S 3 KA 49/01

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 3 KA 49/01
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Abweisung

Tatbestand:

Strittig ist die Rechtmäßigkeit der Schiedsamtsentscheidung zur Höhe des Gesamtvergütungsanteils für psychotherapeutische Leistungen für das Jahr 2000.

Kläger sind die Verbände der Ersatzkassen, Beklagter das Landesschiedsamt für die vertragsärztliche Versorgung Hamburg (nachfolgend ´Schiedsamt`), Beigeladene die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg als Vertragspartnerin der Kläger. Für das Jahr 1999 hatten die Vertragspartner die Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen einvernehmlich als Anlage I zum Gesamtvertrag vereinbart und nach Art. 11 EinfG-PsychThG eine höchstzulässige Gesamtvergütung bestimmt (HÄB 1999, S. 570 f.). Die nach Art. 11 EinfG-PsychThG bestimmte Gesamtvergütung von DM 56.569.052, 87 wurde in 1999 nicht ausgeschöpft, sondern mit DM 53.658.996, 12 um DM 3.075.573, 72 unterschritten.

Nachdem eine vertragliche Vereinbarung der Gesamtvergütungen für das Jahr 2000 gescheitert war, rief die Beigeladene am 11.9.2000 das Schiedsamt an und beantragte, den 7. Nachtrag zum Gesamtvertrag vom 18.4.1996 entsprechend dem als Anlage 1 beigefügten Entwurf festzusetzen. Dieser beinhaltete im wesentlichen eine Zugrundelegung der Gesamtvergütung des Jahres 1999 für psychotherapeutische Leistungen (an Stelle des tatsächlichen Ausgabenvolumens) zuzüglich einer Steigerung um 1, 43 %. Mit Schriftsatz vom 25.10.2000 nahmen die Kläger zum Antrag der Beigeladenen Stellung und beantragten zugleich, festzustellen, dass die psychotherapeutischen Leistungen in die mitgliederbezogene Kopfpauschale der jeweiligen Ersatzkasse für vertragsärztliche Leistungen für das Jahr 2000 einzurechnen seien und dass auf der Basis der Vergütung des Jahres 1999 nur das Ausgabenvolumen für psychotherapeutischen Leistungen für das Jahr 2000 weiterentwickelt werden könne. Der als Anlage 7 eingereichte Vereinbarungsentwurf sah unter anderem als Basis der Berechnung den Leistungsbedarf des Jahres 1999 und dessen Multiplikation mit dem durchschnittlichen Punktwert psychotherapeutischer Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen in Hamburg des Jahres 1999 vor. Bezüglich des weiteren Inhalts der Anträge und der jeweiligen Begründungen wird auf die Sachverhaltsdarstellung des Schiedsspruches vom 30.11.2000 sowie auf die Antragsschriften vom 5.9.2000 bzw. vom 25.10.2000 und die ihnen beigefügten Anlagen Bezug genommen.

Mit dem aufgrund der mündlichen Verhandlung am 30.11.2000 gefassten (und unter dem Datum 14.12.2000 abgefassten) Beschluss (´Schiedsspruch`) hat das beklagte Schiedsamt entschieden, dass die Gesamtvergütung (der Gesamtvergütungsanteil) für psychotherapeutische Leistungen für das Jahr 2000 quartalsweise als Kopfpauschalenanteil ermittelt wird und sich wie folgt zusammensetzt: 1.1Das Vergütungsvolumen der Ersatzkassen nach Anlage I Nr. 5 wird quartalsweise durch die Mitglieder der Ersatzkassen mit der Maßgabe dividiert, dass der nach Art. 21 § 1 GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 (GKV-GRG 2000) zu berücksichtigende Anteil der kopfpauschalierten Gesamtvergütung (für das Jahr 1999) für die Entwicklung der Gesamtvergütung im Beitrittsgebiet zur Verfügung gestellt wird, soweit dieser nicht bereits in der Honorarvereinbarung für das Jahr 2000 berücksichtigt wurde. Der VdAK/AEV setzt sich dafür ein, dass die Gesamtvergütung im Beitrittsgebiet entsprechend weiter entwickelt wird. 1.2Die so ermittelten Beträge werden um 1, 2 % erhöht. 1.3Die so errechneten Kopfpauschalen werden mit den Mitgliedern des Abrechnungsquartals multipliziert und ergeben die Gesamtvergütungsanteile der Ersatzkassen für psychotherapeutische Leistungen im Jahre 2000. 1.4Die Kopfpauschalenanteile für psychotherapeutische Leistungen werden in einer Protokollnotiz zu dieser Vereinbarung aufgeführt.

