L 1 AL 37/01

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Koblenz (RPF)
Aktenzeichen
S 1 AL 80/00
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 1 AL 37/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 25.01.2001 -S 1 AL 80/00- sowie der Bescheid der Beklagten vom 18.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2000 werden aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 03.01.1999 bis 22.09.1999 nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
3. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 03.01.1999 bis 22.09.1999 hat.

Der 1940 geborene, verheiratete Kläger steht mit kurzen Unterbrechungen seit vielen Jahren im laufenden Leistungsbezug bei der Beklagten. Sein Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) ist seit langem erschöpft. Auf seinen Antrag vom Dezember 1997 bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 30.01.1998, geändert durch Bescheid vom 28.07.1998, Anschluss-Alhi vom 03.01.1998 bis 02.01.1999 nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von zuletzt 610,00 DM, der Leistungsgruppe A und einer Nettolohnersatzquote von 53 v.H. in Höhe von 217,14 DM wöchentlich. Wegen eines davon abzusetzenden wöchentlichen Anrechnungsbetrages in Höhe von 206,57 DM wurden dem Kläger ab dem 01.07.1998 wöchentlich lediglich 10,57 DM ausgezahlt. Für die Zeit vom 01.01.1999 bis 02.01.1999 wurden dem Kläger ausgehend von der Leistungstabelle für 1999 und einem Anrechnungsbetrag in Höhe von 206,59 DM 3,78 DM ausgezahlt (entspricht wöchentlich 13,23 DM bzw. täglich 1,89 DM).

Mit Schreiben vom 15.01.1999 wies die Beklagte den Kläger auf die Möglichkeit hin, zukünftig Leistungen unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) zu beziehen. Am 22.01.1999 ging bei der Arbeitsamtsdienststelle Sinzig die Rückantwort des Klägers ein, dass er hiervon Gebrauch machen wolle. Bereits mit Schreiben vom 27.10.1998 wurde der Kläger auf den Ablauf des Bewilligungsabschnitts der Alhi zum 02.01.1999 hingewiesen; dem Schreiben war u.a. ein Antrag auf Fortzahlung der Alhi und die Einkommenserklärung/Verdienstbescheinigung beigefügt. Am 29.01.1999, 05.02.1999, 19.02.1999 und 31.08.1999 sprach der Kläger jeweils bei seinem Arbeitsberater vor. Erst am 23.09.1999 meldete er sich erneut persönlich arbeitslos und beantragte die Fortzahlung von Alhi; das Antragsformular wurde von ihm am 21.09.1999 unterschrieben.

Zusammen mit dem Antrag legte der Kläger eine Verdienstbescheinigung des Arbeitgebers seiner Ehefrau vom 20.09.1999 vor, aus der hervorging, dass die Ehefrau des Klägers im Januar 1999 3.185,56 DM brutto (2.464,64 DM netto), im Februar 1999 3.177,64 DM brutto (2.460,39 DM netto) und im März 1999 3.175,77 DM brutto (2.461,29 DM netto) verdient hatte. Als Werbungskosten machte die Ehefrau des Klägers eine Gebäudeversicherung in Höhe von 184,70 DM jährlich, eine Hausratsversicherung in Höhe von 81,10 DM jährlich, eine Haftpflichtversicherung in Höhe von 197,70 DM jährlich, eine Kraftfahrzeugversicherung in Höhe von 277,10 DM halbjährlich sowie Autofahrten zur Arbeitsstätte bei einer einfachen Fahrstrecke von 15 km geltend. Der Kläger und seine Ehefrau sind Eigentümer eines Hausgrundstücks, das sie gemeinsam bewohnen. Weiteres Vermögen oder Einkommen ist nicht vorhanden.

