Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 438/13 und S 12 KA 612/13
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 42/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 17/15 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufungen der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 7. Mai 2014 werden zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der zahnärztlichen Abrechnung in 9 Behandlungsfällen für das Quartal III/09 und in 37 Behandlungsfällen für das Quartal IV/09 wegen des sog. Splittingverbots in Höhe von insgesamt 3.517,55 Euro und 2.034,37 Euro zusammen 5.551,92 Euro.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in A-Stadt mit zwei zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Zahnärzten und mit Dr. Dr. med. dent. A., Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und Zahnarzt, der zur vertragszahnärztlichen und zugleich zur vertragsärztlichen Versorgung in Einzelpraxis zugelassen ist.
Im Rahmen eines elektronischen Datenabgleichs nach § 285 Abs. 3 S. 5 i.V.m. § 106a SGB V hat die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZVH) von der beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) einen elektronischen Datenträger mit den Abrechnungsdaten für die Abrechnungszeiträume IIl/09 bis II/10 erhalten. Bei diesem Routineabgleich wurde festgestellt, dass es im Abrechnungszeitraum III/09 in 310 Behandlungsfällen zur beidseitigen Abrechnungen gekommen ist, und damit gegen das bundesmantelvertraglich vereinbarte Splittingverbot verstoßen wurde, wonach ein einheitlicher Behandlungsfall nur über die Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) oder nur über die Kassenärztliche Vereinigung (KV) abgerechnet werden darf und die Aufteilung eines einheitlichen Behandlungsfalles in zwei Abrechnungsfälle nicht zulässig ist. Beklagte und Beigeladene waren sich einig, dass Berichtigungen alternativ in beider Zuständigkeiten notwendig waren, dabei jedoch nicht allein nach dem Abrechnungseingang verfahren werden konnte. Die Berichtigungen wurden sodann nach dem Leistungsschwerpunkt des Behandlungsfalles, konkret nach der Höhe der vorgenommenen Abrechnungen, vorgenommen. In 292 Behandlungsfällen wurde der Schwerpunkt im Bereich der zahnärztlichen Abrechnung und in 9 Behandlungsfällen des Quartals III/09 sowie in 37 Behandlungsfällen im Quartal IV/09 im Bereich der ärztlichen Abrechnung gesehen, mit der Folge, dass in den zuletzt genannten Fällen sachlich-rechnerische Berichtigungen durch die Beklagte vorzunehmen waren, in 9 Behandlungsfällen waren keine Datenübereinstimmungen festgestellt worden. Die Fälle mit zahnärztlichem Schwerpunkt wurden der Beigeladenen zur Korrektur der vertragsärztlichen Leistungen überlassen.
Die Beigeladene (KVH) nahm mit Bescheid vom 24.05.2013 gegenüber Herrn Dr. Dr. A. eine sachlich-rechnerische Berichtigung für die Quartale III und IV/09 in Höhe von 35.344,76 Euro bzw. 32.302,24 Euro, insgesamt in Höhe von 67.647,00 Euro vor. Insgesamt sind davon 292 Behandlungsfälle aus der Abrechnung für das Quartal IIl/09 und 288 Behandlungsfälle für das Quartal IV/09 betroffen.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch vom 03.06.2013 wies die Beigeladene mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2013 als unbegründet zurück. Die hiergegen erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 02.04.2014 (Az.: S 12 KA 609/13) als unbegründet zurückgewiesen, die hiergegen eingelegte Berufung ist Gegenstand des Parallelverfahrens L 4 KA 30/14.
Die Beklagte nahm mit Bescheid vom 21.03.2013 für das Quartal III/09 die streitgegenständliche sachlich-rechnerische Berichtigung vor. Sie kürzte das Honorar um 4.098,75 Euro, unter Berücksichtigung des HVM-Einbehaltes für das Jahr 2009 im Ergebnis auf 3.517,55 Euro. In den 9 strittigen Behandlungsfällen setzte sie die zahnärztlichen Leistungen des gesamten Behandlungsfalls ab, da gegen das Splittingverbot verstoßen worden sei.
Hiergegen erhob die Klägerin am 22.04.2013 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2013 als unbegründet zurückwies. Ergänzend zu ihren Darlegungen im Ausgangsbescheid führte sie aus, der pauschale Widerspruchsvortrag, das Splittingverbot gehe vom Begriff des "einheitlichen Behandlungsfalles" aus, treffe zu, sei hier aber in allen abgesetzten Behandlungsfällen erfüllt. Leistungen für Kiefergelenkserkrankungen, prothetische Leistungen sowie Leistungen aus der Parodontologie seien von den Absetzungen nicht betroffen.
Hiergegen hat die Klägerin am 25.07.2013 die Klage zum Az.: S 12 KA 438/13 erhoben.
Die Beklagte nahm mit Bescheid vom 14.05.2013 eine weitere sachlich-rechnerische Berichtigung für das Quartal IV/09 in 37 Behandlungsfällen in Höhe von insgesamt 2.862,79 Euro vor, die sie im Hinblick auf den HVM-Einbehalt auf 2.456,85 Euro reduzierte. Auch in diesen Behandlungsfällen setzte sie die gesamte (zahnärztliche) Abrechnung wegen des Verstoßes gegen das Splittingverbot ab.
Dem hiergegen eingelegten Widerspruch vom 16.05.2013 gab sie mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2013 in Höhe von 422,48 Euro statt. Im Übrigen wies sie den Widerspruch als unbegründet zurück. Insgesamt setzte sie die Honorarberichtigung auf 2.370,51 Euro bzw. unter Berücksichtigung des HVM-Einbehalts auf 2.034,37 Euro fest.
Hiergegen hat die Klägerin am 28.11.2013 Klage zum Az.: S 12 KA 612/13 erhoben.