Zur Begründung hat das beklagte Schiedsamt ausgeführt, es sei weitgehend dem Antrag der Beigeladenen gefolgt, habe allerdings unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität wie auch des - in hohem Maße zu Lasten der Kläger gehenden - Risikostrukturausgleichs keine (höchstzulässige) Erhöhung um 1, 43 %, sondern nur von 1, 2 % zuerkannt. Im übrigen sei es gerechtfertigt, nicht das tatsächlich in 1999 eingetretene Ausgabenvolumen, sondern die für 1999 errechnete Gesamtvergütung nach Art. 11 EinfG-PsychThG zugrunde zu legen, da 1999 als untypisches Jahr angesehen werden müsse. Dies zeige der Anstieg der Leistungsmenge im Laufe des Jahres 1999 wie auch im Vergleich der Quartale I/99 zu I/00, welcher nicht auf das Verhalten der Psychotherapeuten zurückzuführen sei, wie die zugleich nur minimale Steigerung bei den probatorischen Sitzungen belege. Dies belege auch die Entwicklung bei den Primärkassen, bei denen – nach restriktiverer Praxis in der Vergangenheit – mit Inkrafttreten des PsychThG exorbitante Steigerungen eingetreten seien. Der Vorschlag der Kläger, den Leistungsbedarf mit dem durchschnittlichen Punktwert der Krankenkassen in Hamburg des Jahres 1999 zu multiplizieren, finde keine gesetzliche Basis. Hinsichtlich der übrigen strittigen Punkte im Antrag der Beigeladenen sei in der Verhandlung am 30.11.2000 Einigung erzielt worden. Ergänzend wird auf den Beschluss vom 30.11.2000 Bezug genommen.

Gegen den am 19.12.2000 zugestellten Schiedsspruch haben die Kläger am 18.1.2001 Klage erhoben. Zur Begründung haben sie mit Schriftsatz vom 9.8.2001 ausgeführt, dass Schiedsamt habe mit seiner Entscheidung den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten, indem es rechtsfehlerhaft von dem nach Art. 11 EinfG-PsychThG errechneten, höchstens für die Vergütung psychotherapeutischer Leistungen zur Verfügung stehenden Ausgabenvolumen des Jahres 1999 statt von dem – um 3.075.573, 72 DM niedrigeren – tatsächlichen Ausgabenvolumen ausgegangen sei. Die Vermutung der Angemessenheit einer höchstzulässigen Gesamtvergütung werde im Nachhinein dadurch widerlegt, dass die tatsächlichen Ausgaben unterhalb der Obergrenze lägen. Die Entscheidung widerspreche dem Wirtschaftlichkeitsgebot, dem Grundsatz der Beitragssatzstabilität und dem Gebot der Angemessenheit der Vergütung. Desweiteren sei fraglich, ob die Bildung von Teilkopfpauschalen zulässig gewesen sei.

