L 3 U 365/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 40 U 5013/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 365/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.07.1999 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger wegen der Folgen seines Sturzes am 16.06.1996 Verletztenrente zu gewähren.

Am 03.07.1996 teilte die landwirtschaftliche Krankenkasse Oberbayern - LwK - der Beklagten einen Unfall des am 1929 geborenen, bei dieser als selbständiger Landwirt versicherten Klägers an. Sie fügte einen Unfallfragebogen bei, der von J. S. mit Datum vom 28.06.1996 unterzeichnet und von diesem - so darin angegeben - nach den Erklärungen des Verletzten ausgefüllt worden war. Darin heißt es, der Kläger sei am 16.06.1996 gegen ca. 3 Uhr 30 vom Bett aufgestanden und habe in den Rinderstall gehen wollen, um dort nachzuschauen. Die Tiere seien unruhig gewesen und hätten gebrüllt. Auf dem Weg zum Stall, vermutlich an der Treppe zum Hauseingang sei er gestolpert und gefallen. Er sei bewußtlos liegen geblieben und von seinen Schwestern, Anna und Maria B. aufgefunden worden. Diese hätten den Notarzt gerufen. Nach den Ermittlungen der Beklagten war der Kläger vom Rettungsdienst des Bayerischen Roten Kreuzes zunächst in das Kreiskrankenhaus K. eingeliefert, von dort in das Klinikum Ingolstadt und am 20.06.1996 in die Klinik Hohe Warte in Bayreuth verbracht worden. Er habe sich eine komplette Querschnittslähmung ab dem fünften Halswirbelkörper mit Blasen- und Mastdarmlähmung zugezogen. In einer Unfallanzeige, die der Mitarbeiter der Beklagten, H. R. am 06.08.1996 anläßlich eines Hausbesuchs aufgenommen hat, wird weiter ausgeführt, der Kläger habe am 15.06.1996 das Gründungsfest zum 25-jährigen Bestehen der Sportkameradschaft T. besucht. Er sei von 22 Uhr 30 bis gegen 24 Uhr dort gewesen und habe nur eine Maß Bier getrunken. Danach sei er nach Hause gegangen und habe sich im Wohnzimmer zum Fernsehen gesetzt. Gegen 2 Uhr habe er Geräusche aus dem Stall vernommen. Er habe nachsehen wollen und sei dann im Haus einfach umgefallen. Weitere Erinnerungen an das Ereignis habe er nicht. Er sei dann am Morgen von seiner Schwester Maria B. gefunden worden. In der Niederschrift ist festgehalten, der Kläger habe diese Unfallschilderung nicht unterzeichnen können; er habe die Richtigkeit vor Zeugen bestätigt. In einem am 05.08.1996 auf Veranlassung der Beklagten nachträglich erstellten Durchgangsarztbericht führte Privatdozent Dr.W. aus, der Kläger sei im Kreiskrankenhaus K. am 16.06.1996 eingeliefert worden; er sei zwar ansprechbar gewesen, habe aber keine näheren Angaben zum Unfallhergang machen können. Aufgefallen sei ein Alkoholgeruch. Die Beklagte fertigte eine Skizze über die örtlichen Begebenheiten am Unfallort. Darauf sind Außenstufen zum Erdgeschoß des Wohnhauses zuerkennen. Im Flur zwischen Wohnzimmer und Küche auf der einen Seite und dem Büro sowie einem leerstehenden Raum gegenüber ist der Unfallort eingetragen. Zwischen dem Büro und dem leerstehenden Raum führt ein Gang zu einem Stall. Das landwirtschaftliche Anwesen ist in U-Form angelegt. Der Wohntrakt mit angrenzendem Stall ist über eine querstehende Scheune mit dem gegenüberliegenden Stalltrakt verbunden.

