L 2 RA 230/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 6 RA 351/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 RA 230/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. September 2002 geändert. Der Bescheid vom 15. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. November 2001 wird insoweit aufgehoben, als darin die sich aus Anlage 6 AAÜG ergebenden und als "Entgelt nach AAÜG" ausgewiesenen Arbeitsentgelte als verbindlich festgestellt werden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger ein Viertel der außer- gerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Berücksichtigung höherer als die begrenzten Jahreswerte nach § 7 in Verbindung mit Anlage 6 Anspruchs- und Anwartschafts-überführungsgesetz (AAÜG) im Zeitraum vom 01. November 1967 bis 17. März 1990.

Der im ... 1934 geborene Kläger war nach seinen Angaben nach Abschluss seiner Hochschulausbildung als Diplomwirtschaftler von 1956 bis 1967 als wissenschaftlicher Assistent und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der M. L.-Universität H.-W. tätig, wobei er 1965 zum Dr. rer. oec. promovierte.

Vom 01. November 1967 bis 31. März 1990 war er Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Zunächst arbeitete er in der Hauptverwaltung Aufklärung als Hauptsachbearbeiter und Referent, bevor er 1974 die Leitung eines Lehrstuhles an der Schule dieser Hauptverwaltung, einer Sektion der J. Hochschule P., übernahm. Er promovierte zum Dr. sc ... Zuletzt führte er den Dienstgrad eines Oberst.

Der Kläger bezieht zwischenzeitlich Regelaltersrente.

Mit Bescheid vom 09. März 1995 stellte das Bundesverwaltungsamt die Zeit vom 01. November 1967 bis 31.März 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des ehemaligen MfS/AfNS sowie die während dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte in voller Höhe fest. Gleichzeitig wies sie für die Zeit bis 17. März 1990 als begrenzte Jahreswerte die besonderen Beitragsbemessungsgrenzen nach Anlage 6 AAÜG, die 70 v. H. des jeweiligen Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet betrugen, aus.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, durch die Kürzung seines Rentenanspruches sehe er sich in den Grundrechten nach Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) - jeweils in Verbindung mit dem Sozial- und Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG - verletzt.

Mit weiterem Bescheid vom 15. Oktober 1999 stellte das Bundesverwaltungsamt erneut die tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte im Zeitraum vom 01. November 1967 bis 31. März 1990 in voller Höhe fest. Sie wies nunmehr unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28. April 1999 (1 BvL 11/94, 1 BvL 33/95 und 1 BvR 1560/97) als begrenzte Jahreswerte 100 v. H. des jeweiligen Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet für die Zeit bis 17. März 1990 aus. Im Übrigen heißt es in dem Bescheid:

Meinen Bescheid vom 09. März 1995 ändere ich dahingehend ab, dass ich das während der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amts für Nationale Sicherheit erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nunmehr bis zur Höhe des jeweiligen Durchschnittseinkommens im Beitrittsgebiet berücksichtige.

Das danach maßgebliche Entgelt ergibt sich aus der Anlage 1, die Bestandteil dieses Bescheides ist.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass mit dem Änderungsbescheid der Rechtsprechung des BVerfG im Vorgriff auf die zu erwartende gesetzliche Regelung Rechnung getragen werde und das erzielte Arbeitsentgelt auf 100 v. H. statt auf 70 v. H. des Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet festgesetzt werde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02. November 2001 wies das Bundesverwaltungsamt den Widerspruch zurück: Die in dem Änderungsbescheid festgestellten Arbeitsentgelte entsprächen der gesetzlichen Regelung des § 7 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 6 in der Fassung des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes (ÄndG).

Dagegen hat der Kläger am 15. November 2001 beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) Klage erhoben.

Er ist der Ansicht gewesen, dass die angefochtenen Bescheide mit Wirkung ab 01. Juli 2001 zu ändern und höhere als die sich aus Anlage 6 AAÜG ergebenden Jahreshöchstwerte zu bescheinigen seien.

