L 2 U 406/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 U 5016/00 L
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 406/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 367/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 28. November 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Anerkennung einer Rotatorenmanschettenruptur als Folge eines Arbeitsunfalls und deren Entschädigung.

Der Kläger begab sich am 15.01.1999 zu seinem Hausarzt und gab dort an, während der Reparatur einer Anlegekette sei ihm ein Rind an die rechte Schulter gesprungen. Der Erstbefund ergab eine schmerzhafte Abduktion des rechten Oberarms, keinen Frakturhinweis und keinen Gelenkserguss. Einen Bericht an die Beklagte erstellte der Arzt nicht, da er primär eine degenerative Schultergelenkserkrankung annahm. Am 31.05.1999 gab der Kläger gegenüber der Landwirtschaftlichen Krankenkasse an, der Unfall habe sich am 09.12.1998 ereignet und zu einer schweren Prellung mit Bluterguss an der rechten Schulter geführt. Eine entsprechende Unfallanzeige erstatte er am 24.06.1999 bei der Beklagten.

Eine am 10.06.1999 durchgeführte Kernspintomographie ergab eine ansatznahe Supraspinatussehnenruptur, die am 21.06.1999 mit Schulterarthroskopie operativ versorgt wurde. Der beratende Arzt der Beklagten, der Chirurg Dr.von S. hielt nach der Unfallschilderung einen ursächlichen Zusammenhang des Unfalls mit der Rotatorenmanschetten-Ruptur für unwahrscheinlich. Ein von der Beklagten eingeholtes Gutachten des Chirurgen Prof.Dr. B. , Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik M. , vom 23.11.1999 kam ebenfalls zu diesem Ergebnis. Die beim Kläger vorgefundenen Körperschäden seien ausschließlich degenerativer Natur. Die seit dem 09.12.1998 anhaltende Beschwerdesymptomatik gehe auf einen chronischen Reizzustand des Schultergelenkes zurück, dessen wesentliche Teilverursachung durch die fortgeschrittenen Gewebeaufbrauchschäden gegeben gewesen sei. Der Kläger hatte eine unveränderte Unfallschilderung gegeben, im Gutachten ist jedoch zusätzlich erwähnt, dass ein Sturz auf den im Ellenbogengelenk gebeugten rechten Arm erfolgt sei. Zur näheren Begründung seines Ergebnisses führte der Sachverständige aus, eindeutig anlagebedingt und unfallfremd vorbestehend sei die am 21.06.1999 operativ behandelte Schultergelenksarthrose gewesen. Durch einen Anprall auf die Schulterrückseite könne weder ein Riss der langen Bizepssehne noch ein Riss der Supraspinatussehne noch eine sogenannte SLAP-Läsion am Bizepssehnenanker eintreten. Diese Tatsache sei wissenschaftlich unumstritten. Auch der Sturz auf den nach vorne oder zur Seite im Ellenbogengelenk gebeuten Arm sei nicht geeignet gewesen, eine Ruptur der Supraspinatussehne zu verursachen. Auch diese Ansicht sei wissenschaftlich unumstritten. Das Ereignis vom 09.12.1998 sei die Gelegenheit gewesen, anläßlich derer die vorbestehenden Aufbrauchschäden am Schultereckgelenk, an der Supraspinatussehne, an der Bizepssehne und an der faserknorpeligen Gelenklippe erstmals und dann nachhaltig mit Krankheitsmerkmalen zutage getreten seien.

Mit Bescheid vom 26.01.2000 lehnte es die Beklagte ab, die Beschwerden des Klägers in der rechten Schulter (Rotatorenmanschattenriss) als Folge des Ereignisses vom 09.12.1998 anzuerkennen und zu entschädigen. Den Widerspruch des Klägers, in dem dieser unter anderem angab, er habe nach dem Unfall weitergearbeitet und vorher keine entsprechenden Beschwerden gehabt, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09.05.2000 als unbegründet zurück.

Im anschließenden Klageverfahren hat der Kläger beantragt, die Rotatorenmanschettenverletzung mit Kraftlosigkeit im rechten Arm als Unfallfolge in rentenberechtigendem Grade anzuerkennen und Leistungen der Unfallversicherung zu gewähren.

Das Sozialgericht hat zunächst Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Orthopäden Dr.W. vom 09.11.2000. Der Sachverständige bestätigt im Einzelnen alle von dem Sachverständige Prof.Dr.B. angeführten Gesichtspunkte und kommt zum selben Ergebnis.

