Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 36 Kr 309/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 68/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. April 1999 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 2. Juni bis 1. September 1997.
Der am 23. Juli 1940 geborene Kläger schloss nach der mittleren Reife in der ehemaligen DDR die Ausbildung zum Buchhalter und Handelskaufmann ab und besuchte neben der Arbeit die Fachschule für Finanzwirtschaft, Richtung Organisation und Datenverarbeitung. Anschließend erwarb er im Wege des Fernstudiums an der Hochschule für Ökonomie (1972 bis 1977) den Abschluss als Diplomwirtschaftler. Danach arbeitete er u.a. in der Datenverarbeitung bei R. Im Rahmen einer vom Arbeitsamt geförderten ABM-Stelle war der Kläger vom 25. November 1991 bis 17. November 1993 als Projektleiter im Bereich Datenverarbeitung beim Förderverein A. e.V. beschäftigt. Im Anschluss hieran arbeitete er als Geschäftsführer der „f GmbH“ - bei der er für den EDV-Bereich verantwortlich war. Das befristete Arbeitsverhältnis endete zum 17. November 1996. Zuletzt verdiente der Kläger monatlich 5.750,00 DM brutto (Arbeitsbescheinigung vom 11. November 1999, Bl. 7 Leistungsakte des Arbeitsamtes).
Seit dem 13. November 1996 war der Kläger wegen Affektionen und Spinalstenose im zervikalen Bereich arbeitsunfähig. Er bezog vom 18. November 1996 an Krankengeld und zwar ab 1. Januar 1997 in Höhe von kalendertäglich 95,65 DM (Schreiben der Beklagten vom 12. Dezember 1996, Bl. 13 VA).
Die Beklagte veranlasste am 26. Mai 1997 eine Untersuchung des Klägers durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dr. H. kam in seinem Gutachten für den MDK zu der Einschätzung, dass die medizinischen Voraussetzungen für eine weitere Arbeitsunfähigkeit nicht mehr vorlägen. Der mittlerweile beschäftigungslose Versicherte müsse im Rahmen der Begutachtung hinsichtlich seines Restleistungsvermögens beurteilt werden.
Mit Bescheid vom 27. Mai 1997 lehnte die Beklagte die Weitergewährung von Krankengeld über den 1. Juni 1997 ab, da der Kläger arbeitsfähig sei. Er könne leichte bzw. mittelschwere Arbeiten vollschichtig im Sitzen und Stehen ausführen. Es dürften aber nur Tätigkeiten verrichtet werden ohne besondere nervliche Belastung, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Anforderungen an das Hörvermögen, ohne Nachtschicht und ohne Gefährdung durch Kälte, Zugluft, Nässe sowie Lärm.
Der Kläger meldete sich daraufhin am 30.Mai 1997 arbeitslos, wobei er gegenüber dem Arbeitsamt angab, die Tätigkeiten aus seiner letzten Beschäftigung nicht mehr ausüben zu können (Antrag auf Arbeitslosengeld, Bl. 1 Rs LA des Arbeitsamtes). Arbeitslosengeld bezog der Kläger vom 2. Juni bis 1. September 1997 kalendertäglich in Höhe von 70,80 DM (Zahlungsnachweis Nr. 1 des Zentralamtes der Bundesanstalt für Arbeit).
Gegen die Beendigung des Krankengeldes wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch. Die Beklagte holte weitere Stellungnahmen des MDK nach Aktenlage vom 29. Mai 1997 (Dr. S.) und 17. Juni 1997 (Dr. H.) ein und veranlasste am 1. September 1997 eine erneute Untersuchung des Klägers. In seinem Gutachten für den MDK kam Dr. S. zu der Einschätzung, dass sich hinsichtlich der medizinischen Beurteilung keine Änderung der bisherigen Leistungsbeurteilung ergäbe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 1998 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat der Kläger unter Bezugnahme auf weitere medizinische Untersuchungsergebnisse geltend gemacht, über den 1. Juni 1997 hinaus nicht arbeitsfähig gewesen zu sein. Ihm sei wegen seines Gesundheitszustandes von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine medizinische Maßnahme zur Rehabilitation bewilligt worden. Auch die Ärzte in der Klinik für Rehabilitation - Klinik F. -, wo er sich schließlich in der Zeit vom 2. September bis 28. Oktober 1997 zur Kur aufgehalten habe, hätten ihn im Zeitpunkt der Aufnahme noch für arbeitsunfähig für seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Geschäftsführer eines Datenverarbeitungsprojektes gehalten. Erst nach Beendigung der Rehabilitationsmaßnahmen hätten die Ärzte ihn für arbeitsfähig gehalten.