Die Beklagte hat die Klage, soweit sie sich gegen Begrenzungen von Entgelten richte, für unzulässig gehalten.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 10. September 2002 die Klage abgewiesen. Es hat unter anderem ausgeführt:

Die Klage ist, nachdem der Kläger seinen Antrag umgestellt hat, zulässig. Der Kläger begehrt nunmehr die Änderung des Bescheides insoweit, als die Verfügung, es lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen im Sinne von § 7 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 6 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG vor, zurückgenommen werden soll. Des Weiteren begehrt er die Verweisung auf eine "geänderte Fassung dieser Vorschrift", gemeint ist § 7 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 6 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG.

Hierzu hat das BSG im Urteil vom 20. Dezember 2001 (Az. B 4 RA 6/01 R, Seite 12) festgestellt, dass der Versorgungsträger nach § 8 Abs. 1 AAÜG (hier die Beklagte) als insoweit besonders sachkundige Behörde in einem der Rentenfeststellung vorgelagerten, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 SGB VI ähnlichen Verfahren einzelne Daten (Tatsachen) in einer Vielzahl von Verwaltungsakten (nämlich jeweils Feststellungen bezogen auf die konkreten einzelnen Zeiträume, jährlichen Arbeitsentgelte etc.) verbindlich festzustellen hat, die für die Feststellung der Rangstelle und des Wertes der SGB VI-Rente (oder Anwartschaften) durch den Rentenversicherungsträger von Bedeutung sein können. Dies sind nur die Daten über:

- Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem,

- die Höhe des aus dem vom Versorgungssystem erfassten Beschäftigung oder Tätigkeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens,

- die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, ob die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitrags-bemessungsgrenze in Betracht kommt (§§ 6 und 7 AAÜG) und

- in den Fällen des § 8 Abs. 1 Satz 3 AAÜG die Feststellung von Arbeitsausfalltagen.

Dies hat die Beklagte durch die Erteilung der vorliegend im Streit stehenden Bescheide rechtmäßig umgesetzt.

Soweit der Kläger nunmehr vorträgt, es lägen bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 6 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG nicht vor, kann die Kammer dem nicht folgen. Gemäß § 7 Abs. 1 AAÜG wird das während der Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit bis zum 30. Juni 1990 maßgebende Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen höchstens bis zu dem jeweiligen Beitrag der Anlage 6 zugrunde gelegt.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 AAÜG sind im Falle des Klägers gegeben. Für den Kläger bestand eine Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem des ehemaligen MfS/AfNS für den Zeitraum vom 01. November 1967 bis 31. März 1990. Dies folgt aus den Unterlagen des BStU, die die Beklagte im Vorverfahren beigezogen hat, im Übrigen hat der Kläger dies selbst vorgetragen. Gründe dafür, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 6 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG nicht vorliegen sollten, sind für die Kammer nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen worden.

Soweit der Kläger beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ... "auf eine geänderte Fassung" des § 7 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 6 in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG zu verweisen, "nach der als Entgelt nach dem AAÜG für die Feststellung der Rentenhöhe 80 v. H. des tatsächlich erzielten Jahresbruttoarbeitsentgelts, höchstens jedoch die Werte der Anlage 3 AAÜG berücksichtigungsfähig sind, hilfsweise 80 v. H. des tatsächlich erzielten Jahresbruttoarbeitsentgelts bis zu höchstens 150 v. H. des jeweiligen Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet mit der Maßgabe berücksichtigungsfähig sind, dass die für die Zeit der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des MfS/AfNS insgesamt zu berücksichtigenden Entgelte nach AAÜG 128 v. H. der im gleichen Zeitraum im Beitrittsgebiet erzielten Durchschnittsentgelte entsprechen", kann die Kammer dem nicht folgen.

Prüfungsmaßstab der im Bescheid nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG vorgenommenen Begrenzungen der Jahresverdienste des Klägers ist § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG in Verbindung mit Anlage 6 in der Fassung des Art. 1 Nr. 3 und Nr. 12 des 2. AAÜG-ÄndG vom 27. Juli 2001 (BGBl. I 1939), der vorliegend mit Wirkung vom 01. Januar 1992 Anwendung findet (vgl. Art. 13 Abs. 8 des 2. AAÜG-ÄndG). Diese Fassung entspricht dem zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides geltenden § 7 AAÜG in Verbindung mit Anlage 6 zum AAÜG a. F., soweit er nach dem Urteil des BVerfG vom 28. April 1999 (- 1 BvL 11/94, 33/95, 1 BvR 1560/97 - BVerfGE 100, 138 ff.) noch anwendbar war. Danach wird das während der Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem des MfS/AfNS maßgebende Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen höchstens bis zu dem jeweiligen Beitrag der Anlage 6 zugrunde gelegt, wobei diese Werte den im Beitrittsgebiet jeweils erzielten Durchschnittsentgelten entsprechen. Diesen Anforderungen entspricht der angefochtene Bescheid, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG ist auch verfassungsgemäß und in der gesetzlich normierten Form anzuwenden.