Zu einem anderen Ergebnis kommt der nach § 109 SGG auf Antrag des Klägers benannte Sachverständige, der Arzt für Orthopädie Dr.H. in seinem Gutachten vom 14.02.2001. Der Unfallhergang sei dergestalt, dass der operative, wie histologisch diagnostizierte Befund einer Rotatorenmanschettenläsion damit vereinbar sei, auch wenn dies von Prof.Dr.B. abgelehnt werde. Dabei sei nicht ausschlaggebend, ob sich der Versicherte am gleichen oder nächsten Tag in Behandlung begeben habe. Rotatorenmanschettenverletzungen dieser Art könnten bei entsprechend hoher Schmerzgrenze durchaus toleriert werden. Vom Versicherten werde auf jeden Fall glaubhaft eine Hämatomverfärbung und Schwellung im Bereich des Schultergelenks und ablaufend in den Oberarm in den nächsten Tagen und Wochen beschrieben. Es sei darüber hinaus bei nicht nachvollziehbarem Unfallhergang auch klinisch und gutachterlich nicht nachzuvollziehen, welche Teile der Rotatorenmanschette bei dem Huftritt selbst bzw. dann bei dem Sturz nach vorne auf die im Ellbogen gebeugte und im Schultergelenk retrovertierte obere Extremität lädiert worden seien. Hinzukomme, dass seitens des Versicherten keine Aussagen zur Rotation der oberen Extremität im Schultergelenk zum Unfallzeitpunkt gemacht würden, so dass letztendlich bei dem Unfall alle Teile der Rotatorenmanschette hätten verletzt werden können. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum seitens der BG-Begutachtung die aktenkundigen Stellungnahmen sowohl des Operateurs als auch des Pathologen bezüglich traumatischer Anamnese und Unfallzusammenhang außer Acht gelassen würden. Die anzunehmenden degenerativen Veränderungen des Klägers hätten bis zum Unfallzeitpunkt offensichtlich überhaupt keine Rolle gespielt. Der Kläger sei bis dahin weder beim Hausarzt noch beim Facharzt wegen Schulterbeschwerden vorstellig geworden. Ende Oktober 1999, zu dem Zeitpunkt, als der Kläger arbeitsfähig geworden war, habe eine rentenberechtigende MdE auf jeden Fall noch vorgelegen.

Dem gegenüber wendet der von der Beklagten gehörte Orthopäde Dr.G. unter anderem ein, der intraoperative Befund und die- einen Hinweis auf eine sogenannte traumatische Schädigung geben, sechs Monate nach dem Ereignis sei dies nicht mehr möglich. Stand der wissenschaftlichen Diskussion sei auch, dass Stürze oder Anstossen mit direkter Prellung der Schulter nicht in der Lage seien, mit Wahrscheinlichkeit eine Verletzung der Rotatorenmanschette herbeizuführen.

Hierzu führt Dr.H. in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 09.05.2001 aus, es sei richtig, dass die Aussagefähigkeit des Operateurs wie der Histologie mit zeitlichem Abstand abnehme. Im vorliegenden Fall sei allerdings der Befund offensichtlich so deutlich und der Abstand noch nicht so groß, dass durchaus eine eindeutige Stellungnahme möglich sei. Bei dem Unfall des Klägers sei es zu einer indirekten Verletzung durch den Sturz auf den rechten Arm gekommen, wobei der Kläger versucht habe, den Sturz zu verhindern. Wie hierbei die Rotationsstellung des Armes gewesen sei und wie weit eine achsiale Stauchung des Oberarms in der Schulterpfanne und unter dem Acromion stattgefunden habe, speziell in welcher Rotationsstellung, lasse sich im Nachhinein nicht mehr konstruieren. Grundsätzlich sei nach menschlichem Ermessen eine Stauchung des Oberarms im Gelenk nach subakromial höchstwahrscheinlich. Da die betroffene Muskulatur, die Rotatorenmanschette, zwischen Oberarmkopf und Acromion liege, sei davon auszugehen, dass sie dabei oben verletzt worden sei. Die von Dr.G. genannte Auflistung der Gesichtspunkte für eine Rotatorenmanschettenläsion sei nach seiner Ansicht insofern unvollständig, als die sprichwörtliche Indolenz der Landwirte nicht aufgenommen sei. Die Schmerzschwelle und die Schwelle den Arzt aufzusuchen, speziell bei der ländlichen Bevölkerung bei selbständig tätigen Landwirten, sei extrem hoch. Der Kläger habe angegeben, dass eine Schwellung, Hämatomverfärbung, ein Kraftverlust, gepaart mit entsprechender Bewegungs- und Ruheschmerzhaftigkeit aufgetreten sei, er aber zunächst abgewartet habe, ob sich die Symptomatik nicht von selber lege.