Mit weiteren Schreiben vom 22.11.2001 und vom 6.3.2002 haben die Kläger ergänzend ausgeführt, dass unabhängig davon, ob 1999 ein Ausnahmejahr gewesen sei, Art. 11 EinfG-PsychThG eine Übergangsregelung des Ausgabenvolumens beinhalte, welche eindeutig auf die besondere Situation des Jahres 1999 eingehe. Die Norm habe aufgrund der besonderen Situation eine Obergrenze festgelegt und damit klargestellt, dass sich die Höhe der Vergütung nach dem Maß des Notwendigen richten solle und lediglich nach oben hin begrenzt worden sei. Da das Gesetz selbst von einer höchstzulässigen Vergütung spreche, spreche dies dafür, dass der Gesetzgeber die Bemessung der notwendigen Vergütung, also auch die Festlegung der Basis für Vergütungsfortschreibungen, habe flexibel gestalten wollen. Ergänzend wird den weiteren Inhalt der Schriftsätze vom 9.8.2001, 22.11.2001, 29.11.2001 und 6.3.2002 Bezug genommen.

Die Kläger beantragen,

den Beschluss des beklagten Schiedsamtes vom 30.11.2000 aufzuheben und das Schiedsamt zu verurteilen, einen neuen Beschluss unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu erlassen.

Das beklagte Schiedsamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat es mit Schriftsatz vom 21.2.2001 zunächst auf den Inhalt des Schiedsspruches vom 30.11.2000 Bezug genommen und mit weiteren Schriftsätzen vom 5.10.2001 und 30.1.2002 ausgeführt, es sei nochmals hervorzuheben, dass 1999 hinsichtlich psychotherapeutischer Leistungen ein Ausnahme- und Übergangsjahr gewesen sei; dies belege insbesondere das Zahlenmaterial der Anlage 3 des Antrages der Beigeladenen. Der Gesetzgeber habe für die Berechnung der in Art. 11 EinfG-PsychThG für das Jahr 1999 festgelegten Obergrenze Zahlen zugrunde gelegt, die seiner Ansicht nach den Bedarf darstellten, also notwendig gewesen seien. Daher habe das Schiedsamt sie auch für das Jahr 2000 zugrunde legen können, nicht jedoch – wegen der besonderen Verhältnisse des Jahres 1999 – das tatsächliche Ausgabenvolumen. Art. 11 EinfG-PsychThG lasse nicht erkennen, dass die Anlaufschwierigkeiten beim Zulassungsverfahren Berücksichtigung gefunden hätten, sondern allenfalls, dass die Gefahr gesehen worden sei, dass das gesetzliche Ausgabenvolumen nicht ausreichen werde. Ergänzend wird auf die Schriftsätze vom 5.10.2001 und 30.1.2002 (nebst Anlagen) Bezug genommen.

Das Gericht hat die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg beigeladen. Die Beigeladene beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung hat sie sich mit Schriftsatz vom 9.11.2001 zunächst die Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 5.10.2001 zu eigen gemacht und zur Bildung von Teilkopfpauschalen auf die Nr. 1.8 der zwischen der Beigeladenen und den Klägern geschlossenen Honorarvereinbarung für das Jahr 2000 verwiesen. Mit weiterem Schriftsatz vom 8.1.2002 hat die Beigeladene ausgeführt, dass das Schiedsamt das Leistungsgeschen im Jahr 1999 sehr deutlich beschrieben und daraus zutreffende Schlussfolgerungen gezogen habe. Die Gesamtsumme der im Jahr 1999 erbrachten psychotherapeutischen Leistungen sei nicht das Maß des für Ersatzkassenversicherte Notwendigen gewesen. Das Schiedsamt habe sich an der realen Entwicklung der Versorgungsrealitäten im Jahre 1999 orientiert und die der ratio des Art. 11 EinfG-PsychThG am meisten entsprechende Entscheidung getroffen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Prozessakte sowie die im Antragsverfahren eingereichten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Beschluss des beklagten Schiedsamtes ist rechtmäßig.

Formell-rechtliche Bedenken gegen den Schiedsspruch sind weder vorgetragen worden noch erkennbar. Entgegen der Auffassung der Kläger ist der Beschluss des Schiedsamtes aber auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.

