L 13 EG 14/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
13
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 3 EG 3/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 EG 14/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 EG 1/01 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 23. Februar 2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) für den am 31.01.1996 geborenen Sohn T. der Klägerin. Die Klägerin und ihr Ehemann, beide deutsche Staatsangehörige, wohnen seit Jahren in den Niederlanden.

Die Klägerin hatte nach Geburt ihres Sohnes bis 08.11.1996 noch Leistungen wegen Arbeitslosigkeit vom niederländischen Sozialleistungsträger aufgrund früherer abhängiger Beschäftigung in den Niederlanden erhalten. Der Ehemann der Klägerin ist als Beamter im Bundesgebiet erwerbstätig.

Die Klägerin beantragte am 20.12.1996 Erziehungsgeld für T. Sie überreichte u.a eine Kopie des Schreibens des allgemeinen niederländischen Sozialversicherungsträgers über die Erschöpfung ihres Arbeitslosengeldanspruchs im November 1996. Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 04.07.1997 unter Hinweis auf § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs.4 BEzGG das Erziehungsgeld ab.

Mit dem Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie habe aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 10.10.1996 in den Rechtssachen C-245/94 und C-312/94 sowie aufgrund von Art. 73 der Verordnung (EWG) -EWGV- 1408/71 Anspruch auf Erziehungsgeld.

Der Beklagte wies den Rechtsbehelf mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.1998 zurück und führte aus, daß der Anspruch auf Arbeitslosengeld bereits die Gewährung von Erziehungsgeld ausschließe. Zudem fehle die Arbeitnehmereigenschaft i.S.v. Artikel 71 EWGV 1408/71.

Mit der dagegen am 17.12.1998 erhobenen Klage hat die Klägerin u.a. auf die durch die -EWGV- 1606/98 vom 25.10.1998 erfolgte Einbeziehung von Beamten in den Anwendungsbereich der EWGV 1408/71 und die Entscheidung des EuGH vom 22.11.1995 Az.: C-443/93, Rechtssache Vougioukas, hingewiesen.

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,

den Bescheid vom 04.07.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.11.1998 aufzuheben und das beklagte Land zu verpflichten, ihr auf den Antrag vom 20.12.1996 für ihren am 31.01.1996 geborenen Sohn T. Erziehungsgeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die EWGV 1606/98 vom 29.06.1998 sei erst am 25.10.1998 in Kraft getreten, während ein möglicher Anspruch der Klägerin auf Erziehungsgeld bereits am 30.01.1998 geendet habe.

Das Sozialgericht Münster (SG) hat mit Urteil vom 23.02.2000 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es zum einen ausgeführt, daß weder die Klägerin noch ihr Ehemann im streitigen Zeitraum als Arbeitnehmer zu betrachten seien und auch nicht für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert waren. Zudem sei der Anspruch der Klägerin bei Inkrafttreten der EWGV 1606/98 beendet gewesen. Der Regelung sei auch keine Rückwirkung beizumessen.

Gegen das ihr am 16. März 2000 zugestellte Urteil richtet sich die am 17. April 2000 eingegangene Berufung der Klägerin. Sie meint, trotz des zeitlichen Ablaufs des möglichen Anspruchs auf Erziehungsgeld sei nach dem Urteil des EuGH vom 22.11.1995, Rechtssache C-443/93 die Verpflichtung des Gemeinschaftsgesetzgebers gemäß Art. 51 EWG-Vertrag begründet gewesen, den sachlichen Geltungsbereich der EWGV 1408/71 auch auf die Sondersysteme der Beamten und ihnen Gleichgestellten auszudehnen. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hätte diese Rechtspflicht rechtzeitig erfüllen müssen, die EWGV 1408/71 bereits in den Jahren 1996 bzw. 1997 entsprechend zu ergänzen.Darüber hinaus bezieht sie sich auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs.1 des Grundgesetzes (GG) und einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 30.12.1999 Az.: 1 BvR 809/95.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

das angefochtene Urteil abzuändern und nach ihrem Schlußantrag in I. Instanz zu erkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakte und die Gerichtsakte, deren Inhalt Gegenstand der Beratung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Verwaltungsentscheidungen des beklagten Landes zu Recht bestätigt. Die Klägerin hat nämlich weder nach nationalen Rechtsvorschriften, auch unter Berücksichtigung der Verfassungsgarantien des GG, noch nach den Bestimmungen des europäischen Gemeinschaftsrechts Anspruch auf Erziehungsgeld für den Sohn T.