Hierzu hat der 8. Senat des Landessozialgerichts Berlin in seinem Urteil vom 24. Januar 2002 (Az. L 8 RA 246/95 W 99), dessen Ausführungen sich die Kammer nach eigener Prüfung in vollem Umfang anschließt, Folgendes entschieden:

Tenor:

"An der von der Klägerin erstrebten Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von § 7 AAÜG in Verbindung mit Anlage 6 zum AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG durch den Senat gegebenenfalls mit der Folge, dass er das Verfahren gemäß Art. 100 GG auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG einzuholen hätte, sieht sich der Senat gehindert, weil er nämlich an die Entscheidung des BVerfG vom 28. April 1999 (BVerfGE 100, 138 ff.) zum Umfang der Verfassungsmäßigkeit dieses Normenkomplexes gebunden ist.

Auch die vorgelegten Gutachten lassen nicht erkennen, dass eine grundlegend neue Tatsachenbasis vorliegt ... Selbst wenn man also annehmen wollte, die Überhöhung der Entgelte habe während des Bestehens des Sonderversorgungssystems nur 24 v. H. betragen, ist nicht ersichtlich, dass dies eine neue Tatsachengrundlage darstellt. Weitergehende Ermittlungen dazu erübrigen sich somit."

Soweit der Kläger die Einholung eines Sachverständigengutachtens, die Beiziehung weiterer Unterlagen des BStU und eine ergänzende gutachterliche Auswertung dieser Unterlagen beantragt, hält die Kammer dies insbesondere nach den oben dargestellten Ausführungen des 8. Senats des Landessozialgerichts Berlin nicht für notwendig, denn es würde an der vorliegenden Entscheidung nichts ändern. Sowohl die Beklagte als auch das Gericht können bei Prüfung der beanstandeten Bescheide lediglich § 7 Abs. 1 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG prüfen. Ein "3. AAÜG-ÄndG" gibt es nicht.

Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 28. Oktober 2002 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 30. Oktober 2002 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er vorträgt:

Die Klage sei zulässig, denn die Beklagte habe in der ausdrücklich zum Bestandteil des Bescheides erklärten Anlage 1 verfügt, für welche Kalenderzeiträume die Festsetzung des Arbeitsentgeltes auf 100 v. H. anstatt auf 70 v. H. des Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet gelten solle. Der Versorgungsträger habe dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung auch die Daten mitzuteilen, die sich nach Anwendung von § 6 Abs. 2 und 3 sowie Abs. 7 AAÜG ergäben. Dabei könne offen bleiben, ob unter Daten Entgeltmitteilungen im Sinne der Mitteilung der Entgelte oder das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 6 AAÜG zu verstehen seien. Das Ergebnis sei nämlich gleich, da der Kläger gegenüber dem Personenkreis, der § 6 Abs. 1 AAÜG unterfalle, ungleich behandelt werde.