Das Sozialgericht hat die Klagen mit Urteil vom 7. Mai 2014 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte sei wegen Verstoßes gegen das sog. Splittingverbot berechtigt, die Absetzungen in den strittigen Behandlungsfällen vorzunehmen. Es liege ein einheitlicher Behandlungsfall bei allen Leistungen einer Berufsausübungsgemeinschaft mit einem MKG-Chirurgen für einen Patienten vor, unabhängig davon, ob sie von der Berufsausübungsgemeinschaft bei der KZV oder vom MKG-Chirurgen separat bei der KV abgerechnet würden. Dies habe die Kammer bereits mit Urteil vom 02.04.2014 - S 12 KA 609/13 – für den vertragsärztlichen Bereich entschieden, es gelte gleichermaßen auch für den vertragszahnärztlichen Bereich.
Die Beklagte sei grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung und gehe zu Recht von einem Verstoß gegen das sog. Splittingverbot aus, der zu der vorgenommenen sachlich-rechnerischen Berichtigungen berechtige.
Nr. 4 der Allgemeine Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA), Anlage A zum BMV-Z bzw. Anlage A zum EKVZ, bestimme, dass Vertragszahnärzte, die auch als Vertragsärzte gemäß § 95 Abs. 1 SGB V an der Versorgung teilnehmen, die in einem einheitlichen Behandlungsfall durchgeführten Leistungen entweder nur über die Kassenzahnärztliche Vereinigung oder nur über die Kassenärztliche Vereinigung abrechnen dürfen. Die Abrechnung einzelner Leistungen über die Kassenärztliche Vereinigung schließe die Abrechnung weiterer Leistungen in einem einheitlichen Behandlungsfall über die Kassenzahnärztliche Vereinigung aus. Die Aufteilung eines einheitlichen Behandlungsfalls in zwei Abrechnungsfälle sei nicht zulässig. Entsprechend bestimme fast wortgleich Nr. 6.3 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) "Gleichzeitige Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung", dass Vertragsärzte, die auch als Vertragszahnärzte an der Versorgung teilnehmen, die in einem einheitlichen Behandlungsfall durchgeführten Leistungen entweder nur über die Kassenärztliche Vereinigung oder nur über die Kassenzahnärztliche Vereinigung abrechnen dürfen.
Soweit § 9 Abs. 1 BMV-Z bestimme, dass Behandlungsfall im Sinne dieses Vertrages bei Leistungen nach den Teilen 1 und 3 des Bewertungsmaßstabes (Anlage A) die gesamte von demselben Vertragszahnarzt innerhalb desselben Kalendervierteljahres vorgenommene Behandlung ist, handele es sich nicht um eine Ergänzung oder Einschränkung der Nr. 4 der Allgemeinen Bestimmungen des BEMA. Mit § 9 Abs. 1 BMV-Z würden konservierende und chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen (Teil 1) und kieferorthopädische Leistungen (Teil 3) "innerhalb desselben Kalendervierteljahres" vertragszahnarztrechtlich zu einem Behandlungsfall zusammengefasst, hiervon ausgeschlossen seien lediglich die Behandlung von Verletzungen und Erkrankungen des Gesichtsschädels (Teil 2), die systematische Behandlung von Parodontopathien (Teil 4) und die Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen (Teil 5). Der Sinn dieser Regelung beschränke sich darauf, für die Leistungen nach Teil 1 und 3 BEMA das Quartalsprinzip als Regelfall (zu Ausnahmen s. Abs. 2 des § 9 BMV-Z) zu bestimmen. Bei den anderen Leistungen des BEMA gelte dieses Prinzip nicht, da Leistungen allgemein erst nach vollständiger Erbringung abgerechnet würden und diese Leistungen sich nicht auf den Zeitraum innerhalb eines Quartals beschränken ließen. Eine Einschränkung des sog. Splittingverbots lasse sich daraus nicht herleiten. Dies würde auch zu widersprüchlichen Ergebnissen führen. Das sog. Splittingverbot ziele gerade auf die Tätigkeit der MKG-Chirurgen mit ihrer Zulassung als Arzt und Zahnarzt ab, deren Haupttätigkeitsfeld abgesehen von den chirurgischen Leistungen nicht in den Leistungsbereichen nach Teil 1 und 3 BEMA liege, sondern auch im Bereich Kieferbruch (Teil 2 BEMA). Entsprechend sei § 14 Abs. 1 Nr. 1 EKV-Z zu verstehen, wonach Behandlungsfall im Sinne des Vertrages bei Leistungen nach dem BEMA-Teil 1 die gesamte von demselben Vertragszahnarzt innerhalb desselben Kalendervierteljahres vorgenommene Behandlung ist. Auch hier sei der Sinn der Regelung darauf beschränkt, für die Leistungen nach Teil 1 das Quartalsprinzip als Regelfall zu bestimmen. Von daher gelte das sog. Splittingverbot auch für die Abrechnung im Bereich Kieferbruch und die Beklagte habe daher auch im Behandlungsfall Nr. 7 im Verfahren zum Az.: S 12 KA 438/13 die Absetzungen vornehmen können.
Entsprechend sei in den Bundesmantelverträgen für die vertragsärztliche Versorgung bestimmt, dass die gesamte von derselben Arztpraxis (Vertragsarzt, Vertragspsychotherapeut, Berufsausübungsgemeinschaft, Medizinisches Versorgungszentrum) innerhalb desselben Kalendervierteljahres an demselben Versicherten ambulant zu Lasten derselben Krankenkasse vorgenommene Behandlung jeweils als Behandlungsfall gilt.
Aus dem Quartalsprinzip in der vertragsärztlichen Versorgung folge aber auch für den vertragszahnärztlichen Bereich, dass immer dann, wenn Leistungen im vertragsärztlichen Bereich abgerechnet werden, nicht in demselben Quartal Leistungen auch im vertragszahnärztlichen Bereich abgerechnet werden können.
Der klägerseitigen Auffassung, es müsse bei Anwendung des Splittingverbots zwischen einer vertragsarztrechtlichen Einzelpraxis und der rein vertragszahnartrechtlichen Berufsausübungsgemeinschaft unterschieden werden mit der Maßgabe, dass zwei unterschiedliche und selbständige Behandlungsfälle vorliegen, könne nicht gefolgt werden.