Mit Bescheid vom 23.09.1996 lehnte die Beklagte einen Entschädigungsanspruch ab. Der Unfall habe sich dadurch ereignet, dass der Kläger umgefallen sei. Es habe sich um einen Sturz aus innerer Ursache gehandelt, für den ein Unfallversicherungsschutz ausscheide. Darüber hinaus habe der Kläger zum Unfallzeitpunkt den unversicherten häuslichen Wirkungsbereich noch nicht verlassen gehabt. Der Unfall habe sich auf dem Weg von der Wohnstube, in der sich der Kläger zum Fernsehen aufgehalten habe, zum Stall ereignet. Er sei morgens von seiner Schwester Maria im Hausgang aufgefunden worden. Er habe den Wohnbereich noch nicht verlassen gehabt. In seinem Widerspruch vom 07.10.1996 brachte der Kläger vor, der Unfall sei nicht auf eine innere Ursache sondern auf ein Stolpern zurückzuführen. Richtig sei, dass ihn seine Schwester im Hauseingang gefunden habe. Sie habe gesehen, dass die Haustür noch ein Stück offengestanden habe. Der Unfall habe sich nicht im Hausflur, sondern beim Verlassen des Wohngebäudes auf der Außentreppe ereignet. Er habe sich dann in den Hauseingangsbereich zurückgeschleppt und sei dort bewußtlos liegengeblieben. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 23.01.1997 zurück. Die jetzige Behauptung des Klägers, er sei gestolpert, wertete sie als nachgeschobene Schutzbehauptung. Seinen früheren Aussagen müsse mehr Gewicht beigelegt werden als seinen späteren. Gleiches gelte für seine Behauptung, der Unfall habe sich beim Verlassen des Wohnbereichs ereignet. Dies habe er erst in Kenntnis der Ablehnungsgründe vorgebracht. Zudem weise sie darauf hin, dass Privatdozent Dr.W. im Durchgangsarztbericht eine Alkoholfahne bei der Erstbehandlung erwähnt habe.

Dagegen hat der Kläger beim Sozialgericht München Klage erhoben und sein Entschädigungsverlangen aufrechterhalten. Am 09.11.1997 hat er durch seinen Bevollmächtigten vortragen lassen, der von der Beklagten zugrundegelegte Unfallablauf sei unrichtig. Er sei ledig und wohne zusammen mit seinen beiden Schwestern (73 und 65 Jahre alt) auf dem landwirtschaftlichen Anwesen. Am 15.06.1996 habe er gegen 22 Uhr 30 das Fest der Sportkameradschaft T. besucht und dieses gegen 24 Uhr verlassen, um zu Hause noch etwas fernzusehen. Gegen 2 Uhr des 16.06.1996 habe er ein ungewöhnliches Brüllen der Tiere im Stall vernommen. Er habe im Rinderstall nachschauen wollen. Hierzu habe er das Haus verlassen müssen, um über den Hof zum Stall zu gehen. Auf diesem Weg sei er nach Verlassen des Hauses auf der 1. oder 2. Stufe der Außentreppe des Hauses gestolpert und schwer gestürzt. Er habe nicht mehr aufstehen können, habe sich in den Hausflur zurück geschleppt und - allerdings vergeblich - um Hilfe gerufen. Er habe dann das Bewußtsein verloren und sei am Morgen von seiner Schwester Maria aufgefunden worden. Es handle sich daher um einen Sturz durch Stolpern im Sinne eines von außen einwirkenden Ereignisses. Eine innere Ursache sei auszuschließen. Der Unfall habe sich nicht im häuslichen Wirkungskreis sondern auf der Außentreppe ereignet. Die Entschädigungspflicht der Beklagten sei daher begründet.