Wegen des Urteils des BVerfG vom 28. April 1999 sei zwar § 7 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Anlage 6 AAÜG gemäß den Vorgaben dieses Urteils bis zu dem Tag hinzunehmen, an dem die dem Gesetzgeber gesetzte Frist zur Neuregelung geendet habe. Dies gelte grundsätzlich auch über diesen Tag hinaus, solange nicht neue Tatsachen bekannt würden, die am Tage der Verkündung des Urteils des BVerfG nicht hätten berücksichtigt werden können. Solche neuen Tatsachen lägen nun in Form der Gutachten des Prof. Dr. K. K. und des Dr. E. N. vor. Das BVerfG habe es angesichts der unübersichtlichen tatsächlichen Verhältnisse für geboten gehalten, bei der Berechnung der Renten der hauptamtlichen Mitarbeiter des ehemaligen MfS/AfNS das jeweilige Durchschnittsentgelt aller Versicherten zu berücksichtigen. Damit habe es den aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG resultierenden Rechtsanspruch auf einen Leistungsrest, der nach einem vollen Versicherungsleben über einem Anspruch auf eine bedürfnisabhängige Lebensmindestsicherung liegen müsste, als unterste Grenze festgeschrieben. Es hat außerdem für ausgeschlossen gehalten, dass die Angehörigen des MfS/AfNS durchweg deutlich unterdurchschnittlich qualifiziert gewesen seien. Das BVerfG habe in dem weiteren Urteil vom gleichen Tag zu § 6 Abs. 2 und 3 AAÜG auch entschieden, dass bei hinreichender Kenntnis der Sachlage die Bestimmung der Überhöhungstatbestände und die daran geknüpften Folgen für die zu berücksichtigenden Arbeitsverdienste in den tatsächlichen Verhältnissen eine Entsprechung finden müssten, um dem Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG zu genügen. Erst nach diesen Urteilen seien die tatsächlichen Überhöhungstatbestände der Einkommen im MfS/AfNS im Vergleich zu dem allgemeinen Niveau der Arbeitseinkommen der DDR durch die genannten Gutachten geklärt worden. Prof. Dr. K. habe eine durchschnittliche Einkommensüberhöhung von 24 v. H. festgestellt, die Dr. N. grundsätzlich bestätigt habe, wobei er zugleich nach Funktionsebenen differenziert habe. Danach würde bei typisierender Betrachtung die Begrenzung der tatsächlich erzielten Jahresbruttoarbeitsentgelte auf 80 v. H., was der Rückführung von 124 v. H. auf 100 v. H. entspreche, in einer dem Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 GG genügenden Weise den tatsächlichen Lebensverhältnissen entsprechen. Dies führe dazu, dass Überhöhungen bei Spitzeneinkommen in der Regel allein schon durch die Beitragsbemessungsgrenze rentenversicherungsrechtlich bereinigt würden. Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BUSt) verfüge über Struktur- und Stellenpläne sowie Stellenplanüberwachungslisten im Zeitraum von 1950 bis 1990, die Auskunft über das tatsächliche Einkommensniveau im MfS im Vergleich zu den übrigen Volkswirtschaftsbereichen der DDR geben könnten. Auf dieser Grundlage sei ein Sachverständigengutachten darüber einzuholen, in welchem Verhältnis die an die Angehörigen des Sonderversorgungssystems des MfS/AfNS gezahlten Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen von 1950 bis 1989 kalenderjährlich durchschnittlich zu den in der Volkswirtschaft der DDR durchschnittlich gezahlten Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen gestanden hätten.

Der Kläger habe bereits seit Beginn seiner Beschäftigung an der M. L.-Universität H.-W. die Beitragsbemessungsgrenze der Anlage 3 AAÜG mit zunächst 188 v. H. und im Jahr 1966 mit 246 v. H. des Durchschnittseinkommens aller Versicherten überschritten. Während seiner Tätigkeit beim MfS habe sich sein Einkommen entsprechend seinem beruflichen Aufstieg und der Entwicklung seiner beruflichen Qualifikation oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze weiter erhöht und habe durchschnittlich 280 v. H. des Durchschnittseinkommens erreicht.

