Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 33 KA 41/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 16/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 30/14 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Auf Rev. d.Kl. wird Urteil des LSG aufgehoben !!!
Urteil des SG geändert !
Urteil des SG geändert !
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.11.2011 abgeändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger und der Beigeladene zu 8) tragen die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu je ½ als Gesamtschuldner. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Arzneimittelregresses wegen Überschreitung der Richtgrößen in den Quartalen I/2005 bis IV/2005.
Der Kläger ist als praktischer Arzt in E niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Beschluss des Amtsgericht (AG) E vom 01.02.2003 - xx IN xx/01 - wurde über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beigeladene zu 8) zum Insolvenzverwalter bestellt. Eine Freigabe des Vermögens aus der selbständigen Tätigkeit als Arzt erfolgte nicht. Mit Beschluss des AG vom 25.02.2010 wurde dem Antragsteller die Restschuldbefreiung erteilt; die Schlussverteilung wurde noch nicht vollzogen, sodass das AG das Insolvenzverfahren bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens noch nicht aufgehoben hat.
In den streitgegenständlichen Quartalen rechnete der Kläger zwischen 779 und 819 Behandlungsfälle ab, womit die durchschnittlichen Fallzahlen der Fachgruppe um 27 % bis 29 % unterschritten wurden. Die Honoraranforderungen überstiegen die durchschnittlichen Fallkosten der Fachgruppe um 11 % bis 36 %. Bei der Anforderung von Sprechstundenbedarf lagen Überschreitungen der durchschnittlichen Fallkosten der Fachgruppe um 13 % bis 317 % vor. Die Verordnungen von Heilmitteln unterschritten im Quartal II/2005 um 3,6 %. In den übrigen Quartalen ergaben sich Überschreitungen der durchschnittlichen Fallkosten um 18 % und 25 %. Das ermittelte Richtgrößenvolumen für Arzneimittel in Höhe von 187.789,39 EUR überschritt der Kläger mit Verordnungskosten von 387.391,43 EUR um 106,29 %. Der Prüfungsausschuss setzte daraufhin mit Beschluss vom 20.06.2007, ausgefertigt als Bescheid am 30.07.2007, einen Regress in Höhe von 91.928,63 EUR fest.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 13.08.2007 Widerspruch ein. Er machte Ausführungen zu einzelnen Medikamenten und überreichte für das IV. Quartal 2005 Auszüge aus einer Patientenliste mit Verordnungen, Buchungsdaten und Diagnosen. Teilweise waren auch Befund- und Entlassungsberichte beigefügt. Er vertrat die Auffassung, dass sich aus den angegebenen Diagnosen die Therapieindikation ergebe.
Mit Bescheid vom 05.02.2008 reduzierte der Beklagte den Regress auf 90.840,13 EUR. Er stellte u.a. fest, dass die vom Kläger aufgeführten Einzelfallschilderungen besonders kostenintensiver Patienten unsubstantiiert vorgetragen seien. Beide Bescheide wurden ausschließlich dem Kläger und nicht auch dem Beigeladenen zu 8) zugestellt.
Mit seiner am 05.03.2008 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Die Rechtswidrigkeit des Bescheides folge daraus, dass die dem Regress zu Grunde liegenden Verordnungen zu einem Zeitpunkt erfolgt seien, in dem das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet gewesen sei. Bei dem Richtgrößenregress habe es sich daher um eine nicht gegenüber ihm geltend zu machende Masseforderung gehandelt. Diese wäre vielmehr gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen gewesen. Der Bescheid habe daher dem Insolvenzverwalter und nicht ihm zugestellt werden müssen. Der Bescheid sei zudem rechtswidrig, da eine Vielzahl unstreitig vorhandener Praxisbesonderheiten nicht vollständig, sondern lediglich in Höhe des Anteils der Mehrkosten gegenüber der Vergleichsgruppe als Abzugsposten berücksichtigt worden seien. Ferner sei der Bescheid deswegen rechtswidrig, weil er einen Anspruch auf Abschluss einer Regressablösevereinbarung habe, eine solche aber noch nicht einmal thematisiert worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 05.02.2008 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig gehalten und geltend gemacht, es entspreche nicht der Intention des Gesetzgebers, wenn der Kläger seine vertragsärztliche Tätigkeit, gestützt auf eine nicht in die Insolvenzmasse fallende Zulassung ausüben, aber keiner Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unterzogen werden könnte.
Der Beigeladene zu 8) hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 05.02.2008 aufzuheben.
Er hat die Auffassung vertreten, im streitgegenständlichen Zeitraum 2005 sei allein der Insolvenzverwalter befugt gewesen, über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des Klägers zu verfügen und es zu verwalten.
Mit Urteil vom 02.11.2011 hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Die Rechtswidrigkeit des Bescheides folge, ohne dass es einer materiellen Überprüfung des Arzneimittelregresses bedürfe, schon daraus, dass der Regress nicht gegen den Kläger, sondern gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen gewesen wäre, weil der Regress für die Quartale I - IV/2005 einen Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers am 01.02.2003 betreffe. Der Regress sei, wie auch die sonstigen mit der Praxisfortführung durch den Kläger verbunden Ausgaben, eine gegen die Masse zu richtende Forderung. Denn Einkünfte, die der Schuldner aus der selbständigen Tätigkeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erziele, gehörten in vollem Umfang und nicht lediglich in Höhe des nach Abzug verbleibenden Gewinns zur Insolvenzmasse. Dementsprechend müssten auch die Ausgaben, die mit den aus dem Betrieb der Vertragsarztpraxis gezielten Einkünften verbunden seien, von der Masse getragen werden. Dies gelte auch für Arzneimittelregresse, die mit dem vom Insolvenzschuldner fortgeführten Praxisbetrieb entstünden. Denn bei Arzneimittelregressen wegen unwirtschaftlichen Verordnungen handele es sich nicht um einen auf ein nicht vom Insolvenzverwalter zu verantwortendes schuldhaftes Verhalten des Insolvenzschuldners gegründeten persönlichen Haftungsanspruch, sondern um das im Rahmen des Rechtsinstituts der Wirtschaftlichkeitsprüfung ermittelte objektive Ergebnis einer Prüfung von Verordnungen, deren Unwirtschaftlichkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB V unmittelbar aus einer fehlenden vertragsärztlichen Verordnungsfähigkeit folge und nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) Verordnungsregresse begründeten, ohne dass dabei für ein Verschuldenserfordernis Raum wäre.
Gegen das ihm am 11.01.2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 06.02.2012 Berufung eingelegt. Die Rechtsauffassung des SG stehe im Widerspruch zu der Rechtsprechung des erkennenden Senates. Danach seien Wirtschaftlichkeitsregresse, die einen Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens betreffen, Neuforderungen, die nicht gegen die Masse, sondern gegen den Gemeinschuldner gerichtet seien und anders als die zur Insolvenzmasse gezogenen Honoraransprüche aufgrund der vertragsärztlichen Tätigkeit nach Insolvenzeröffnung der Prozessführungsbefugnis des Klägers nach Maßgabe der für dieses Verfahrens geltenden Fassung des § 35 Abs.1 Insolvenzordnung (InsO) unterstünden. Er habe den Arzneimittelregress zu Recht gegen den Kläger und nicht gegen den Insolvenzverwalter festgesetzt, da es sich um eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Forderung handele. Die Einstufung des Arzneimittelregresses für das Jahr 2005 als Neu- und nicht als Masseforderung werde entgegen der Auffassung des SG auch nicht von dem zitierten Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 11.05.2006 - IX ZR 247/03 - in Frage gestellt. Diese Entscheidung betreffe nicht die hier streitgegenständliche Forderung aus wirtschaftlichem Regress, sondern lediglich die zur Erzielung eines vertragsärztlichen Einkommens notwendigen Ausgaben, die vom Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an von der Masse getragen werden müssen, um Vergütungsansprüche gegen die Kassenärztliche Vereinigung erwirtschaften zu können. Die Regressforderung wegen unwirtschaftlicher Arzneimittelversordnungen entstehe zwar "gelegentlich" der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit, sie sei aber keinesfalls notwendige Ausgabe wie etwa die für Personal, Miete etc. zur Erzielung des vertragsärztlichen Honorars.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.11.2011 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und trägt ergänzend vor, dass die Entscheidung des SG nicht im Widerspruch zu den bisherigen Beschlüssen des erkennenden Senats stehe. Nach den veröffentlichten Gründen in den Verfahren L 11 KA 133/10 B ER und L 11 KA 17/11 B hätten die Regressforderungen nicht ihm gegenüber durch Verwaltungsakt festgestellt werden dürfen. Auch im vorliegenden Verfahren seien alle Bescheide der Prüfgremien während des laufenden Insolvenzverfahrens ausschließlich ihm gegenüber ergangen. Aus diesem Grund seien sie rechtswidrig. Darin liege auch ein offensichtlicher Fehler, der wegen § 40 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zur Nichtigkeit sowohl des Prüfbescheides als auch des streitgegenständlichen Widerspruchsbescheides vom 05.02.2008 führe.