Auf Veranlassung des Gerichts hat das Kreiskrankenhaus K. das Einsatzprotokoll des Notarztes Dr.H. übersandt. Darin wird zum Unfallablauf angegeben, der Kläger sei von seinen Schwestern im Wohnzimmer am Boden liegend vorgefunden worden und sei nicht ansprechbar gewesen. Beim Eintreffen der Sanitäter sei er noch somnolent gewesen. Es sei ein foetor alcoholicus festzustellen gewesen. Als Diagnosen wurden eine Alkoholintoxikation und eine Bradycardie genannt. Die behandelnde Stationsärztin Dr.R. teilte dem Sozialgericht auf seine Anfrage am 21.04.1999 mit, nach dem klinischen Befund vom 16.06.1996 sei es dem Kläger nicht möglich gewesen, nach dem Sturz eine längere Strecke zurückzulegen. Ob diese Beeinträchtigung zum Unfallzeitpunkt ebenfalls bestanden habe, könne nicht sicher beurteilt werden. Der Kläger selber habe keine eigenen Angaben über den Unfallhergang machen können.

Mit Urteil vom 23.07.1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Entschädigung seines Unfalls, weil sich dieser im häuslichen Bereich seines landwirtschaftlichen Anwesens ereignet habe. Dies stehe fest aufgrund der Angaben des Notarztes Dr.H. im Notarztprotokoll und der Angaben im Aufnahmebogen der Notfallambulanz des Kreiskrankenhauses K. , nachdem der Kläger wieder ansprechbar war. In beiden Dokumenten sei festgehalten, der Kläger sei im Wohnzimmer liegend aufgefunden worden. Damit habe sich der Unfall im häuslichen Bereich ereignet. Selbst wenn sich, wie vom Kläger später behauptet, der Unfall im Hausflur ereignet haben sollte, so gelte nichts anderes. Denn die örtlichen Gegebenheiten seien dergestalt, dass sich häuslicher und betrieblicher Bereich nicht klar trennen ließen und der Übergang vom privaten zum versicherten Handeln bei wertender Betrachtung zu ermitteln sei. Nach dem Vorbringen des Klägers habe er sich einer betrieblichen Verrichtung zuwenden wollen. Dies genüge jedoch nicht, solange er den rein persönlichen Lebensbereich noch nicht verlassen habe. Es fänden sich auch keinerlei Anhaltspunkte, dass das Wohnzimmer dem landwirtschaftlichen Betrieb gedient habe. Allein die Einrichtung eines Büros im Erdgeschoß reiche nicht aus, um den Flur, der weitgehend privat genutzt werde, der betrieblichen Sphäre zuzuordnen. Es sei nicht nachgewiesen, dass sich der Sturz an einer anderen Stelle ereignet habe, als dort, wo der Kläger aufgefunden worden sei. Sein Vorbringen, er sei auf der Außentreppe gestolpert und habe sich wieder in das Haus zurückgeschleppt, beruhe auf Vermutungen. Denn es stehe fest, dass der Kläger nach dem Sturz bewußtlos liegen geblieben und bei seinem Auffinden und der Versorgung durch den Notarzt nicht ansprechbar gewesen sei. Eine eigene Erinnerung an den Hergang sei damit ausgeschlossen. Die jetzigen Vermutungen sollten wohl nur die Erinnerungslücke überbrücken. Es habe keine Veranlassung bestanden, die vom Kläger benannten Zeugen zu vernehmen, denn diese hätten lediglich die Angaben des Klägers wiedergeben können, nicht jedoch eigene Wahrnehmungen zum Unfallhergang. Bei dieser Sachlage sei nicht zu prüfen gewesen, ob der Kläger aus innerer Ursache, etwa infolge der Alkoholintoxikation gestürzt sei.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt: einzuräumen sei, dass er selbst nur unvollständige Erinnerungen an das Unfallereignis habe. Hinzu komme, dass er unmittelbar nach dem Unfall unter dem Eindruck der Querschnittslähmung gestanden habe und nicht in der Lage gewesen sei, sich um seine Angelegenheiten selbst zu kümmern. Dies habe dazu geführt, dass sein Neffe J. S. den Unfallfragebogen für die LwK ausgefüllt habe. Naturgemäß hätten sich dabei Ungenauigkeiten eingeschlichen. Tatsache sei, dass er am nächsten Morgen im Flur des Hauses von seinen Schwestern gefunden worden sei. Dabei habe die Tür des Anwesens noch offengestanden. Seine Schwester Anna sei zwischenzeitlich am 18.11.1998 verstorben und stehe als Zeugin nicht mehr zur Verfügung. Selbst wenn man, wie die Beklagte, davon ausgehen wolle, er sei auf dem Weg von der Wohnstube, wo er sich zum Fernsehen aufgehalten habe, zum Stall im Flur gestürzt, so handle es sich dennoch um einen versicherten Unfall. Das Bundessozialgericht habe einen Gang zum Telefon wegen eines geschäftlichen Anrufs als versichert angesehen, weil dies eine unmittelbar dem Unternehmen dienende Tätigkeit sei(BSG SozR 2.200 Nr.51 und 78). Diese Grundsätze müßten herangezogen werden.