Trotz Art. 1 § 3 Satz 2 des 2. Gesetzes zur Modernisierung von Regierung und Verwaltung in Nordrhein-Westfalen vom 09.05.2000 (GVBl. NRW S. 412 ff.), mit dem das Landesversorgungsamt mit Wirkung zum 01.01.2001 aufgelöst und dessen Aufgaben der Bezirksregierung Münster übertragen worden sind, ist eine Unterbrechung des Verfahrens hier nicht eingetreten. Denn das beklagte Land ist weiterhin zur Führung des Verfahrens befugt (§ 10 BErzGG).

Zwar erfüllt die Klägerin die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nrn. 2, 3 und 4 BErzGG in der hier anzuwendenden Fassung, weil sie mit Tom, für den ihr die Personensorge zusteht, in einem Haushalt lebt, ihren Sohn selbst betreut und erzieht und auch keine Erwerbstätigkeit ausübt. Der Anspruch scheitert jedoch daran, daß die Klägerin weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte, wie es § 1 Abs. 1 Nr. 1 BErzGG verlangt, und daß sie auch nicht ein Arbeitsverhältnis in der Bundesrepublik Deutschland eingegangen ist, was nach § 1 Abs. 4 Nr. 1 BErzGG für Angehörige eines Mitgliedstaats der EG ausreichen würde.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelung bestehen nicht. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die den Beteiligten bekannten und von ihnen auch nicht beanstandeten Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 17. Juni 1994 und 19. August 1994 (L 13 KG 95/93 und L 13 Kg 92/91). Hervorzuheben ist, daß der verfassungsrechtliche Schutz von Beamten (Art. 33 GG) lediglich die Alimentation umfaßt, nicht dagegen sonstige, für andere Bevölkerungsgruppen oder die gesamte Bevölkerung gewährte Sozialleistungen wie das Erziehungsgeld, welches zudem steuer- und nicht beitragsfinanziert ist.

Der Anspruch ist auch nicht nach § 1 Abs. 1 und Abs. 4 Nr. 1 BErzGG in Verbindung mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht begründet. Nach Art. 73 EWGV 1408/71 steht zwar der Wohnsitz der Klägerin und ihres Sohnes in den Niederlanden einem Wohnsitz in Deutschland gleich. Dennoch kann die EWGV 1408/71 den Anspruch der Klägerin nicht begründen. Zutreffend hat das SG zunächst dar gelegt, daß weder die Klägerin noch ihr Ehemann im hier möglichen Anspruchszeitraum vom 31.01.1996 bis zum 30.01.1998 Arbeitnehmer oder Selbständige gemäß Art. 1 Buchstabe a, Ziffer ii) EWGV 1408/71 gewesen sind. Beide waren nicht, wie es im Anhang I zum persönlichen Geltungsbereich der EWGV 1408/71 bei Familienleistungen vorausgesetzt wird, für den Fall der Arbeitslosigkeit pflichtversichert oder hatten im Anschluß an diese Versicherung Krankengeld oder entsprechende Leistungen erhalten. Die Klägerin hatte nach abhängiger Beschäftigung in den Niederlanden vom dortigen Träger Unterstützung als Arbeitslose bis zur Erschöpfung des Anspruchs erhalten. Der Ehemann war in Deutschland als Beamter tätig.

Die EWGV 1408/71 hatte in ihrer bis zum 24.10.1998 geltenden Fassung Beamte nur teilweise in ihren Anwendungsbereich einbezogen.