Der Versicherungsverlauf des Klägers spiegele damit eine Lebensarbeitsleistung wider, die schon vor dem Eintritt in das MfS regelmäßig überdurchschnittlich hoch gewesen sei. Die ihn belastende Entgeltbegrenzung stelle angesichts dessen keinen Abbau überhöhter Ansprüche aus überhöhten Verdiensten dar; sie sei vielmehr - verglichen mit dem Anspruch auf Rentenleistungen für eine gleichartige Tätigkeit oder für eine Position außerhalb des MfS/AfNS mit gleichwertiger Qualifikation - willkürlich hoch und damit unverhältnismäßig. Es sei ein Sachverständigengutachten darüber einzuholen, wie sich der Verdienst des Klägers entwickelt hätte, wenn er die im MfS durchlaufene berufliche Entwicklung in zivilberuflicher Tätigkeit auf einer jeweils vergleichbaren Position ausgeübt hätte. Unter dem Gerichtspunkt der allgemeinen Lebenserfahrung, dass sich die relative Einkommensposition eines Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitslebens in der Regel jedenfalls nicht drastisch verschlechtere, stelle das Ausmaß der Begrenzung keinen Abbau eines überhöhten Rentenanspruches dar. Die Höhe des Eingriffs mit durchschnittlich etwa 0,8 Entgeltpunkten pro Jahr und damit von 45 v. H. der insgesamt zustehenden Rente sei auch nicht so gering, dass sie aufgrund einer typisierenden Betrachtungsweise vernachlässigt werden könnte.

Nach der gutachterlichen Klärung der tatsächlichen Verhältnisse durch Prof. Dr. K. und Dr. N. könne sich der Gesetzgeber nicht mehr darauf berufen, er sei ausschließlich an das Maß der Nichtigkeitserklärung des § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG durch das BVerfG gebunden. Aufgrund der vorliegenden Gutachten seien pauschale Begrenzungen des rentenversicherungsrechtlich anzuerkennenden Einkommens um 20 v. H. verfassungsgemäß. Werde davon ausgegangen, dass die Anwartschaften des Klägers nur im Rahmen der §§ 2 und 3 des Gesetzes über die Aufhebung der Versorgungsordnung des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit (Aufhebungsgesetz) vom Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG umfasst würden, ergebe sich eine pauschale rentenversicherungsrechtliche Begrenzung der im MfS/AfNS erzielten Arbeitsentgelte auf maximal zweimal 0,75 v. H. und damit auf maximal 150 v. H. des jeweiligen Durchschnittsentgeltes eines Jahres im Beitrittsgebiet, denn der nach § 2 Abs. 1 Buchstabe a Aufhebungsgesetz festgesetzte Betrag von 990,00 DM am 01. Juli 1990 entspreche exakt einer doppelten Mindestrente, wobei an die Stelle einer Mindestrente nach dem Recht der DDR eine Rente nach Mindestentgeltpunkten mit 0,75 treten könnte. Jedenfalls sei aber mindestens auf den Wert abzustellen, den die Renten für hauptamtliche Angehörige des MfS/AfNS aufgrund der Grundsätze des Aufhebungsgesetzes am 01. Januar 1991 erreicht hätten. 990,00 DM hätten zu diesem Zeitpunkt 128 v. H. einer Standardrente im Beitrittsgebiet von 773,00 DM entsprochen.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. September 2002 die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 15. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. November 2001 insoweit zu ändern, als mit Wirkung ab 01. Juli 2001 die Verfügung, es lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen im Sinne von § 7 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 6 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG vor, zurückgenommen wird und stattdessen auf eine geänderte Fassung dieser Vorschrift verwiesen wird, nach der als Entgelt nach dem AAÜG für die Feststellung der Rentenhöhe

a) 80 v. H. des tatsächlich erzielten Jahresbruttoarbeitsentgelts, höchstens jedoch die Werte der Anlage 3 AAÜG berücksichtigungsfähig sind,

b) hilfsweise 80 v. H. des tatsächlich erzielten Jahresbrutto-arbeitsentgelts bis zu höchstens 150 v. H. des jeweiligen Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet mit der Maßgabe berücksichtigungsfähig sind, dass die für die Zeit der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des MfS/AfNS insgesamt zu berücksichtigenden Entgelte nach dem AAÜG 128 v. H. der im gleichen Zeitraum im Beitrittsgebiet erzielten Durchschnittsentgelte entsprechen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung niedrigerer Beitragsbemessungsgrenzen sei die Beklagte an das AAÜG gebunden. Für die Feststellung der zu berücksichtigenden Entgelte bei der Berechnung sei ausschließlich der Versicherungsträger zuständig.

