L 6 RJ 277/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 4 RJ 183/01 KO
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 277/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 215/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 30. Mai 2001 sowie des Bescheides vom 26. September 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2001 verpflichtet, dem Kläger die Kosten des Widerspruchsver- fahrens gegen den Bescheid vom 16. August 1999 in Höhe von 284,69 EUR zu erstatten. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der für das (isolierte) Vorverfahren von der Beklagten zu zahlenden Kosten für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt.

Der am 1944 geborene Kläger stammt aus Rumänien. Er ist Inhaber des Vertriebenenausweises A und hält sich seit 03.11.1989 in der Bundesrepublik Deutschland auf. Am 28.06.1999 stellte er (erneut) bei der Beklagten Antrag auf Kontenklärung, dem diese mit Bescheid vom 16.08.1999, unter anderem unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG) für die Zeiten bis 29.08.1989, entsprach. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch ließ der Kläger vortragen, zwischen April 1961 und Dezember 1972 fehlten Wirtschaftsbereiche sowie die Anrechnungsart, die Zeit vom 01.02.1959 bis 15.04.1961 sei als Beitragszeit nach § 15 FRG zu berücksichtigen, die Zeit vom 01.01. 1973 bis 31.07.1976 sei dem Wirtschaftsbereich 14 nach Anlage 14 zum Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zuzuordnen; auch seien die Zeiten vom 01.10.1966 bis 30.03.1968 und 26.07. 1987 bis 20.01.1988 jeweils zu 6/6 bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen.

Mit Bescheid vom 12.04.2000 stellte die Beklagte daraufhin die zu berücksichtigenden Zeiten neu fest und errechnete nunmehr einen Rentenbetrag von 1.137,12 DM (vorher: 818,87 DM). Mit Widerspruchsbescheid vom 04.08.2000 hat sie sodann dem Widerspruch insoweit stattgegeben, als diesem mit Bescheid vom 12.04.2000 abgeholfen worden sei. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten würden auf Antrag zu zwei Dritteln erstattet werden. Nachdem der Kläger auf den Umfang seines Obsiegens hingewiesen hatte, erklärte sich die Beklagte bereit, die für das Widerspruchsverfahren notwendigen Kosten auf Antrag in angemessener Höhe zu drei Vierteln zu erstatten.

Mit Honorarrechnung vom 13.09.2000 setzte die Bevollmächtigte des Klägers die diesem zu erstattenten Kosten wie folgt fest: 1. Vertretungsgebühr § 116 I BRAGO analog 800,00 DM 2. Auslagenpauschale § 26 BRAGO 40,00 DM Zwischensumme 840,00 DM zuzüglich 16 % MwSt § 25 II BRAGO 134,40 DM Summe 974,40 DM.

Mit Bescheid vom 26.09.2000 setzte die Beklagte die dem Kläger zu erstattenten Kosten auf 439,35 DM fest bei folgender Berechnung: 1. Gebühren nach § 63 SGB X unter sinngemäßer Anwendung der BRAGO (§§ 2, 116, 118, 119) 465,00 DM 2. Auslagenpauschale 40,00 DM MwSt 16 v.H. 80,80 DM Zwischensumme 585,80 DM davon sind 3/4 zu erstatten = 439,35 DM.

Für das Vorverfahren sei entsprechend der Rechtsprechung des Bun- dessozialgerichts ein Gebührenrahmen von 65,00 DM bis 865,00 DM (§ 116 Abs.1 BRAGO) bzw. bis 1.295,00 DM (§ 116 Abs.3 BRAGO) maßgebend. Nach § 12 BRAGO bestimme der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren im Einzelfall die Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Sei die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, sei die Berechnung durch den Rechtsanwalt nicht verbindlich, wenn sie - wie hier - unbillig sei. Um gleich gelagerte Fälle möglichst gleich zu behandeln, orientiere sich die Rechtspraxis bei der Feststellung der im Einzelfall angemessenen Gebühr an einer Mittelgebühr wie vorliegend.

Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers, der sich insbesondere gegen die Herabsetzung der Gebühr für das Vorverfahren auf lediglich 2/3 der für das Verfahren erster Instanz geltenden Gebühr wendete und darauf hinwies, dass seine die Auffassung auch die Rechtsanwaltkammer beim OLG München vertrete , wonach es keine Rechtfertigung gäbe, Abstriche hinsichtlich der Gebühren im Widerspruchsverfahren im Vergleich zum Klageverfahren vorzunehmen, hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2001 zurückgewiesen.

Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht Landshut Klage erhoben und erneut Bezug genommen auf das Gutachten der Rechtsanwaltskammer beim OLG München vom 30.05.2000 (III-Geb. 16/00). Selbst bei Verringerung der Gebühr für das erstinstanzielle Verfahren um ein Drittel würde die Höchstgebühr des Widerspruchsverfahrens 866,67 DM betragen. Die vom Rechtsanwalt festgesetzte Gebühr liege noch darunter und sei dem Verfahren angemessen. Bei einem Widerspruchsverfahren nach dem Fremdrentengesetz handle es sich nicht lediglich um eine durchschnittliche Angelegenheit bei durchschnittlicher Schwierigkeit, durchschnittlichem Arbeitsaufwand und durchschnittlichen Einkommensverhältnissen des Widerspruchsführers.

Mit Urteil vom 30.05.2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien für das Vorverfahren lediglich 2/3 der Rahmengebühr gemäß § 116 Abs.1 Nr.1 BRAGO heranzuziehen. Das Gutachten der Rechtsanwaltskammer für den OLG-Bezirk München sei nicht überzeugend. Die Beklagte gehe zutreffend davon aus, dass die vom Rechtsanwalt festgesetzte Gebühr unbillig sei, weil sie die für eine Fallgestaltung wie vorliegend angemessene Gebühr erheblich übersteige. Der Bevollmächtigte des Klägers habe den angefochtenen Bescheid dahingehend auszuwerten, was der Kläger ihm erzähle und in welchen Fällen möglicherweise andere Zuordnungen oder andere Bewertungen in Frage kämen. Insofern sei der Umfang normal gewesen und die Schwierigkeiten durchschnittlich. Die Berufung gegen diese Entscheidung sei nach § 144 Abs.4 SGG ausgeschlossen, da nur Verfahrenskosten streitig seien.

Gegen die Nichtzulassung der Berufung hat der Kläger daraufhin mit Schreiben vom 08.10.2001 Beschwerde eingelegt und darauf hingewiesen, dass ein Ausschlussgrund nach § 144 Abs.4 SGG nicht vorliege; die Berufung bedürfe jedoch der Zulassung im Urteil des Sozialgerichts, über die nicht entschieden worden sei.

Mit Beschluss vom 24.01.2002 hat das Sozialgericht der Nichtzulassungsbeschwerde nicht abgeholfen.

Mit Beschluss vom 31.05.2002 hat der Senat die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24.01.2002 zugelassen.

