L 9 KR 62/00

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 1290/99-72
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 62/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 22. März 2000 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten für eine Akupunktur-Behandlung.

Die im Jahre 1947 geborene Klägerin leidet seit einigen Jahren unter einem chronischen Wirbelsäulen-Syndrom. Dies führt zu starken Verspannungen im Rückenbereich, die schmerzhaft sind und auf den Bereich der Arme ausstrahlen. Krankengymnastik, Massagen und Chirotherapie führten nicht zum gewünschten Linderungserfolg. Am 10. Mai 1999 suchte die Klägerin die Vertragsärztin Dr. M W auf und begann bei dieser Ärztin noch am selben Tage eine Akupunktur-Behandlung, die sich auf insgesamt zehn Behandlungs-Sitzungen erstreckte und am 7. Juni 1999 abgeschlossen war. In der Zeit vom 13. August bis zum 15. Oktober 1999 wurden nochmals zehn Behandlungen durchgeführt. Gemäß Rechnung vom 7. Juni 1999 bezahlte die Klägerin an die behandelnde Ärztin 800,00 DM für die ersten zehn Behandlungen. Aufgrund Rechnung vom 15. Oktober 1999 entrichtete sie weitere 600,00 DM für die zweite Zehnerfolge von Behandlungen.

Bereits am 12. Mai 1999 hatte die Klägerin bei der Beklagten die Kostenübernahme für die ersten zehn Behandlungen beantragt. Mit Bescheid vom 3. Juni 1999 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab und wies den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 24. November 1999 zurück: Die schulmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten seien nicht ausgeschöpft, außerdem habe die Klägerin die Leistungen in Anspruch genommen, ohne zuvor den Bescheid der Beklagten abzuwarten. Den Antrag der Klägerin vom 8. Juni 1999, die zweite Zehnergruppe betreffend, beschied die Beklagte nicht.

Mit ihrer am 27. Dezember 1999 zum Sozialgericht Berlin erhobenen, gegen die Bescheide vom 3. Juni und vom 24. November 1999 gerichteten Klage hat die Klägerin ihr Ziel weiterverfolgt, eine Kostenerstattung in vollem Umfang zu erreichen. Mit Gerichtsbescheid vom 22. März 2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und dabei ausgeführt, die Behandlung sei weder von einem Vertragsarzt angeordnet worden, noch sei ersichtlich, dass die Behandlung von einem Vertragsarzt kostenfrei durchgeführt werden solle.

Mit ihrer am Montag, dem 5. Juni 2000 bei dem Landessozialgericht Berlin eingelegten Berufung gegen den am 4. Mai 2000 zugestellten Gerichtsbescheid verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter, eine Kostenerstattung für die Akupunktur-Behandlung zu erreichen. Nach richterlichem Hinweis auf die teilweise Unzulässigkeit der Klage hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6. November 2002 ihre Klage hinsichtlich der Behandlungsserie vom 13. August 1999 bis zum 15. Oktober 1999 zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 22. März 2000 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die zwischen dem 10. Mai und dem 7. Juni 1999 durchgeführte Akupunktur-Behandlung 409,03 Euro (entsprechend 800,00 DM) zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, denn zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung überstieg der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 500,00 Euro. Die spätere Teilrücknahme der Klage im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6. November 2002, durch die die Klage auf den Teilbetrag von 409,03 Euro beschränkt wurde, führt nicht rückwirkend zu einer Unzulässigkeit der Berufung.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, denn sie ist hinsichtlich des allein noch streitbefangenen Betrages von 409,03 Euro (entsprechend 800,00 DM) für die erste Behandlungsfolge von zehn Akupunktur-Behandlungen in der Zeit vom 10. Mai bis zum 7. Juni 1999 unbegründet.

Als Rechtsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch kam allein § 13 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) in Betracht. Nach dieser Vorschrift hat die Krankenkasse Kosten für eine selbst beschaffte Leistung zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Die erste Alternative - die Unaufschiebbarkeit der Leistung - ist vorliegend schon deswegen nicht erfüllt, weil die Erkrankung der Klägerin chronischer Natur war und bereits längere Zeit angedauert hatte. Es ist weder von der Klägerin geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich, dass hier eine besondere Dringlichkeit bestand, die die Leistungsgewährung unaufschiebbar machte.

Auch die zweite Alternative dieser Vorschrift - die unrechtmäßige Ablehnung einer Leistung und die darauf beruhende Kostenverursachung - ist nicht erfüllt. Denn es fehlt an der Kausalität zwischen der Ablehnung einerseits und der Entstehung der Behandlungskosten andererseits, weil die Klägerin die Leistung in Anspruch genommen hat, ohne die - im Ergebnis dann ablehnende - Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand der rechtswidrigen Ablehnung einer Leistung und dem Nachteil des Versicherten muss ein Kausalzusammenhang bestehen, ohne den ein Kostenerstattungsanspruch nicht an die Stelle eines Sachleistungsanspruchs treten kann. Dies bedeutet, dass Kosten für eine selbst beschaffte Leistung nur zu ersetzen sind, wenn die Krankenkasse die Leistungsgewährung vorher abgelehnt hatte. Ein Kausalzusammenhang und damit eine Kostenerstattung scheiden aus, wenn der Versicherte sich die streitige Behandlung außerhalb des vorgeschriebenen Beschaffungsweges selbst besorgt, ohne sich vorher mit seiner Krankenkasse ins Benehmen zu setzen und deren Entscheidung abzuwarten. Erst die Weigerung der Krankenkasse gibt dem Versicherten das Recht, sich die benötigte Behandlung selbst zu beschaffen und die Erstattung der dafür aufgewendeten Kosten zu verlangen. An dieser Kausalität zwischen Ablehnung und Selbstbeschaffung der Leistung fehlt es vorliegend. Die Klägerin begann die Behandlung und damit die Inanspruchnahme der Leistung bereits am 10. Mai 1999. Erst zwei Tage später, nämlich am 12. Mai 1999, ging der Antrag der Klägerin bei der Beklagten ein. Schon dieser zeitliche Zusammenhang - die Inanspruchnahme der Leistung vor wirksamer Beantragung bei der Beklagten - zerstört den Kausalzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Kostenentstehung. Dem steht auch nicht entgegen, dass die letzte der Behandlungen erst am 7. Juni 1999 und damit zeitlich nach dem Ablehnungsbescheid vom 3. Juni 1999 erfolgte, denn die zehn Akupunktur-Behandlungen waren von Anfang an als Behandlungseinheit konzipiert, auf die sich die Ablehnung der Leistung insgesamt erstreckte und die auch aus Sicht der Klägerin als einheitlicher Behandlungsvorgang zu betrachten waren. Dies ergibt sich daraus, dass die Klägerin ihrem bei der Beklagten am 12. Mai 1999 eingegangenen Antrag vom 10. Mai 1999 eine Bescheinigung der behandelnden Ärztin Dr. M W vom 10. Mai 1999 beigefügt hatte, in der ausgeführt war, es seien zehn Sitzungen insgesamt vorgesehen. Dadurch, dass die Klägerin mit der Inanspruchnahme der fest geplanten Zehnerfolge von Behandlungen begann, ohne den Ablehnungsbescheid der Beklagten abzuwarten, hat sie deutlich gemacht, dass die Kostenentstehung nicht auf eine Ablehnung der Beklagten zurückzuführen war, sondern völlig unabhängig von der Entscheidung der Beklagten in jedem Fall durch die Klägerin veranlasst werden sollte. Dies schließt nach den vorgenannten Kriterien eine Kostenerstattung aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision war nicht zuzulassen, denn Zulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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