Das Sozialgericht Berlin hat Befundberichte der Fachärztin für Nervenheilkunde Dr. B. vom 12. August 1998, der Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. H. vom 31. August 1998 und der Ärztinnen Dr. Wi., S. und der Ärztin für Allgemeinmedizin W. vom 31. August 1998 eingeholt und das Gutachten des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes Berlin-Mitte vom 8. Juli 1997 beigezogen.
Mit Urteil vom 27. April 1999 hat das Sozialgericht den angefochtenen Bescheid vom 27. Mai 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 1998 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 2. Juni bis 1. September 1997 Krankengeld zu gewähren. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen ergebe sich, dass bei dem Kläger ein HWS-Syndrom, Tinnitus, Bluthochdruck und depressive Reaktion vorgelegen haben. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei die Leistungsfähigkeit des Klägers nicht an den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu beurteilen. Daran änderten die Vorschriften im Arbeitslosenversicherungsrecht, die bestimmten, welche Beschäftigungen für Arbeitslose zumutbar seien, nichts. Dass der Kläger in seiner letzten Tätigkeit als Geschäftsführer oder in einer vergleichbaren Beschäftigung noch nicht wieder arbeitsfähig gewesen sei, ergebe sich aus den übereinstimmenden Aussagen im Kurentlassungsbericht und den Befundberichten der behandelnden Ärztinnen H. und S. Die Einschätzung des MDK widerspreche auch nicht diesen Aussagen. Der MDK habe seine Aussagen über die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers stets auf die geringeren Leistungsanforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes bezogen. In dem MDK-Gutachten vom 26. Mai 1997 sei ausgeführt, dass der Kläger nur zu Tätigkeiten ohne nervliche Belastungen in der Lage sei. Nervliche Belastungen und Zeitdruck gehörten aber zu Beschäftigungen, die der von dem Kläger zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Geschäftsführer entsprochen hätten. Auch das arbeitsamtsärztliche Gutachten vom 8. Juli 1997 sei kein eindeutiger Beleg dafür, dass der Kläger schon vor der Kur wieder als Geschäftsführer arbeitsfähig gewesen sei. Das arbeitsamtliche Gutachten bejahe zwar die weitere Arbeitsfähigkeit des Klägers in seinem bisherigen Beruf, aber nur eventuell und mit Einschränkungen und empfehle insoweit eine erneute Leistungsbeurteilung nach Abschluss der Kur.
Gegen das der Beklagten am 2. Juli 1999 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung vom 24. Juli 1999. Sie macht im Wesentlichen geltend, der Kläger sei in der streitbefangenen Zeit nicht mehr arbeitsunfähig gewesen und damit bestehe kein Anspruch auf Krankengeld. Das Bundessozialgericht (BSG) habe entschieden, dass Arbeitsunfähigkeit bei einem beendeten Arbeitsverhältnis ausgeschlossen sei, wenn wegen der Krankheit die letzte Tätigkeit auf Dauer nicht mehr ausgeübt werden könne und eine Verweisung auf eine andere Tätigkeit zumutbar sei, wobei sich die Verfügbarkeit nach den Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) - jetzt Sozialgesetzbuch / Drittes Buch (SGB III) - richte (vgl. BSG USK 86206, 86209; BSG SozR 3-2500 § 48 Nr. 5). Das BSG habe zwar in den vorgenannten Entscheidungen konkrete Hinweise zur Verweisbarkeit gegeben - auf die sich auch das Sozialgericht Berlin gestützt habe -, diese orientierten sich aber offensichtlich an der zu damaligen Zumutbarkeitsanordnung der Bundesanstalt für Arbeit vom 16. März 1982 und konkretisierten diese für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese Regelungen nach dem AFG seien - so die Gesetzesbegründung im Arbeitsförderungs-Reformgesetz - im Hinblick auf die seit 1982 veränderten Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt neu gefasst und ab 1. April 1997 als § 103b AFG (seit 1. Januar 1998 = § 121 SGB III) in das Gesetz übernommen worden. Diese Vorschrift enthalte u.a. den Grundsatz, dass ein Arbeitsloser jede Arbeit annehmen und ausüben müsse, die er ausüben könne und dürfe. Demzufolge könne im vorliegenden Rechtsstreit die zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht (mehr) Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit sein, zumal der Kläger nicht mehr die Möglichkeit habe, an seinen alten Arbeitsplatz zurückzukehren. Bestehe - wie hier - ein vollschichtiges Leistungsvermögen, müsse sich der Kläger ohnehin - spätestens nach Ablauf des Höchstanspruches auf Krankengeld - beruflich neu orientieren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. April 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und weist darauf hin, dass er entgegen der Ansicht der Beklagten in seinem zuletzt ausgeübten Beruf nicht auf Dauer arbeitsunfähig sei. Nach der Kur sei er wieder arbeitsfähig für seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit gewesen, was sich auch aus dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik ergebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der beigezogenen Leistungsakte des Arbeitsamtes Berlin-Mitte Bezug genommen. Diese Unterlagen haben dem Senat vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht der Klage des Klägers stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 27. Mai 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. April 1998 aufgehoben, da der Kläger Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 2. Juni bis 1. September 1997 hat.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch / Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Gemäß § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Anspruch auf Krankengeld von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird.
Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum arbeitsunfähig im Sinne von § 44 Abs. 1 SGB V war. Der Kläger litt u.a. an einem HWS-Syndrom mit rezidivierenden rechtsseitigen Ischialgien, einem Tinnitus bei Hochtonschwerhörigkeit und reaktiven Depressionen (Gutachten des MDK vom 26. Mai 1997 und 1. September 1997, Gutachten des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes Berlin-Mitte vom 8. Juli 1997 und Reha-Entlassungsbericht der Klinik F. vom 11. November 1997). Auf Grund dieses Beschwerdebildes ergibt sich für den Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, dass er seine letzte Tätigkeit als Geschäftsführer in einem Datenverarbeitungsprojekt oder eine ähnlich geartete Tätigkeit nicht mehr ausüben konnte.
Sowohl die den Kläger behandelnden Ärztinnen Dr. Wi., S. und W. als auch die den Kläger behandelnde Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. H. haben in ihren vom Sozialgericht veranlassten Befundberichten vom 31. August 1998 ausgeführt, dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum arbeitsunfähig gewesen sei. Er habe seine bisher verrichtete Tätigkeit nicht mehr ausüben können. Auch die Ärzte in der Rehabilitationsklinik - Klinik F.- bescheinigten Arbeitsunfähigkeit für den gesamten Zeitraum des stationären Aufenthaltes vom 2. September bis 28. Oktober 1997 und stellten erst anschließend wieder Arbeitsfähigkeit fest. Aus ihrer Sicht zeigte sich auch zum Zeitpunkt der Aufnahme weiterhin Arbeitsunfähigkeit für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (Bl. 2 des Entlassungsberichtes).
Dem steht die gutachterliche Feststellung des MDK in den Gutachten vom 26. Mai und 1. September 1997 sowie das Gutachten des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes Berlin-Mitte vom 8. Juli 1997 nicht entgegen. Zwar hat Dr. H. in seinem Gutachten für den MDK vom 26. Mai 1997 ausgeführt, der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig, im Wechsel von Sitzen und Stehen mit Unterbrechungen verrichten. Es müsse sich aber um Tätigkeiten handeln ohne nervliche Belastung, ohne Zeitdruck, ohne Gefährdung durch Kälte, Zugluft, Nässe und Lärm. Ebenso hat die Fachärztin für Innere Medizin Dr. L. in dem Gutachten des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes Berlin-Mitte vom 8. Juli 1997 erwähnt, dass die körperliche und psychische Belastbarkeit des Klägers derzeit noch etwas beeinträchtigt sei. Die Gesundheitsstörungen könnten aber mit großer Wahrscheinlichkeit zumindest teilweise, durch weitere Behandlungsmaßnahmen, insbesondere in Form einer Heilkur, noch gebessert werden. Insgesamt sei der Kläger überwiegend für leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig einsatzfähig. Allerdings sei das Arbeiten u.a. unter Zeitdruck zu vermeiden. Mit den von diesen Ärzten angeführten Leistungseinschränkungen konnte der Kläger aber gleichfalls seine Tätigkeit als Geschäftsführer in einem Datenverarbeitungsprojekt oder einer gleichgearteten Tätigkeit nicht ausüben. Zwar handelt es sich bei der Tätigkeit eines Geschäftsführers um körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen, die überwiegend im Sitzen ausgeführt werden. Die Arbeit zeichnet sich aber im allgemeinen durch eine sehr unregelmäßige Arbeitszeit aus, die zum Teil unter Zeitdruck erfolgt. Zudem wird u.a. eine ausreichende psychische Belastbarkeit verlangt (vgl. Die Berufsinformationskarte nach Berufsordnungen - BIK/BO -, Stand: Juni 1995, BO 751). Dem Kläger fehlte indes eine ausreichende psychische Belastbarkeit und die Fähigkeit auch unter Zeitdruck zu arbeiten. Dies sind jedoch Arbeitsvoraussetzungen für das Bekleiden der bisher vom Kläger ausgeübten Tätigkeit als Geschäftsführer in einem Datenverarbeitungsprojekt und auch für gleichartige Tätigkeiten in gehobener beruflicher Stellung im datenverarbeitenden Wirtschaftsbereich. Denn bei der Beurteilung der Zumutbarkeit sind Aufgabenbereich, Art der Verrichtung, erforderliche Kenntnisse und Fertigkeiten, körperliche und nervliche Belastungen, Einarbeitungszeit, Einfluss auf Lebensweise des Versicherten, Vorhandensein entsprechender Arbeitsplätze auf dem Arbeitsmarkt und wirtschaftliche Gleichwertigkeit zu beachten (BSGE 57, 227, 229; BSG USK 86206 und 86209; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 44 SGB V Rdnr. 11).
Eine Verweisung auf gesundheitlich zumutbare Arbeiten außerhalb des bisherigen Berufsbereiches, wie in der Rentenversicherung, kommt nicht in Betracht. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn sich der Betreffende arbeitslos gemeldet und dadurch zu erkennen gibt, dass er zu einer beruflichen Neuorientierung bereit ist (BSG, Urteil vom 8. Februar 2000 - B 1 KR 11/99 R - siehe Presse-Vorbericht und Presse-Mitteilung Nr. 10/00 des BSG; Entscheidung ist zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Insofern weist die Beklagte auch zu Unrecht darauf hin, dass bei dem im streitbefangenen Zeitraum beschäftigungslosen Kläger auf die Zumutbarkeitskriterien nach dem Arbeitsförderungsrecht wie sie in den Vorschriften des § 103b AFG bzw. ab 1. Januar 1998 in § 121 SGB III niedergelegt sind, abzustellen ist und damit Beurteilungskriterium für die Arbeitsfähigkeit alle Beschäftigungsmöglichkeiten sind, die der Kläger ausüben kann und darf. Im Übrigen sind auch die von der Beklagten gezogenen Rückschlüsse auf die allgemeinen Zumutbarkeitskriterien im Arbeitslosenversicherungsrecht aus den von ihr zitierten Urteilen des BSG nicht zu entnehmen. Das BSG hat in seinen Urteilen vom 9. Dezember 1986 - 8 RK 27/84 - und - 8 RK 12/85 - (USK 86206 und 86209) gerade ausgeführt, dass die Verweisung auf Tätigkeiten außerhalb der bisher ausgeübten Erwerbstätigkeit nur unter bestimmten engen Voraussetzungen, die bereits oben aufgeführt worden sind, zulässig ist. Darüber hinaus betrifft das Urteil des BSG vom 3. November 1993 -1 RK 10/98- (SozR 3-2500 § 48 Nr. 5) eine andere Fallgestaltung, da dort das Wiederaufleben des Anspruchs auf Krankengeld in einer neuen Rahmenfrist streitgegenständlich war (§ 48 SGB V).
Der Senat sah sich nicht veranlasst, weiter aufzuklären, ob und gegebenenfalls wann der Beklagten letztlich die Arbeitsunfähigkeit des Klägers für den streitbefangenen Zeitraum gemeldet worden ist. Denn da die Feststellung der Arbeitsfähigkeit nicht auf einer medizinischen, sondern auf einer rechtlichen Fehleinschätzung beruhte und diese zweifelsfrei dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse zuzuordnen ist, ist es nicht gerechtfertigt, das Risiko eines Rechtsverlustes durch die unterbliebene oder verspätete Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsmeldung gleichwohl dem Versicherten aufzubürden (BSG, Urteil vom 8. Februar 2000 - B 1 KR 11/99 R -).
Nach alledem hatte die Berufung der Beklagten keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 2. Juni bis 1. September 1997.
