DDR bis zum 30.06.1990 nur bis zur Höhe von 600,00 Mark monatlich beitragspflichtig gewesen sei; ab 01.03.1971 hätten Versicherte mit höherem Bruttoverdienst der FZR beitreten und Beiträge für das über 600,00 Mark liegende monatliche Einkommen zahlen können. Letzteres sei nicht erfolgt. Zu Recht habe die Beklagte damit nur die Arbeitsverdienste bis zum Betrag von monatlich 600,00 Mark berücksichtigt (vgl. Entscheidungen des Bundessozialgerichts - BSG -).

Mit dem Rechtsmittel der Berufung begehrt der Kläger die "Berechnung der Rente nach dem beitragspflichtigen Jahresverdienst" (gemeint: Die Berechnung seiner Altersrente unter Berücksichtigung der tatsächlich in der DDR erzielten Jahresverdienste, auch soweit sie nicht dort beitragspflichtig gewesen sind). Er ist der Auffassung, dass durch eine "Systementscheidung" des bundesdeutschen Gesetzgebers die in der DDR im Jahre 1972 eingeführte FZR in das System der gesetzlichen Rentenversicherung der BRD eingegliedert worden und dadurch seine Rente gemindert worden sei. Die Eingliederung der FZR sei eine äußerst fragwürdige Entscheidung, da die freiwillige Versicherung doch eine persönliche Entscheidung jedes Einzelnen gewesen sei, wohingegen diese Option in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gegeben sei. Die Zusatzrente (FZR) sei einer von vielen (privaten) Institutionen angebotenen Zusatzrente gleichzustellen; dass es sich in der DDR um eine staatliche Einrichtung gehandelt habe, begründe sich aus der allgemein bekannten Tatsache, dass es eben in der DDR keine solchen privaten Gesellschaften gegeben habe. Niemand würde jedoch hierzulande auf die Idee kommen, private und gesetzliche Rentenversicherung zusammenzurechen und davon eine Bemessungsgrundlage in der Rentenberechnung abzuleiten. Dies sei jedoch durch den Bundesgesetzgeber geschehen mit der Folge, dass ihm ab März 1972 nur noch Verdienste bis zur Beitragsbemessungsgrenze Ost von 7.200,00 Mark jährlich für die Rentenberechnung anerkannt worden seien. Durch die steigenden vergleichenden Durchschnittsentgelte seien seine Entgeltpunkte von Jahr zu Jahr gesunken, so dass ihm zum Beispiel im Jahre 1988 nur 0,59 Punkte zuerkannt worden seien, wobei es gerechnet am tatsächlichen Verdienst 1,42 Punkte gewesen wären. Die in vielen Referenzurteilen bekundete Meinung, dass für nicht geleistete Beiträge auch nicht eine Rentenleistung verlangt werden könne, sei schon deshalb unrichtig, weil eben in anderer Weise bis Februar 1972 verfahren worden sei. Auch müsse gesagt werden, dass viele Anspruchsberechtigte aus der Zusatzversorgung dieser Maßgabe nicht unterworfen gewesen wären. § 256a SGB VI vermische unzulässige Rechtsgrundlagen und diene dem Ziel, Rentenansprüche zu minimieren. Dies verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Er erwarte eine schlüssige Antwort, warum die Systementscheidung des Bundesgesetzgebers, die FZR der DDR und die Zusatz- und Sonderversorgung in die bundesdeutsche Rentenversicherung zu überführen, nicht verfassungswidrig sei.

Er beantragt (sinngemäß), das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 26.02.2003 und den Bescheid der Beklagten vom 16.04.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2002 aufzuheben und diese zu verpflichten, den Bescheid vom 23.02.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07.2001 (teilweise) mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen und ihm höhere Altersrente ab 01.03.2001 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die zu Beweiszwecken beigezogene Versichertenakte der Beklagten und die abgeschlossene Klageakte des Sozialgerichts Augsburg, Az.: S 13 RA 305/01, zur Entscheidung vor. Zur Ergänzung des Tatbestands, insbesondere hinsichtlich der von der Beklagten durchgeführten Rentenberechnung und des Vorbringens des Klägers, wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 ff., 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), jedoch in der Hauptsache unbegründet.