Der Senat hat den Notarzt Dr. H. schriftlich zur Frage angehört, ob er sich an Einzelheiten zum Auffinden des Klägers erinnern könne. Am 10.10.2000 hat er angegeben, soweit ihm erinnerlich sei der Kläger in der Wohnstube aufgefundenen worden; weitere Angaben könne er nicht machen. Der Senat hat die Schwester des Klägers, Maria B. , seinen Neffen Josef S. sowie die beim Notarzteinsatz tätigen Rettungssanitäter S. und F. als Zeugen einvernommen. Auf deren Aussage im Sitzungsprotokoll vom 25.01.2001 wird gem. § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - Bezug genommen. Ferner hat der Senat ein Gutachten von Prof.Dr.E. , Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der L. Universität München, eingeholt. Am 05.02.2002 hat der Sachverständige in seinem unter Mitwirkung des Neurologen Dr.B. , des Dipl.Physikers S. und des Arztes Dr.P. erstellten Gutachten ausgeführt, auslösende Ursache der Halsmarkschädigung mit Tetraplegie sei eine sturzbedingte Hyperextension der Halswirbelsäule - HWS - gewesen. Die HWS sei infolge von Spinalstenosen auf unterschiedlichen Ebenen erheblich vorgeschädigt gewesen. Dadurch sei es bei einer primär gegen die Stirn gerichteten Gewalt - hierfür spreche die Prellmarke an der Stirn - zur Hyperextension der HWS gekommen. Aus medizinischer Sicht lasse sich keine der vom Senat vorgegebenen Sachverhaltsversionen ausschließen. Dass sich der Kläger an das Brüllen der Tiere habe erinnern können, werde weder durch die Angaben seiner Schwester noch durch die eigenen Angaben des Klägers in der vom Kreiskrankenhaus K. bzw vom Klinikum Ingolstadt erhobenen Anamnese bestätigt. Nach Aktenlage könne aus medizinischer Sicht keine bestimmte Sturzursache als die wahrscheinlichste erklärt werden. Alkoholeinfluß oder eine innere Ursache ließen sich hingegen nicht beweisen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 23.07.1999 und des Bescheids vom 23.09.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 23.01.1997 zu verurteilen, ihn wegen der Folgen seines Unfalls am 16.06.1996 zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.07.1999 zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gem. § 136 Abs. 2 SGG auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber nicht begründet.

Im Ergebnis zutreffend hat das Sozialgericht einen Anspruch des Klägers gem. der hier noch anzuwendenden Vorschriften der §§ 548, 580, 581 Reichsversicherungsordnung - RVO - verneint. Die Frage, ob dem Kläger Entschädigung wegen seines Unfalls vom 16.06.1996 zusteht, hängt davon ab, ob er bei einer betrieblichen Verrichtung gestürzt war bzw. ob er sich zumindest auf einem unfallversicherungsrechtlich geschützten Weg zu einer betrieblichen Tätigkeit befunden hatte. Hiervon kann sich der Senat auf Grund des Ergebnisses der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme nicht überzeugen. Während für die Bejahung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis (haftungsbegründende Kausalität) sowie zwischen der Unfallverletzung und späteren Gesundheitsstörungen (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt, muß sich das Gericht von den übrigen entscheidungserheblichen Tatsachen mit Gewißheit überzeugen können. Die Anerkennung eines Arbeitsunfalls setzt voraus, dass die versicherte Tätigkeit, das Unfallereignis und die Erkrankung mit Gewißheit bewiesen sind. Gewißheit bedeutet, dass kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch Zweifel hat. Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (Bereiter-Hahn, Gesetzliche Unfallversicherung § 548 Anm. 3.4).