Dem Schiedsamt kommt nach ständiger Rechtsprechung des BSG, der die Kammer folgt, bei der Festsetzung des Inhalts eines Gesamtvertrages über die vertragsärztliche Versorgung gemäß § 89 Abs. 1 SGB V ein weiter Beurteilungsspielraum zu; seine Vertragsgestaltungsfreiheit, die der gerichtlichen Nachprüfung Grenzen setzt, ist nicht geringer als diejenige der Vertragspartner bei einer im Wege freier Verhandlungen erzielten Vereinbarung (vgl. Urteil des BSG vom 10.5.2000, B 6 KA 20/99 R S. 15/16 m.w.N.). Die gerichtliche Kontrolle ist dementsprechend auf die Prüfung beschränkt, ob der Entscheidung zutreffend ermittelte Tatsachen zugrunde gelegt worden sind, ob das Schiedsamt die Grenzen des ihm zustehende Beurteilungsspielraums eingehalten und sein Gestaltungsermessen sachgerecht ausgeübt hat (BSG a.a.O.).

Dies ist vorliegend der Fall. Die Zugrundelegung des ´gesetzlichen` Ausgabenvolumens des Jahres 1999 an Stelle des tatsächlichen Ausgabenvolumens hält sich im Rahmen des dem Schiedsamt zustehenden Gestaltungsspielraums, da es keinen Rechtssatz gibt, der die Zugrundelegung der Ist-Zahlen des Jahres 1999 verbindlich vorschreibt.

Das Gesetz beantwortet die Frage, auf welcher Basis Veränderungen der Gesamtvergütungen zu vereinbaren sind, nicht. Es bestimmt in § 85 Abs. 3 Satz 1 SGB V lediglich, dass die Vertragsparteien des Gesamtvertrages die Veränderungen der Gesamtvergütungen unter Berücksichtigung der Praxiskosten, der für die ärztliche Tätigkeit aufzuwendenden Arbeitszeit sowie der Art und des Umfangs der ärztlichen Leistungen, soweit sie auf einer gesetzlichen oder satzungsmäßigen Leistungsausweitung beruhen, zu vereinbaren haben. Zudem bestimmt § 85 Abs. 3 Satz 2 SGB V, dass bei der Vereinbarung der Veränderungen der Gesamtvergütungen der Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 71) in Bezug auf das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen zu beachten ist. Der Begriff ´Ausgabenvolumen` in § 85 Abs. 3 Satz 2 SGB V ist keineswegs zwingend auf die tatsächlich getätigten Ausgaben zu beziehen, da die Gesamtvergütung als solche gesetzlich als ´Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen` definiert wird (§ 85 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Auch § 71 Abs. 2 Satz 1 SGB V spricht nur von ´Veränderung der jeweiligen Vergütung`, ohne den Begriff der Vergütung zu präzisieren.

Im Regelfall ist die für das vorangegangene Jahr vereinbarte Gesamtvergütung Basis für Veränderungen, da diese den von den Parteien (seinerzeit) prospektiv erwarteten Bedarf wiedergibt. Ihr steht daher die Vermutung der Angemessenheit zur Seite. Wird andererseits die vereinbarte Gesamtvergütung nicht ausgeschöpft, könnte dies grundsätzlich einen niedrigeren Bedarf als prospektiv angenommen widerspiegeln und Veranlassung dafür sein, die Annahmen der Vereinbarung zu hinterfragen. Der tatsächlichen Ausgabenentwicklung kommt jedoch nur dann Gewicht zu, wenn diese eine durch eine Veränderung des Leistungsbedarfs der Versicherten sachlich begründete, anhaltende Entwicklung widerspiegelt (etwa wenn die nicht vorausgesehene Einführung einer Praxisgebühr dazu führte, dass Vertragsärzte signifikant seltener in Anspruch genommen würden), nicht aber wenn es sich um einen atypischen Verlauf handelt.