Auch der Senat ist zu dem Ergebnis gekommen, dass dem Kläger kein Anspruch auf höhere Altersrente zusteht. Die Rentenberechnung selbst - dies bestreitet der Kläger im Übrigen nicht - ist gesetzesentsprechend; der Senat hat auch nicht die Überzeugung gewonnen, dass § 256a Abs.3 SGB VI gegen die Verfassung verstoßen würde und daher eine Rechtsfrage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen wäre.

Die Korrektur des rechtsverbindlich gewordenen Bescheids vom 23.02.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.07. 2001 kann nur verlangt werden, wenn bei Erlass dieses Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind (§ 44 Abs.1 Satz 1 SGB X). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt; die Beklagte hat die Rente gesetzesentsprechend berechnet. Für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nach dem 8. Mai 1945 werden Entgeltpunkte ermittelt, indem der mit den Werten der Anlage 10 vervielfältigte Verdienst (Beitragsbemessungsgrundlage West) durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird (§ 256a Abs.1 Satz 1 SGB VI). Als Verdienst zählen der Arbeitsverdienst (und die Einkünfte), für die Pflichtbeiträge gezahlt worden sind, sowie der Verdienst, für den Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung oder freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung für Zeiten vor dem 01.01.1992 oder danach bis zum 31.03.1999 zur Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gezahlt worden sind (§ 256a Abs.2 Satz 1 SGB VI). Als Verdienst zählen auch die nachgewiesenen beitragspflichtigen Arbeitsverdienste und Einkünfte vor dem 01.07.1990, für die wegen der im Beitrittsgebiet jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenzen oder wegen in einem Sonderversorgungssystem erworbener Anwartschaften Pflichtbeiträge oder Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung nicht gezahlt werden konnten (§ 256a Abs.3 Satz 1 SGB VI).

Nach diesen Vorschriften gibt es für die vom Kläger geltend gemachte Berücksichtigung seines zusätzlichen (über der in der ehemaligen DDR maßgebend gewesenen Beitragsbemessungsgrenze liegenden) Arbeitsverdienstes für die Zeit von 1972 bis 1989 keine Rechtsgrundlage. Bereits nach § 256a Abs.1 SGB VI ist ein hochgewertetes, auf notwendig fiktiver Grundlage in DM ausgedrücktes versichertes Erwerbseinkommen, das der Kläger tatsächlich nie erzielt hatte, berücksichtigt worden. In Anwendung dieser Regelung hat die Beklagte in ihrem Altersrentenbescheid zutreffend die mit Pflichtbeiträgen belegten Einkünfte des Klägers von Mark (Ost) in DM umgewertet und bis zu 7.200,00 DM im Jahr berücksichtigt, denn gemäß § 16 Abs.2 der Verordnung zur Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 17.11.1977 galt seinerzeit eine Beitragsbemessungsgrenze (Ost) von monatlich 600,00 Mark. Soweit der Kläger mit der Berufung die Anrechnung zusätzlicher Verdienste für die Zeit ab 1972 erstrebt, steht dem § 256a Abs.3 SGB VI entgegen. Das beitragsfreie, über 7.200,00 Mark jährlich liegende Einkommen ("Überentgelt") durfte nicht berücksichtigt werden, weil der Kläger seit 01.03.1971 die Möglichkeit hatte, der FZR beizutreten und für das "Überentgelt" Beiträge zu leisten (§ 1 Abs.1, § 40 Abs.1 der Verordnung über die Verbesserung der FZR und die Leistungen der Sozialversicherung bei Arbeitsunfähigkeit vom 10. Februar 1971); die sozialversicherungspflichtigen Werktätigen, die ihren ständigen Wohnsitz in der DDR hatten und deren Einkommen die Höchstgrenze für die Beitragspflicht zur Sozialversicherung von 600,00 Mark monatlich bzw. 7.200,00 Mark jährlich überstieg, konnten der FZR beitreten. Der Kläger hatte die Möglichkeit, in der ehemaligen DDR seine Rente aufzubessern, aber hiervon nicht Gebrauch gemacht. Warum er nun eine Berücksichtigung der beitragsfreien "Überentgelte", die er in der DDR erzielt hat, nach Maßgabe des bundesdeutschen Rentenversicherungsrechts angerechnet haben will, das heißt letzten Endes die Berücksichtigung fiktiver Beiträge für Entgelte, für die auch in der DDR keine Beiträge zur Pflichtversicherung oder zur FZR gezahlt worden sind, ist schlichtweg nicht nachvollziehbar.