In der Sitzung vom 14.08.2001 hat der Kläger eine ausführliche Unfallschilderung geben. Zum unmittelbaren Unfallgeschehen ist nur angegeben, dass ein Jungrind von der linken Seite kommend auf seine rechte Schulter gesprungen sei. In der Folge sei ein Armanheben seit dem Abend nur noch unter großen Schmerzen möglich gewesen. Er habe aber weiter gearbeitet, wenn auch mit Schmerzen und ohne Anhebung des Arms über die Waagerechte.

Das Sozialgericht hat daraufhin ein Gutachten von dem Othopäden Prof.Dr.G. vom 09.08.2002 eingeholt. Dort hat der Kläger die bereits vorher ausgeführte Unfallschilderung gegeben, allerdings ergänzt um die Aussage, das aufspringende Rind habe ihn gegen die vordere Begrenzung des Viehstandes (ca. 40 cm hoher Futterbarren) gedrückt. Der Sachverständige stellt fest, natürlich bestünden durch die fehlende Fremdanamnese und fehlende primäre Befunddokumentation durch einen Arzt objektive Anhaltspunkte zur Symptomatik, um den vollständigen Nachweis einer traumatisch bedingten Rotatorenmanschettenruptur zu führen. Das vom Kläger angegebene Auftreten eines großen Hämatoms zentral über der Schulter sei ein Befund, der häufig mit einer Bizepssehnenruptur bzw. -teilruptur oder einer Rotatorenmanschettenruptur bzw. -teilruptur einhergehe. Die passive, forcierte Außen- oder Innenrotation bei anliegendem oder abgespreiztem Oberarm zähle zu den potentiell geeigneten Verletzungsmechanismen der Rotatorenmanschette. Nach den Ausführungen des Klägers zum Unfallmechanismus sei er nach vorne gegen den Futtertrog gedrängt worden und habe sich dort natürlicherweise abstützen müssen gegen das große Gewicht und die Kraft des Rindes. Dies stelle eine Situation dar, in der ohne weiteres das notwendige Ausmaß an Gewalt auftreten könne, unter der bei dem beschriebenen Verletzungenmechanismus vorliegende Verletzung auftreten könne. Der vom Kläger beschriebene sofortige Riss und die Schmerzen im Arm sowie die Schwäche in der Abduktion würde dem geforderten Spontanverlauf bei einer traumatischen Rotatorenmanschettenruptur entsprechen. Allerdings liege sechs Monate kein ärztlicher Befund vor. Im präoperativen Befund sei ein Impingement und eine Abduktionsschwäche beschrieben, ebenso wie eine Ruptur der Supraspinatussehne im intraoperativen Befund. In den histologischen Befundbeurteilungen sei von einer Situation passend zu einer älteren Rotatorenmanschettenruptur zu lesen. Wenn man den Ausführungen des Klägers Glauben schenke, sei sowohl der Unfallmechanismus grundsätzlich geeignet, um eine Rotatorenmanschettenruptur und auch SLAP-Läsion auszulösen. Auch das intraoperative Erscheinungsbild und der histologische Befund sprächen für eine traumatische Genese bzw. würden diese nicht ausschließen. Natürlich sei dies sechs Monate nach dem Unfall nur noch mit eingeschränkter Aussagekraft beweisbar, wie im Gegengutachten richtig ausgeführt. Nach Meinung des Sachverständigen habe hier eine erhöhte willkürliche Kraftanstrengung am Schultergelenk über den beschriebenen Unfallmachanismus zu einer traumatischen Ruptur als wesentlicher Teilursache geführt, obwohl auch degenerative Veränderungen vorgelegen hätten. Diese hätten jedoch bis dahin keine Beschwerden verursacht. Zu den gegen einen Kausalzusammenhang sprechenden Kriterien ist weiter ausgeführt, dass das Alter das Klägers zwar jenseits des 50. Lebensjahres liege, das Vorerkrankungsverzeichnis jedoch leer sei. Ein Arztbesuch habe allerdings nicht innerhalb eines Monates stattgefunden, sondern eine Selbsttherapie. Als Landwirt sei der Kläger sicher in hohem Maße indolent und die Weihnachtsfeiertage und Silvester hätten dazwischen gelegen. Insofern liege auch kein objektiver unfallnaher Befund vor. Deshalb sei ein kausaler Zusammenhang des Unfallereignisses als rechtlich wesentliche Teilursache des Schadens höchstwahrscheinlich. Beweisschwierigkeiten ergäben sich lediglich durch die verzögerte ärztliche Vorstellung, da die letztlich vor der Operation festgestellten Befunde zwar ältere Befunde darstellten, welche nicht ganz sicher auf ein Trauma zurückgeführt werden könnten, jedoch auch nicht sicher dagegen sprächen. In der Beantwortung der Beweisfragen wird zusammenfassend ausgeführt, aufgrund des Unfallherganges sei ein Unfallmechanismus durchaus vorstellbar, der derartige Verletzungen auslösen könne. Durch direkte Krafteinwirkung auf die Schulter sei eine Verursachung der Rotatorenmanschettenruptur nicht denkbar. Dagegen könne es indirekt sehr wohl durch die Wucht des großen Gewichtes, gegen die sich der Kläger wehren bzw. abstützen habe müssen, zu einer starken Belastung in ungünstiger Position und zu der streitgegenständlichen Verletzung kommen. Wie bereits in Zusammenfassung und Beurteilung ausgeführt, lasse sich der genaue Hergang des Unfallmechanismus aus den verschiedenensten, hier auch genannten Gründen häufig nicht rekonstruieren.