Zum Berufsbild des MKG-Chirurgen gehöre es, dass er in seiner Praxis ärztliche und zahnärztliche Tätigkeiten anbietet und ausübt, diese Doppelqualifikation sei Ausdruck des gewachsenen Berufsbildes, dem die Doppelzulassung zur vertragsärztlichen als auch zur vertragszahnärztlichen Versorgung Rechnung trage. Die Zulassung in zwei Versorgungsbereichen bedeute aber nicht, dass von zwei unterschiedlichen Leistungserbringern auszugehen sei. Auch wenn MKG-Chirurgen gleichzeitig über eine vertragszahn- und vertragsärztliche Zulassung verfügen, hätten sie nur einen Versorgungsauftrag. Auch bei einer zugelassenen Tätigkeit in zwei Fachgebieten handele es sich stets um nur eine Zulassung - und ebenso um nur insgesamt einen vollen Versorgungsauftrag (Hinweis auf BSG, Beschl. v. 09.02.2011 - B 6 A 44/10 B- juris Rdnr. 10 m.w.N.). Bereits von daher sei davon auszugehen, dass auch bei MKG-Chirurgen jeweils nur ein Behandlungsfall pro Patient im Quartal vorliegt, unabhängig davon, wo die Behandlung abgerechnet wird. Dies gelte unabhängig davon, ob der MKG-Chirurg in einer Einzelpraxis oder in einer ärztlichen oder zahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft zugelassen ist.
Die Behandlungsfälle der Klägerin und ihres MKG-Chirurgen seien auch dann als ein einheitlicher Behandlungsfall anzusehen, wenn Leistungen sowohl vertragsärztlich als auch vertragszahnärztlich abgerechnet werden.
Die Gemeinschaftspraxis sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts durch die gemeinsame Ausübung der ärztlichen Tätigkeit durch mehrere Ärzte der gleichen oder ähnlicher Fachrichtung in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer Praxisausrichtung, gemeinsamer Karteiführung und Abrechnung sowie mit gemeinsamem Personal auf gemeinsame Rechnung geprägt. Sie sei berechtigt, ihre Leistungen unter einer einzigen Abrechnungsnummer gegenüber der zuständigen KV abzurechnen, und trete dieser dem entsprechend wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber. Rechtlich gesehen sei eine Gemeinschaftspraxis eine Praxis. Sie verfüge über eine gemeinschaftliche Patientendatei und rechne die erbrachten Leistungen unter einem Namen ab. Die Behandlung eines Patienten in einem Quartal durch verschiedene Mitglieder der Gemeinschaftspraxis stelle sich als ein Behandlungsfall dar. Die Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise werde nicht auf den einzelnen Arzt bezogen, sondern die Gemeinschaftspraxis werde als Einheit geprüft; etwaige Honorarkürzungen und/oder Regresse habe die Gemeinschaftspraxis zu tragen. Auch die für Vertragsärzte geltenden Vertretungsregelungen bezögen sich auf die Praxis als Gesamtheit; der Vertretungsfall trete nicht ein, solange auch nur ein Arzt der Gemeinschaftspraxis weiterhin tätig ist. Schließlich würden in einer Gemeinschaftspraxis die Behandlungsverträge nicht zwischen Patient und behandelndem Arzt, sondern zwischen ihm und der Gemeinschaftspraxis geschlossen Dies schließe es aus, MKG-Chirurgen hinsichtlich des sog. Splittingverbots unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob sie in einer Einzelpraxis oder in einer Berufsausübungsgemeinschaft tätig sind. Dabei komme es in einer Berufsausübungsgemeinschaft nicht darauf an, ob der MKG-Chirurg selbst oder sein vertragszahnärztlicher Partner die Leistungen erbracht hat. Sie gälten als von der Berufsausübungsgemeinschaft erbrachte Leistungen und damit auch als Leistungen jedes einzelnen Mitglieds der Berufsausübungsgemeinschaft. Auch von daher scheide eine Trennung der Leistungen in einen zahnärztlichen, und einen MKG-chirurgischen Behandlungsfall aus.
Daraus folge, dass Leistungen, die vertragsärztlich oder vertragszahnärztlich abgerechnet werden können, nur einheitlich gegenüber der KV oder KZV abgerechnet werden dürfen. Würden auch Leistungen erbracht, die nicht in beiden, sondern nur in einem Bereich abgerechnet werden können, müsse sich die Abrechnung nach den Leistungen richten, die nur in einem Bereich abgerechnet werden können. In einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis wie hier sei zu beachten, dass immer dann, wenn Leistungen von ausschließlich als Zahnarzt zugelassenen Behandlern erbracht werden, eine Abrechnung nur über die KZV in Betracht komme (Hinweis auf Harneit, Das Splittingverbot oder Was ist ein Behandlungsfall ?, MKG-Chirurg 2010-3, S. 163 ff., 164). Soweit darüber hinaus Fälle denkbar seien, in denen nicht sämtliche erbrachte Leistungen in einem der beiden Bereiche abrechenbar sind, gehe die Kammer davon aus, dass diese Fälle wegen der geringen Häufigkeit vernachlässigbar sind und die sich evtl. ergebenden Abrechnungsabstriche durchaus zumutbar wären. Solche Fälle seien im Übrigen vorliegend nicht ersichtlich. Die Klägerin habe dies auch nicht fallbezogen und substantiiert dargelegt.