Der Kläger lässt nunmehr vortragen, eine Kürzung des Rahmens nach § 116 Abs.1 Nr.1 BRAGO auf 2/3 für das Widerspruchsverfahren sei nicht rechtens, vielmehr sei der volle Gebührenrahmen des sozialgerichtlichen Verfahrens erster Instanz auch für das Widerspruchsverfahren heranzuziehen. Es ergäben sich Bedenken gegen die Richtigkeit und Aktualität der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wie sich insbesondere aus dem Gutachten der Gebührenabteilung der Rechtsanwaltkammer für den OLG-Bezirks München ergebe. Im erstinstanziellen Urteil werde nicht ausreichend berücksichtigt, dass das Gebührenbemessungsrecht ausschließlich dem Bevollmächtigten des Klägers zustehe und eine Abweichung bei einer Erstattungspflicht durch Dritte nur dann möglich sei, wenn die Gebührenbestimmung durch den Bevollmächtigten unbillig sei. Die Entscheidung des Sozialgerichts lasse nicht erkennen, in welcher Form diese Grenzen der Unbilligkeit gezogen worden seien. Die nach den fremdrentenrechtlichen Bestimmungen, dem zeitlichen Umfang und der Höhe nach zu bewertenden Zeiten wirkten sich unmittelbar auf die Rentenhöhe aus. Beim Kläger, der als einzige Alterssicherung die gesetzliche Rentenleistung zur Verfügung habe, sei die Höhe seiner Rente sehr wohl von entscheidender wirtschaftlicher Bedeutung. Diese Bedeutung könne keinesfalls mit durchschnittlich bewertet werden. Auch lasse das Erstgericht erkennen, dass weitgehend Unkenntnis über den Umfang und die Qualität anwaltschaftlicher Beratungs- und Vertretungstätigkeiten gerade in Angelegenheiten nach dem FRG bestehe. Bei den Versicherungsträgern sei die Sachbearbeitung der üblichen Rentensachbearbeitung entzogen und Spezialisten übertragen, im anwaltschaftlichen Bereich gebe es nur wenige Anwälte, die sich mit dieser Spezialmaterie überhaupt befassten. Die rechtliche Bewertung des zeitlichen Umfangs, der Zuordnung von Qualifikationsgruppen und Wirtschaftsbereichen entsprechend der Anlage zum SGB VI erfordere eine Fülle von Einzelentscheidungen, die zeitlich aufwendig und rechtlich schwierig zu treffen seien. Jede einzelne Bewertung einer nach dem FRG anzuerkennenden Zeit wirke sich unmittelbar auf die Höhe des Zahlungsanspruchs des Berechtigten aus. Deshalb seien zumindest die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger und insbesondere auch die anwaltschaftliche Tätigkeit dem Umfang und der Schwierigkeit nach mit weit überdurchschnittlich zu bewerten. Die dem Kläger zustehende Entschädigung seiner Aufwendungen sei mit 800,00 DM selbst dann in dieser Höhe zu bemessen, wenn das Gericht von einem Fortbestehen des sog. 2/3-Rahmens im Vorverfahren ausgehen würde.

Der Senat hat den Beteiligten eine Abschrift der Pressemitteilung Nr 42/02 des Bundessozialgerichts übermittelt, woraus sich ergibt, dass das dort anhängige Revisionsverfahren, betreffend das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 08.05.2001, Az.: L 15 SB 96/00, in dem die Frage der Höhe der Vertretungskosten für das isolierte Vorverfahren streitbefangen gewesen war, durch außergerichtlichen Vergleich erledigt worden ist.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30.05.2001 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 26.09.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2001 zu verurteilen, die ihm entstandenen Kosten für das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 16.08. 1999 in Höhe von 373,66 EUR zu erstatten und mit 5 % über dem Basiszinssatz ab 29.09.2000 zu verzinsen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten des Tatbestandes wird im Übrigen Bezug genommen auf den Inhalt der Akten des Gerichts und der Beklagten sowie der beigezogenen Klageakten des Sozialgerichts Landshut, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte und kraft Zulassung durch den Senat statthafte Berufung ist zum Teil begründet.

Zutreffend sind zunächst sowohl die Beklagte als auch das Sozialgericht davon ausgegangen, dass dem Kläger für anwaltliche Vertretung lediglich der Gebührenrahmen in Höhe von 2/3 der für das Verfahren vor dem Sozialgericht anfallenden Rahmengebühr (§ 116 Abs.1 Satz 1 Ziffer 1 der Bundesrechtsanwalts-Gebührenordnung - BRAGO -) zusteht. Für die Höhe der Gebühr reicht jedochdie von der Beklagten zugrunde gelegte sog. Mittelgebühr nicht aus.