Ein Eingriff in durch Art.14 des Grundgesetz (Eigentum) geschützte Rechtspositionen des Klägers liegt fern. Seine in der ehemaligen DDR erfolgte Beitragsleistung wurde im Rahmen des § 256a SGB VI berücksichtigt. Der über 600,00 Mark liegende Monatsverdienst war nach dem Rentenrecht der DDR nicht ohne weiteres, das heißt insbesondere nicht ohne Beitragszahlung zur FZR, versichert; da ein entsprechender Versicherungstatbestand beim Kläger nicht vorliegt, kann er mithin keine weitergehenden eigentumsähnlichen Rentenanwartschaften erworben haben. Es erübrigen sich damit weitere Überlegungen, inwieweit durch die originäre bundesdeutsche Neubegründung und Ausgestaltung von Rentenansprüchen Art.14 GG überhaupt tangiert werden kann.

Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art.3 Abs.1 GG) erscheint dem Senat nicht naheliegend. Das Grundrecht ist nur verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers - dies gilt insbesondere für sozialrechtliche Normen - ist allerdings weiter bemessen, wenn Regelungen zur Beseitigung der beim Zusammenbruch des Deutschen Reiches vorhandenen Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand und zur Beseitigung sonstiger Kriegsfolgelasten getroffen sind, denn dabei stand die Bundesrepublik vor sozialen Aufgaben, die nach Art und Ausmaß ohne Parallele waren. Für den vorliegenden Zusammenhang hat der Gesetzgeber unter Beachtung dieser Grundsätze eine auch am Maßstab der Sachgerechtigkeit gemessen unbedenkliche und damit dauerhaft mit der Verfassung in Einklang stehende Lösung gefunden. Die Überleitung des Rentenrechts steht im Gesamtzusammenhang der Abwicklung des Beitritts als verzögert abzuwickelnder Kriegsfolge und der Misswirtschaft der DDR als Ergebnis von der BRD nicht zu verantwortender, von ihr jedoch organisatorisch und finanziell zu bewältigender Last. In Hinblick auf die mit dem Untergang der DDR eingetretene soziale Schutzbedürftigkeit des betroffenen Personenkreises hat der Gesetzgeber dabei eine sachgerechte Lösung in der Weise gefunden, dass er ab 01.01.1992 grundsätzlich die erforderliche originäre bundesdeutsche Neubegründung und Ausgestaltung für alle Inhaber von der DDR geregelter und zuerkannter Ansprüche und Anwartschaften aus der Sozialversicherung, der freiwilligen Zusatzversorgung (FZR) sowie der Zusatz- und Sonderversorgungsysteme nur im Rahmen des SGB VI vorgenommen hat. Diese "Systementscheidung" (vgl. BVerfG vom 28.04.1999 - 1 BvL 32/95 und 1 BvR 2105/95 in BVerfGE 100, 1, 38 ff., vgl. auch BSG vom 23.03.2000 - B 13 RJ 35/99 R in SozR 3-2600 § 256a Nr.7) ist dem Kläger sehr wohl bekannt; er hat nur - zu Unrecht - vermutet, dass hinter dieser Zielsetzung und Verwirklichung eine weitere, ihm unbekannte "Systementscheidung" steht.