Besonders im Urteil vom 05.03.1998 (Rechtssache C-194/96; SozR 3-6050 Art. 73 Nr. 12) hat der EuGH herausgestellt, daß Beamte nur grundsätzlich den Arbeitnehmern im Sinne des Art. 1 Buchst. a EWGV 1408/71 gleichzustellen seien. Diese Definition werde aber durch die Definition in Anhang I Teil I C verdrängt, wenn ein deutscher Träger der zuständige Träger für die Gewährung von Familienleistungen gemäß Titel III Kapitel 7 der Verordnung sei. Aus dem Wortlaut dieses Anhanges, auf den Art. 1 Buchst. a Ziffer ii ver weise, ergebe sich, daß nur solche Erwerbstätige Anspruch auf die deutschen Familienleistungen gemäß Titel III Kapitel 7 der Verordnung haben, die in einem der dort genannten Systeme pflichtversichert seien.

Aus diesem Grunde kann sich die Klägerin auch nicht auf das Urteil in den Rechtssachen Hoever/Zachow des EuGH vom 10. Oktober 1996 (SozR 3-6050 Art. 4 Nr.8 = EuZW 1996, 730) berufen. Darin ist auf die beiden Vorabentscheidungsersuchen des Senats vom 17.06.1994 und 19.08.1994 entschieden worden:

1. Eine Leistung wie das Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz, die unabhängig von jeder auf Ermessensausübung beruhenden Einzelfallbeurteilung der persönlichen Bedürftigkeit ohne weiteres den Personen gewährt wird,die bestimmte objektive Voraussetzungen erfüllen, und die dem Ausgleich von Familienlasten dient, ist einer Familienleistung im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe h der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 geänderten und aktualisierten und durch die Verordnung (EWG) Nr. 3427/89 des Rates vom 30. Oktober 1989 geänderten Fassung gleichzustellen.

2. Der Ehegatte eines Arbeitnehmers, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegt und mit seiner Familie in einem anderen Mitgliedstaat lebt, hat aufgrund von Artikel 73 der Verordnung Nr. 1408/71 im Mitgliedstaat der Beschäftigung Anspruch auf eine Leistung wie das Erziehungsgeld.

3. Artikel 3 Absätze 1 und 2 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit ist dahin auszulegen, daß ein Erziehungsgeld wie das nach §§ 1 ff. Bundeserziehungsgeldgesetz nicht in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fällt.

Die vom EuGH getroffene gemeinschaftsrechtliche Einstufung des Erziehungsgeldes nach dem BErzGG als eine Leistung, die einer Familienleistung i.S.v. Art.4 Abs 1 Buchst h) EWGV 1408/71 gleichzustellen ist, ist für die innerstaatliche Rechtsanwendung verbindlich. Die Ehefrau eines in der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Angehörigen eines Mitgliedstaats der EG, auf den die EWGV 1408/71 anzuwenden ist, kann, obwohl sie in einem anderen Mitgliedstaat lebt, Erziehungsgeld beanspruchen, obwohl der Anspruch auf Erziehungsgeld im BErzGG als eigener Anspruch des betreuenden und erziehenden Elternteils (§ 1 Abs 1 BErzGG) und nicht als ein von einem in einem Mitgliedstaat der EG beschäftigten Arbeitnehmer abgeleiteter Anspruch ausgestaltet worden ist. Aufgrund der Einstufung des Erziehungsgeldes als Familienleistung steht der ausländische einem inländischen Wohnsitz (Art.73 EWGV) gleich (Bundessozialgericht - BSG - SozR 3-7833 § 8 Nr 4).