Gemäß § 63 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Zu den notwendigen Aufwendungen zählen auch die Gebühren und Auslagen eines als Bevollmächtigten notwendig im Vorverfahren tätig gewordenen Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten (§ 63 Abs.2 SGB X).

Gemäß § 12 Abs.1 Bundesrechtsanwalts-Gebührenordnung (BRAGO) bestimmt der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftragsgebers nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr - wie vorliegend zu 3/4 - von einem Dritten zu ersetzen, so ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

In ständiger Rechtsprechung geht das Bundessozialgericht davon aus, dass für die Vertretung in einem Vorverfahren, an das sich kein gerichtliches Verfahren angeschlossen hat (sog. isoliertes Vorverfahren), die Rahmengebühren nach § 116 Abs.1 Satz 1 BRAGO entsprechend gilt, allerdings mit der Maßgabe, dass nur 2/3 des dort vorgesehenen Gebührenrahmens anzusetzen sind (vgl. BSG, Urteil vom 24.07.1986, 7 RAr 86/94; BSG SozR 1300 § 63 Nrn.2, 3, 4; SozR 3-1930 § 116 Nrn.7, 9). Die für das Bundessozial- gericht maßgeglichen Gründe sind weiterhin von Bedeutung und rechtfertigen keine Änderung der Gebühren etwa durch ungekürzte entsprechende Anwendung des für das erstinstanzielle Verfahren geltenden § 116 Abs.1 Satz 1 Nr.1 BRAGO. Im Urteil vom 07.12. 1983 (SozR 1300 § 63 Nr.2) betont das Bundessozialgericht, dass die BRAGO keine spezielle Vorschrift über die Gebühren für das Verwaltungs- und das Vorverfahren in den Rechtssachen, die im Streitfall vor die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gehören, enthalte; die in § 116 BRAGO festgelegte Rahmengebühr gilt nur für das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit. Wenn § 118 BRAGO davon spricht, dass in anderen als den im 3. bis 11. Abschnitt des Gesetzes geregelten Angelegenheiten der Rechtsanwalt 5/10 bis 10/10 der vollen Gebühr erhalte, so bezieht sich dies dem Wortlaut nach zwar auch auf die Gebühren für das Verwaltungs- und Vorverfahren in sozialrechtlichen Sachen. Diese Vorschrift geht jedoch erkennbar davon aus, dass für die darin geregelten Fälle ein Gegenstandswert ermittelt wird. Vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit wird in den Fällen des § 116 Abs.1 BRAGO jedoch ein Gegenstandswert nicht ermittelt. Das Bundessozialgericht führt aus, es ergebe sich aus der Wertentscheidung des Gesetzgebers, dass im Allgemeinen für die dem gerichtlichen Verfahren vorausgehenden Tätigkeiten im Verwaltungs- und Vorverfahren die Gebühr für den Rechtsanwalt geringer als im Gerichtsverfahren ist (allerdings auch die volle Höhe erreichen kann). Es bestand deshalb ein Bedürfnis, für das Vorverfahren einen (eigenen) Gebührenrahmen festzusetzen. Der dabei gefundene Wert von 2/3 berücksichtigt, dass § 116 Abs.1 BRAGO von Instanz zu Instanz jeweils einen höheren Rahmen vorsieht. Dem Vorverfahren fehlen im Übrigen gerade auch die typischen Merkmale eines Gerichtsverfahrens, wie u.a. die Wahrnehmung eines Verhandlungstermins und eine Beweisaufnahme. Die anders lautende, als herrschende Meinung bezeichnete Auffassung (z.B. Urteil des SG Nordhausen vom 23.08.2001 - S 4 RJ 620/00, NZS 2002 S.112; vgl. auch das Gebührengutachten der Rechtsanwaltskammer für den Oberlandesgerichtbezirk München vom 30.05.2000) bringt demgegenüber keinerlei neue Gesichtspunkte und beruft sich lediglich darauf, dass eine Regelung im Gesetz fehlt, weshalb (auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten) eine entsprechende Anwendung von § 116 Abs.1 Satz 1 Ziffer 1 BRAGO) zu fordern sei. Soweit sich vorliegend die Gebührenrechnung damit auf eine entsprechende Anwendung von § 116 Abs.1 Satz 1 Ziffer 1 BRAGO bezieht, war der Betrag in Höhe von 800,00 DM unbillig im Sinne des § 12 BRAGO mit der Folge, dass zusätzlich von der Beklagten eine Abänderung vorzunehmen war.