Das sog. Splittingverbot beruhe gerade auch auf der unterschiedlichen Abrechnungssystematik einerseits des vertragsärztlichen und andererseits des vertragszahnärztlichen Leistungsbereichs. Im Unterschied zur ärztlichen Abrechnung nach dem EBM, bei der abgesehen von der Grundpauschale und Zusatzpauschalen - eine Gesamtvergütung für einen Eingriff, aber außerhalb des Regelleistungsvolumens, erfolgt, werde bei der vertragszahnärztlichen Abrechnung jeder Teilschritt einzeln vergütet, unterliege aber im Bereich der Beklagten verschiedenen Budgetgrenzen (sog. Restvergütungsquote und Degressionsregelung). Die Kammer habe aufgrund der Erörterung weiterer Einzelfälle in der mündlichen Verhandlung am 07.05.2014 zu den Verfahren mit Az.: S 12 KA 606/13, 610/13, 611/13 und 646/13 den Eindruck gewonnen, dass die Nichteinhaltung des Splittingverbots der Kumulation der Vorteile beider Abrechnungssysteme dient, indem eine chirurgische Hauptleistung vertragsärztlich und Begleitleistungen in z. T. nicht unerheblichem Umfang vertragszahnärztlich abgerechnet werden.
Die Beklagte sei somit grundsätzlich berechtigt, wegen des Verstoßes gegen das sog. Splittingverbot sämtliche Leistungen zu berichtigen. Dass sich die Beklagte auf Leistungsfälle beschränkt habe, die ihren Schwerpunkt im vertragsärztlichen Bereich haben, sei unerheblich, im Ergebnis werde der Kläger hierdurch begünstigt und nicht beschwert.
Gegen dieses, der Klägerin am 19. Mai 2014 zugestellte Urteil richten sich deren am 20. Juni 2014 beim Hessischen Landessozialgericht eingelegte Berufungen.
Sie macht weiterhin geltend, der MKG-Chirurg habe seine vertragsärztlichen Tätigkeit im relevanten Zeitraum in einer rein vertragsärztlichen Einzelpraxis erbracht und seine vertragszahnärztliche Tätigkeit in einer rein vertragszahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft mit ausschließlich zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Zahnärzten ausgeübt. Dies ergebe sich aus § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV wonach die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nur unter allen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern zulässig sei. Danach habe der MKG-Chirurg in den vorliegend streitgegenständlichen Fällen die von ihm persönlich erbrachten Leistungen ausschließlich gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung zur Abrechnung gebracht. Aus der so dargelegten Konstellation ergebe sich kein Verstoß gegen das Splittingverbot. Aus der wortlautgetreuen Auslegung dieser Bestimmungen ergebe sich, dass vorliegend weder von einem einheitlichen Behandlungsfall zwischen der ärztlichen Einzelpraxis und der zahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft ausgegangen werden könne, noch dass die von dem MKG-Chirurgen allein ärztlich erbrachten und abgerechneten Leistungen zusammen mit den von den rein vertragszahnärztlich zugelassenen Zahnärzten erbrachten und abgerechneten Leistungen zusammengeführt und gemeinsam dem Splittingverbot zugeordnet werden dürften.
Bereits nach den zulassungsrechtlichen Vorgaben könne kein einheitlicher Behandlungsfall zwischen der ärztlichen Einzelpraxis und der vertragszahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft angenommen werden. Dies ergebe sich auch aus den Definitionen des Behandlungsfalls. Ferner läge das personenbezogene Merkmal der Doppelzulassung bei den allein zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Zahnärzten nicht vor. Dieses personenbezogene Merkmal könne nicht auf eine Berufsausübungsgemeinschaft ausgedehnt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien auch innerhalb einer Berufsausübungsgemeinschaft die Fachgebietsgrenzen, Qualifikationsanforderungen und sonstigen Leistungsvorgaben der einzelnen Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft weiterhin zu beachten, dies müsse daher auch für das personenbezogene Merkmal des Splittingverbots gelten. Die von den Zahnärzten persönlich erbrachten Leistungen könnten daher nicht dem den MKG-Chirurgen persönlich treffenden Splittingverbot unterfallen. Andernfalls liefe dies im Ergebnis darauf hinaus, dass der doppelt zugelassene MKG-Chirurg seine von ihm persönlich erbrachten Leistungen in allen kooperativen Behandlungen ausschließlich gegenüber der kassenzahnärztlichen Vereinigung Hessen abrechnen müsste. Eine solche Beschränkung der Wahlmöglichkeiten von MKG-Chirurgen und ihrer von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit bedürfte einer normativen Grundlage, die nicht in den Vorschriften zum Splittingverbot gesehen werden könne.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 7. Mai 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 21. März 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die vertragszahnärztliche Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) der Klägerin bestehe unter anderem aus dem MKG-Chirurgen Dr. Dr. A. Als doppelt zugelassener MKG Chirurg nehme dieser sowohl an der vertragsärztlichen Versorgung in Einzelpraxis als auch an der vertragszahnärztlichen Versorgung als Mitglied der BAG teil. Die rechtliche Konsequenz dieser Tatsache sei, dass die Tätigkeit der Klägerin dem MKG Chirurgen in Einzelpraxis abrechnungsrechtlich zugerechnet werden kann und umgekehrt in derselben Weise. Den MKG-Chirurgen treffe die unmittelbare Pflicht zur Ausübung des Abrechnungswahlrechts im ambulanten Bereich. Über die Mitgliedschaft zur BAG treffe diese Verpflichtung die Klägerin auch mittelbar.