Der Beigeladene zu 8) beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, dass es sich bei den festgesetzten Regressen weder um Masseverbindlichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 1. Alternative InsO noch um Massenverbindlichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 2. Alternative InsO handele.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 05.02.2008 ist entgegen der Auffassung des SG rechtmäßig. Der Beklagte hat gegen den Kläger zutreffend einen Regress in Höhe von 90.840,13 EUR festgesetzt.
Gegenstand des Rechtsstreits ist ausschließlich der Bescheid des Beklagten vom 05.02.2008, nicht zugleich der Bescheid der Prüfungsstelle. Der Beschwerdeausschuss wird mit seiner Anrufung für das weitere Prüfverfahren ausschließlich und endgültig zuständig; sein Bescheid ersetzt den ursprünglichen Verwaltungsakt des Prüfungsausschusses bzw. der Prüfungsstelle (BSG, Urteil vom 29.06.2011 - B 6 KA 16/10 R -; Senat, Beschlüsse vom 13.04.2011 - L 11 KA 133/10 B ER und L 11 KA 17/11 B ER -), so dass es nicht darauf ankommt, ob und ggf. inwieweit der Bescheid der Prüfungsstelle rechtmäßig ist.
Zutreffend hat der Beklagte den Regressbescheid gegenüber dem Kläger, und nicht gegenüber dem Beigeladenen zu 8) erlassen. Der Beklagte war befugt, auch während des noch anhängigen Insolvenzverfahrens dem Kläger persönlich den Bescheid über das Ergebnis seines Verordnungsverhaltens im Jahr 2005 zu erteilen. Die Befugnisse des Beklagten wurden nicht von der InsO überlagert, weil es sich nicht um eine Insolvenzforderung handelt.
§ 87 InsO schreibt vor, dass Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen können. Insolvenzgläubiger sind die persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben; zu deren Befriedigung dient die Insolvenzmasse (§ 38 InsO). Unbeachtlich ist, dass eine solche Forderung ggf. noch nicht fällig ist, denn nach § 41 Abs. 1 InsO gelten nicht fällige Forderungen als fällig. Allerdings muss der Anspruch der Insolvenzgläubiger vor Eröffnung bzw. im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens "begründet" sein (s. § 38 InsO). Das bedeutet nicht, dass die Forderung bereits durchsetzbar gewesen sein muss, wie sich aus §§ 41, 191 InsO ergibt. Erforderlich ist aber, dass vor bzw. im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung die Grundlage des Schuldverhältnisses besteht, aus dem sich der Anspruch ergibt. Es muss eine etwa einem Anwartschaftsrecht gleichzustellende Rechtsstellung bestehen, die dann anzunehmen ist, "wenn von dem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass von einer gesicherten Rechtsposition des Erwerbers gesprochen werden kann, die der andere an der Entstehung des Rechts Beteiligte nicht mehr einseitig zu zerstören vermag" (BSG, Urteil vom 03.02.2010 - B 6 KA 30/08 R - m.w.N.). Deshalb begründen sog. künftige Ansprüche, bei denen erst ein sog. "Rechtsboden" besteht, keine Insolvenzforderung. Nach Eröffnung "begründete" Ansprüche sind sog. Neuforderungen, so dass insoweit auch kein Erfordernis besteht, den Insolvenzverwalter zu beteiligen bzw. Bescheide gegen ihn zu erlassen (Senat, Urteil vom 15.05.2013 - L 11 KA 147/11 - ; Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 01.10.2009 - 15 K 110/09 -).
Da das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers am 01.02.2003 eröffnet wurde, sind nur die Ansprüche aus der der Insolvenzmasse zu befriedigen, die zu diesem Zeitpunkt bereits begründet waren. Alle anderen Forderungen unterliegen nicht der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Vielmehr handelt es sich dabei um Neuforderungen, für die die Prozessführungsbefugnis dem Schuldner zusteht (vgl. Oberlandesgericht (OLG) Hamburg, Urteil vom 29.12.2003 - 11 W 90/03 -; Senat, Beschlüsse vom 13.04.2011 - L 11 KA 133/10 B ER - und - L 11 KA 17/11 B ER -, und vom 31.08.2011 - L 11 KA 24/11 B ER - und - L 11 KA 25/11 B ER - ). Um solche Neuforderungen geht es vorliegend. Zwar wurden die Forderungen des Gemeinschuldners (bis zum 31.01.2009) zur Insolvenzmasse gezogen (§ 35 Abs. 1 InsO), die gegen ihn gerichteten Vermögensansprüche wären indessen nur dann aus der Insolvenzmasse zu befriedigen, wenn sie zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens "begründet" gewesen wären (s.o.). Hier beginnt der Zeitraum, für den der Schadensregress geltend gemacht wird, jedoch knapp zwei Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aufgrund der Regelungen des § 35 InsO in der bis zum 31.06.2007 anzuwendenden Fassung, nach der das Insolvenzverfahren das gesamt Vermögen erfasst, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erhält. Zwar fällt danach der Neuerwerb von Vermögen grundsätzlich in die Masse. Bei diesem Neuerwerb handelt es sich aber um Forderungen des Insolvenzschuldners, also des Klägers z.B. gegenüber der Beigeladenen zu 7) auf das nach Insolvenzeröffnung erwirtschaftete vertragsärztliche Honorar, nicht aber um Forderungen von Gläubigern gegen den Insolvenzschuldner. § 35 InsO ist damit nicht einschlägig. Demzufolge richtet sich die Regressfestsetzung nach Insolvenzeröffnung als neue Forderung gegen den Insolvenzschuldner; eine Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle scheidet aus (vgl. OLG Celle, Urteil vom 07.01.2003 - 16 U 156/02 -). Hiervon zu trennen ist die Frage nach der Durchsetzbarkeit der Forderung. Denn die Zwangsvollstreckung in die Insolvenzmasse ist für diese Forderungen nicht zulässig, da die Insolvenzmasse dem Zugriff der Neugläubiger entzogen ist. Unberührt bleibt lediglich das vom Insolvenzverfahren nicht erfasste "freie Vermögen" des Schuldners und das Vermögen, das dem Schuldner nach Beendigung des Insolvenzverfahrens gehört bzw. welches er erwirbt (Senat, Urteil vom 15.05.2013 - L 11 KA 147/11 - ).
Auch das von dem Kläger angeführte Urteil des BGH vom 11.05.2006 - IX ZR 247/03 - führt nicht in seinem Sinne weiter. Aus der Entscheidung ergibt sich entgegen seinem Vorbringen nämlich nicht der Rechtssatz, dass dann, wenn Einkünfte zur Masse gezogen werden, dies auch für die Ausgaben gilt. Das Urteil des BGH verhält sich vielmehr dazu, dass der in eigener Praxis tätige Vertragsarzt sein Einkommen nicht allein aus der Verwertung seiner Arbeitskraft, sondern aus dem Betrieb der Praxis erzielt und dass aus diesem Grund notwendige Ausgaben entstehen, die vom Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an von der Masse getragen werden müssen. Diese Auffassung mag zutreffen, ist vorliegend aber ohne Relevanz. Regressverbindlichkeiten aufgrund Überschreitung der Richtgrößenvolumina werden nämlich nicht nur allenfalls - worauf der Beklagte zutreffend hinweist - gelegentlich der vertragsärztlichen Tätigkeit begründet, sondern sie stellen vor Allem keine notwendigen Ausgaben zur Erzielung von Einnahmen aus dieser Tätigkeit und damit auch keine Masseforderungen bzw. -verbindlichkeiten dar (Senat a.a.O.).
Darüber hinaus ist der Bescheid des Beklagten auch materiell nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die Entscheidung des Beklagten, den Kläger auf Grund seiner Arzneiverordnungen wegen Überschreitung der Richtgrößen in Regress zu nehmen, ist § 84 Abs. 6 i.V.m. § 106 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 5a Satz 1 SGB V. Nach § 84 Abs. 6 Satz 1 SGB V vereinbaren die Gesamtvertragspartner - die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen und die Kassenärztliche Vereinigung (§ 84 Abs. 1 SGB V) - zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung für das auf das Kalenderjahr bezogene Volumen der je Arzt verordneten Arznei- und Verbandmittel (Richtgrößenvolumen) arztgruppenspezifische fallbezogene Richtgrößen als Durchschnittswerte unter Berücksichtigung der nach Abs. 1 getroffenen Arzneimittelvereinbarung (Satz 1). Zusätzlich sollen die Vertragspartner die Richtgrößen nach altersgemäß gegliederten Patientengruppen und darüber hinaus auch nach Krankheitsarten bestimmen (Satz 2). Die Richtgrößen leiten den Vertragsarzt bei seinen Entscheidungen über die Verordnung von Arzneimitteln nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot (Satz 3). Die Überschreitung des Richtgrößenvolumens löst eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 Abs. 5a SGB V unter den dort genannten Voraussetzungen aus (Satz 4). Nach § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V hat der Vertragsarzt bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 v.H. nach Feststellung durch den Prüfungsausschuss den sich daraus ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Die Vertragspartner bestimmen in Vereinbarungen nach Abs. 3 die Maßstäbe zur Prüfung der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten (§ 106 Abs. 5a Satz 5 SGB V).