Mit Bescheid vom 18.10.1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ihm für den Zeitraum 03.01.1999 bis 22.09.1999 keine Alhi gewährt werden könne, weil er seinen Fortzahlungsantrag erst am 23.09.1999 beim Arbeitsamt eingereicht habe und daher davon auszugehen sei, dass er in diesem Zeitraum seinen Lebensunterhalt anderweitig als durch den Bezug von Alhi bestritten habe. Dem Kläger wurde sodann Alhi ab dem 23.09.1999 bis zum 02.01.2000 in Höhe von 212,24 DM bewilligt (Bescheid vom 25.11.1999). Gegen die Ablehnung der Alhi bis zum 22.09.1999 erhoben die Prozessbevollmächtigten des Klägers Widerspruch. Zur Begründung führten sie aus, der Kläger hätte den Fortzahlungsantrag nur deshalb erst am 23.09.1999 gestellt, weil ein früherer Antrag, den sie in seinem Auftrag an das Arbeitsamt geschickt hätten dort offensichtlich nicht eingegangen sei. Trotzdem habe der Kläger Anspruch auf Alhi auch ab dem 03.01.1999. Er sei insbesondere fortlaufend bedürftig gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2000 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Sie wies noch einmal darauf hin, dass der Kläger seinen Fortzahlungsantrag erst am 23.09.1999 abgegeben und bis zu diesem Zeitpunkt seinen Lebensunterhalt offensichtlich auf andere Weise bestritten habe. Dies spreche in jedem Fall dafür, dass der Kläger bis einschließlich 22.09.1999 nicht bedürftig gewesen sei.

Am 28.01.2000 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Koblenz (SG) erhoben.

Mit Urteil vom 25.01.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Dabei hat es seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass es vor dem 23.09.1999 an einer wirksamen Antragstellung gefehlt habe. Die vor dem 02.01.1999 gestellten früheren Alhi-Anträge des Klägers wirkten insoweit nicht fort.

Gegen das ihm am 21.02.2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.03.2001 Berufung eingelegt.

Er ist der Ansicht, dass die angefochtene Entscheidung rechtswidrig sei. Ihm stehe Alhi auch für die Zeit vom 03.01.1999 bis zum 22.09.1999 zu. Für ihn sei nicht nachvollziehbar, dass sein Fortzahlungsantrag nicht rechtzeitig eingegangen sei. Nach Ablauf der ihm bis zum 02.01.1999 bewilligten Alhi habe er den Fortzahlungsantrag seinem Anwalt übergeben. Dieser habe dann das Antragsformular an die Arbeitsamtsdienststelle Sinzig gesandt. Im Übrigen seien unabhängig davon auch sonst keine vernünftigen Gründe ersichtlich, warum ihm Alhi für den streitigen Zeitraum verwehrt werde. Er sei in jedem Fall während des gesamten Zeitraums bedürftig gewesen. Im fraglichen Zeitraum habe er seinen Lebensunterhalt aus den Zuwendungen seiner Ehefrau bestritten. Zu berücksichtigen sei schließlich, dass er wiederholt persönlich beim Arbeitsamt vorgesprochen habe. Eine fehlende Beratung der Beklagten bezüglich der erforderlichen Antragstellung könne daher keinesfalls zu seinen Lasten gehen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 25.01.2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 03.01.1999 bis 22.09.1999 Arbeitslosenhilfe nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Ausführungen des SG für zutreffend. Der Kläger habe mangels Antrags keinen Anspruch auf die begehrte Alhi. Ihr könne auch keinesfalls eine mangelhafte Beratung vorgeworfen werden. Der Kläger sei unstreitig mit Schreiben vom 27.11.1998 auf den Ablauf des Bewilligungsabschnittes am 02.01.1999 hingewiesen worden. Hierdurch sei sie ihrer Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Beratung nachgekommen. Eine darüber hinaus gehende Obliegenheit könne von ihr nicht verlangt werden. Leistungsbezieher müssten in ihrem ureigensten Interesse die Voraussetzungen für einen Leistungsbezug schaffen. Der Kläger habe jahrelang vorher Alhi bezogen und entsprechende Fortzahlungsanträge gestellt. Im Übrigen greife hier die damals noch geltende Vermutungsregel des § 10 Nr. 2 Arbeitslosenhilfe-Verordnung, wonach davon auszugehen sei, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt anders bestritten habe und bestreiten konnte.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Leistungsakte der Beklagten (Band III Stammnummer 65556) Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung war.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist auch begründet.

