L 3 U 87/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 20 U 919/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 87/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 13. Februar 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist zuletzt noch streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Lendenwirbelsäulenerkrankung des Klägers als Berufskrankheit nach Nr.2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) zu entschädigen.

Der am 1941 geborene Kläger, der im Mai 1968 in die Bundesrepublik Deutschland kam, arbeitete seitdem bei verschiedenen Baufirmen als Zimmerer, zuletzt von September 1988 bis 31.03.1995 bei der Firma J. R. Bau-AG. Seit August 1996 bezieht er Rente.

Am 07.05.1996 erstattete der Orthopäde Dr.K. eine Anzeige über das Vorliegen einer Berufskrankheit: Die beim Kläger bestehende Bandscheibenerkrankung sei durch die geleisteten Bautätigkeiten des Klägers verursacht worden.

Die Beklagte zog die einschlägigen Krankenkassenauszüge der AOK München bei, wonach beim Kläger bereits ab 1985 einschlägige Erkrankungen - LWS-Syndrom - und Verdacht auf Bandscheibenschaden vorlagen. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten angegeben, er habe seit 1991 Wirbelsäulenbeschwerden. Seinen Angaben zufolge habe er bereits 1977 einen Arbeitsunfall erlitten und leide seitdem unter Dauerwirbelsäulenbeschwerden. 1998 habe er sich das rechte Sprunggelenk verletzt, 1994 habe er einen weiteren Unfall erlitten. Nach Beiziehung medizinischer Unterlagen holte die Beklagte ein orthopädisches Gutachten von Dr.K. vom 02.01.1998, der eine Berufskrankheit nach der Nr.2108 mit einer MdE um 20 v.H. annahm und eine beratungsfachärztliche Stellungnahme von Dr.B. vom 11.03.1998 ein. Dieser sowie der gehörte Staatliche Gewerbearzt - Stellungnahme vom 30.03.1998 - haben eine Berufskrankheit verneint.

Mit Bescheid vom 15.05.1998 lehnte sodann die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit sowohl nach Nr.2108 als auch nach Nr.2109 der Anlage 1 zur BKVO ab.

Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 27.08.1998).

Hiergegen hat der Kläger nachfolgend beim Sozialgericht München Klage erhoben und sein Begehren weiter verfolgt.

Das zunächst - wegen der beim BSG zu der einschlägigen Problematik anhängigen Verfahren mit Beschluss vom 22.12.1998 zum Ruhen gebrachte Verfahren wurde wieder aufgenommen und unter dem Az.: S 20 U 919/99 fortgesetzt. Nach Beiziehung von CT-Aufnahmen und Befundberichten von Dr.H. hat das Sozialgericht ein Gutachten des Chirurgen Dr.K. vom 11.07.2000 eingeholt. Dieser Sachverständige verneinte das Vorliegen von Berufskrankheiten im Sinne der Nr.2108 und 2109. Dem Ergebnis des Gutachtens vermochte sich der Kläger nicht anzuschließen und beantragte zusätzlich die Einholung eines chirurgischen Gutachtens. Das Sozialgericht verwies insoweit auf die Möglichkeit der Einholung eines Gutachtens nach § 109; der Kläger hat zwar ein solches beantragt, jedoch ohne Benennung eines entsprechenden Sachverständigen. Nachfolgend hat der Kläger dann den Orthopäden und Chirurgen Prof.Dr.H. benannt, im weiteren Verlauf jedoch den Antrag nach § 109 SGG am 06.12.2000 zurückgenommen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 13.02.2001 übergab der Bevollmächtigte des Klägers ein Attest der Allgemeinärztin M. B. vom 05.02.2001, das zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde.

Der Kläger hat vor dem Sozialgericht zuletzt beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, bei ihm eine Berufskrankheit anzuerkennen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 13.02.2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Zu Recht habe es die Beklagte abgelehnt, die beim Kläger vorliegende Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen und entsprechend zu entschädigen. Für die Annahme einer Berufskrankheit nach Nr.2109 fehle es bereits an den notwendigen berufsbedingten Einwirkungen; für die Annahme einer Berufskrankheit nach Nr.2108 läge der notwendige ursächliche Zusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und den betreffenden Gesundheitsstörungen des Klägers nicht vor. Dies folgerte das Sozialgericht aus dem Gutachten des Chirurgen Dr.K ... Gegen dem Zusammenhang spräche insbesondere das Verteilungsmuster von Verschleißveränderungen und Bandscheibenstörungen an der Wirbelsäule, wonach der Bandscheibenschaden beim Kläger an der LWS wesentlich weniger ausgeprägt sei als an der HWS und BWS. Auch seien die Bandscheibenveränderungen an der LWS keinesfalls altersvorauseilend, sondern altersentsprechend. Die festgestellten Spondylarthrosen und Uncarthrosen sind nach Auffassung des Sachverständigen gerade nicht Ausdruck eines frühen chronischen Berufsschadens. Darüber hinaus wurde auf die beim Kläger vorliegenden zahlreichen Konkurrenzfaktoren hingewiesen, z.B. Stoffwechselstörungen wie diabetische Stoffwechselstörung, Fettstoffwechselstörung und immer wieder erhöhte Harnsäure bzw. gichtige Stoffwechselstörungen, Artritis, allgemeine Binde- und Gewebsschwäche. Zutreffend habe Dr.K. auch darauf hingewiesen, dass dem Gutachten von Dr.K. nicht gefolgt werden könne. Auch der behandelnde Orthopäde des Klägers, Dr.H. , habe einen Aufbrauch der gesamten Wirbelsäule festgestellt und keine Voraussetzungen für das Vorliegen einer Berufskrankheit gesehen. Die Allgmeinärztin Dr.B. habe in ihrem Attest vom 05.02.2001 das Vorliegen von Beschwerden an der gesamten Wirbelsäule bestätigt. Ihrer subjektiven Meinung, dass der beim Kläger vorliegende Wirbelsäulenschaden als Berufskrankheit anzuerkennen sei, sei jedoch nicht zu folgen. Insoweit bestätige die Ärztin B. gerade nicht, dass beim Kläger an der LWS bzw. HWS besondere Schäden aufgetreten seien.