Auf dieser Grundlage haben die Vertragspartner mit Wirkung vom 01.01.2005 eine Vereinbarung über "Richtgrößen für Arznei- und Verbandmittel und Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Überschreiten der Richtgrößen" (RGV 2005) getroffen (Rheinisches Ärzteblatt 1/2005, 76 ff).
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RGV 2005 sind im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung Praxisbesonderheiten nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 zu berücksichtigen. Abweichend vom üblichen Grundsatz (Absatz 6) obliegt die Beweislast für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten bei den in Absatz 3 und 4 genannten Indikationen nicht dem betreffenden Arzt. § 5 Abs. 6 f RGV 2005 enthält schließlich Regelungen zu anderen, nicht von Abs. 3 und 4 erfassten Praxisbesonderheiten.
Davon ausgehend unterliegt der angefochtene Bescheid keiner Beanstandung. Das zugrundeliegende Verordnungsvolumen des Kläger beläuft sich auf 387.391,43 EUR. Von diesen Verordnungskosten hat der Beklagte einen Abzug in Höhe von 1.659,38 EUR für nicht aufgeklärte Verordnungen (Fremdkassenfälle), einen Abzug in Höhe von 6.249,21 EUR für Hilfsmittel und Porto/Beschaffungskosten, einen Abzug in Höhe von 17.469,37 EUR gemäß § 5 Abs. 3 RGV, einen Abzug in Höhe von 14.113,87 EUR gemäß § 5 Abs. 4 RGV und einen Abzug der Verordnungen unter ZZZ Arzneimittel ohne ATC-Code in Höhe von 14,97 EUR vorgenommen. Unter Berücksichtigung aller Abzüge verbleiben damit Arzneikosten in Höhe von 347.884,63 EUR.
Soweit der Kläger grundsätzlich die Regelungen des § 5 Abs. 4 der RGV 2005 beanstandet, übersieht er, dass allein den Vertragspartnern das Recht zusteht, den Leistungsumfang abschließend zu regeln. Nur den Vertragspartnern ist in § 106 Abs. 5a Satz 5 SGB V aufgegeben, in Vereinbarungen die Maßstäbe zur Prüfung der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten zu bestimmen. Mithin sind die von den Vertragspartnern in Form öffentlich-rechtlicher Verträge mit Rechtsnormcharakter (Normsetzungsverträge) in § 5 Abs. 3 bis 5 RGV getroffenen Regelungen grundsätzlich von der Regelungsermächtigung gedeckt. Hinsichtlich der im Einzelnen getroffenen Regelungen steht den Vertragspartnern ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer normativer Gestaltungsspielraum zu (vgl. Freudenberg in jurisPK-SGB V, 2. Auflage, 2012, § 84 Rdn. 100). Dass dessen Grenzen überschritten sein bzw. dass die getroffenen Regelungen gegen höherrangiges Recht (z.B. Art 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) oder gegen Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung des Willkürverbots, vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30.10.2002 - 1 BvL 13/96, 1 BvL 14/96, 1 BvL 15/96 -) verstoßen könnten, hat der Kläger indes bisher nicht dargetan und ist ansonsten auch nicht ersichtlich. Dass der Kläger andere Regelungen für ihn günstiger oder insgesamt als sinnvoller erachtet, ist unerheblich (Senat, Beschlüsse vom 31.08.2011 - L 11 KA 24/11 B ER - und - L 11 KA 25/11 B ER -).
Weitere Mehrbedarfe sind nicht nach § 5 Abs. 6 f RVG 2005 als Praxisbesonderheit anzuerkennen. Praxisbesonderheiten sind - ebenso nach den RGV 2005 wie nach der Rechtskonkretisierung durch die Rechtsprechung bei Durchschnittsprüfungen (vgl. Clemens in jurisPK-SGB V, § 106 Rdn. 149) - aus der Zusammensetzung der Patienten herrührende Umstände, die sich auf das Behandlungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe nicht in entsprechender Weise anzutreffen sind (u.v.a. BSG, Urteil vom 21.06.1995 - 6 RKa 35/94 -). Die betroffene Praxis muss sich nach der Zusammensetzung der Patienten und hinsichtlich der schwerpunktmäßig zu behandelnden Gesundheitsstörungen vom typischen Zuschnitt einer Praxis der Vergleichsgruppe unterscheiden (u.v.a. BSG, Urteil vom 06.09.2000 - B 6 KA 24/99 R -). Dabei ist es grundsätzlich Sache des geprüften Arztes, Praxisbesonderheiten darzulegen und nachzuweisen; ihn trifft die Darlegungslast (u.v.a. BSG Urteil vom 11. 12.2002 - B 6 KA 1/02 R -). Es ist also Angelegenheit des Vertragsarztes - und nicht des Beklagten oder des Gerichts -, entscheidungserhebliche Umstände vorzutragen, die auf eine Abweichung von der Typik der Praxen der Fachgruppe schließen lassen. Der Vertragsarzt ist nicht nur gemäß § 21 Abs. 2 SGB X allgemein gehalten, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere die ihm bekannten Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Im Rahmen der Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen hat er vielmehr eine entsprechende besondere Mitwirkungspflicht aus der Sache selbst, wie sie immer dann besteht, wenn ein Arzt sich auf ihn günstige Tatsachen berufen will und diese Tatsachen allein ihm bekannt oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können (u.v.a. BSG, Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 58/94 - m.w.N.). Die Regelungen des § 5 Abs. 5 und 6 RGV 2005 ändern diese von der Rechtsprechung bei Durchschnittsprüfungen entwickelte Rechtskonkretisierung zu Praxisbesonderheiten im Übrigen nicht ab, sondern wiederholen diese nur bzw. erläutern diese (vgl. Clemens a.a.O.), in dem sie u.a. vorgeben: "Andere Praxisbesonderheiten sind - soweit objektivierbar - zu berücksichtigen, wenn der Arzt nachweist, dass er der Art und der Anzahl nach besondere von der Arztgruppentypik abweichende Erkrankungen behandelt hat und hierdurch notwendige Mehrkosten entstanden. Die Anerkennung als Praxisbesonderheit ist auf die Höhe der hierdurch bedingten Mehrkosten begrenzt. Die schlüssige Darlegung dieser Praxisbesonderheiten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach obliegt dem zu prüfenden Arzt." (§ 5 Abs. 6 RGV 2005). "Für vom Arzt gesehene Praxisbesonderheiten im Sinne des Absatzes 5 hat der betreffende Arzt darzulegen, aufgrund welcher besonderen, der Art und der Anzahl nach von der Typik in der Arztgruppe abweichenden Erkrankungen er - welche Arzneitherapien - mit welchen (ggf. geschätzten) Mehrkosten je Behandlungsfall veranlasst hat." (§ 5 Abs. 7 Satz 3 RGV 2005).
Diesen Vorgaben genügt das Vorbringen des Klägers nicht; er ist der ihm obliegenden Darlegungspflicht, der grundsätzlich in dem vor dem Beklagten geführten Verwaltungsverfahren zu genügen ist, nicht hinreichend nachgekommen.
Der Kläger hat im Verwaltungsverfahren im Wesentlichen lediglich Ausführungen zu einzelnen Medikamenten gemacht und für das IV. Quartal 2005 Auszüge aus einer Patientenliste mit Verordnungen, Buchungsdaten und Diagnosen sowie teilweise auch Befund- und Entlassungsberichte vorgelegt. Demgegenüber hätte ihm jedoch bereits im Verwaltungsverfahren die Pflicht oblegen, dezidiert zunächst eine besondere Patientenstruktur darzulegen und nachfolgend ggf. auch nachzuweisen. Er hätte konkret u.a. zunächst darlegen müssen, bei wie vielen Patienten genau aufgrund welchen Erfordernisses im Einzelnen welche Medikamente erforderlich waren und aus welchen Gründen sich dann insoweit Abweichungen, nämlich eine besondere Patientenstruktur im Vergleich zu den Praxen seiner Fachgruppe, ergeben haben. Das pauschale Vorbringen des Klägers genügt diesen Anforderungen nicht.