Das Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind aufzuheben. Die Bescheide sind rechtswidrig. Der Kläger hat Anspruch auf Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum vom 03.01.1999 bis 22.09.1999, da seine ursprüngliche Antragstellung auf Zahlung von Alhi für den fraglichen Zeitraum fortwirkt und er auch die übrigen Voraussetzungen für einen Leistungsbezug erfüllt.

Anspruch auf Alhi haben nach § 190 Abs. 1 SGB III in der hier noch anwendbaren Fassung des Art. 1 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.03.1997 (BGBl. I S. 594) Arbeitnehmer, die arbeitslos sind (Nr. 1), sich arbeitslos gemeldet haben (Nr. 2), einen Anspruch auf Alg nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben (Nr. 3), die besonderen Anspruchsvoraussetzungen nach § 191 SGB III erfüllt haben (Nr. 4) und bedürftig sind (Nr. 5).

Allerdings werden Leistungen der Arbeitsförderung nur auf Antrag erbracht (§ 323 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Lediglich Leistungen der aktiven Arbeitsförderung -zu denen die Arbeitslosenhilfe nicht gehört (vgl. § 3 Abs. 4 SGB III)- können auch von Amts wegen erbracht werden (§ 323 Abs. 1 Satz 3 SGB III). Anders als unter der Geltung des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) hat der Leistungsantrag bei der Alhi nunmehr keine materiell-rechtliche Bedeutung, sondern nur noch verfahrensauslösende Wirkung (vgl. Wagner, in GK-SGB III, § 323 Rdnr. 7 sowie Niesel, SGB III, § 323 Rdnr. 2). Das so genannte Stammrecht des Arbeitslosen auf Alhi entsteht unabhängig von einem Antrag. Der Antrag ist jedoch weiterhin entscheidend für den Beginn der Leistung, d.h. dafür, wann der Anspruch auf die aus dem Stammrecht abgeleiteten Einzelleistungen entsteht (vgl. Niesel, a.a.O., Rdnr. 2 und 10). Insofern bestimmt § 325 Abs. 2 Satz 1 SGB III, dass Alg und Alhi nicht rückwirkend, sondern erst ab Antragstellung geleistet werden.

Entgegen der Ansicht des erstinstanzlichen Gerichts scheitert der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe für den streitigen Zeitraum nicht bereits daran, dass der Kläger einen Fortzahlungsantrag erst am 23.09.1999 gestellt hat. Denn der erste Antrag des Klägers auf Anschluss-Alhi sowie die Folgeanträge (hier zuletzt der Antrag vom Dezember 1997) wirken über den Ablauf der jeweiligen Bewilligungsabschnitte -und damit vorliegend auch über den 02.01.1999 hinaus- fort. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Bewilligung von Alhi von der Beklagten von vorneherein abgelehnt bzw. für den vorherigen Bewilligungsabschnitt wieder aufgehoben wurde, was hier jedoch nicht der Fall ist. Auch kann in der fehlenden Rücksendung eines von der Beklagten übersandten Fortzahlungsantrages nicht ohne weitere Anhaltspunkte eine Rücknahme des (fortwirkenden) Antrags gesehen werden.

Nach § 190 Abs. 3 SGB III soll Alhi jeweils für längstens ein Jahr bewilligt werden. Vor einer erneuten Bewilligung sind die Voraussetzungen des Anspruchs zu prüfen. Der Senat hat diesbezüglich bereits mit Urteil vom 29.06.1999 (L 1 Ar 34/98) zu § 139 a AFG, der inhaltsgleichen Vorgängervorschrift des § 190 Abs. 3 SGB III, entschieden, dass die Fortzahlung der Leistung nicht von der erneuten Antragstellung abhängig sei, da der ursprüngliche Antrag fortwirke und die erneute Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen der Alhi durch die Beklagte von Amts wegen zu erfolgen habe (ebenso Kärcher, in Niesel, SGB III, § 190 Rdnr. 26; vgl. auch BSGE 68, 42, 44 und 45 = SozR 3-4100 § 139 a Nr. 1 S. 3 und 4; offen gelassen in BSG, Urteil vom 15.06.2000 -B 7 AL 64/99 R - BSGE 86, 182, 183 f. = SozR 3-1200 § 45 Nr. 9)