Mit Beschluss vom 08. Mai 2003 hat der Senat die Beiladung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte abgelehnt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten ( ...), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Der Bescheid vom 15. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. November 2001 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte ist nicht befugt gewesen, die sich aus Anlage 6 AAÜG ergebenden und als "Entgelt nach AAÜG" ausgewiesenen Arbeitsentgelte als verbindlich festzustellen. Im Übrigen hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Verfügung, es lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen im Sinne von § 7 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 6 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG vor, mit Wirkung ab 01. Juli 2001 zurücknimmt und höhere Jahreshöchstwerte feststellt.

Der Senat folgt, soweit die Verfügung, es lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 AAÜG vor, zurückgenommen werden soll, dem Sozialgericht aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung; er sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Soweit der Kläger die Feststellung höherer Jahreshöchstwerte begehrt, ist seine Verpflichtungsklage zwar nicht mangels Klagebefugnis unzulässig; sie ist jedoch unbegründet.

Die Klagebefugnis setzt die Behauptung des Klägers voraus, durch Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes beschwert zu sein. Dabei muss der streitige Anspruch durch Verwaltungsakt zu regeln sein, wobei eine entsprechende Behauptung des Klägers insoweit nicht genügt. Steht fest, dass das Recht dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt zustehen kann, ist seine Klage unzulässig (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 7. Auflage, § 54 Rdnrn. 21, 20 und 8).

Das BSG hat zwar in einem vergleichbaren Fall (SozR 3-8570 § 8 Nr. 7) ausgeführt, ein Anspruch auf verbindliche Feststellung höherer Jahreshöchstwerte sei nach dem positiven Recht schlechthin nicht gegeben, und deswegen die Klagebefugnis verneint. Der Senat teilt diese Auffassung nicht. Ob das behauptete Recht dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt zustehen kann, muss mehr oder weniger offenkundig sein. Dies ist nicht der Fall, wenn eine Rechtsnorm vorhanden ist, nach der bei vertretbarer Auslegung der geltend gemachte Anspruch nicht von vornherein ausgeschlossen ist. § 8 Abs. 2 AAÜG verweist auf § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, wonach das während der Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem des MfS/AfNS maßgebende Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen höchstens bis zu dem jeweiligen Betrag der Anlage 6 AAÜG zugrunde gelegt wird. Eine Auslegung dahingehend, dass der Versorgungsträger auch die Jahreshöchstwerte nach Anlage 6 AAÜG verbindlich festzustellen hat, erscheint daher nicht unvertretbar. Dies zeigt sich schon daran, dass nicht nur die Beklagte, sondern die wohl überwiegende Zahl der Tatsachengerichte und sogar das BSG ("Vorlagebeschluss" vom 14. Juni 1995 – 4 RA 98/94) vor seiner oben genannten Rechtsprechung eine entsprechende Befugnis angenommen hatten. Selbst seit dem genannten Urteil des BSG wird noch die Ansicht vertreten, die Entscheidungskompetenz des Versorgungsträgers beschränke sich (jedenfalls) auf die Feststellung, dass gegebenenfalls eine im Vergleich zu § 7 AAÜG "günstigere" besondere Beitragsbemessungsgrenze dem Tatbestand nach vorliege (Stoew/Mey in: Die Angestelltenversicherung - DAngVers 2002, 455, 459). Nach einem Urteil des Sozialgerichts Berlin (vom 02. Juni 2003 - S 18 RA 4760/02) würden sogar die Grenzen der Auslegung überschritten, wollte man davon ausgehen, dass die Begrenzungen nicht vom Versorgungsträger verbindlich festzustellen seien.

Mithin erachtet der Senat die Verpflichtungsklage zumindest für zulässig, wenn auch für unbegründet.

Nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 AAÜG hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehören auch das tatsächliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet, sowie die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 und 7 AAÜG ergeben. Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach § 8 Abs. 2 AAÜG durch Bescheid bekannt zu geben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG). Versorgungsträger sind unter anderem die Funktionsnachfolger gemäß Art. 13 des Einigungsvertrages (EV) für die Sonderversorgungssysteme der Anlage 2 (§ 8 Abs. 4 Nr. 2 AAÜG).

Die Beklagte, der nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes, auf die Art. 13 Abs. 2 Satz 1 EV abstellt, Gesetzes- und Verwaltungskompetenz für den Bestand und die Sicherheit des Bundes als Staat eingeräumt (Art. 73 Nr. 10 Buchstabe b und Art. 87 Abs. 1 GG) und die damit zuständiger Versorgungsträger ist, hat nach dem AAÜG außer den in § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 AAÜG genannten keine weiteren Aufgaben und Kompetenzen.