Haftungsrechtlich wie auch abrechnungsrechtlich sei es irrelevant, ob der MKG-Chirurg im konkreten Fall als zugelassener Zahnarzt oder ob einer seiner Kollegen für den zahnärztlichen Bereich die erforderliche Behandlung durchgeführt habe. Sei ein MKG-Chirurg Mitglied einer BAG und in einem Behandlungsfall involviert, dann müsse die BAG zusätzlich zum Zwecke der Einhaltung der abrechnungsrechtlichen Vorgaben unmittelbar das Wahlrecht ihres MKG-Chirurgen bei der Abrechnung berücksichtigen. Werde das Wahlrecht des MKG-Chirurgen nicht gewürdigt, dann riskiere die BAG, wie in den streitigen Fällen geschehen, einen Verstoß gegen das Splittingverbot zu begehen. Die Klägerin habe als eigenständige Rechtspersönlichkeit für die Richtigkeit der Abrechnungen und die Einhaltung der Abrechnungsvorgaben gegenüber der Beklagten einzustehen. In der vorliegenden Konstellation unterliege sie auch dem Splittingverbot, wenn ein und derselbe Patient in Behandlung der Klägerin und der Einzelpraxis sei. Es handele sich folgerichtig auch dann um denselben Vertragsarzt i.S. des § 9 BMV-Ä und § 14 EKV-Z. Die Klägerin einerseits und die Einzelpraxis andererseits seien aufgrund der verschiedenen Versorgungsbereiche zwar zulassungsrechtlich voneinander abzugrenzen, jedoch müsse die Klägerin, wenn ihr MKG-Chirurg in einem Behandlungsfall involviert sei, sich die Frage des Abrechnungswegs vor der Behandlung erstmals stellen und im Sinne der Einhaltung des Splittingverbots auch beantwortet haben. Aus der Gesetzesbegründung des § 285 Abs. 3 S. 5 SGB V ergebe sich, dass eine Datenüberprüfung zwischen der KVH und der KZVH in den Fällen zulässig sei, in denen Ärzte bzw. Zahnärzte in Praxen und deren Berufsausübungsgemeinschaften Leistungserbringer sind. Der Gesetzgeber habe mit Einführung dieser Vorschrift alle Konstellationen auffangen wollen, in denen ein mögliches Splittingverbot in Betracht kommt.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakten sowie auf den Inhalt der Akten des Parallelverfahrens L 4 KA 30/14, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Urteil des SG Marburg vom 07.05.2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 21.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2013 und der Bescheid der Beklagten vom 14.05.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2013 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die von der Beklagten vorgenommenen sachlich-rechnerischen Berichtigungen sind rechtlich nicht zu beanstanden, die Berechnung der abgesetzten Leistungen war nach Nr. 4 Allgemeine Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen (BEMA), Anlage A zum BMV-Z bzw. Anlage A zum EKVZ ausgeschlossen, da in den beanstandeten Behandlungsfällen Leistungen gegenüber der beigeladenen KVH durch Dr. Dr. A. abgerechnet wurden.
Das Sozialgericht hat ausführlich und zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte grundsätzlich zuständig und befugt war, eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Honorarforderungen der Klägerin für die streitbefangenen Quartale aufgrund des sog. Splittingverbots vorzunehmen und diese Richtigstellung der Honorarforderungen in der Sache rechtlich nicht zu beanstanden ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat hierauf Bezug und sieht insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Vor dem Hintergrund des Vortrags der Beteiligten in der Berufung ist ergänzend (nochmals) auf folgendes hinzuweisen:
Einer von der Klägerin angemahnten spezifischen Ermächtigungsgrundlage für eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Honorarforderung bedarf es nicht, da es sich hierbei lediglich um die Zurückweisung tatsächlich nicht erbrachter oder rechtlich nicht berechtigter Honorarforderungen handelt. Zu dem von der Beklagten und der Beigeladenen vorgenommenen Datenabgleich berechtigt § 285 Abs. 3 S.5 SGB V.
Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Vorschriften über das sog. Splittingverbot, hier der Nr. 4 Allgemeine Bestimmungen BEMA, bestehen keine Bedenken. Das Verbot für doppelt zugelassene Vertragsärzte, einheitliche Behandlungsfälle aufzuspalten und jeweils teilweise bei der Beklagten (KVH) oder der Beigeladenen (KZVH) abzurechnen, ist in der Sache gerechtfertigt wenn nicht gar geboten, weil ohne dieses zum Einen Abrechnungskontrollen (wie die sachlich-rechnerische Richtigstellung oder die Wirtschaftlichkeitsprüfung) erschwert oder gar unmöglich gemacht würden (so LSG BW, Urteil v. 18.10.1995 – L 5 Ka 262/95 = MedR 1996, 476 ff), und honorarbegrenzende Maßnahmen umgangen werden könnten, darüber hinaus aber auch rechtswidrige Doppelabrechnungen erleichtert würden, und – darauf hat bereits das Sozialgericht zutreffend hingewiesen – wegen der unterschiedlichen Abrechnungssystematik einerseits des vertragsärztlichen und andererseits des vertragszahnärztlichen Leistungsbereichs, gesplittete Abrechnungen es ermöglichen würden, die Honoraransprüche insgesamt ungerechtfertigt zu steigern, etwa dadurch, dass eine chirurgische Hauptleistung oder pauschalierte Leistungen vertragsärztlich und daneben zusätzlich Begleitleistungen vertragszahnärztlich (mit den hier vorgesehenen Einzelvergütungen) abgerechnet werden. Der Senat teilt den Eindruck des Sozialgerichts, dass vorliegend die gesplitteten Abrechnungen genutzt werden, um zusätzliches Honorar zu generieren. Dies erfolgt etwa dadurch, dass neben der Grundpauschale 15.2 EBM oder umfangreichen Leistungen, die gegenüber der beigeladenen KVH abgerechnet werden, isolierte Beratungsleistungen gegenüber der Beklagten abgerechnet wurden, die nicht zusätzlich gegenüber der KVH hätten abgerechnet werden können (s. z.B. Einzelfalldarstellung Nr. 4, 9,25).
Vor dem Hintergrund der weitgehenden Deckungsgleichheit des ärztlichen und des zahnärztlichen Gebührenkatalogs bezüglich der Abrechnungsfähigkeit von Leistungen für MKG-Chirurgen erscheint das Splittingverbot auch nicht als unverhältnismäßig. Sämtliche der vorliegend gegenüber der Beigeladenen abgerechneten ärztlichen Leistungen hätte auch die Klägerin gegenüber der Beklagten abrechnen können. Es bedarf daher vorliegend auch keiner Entscheidung, ob das Splittingverbot auch dann anzuwenden ist, wenn ärztliche Leistungen erbracht wurden, die von einem MKG-Chirurg nicht zahnärztlich abgerechnet werden können.