An der zum alten Recht vertretenen Rechtsauffassung ist auch unter der Geltung des neuen Rechts festzuhalten. Die Reduzierung des Antragserfordernisses von einer materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen auf eine rein verfahrensrechtliche Bedeutung spricht sogar eher für ein solches Fortwirken der ursprünglichen Antragstellung. Dies gründet sich auf folgenden Erwägungen: Die so genannte Anschluss-Alhi stellt anders als das Alg und die mittlerweile aufgehobene so genannte originäre Alhi nach § 191 Abs. 1 Nr. 2 SGB III (in der bis zum 31.12.1999 geltenden Fassung - a.F.) eine zeitlich unbegrenzte Leistung dar (vgl. dagegen § 127 SGB III für das Alg sowie § 197 SGB III a.F. für die originäre Alhi). Der Antrag eines Arbeitslosen auf Anschluss-Alhi ist daher -soweit sich aus dem Antrag selbst oder den Umständen, unter denen er gestellt wurde, nicht eindeutig etwas anderes ergibt- auf unbefristete Gewährung von Alhi gerichtet. Mit der Bewilligung von Alhi lediglich für einen Bewilligungsabschnitt (in der Regel ein Jahr) hat sich der Alhi-Antrag somit nicht erledigt bzw. verbraucht (vgl. hierzu BSG vom 29.05.1980 -9 RV 18/79). Da die abschnittsweise Bewilligung von Alhi andererseits den gesetzlichen Vorgaben entspricht und lediglich sicherstellen soll, dass in regelmäßigen Zeitabständen überprüft wird, ob die Voraussetzungen der Leistungsbewilligung (insbesondere die Bedürftigkeit) noch vorliegen, kann dem Bewilligungsbescheid auch -anders als z.B. einem Bescheid über eine befristete Rente- keine Ablehnung der Leistung für zukünftige Bewilligungsabschnitte entnommen werden. Der Bescheid, der Alhi für einen bestimmten Bewilligungsabschnitt bewilligt, stellt lediglich die Voraussetzungen der Arbeitslosenhilfe für den betreffenden Zeitraum fest und trifft keinerlei Aussage über spätere Zeitabschnitte. In diesem Sinne ist auch das BSG zu verstehen, wenn es ausführt, dass die Gewährung von Alhi für den nächsten Bewilligungsabschnitt eine Erstbewilligung für diese Zeit darstelle (vgl. BSGE 68, 42, 44 = SozR 3-4100 § 139 a Nr. 1 S. 3). Denn nach Ablauf eines Bewilligungsabschnitts hat grundsätzlich eine erneute Überprüfung aller Anspruchsvoraussetzung dem Grunde und der Höhe nach ohne jegliche Bindung an frühere Bescheide zu erfolgen (vgl. BSGE 86, 182, 123 = SozR 3-1200 § 45 Nr. 9 m.w.N.).

Diese Rechtsauffassung erschwert auch die Verwaltungspraxis der Beklagten nicht in unzumutbarem Maße. Nach Ablauf eines Bewilligungsabschnitts besteht ein Anspruch des Arbeitslosen auf Fortzahlung der Alhi erst, wenn die Beklagte erneut einen Bewilligungsbescheid erteilt (vgl. erneut Senatsurteil vom 29.06.1999 -L 1 Ar 34/98). Soweit der Arbeitslose keinen Fortzahlungsantrag einreicht und seine aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht darlegt, ist die Beklagte daher nicht gezwungen, dem Arbeitslosen die Leistungen gemäß § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) wegen fehlender Mitwirkung zu versagen. Im Übrigen wird ein Arbeitsloser, der sich erst nach einem längeren Zeitabschnitt erneut bei der Beklagten meldet, zunächst genau darzulegen haben, wie er seinen Lebensunterhalt in den zurückliegenden Monaten bestritten hat und inwieweit in dieser Zeit Bedürftigkeit bestand. Ohne einen solchen Vortrag darf die Beklagte - auch nach dem Wegfall der Vermutungsregel des § 10 Nr. 2 Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 07.08.1974, der nicht in die neue Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 13. Dezember 2001 übernommen wurde, - im Regelfall davon ausgehen, dass der erste Anschein für ein Fehlen der Bedürftigkeit spricht. Die Nichterweislichkeit der Bedürftigkeit des Arbeitslosen im fraglichen Zeitraum geht nach allgemeinen Beweisgrundsätzen ohnehin zu Lasten des Arbeitslosen.