Der am 23. Juli 1940 geborene Kläger schloss nach der mittleren Reife in der ehemaligen DDR die Ausbildung zum Buchhalter und Handelskaufmann ab und besuchte neben der Arbeit die Fachschule für Finanzwirtschaft, Richtung Organisation und Datenverarbeitung. Anschließend erwarb er im Wege des Fernstudiums an der Hochschule für Ökonomie (1972 bis 1977) den Abschluss als Diplomwirtschaftler. Danach arbeitete er u.a. in der Datenverarbeitung bei R. Im Rahmen einer vom Arbeitsamt geförderten ABM-Stelle war der Kläger vom 25. November 1991 bis 17. November 1993 als Projektleiter im Bereich Datenverarbeitung beim Förderverein A. e.V. beschäftigt. Im Anschluss hieran arbeitete er als Geschäftsführer der „f GmbH“ - bei der er für den EDV-Bereich verantwortlich war. Das befristete Arbeitsverhältnis endete zum 17. November 1996. Zuletzt verdiente der Kläger monatlich 5.750,00 DM brutto (Arbeitsbescheinigung vom 11. November 1999, Bl. 7 Leistungsakte des Arbeitsamtes).
Seit dem 13. November 1996 war der Kläger wegen Affektionen und Spinalstenose im zervikalen Bereich arbeitsunfähig. Er bezog vom 18. November 1996 an Krankengeld und zwar ab 1. Januar 1997 in Höhe von kalendertäglich 95,65 DM (Schreiben der Beklagten vom 12. Dezember 1996, Bl. 13 VA).
Die Beklagte veranlasste am 26. Mai 1997 eine Untersuchung des Klägers durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Dr. H. kam in seinem Gutachten für den MDK zu der Einschätzung, dass die medizinischen Voraussetzungen für eine weitere Arbeitsunfähigkeit nicht mehr vorlägen. Der mittlerweile beschäftigungslose Versicherte müsse im Rahmen der Begutachtung hinsichtlich seines Restleistungsvermögens beurteilt werden.
Mit Bescheid vom 27. Mai 1997 lehnte die Beklagte die Weitergewährung von Krankengeld über den 1. Juni 1997 ab, da der Kläger arbeitsfähig sei. Er könne leichte bzw. mittelschwere Arbeiten vollschichtig im Sitzen und Stehen ausführen. Es dürften aber nur Tätigkeiten verrichtet werden ohne besondere nervliche Belastung, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Anforderungen an das Hörvermögen, ohne Nachtschicht und ohne Gefährdung durch Kälte, Zugluft, Nässe sowie Lärm.
Der Kläger meldete sich daraufhin am 30.Mai 1997 arbeitslos, wobei er gegenüber dem Arbeitsamt angab, die Tätigkeiten aus seiner letzten Beschäftigung nicht mehr ausüben zu können (Antrag auf Arbeitslosengeld, Bl. 1 Rs LA des Arbeitsamtes). Arbeitslosengeld bezog der Kläger vom 2. Juni bis 1. September 1997 kalendertäglich in Höhe von 70,80 DM (Zahlungsnachweis Nr. 1 des Zentralamtes der Bundesanstalt für Arbeit).
Gegen die Beendigung des Krankengeldes wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch. Die Beklagte holte weitere Stellungnahmen des MDK nach Aktenlage vom 29. Mai 1997 (Dr. S.) und 17. Juni 1997 (Dr. H.) ein und veranlasste am 1. September 1997 eine erneute Untersuchung des Klägers. In seinem Gutachten für den MDK kam Dr. S. zu der Einschätzung, dass sich hinsichtlich der medizinischen Beurteilung keine Änderung der bisherigen Leistungsbeurteilung ergäbe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30. April 1998 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Im anschließenden Klageverfahren hat der Kläger unter Bezugnahme auf weitere medizinische Untersuchungsergebnisse geltend gemacht, über den 1. Juni 1997 hinaus nicht arbeitsfähig gewesen zu sein. Ihm sei wegen seines Gesundheitszustandes von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine medizinische Maßnahme zur Rehabilitation bewilligt worden. Auch die Ärzte in der Klinik für Rehabilitation - Klinik F. -, wo er sich schließlich in der Zeit vom 2. September bis 28. Oktober 1997 zur Kur aufgehalten habe, hätten ihn im Zeitpunkt der Aufnahme noch für arbeitsunfähig für seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Geschäftsführer eines Datenverarbeitungsprojektes gehalten. Erst nach Beendigung der Rehabilitationsmaßnahmen hätten die Ärzte ihn für arbeitsfähig gehalten.