Das aus Nr. 4 Allgemeine Bestimmungen BEMA folgende Verbot der streitbefangenen (gesplitteten) Abrechnungen von Leistungen gegenüber der Beklagten trifft und bindet die Klägerin zumindest mittelbar. Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, dass das Splittingverbot die BAG unmittelbar dann träfe, wenn der Kläger mit seiner Doppelzulassung und seinem einheitlichen ungeteilten Versorgungsauftrag Mitglied der BAG wäre und diese dann selbst sowohl gegenüber der Beklagten als auch gegenüber der Beigeladenen abrechnen würde. Ob dies zulassungsrechtlich ausgeschlossen ist, ist vorliegend nicht zu entscheiden. Aber auch in der vorliegend zu beurteilenden zulassungsrechtlichen Konstellation, nach der der doppelt zugelassene MKG-Chirurg an der vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen einer Einzelpraxis und an der zahnärztlichen Versorgung im Rahmen einer BAG mit anderen Vertragszahnärzten teilnimmt, erfordert Sinn und Zweck des Splittingverbots, dass es Anwendung findet und auch von der Klägerin zu beachten ist. Insoweit hat das Sozialgericht bereits zutreffend auf die höchstrichterliche Rechtsprechung hingewiesen, wonach auch der doppelt zugelassene Vertragsarzt nur eine Zulassung und einen Versorgungsauftrag hat (BSG Beschluss v. 09.12.2011, Az.: B 6 KA 44/10 B). Hieraus folgt, dass auch wenn der MKG-Chirurg nur mit seiner Zulassung zur zahnärztlichen Versorgung Mitglied der Klägerin ist, seine gleichzeitige Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung für diese beachtlich ist. Die aus der Doppelzulassung folgenden abrechnungsrechtlichen Bestimmungen, d.h. das Splittingverbot in Nr. 4 Allgemeine Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA), Anlage A zum BMV-Z bzw. Anlage A zum EKVZ, sind daher von der Klägerin ebenfalls zu beachten.
Soweit die Klägerin den gleichen Patienten bzw. Versicherten im gleichen Quartal wie ihr Mitglied Dr. Dr. A. in vertragsärztlicher Einzelpraxis (ambulant zu Lasten derselben Krankenkasse) behandelt, handelt es sich rechtlich um einen einheitlichen Behandlungsfall im Sinne der Splittingverbote und der Definitionen in den Mantelverträgen. Der Begriff des "einheitlichen Behandlungsfalles" i.S. von Nr. 4 Allgemeine Bestimmungen BEMA ist (ebenso wie in Ziff. 6.3 allgemeine Bestimmungen EBM) nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift (wie auch nach dem objektivierten Willen der Vertragsschließenden als untergesetzliche Normgeber) auf die Person des doppelt zugelassenen Vertrags(zahn)arztes und dessen Leistungs- und Abrechnungsverhalten zu beziehen. Diesem ist es hiernach verwehrt, einheitliche Behandlungsfälle nach den Definitionen in den Mantelverträgen gesplittet abzurechnen, was ungeachtet der zulassungsrechtlichen und abrechnungsrechtlichen Konstellation Geltung beansprucht. Ein "einheitlicher Behandlungsfall" in einer Arztpraxis liegt demnach auch dann vor, wenn der MKG-Chirurg die Behandlung eines Versicherten im gleichen Quartal sowohl vertragsärztlich, als auch vertragszahnärztlich (im Rahmen der klagenden BAG) behandelt und abrechnet. Dass es dabei hinsichtlich der vertragszahnärztlichen Behandlung und Abrechnung ohne rechtlichen Unterschied ist, ob die Behandlung tatsächlich von dem MKG-Chirurg oder von einem anderen Mitglied der Klägerin durchgeführt wurde, ist die rechtliche Konsequenz dieser von der Klägerin selbst gewählten Organisationsform und der Aufnahme eines MKG-Chirurgen in die BAG. Bedenken gegen die Zulässigkeit dieser Auslegung im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art.12 Abs. 1 GG) bestehen daher nicht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin steht diese teleologische (und historische) Auslegung der Vorschriften der Mantelverträge zum Splittingverbot auch nicht im Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung bezüglich der Auslegung der vertragsärztlichen Vergütungsbestimmungen. Soweit das BSG die Auslegung solcher Vorschriften eng an den Wortlaut bindet (s. z.B. BSG Urteil v. 12.12.2013, Az.: B 6 KA 14/13 Rn. 11), bezieht sich diese Rechtsprechung auf Leistungsbeschreibungen in den Mantelverträgen und gründet sich zum einen darauf, dass dieses vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgert das BSG die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept der Mantelverträge (insbes. des EBM-Ä) als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Im Falle der Splittingverbotsregelungen handelt es sich jedoch nicht um eine solche Leistungsbeschreibung oder Abrechnungsziffer sondern um eine rein normative Regelung zum Abrechnungsverhalten doppelt zugelassener Vertragsärzte, die allen juristischen Auslegungsmethoden zugänglich ist.
Schließlich sind die Beklagte und die Beigeladene übereinstimmend zutreffend davon ausgegangen, dass wechselseitige sachlich-rechnerische Berichtigungen, die zu einem Verlust aller gesplittet angeforderten Honorare führen würden, wohl unverhältnismäßig wären. Nachdem die Vorschriften zum Splittingverbot keine Regelung enthalten, welche der Honorarforderungen der sachlich-rechnerischen Berichtigung unterfällt, haben die Beklagte und die Beigeladene mit dem monetären Schwerpunkt der Abrechnungen eines Leistungsfalles das sachgerechte und für den Kläger schonendste Kriterium gefunden, wonach nur die jeweils geringere Honoraranforderung der sachlich-rechnerischen Berichtigung unterfällt. Dieses Kriterium vermeidet auch die Zufälligkeiten einer Differenzierung nach dem Abrechnungseingang, soweit dieses Kriterium überhaupt eine Differenzierung zulässt.
Das Splittingverbot kann somit im Ergebnis nicht dadurch umgangen werden, dass sich ein Arzt mit doppelter Zulassung mit einer der Zulassungen in eine BAG begibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung in § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil hat die Verfahrenskosten zu tragen.
Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs.2 Zi. 1 SGG).
Die Klägerin trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung der zahnärztlichen Abrechnung in 9 Behandlungsfällen für das Quartal III/09 und in 37 Behandlungsfällen für das Quartal IV/09 wegen des sog. Splittingverbots in Höhe von insgesamt 3.517,55 Euro und 2.034,37 Euro zusammen 5.551,92 Euro.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in A-Stadt mit zwei zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Zahnärzten und mit Dr. Dr. med. dent. A., Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und Zahnarzt, der zur vertragszahnärztlichen und zugleich zur vertragsärztlichen Versorgung in Einzelpraxis zugelassen ist.
Im Rahmen eines elektronischen Datenabgleichs nach § 285 Abs. 3 S. 5 i.V.m. § 106a SGB V hat die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZVH) von der beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (KVH) einen elektronischen Datenträger mit den Abrechnungsdaten für die Abrechnungszeiträume IIl/09 bis II/10 erhalten. Bei diesem Routineabgleich wurde festgestellt, dass es im Abrechnungszeitraum III/09 in 310 Behandlungsfällen zur beidseitigen Abrechnungen gekommen ist, und damit gegen das bundesmantelvertraglich vereinbarte Splittingverbot verstoßen wurde, wonach ein einheitlicher Behandlungsfall nur über die Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) oder nur über die Kassenärztliche Vereinigung (KV) abgerechnet werden darf und die Aufteilung eines einheitlichen Behandlungsfalles in zwei Abrechnungsfälle nicht zulässig ist. Beklagte und Beigeladene waren sich einig, dass Berichtigungen alternativ in beider Zuständigkeiten notwendig waren, dabei jedoch nicht allein nach dem Abrechnungseingang verfahren werden konnte. Die Berichtigungen wurden sodann nach dem Leistungsschwerpunkt des Behandlungsfalles, konkret nach der Höhe der vorgenommenen Abrechnungen, vorgenommen. In 292 Behandlungsfällen wurde der Schwerpunkt im Bereich der zahnärztlichen Abrechnung und in 9 Behandlungsfällen des Quartals III/09 sowie in 37 Behandlungsfällen im Quartal IV/09 im Bereich der ärztlichen Abrechnung gesehen, mit der Folge, dass in den zuletzt genannten Fällen sachlich-rechnerische Berichtigungen durch die Beklagte vorzunehmen waren, in 9 Behandlungsfällen waren keine Datenübereinstimmungen festgestellt worden. Die Fälle mit zahnärztlichem Schwerpunkt wurden der Beigeladenen zur Korrektur der vertragsärztlichen Leistungen überlassen.
Die Beigeladene (KVH) nahm mit Bescheid vom 24.05.2013 gegenüber Herrn Dr. Dr. A. eine sachlich-rechnerische Berichtigung für die Quartale III und IV/09 in Höhe von 35.344,76 Euro bzw. 32.302,24 Euro, insgesamt in Höhe von 67.647,00 Euro vor. Insgesamt sind davon 292 Behandlungsfälle aus der Abrechnung für das Quartal IIl/09 und 288 Behandlungsfälle für das Quartal IV/09 betroffen.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch vom 03.06.2013 wies die Beigeladene mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2013 als unbegründet zurück. Die hiergegen erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 02.04.2014 (Az.: S 12 KA 609/13) als unbegründet zurückgewiesen, die hiergegen eingelegte Berufung ist Gegenstand des Parallelverfahrens L 4 KA 30/14.
Die Beklagte nahm mit Bescheid vom 21.03.2013 für das Quartal III/09 die streitgegenständliche sachlich-rechnerische Berichtigung vor. Sie kürzte das Honorar um 4.098,75 Euro, unter Berücksichtigung des HVM-Einbehaltes für das Jahr 2009 im Ergebnis auf 3.517,55 Euro. In den 9 strittigen Behandlungsfällen setzte sie die zahnärztlichen Leistungen des gesamten Behandlungsfalls ab, da gegen das Splittingverbot verstoßen worden sei.
Hiergegen erhob die Klägerin am 22.04.2013 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2013 als unbegründet zurückwies. Ergänzend zu ihren Darlegungen im Ausgangsbescheid führte sie aus, der pauschale Widerspruchsvortrag, das Splittingverbot gehe vom Begriff des "einheitlichen Behandlungsfalles" aus, treffe zu, sei hier aber in allen abgesetzten Behandlungsfällen erfüllt. Leistungen für Kiefergelenkserkrankungen, prothetische Leistungen sowie Leistungen aus der Parodontologie seien von den Absetzungen nicht betroffen.
Hiergegen hat die Klägerin am 25.07.2013 die Klage zum Az.: S 12 KA 438/13 erhoben.
Die Beklagte nahm mit Bescheid vom 14.05.2013 eine weitere sachlich-rechnerische Berichtigung für das Quartal IV/09 in 37 Behandlungsfällen in Höhe von insgesamt 2.862,79 Euro vor, die sie im Hinblick auf den HVM-Einbehalt auf 2.456,85 Euro reduzierte. Auch in diesen Behandlungsfällen setzte sie die gesamte (zahnärztliche) Abrechnung wegen des Verstoßes gegen das Splittingverbot ab.
Dem hiergegen eingelegten Widerspruch vom 16.05.2013 gab sie mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2013 in Höhe von 422,48 Euro statt. Im Übrigen wies sie den Widerspruch als unbegründet zurück. Insgesamt setzte sie die Honorarberichtigung auf 2.370,51 Euro bzw. unter Berücksichtigung des HVM-Einbehalts auf 2.034,37 Euro fest.
Hiergegen hat die Klägerin am 28.11.2013 Klage zum Az.: S 12 KA 612/13 erhoben.