Die Ausgabenentwicklung im Jahr 1999 beruhte jedoch keineswegs auf einer geänderten Bedarfssituation, sondern wurde wesentlich durch Sonderfaktoren auf der Leistungserbringerseite mitbestimmt. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass eine Einbeziehung der Psychologischen Psychotherapeuten in die vertragsärztliche Versorgung zwar zum 1.1.1999 erfolgte, den Zulassungsausschüssen aber durch § 95 Abs. 10 Satz 2 bzw. Abs. 11 Satz 2 SGB V eine Frist zur Entscheidung über die Zulassungsanträge bis zum 30.4.1999 eingeräumt war. Da zudem die – eine Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit ermöglichende - Übergangsregelung des Art. 10 EinfG-PsychThG nach zutreffender Ansicht nur auf Delegationspsychotherapeuten, nicht aber auf Kostenerstattungstherapeuten Anwendung fand (siehe hierzu Engelhard, VSSR 2000, S. 317, 321 m.w.N.), waren bereits aus diesem Grunde zahlreiche vormalige Kostenerstattungstherapeuten im Quartal I/99 in ihrer Tätigkeit zumindest eingeschränkt. Insbesondere aber ist gerichtsbekannt, dass es im Jahr 1999 – wiederum namentlich bei Kostenerstattungspsychotherapeuten - eine Vielzahl von Streitfällen über die (bedarfsunabhängige) Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung gab. Dies führte dazu, dass zahlreiche Psychotherapeuten mangels Zulassung erst in der zweiten Hälfte des Jahres 1999 oder erst im Jahr 2000 ihre Tätigkeit aufnehmen (bzw. fortsetzen) konnten, nachdem sie aufgrund einer (zunächst) großzügigen Auslegung des Begriffes der ´Teilnahme` durch die Gerichte bzw. den Berufungssausschusses eine Zulassung erhalten hatten.

Belegt wird diese Entwicklung zum einen durch die von der Beigeladenen vorgelegten Zahlen zur Anzahl der Leistungserbringer (Quartal I/99: 1.620, II/99: 1.683, III/99: 2.172, IV/99: 2.244 und I/00: 2.275), zum anderen zur Ausgabenentwicklung in den Quartalen 1999: danach wurde das ´gesetzliche` Ausgabenvolumen im Quartal I/99 um 1.849.121.- DM (= - 13, 43 %) unterschritten, im Quartal II/99 um 734.006.- DM (= - 5, 03 %) und im Quartal III/99 noch um 100.147.- DM (= - 0, 72 %); im Quartal IV/99 kam es demgegenüber bereits zu einer Überschreitung um 271.178.- DM (= 1, 88 %).

Eine Bindung des Schiedsamtes an die tatsächlichen Ausgaben des Jahres 1999 ergibt sich auch nicht aus Art. 11 EinfG-PsychThG. Dabei handelt es sich um eine auf 1999 beschränkte Übergangsregelung (siehe hierzu BSG, Urteil vom 6.11.2002, B 6 KA 21/02 R S. 6), die – wie noch auszuführen ist – allein der besonderen Situation des Jahres 1999 prospektiv Rechnung tragen sollte. Zwar ist der in dieser Norm verwendete Begriff ´höchstens` als Obergrenze zu verstehen, die nicht ausgeschöpft werden muss, doch ist mit der Festlegung einer bloßen Obergrenze nicht zugleich eine Regelung der Art getroffen worden, dass ein darunter bleibendes Ausgabenvolumen auch für die Folgejahre verbindlich sein soll.