War eine erneute Antragstellung durch den Kläger somit nicht erforderlich, so kann offen bleiben, ob in der Rückantwort des Klägers betreffend den Bezug von Leistungen unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III vom 22.01.1999 oder in einer der späteren Vorsprachen des Klägers bei der Beklagten eine wirksame Antragstellung zu sehen ist.

Der Kläger hat auch im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum vom 03.01.1999 bis 22.09.1999 die Anspruchsvoraussetzungen des § 190 Abs. 1 SGB III erfüllt. Zwischen den Beteiligten ist insofern unstreitig, dass der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld erschöpft ist (Nr. 3) und dass der Kläger die besonderen Anspruchsvoraussetzungen nach § 191 SGB III erfüllt (Nr. 4). Der Kläger war im fraglichen Zeitraum auch arbeitslos (Nr. 1). Gemäß § 118 Abs. 1 SGB III ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass dies im streitgegenständlichen Zeitraum -anders als in der Zeit davor oder danach- nicht der Fall war.

Der Anspruch des Klägers scheitert auch nicht an einer fehlenden Arbeitslosenmeldung (Nr. 2). Der Kläger hatte zuletzt im Dezember 1997 persönlich bei der Arbeitsamtsaußendienststelle Sinzig vorgesprochen, sich arbeitslos gemeldet und die Fortzahlung von Arbeitslosenhilfe beantragt. Diese persönliche Arbeitslosmeldung wirkt auch noch in dem streitgegenständlichen Zeitraum fort. Gemäß § 122 Abs. 2 SGB III in der hier noch anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen vom 06.04.1998 (BGBl. I S. 688) erlischt die Wirkung der Meldung lediglich bei einer mehr als sechswöchigen Unterbrechung der Arbeitslosigkeit (Nr. 1), mit der Aufnahme einer Beschäftigung, selbstständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger, wenn der Arbeitslose diese dem Arbeitsamt nicht unverzüglich mitgeteilt hat (Nr. 2), sowie mit Ablauf eines Zeitraums von drei Monaten nach der letzten persönlichen Meldung des Arbeitslosen, wenn der Arbeitslose die Meldung nicht vor Ablauf dieses Zeitraums beim zuständigen Arbeitsamt oder einem Dritten, der an der Vermittlung des Arbeitslosen beteiligt ist (§ 37 Abs. 2), erneuert, sofern sich aus einer Rechtsverordnung nach § 151 Abs. 3 nichts anderes ergibt (Nr. 3). Die insofern einschlägige Verordnung zur Wirkung der Arbeitslosmeldung (Arbeitslosmeldungsverordnung - AlmV) vom 23.04.1998 (BGBl. I S. 739), die zum 01.01.1998 in Kraft getreten ist, bestimmt in ihrem § 1 Nr. 1, dass die Wirkung einer persönlichen Arbeitslosmeldung bei Personen, die -wie der Kläger- das 55. Lebensjahr vollendet haben, nicht durch Zeitablauf erlischt.