Die vom Rechtsanwalt mit 800,00 DM weit über der sog. Mittel- gebühr angesetzte Gebühr war auch unbillig im Sinne von § 12 Abs.1 Satz 2 BRAGO unter Zugrundelegung des von der Beklagten angenommenen Gebührenrahmens von 65,00 bis 865,00 DM (also von 2/3 des Rahmens gemäß § 116 Abs.1 Satz 1 Ziffer 1 BRAGO, der 100,00 DM bis 1.300,00 DM betrug; nach der Auffassung von KassKomm-Krasney, Anm.28 zu § 63 SGB X ergibt sich aufgerundet ein Rahmen von 70,00 bis 870,00 DM). Die von der Beklagten festgestellte Mittelgebühr von 465,00 ergibt sich aus einer Addition von Mindestbetrag und Höchstbetrag und der Division der gefundenen Summe durch 2.

Das Sozialgericht und die Beklagte haben jedoch die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger, d.h. deren wirtschaftliche Bedeutung unzutreffend als lediglich durchschnittlich bewertet. Streitig war im Vorverfahren die Berücksichtigung und Bewertung von Versicherungszeiten in Rumänien im Rahmen einer Rentenauskunft. Eine überdurchschnittliche Bedeutung der Angelegenheit, die auch an eine Ausschöpfung des Gebührenrahmens denken lassen könnte, würde zweifellos dann vorliegen, wenn dem Grunde nach die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung bzw. verminderter Erwerbsfähigkeit streitig war. In derartigen Fällen kann durchaus die Höchstgebühr erreicht werden. Vorliegend ging es dagegen lediglich um die Höhe der späteren Regelaltersrente, auf die der Kläger jedoch ohne weiteres einen Anspruch haben wird. Nicht berücksichtigt wurde jedoch, dass sich für den Kläger im Abhilfebescheid vom 12.04.2000 eine Erhöhung des Rentenbeitrags um nahezu die Hälfte, nämlich von 818,87 DM auf 1.137,12 DM er- geben hat. Unter diesen Umständen kann keinesfalls von einer le- diglich durchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger gesprochen werden, weshalb der Senat es für berechtigt angesehen hat, innerhalb des Rahmens von 85,00 DM bis 865,00 DM einen Betrag von 600,00 DM anzusetzen. Der vom Rechtsanwalt be- stimmte Grundbetrag von 800,00 DM, also nahezu die Höchstgebühr, war demgegenüber unbillig und musste dementsprechend korrigiert werden. Bei einem Ansatz von mehr als 20 v.H. gegenüber dem als billig anzusehenden Betrag sind nämlich die Grenzen des Bestimmungsermessens des Rechtsanwalts auf jeden Fall überschritten (vgl. u.a. BSG vom 22.03.1984 in SozR 1300 § 63 Nr.4).

Ob daneben Umfang und Schwierigkeit der Vertretung im Vorverfahren eine erhöhte Gebühr rechtfertigen würden, kann dahinstehen. Der Umfang der Tätigkeit bestimmt sich nach dem zeitlichen Aufwand des Rechtsanwalts (vgl. Gerold/Schmidt-von Aiken/Mader, Kommentar zur BRAGO, 14. Auflage, Rdnr.12 zu § 12). Im Vorverfahren war festzustellen gewesen, inwieweit der von der Beklagten festgestellte Versicherungsverlauf den bisherigen Angaben des Klägers bzw. dessen Unterlagen entsprochen hat; dementsprechend waren auch zwei Schriftsätze von Bedeutung zu verfassen. Die umfangreiche Korrespondenz ist erst anschließend im Streit um die Kostenerstattung entstanden.