Der Beklagte hat schließlich auch den Regressbetrag von 90.840,13 EUR zutreffend berechnet.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Bescheid ist auch nicht deswegen rechtswidrig, weil die Prüfgremien nicht auf den Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung (IRV) gemäß § 106 Abs. 5d SGB V hingewirkt haben. Die Prüfgremien sind nicht verpflichtet, dem zu prüfenden Vertragsarzt von sich aus den Abschluss einer IRV anzubieten oder in sonstiger Weise hierauf hinzuwirken. Eine derartige Handlungspflicht wird den Prüfgremien weder explizit vorgegeben noch lässt sie sich dem Gesamtzusammenhang der in § 106 SGB V enthaltenen Reglungen entnehmen (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 46/12 R -). Nach § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V hat der Vertragsarzt bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 vom Hundert nach Feststellung durch den Prüfungsausschuss (ab 1.1.2008: die Prüfungsstelle) den sich daraus ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Abweichend von § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V wird ein zu erstattender Mehraufwand nicht festgesetzt, soweit der Prüfungsausschuss (jetzt: die Prüfungsstelle) mit dem Arzt eine individuelle Richtgröße vereinbart, die eine wirtschaftliche Verordnungsweise des Arztes unter Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten gewährleistet (§ 106 Abs. 5d Satz 1 SGB V). In dieser Vereinbarung muss sich der Arzt verpflichten, ab dem Quartal, das auf die Vereinbarung folgt, jeweils den sich aus einer Überschreitung dieser Richtgröße ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten (§ 106 Abs. 5d Satz 2 SGB V). Eine Verpflichtung der Prüfgremien, auf den Abschluss einer IRV hinzuwirken, ergibt sich hieraus nicht; auch die Gesetzesbegründung (FraktE-GMG, BT-Drucks 15/1525 S 117 zu Nr. 82 (§ 106) Buchst k) verhält sich nicht zu einer "Hinwirkungspflicht" der Prüfgremien (BSG. a.a.O.).
Dass die Norm keine entsprechende Verpflichtung statuiert, zeigt insbesondere auch der Vergleich mit der - ebenfalls den Abschluss einer die Festsetzung eines Regresses ersetzenden Vereinbarung ("Vertrag vor Verwaltungsakt") regelnden - Vorschrift des § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V. Dort ist ausdrücklich bestimmt, dass die Prüfungsstelle (bzw. zuvor der Prüfungsausschuss) vor ihren Entscheidungen und Festsetzungen auf den Abschluss einer (der Festsetzung) entsprechenden Vereinbarung, die eine Minderung des Erstattungsbetrages um bis zu einem Fünftel zum Inhalt haben kann, "hinwirken soll". Auch in der Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Ablösung des Arznei- und Heilmittelbudgets ((ABAG), vom 19.12.2001, BGBl I 3773) wird hervorgehoben, dass die Regelung den Prüfungsausschuss "anhalte", eine vertragliche Vereinbarung mit dem Arzt herbeizuführen (FraktE-ABAG, BT-Drucks 14/6309 S 11 zu Nr. 4 (§ 106)). Da diese - als § 106 Abs. 5a Satz 7 SGB V durch das ABAG mit Wirkung zum 31.12.2001 in das Gesetz eingefügte - Vorschrift bei Inkrafttreten des § 106 Abs. 5d SGB V bereits galt, kann aus dem Umstand, dass § 106 Abs. 5d SGB V keine vergleichbare Vorgabe enthält, nur der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber hiervon nicht versehentlich, sondern bewusst Abstand genommen hat (BSG, a.a.O.). Der Kläger selbst hat im Verwaltungsverfahren den Abschluss einer IRV nicht angeregt. Er bemängelt erstmals in seiner Klagebegründung, dass er einen Anspruch auf Abschluss einer Regressablösevereinbarung habe, eine solche aber nicht thematisiert wurde.
Der Bescheid des Beklagten ist schließlich auch nicht deswegen rechtswidrig, weil die Prüfungsstelle keine Vereinbarung im Sinne von § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V angeboten hat. Nach dieser Regelung soll der Prüfungsausschuss bzw. die Prüfungsstelle vor ihren Entscheidungen und Festsetzungen auf eine entsprechende Vereinbarung mit dem Vertragsarzt hinwirken, die eine Minderung des Erstattungsbetrages um bis zu 1/5 zum Inhalt haben kann. Diese Regelung zielt darauf ab, aufwändige und langwierige Streitverfahren möglichst zu vermeiden (BT-Drucksache 14/6309, S. 11), und ist deshalb ausschließlich nur für das Verfahren vor der Prüfungsstelle vorgesehen. Die Reduzierung des Regressbetrages um bis zu einem Fünftel stellt quasi die Gegenleistung dafür dar, dass sich der Vertragsarzt seiner Rechtsschutzmöglichkeit begibt und er die Unwirtschaftlichkeit durch den Abschluss des Vertrages konkludent anerkennt (vgl. Liebold/Zaleweski, Kassenarztrecht, § 106 SGB V, Anm. 35). Für die Anwendung dieser Regelung besteht aber kein Raum mehr, wenn das Verfahren vor dem Prüfungsausschuss bzw. der Prüfungsstelle abgeschlossen ist. Nachfolgend kann ein Vertragsarzt auch keine Ansprüche darauf herleiten, dass - aus welchen Umständen auch immer - im Verfahren vor der Prüfungsstelle keine Vereinbarung getroffen worden ist. Schutzbefohlener der Norm ist grundsätzlich nicht der Vertragsarzt, sondern es steht allein die Verfahrensökonomie zu Gunsten der Prüfgremien im Vordergrund; diese sollen von aufwändigen und langwierigen Streitverfahren entlastet werden (s. entsprechend zur "gezielten Beratung" i.S.d. § 106 Abs. 5 Satz 2 SGB V, die nach der Rechtsprechung des BSG ebenfalls grundsätzlich keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines Kürzungsbescheides ist, BSG, Urteil vom 27.04.1982 - 6 RKa 4/79 -, vom 09.03.1994 - 6 RKa 17/92 -, vom 19.06.1996 - 6 RKa 40/95 -, vom 14.05.1997 - 6 RKa 63/05, vom 27.06.2001 - B 6 KA 66/00 R und vom 05.11.2008 - B 6 KA 63/07 R). Dementsprechend ist schließlich auch die Regelung in § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V als reine sanktionslose "Sollvorschrift" (oder wie es in der Gesetzesbegründung (s.o.) heißt, der ehemalige "Satz 7 hält den Prüfungsausschuss an,." augestaltet." (Senat, Beschlüsse vom 31.08.2011 - L 11 KA 24/11 B ER und L 11 KA 25/11 B ER). Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG zu § 106 Abs. 5 d SGB V, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 46/12 R -. Zwar sind die Prüfgremien verpflichtet, in Verhandlungen über den Abschluss einer IRV einzutreten und dürfen den Abschluss einer IRV nicht aus sachfremden Gründen vereiteln, wenn der geprüfte Arzt von sich aus Interesse am Abschluss einer IRV bekundet oder sogar den Abschluss einer IRV beantragt. Diese Pflicht beschränkt sich jedoch auf den Abschluss einer IRV nach § 106 Abs. 5d SGB V und ist nicht auf die Reglungen zum Abschluss von Regressvereinbarungen nach § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V übertragbar. Zwischen beiden Fallgestaltungen gibt es sachliche Unterscheidungen. Zwar haben beide Regelungen gemein, dass sie auf eine freiwillige Vereinbarung zwischen Prüfungsausschuss bzw. Prüfungsstelle und Vertragsarzt abzielen. Der Charakter beider Maßnahmen ist ansonsten nicht vergleichbar: § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V erleichtert die Durchsetzung eines Regresses, indem er eine Reduzierung des an sich fälligen Regressbetrages im Gegenzug zu einem Verzicht des Arztes auf eine förmliche Entscheidung und ein gerichtliches Verfahren ermöglicht. Dies kommt auch in der Gesetzesbegründung (FraktE-ABAG, BT-Drucks 14/6309 S. 11 zu Nr. 4 (§ 106) Buchst b) zum Ausdruck, wenn es dort heißt, die Regelung ziele darauf ab, aufwändige und langwierige Streitverfahren möglichst zu vermeiden. Da die Prüfgremien auch ohne diese Vorschrift berechtigt wären, ein Prüfverfahren im Vergleichswege zu beenden, erweitert die Norm deren Handlungsmöglichkeiten nicht, sondern forciert lediglich (in engen Grenzen) den Abschluss derartiger Vergleiche. Demgegenüber ermöglicht es § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V, eine Prüfmaßnahme - die Festsetzung des Mehraufwandes - vollständig durch den Abschluss einer auf die Zukunft bezogenen IRV zu ersetzen, mithin auf die gesamte Forderung zu verzichten (so auch FraktE-GMG, BT-Drucks 15/1525 S 117 zu Nr 82 (§ 106) Buchst k: "Verzicht", vgl. BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 46/12 R -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 und Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revisionszulassung beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Der Senat misst der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Arzneimittelregresses wegen Überschreitung der Richtgrößen in den Quartalen I/2005 bis IV/2005.