Im Einverständnis mit den Parteien hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid entschieden und am 28.12.2002 die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Rotatorenmanschettenruptur des Klägers sei nicht auf den Unfall zurückzuführen, der bewiesene Unfallmechanismus sei hierfür ungeeignet gewesen. Die Angaben des Klägers beim Sachverständigen Prof.Dr.G. hat das Gericht als nicht glaubhaft angesehen, weil sie vor der gutachterlichen Untersuchung nicht vorgebracht worden seien und der Kläger bei der gerichtlichen Anhörung sichtlich Wert auf eine genaue Schilderung gelegt habe. Aber auch wenn seine Schilderung als bewiesen zugrunde zu legen sei, sei der Ursachenzusammenhang nicht zu begründen. Nach den Feststellungen sämtlicher Sachverständiger hätten beim Kläger degenerative Vorschäden vorgelegen und die für das Vorliegen einer traumatischen Rotatorenmanschettenruptur notwendigen Kriterien seien im Fall des Klägers nicht erfüllt. Die Gerichtsentscheidung stützt sich dabei im wesentlichen auf die entsprechenden Ausführungen in Schönberger-Mehrtens-Valentin "Arbeitsunfall und Berufskrankheit".

Der Kläger hat hiergegen Berufung eingelegt und beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 28. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 26.01.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.05.2000 eine Rotatorenmanschettenverletzung mit Kraftlosigkeit im rechten Arm als Folge des Arbeitsunfalls vom 09.12.1998 anzuerkennen und die gesetzlichen Leistungen hieraus zu gewähren.

Er stützt sich hierbei im wesentlichen auf die Gutachten der Sachverständigen Dr.H. und Prof.Dr.G. und rügt, dass sich das Sozialgericht auf eigene medizinische Erwägungen gestützt habe. Der Unfall habe sich so ereignet, wie beim Sachverständigen Prof.Dr.G. geschildert.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter einverstanden erklärt.

Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akte der Beklagten und die Akte des Sozialgericht Augsburg in dem vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Kläger form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet, denn die Rotatorenmanschettenverletzung des Klägers ist nicht nachweislich Folge des Unfalls vom 09.12.1998 und die Beklagte ist deshalb auch nicht verpflichtet, ihretwegen Leistungen zu erbringen.

Die Feststellung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls nach § 55 Abs.1 Nr.3 SGG und deren Entschädigung nach § 1 Nr.7 SGB VII setzt nach § 8 Abs.1 SGB VII voraus, dass der Gesundheitsschaden Folge eines Arbeitsunfalles ist. Mit Ausnahme des Ursachenzusammenhanges, für den die Beweisanforderung der Wahrscheinlichkeit ausreichend ist, bedürfen alle rechtserheblichen Tatsachen des vollen Beweises dergestalt, dass sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorgelegen haben müssen (vgl. BSGE 45, 285). Dies betrifft in erster Linie den Unfallvorgang selbst. Der die Annahme eines Unfalls begründende Sachverhalt muss in vollem Umfang bewiesen sein, des gleichen alle für die Beurteilung des Ursachenzusammenhangs erheblichen Tatsachen. Lassen sich die für die Annahme einer wesentlichen Ursache notwendigen Tatsachen nicht in vollem Umfang beweisen, trägt das Risiko dieses Mißlingens derjenige, der seinen Anspruch auf diese Tatsache stützt (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG 7.Auflage, § 103 RdNr. 19 ff. mit weiteren Nachweisen).