Unter Zugrundelegen dieser Maßstäbe hält der Senat folgenden Sachverhalt für erwiesen: Der Kläger besuchte am 15.06.1996 das Gründungsfest der Sportkameradschaft T. und verließ dieses zu einem nicht bekannten Zeitpunkt. Er traf zu einem ebenfalls nicht bekannten Zeitpunkt in seinem einzeln, außerhalb einer Ortschaft gelegenen Wohnhaus in T. ein. Was er anschließend tat, ist ebenfalls unbekannt. Vermutlich - so seine eigenen Angaben - ließ er sich in der Wohnstube nieder, sah dort fern und schlief dabei ein. Fest steht, dass er gegen 7 Uhr am Morgen des 16.06.1996 von seinen beiden Schwestern am Boden liegend aufgefunden wurde. An welcher Stelle des Hauses dies war, konnte der Senat in Anbetracht der einander widersprechenden Angaben des Klägers selbst während des Verfahrens und der davon abweichenden Schilderung seiner Schwester Maria B. anläßlich ihrer Einvernahme durch den Senat nicht zweifelsfrei klären. Da es keine Zeugen zum Unfall selbst gibt, ist unklar, ob sich der Kläger nach seinem Sturz noch an eine andere Stelle des Hauses schleppen konnte. Letztendlich kann der Senat diese Frage offen lassen. Denn entscheidendes Gewicht kommt dem Umstand zu, ob der Kläger tatsächlich vom Gebrüll der Tiere im Stall geweckt worden und vom "Fernsehen" aufgestanden war und auf dem Weg war, nach den unruhigen Tieren zu sehen. Erstmals wurde dieser Sachverhalt im Unfallfragebogen am 28.06.1996 vom Neffen des Klägers, dem Zeugen J. S. wiedergegeben. Insoweit war die Aussage des Zeugen vor dem Senat zu beachten, wonach er die Schilderungen im Unfallfragebogen nach den Angaben des Klägers gemacht hatte, während der Kläger selbst wiederholt erklärte, er habe an den Unfall keine Erinnerung. Die vom Senat ebenfalls als Zeugin gehörte Schwester des Klägers versicherte, sie habe, obwohl sie in einem Zimmer schlief, dessen Fenster dem Stall zugewandt war, nichts vom Brüllen der Tiere gehört. Damit ist der Senat ausschließlich auf die Angaben des Klägers angewiesen. Diesen kann er kein solches Gewicht beimessen, um daraus einen zweifelsfreien Schluß ziehen zu können. Denn, obwohl der Kläger nach dem Unfall zumindest zeitweise ansprechbar war, erwähnte er diese für den Unfallversicherungsschutz bedeutsame Aussage zeitnah zum Unfall gegenüber keiner Person. Gut nachvollziehbar schilderte der Zeuge S. , er habe den Kläger bei seinem Besuch in der Klinik Hohe Warte in Bayreuth bedrängt, sich zu erinnern, wie es zu dem Unfall gekommen sei. Der Kläger habe im Verlaufe der Unterredung gesagt, es sei etwas mit den Tieren im Stall gewesen. Die Aussage des Zeugen und die Ausführungen des Klägers während des Verfahrens vermitteln den Eindruck, als habe sich im Laufe der Zeit bei ihm tatsächliche Erinnerung mit rekonstruktivem Wunschdenken vermengt. Dabei soll dem Kläger nicht unterstellt werden, er sage die Unwahrheit. Vielmehr entnimmt der Senat seinem Verhalten den verzweifelten Versuch, die wahren, ihm nicht mehr erinnerlichen Begebenheiten der Unfallnacht zu rekonstruieren. Da der Ort, an dem der Kläger stürzte, und der Zeitpunkt ungeklärt blieben, können auch keine Rückschlüsse hieraus auf seine Absicht, in den Stall gehen zu wollen, gezogen werden. Insoweit konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, der