Die Einbeziehung der FZR in das SGB VI ist diesem keineswegs wesensfremd; abgesehen von vielfältigen Möglichkeiten der Zahlung freiwilliger Beiträge in der Rentenversicherung war nach dem vor dem SGB VI geltenden Recht die freiwillige Versicherung (§ 1233 der Reichsversicherungsordnung - RVO -, § 10 Angestelltenversicherungsgesetz - AVG -) und auch die Höherversicherung - zusätzliche Beiträge über die Beiträge aufgrund der Versicherungspflicht oder über die Berechtigung zur freiwilligen Versicherung hinaus (§ 1234 RVO, § 11 AVG) - bekannt. Es handelt sich hier nicht um einen Fremdkörper; maßgebend ist, dass im bundesdeutschen Rentenversicherungsrecht freiwillige Beiträge berücksichtigt wurden und werden und dass eine Rentenberechnung entsprechend den geleisteten Beiträgen stattfindet. Hierdurch wird dem Gedanken der "Beitragsgerechtigkeit" Rechnung getragen, und der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass er ohne Gegenleistung (Beiträge) besser gestellt wird. Zu Recht hat er zwar darauf hingewiesen, dass seine Rente ab 01.01.1972 nivelliert wird, das heißt der Wert der Entgeltpunkte von 1972 bis 1989 abgenommen hat. Dies hat aber nicht, wie der Kläger glaubt, damit zu tun, dass die Berücksichtigung der FZR den Wert seiner Entgeltpunkte mindert. Vielmehr ist die Nivellierung darauf zurückzuführen, dass die Durchschnittsverdienste in der BRD und in der DDR gestiegen sind, aber die Beiträge des Klägers zur Rentenversicherung der DDR ab 1972 gleichgeblieben sind, das heißt aus einem Wert von 7.200,00 Mark bzw. DM jährlich berechnet wurden. Seine Ansicht, er könne auch eine Rentenleistung für nicht geleistete Beiträge verlangen, weil eben in dieser Weise bis Februar 1972 verfahren worden sei, ist so nicht zutreffend. Eine Stichtagsregelung (hier der 01.03.1972), die durch eine geänderte Sach- und Rechtslage gerechtfertigt wird, und daher Einfluss auf Sozialleistungen dem Grunde oder der Höhe nimmt, verstößt nicht den Gleichheitsgrundsatz. Im Übrigen wird der Kläger darauf hingewiesen, dass nicht der Bundesgesetzgeber eine Stichtagsregelung eingeführt hat, sondern vielmehr der Gesetzgeber der DDR, und hierdurch die in der DDR zu erwartende Rente herabgesetzt wurde, wobei dem Versicherten die Möglichkeit eröffnet worden ist, durch freiwillige Beiträge für eine zusätzliche Rente zu sorgen. Der Bundesgesetzgeber hat sich an diese Regelung nur "angelehnt", wobei tragend der sachgerechte Gedanke gewesen ist, dass eine Rente der Zahl und der Höhe der tatsächlich geleisteten Beiträge entsprechen sollte. Es ist schlichtweg kein gerechtfertigter Grund ersichtlich, warum der Kläger im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechend einem beitragsfreien Entgelt aus abhängiger Beschäftigung und sonstigen Einkünften alimentiert werden sollte.

Der Kläger wird auch nicht gegenüber den Inhabern von Ansprüchen und Anwartschaften aufgrund Zugehörigkeit anderer DDR-Bürger zur Zusatz- und Sonderversorgungsystemen ungerechtfertigt benachteiligt, auch wenn gesehen wird, dass es sich insoweit im Regelfall um Rechte ohne eigene Beitragsleistung handelt und die Berücksichtigung von Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im SGB VI einen Fremdkörper darstellen. § 259b SGB VI sieht als Sonderregelung gegenüber §§ 70, 256a und 256b SGB VI vor, dass für die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem bei der Ermittlung der Entgeltpunkte allein der Verdienst nach dem AAÜG zugrunde gelegt wird; bei den Betroffenen wird damit grundsätzlich das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bis zu den Werten der Anlage 3 zum AAÜG zugrunde gelegt (§ 6 Abs.1 AAÜG). Diese entsprechen nach Vervielfältigung mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze West. Auf eine Beitragszahlung zum Versorgungssystem oder zur FZR kommt es insofern nicht an.