Der Kläger ist als praktischer Arzt in E niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Beschluss des Amtsgericht (AG) E vom 01.02.2003 - xx IN xx/01 - wurde über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beigeladene zu 8) zum Insolvenzverwalter bestellt. Eine Freigabe des Vermögens aus der selbständigen Tätigkeit als Arzt erfolgte nicht. Mit Beschluss des AG vom 25.02.2010 wurde dem Antragsteller die Restschuldbefreiung erteilt; die Schlussverteilung wurde noch nicht vollzogen, sodass das AG das Insolvenzverfahren bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens noch nicht aufgehoben hat.
In den streitgegenständlichen Quartalen rechnete der Kläger zwischen 779 und 819 Behandlungsfälle ab, womit die durchschnittlichen Fallzahlen der Fachgruppe um 27 % bis 29 % unterschritten wurden. Die Honoraranforderungen überstiegen die durchschnittlichen Fallkosten der Fachgruppe um 11 % bis 36 %. Bei der Anforderung von Sprechstundenbedarf lagen Überschreitungen der durchschnittlichen Fallkosten der Fachgruppe um 13 % bis 317 % vor. Die Verordnungen von Heilmitteln unterschritten im Quartal II/2005 um 3,6 %. In den übrigen Quartalen ergaben sich Überschreitungen der durchschnittlichen Fallkosten um 18 % und 25 %. Das ermittelte Richtgrößenvolumen für Arzneimittel in Höhe von 187.789,39 EUR überschritt der Kläger mit Verordnungskosten von 387.391,43 EUR um 106,29 %. Der Prüfungsausschuss setzte daraufhin mit Beschluss vom 20.06.2007, ausgefertigt als Bescheid am 30.07.2007, einen Regress in Höhe von 91.928,63 EUR fest.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 13.08.2007 Widerspruch ein. Er machte Ausführungen zu einzelnen Medikamenten und überreichte für das IV. Quartal 2005 Auszüge aus einer Patientenliste mit Verordnungen, Buchungsdaten und Diagnosen. Teilweise waren auch Befund- und Entlassungsberichte beigefügt. Er vertrat die Auffassung, dass sich aus den angegebenen Diagnosen die Therapieindikation ergebe.
Mit Bescheid vom 05.02.2008 reduzierte der Beklagte den Regress auf 90.840,13 EUR. Er stellte u.a. fest, dass die vom Kläger aufgeführten Einzelfallschilderungen besonders kostenintensiver Patienten unsubstantiiert vorgetragen seien. Beide Bescheide wurden ausschließlich dem Kläger und nicht auch dem Beigeladenen zu 8) zugestellt.
Mit seiner am 05.03.2008 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Die Rechtswidrigkeit des Bescheides folge daraus, dass die dem Regress zu Grunde liegenden Verordnungen zu einem Zeitpunkt erfolgt seien, in dem das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet gewesen sei. Bei dem Richtgrößenregress habe es sich daher um eine nicht gegenüber ihm geltend zu machende Masseforderung gehandelt. Diese wäre vielmehr gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen gewesen. Der Bescheid habe daher dem Insolvenzverwalter und nicht ihm zugestellt werden müssen. Der Bescheid sei zudem rechtswidrig, da eine Vielzahl unstreitig vorhandener Praxisbesonderheiten nicht vollständig, sondern lediglich in Höhe des Anteils der Mehrkosten gegenüber der Vergleichsgruppe als Abzugsposten berücksichtigt worden seien. Ferner sei der Bescheid deswegen rechtswidrig, weil er einen Anspruch auf Abschluss einer Regressablösevereinbarung habe, eine solche aber noch nicht einmal thematisiert worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 05.02.2008 aufzuheben.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig gehalten und geltend gemacht, es entspreche nicht der Intention des Gesetzgebers, wenn der Kläger seine vertragsärztliche Tätigkeit, gestützt auf eine nicht in die Insolvenzmasse fallende Zulassung ausüben, aber keiner Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unterzogen werden könnte.
Der Beigeladene zu 8) hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 05.02.2008 aufzuheben.
Er hat die Auffassung vertreten, im streitgegenständlichen Zeitraum 2005 sei allein der Insolvenzverwalter befugt gewesen, über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des Klägers zu verfügen und es zu verwalten.
Mit Urteil vom 02.11.2011 hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Die Rechtswidrigkeit des Bescheides folge, ohne dass es einer materiellen Überprüfung des Arzneimittelregresses bedürfe, schon daraus, dass der Regress nicht gegen den Kläger, sondern gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen gewesen wäre, weil der Regress für die Quartale I - IV/2005 einen Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers am 01.02.2003 betreffe. Der Regress sei, wie auch die sonstigen mit der Praxisfortführung durch den Kläger verbunden Ausgaben, eine gegen die Masse zu richtende Forderung. Denn Einkünfte, die der Schuldner aus der selbständigen Tätigkeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erziele, gehörten in vollem Umfang und nicht lediglich in Höhe des nach Abzug verbleibenden Gewinns zur Insolvenzmasse. Dementsprechend müssten auch die Ausgaben, die mit den aus dem Betrieb der Vertragsarztpraxis gezielten Einkünften verbunden seien, von der Masse getragen werden. Dies gelte auch für Arzneimittelregresse, die mit dem vom Insolvenzschuldner fortgeführten Praxisbetrieb entstünden. Denn bei Arzneimittelregressen wegen unwirtschaftlichen Verordnungen handele es sich nicht um einen auf ein nicht vom Insolvenzverwalter zu verantwortendes schuldhaftes Verhalten des Insolvenzschuldners gegründeten persönlichen Haftungsanspruch, sondern um das im Rahmen des Rechtsinstituts der Wirtschaftlichkeitsprüfung ermittelte objektive Ergebnis einer Prüfung von Verordnungen, deren Unwirtschaftlichkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB V unmittelbar aus einer fehlenden vertragsärztlichen Verordnungsfähigkeit folge und nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) Verordnungsregresse begründeten, ohne dass dabei für ein Verschuldenserfordernis Raum wäre.
Gegen das ihm am 11.01.2012 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 06.02.2012 Berufung eingelegt. Die Rechtsauffassung des SG stehe im Widerspruch zu der Rechtsprechung des erkennenden Senates. Danach seien Wirtschaftlichkeitsregresse, die einen Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens betreffen, Neuforderungen, die nicht gegen die Masse, sondern gegen den Gemeinschuldner gerichtet seien und anders als die zur Insolvenzmasse gezogenen Honoraransprüche aufgrund der vertragsärztlichen Tätigkeit nach Insolvenzeröffnung der Prozessführungsbefugnis des Klägers nach Maßgabe der für dieses Verfahrens geltenden Fassung des § 35 Abs.1 Insolvenzordnung (InsO) unterstünden. Er habe den Arzneimittelregress zu Recht gegen den Kläger und nicht gegen den Insolvenzverwalter festgesetzt, da es sich um eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Forderung handele. Die Einstufung des Arzneimittelregresses für das Jahr 2005 als Neu- und nicht als Masseforderung werde entgegen der Auffassung des SG auch nicht von dem zitierten Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 11.05.2006 - IX ZR 247/03 - in Frage gestellt. Diese Entscheidung betreffe nicht die hier streitgegenständliche Forderung aus wirtschaftlichem Regress, sondern lediglich die zur Erzielung eines vertragsärztlichen Einkommens notwendigen Ausgaben, die vom Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an von der Masse getragen werden müssen, um Vergütungsansprüche gegen die Kassenärztliche Vereinigung erwirtschaften zu können. Die Regressforderung wegen unwirtschaftlicher Arzneimittelversordnungen entstehe zwar "gelegentlich" der Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit, sie sei aber keinesfalls notwendige Ausgabe wie etwa die für Personal, Miete etc. zur Erzielung des vertragsärztlichen Honorars.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.11.2011 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag und trägt ergänzend vor, dass die Entscheidung des SG nicht im Widerspruch zu den bisherigen Beschlüssen des erkennenden Senats stehe. Nach den veröffentlichten Gründen in den Verfahren L 11 KA 133/10 B ER und L 11 KA 17/11 B hätten die Regressforderungen nicht ihm gegenüber durch Verwaltungsakt festgestellt werden dürfen. Auch im vorliegenden Verfahren seien alle Bescheide der Prüfgremien während des laufenden Insolvenzverfahrens ausschließlich ihm gegenüber ergangen. Aus diesem Grund seien sie rechtswidrig. Darin liege auch ein offensichtlicher Fehler, der wegen § 40 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zur Nichtigkeit sowohl des Prüfbescheides als auch des streitgegenständlichen Widerspruchsbescheides vom 05.02.2008 führe.