Der Umfang der für die innerstaatliche Rechtsanwendung verbindlichen Auslegung des Gemeinschaftrechts durch den EuGH ergibt sich ausschließlich aus der für Recht erkannten Beantwortung der Fragen des Vorabentscheidungsersuchens. Die Frage "Kann der Ehegatte eines in der Bundesrepublik Deutschland Beschäftigten, deren Familie in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, auf Grund des Art. 73 EWGV 1408/71 die Zahlung von Erziehungsgeld verlangen" ist mit dem Satz "Der Ehegatte eines Arbeitnehmers, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegt und mit seiner Familie in einem anderen Migliedstaat lebt, hat auf Grund von Art. 73 der Verordnung 1408/71 im Mitgliedstaat der Beschäftigung Anspruch auf eine Leistung wie das Erziehungsgeld" eindeutig beantwortet worden.

Der Arbeitnehmerbegriff kann daher von vornherein kein anderer als der damals festgelegte sein. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der EuGH nicht bestimmt, daß auch Beamte unmittelbar in den Arbeitnehmerbegriff des Anhanges I (C) einzubeziehen seien, ohne daß es einer erweiternden Rechtssetzung bedürfe.

Unerheblich für die hier zu treffende Entscheidung ist auch,daß der EuGH in den verbundenen Rechtssachen Hoever/Zachow dargestellt hat, beide Ehemänner der Klägerinnen erfüllten die Voraussetzungen des Anhanges I, Teil 1 -C- (vgl. Rdn. 29). Somit kann sich die Klägerin auch nicht auf die Entscheidung des Senats vom 22.08.1997 (L 13 Kg 80/96) berufen.

Dies erweist auch die anschließende rechtliche Entwicklung, die schließlich zur Einbeziehung der Beamten nach Ablauf des hier streitigen Bezugszeitraums geführt hat. Zu diesem Zeitpunkt war die EWGV 1408/71 gemäß Art.4 Abs. 4 nicht auf Sondersysteme für Beamte und ihnen Gleichgestellte anzuwenden. Damit sollten die Beamten und ihnen Gleichgestellte generell der Koordinierung durch die Verordnung entzogen und den Besonderheiten der für die Beamten in den Mitgliedstaaten geltenden Systeme Rechnung getragen werden. Erst mit dem Urteil in der Rechtssache Vougioukas - C-443/93- vom 22.11.1995 hat der EuGH darauf hingewiesen, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht die erforderlichen Maßnahmen erlassen habe, um den sachlichen Geltungsbereich der Verordnung auf die Sondersysteme der Beamten auszudehnen, so daß aufgrund des Art. 4 Abs. 4 eine erhebliche Lücke in der gemeinschaftsrechtlichen Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit bestehen bleibe (Rdnr. 31). Der EuGH war jedoch nicht der Auffassung, daß Art. 4 Abs. 4 EWGV 1408/71 wegen Verstoßes gegen Art. 48 und 51 des EG-Vertrages ungültig sei (Rdnr. 35). Er stellte lediglich fest, daß der Rat seiner Verpflichtung aus Art. 51 des EG-Vertrages nicht in vollem Umfang nachgekommen sei (Rdnr. 34). Das Fehlen jeglicher Koordinierung auf unbegrenzte Zeit sei nicht zu rechtfertigen (Rdnr. 33).

Dieser Verpflichtung ist der Gemeinschaftsgesetzgeber mit dem Erlaß der vom SG zitierten, am 25.10.1998 in Kraft getretenen EWGV 1606/98 des Rates vom 29.06.1998 nachgekommen. Der EuGH hat in seinem Urteil in der Rechtssache Nijhuis (C-360/97) vom 22.10.1997 hierzu ausgeführt, daß zwar für die davor liegende Zeit eine er hebliche Lücke in der gemeinschaftlichen Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit entstanden sei. Es sei jedoch zu berücksichtigen, daß der Rat bei der Wahl der Maßnahmen, die zur Erreichung des in Art. 51 des EG-Vertrages angestrebten Zieles am besten geeignet seien, über einen weiten Ermessensspielraum verfüge (Rdnr. 30).