Schließlich steht auch der Grundsatz der Beitragssatzstabilität einer Zugrundelegung des ´gesetzlichen` Budgets für 1999 als Basis für das Jahr 2000 nicht entgegen. Zwar bestimmt § 71 Abs. 1 Satz 1 SGB V, dass die Vertragspartner die Vereinbarungen über die Vergütungen so zu gestalten haben, dass Beitragssatzerhöhungen ausgeschlossen werden, präzisiert dies in § 71 Abs. 2 Satz 1 SGB V jedoch dahingehend, dass – ´um den Vorgaben nach Absatz 1 Satz 1 zu entsprechen` - die vereinbarte Veränderung der jeweiligen Vergütung die sich bei Anwendung der Veränderungsrate ergebende Veränderung der Vergütung nicht überschreiten darf. Mithin bezieht sich der Grundsatz der Beitragssatzstabilität allein auf die Höhe der Veränderungsrate, wie sich auch aus § 71 Abs. 1 Satz 2 SGB V (´Ausgabensteigerungen ...`) ergibt, enthält aber keine Regelung zur Bestimmung der Basis. Ebenso ist unter ´Veränderungsrate` nicht die prozentuale Differenz zwischen den (tatsächlichen) Ausgaben des Vorjahres und der vereinbarten Gesamtvergütung des Folgejahres zu verstehen, sondern die Höhe des prozentualen ´Aufschlags` auf die Basis.

Wie bereits dargelegt, ergibt sich auch aus dem Satzteil ´in Bezug auf das ´Ausgabenvolumen` in § 85 Abs. 3 Satz 2 SGB V nichts anderes, da dieser Begriff nicht auf die tatsächlichen Vergütungen bezogen ist. Ausgeschlossen ist lediglich, dass die Vertragspartner höhere tatsächliche Vergütungen nicht zur Basis machen, wenn dies die Vorjahresvereinbarung plus zulässiger Steigerungsrate übersteigen würde. Dies spricht im Umkehrschluss sogar dafür, dass das vereinbarte Budget zugrunde zu legen ist.

Selbst wenn man die Auffassung vertreten würde, dass der Grundsatz der Beitragssatzstabilität auch für die Frage, welche Basis der Veränderung der Gesamtvergütungen zugrunde zu legen ist, Bedeutung hat, würde dies vorliegend zu keinem anderen Ergebnis führen. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass das Schiedsamt als Basis das ´gesetzliche` Budget des Art. 11 EinfG-PsychThG zugrundegelegt hat. Grund für die gesetzliche Festlegung des Budgets war der Umstand, dass im Zusammenhang mit der Neuordnung der psychotherapeutischen Versorgung weder abschätzbar war, wie viele Psychotherapeuten die Zulassung erreichen würden, noch voraussehbar war, in welcher Menge psychotherapeutische Leistungen erbracht und dafür Honorare angefordert würden, und einer übermäßigen finanziellen Belastung des Gesundheitssystems im Interesse des wichtigen Gemeinwohlbelanges der finanziellen Stabilität und Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung vorgebeugt werden sollte (BSG, Urteil vom 6.11.2002, B 6 KA 21/02 R). Letztlich sollte die gesetzliche Krankenversicherung – unabhängig von einem ggf. darüber hinausgehenden Bedarf – gegen überproportionale Ausgabensteigerung geschützt werden. Art. 11 EinfG-PsychThG ist daher als gesetzliche Sonderregelung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität zu werten. Somit kann die Zugrundelegung des ´gesetzlichen` Budgets als Basis für die Veränderungen in 2000 keinen Verstoß gegen § 71 SGB V darstellen.

Soweit sich die Kläger auf den Grundsatz der Angemessenheit der Vergütung (§ 72 Abs. 2 SGB V) beziehen, geht dieser Einwand ins Leere, da dieser die Angemessenheit der einzelnen ärztlichen Leistung bestimmt und sich auf die Vergütung vergleichbarer Tätigkeiten bezieht (BSGE 68, 291, 296). Dafür, dass bei Zugrundelegung des höheren, nach Art. 11 EinfG-PsychThG bestimmten Ausgabenvolumens die Vergütungen der Psychotherapeuten in diesem Sinne unangemessen hoch wären, ergibt sich kein Anhaltspunkt.