Der Beigeladene zu 8) beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, dass es sich bei den festgesetzten Regressen weder um Masseverbindlichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 1. Alternative InsO noch um Massenverbindlichkeiten im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 2. Alternative InsO handele.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 05.02.2008 ist entgegen der Auffassung des SG rechtmäßig. Der Beklagte hat gegen den Kläger zutreffend einen Regress in Höhe von 90.840,13 EUR festgesetzt.
Gegenstand des Rechtsstreits ist ausschließlich der Bescheid des Beklagten vom 05.02.2008, nicht zugleich der Bescheid der Prüfungsstelle. Der Beschwerdeausschuss wird mit seiner Anrufung für das weitere Prüfverfahren ausschließlich und endgültig zuständig; sein Bescheid ersetzt den ursprünglichen Verwaltungsakt des Prüfungsausschusses bzw. der Prüfungsstelle (BSG, Urteil vom 29.06.2011 - B 6 KA 16/10 R -; Senat, Beschlüsse vom 13.04.2011 - L 11 KA 133/10 B ER und L 11 KA 17/11 B ER -), so dass es nicht darauf ankommt, ob und ggf. inwieweit der Bescheid der Prüfungsstelle rechtmäßig ist.
Zutreffend hat der Beklagte den Regressbescheid gegenüber dem Kläger, und nicht gegenüber dem Beigeladenen zu 8) erlassen. Der Beklagte war befugt, auch während des noch anhängigen Insolvenzverfahrens dem Kläger persönlich den Bescheid über das Ergebnis seines Verordnungsverhaltens im Jahr 2005 zu erteilen. Die Befugnisse des Beklagten wurden nicht von der InsO überlagert, weil es sich nicht um eine Insolvenzforderung handelt.
§ 87 InsO schreibt vor, dass Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen können. Insolvenzgläubiger sind die persönlichen Gläubiger, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben; zu deren Befriedigung dient die Insolvenzmasse (§ 38 InsO). Unbeachtlich ist, dass eine solche Forderung ggf. noch nicht fällig ist, denn nach § 41 Abs. 1 InsO gelten nicht fällige Forderungen als fällig. Allerdings muss der Anspruch der Insolvenzgläubiger vor Eröffnung bzw. im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens "begründet" sein (s. § 38 InsO). Das bedeutet nicht, dass die Forderung bereits durchsetzbar gewesen sein muss, wie sich aus §§ 41, 191 InsO ergibt. Erforderlich ist aber, dass vor bzw. im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung die Grundlage des Schuldverhältnisses besteht, aus dem sich der Anspruch ergibt. Es muss eine etwa einem Anwartschaftsrecht gleichzustellende Rechtsstellung bestehen, die dann anzunehmen ist, "wenn von dem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass von einer gesicherten Rechtsposition des Erwerbers gesprochen werden kann, die der andere an der Entstehung des Rechts Beteiligte nicht mehr einseitig zu zerstören vermag" (BSG, Urteil vom 03.02.2010 - B 6 KA 30/08 R - m.w.N.). Deshalb begründen sog. künftige Ansprüche, bei denen erst ein sog. "Rechtsboden" besteht, keine Insolvenzforderung. Nach Eröffnung "begründete" Ansprüche sind sog. Neuforderungen, so dass insoweit auch kein Erfordernis besteht, den Insolvenzverwalter zu beteiligen bzw. Bescheide gegen ihn zu erlassen (Senat, Urteil vom 15.05.2013 - L 11 KA 147/11 - ; Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 01.10.2009 - 15 K 110/09 -).
Da das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers am 01.02.2003 eröffnet wurde, sind nur die Ansprüche aus der der Insolvenzmasse zu befriedigen, die zu diesem Zeitpunkt bereits begründet waren. Alle anderen Forderungen unterliegen nicht der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Vielmehr handelt es sich dabei um Neuforderungen, für die die Prozessführungsbefugnis dem Schuldner zusteht (vgl. Oberlandesgericht (OLG) Hamburg, Urteil vom 29.12.2003 - 11 W 90/03 -; Senat, Beschlüsse vom 13.04.2011 - L 11 KA 133/10 B ER - und - L 11 KA 17/11 B ER -, und vom 31.08.2011 - L 11 KA 24/11 B ER - und - L 11 KA 25/11 B ER - ). Um solche Neuforderungen geht es vorliegend. Zwar wurden die Forderungen des Gemeinschuldners (bis zum 31.01.2009) zur Insolvenzmasse gezogen (§ 35 Abs. 1 InsO), die gegen ihn gerichteten Vermögensansprüche wären indessen nur dann aus der Insolvenzmasse zu befriedigen, wenn sie zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens "begründet" gewesen wären (s.o.). Hier beginnt der Zeitraum, für den der Schadensregress geltend gemacht wird, jedoch knapp zwei Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aufgrund der Regelungen des § 35 InsO in der bis zum 31.06.2007 anzuwendenden Fassung, nach der das Insolvenzverfahren das gesamt Vermögen erfasst, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erhält. Zwar fällt danach der Neuerwerb von Vermögen grundsätzlich in die Masse. Bei diesem Neuerwerb handelt es sich aber um Forderungen des Insolvenzschuldners, also des Klägers z.B. gegenüber der Beigeladenen zu 7) auf das nach Insolvenzeröffnung erwirtschaftete vertragsärztliche Honorar, nicht aber um Forderungen von Gläubigern gegen den Insolvenzschuldner. § 35 InsO ist damit nicht einschlägig. Demzufolge richtet sich die Regressfestsetzung nach Insolvenzeröffnung als neue Forderung gegen den Insolvenzschuldner; eine Anmeldung der Forderung zur Insolvenztabelle scheidet aus (vgl. OLG Celle, Urteil vom 07.01.2003 - 16 U 156/02 -). Hiervon zu trennen ist die Frage nach der Durchsetzbarkeit der Forderung. Denn die Zwangsvollstreckung in die Insolvenzmasse ist für diese Forderungen nicht zulässig, da die Insolvenzmasse dem Zugriff der Neugläubiger entzogen ist. Unberührt bleibt lediglich das vom Insolvenzverfahren nicht erfasste "freie Vermögen" des Schuldners und das Vermögen, das dem Schuldner nach Beendigung des Insolvenzverfahrens gehört bzw. welches er erwirbt (Senat, Urteil vom 15.05.2013 - L 11 KA 147/11 - ).
Auch das von dem Kläger angeführte Urteil des BGH vom 11.05.2006 - IX ZR 247/03 - führt nicht in seinem Sinne weiter. Aus der Entscheidung ergibt sich entgegen seinem Vorbringen nämlich nicht der Rechtssatz, dass dann, wenn Einkünfte zur Masse gezogen werden, dies auch für die Ausgaben gilt. Das Urteil des BGH verhält sich vielmehr dazu, dass der in eigener Praxis tätige Vertragsarzt sein Einkommen nicht allein aus der Verwertung seiner Arbeitskraft, sondern aus dem Betrieb der Praxis erzielt und dass aus diesem Grund notwendige Ausgaben entstehen, die vom Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an von der Masse getragen werden müssen. Diese Auffassung mag zutreffen, ist vorliegend aber ohne Relevanz. Regressverbindlichkeiten aufgrund Überschreitung der Richtgrößenvolumina werden nämlich nicht nur allenfalls - worauf der Beklagte zutreffend hinweist - gelegentlich der vertragsärztlichen Tätigkeit begründet, sondern sie stellen vor Allem keine notwendigen Ausgaben zur Erzielung von Einnahmen aus dieser Tätigkeit und damit auch keine Masseforderungen bzw. -verbindlichkeiten dar (Senat a.a.O.).
Darüber hinaus ist der Bescheid des Beklagten auch materiell nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage für die Entscheidung des Beklagten, den Kläger auf Grund seiner Arzneiverordnungen wegen Überschreitung der Richtgrößen in Regress zu nehmen, ist § 84 Abs. 6 i.V.m. § 106 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 5a Satz 1 SGB V. Nach § 84 Abs. 6 Satz 1 SGB V vereinbaren die Gesamtvertragspartner - die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen und die Kassenärztliche Vereinigung (§ 84 Abs. 1 SGB V) - zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung für das auf das Kalenderjahr bezogene Volumen der je Arzt verordneten Arznei- und Verbandmittel (Richtgrößenvolumen) arztgruppenspezifische fallbezogene Richtgrößen als Durchschnittswerte unter Berücksichtigung der nach Abs. 1 getroffenen Arzneimittelvereinbarung (Satz 1). Zusätzlich sollen die Vertragspartner die Richtgrößen nach altersgemäß gegliederten Patientengruppen und darüber hinaus auch nach Krankheitsarten bestimmen (Satz 2). Die Richtgrößen leiten den Vertragsarzt bei seinen Entscheidungen über die Verordnung von Arzneimitteln nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot (Satz 3). Die Überschreitung des Richtgrößenvolumens löst eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 Abs. 5a SGB V unter den dort genannten Voraussetzungen aus (Satz 4). Nach § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V hat der Vertragsarzt bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 v.H. nach Feststellung durch den Prüfungsausschuss den sich daraus ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Die Vertragspartner bestimmen in Vereinbarungen nach Abs. 3 die Maßstäbe zur Prüfung der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten (§ 106 Abs. 5a Satz 5 SGB V).