Gleichwohl liegt keine willkürliche und benachteiligende Behandlung des Klägers in Vergleich zu den nach § 259b SGB VI Privilegierten vor. Es muss berücksichtigt werden, dass der Gesetzgeber vor der Aufgabe stand, als Ersatz für die durch das Erlöschen des Rechtsubjekts "DDR" verlorenen Ansprüche und Anwartschaften mit der Wiedervereinigung einen besonderen und originären Rechtsgrund zu schaffen, um erstmals überhaupt Ansprüche und Anwartschaften gegen einen bundesdeutschen Versicherungsträger oder sonstigen Institution einräumen zu können. Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden ("Systementscheidung"), dies in der gesetzlichen Rentenversicherung zu tun; die Ausgestaltung der Einzelheiten erfolgte mit unterschiedlichen und den im Beitrittsgebiet vorgefundenen Verhältnissen jeweils angepassten Mitteln. Sicherlich wäre es verfassungsrechtlich auch erlaubt gewesen, im Einigungsvertrag einen "Ersatz" für die Sonderversorgung außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung oder in geringerem Umfange vorzusehen, es besteht andererseits aber auch kein Verbot, dies in der gesetzlichen Rentenversicherung zu tun. Eine willkürliche Ungleichbehandlung der (allein) in der DDR Pflichtversicherten im Vergleich zu den Personen in der Zusatz- und Sonderversorgungssystemen liegt nicht vor, weil zwischen der "echten Sozialversicherung" (So- zialpflichtversicherung und FZR) einerseits sowie den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen andererseits so nachhaltige Unterschiede bestehen, dass ihre diesbezüglich unterschiedliche Behandlung auch dauerhaft sachlich gerechtfertigt ist (vgl. u.a. BSG vom 09.11.1999 - B 4 RA 2/99 R). Anlass hierfür war, dass Positionen aus der Sozialpflichtversicherung und der FZR der DDR jedenfalls im Kern beitragsbezogen sind und ein Überschreiten des Rentenniveaus nach dem SGB VI nicht erwarten ließen, so dass hieran bei In-Kraft-Treten des SGB VI im Rahmen einer bloßen Überleitung grundsätzlich angeknüpft werden konnte; demgegenüber waren bei den Ansprüchen und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen Rechtsgrundlagen, Beitragsbezogenheit, Anspruchsvoraussetzungen und Leistungsniveau anders gelagert und zunächst im Wesentlichen ungeklärt.

Der Gesetzgeber musste daher für die Personen in den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen fiktiv ein versichertes Erwerbseinkommen festlegen. Soweit ursprünglich in der DDR Ansprüche und Anwartschaften in Versorgungssystemen auch ohne eigene Beitragsleistung (innerhalb dieser Systeme wie zur Sozialversicherung) erworben werden konnten, stellt dies eine allein der DDR und ihren Untergliederungen zuzurechnende Ungleichbehandlung gegenüber den in Sozialpflichtversicherung und FZR Versicherten dar, die der Bundesrepublik weder originär noch im Wege der Rechtsnachfolge zuzuordnen ist und die nachträglich zu beseitigen sie ebenfalls nicht gehalten war.

Daher war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen, ohne dass vorher eine Vorlage von Rechtsfragen an das Bundesverfassungsgericht zu erfolgen hatte.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich. Eine Divergenzentscheidung liegt nicht vor. Eine grundsätzliche Rechtsfrage ist zu verneinen, nachdem das Bundesverfassungsgericht, a.a.O., und das Bundessozialgericht die tragenden Gedanken bereits dargelegt haben (vgl. u.a. BSG vom 09.11.1999 - B 4 RA 2/99 R, 23.03.2000 - B 13 RJ 35/99 R, 17.08.2000 - B 13 RJ 5/00 R, 10.04.2003 - B 4 RA 41/02 R und 16.11.2000 - B 4 RA 72/00 R).
Rechtskraft
Aus
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