Die Höhe der Steigerungsrate ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Abgesehen davon, dass die Kläger diese nicht substantiiert angegriffen haben, hält sie sich im Rahmen der zulässigen Steigerungsrate des Jahres 2000 von 1, 43 % und ist auch hinreichend begründet worden.

Bezüglich der angeblichen Bildung von ´Teilkopfpauschalen` folgt die Kammer dem zutreffenden Hinweis der Beigeladenen auf den zwischen dieser und den Klägern geschlossenen Vertrag über die Honorierung vertragsärztlicher Leistungen im Jahr 2000. Dort ist unter Nr. 1.7 bestimmt, dass die Entwicklung der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen im Jahr 2000 gesondert geregelt wird, und unter der Nr. 1.8 Satz 1, dass die nach Nr. 1.6 (übrige Leistungen) und Nr. 1.7 ermittelten Beträge zusammengefasst die kopfpauschalierte Gesamtvergütung für das Jahr 2000 ergeben.

Nur am Rande merkt die Kammer an, dass das im Schiedsverfahren geltend gemachte und im Klageverfahren nicht weiter verfolgte Begehren der Kläger, die Gesamtvergütungen auf der Grundlage des durchschnittlichen Punktwerts der gesetzlichen Krankenkassen in Hamburg zu berechnen, im Gesetz keine Stütze findet. So hat das BSG zutreffend auf die Zulässigkeit getrennter Vergütungsverhandlung (§ 82 Abs. 2 Satz 2 SGB V) verwiesen, die in einem regionalisierten Krankenversicherungssystem schon immer und notwendigerweise unterschiedlich hohe Vergütungen zur Folge gehabt hätten (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 34, S. 263, 267 f.).

Ebenfalls lediglich ergänzend verweist die Kammer darauf, dass sich der Grundsatz der Beitragssatzstabilität gemäß §§ 71 Abs. 1 Satz 1, 85 Abs. 3 Satz 2 SGB V nicht an die einzelne Krankenkasse richtet, sondern an die Vertragspartner des Gesamtvertrages. Dies ist angesichts der gesetzlichen Regelung, dass diese die Gesamtvergütungen als Teil der Gesamtverträge zu vereinbaren haben (§§ 83 Abs. 1, 85 Abs. 1 Satz 1 SGB V) folgerichtig. Dementsprechend kann sich ihre Verpflichtung nicht darauf beziehen, dass Beitragssatzerhöhungen bei jeder einzelnen Krankenkasse, für die die Vereinbarung mit verbindlicher Wirkung geschlossen wird, ausgeschlossen werden, sondern nur darauf, dass dies insgesamt der Fall ist. Im übrigen ergäben sich andernfalls nicht nur – besonders bei einer Vielzahl betroffener Krankenkassen wie etwa im Bereich der Betriebskrankenkassen – praktische Umsetzungsschwierigkeiten, sondern es würde die jeweils finanziell schwächste Krankenkasse das höchstzulässige Maße der Erhöhung der Gesamtvergütungen bestimmen; dies würde eine unangemessene Bevorteilung der übrigen Krankenkassen und eine gravierende Benachteilung der Kassenärztlichen Vereinigungen nach sich ziehen. Sollte das Ergebnis nicht gewünscht sein, bliebe es dem Gesetzgeber unbenommen, dass Gesetz dahingehend zu ändern, dass die Gesamtvergütung zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und den einzelnene Krankenkassen zu schließen sind. Nachteile für einzelne Krankenkassen können kassenartenintern durch finanzielle Hilfen gemäß § 265a SGB V ausgeglichen werden. Im übrigen haben die Krankenkassen, die aufgrund der Zugrundelegung der nach Art. 11 EinfG-PsychThG berechneten Gesamtvergütung nunmehr besonders hohe Ausgabensteigerungen in Kauf nehmen müssen, im Jahr 1999 auch überproportional von der verzögerten Zulassung von Leistungserbringern profitiert.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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