Auf dieser Grundlage haben die Vertragspartner mit Wirkung vom 01.01.2005 eine Vereinbarung über "Richtgrößen für Arznei- und Verbandmittel und Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Überschreiten der Richtgrößen" (RGV 2005) getroffen (Rheinisches Ärzteblatt 1/2005, 76 ff).
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 RGV 2005 sind im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung Praxisbesonderheiten nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 zu berücksichtigen. Abweichend vom üblichen Grundsatz (Absatz 6) obliegt die Beweislast für die Anerkennung von Praxisbesonderheiten bei den in Absatz 3 und 4 genannten Indikationen nicht dem betreffenden Arzt. § 5 Abs. 6 f RGV 2005 enthält schließlich Regelungen zu anderen, nicht von Abs. 3 und 4 erfassten Praxisbesonderheiten.
Davon ausgehend unterliegt der angefochtene Bescheid keiner Beanstandung. Das zugrundeliegende Verordnungsvolumen des Kläger beläuft sich auf 387.391,43 EUR. Von diesen Verordnungskosten hat der Beklagte einen Abzug in Höhe von 1.659,38 EUR für nicht aufgeklärte Verordnungen (Fremdkassenfälle), einen Abzug in Höhe von 6.249,21 EUR für Hilfsmittel und Porto/Beschaffungskosten, einen Abzug in Höhe von 17.469,37 EUR gemäß § 5 Abs. 3 RGV, einen Abzug in Höhe von 14.113,87 EUR gemäß § 5 Abs. 4 RGV und einen Abzug der Verordnungen unter ZZZ Arzneimittel ohne ATC-Code in Höhe von 14,97 EUR vorgenommen. Unter Berücksichtigung aller Abzüge verbleiben damit Arzneikosten in Höhe von 347.884,63 EUR.
Soweit der Kläger grundsätzlich die Regelungen des § 5 Abs. 4 der RGV 2005 beanstandet, übersieht er, dass allein den Vertragspartnern das Recht zusteht, den Leistungsumfang abschließend zu regeln. Nur den Vertragspartnern ist in § 106 Abs. 5a Satz 5 SGB V aufgegeben, in Vereinbarungen die Maßstäbe zur Prüfung der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten zu bestimmen. Mithin sind die von den Vertragspartnern in Form öffentlich-rechtlicher Verträge mit Rechtsnormcharakter (Normsetzungsverträge) in § 5 Abs. 3 bis 5 RGV getroffenen Regelungen grundsätzlich von der Regelungsermächtigung gedeckt. Hinsichtlich der im Einzelnen getroffenen Regelungen steht den Vertragspartnern ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer normativer Gestaltungsspielraum zu (vgl. Freudenberg in jurisPK-SGB V, 2. Auflage, 2012, § 84 Rdn. 100). Dass dessen Grenzen überschritten sein bzw. dass die getroffenen Regelungen gegen höherrangiges Recht (z.B. Art 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) oder gegen Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung des Willkürverbots, vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 30.10.2002 - 1 BvL 13/96, 1 BvL 14/96, 1 BvL 15/96 -) verstoßen könnten, hat der Kläger indes bisher nicht dargetan und ist ansonsten auch nicht ersichtlich. Dass der Kläger andere Regelungen für ihn günstiger oder insgesamt als sinnvoller erachtet, ist unerheblich (Senat, Beschlüsse vom 31.08.2011 - L 11 KA 24/11 B ER - und - L 11 KA 25/11 B ER -).
Weitere Mehrbedarfe sind nicht nach § 5 Abs. 6 f RVG 2005 als Praxisbesonderheit anzuerkennen. Praxisbesonderheiten sind - ebenso nach den RGV 2005 wie nach der Rechtskonkretisierung durch die Rechtsprechung bei Durchschnittsprüfungen (vgl. Clemens in jurisPK-SGB V, § 106 Rdn. 149) - aus der Zusammensetzung der Patienten herrührende Umstände, die sich auf das Behandlungsverhalten des Arztes auswirken und in den Praxen der Vergleichsgruppe nicht in entsprechender Weise anzutreffen sind (u.v.a. BSG, Urteil vom 21.06.1995 - 6 RKa 35/94 -). Die betroffene Praxis muss sich nach der Zusammensetzung der Patienten und hinsichtlich der schwerpunktmäßig zu behandelnden Gesundheitsstörungen vom typischen Zuschnitt einer Praxis der Vergleichsgruppe unterscheiden (u.v.a. BSG, Urteil vom 06.09.2000 - B 6 KA 24/99 R -). Dabei ist es grundsätzlich Sache des geprüften Arztes, Praxisbesonderheiten darzulegen und nachzuweisen; ihn trifft die Darlegungslast (u.v.a. BSG Urteil vom 11. 12.2002 - B 6 KA 1/02 R -). Es ist also Angelegenheit des Vertragsarztes - und nicht des Beklagten oder des Gerichts -, entscheidungserhebliche Umstände vorzutragen, die auf eine Abweichung von der Typik der Praxen der Fachgruppe schließen lassen. Der Vertragsarzt ist nicht nur gemäß § 21 Abs. 2 SGB X allgemein gehalten, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere die ihm bekannten Tatsachen und Beweismittel anzugeben. Im Rahmen der Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen hat er vielmehr eine entsprechende besondere Mitwirkungspflicht aus der Sache selbst, wie sie immer dann besteht, wenn ein Arzt sich auf ihn günstige Tatsachen berufen will und diese Tatsachen allein ihm bekannt oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können (u.v.a. BSG, Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 58/94 - m.w.N.). Die Regelungen des § 5 Abs. 5 und 6 RGV 2005 ändern diese von der Rechtsprechung bei Durchschnittsprüfungen entwickelte Rechtskonkretisierung zu Praxisbesonderheiten im Übrigen nicht ab, sondern wiederholen diese nur bzw. erläutern diese (vgl. Clemens a.a.O.), in dem sie u.a. vorgeben: "Andere Praxisbesonderheiten sind - soweit objektivierbar - zu berücksichtigen, wenn der Arzt nachweist, dass er der Art und der Anzahl nach besondere von der Arztgruppentypik abweichende Erkrankungen behandelt hat und hierdurch notwendige Mehrkosten entstanden. Die Anerkennung als Praxisbesonderheit ist auf die Höhe der hierdurch bedingten Mehrkosten begrenzt. Die schlüssige Darlegung dieser Praxisbesonderheiten sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach obliegt dem zu prüfenden Arzt." (§ 5 Abs. 6 RGV 2005). "Für vom Arzt gesehene Praxisbesonderheiten im Sinne des Absatzes 5 hat der betreffende Arzt darzulegen, aufgrund welcher besonderen, der Art und der Anzahl nach von der Typik in der Arztgruppe abweichenden Erkrankungen er - welche Arzneitherapien - mit welchen (ggf. geschätzten) Mehrkosten je Behandlungsfall veranlasst hat." (§ 5 Abs. 7 Satz 3 RGV 2005).
Diesen Vorgaben genügt das Vorbringen des Klägers nicht; er ist der ihm obliegenden Darlegungspflicht, der grundsätzlich in dem vor dem Beklagten geführten Verwaltungsverfahren zu genügen ist, nicht hinreichend nachgekommen.
Der Kläger hat im Verwaltungsverfahren im Wesentlichen lediglich Ausführungen zu einzelnen Medikamenten gemacht und für das IV. Quartal 2005 Auszüge aus einer Patientenliste mit Verordnungen, Buchungsdaten und Diagnosen sowie teilweise auch Befund- und Entlassungsberichte vorgelegt. Demgegenüber hätte ihm jedoch bereits im Verwaltungsverfahren die Pflicht oblegen, dezidiert zunächst eine besondere Patientenstruktur darzulegen und nachfolgend ggf. auch nachzuweisen. Er hätte konkret u.a. zunächst darlegen müssen, bei wie vielen Patienten genau aufgrund welchen Erfordernisses im Einzelnen welche Medikamente erforderlich waren und aus welchen Gründen sich dann insoweit Abweichungen, nämlich eine besondere Patientenstruktur im Vergleich zu den Praxen seiner Fachgruppe, ergeben haben. Das pauschale Vorbringen des Klägers genügt diesen Anforderungen nicht.