Der Versorgungsträger hat, wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, in einem der Rentenfeststellung vorgelagerten, dem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ähnlichen Verfahren lediglich einzelne Daten (Tatsachen) in einer Vielzahl von Verwaltungsakten verbindlich festzustellen, die für den Rentenversicherungsträger von Bedeutung sein können. Dies sind jedoch allein die Daten über a) Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, b) die Höhe des aus der vom Versorgungssystem erfassten Beschäftigung oder Tätigkeit tatsächlichen erzielten Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, c) die tatsächlichen Voraussetzungen dafür, ob die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze in Betracht kommt (§§ 6 und 7 AAÜG) und d) in den Fällen des § 8 Abs. 1 Satz 3 AAÜG die Feststellung von Arbeitsausfalltagen. Der Versorgungsträger hat hingegen nicht die Befugnis, Arbeitsentgelte in Form von Jahreshöchstwerten, sei es die allgemeine Beitragsbemessungsgrenze nach Anlage 3 (vgl. BSG SozR 3-8570 § 8 Nr. 2) oder die besondere Beitragsbemessungsgrenze nach Anlage 6 AAÜG (vgl. BSG SozR 3-8570 § 8 Nr. 7), verbindlich festzustellen.

Dies folgt unmittelbar aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 AAÜG. Dort wird zwischen dem tatsächlich erzielten "Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen" einerseits und den sich nach Anwendung von §§ 6 Abs. 2 und 3 sowie 7 AAÜG ergebenden "Daten" anderseits unterschieden. Daraus kann allein die Schlussfolgerung gezogen werden, dass - insbesondere entgegen dem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 02. Juni 2003, S 18 RA 4760/02 - im Rahmen der §§ 6 Abs. 2 und 3 und 7 AAÜG gerade keine (begrenzten) Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen, sondern lediglich die Daten festzustellen sind, aus denen der Rentenversicherungsträger die maßgebenden zugrunde zu legenden Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen erkennen kann. Für eine gesonderte Feststellung von Arbeitsentgelten oder Arbeitseinkommen, insbesondere der Anlage 6 AAÜG, besteht auch kein Bedürfnis, denn aus der verbindlichen Mitteilung der insoweit nach § 7 AAÜG rechtserheblichen Daten folgt gesetzesunmittelbar das vom Rentenversicherungsträger aus einer Beschäftigung beim MfS/AfNS höchstens zugrunde zu legende Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, das er ohne weiteres der Anlage entnehmen kann.

Soweit der Versorgungsträger in einem Bescheid nach § 8 Abs. 2 AAÜG die sich aus Anlage 6 AAÜG ergebenden Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen ausweist, handelt es sich somit grundsätzlich um Mitteilungen, also keine Verwaltungsakte (BSG SozR 3-8570 § 8 Nr. 7).

Die Klage auf Verpflichtung zur verbindlichen Feststellung von über der Anlage 6 AAÜG hinausgehenden Arbeitsentgelten ist somit mangels entsprechender Anspruchsgrundlage unbegründet. Eine inhaltliche Entscheidung dazu kann der Kläger allein in einem Rechtsstreit gegen den Rentenversicherungsträger wegen der Rentenhöhe (und nicht in einem gesonderten Verfahren über einzelne Berechnungselemente; vgl. Stoew/Mey, a. a. O., S. 458) erreichen (vgl. BSG SozR 3-8570 § 8 Nr. 7).

Die Beklagte hat allerdings in Überschreitung ihrer durch § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 AAÜG eingeräumten Kompetenz mit dem Bescheid vom 15. Oktober 1999 eine Regelung dahingehend getroffen, dass die dort ausgewiesenen Arbeitsentgelte nach Anlage 6 AAÜG verbindlich seien. Die auf Beseitigung dieses Verwaltungsaktes gerichtete Anfechtungsklage ist daher zulässig und begründet.