Mit seiner hiergegen eingelegten Berufung verfolgte der Kläger sein bisheriges Ziel der Anerkennung und Entschädigung seines Wirbelsäulenleidens, nunmehr beschränkt auf die BK nach Nr.2108 der Anlage 1 zur BKVO, weiter. Der Kläger macht geltend, dass sich das Sozialgericht bei der zu Unrecht erfolgten Klageabweisung in erster Linie auf das Gutachten des Dr.K. gestützt habe, das seiner Meinung nach aber an erheblichen Mängeln leide, und das Gutachten des Dr.K. , der demgegenüber eine Berufskrankheit nach Nr.2108 angenommen habe, nicht berücksichtigt habe. So hätten Dr.K. im Rahmen seiner Begutachtung keine Standardröntgenbilder zur Verfügung gestanden, die Wertigkeit seines Gutachtens sei daher erheblich eingeschränkt, eine erneute Begutachtung auf orthopädischem Gebiet daher notwendig. Daneben wurde bemängelt, dass Dr.K. als Facharzt für Chirurgie möglicherweise nicht die notwendige Fachkompetenz für die Erstellung des Gutachtens innehatte, da es im Überwiegenden um orthopädische Fragen ging. Der Kläger verwies vor allem darauf, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen bei ihm vorlägen. Abschließend wurde auch auf den Schwerbehindertenbescheid des Versorgungsamtes München Bezug genommen, aus dem sich die weitere Verschlechterung des allgemeinen Gesundheitzustands ergäbe und auf den dort gestellten GdB-Grad um 70 v.H. ab 12.05.2000 hingewiesen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 13.02.2001 und des Bescheides vom 15.05.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.1998 zu verurteilen, sein Wirbelsäulenleiden als Berufskrankheit nach Nr.2108 der Anlage 1 der BKVO anzuerkennen und entsprechend zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen, weil das angefochtene Urteil zutreffend sei.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den Inhalt der Akten der Beklagten, der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, sowie der beigezogenen Schwerbehindertenakten des Klägers Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Sozialgericht hat mit Recht die Klage abgewiesen. Denn das Wirbelsäulenleiden des Klägers stellt - wie das Sozialgericht, gestützt vor allem auf die eingehenden und überzeugenden Darlegungen des Dr.K. , zutreffend ausgeführt hat - keine Berufskrankheit im Sinne der Nr.2108 der Anlage 1 zur BKVO dar. Das Sozialgericht hat im Weiteren auch zutreffend dargelegt, dass dem Gutachten des Dr.K. nicht gefolgt werden kann. Zur weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils gemäß § 153 Abs.2 SGG ergänzend Bezug genommen.

Der Kläger hat auch im Berufungsverfahren nichts vorgebracht/ vorgelegt, was eine andere Entscheidung rechtfertigen oder wenigstens weiteren Aufklärungsbedarf ergeben könnte. Soweit er die fachliche Kompetenz des vom Sozialgericht gehörten Sachverständigen Dr.K. in Frage stellt, so können seine Einwendungen nicht nachvollzogen werden. Denn bei dem vorgenannten Sachverständigen handelt es sich um einen sehr erfahrenen Gutachter gerade auch zu der hier einschlägigen Problematik bei der Anerkennung einer Berufskrankheit im Bereich der Wirbelsäule. Seine Darlegungen sind nach Auffassung des Senats eingehend und überzeugend gerade auch im Rahmen der Wertung und Abwägung von beruflichen und außerberuflichen Verursachungsfaktoren und stehen zudem im Einklang mit den bisherigen medizinischen Erkenntnissen zu dem vorliegenden Problemkreis. Aus diesen Gründen sah der Senat auch keine Veranlassung für die Einholung eines Gutachtens von Amts wegen. Wenn demgegenüber der Kläger zur Begründung für dessen Notwendigkeit anführt, dass Dr.K. im Rahmen seiner Begutachtung Standardröntgenbilder nicht zur Verfügung gestanden hätten und deshalb die Wertigkeit seines Gutachtens erheblich eingeschränkt sei, so geht dieser Einwand - wie auch die Beklagte zutreffend ausführt - ins Leere. Dem Gutachter lag als radiologisches Bildmaterial der HWS-CT-Befundbericht vom 05.06.2000 sowie der MRT-Bericht der LWS vom 06.07.2000 mit entsprechenden Bildern vor. Die Auswertung konventioneller Röntgenaufnahmen war nicht erforderlich, weil das CT und die kernspintomographischen Befunde Bandscheibendegenerationen sichtbar machen können, die dem konventionellen Röntgenbild gerade häufig verborgen bleiben. Daher bietet das CT und die Kernspintomographie ein höheres Maß an Sicherheit für die Zusammenhangsbeurteilung als etwa Röntgenaufnahmen. Der Argumentation des Klägers konnte somit im Ergebnis nicht gefolgt werden.

Auch sein Hinweis auf die Feststellungen im Schwerbehindertenverfahren können zu keinem für den Kläger günstigen Ausgang des Berufungsverfahrens führen, weil insoweit Erkenntnisse für den ursächlichen Zusammenhang, der für die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit entscheidend ist, aus der Feststellung des GdB nicht abgeleitet werden können.

Nach allem konnte daher die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben, sie ist unbegründet und daher zurückzuweisen gewesen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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