Das Sozialgericht Berlin hat Befundberichte der Fachärztin für Nervenheilkunde Dr. B. vom 12. August 1998, der Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. H. vom 31. August 1998 und der Ärztinnen Dr. Wi., S. und der Ärztin für Allgemeinmedizin W. vom 31. August 1998 eingeholt und das Gutachten des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes Berlin-Mitte vom 8. Juli 1997 beigezogen.
Mit Urteil vom 27. April 1999 hat das Sozialgericht den angefochtenen Bescheid vom 27. Mai 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. April 1998 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 2. Juni bis 1. September 1997 Krankengeld zu gewähren. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen ergebe sich, dass bei dem Kläger ein HWS-Syndrom, Tinnitus, Bluthochdruck und depressive Reaktion vorgelegen haben. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei die Leistungsfähigkeit des Klägers nicht an den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu beurteilen. Daran änderten die Vorschriften im Arbeitslosenversicherungsrecht, die bestimmten, welche Beschäftigungen für Arbeitslose zumutbar seien, nichts. Dass der Kläger in seiner letzten Tätigkeit als Geschäftsführer oder in einer vergleichbaren Beschäftigung noch nicht wieder arbeitsfähig gewesen sei, ergebe sich aus den übereinstimmenden Aussagen im Kurentlassungsbericht und den Befundberichten der behandelnden Ärztinnen H. und S. Die Einschätzung des MDK widerspreche auch nicht diesen Aussagen. Der MDK habe seine Aussagen über die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers stets auf die geringeren Leistungsanforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes bezogen. In dem MDK-Gutachten vom 26. Mai 1997 sei ausgeführt, dass der Kläger nur zu Tätigkeiten ohne nervliche Belastungen in der Lage sei. Nervliche Belastungen und Zeitdruck gehörten aber zu Beschäftigungen, die der von dem Kläger zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Geschäftsführer entsprochen hätten. Auch das arbeitsamtsärztliche Gutachten vom 8. Juli 1997 sei kein eindeutiger Beleg dafür, dass der Kläger schon vor der Kur wieder als Geschäftsführer arbeitsfähig gewesen sei. Das arbeitsamtliche Gutachten bejahe zwar die weitere Arbeitsfähigkeit des Klägers in seinem bisherigen Beruf, aber nur eventuell und mit Einschränkungen und empfehle insoweit eine erneute Leistungsbeurteilung nach Abschluss der Kur.
Gegen das der Beklagten am 2. Juli 1999 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung vom 24. Juli 1999. Sie macht im Wesentlichen geltend, der Kläger sei in der streitbefangenen Zeit nicht mehr arbeitsunfähig gewesen und damit bestehe kein Anspruch auf Krankengeld. Das Bundessozialgericht (BSG) habe entschieden, dass Arbeitsunfähigkeit bei einem beendeten Arbeitsverhältnis ausgeschlossen sei, wenn wegen der Krankheit die letzte Tätigkeit auf Dauer nicht mehr ausgeübt werden könne und eine Verweisung auf eine andere Tätigkeit zumutbar sei, wobei sich die Verfügbarkeit nach den Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) - jetzt Sozialgesetzbuch / Drittes Buch (SGB III) - richte (vgl. BSG USK 86206, 86209; BSG SozR 3-2500 § 48 Nr. 5). Das BSG habe zwar in den vorgenannten Entscheidungen konkrete Hinweise zur Verweisbarkeit gegeben - auf die sich auch das Sozialgericht Berlin gestützt habe -, diese orientierten sich aber offensichtlich an der zu damaligen Zumutbarkeitsanordnung der Bundesanstalt für Arbeit vom 16. März 1982 und konkretisierten diese für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung. Diese Regelungen nach dem AFG seien - so die Gesetzesbegründung im Arbeitsförderungs-Reformgesetz - im Hinblick auf die seit 1982 veränderten Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt neu gefasst und ab 1. April 1997 als § 103b AFG (seit 1. Januar 1998 = § 121 SGB III) in das Gesetz übernommen worden. Diese Vorschrift enthalte u.a. den Grundsatz, dass ein Arbeitsloser jede Arbeit annehmen und ausüben müsse, die er ausüben könne und dürfe. Demzufolge könne im vorliegenden Rechtsstreit die zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht (mehr) Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit sein, zumal der Kläger nicht mehr die Möglichkeit habe, an seinen alten Arbeitsplatz zurückzukehren. Bestehe - wie hier - ein vollschichtiges Leistungsvermögen, müsse sich der Kläger ohnehin - spätestens nach Ablauf des Höchstanspruches auf Krankengeld - beruflich neu orientieren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. April 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und weist darauf hin, dass er entgegen der Ansicht der Beklagten in seinem zuletzt ausgeübten Beruf nicht auf Dauer arbeitsunfähig sei. Nach der Kur sei er wieder arbeitsfähig für seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit gewesen, was sich auch aus dem Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik ergebe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der beigezogenen Leistungsakte des Arbeitsamtes Berlin-Mitte Bezug genommen. Diese Unterlagen haben dem Senat vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht der Klage des Klägers stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 27. Mai 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. April 1998 aufgehoben, da der Kläger Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 2. Juni bis 1. September 1997 hat.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch / Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Gemäß § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V entsteht der Anspruch auf Krankengeld von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird.
Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum arbeitsunfähig im Sinne von § 44 Abs. 1 SGB V war. Der Kläger litt u.a. an einem HWS-Syndrom mit rezidivierenden rechtsseitigen Ischialgien, einem Tinnitus bei Hochtonschwerhörigkeit und reaktiven Depressionen (Gutachten des MDK vom 26. Mai 1997 und 1. September 1997, Gutachten des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes Berlin-Mitte vom 8. Juli 1997 und Reha-Entlassungsbericht der Klinik F. vom 11. November 1997). Auf Grund dieses Beschwerdebildes ergibt sich für den Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, dass er seine letzte Tätigkeit als Geschäftsführer in einem Datenverarbeitungsprojekt oder eine ähnlich geartete Tätigkeit nicht mehr ausüben konnte.
Sowohl die den Kläger behandelnden Ärztinnen Dr. Wi., S. und W. als auch die den Kläger behandelnde Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde Dr. H. haben in ihren vom Sozialgericht veranlassten Befundberichten vom 31. August 1998 ausgeführt, dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum arbeitsunfähig gewesen sei. Er habe seine bisher verrichtete Tätigkeit nicht mehr ausüben können. Auch die Ärzte in der Rehabilitationsklinik - Klinik F.- bescheinigten Arbeitsunfähigkeit für den gesamten Zeitraum des stationären Aufenthaltes vom 2. September bis 28. Oktober 1997 und stellten erst anschließend wieder Arbeitsfähigkeit fest. Aus ihrer Sicht zeigte sich auch zum Zeitpunkt der Aufnahme weiterhin Arbeitsunfähigkeit für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (Bl. 2 des Entlassungsberichtes).
Dem steht die gutachterliche Feststellung des MDK in den Gutachten vom 26. Mai und 1. September 1997 sowie das Gutachten des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes Berlin-Mitte vom 8. Juli 1997 nicht entgegen. Zwar hat Dr. H. in seinem Gutachten für den MDK vom 26. Mai 1997 ausgeführt, der Kläger könne leichte bis mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig, im Wechsel von Sitzen und Stehen mit Unterbrechungen verrichten. Es müsse sich aber um Tätigkeiten handeln ohne nervliche Belastung, ohne Zeitdruck, ohne Gefährdung durch Kälte, Zugluft, Nässe und Lärm. Ebenso hat die Fachärztin für Innere Medizin Dr. L. in dem Gutachten des Ärztlichen Dienstes des Arbeitsamtes Berlin-Mitte vom 8. Juli 1997 erwähnt, dass die körperliche und psychische Belastbarkeit des Klägers derzeit noch etwas beeinträchtigt sei. Die Gesundheitsstörungen könnten aber mit großer Wahrscheinlichkeit zumindest teilweise, durch weitere Behandlungsmaßnahmen, insbesondere in Form einer Heilkur, noch gebessert werden. Insgesamt sei der Kläger überwiegend für leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig einsatzfähig. Allerdings sei das Arbeiten u.a. unter Zeitdruck zu vermeiden. Mit den von diesen Ärzten angeführten Leistungseinschränkungen konnte der Kläger aber gleichfalls seine Tätigkeit als Geschäftsführer in einem Datenverarbeitungsprojekt oder einer gleichgearteten Tätigkeit nicht ausüben. Zwar handelt es sich bei der Tätigkeit eines Geschäftsführers um körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen, die überwiegend im Sitzen ausgeführt werden. Die Arbeit zeichnet sich aber im allgemeinen durch eine sehr unregelmäßige Arbeitszeit aus, die zum Teil unter Zeitdruck erfolgt. Zudem wird u.a. eine ausreichende psychische Belastbarkeit verlangt (vgl. Die Berufsinformationskarte nach Berufsordnungen - BIK/BO -, Stand: Juni 1995, BO 751). Dem Kläger fehlte indes eine ausreichende psychische Belastbarkeit und die Fähigkeit auch unter Zeitdruck zu arbeiten. Dies sind jedoch Arbeitsvoraussetzungen für das Bekleiden der bisher vom Kläger ausgeübten Tätigkeit als Geschäftsführer in einem Datenverarbeitungsprojekt und auch für gleichartige Tätigkeiten in gehobener beruflicher Stellung im datenverarbeitenden Wirtschaftsbereich. Denn bei der Beurteilung der Zumutbarkeit sind Aufgabenbereich, Art der Verrichtung, erforderliche Kenntnisse und Fertigkeiten, körperliche und nervliche Belastungen, Einarbeitungszeit, Einfluss auf Lebensweise des Versicherten, Vorhandensein entsprechender Arbeitsplätze auf dem Arbeitsmarkt und wirtschaftliche Gleichwertigkeit zu beachten (BSGE 57, 227, 229; BSG USK 86206 und 86209; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 44 SGB V Rdnr. 11).
Eine Verweisung auf gesundheitlich zumutbare Arbeiten außerhalb des bisherigen Berufsbereiches, wie in der Rentenversicherung, kommt nicht in Betracht. Daran ändert sich auch dann nichts, wenn sich der Betreffende arbeitslos gemeldet und dadurch zu erkennen gibt, dass er zu einer beruflichen Neuorientierung bereit ist (BSG, Urteil vom 8. Februar 2000 - B 1 KR 11/99 R - siehe Presse-Vorbericht und Presse-Mitteilung Nr. 10/00 des BSG; Entscheidung ist zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Insofern weist die Beklagte auch zu Unrecht darauf hin, dass bei dem im streitbefangenen Zeitraum beschäftigungslosen Kläger auf die Zumutbarkeitskriterien nach dem Arbeitsförderungsrecht wie sie in den Vorschriften des § 103b AFG bzw. ab 1. Januar 1998 in § 121 SGB III niedergelegt sind, abzustellen ist und damit Beurteilungskriterium für die Arbeitsfähigkeit alle Beschäftigungsmöglichkeiten sind, die der Kläger ausüben kann und darf. Im Übrigen sind auch die von der Beklagten gezogenen Rückschlüsse auf die allgemeinen Zumutbarkeitskriterien im Arbeitslosenversicherungsrecht aus den von ihr zitierten Urteilen des BSG nicht zu entnehmen. Das BSG hat in seinen Urteilen vom 9. Dezember 1986 - 8 RK 27/84 - und - 8 RK 12/85 - (USK 86206 und 86209) gerade ausgeführt, dass die Verweisung auf Tätigkeiten außerhalb der bisher ausgeübten Erwerbstätigkeit nur unter bestimmten engen Voraussetzungen, die bereits oben aufgeführt worden sind, zulässig ist. Darüber hinaus betrifft das Urteil des BSG vom 3. November 1993 -1 RK 10/98- (SozR 3-2500 § 48 Nr. 5) eine andere Fallgestaltung, da dort das Wiederaufleben des Anspruchs auf Krankengeld in einer neuen Rahmenfrist streitgegenständlich war (§ 48 SGB V).
Der Senat sah sich nicht veranlasst, weiter aufzuklären, ob und gegebenenfalls wann der Beklagten letztlich die Arbeitsunfähigkeit des Klägers für den streitbefangenen Zeitraum gemeldet worden ist. Denn da die Feststellung der Arbeitsfähigkeit nicht auf einer medizinischen, sondern auf einer rechtlichen Fehleinschätzung beruhte und diese zweifelsfrei dem Verantwortungsbereich der Krankenkasse zuzuordnen ist, ist es nicht gerechtfertigt, das Risiko eines Rechtsverlustes durch die unterbliebene oder verspätete Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsmeldung gleichwohl dem Versicherten aufzubürden (BSG, Urteil vom 8. Februar 2000 - B 1 KR 11/99 R -).
Nach alledem hatte die Berufung der Beklagten keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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