Ob die Erklärung einer Behörde als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, ist unter entsprechender Anwendung der Grundsätze über die Auslegung von Willenserklärungen zu beurteilen. Danach kommt es nicht maßgeblich darauf an, von welcher Vorstellung die Behörde ausgegangen ist. Wesentlich ist vielmehr, welcher objektive Sinngehalt der Erklärung zukommt, wie also der Empfänger die Erklärung bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles objektiv verstehen musste (vgl. von Wulffen-Engelmann, SGB X, 4. Auflage, § 31 Rdnrn. 25 und 26 unter Hinweis insbesondere auf BSG SozR 3-1300 § 50 Nr. 13).

Davon ausgehend erweist sich die Angabe des sich aus Anlage 6 AAÜG ergebenden Arbeitsentgeltes nicht lediglich als Hinweis, sondern als Regelung.

Mit Bescheid vom 15. Oktober 1999 stellte das Bundesverwaltungsamt nochmals das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt des Klägers im Zeitraum vom 01. November 1967 bis 31. März 1990 fest. Gegenüber dem Bescheid vom 09. März 1995 ergab sich insoweit jedoch keine Änderung. Somit ist diese wiederholende Regelung ersichtlich nicht Grund dafür gewesen, das die Beklagte den als "Änderungsbescheid" bezeichneten Bescheid vom 15. Oktober 1999 erlassen hat. Die Änderung und damit die maßgebliche Willenserklärung des Bundesverwaltungsamtes bezog sich vielmehr darauf, dass wegen des Urteils des BVerfG als begrenztes Arbeitsentgelt nach Anlage 6 AAÜG nicht ein solches in Höhe von 70 v. H., sondern von 100 v. H. des Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet maßgeblich (geworden) ist. Dementsprechend wird im Bescheid auch ausgeführt, dass unter Änderung des Bescheides vom 09. März 1995 das während der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nunmehr bis zur Höhe des jeweiligen Durchschnittseinkommens im Beitrittsgebiet zu berücksichtigen sei. Das danach maßgebliche Entgelt ergebe sich aus der Anlage 1, die Bestandteil dieses Bescheides sei. Mit dem Änderungsbescheid werde dieser Rechtsprechung im Vorgriff auf die zu erwartende gesetzliche Regelung Rechnung getragen und das erzielte Arbeitsentgelt auf 100 v. H. statt auf 70 v. H. des Durchschnittsentgelts im Beitrittsgebiet festgesetzt.

Angesichts der Bezeichnung als "Änderungsbescheid" musste ein objektiver Empfänger des Bescheides vom 15. Oktober 1999 ohne weiteres davon ausgehen, dass das Bundesverwaltungsamt eine verbindliche Festsetzung des sich aus Anlage 6 AAÜG ergebenden begrenzten Arbeitsentgelts vorgenommen hat, insbesondere deswegen, weil es die Anlage 1, in der diese Begrenzung enthalten ist, ausdrücklich zum Bestandteil dieses Bescheides erklärte. Das Bundesverwaltungsamt selbst ist im Übrigen wohl der Ansicht gewesen, es müsse der durch das BVerfG vorgegebenen Änderung der Rechtslage durch Erlass eines entsprechenden Bescheides Rechnung tragen. Auch aus seiner Sicht ist somit die im Bescheid vom 15. Oktober 1999 verlautbarte Willenserklärung als verbindliche Regelung und damit als Verwaltungsakt gewollt gewesen.

Da die Beklagte insoweit jedoch ihre Kompetenz überschritten hat, ist der Bescheid vom 15. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. November 2001 in diesem Umfang aufzuheben.

Die Berufung des Klägers hat daher teilweise Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits. Mit seinem eigentlichen Begehren ist der Kläger nicht durchgedrungen. Wegen der ihn belastenden Entscheidung der Beklagten ist er jedoch erfolgreich gewesen. Dieser Teilerfolg ist in der Kostenentscheidung angemessen berücksichtigt.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen. Der Senat würdigt lediglich den Bescheid vom 15. Oktober 1999 bezüglich seines Erklärungsgehaltes in tatsächlicher Hinsicht. Die maßgebliche Rechtsfrage, welche Befugnis § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 AAÜG dem Versorgungsträger gibt, entscheidet er in derselben Weise wie das BSG.
Rechtskraft
Aus
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