Der Beklagte hat schließlich auch den Regressbetrag von 90.840,13 EUR zutreffend berechnet.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Bescheid ist auch nicht deswegen rechtswidrig, weil die Prüfgremien nicht auf den Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung (IRV) gemäß § 106 Abs. 5d SGB V hingewirkt haben. Die Prüfgremien sind nicht verpflichtet, dem zu prüfenden Vertragsarzt von sich aus den Abschluss einer IRV anzubieten oder in sonstiger Weise hierauf hinzuwirken. Eine derartige Handlungspflicht wird den Prüfgremien weder explizit vorgegeben noch lässt sie sich dem Gesamtzusammenhang der in § 106 SGB V enthaltenen Reglungen entnehmen (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 46/12 R -). Nach § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V hat der Vertragsarzt bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 vom Hundert nach Feststellung durch den Prüfungsausschuss (ab 1.1.2008: die Prüfungsstelle) den sich daraus ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Abweichend von § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V wird ein zu erstattender Mehraufwand nicht festgesetzt, soweit der Prüfungsausschuss (jetzt: die Prüfungsstelle) mit dem Arzt eine individuelle Richtgröße vereinbart, die eine wirtschaftliche Verordnungsweise des Arztes unter Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten gewährleistet (§ 106 Abs. 5d Satz 1 SGB V). In dieser Vereinbarung muss sich der Arzt verpflichten, ab dem Quartal, das auf die Vereinbarung folgt, jeweils den sich aus einer Überschreitung dieser Richtgröße ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten (§ 106 Abs. 5d Satz 2 SGB V). Eine Verpflichtung der Prüfgremien, auf den Abschluss einer IRV hinzuwirken, ergibt sich hieraus nicht; auch die Gesetzesbegründung (FraktE-GMG, BT-Drucks 15/1525 S 117 zu Nr. 82 (§ 106) Buchst k) verhält sich nicht zu einer "Hinwirkungspflicht" der Prüfgremien (BSG. a.a.O.).
Dass die Norm keine entsprechende Verpflichtung statuiert, zeigt insbesondere auch der Vergleich mit der - ebenfalls den Abschluss einer die Festsetzung eines Regresses ersetzenden Vereinbarung ("Vertrag vor Verwaltungsakt") regelnden - Vorschrift des § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V. Dort ist ausdrücklich bestimmt, dass die Prüfungsstelle (bzw. zuvor der Prüfungsausschuss) vor ihren Entscheidungen und Festsetzungen auf den Abschluss einer (der Festsetzung) entsprechenden Vereinbarung, die eine Minderung des Erstattungsbetrages um bis zu einem Fünftel zum Inhalt haben kann, "hinwirken soll". Auch in der Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Ablösung des Arznei- und Heilmittelbudgets ((ABAG), vom 19.12.2001, BGBl I 3773) wird hervorgehoben, dass die Regelung den Prüfungsausschuss "anhalte", eine vertragliche Vereinbarung mit dem Arzt herbeizuführen (FraktE-ABAG, BT-Drucks 14/6309 S 11 zu Nr. 4 (§ 106)). Da diese - als § 106 Abs. 5a Satz 7 SGB V durch das ABAG mit Wirkung zum 31.12.2001 in das Gesetz eingefügte - Vorschrift bei Inkrafttreten des § 106 Abs. 5d SGB V bereits galt, kann aus dem Umstand, dass § 106 Abs. 5d SGB V keine vergleichbare Vorgabe enthält, nur der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber hiervon nicht versehentlich, sondern bewusst Abstand genommen hat (BSG, a.a.O.). Der Kläger selbst hat im Verwaltungsverfahren den Abschluss einer IRV nicht angeregt. Er bemängelt erstmals in seiner Klagebegründung, dass er einen Anspruch auf Abschluss einer Regressablösevereinbarung habe, eine solche aber nicht thematisiert wurde.
Der Bescheid des Beklagten ist schließlich auch nicht deswegen rechtswidrig, weil die Prüfungsstelle keine Vereinbarung im Sinne von § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V angeboten hat. Nach dieser Regelung soll der Prüfungsausschuss bzw. die Prüfungsstelle vor ihren Entscheidungen und Festsetzungen auf eine entsprechende Vereinbarung mit dem Vertragsarzt hinwirken, die eine Minderung des Erstattungsbetrages um bis zu 1/5 zum Inhalt haben kann. Diese Regelung zielt darauf ab, aufwändige und langwierige Streitverfahren möglichst zu vermeiden (BT-Drucksache 14/6309, S. 11), und ist deshalb ausschließlich nur für das Verfahren vor der Prüfungsstelle vorgesehen. Die Reduzierung des Regressbetrages um bis zu einem Fünftel stellt quasi die Gegenleistung dafür dar, dass sich der Vertragsarzt seiner Rechtsschutzmöglichkeit begibt und er die Unwirtschaftlichkeit durch den Abschluss des Vertrages konkludent anerkennt (vgl. Liebold/Zaleweski, Kassenarztrecht, § 106 SGB V, Anm. 35). Für die Anwendung dieser Regelung besteht aber kein Raum mehr, wenn das Verfahren vor dem Prüfungsausschuss bzw. der Prüfungsstelle abgeschlossen ist. Nachfolgend kann ein Vertragsarzt auch keine Ansprüche darauf herleiten, dass - aus welchen Umständen auch immer - im Verfahren vor der Prüfungsstelle keine Vereinbarung getroffen worden ist. Schutzbefohlener der Norm ist grundsätzlich nicht der Vertragsarzt, sondern es steht allein die Verfahrensökonomie zu Gunsten der Prüfgremien im Vordergrund; diese sollen von aufwändigen und langwierigen Streitverfahren entlastet werden (s. entsprechend zur "gezielten Beratung" i.S.d. § 106 Abs. 5 Satz 2 SGB V, die nach der Rechtsprechung des BSG ebenfalls grundsätzlich keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines Kürzungsbescheides ist, BSG, Urteil vom 27.04.1982 - 6 RKa 4/79 -, vom 09.03.1994 - 6 RKa 17/92 -, vom 19.06.1996 - 6 RKa 40/95 -, vom 14.05.1997 - 6 RKa 63/05, vom 27.06.2001 - B 6 KA 66/00 R und vom 05.11.2008 - B 6 KA 63/07 R). Dementsprechend ist schließlich auch die Regelung in § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V als reine sanktionslose "Sollvorschrift" (oder wie es in der Gesetzesbegründung (s.o.) heißt, der ehemalige "Satz 7 hält den Prüfungsausschuss an,." augestaltet." (Senat, Beschlüsse vom 31.08.2011 - L 11 KA 24/11 B ER und L 11 KA 25/11 B ER). Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG zu § 106 Abs. 5 d SGB V, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 46/12 R -. Zwar sind die Prüfgremien verpflichtet, in Verhandlungen über den Abschluss einer IRV einzutreten und dürfen den Abschluss einer IRV nicht aus sachfremden Gründen vereiteln, wenn der geprüfte Arzt von sich aus Interesse am Abschluss einer IRV bekundet oder sogar den Abschluss einer IRV beantragt. Diese Pflicht beschränkt sich jedoch auf den Abschluss einer IRV nach § 106 Abs. 5d SGB V und ist nicht auf die Reglungen zum Abschluss von Regressvereinbarungen nach § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V übertragbar. Zwischen beiden Fallgestaltungen gibt es sachliche Unterscheidungen. Zwar haben beide Regelungen gemein, dass sie auf eine freiwillige Vereinbarung zwischen Prüfungsausschuss bzw. Prüfungsstelle und Vertragsarzt abzielen. Der Charakter beider Maßnahmen ist ansonsten nicht vergleichbar: § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V erleichtert die Durchsetzung eines Regresses, indem er eine Reduzierung des an sich fälligen Regressbetrages im Gegenzug zu einem Verzicht des Arztes auf eine förmliche Entscheidung und ein gerichtliches Verfahren ermöglicht. Dies kommt auch in der Gesetzesbegründung (FraktE-ABAG, BT-Drucks 14/6309 S. 11 zu Nr. 4 (§ 106) Buchst b) zum Ausdruck, wenn es dort heißt, die Regelung ziele darauf ab, aufwändige und langwierige Streitverfahren möglichst zu vermeiden. Da die Prüfgremien auch ohne diese Vorschrift berechtigt wären, ein Prüfverfahren im Vergleichswege zu beenden, erweitert die Norm deren Handlungsmöglichkeiten nicht, sondern forciert lediglich (in engen Grenzen) den Abschluss derartiger Vergleiche. Demgegenüber ermöglicht es § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V, eine Prüfmaßnahme - die Festsetzung des Mehraufwandes - vollständig durch den Abschluss einer auf die Zukunft bezogenen IRV zu ersetzen, mithin auf die gesamte Forderung zu verzichten (so auch FraktE-GMG, BT-Drucks 15/1525 S 117 zu Nr 82 (§ 106) Buchst k: "Verzicht", vgl. BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 46/12 R -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 und Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revisionszulassung beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Der Senat misst der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu.
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