Entgegen der Ansicht der Beklagten war der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum auch bedürftig im Sinne von § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III. Ob ein Arbeitsloser bedürftig ist, richtete sich im fraglichen Zeitraum nach den §§ 193, 194 SGB III iVm. der Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 07.08.1974 (hier in der Fassung der Fünften Verordnung zur Änderung der Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 25.09.1998). Dabei ist ohne Bedeutung, dass die Arbeitslosenhilfe-Verordnung noch auf der Grundlage von § 137 Abs. 3 AFG ergangen ist (vgl. hierzu BSG vom 09.08.2001 -B 11 AL 11/01 R- BSGE 88, 252, 255 = SozR 3-4300 § 193 Nr. 2). Der Kläger besitzt abgesehen von einem selbst bewohnten Hausgrundstück, das ihm gemeinsam mit seiner Ehefrau gehört und dessen Verwertung gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 7 Arbeitslosenhilfe-Verordnung nicht zumutbar ist, kein weiteres Vermögen oder Einkommen. Ausweislich der Verdienstbescheinigung des Arbeitgebers der Ehefrau vom 20.09.1999 bezog diese in den Monaten Januar, Februar und März 1999 ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 3.185,56 DM bzw. 3.177,64 DM bzw. 3.175,77 DM. Unter Berücksichtigung der von der Ehefrau des Klägers geltend gemachten Abzüge und des Freibetrages in Höhe der hypothetischen Alhi der Ehefrau ergibt sich ein wöchentlicher Anrechnungsbetrag in Höhe von 150,38 DM. Da das Leistungsentgelt bei einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 610,00 DM in der Leistungsgruppe A und bei einer Nettolohnersatzquote von 53 v.H. im Jahre 1999 219,80 DM betrug, ist das zu berücksichtigen Einkommen der Ehefrau nicht höher als die Alhi des Klägers. Der Kläger war damit bedürftig im Sinne von § 193 Abs. 1 SGB III. Hiervon ist die Beklagte auch für den Zeitraum ab 23.09.1999 ausgegangen.

Die Bedürftigkeit des Klägers ist auch nicht etwa deswegen zu verneinen, weil er im streitgegenständlichen Zeitraum seinen Lebensunterhalt offenbar auch ohne die ihm zustehende Alhi bestreiten konnte. Anders als die Beklagte meint, kommt hier die Vermutungsregel des § 10 Nr. 2 Arbeitslosenhilfe-Verordnung nicht zum Tragen. Nach dieser Vorschrift ist anzunehmen, dass der Arbeitslose seinen Lebensunterhalt und den seines Ehegatten im Sinne des § 137 Abs. 1 AFG (jetzt: § 193 Abs. 1 SGB III) auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann, wenn sich nicht feststellen lässt, ob oder in welcher Höhe der Arbeitslose Einkommen oder Vermögen hat, die Gesamtumstände der Lebensführung des Arbeitslosen jedoch den Schluss zulassen, dass er nicht oder nur teilweise bedürftig ist. Legt der Arbeitslose dem Arbeitsamt seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend dar, so ist ein Rückgriff auf § 10 Nr. 2 Arbeitslosenhilfe-Verordnung nur möglich, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Angaben des Arbeitslosen nicht vollständig waren.

Einziger Anhaltspunkt ist hier die Tatsache, dass der Kläger die Zeit bis zum 23.09.1999 ohne die Leistungen der Beklagten überbrückt hat. Der Kläger hat aber diesbezüglich erklärt, er habe im Wesentlichen vom Einkommen seiner Ehefrau gelebt. Der Senat hat keinen Grund, diese Angabe zu bezweifeln. Es liegen die Verdienstbescheinigungen der Ehefrau für den Zeitraum von Januar bis März 1999 vor. Aufgrund der Höhe des Einkommens der Ehefrau stand dem Kläger nur ein sehr geringer Auszahlungsbetrag zu; die Beklagte hat insoweit für die Leistungsbewilligung ab 23.09.1999 einen Zahlbetrag von wöchentlich 61,88 DM errechnet. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass die Eheleute in dem fraglichen Zeitraum allein vom Einkommen der Ehefrau gelebt haben. Von einem ersten Anschein, der für eine fehlende Bedürftigkeit des Klägers spricht, kann daher nicht die Rede sein. Konkrete Hinweise darauf, dass weiteres Einkommen oder verwertbares Vermögen vorhanden war, das ebenfalls zur Lebensführung beigetragen hat, liegen nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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