Kläger sei auf den Stufen der Außentreppe gestürzt, dort bis zum Morgen liegen geblieben und von seinen Schwestern Anna und Maria, wie von der Zeugin Maria B. bei ihrer Einvernahme vor dem Senat geschildert, dort aufgefunden und ins Wohnzimmer getragen worden. Denn zeitlich wesentlich näher zum Unfall, nämlich am 06.08.1996 hatte der Kläger im Beisein seiner beiden Schwestern gegenüber dem Mitarbeiter der Beklagten, wie von diesem in einer Aktennotiz festgehalten, angegeben, er sei im Inneren des Hauses im Flur gestürzt und dort liegengeblieben. Dass er nach dem Verlassen des Wohnhauses auf der Außentreppe gestürzt sei, ließ der Kläger erstmals durch seinen Bevollmächtigten im Schriftsatz vom 09.11.1997 vortragen. Dabei ergänzte er die Schilderung mit der Behauptung, er habe sich nach dem Sturz in den Hausflur zurückgeschleppt, habe vergeblich um Hilfe gerufen und dann das Bewußtsein verloren. In Anbetracht der divergierenden Unfallschilderungen, von denen nach Ansicht des Sachverständigen Prof.Dr.E. keine ausgeschlossen aber auch keine als die wahrscheinlichste angesehen werden kann, konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass der Kläger bei einer betrieblich bedingten Verrichtung verunglückt ist.

Der Senat kann demnach die Versorgungsabsicht der Tiere und damit die versicherte Tätigkeit nicht in dem oben aufgezeigten Beweismaßstab als erwiesen ansehen. Weitere Überlegungen entfallen daher. Es kann dahinstehen, ob sich der Unfall, wie vom Sozialgericht angenommen, in privat genutzten Räumen, in überwiegend betrieblich genutzten oder in ausschließlich betriebsdienlichen Räumen ereignete. Denn es gibt keinen Betriebsbann in der Weise, dass alle am Ort der versicherten Tätigkeit vorgenommenen Verrichtungen geschützt wären. Entscheidend ist vielmehr stets die betrieblich ausgerichtete Betätigung. Eine solche könnte - anders als vom Sozialgericht gesehen - schon mit dem Erheben aus dem Sessel beginnen, wenn sich daran der Gang zum Stall angeschlossen hätte, um zu einer nicht arbeitsüblichen Zeit nach den Tieren zu sehen. Denn in diesem Fall wäre die Beziehung zur Betriebstätigkeit so wesentlich, dass der Weg vom Wohnzimmer oder einem anderen Privatraum bereits als die versicherte Tätigkeit selbst und nicht als der Weg zur Aufnahme einer solchen zu qualifizieren wäre (vgl. BSG SozR 2.200 § 548 Nr.51; BSG a.a.O Nr.72; BSG Urteil vom 25.02.1993 - 2 RU 12/93).

Bei dieser Sachlage kommt es auf die weitere Frage, wodurch es zu dem verhängnisvollen Sturz kam, welcher nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof.Dr.E. zu einer Gewalteinwirkung gegen die Stirn und zu einer Hyperextension der HWS führte, nicht mehr an. Entscheidend ist ausschließlich, dass eine versicherte Tätigkeit des Klägers zum Zeitpunkt des Unfalls nicht nachgewiesen werden kann. Der Kläger hat die Folgen der Beweislosigkeit (obj.Feststellungslast; BSGE 13,52) zu tragen. Sein Anspruch auf Entschädigung aus Anlaß seines Unfalls vom 16.06.1996 ist nicht begründet. Seine Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.07.1999 war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen (§ 160 Abs.1 Nrn.1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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