Nachdem über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftragsgebers (Klägers) keine näheren Angaben gemacht wurden, muss hierbei auch von durchschnittlichen Verhältnissen ausgegangen werden, zumal die Altersrente als seine einzige und bedeutende Alterssicherung angegeben werde.

Für den Senat ergibt sich deshalb folgende Berechnung: Gebühr gemäß § 116 Abs.1 Satz 1 Ziffer 1 BRAGO 600,00 DM Auslagenpauschale 40,00 DM Zwischensumme 640,00 DM 16 % Mehrwertsteuer 102,40 DM 742,40 DM Davon 3/4 von der Beklagte zu erstatten: 556,80 DM (= 284,69 EUR)

Es ist auch eine Erhöhung gemäß § 116 Abs.3 BRAGO (bzw. ab 02.01.2002 Abs.4 dieser Vorschrift) nicht möglich. Der Gesetz- geber hat damit einen Anreiz geschaffen, ein Verfahren ohne streitige gerichtliche Entscheidung zu erledigen, um so die Gerichte zu entlasten (BSG vom 09.08.1995 in SozR 3-1930 § 116 Nr.7). Eine Erhöhung ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Bevollmächtigte daran mitgewirkt hat, dass sich die Rechtssache durch beiderseitiges Nachgeben erledigt hat. Dabei kommt es nicht auf Umfang, Schwierigkeit und Intensität der Tätigkeit des Bevollmächtigten an; zu einer zusätzlichen Erfolgsgebühr führt sein Mitwirken bei der Erledigung einer Rechtssache nur dann, wenn der Streit wegen der Besonderheit des Verwaltungsverfahrens zwar nicht der Form, aber dem Inhalt nach vergleichsweise beigelegt wird. Die Erhöhung des Gebührenrahmens, der an Stelle der Zusatzgebühr nach § 24 BRAGO im sozialgerichtlichen Verfahren vorgesehen ist, soll der Tatsache Rechnung tragen, dass hier ebenso wie im allgemeinen Verwaltungsrecht eine gütliche Beilegung häufig nicht durch förmlichen Vergleich, der eine Gebühr nach § 23 BRAGO auslöst, sondern durch Teilabhilfe und -rücknahme des Antrags erfolgt. Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben, wenn gleich die Beklagte einen Teilabhilfebescheid erlassen hat, über den der anschließende Widerspruchsbescheid nicht hinausgegangen ist.

Schließlich kommt auch die begehrte Verzinsung (5 % über dem Basiszinssatz) nicht in Betracht. Zu den notwendigen Aufwendungen im Sinne des § 63 SGB X gehören nämlich nicht die Zinsen; eine entsprechende Anwendung des § 104 Abs.1 Satz 2 ZPO auf die Kostenerstattung für das Vorverfahren wird durch die grundsätzlichen Unterschiede beider Verfahrensarten ausgeschlossen (vgl. BSG vom 24.07.1986, 7 RAr 86/94). § 104 ZPO ist auf ein förmliches gerichtliches Verfahren zugeschnitten, beim Vorverfahren handelt es sich hingegen um einen Teil des Verwaltungsverfahrens. Die prozessrechtlichen Vorschriften über die Verzinsung von Prozesskosten können hier nicht angewandt werden.

Auf die Berufung des Klägers waren das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30.05.2001 und die Entscheidungen der Beklagten entsprechend abzuändern unter Abweisung des Rechtsmittels im Übrigen.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor; der Senat folgt hinsichtlich des anzuwendenden Gebührenrahmens der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Eine Zulassung der Revision "zur Rechtsfortbildung" ist nicht erforderlich.
Rechtskraft
Aus
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