In der EWGV 1606/98 wurden zunächst die Definitionen in den allgemeinen Vorschriften angepaßt. In den die einzelnen Leistungsarten betreffenden Kapiteln wurden teilweise Sonderbestimmungen auf genommen. Art. 4 Abs. 4 EWGV 1408/71 entfiel. Die Regelungen, die den Besonderheiten der jeweiligen Sondersysteme für Beamte Rechnung tragen, wurden lediglich in den Anhang VI aufgenommen. Insgesamt führte diese Einbeziehung aus deutscher Sicht noch nicht zu wesentlichen Änderungen (vgl. hierzu Schumacher in EuroAS 1998, 95ff, 97).

Entgegen der Auffassung des BSG im Urteil vom 24.06.1998 (B 14 KG 2/98 R in SozR 3-5870 § 2 Nr. 40) ist eine umfassende EG-rechtliche Gleichstellung von Beamten, die Angehörige eines Mitgliedstaates der EG sind, mit den anderen Arbeitnehmern, nicht bereits mit der am 25.10.1998 in Kraft getretenen EWGV 1606/98 vom 29.06.1998 erfolgt.

Das ist erst durch die EWGV Nr. 1399/1999 des Rates vom 29.04.1999 geschehen. Darin ist der auch der Anhang I, Teil I, Abschnitt C (Deutschland) - geändert worden. Er hat hinsichtlich der Arbeitnehmerdefinition folgende Fassung erhalten:

Ist ein deutscher Träger der zuständige Träger für die Gewährung der Familienleistungen gemäß Titel III Kapitel 7 der Verordnung, so gilt im Sinne des Artikels 1 Buchstabe a) Ziffer ii) der Verordnung a) als Arbeitnehmer, wer für den Fall der Arbeitslosigkeit pflichtversichert ist oder im Anschluß an diese Versicherung Krankengeld oder entsprechende Leistungen erhält oder wer als Beamter aus dem Beamtenverhältnis eine Besoldung mindestens in dem Umfang erhält, der bei einem Arbeitnehmer zu einer Pflichtversicherung gegen Arbeitslosigkeit führen würde; ... Diese Verordnung ist am 01.09.1999 in Kraft getreten (Art. 3 Abs. 1). Eine besondere Übergangsregelung, wie zu der EWGV 1606/98 (Art. 95 c), fehlt. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß hat in der Stellungnahme gemäß Art. 198 EG-Vertrag vom 27.01. 1999 darauf auch besonders hingewiesen (vgl. Nr. 3.1.1.3 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1999, C 101/41).

Der Vorgang erweist, daß der Rat weder eine rückwirkende Einbe ziehung der Beamten für den Geltungsbereich von Familienleistungen durch einen deutschen Träger gemäß EWGV 1408/71 Titel III Kapitel 7 und Art. 4 Abs. 1 Buchst. a beschlossen hat noch daß diese sich aus den genannten Urteilen des EuGH vom 22.11.1995 und 10.10.1996 herleiten läßt. Unmittelbar auf Art. 48 und 51 des EG-Vertrages gestützte Anträge auf Leistungen mußte der innerstaatliche Träger bis zum Erlaß der Koordinierungsmaßnahmen für die Sondersysteme für Beamte auf Gemeinschaftsebene auch nicht erfüllen (Urteil des EuGH in der Rechtssache Nijhuis vom 22.10.1997, C-360/97, Rdnr. 30).

Schließlich ist, wie bereits dargelegt, die Rechtsprechung des EuGH nicht unter den erforderlichen Grundrechtsstandard abgesunken (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht - BVerfGE 73, 339 ff., 376-389; 89, 155; sowie Beschlüsse vom 07.06.2000 - 2 BvL 1/97 - und vom 09.01.2001 - 1 BvR 1036/99 -) ...wird ausgeführt ...

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Wegen des Zusammenhangs mit europarechtlichen Vorschriften, Artikel 177 EWG-Vertrag, läßt der Senat gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Revision zu.
Rechtskraft
Aus
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