L 3 U 371/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 U 5037/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 371/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 20.07.2000 wird zurückgewiesen.
II. Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist noch streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin wegen der Folgen ihres Unfalls vom 21.01.1995 Verletztenrente über den 13.09.1995 hinaus zu gewähren. Die Anerkennung weiterer Gesundheitsstörungen und Rente vor dem 13.09.1995 ist nicht mehr streitig, da die Beklagte im Schreiben vom 07.09.2001 angeboten hat, die Teilruptur des vorderen Kreuzbandes als weitere Unfallfolge anzuerkennen und der Klägerin vom 13.03.1995 bis 13.06.1995 Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE - um 30 v.H. sowie anschließend bis 13.09.1995 eine solche nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren und die Klägerin das Angebot als Teilanerkenntnis angenommen hat.

Die am 1941 geborene Klägerin, landwirtschaftliche Mitunternehmerin, wurde am 21.01.1995 von einer Kuh gegen das linke Knie getreten. Nach dem von Dr.K. am 20.01.1995 erstatteten Durchgangsarztbericht erlitt sie dabei ein Knietrauma des linken Kniegelenks mit Innenbandläsion. Röntgenologisch ließ sich eine knöcherne Verletzung auschließen, jedoch zeigte sich das linke Kniegelenk vermehrt aufklappbar. Die Klägerin wurde im Kreiskrankenhaus Oberviechtach bis zum 13.02.1995 stationär behandelt. Dr.K. bescheinigte ab dem 13.03.1995 wieder Arbeitsfähigkeit. In einem ersten Rentengutachten vom 31.07.1995 stellte er keinen wesentlichen krankhaften Befund mehr fest und schätzte die unfallbedingte MdE bis 07.06.1995 mit 20 v.H., dann mit 10 v.H. ein. Mit Bescheid vom 22.08.1995 gewährte die Beklagte der Klägerin eine einmalige vorläufige Verletztenrente für die Zeit vom 13.03.1995 bis 07.06.1995 nach einer MdE um 20 v.H. Ab dem 08.06.1995 betrage die MdE nur noch 10 v.H. Rente stehe ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zu. Als Unfallfolge erkannte sie an: Verstauchung des linken Kniegelenks mit Verletzung des Innenbandes. Verletztengeld bzw. Betriebs- und Haushaltshilfe erhielt die Klägerin für die Zeit vom 20.01.1995 bis 12.03.1995. Auf den Widerspruch der Klägerin erstattete der Orthopäde Dr.G. am 28.02.1996 ein weiteres Gutachten. Er kam zum Ergebnis, wesentliche Unfallfolgen lägen nicht mehr vor; die MdE betrage auf Dauer ab dem 08.06.1995 weniger als 10 v.H. Dabei berücksichtigte er auch einen Magnetresonanz-Befund - MRT - vom 30.11.1995, der eine ältere Teilruptur des vorderen Kreuzbandes aufdeckte. Mit Bescheid vom 26.03.1996 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Dagegen hat die Klägerin beim Sozialgericht Regensburg Klage erhoben. Dieses hat die Röntgenaufnahmen beigezogen und auf Antrag der Klägerin (§ 109 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) den Orthopäden Dr.B. mit der Begutachtung betraut. Dieser ist am 19.01.1998 zum Ergebnis gekommen, bei dem Unfall sei es nicht nur zu einer Distorsion des Kniegelenks mit Innenbandverletzung sondern auch zu einer Teilruptur des vorderen Kreuzbandes gekommen. Die MdE sei daher bis zum 21.04.1995 mit 30 v.H. und darüber hinaus auf Dauer mit 20 v.H. zu beurteilen. Die Beklagte hat sich dagegen auf eine Stellungnahme ihres Orthopäden Dr.D. vom 08.03.1998 gestützt. Dieser hat eine Bandinstabilität für zweifelhaft gehalten. Auch bei Annahme einer solchen Unfallfolge sei lediglich eine MdE von 10 v.H. auf Dauer zu begründen. Mit Urteil vom 20.07.2000 hat das Sozialgericht die auf Entschädigung über den 07.06.1995 hinaus und für die davor liegende Zeit ab dem 13.03.1995 auf eine höhere MdE gerichtete Klage abgewiesen. Es ist der Auffassung von Dr.D. gefolgt und hat die Ausführungen von Dr.B. nicht für überzeugend gehalten. Zum einen enthalte die in der Röntgenpraxis Dres.K. und S. am 30.11.1995 gefertigte Kernspintomgraphie nur Angaben bezüglich des rechten Kniegelenks und zum anderen würde auch dann, wenn beim Unfall eine Verletzung des vorderen Kreuzbandes am linken Knie abgelaufen sein sollte, dies nach dem klinischen Befund keine MdE um 20 v.H. rechtfertigen. Zudem habe an beiden Kniegelenken, wie dem Arztbrief der Orthopädin Dr.W. vom 09.12.1994, also vor dem Unfall zu entnehmen sei, an beiden Kniegelenken ein Vorschaden bestanden. Bereits damals seien die Veränderungen am linken Kniegelenk stärker als rechts gewesen.

Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und zur Begründung auf ihren erstinstanziellen Vortrag Bezug genommen. Der Senat hat nochmals sämtliche Röntgenaufnahmen beigezogen und den Oberarzt Dr.B. , orthopädische Klinik des BRK, Klinik Lindenlohe zum Sachverständigen ernannt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 16.07.2001 dargelegt, durch den Unfall sei es neben einer mäßigen Instabilität des linken Kniegelenks bei Zustand nach Distorisionstrauma zu einer Teilruptur des vorderen Kreuzbandes und zu einer Innenbandläsion gekommen. Er habe den Radiologen, der das MRT vom 30.11.1995 gefertigt habe, befragt. Dabei sei klargestellt worden, dass das linke Kniegelenk untersucht und befundet worden sei. Irrtümlich sei das rechte Kniegelenk genannt worden. Dr.B. ist auf Grund dieser Erkenntnisse zum Ergebnis gelangt, in Anbetracht der Anfangsbefunde, der zunehmenden Beschwerden, welche von Frau Dr.W. eingehend beschrieben worden seien und der kernspintomographischen Untersuchungen von 1995 und 1997 sei klar, dass es bei dem Unfall auch zu einer Teilruptur des vorderen Kreuzbandes gekommen sei. Zum jetzigen Zeitpunkt sei lediglich noch eine MdE von 10 % verblieben. Für die Zeit vom 13.03.1995 bis 13.06.1995 habe diese 30 %, anschließend bis 13.09.1995 20 % und von da an 10 % betragen.

Im Schreiben vom 07.09.2001 hat die Beklagte angeboten, dem Gutachten von Dr.B. zu folgen, als weitere Unfallfolgen eine Teilruptur des vorderen Kreuzbandes und eine Innenbandläsion anzuerkennen und den von ihm genannten MdE-Werten zu entsprechen. Die Klägerin hat dieses Angebot am 11.10.2001 schriftsätzlich als Teilanerkenntnis angenommen. Die Beklagte hat dies akzeptiert.

das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 20.07.2000 aufzuheben und den Bescheid vom 22.08.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.1996 abzuändern und ihr über den 13.09.1995 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin, soweit diese über das Anerkenntnis hinausgeht, zurückzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts gemäß § 136 Abs.2 SGG auf den Inhalt der Akte der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber soweit sie Ansprüche über das Anerkenntnis hinaus geltend macht, unbegründet.

Denn ein Anspruch auf eine Dauerrente nach einer MdE um 20 v.H. gemäß der §§ 548, 580, 581 Reichsversicherungsordnung - RVO -, welche hier nach § 212 7.Sozialgesetzbuch - SGB VII - noch anzuwenden sind, ist nicht begründet. Die Folgen des Unfalls sind auf Dauer nicht so schwerwiegend, dass sich daraus eine Funktionsbehinderung ableiten ließe, welche eine MdE um 20 v.H. ausmachen würde. Von Bedeutung ist insoweit, dass zwar die Kombination einer Verletzung des Seitenbandes und des vorderen Kreuzbandes die Gangsicherheit beeinträchtigt und die Bandverhältnisse damit als instabil zu bezeichnen sind. Jedoch ist die MdE danach einzuschätzen, inwieweit die Beugung und Streckung des Kniegelenks behindert bzw. inwieweit diese noch muskulär kompensierbar ist. Letzteres trifft bei der Klägerin weitgehend zu. Nach der Rentenliteratur (Schönberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall- und Berufskrankheit, 6.Aufl., S.638) wird eine Bänderverletzung bei instabilen Bandverhältnissen mit muskulärer Kompensierbarkeit nach einer MdE um 10 v.H. und erst bei einer Nichtkompensierbarkeit und Seitenbandinstabilität mit 20 v.H. eingeschätzt. Nach der Beurteilung von Dr.B. , der sich der Senat anschließt, ist die Bandverletzung bei der Klägerin derzeit noch muskulär kompensierbar. Dabei ist berücksichtigt, dass die Klägerin von Seiten des linken Kniegelenks noch Restbeschwerden bei Belastung empfindet und es auch bei kürzerer Belastung und reduzierter Gehstrecke zu einer Schwellneigung kommt. Da das vordere Kreuzband jedoch nicht vollständig gerissen, sondern lediglich mäßig verlängert ist, ergibt sich nur eine diskrete Instabilität. Einen ähnlichen Zustand fand auch Dr.B. bei seiner Untersuchung der Klägerin am 10.12.1997 vor. Er beobachtete ein leichtes Schonhinken links, während der Zehen- und Fersenstand sowie der Zehen- und Fersengang links nur leicht unsicher ausgeführt werden konnte, eine Hockestellung bis zu einer Kniebeugung von 110 Grad möglich war und erst dann Schmerzen im linken Kniegelenk aufgetreten waren. Er befundete zudem eine geringgradige vordere Schublade links, welche auch seiner Meinung nach muskulär weitgehend kompensiert werden konnte. Damit steht fest, dass lediglich eine muskulär noch kompensierbare Bandinstabilität zurückgeblieben ist. Zum jetztigen Zeitpunkt bzw. über den 13.09.1995 führte die Unfallsverletzung demnach nicht zu einer rentenberechtigenden MdE von mindestens 20 %. Infolge der ungünstigen Knieverhältnisse ist jedoch eine Verschlimmerung in der Folgezeit nicht auszuschließen. Künftige Veränderungen können aber nicht in die aktuelle MdE-Bewertung einbezogen werden. Sofern die Klägerin über den 13.09.1995 hinaus Verletztenrente begehrt, ist ihre Berufung unbegründet und zurückzuweisen.

Die Belastung der Beklagten mit außergerichtlichen Kosten der Klägerin erschien dem Senat im Hinblick auf deren auf Dauerrente gerichtetes Begehren gem. § 193 SGG nicht angemessen.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keine Gründe im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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