Im vorliegenden Fall sind die für die Annahme einer wesentlichen Ursache notwendigen Tatsachen nicht in vollem Umfang bewiesen. Im Ergebnis gehen alle mit dem Vorgang befaßten medizinischen Sachverständigen davon aus, dass die unmittelbare Gewalteinwirkung auf die Schulter des Klägers nicht geeignet war, eine Rotatorenmanschettenläsion hervorzurufen und insoweit ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und der später festgestellten Rotatorenmanschettenruptur nicht begründet werden kann. Soweit die gehörten Sachverständigen nicht ohnehin einen Ursachenzusammenhang für nicht wahrscheinlich erachten (Dr.von S. , Prof.Dr.B. , Dr.W. und Dr.G.), halten sie eine bestimmte Gewalteinwirkung auf den Arm des Klägers und dessen Weiterleitung an die Rotatorenmanschette für denjenigen Vorgang, der geeignet gewesen sei, die später festgestellte Rotatorenmanschettenverletzung hervorzurufen und dies mit Wahrscheinlichkeit auch getan habe (Dr.H. und Prof. Dr.G.). Die von letzteren Sachverständigen geforderte spezifische Einwirkung ist jedoch nicht bewiesen. Das Sozialgericht hat in seiner Beweiswürdigung insoweit zu Recht Zweifel angemeldet. Dem Gutachten des Prof.Dr.B. ist die Angabe des Klägers zu entnehmen, er sei auf den im Ellenbogengelenk gebeugten rechten Arm gestürzt. Der Anhörung des Klägers durch das Sozialgericht ist überhaupt keine Beteiligung des Arms zu entnehmen, wobei nach den Ausführungen des Sozialgerichts dem Kläger um eine möglichst detaillierte Schilderung zu tun gewesen war. Der Schilderung beim Sachverständigen Prof.Dr. G. ist lediglich zu entnehmen, das aufspringende Tier habe den Kläger gegen die vordere Begrenzung des Viehstandes mit einer Höhe von ca. 40 cm gedrückt. Damit gibt es schon keine übereinstimmenden Angaben des Klägers mehr, auf die der Beweis eines konkreten Geschehensablaufes gestützt werden könnte und es ist nichts dafür ersichtlich, warum einer der drei Angaben bei der Beweiswürdigung der Vorzug zu geben wäre. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, denn was eine Einwirkung auf den Arm des Klägers betrifft, gibt es nur die Angabe beim Sachverständigen Prof.Dr.B. , der ebenso wie der Sachverständige Dr.W. insoweit einen Kausalzusammenhang mit der später gefundenen Rotatorenmanschettenläsion verneint. Die dem Kläger günstigsten Sachverständigengutachten benötigen ausweislich ihrer Gutachten bzw. der dabei in Bezug genommenen Literatur entweder eine Außen- oder Innenrotation oder eine achsiale Stauchung nach einer bestimmten Richtung, nicht jedoch einen einfachen Sturz nach vorn oder seitlich auf den Arm ohne starke Verdrehung oder forcierte Abduktion (Prof.Dr.G. , desgleichen Dr.H. in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 09.05.2001). Ein solcher Vorgang ist vom Kläger nie geschildert worden. Der Ablauf eines solchen Vorganges ist von den zuletzt genannten Sachverständigen auch nicht als feststehend dargestellt worden. Insoweit ergibt sich aus einer Reihe relativierender Formulierungen, dass diese Sachverständigen lediglich von der Möglichkeit eines solchen Ablaufes ausgehen können und im übrigen ist beiden Sachverständigen explizit zu entnehmen, dass sie den Ablauf im Falle des Klägers für nicht beweisbar halten. Es muss jedoch darüber hinaus in Würdigung ihrer Gutachten gesagt werden, dass sie über die Behauptung der Möglichkeit hinaus, keine konkrete forcierte Armbewegung des Klägers dargestellt haben, die ihrer Meinung nach geeignet gewesen wäre, den von ihnen im Ergebnis wiederum dargestellten Verletzungsmechanismus in Gang zu setzen.

Auf die Abwägung der übrigen medizinischen Gesichtspunkte, die für und gegen den angenommenen Kausalzusammenhang im vorliegenden Fall sprechen würden, kommt es damit nicht mehr an.

Die Berufung hatte deshalb keinen Erfolg.

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass der Kläger in beiden Rechtszügen nicht obsiegt hat.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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