Das Sozialgericht hat die Klagen mit Urteil vom 7. Mai 2014 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte sei wegen Verstoßes gegen das sog. Splittingverbot berechtigt, die Absetzungen in den strittigen Behandlungsfällen vorzunehmen. Es liege ein einheitlicher Behandlungsfall bei allen Leistungen einer Berufsausübungsgemeinschaft mit einem MKG-Chirurgen für einen Patienten vor, unabhängig davon, ob sie von der Berufsausübungsgemeinschaft bei der KZV oder vom MKG-Chirurgen separat bei der KV abgerechnet würden. Dies habe die Kammer bereits mit Urteil vom 02.04.2014 - S 12 KA 609/13 – für den vertragsärztlichen Bereich entschieden, es gelte gleichermaßen auch für den vertragszahnärztlichen Bereich.
Die Beklagte sei grundsätzlich zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung und gehe zu Recht von einem Verstoß gegen das sog. Splittingverbot aus, der zu der vorgenommenen sachlich-rechnerischen Berichtigungen berechtige.
Nr. 4 der Allgemeine Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA), Anlage A zum BMV-Z bzw. Anlage A zum EKVZ, bestimme, dass Vertragszahnärzte, die auch als Vertragsärzte gemäß § 95 Abs. 1 SGB V an der Versorgung teilnehmen, die in einem einheitlichen Behandlungsfall durchgeführten Leistungen entweder nur über die Kassenzahnärztliche Vereinigung oder nur über die Kassenärztliche Vereinigung abrechnen dürfen. Die Abrechnung einzelner Leistungen über die Kassenärztliche Vereinigung schließe die Abrechnung weiterer Leistungen in einem einheitlichen Behandlungsfall über die Kassenzahnärztliche Vereinigung aus. Die Aufteilung eines einheitlichen Behandlungsfalls in zwei Abrechnungsfälle sei nicht zulässig. Entsprechend bestimme fast wortgleich Nr. 6.3 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) "Gleichzeitige Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung", dass Vertragsärzte, die auch als Vertragszahnärzte an der Versorgung teilnehmen, die in einem einheitlichen Behandlungsfall durchgeführten Leistungen entweder nur über die Kassenärztliche Vereinigung oder nur über die Kassenzahnärztliche Vereinigung abrechnen dürfen.
Soweit § 9 Abs. 1 BMV-Z bestimme, dass Behandlungsfall im Sinne dieses Vertrages bei Leistungen nach den Teilen 1 und 3 des Bewertungsmaßstabes (Anlage A) die gesamte von demselben Vertragszahnarzt innerhalb desselben Kalendervierteljahres vorgenommene Behandlung ist, handele es sich nicht um eine Ergänzung oder Einschränkung der Nr. 4 der Allgemeinen Bestimmungen des BEMA. Mit § 9 Abs. 1 BMV-Z würden konservierende und chirurgische Leistungen und Röntgenleistungen (Teil 1) und kieferorthopädische Leistungen (Teil 3) "innerhalb desselben Kalendervierteljahres" vertragszahnarztrechtlich zu einem Behandlungsfall zusammengefasst, hiervon ausgeschlossen seien lediglich die Behandlung von Verletzungen und Erkrankungen des Gesichtsschädels (Teil 2), die systematische Behandlung von Parodontopathien (Teil 4) und die Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen (Teil 5). Der Sinn dieser Regelung beschränke sich darauf, für die Leistungen nach Teil 1 und 3 BEMA das Quartalsprinzip als Regelfall (zu Ausnahmen s. Abs. 2 des § 9 BMV-Z) zu bestimmen. Bei den anderen Leistungen des BEMA gelte dieses Prinzip nicht, da Leistungen allgemein erst nach vollständiger Erbringung abgerechnet würden und diese Leistungen sich nicht auf den Zeitraum innerhalb eines Quartals beschränken ließen. Eine Einschränkung des sog. Splittingverbots lasse sich daraus nicht herleiten. Dies würde auch zu widersprüchlichen Ergebnissen führen. Das sog. Splittingverbot ziele gerade auf die Tätigkeit der MKG-Chirurgen mit ihrer Zulassung als Arzt und Zahnarzt ab, deren Haupttätigkeitsfeld abgesehen von den chirurgischen Leistungen nicht in den Leistungsbereichen nach Teil 1 und 3 BEMA liege, sondern auch im Bereich Kieferbruch (Teil 2 BEMA). Entsprechend sei § 14 Abs. 1 Nr. 1 EKV-Z zu verstehen, wonach Behandlungsfall im Sinne des Vertrages bei Leistungen nach dem BEMA-Teil 1 die gesamte von demselben Vertragszahnarzt innerhalb desselben Kalendervierteljahres vorgenommene Behandlung ist. Auch hier sei der Sinn der Regelung darauf beschränkt, für die Leistungen nach Teil 1 das Quartalsprinzip als Regelfall zu bestimmen. Von daher gelte das sog. Splittingverbot auch für die Abrechnung im Bereich Kieferbruch und die Beklagte habe daher auch im Behandlungsfall Nr. 7 im Verfahren zum Az.: S 12 KA 438/13 die Absetzungen vornehmen können.
Entsprechend sei in den Bundesmantelverträgen für die vertragsärztliche Versorgung bestimmt, dass die gesamte von derselben Arztpraxis (Vertragsarzt, Vertragspsychotherapeut, Berufsausübungsgemeinschaft, Medizinisches Versorgungszentrum) innerhalb desselben Kalendervierteljahres an demselben Versicherten ambulant zu Lasten derselben Krankenkasse vorgenommene Behandlung jeweils als Behandlungsfall gilt.
Aus dem Quartalsprinzip in der vertragsärztlichen Versorgung folge aber auch für den vertragszahnärztlichen Bereich, dass immer dann, wenn Leistungen im vertragsärztlichen Bereich abgerechnet werden, nicht in demselben Quartal Leistungen auch im vertragszahnärztlichen Bereich abgerechnet werden können.
Der klägerseitigen Auffassung, es müsse bei Anwendung des Splittingverbots zwischen einer vertragsarztrechtlichen Einzelpraxis und der rein vertragszahnartrechtlichen Berufsausübungsgemeinschaft unterschieden werden mit der Maßgabe, dass zwei unterschiedliche und selbständige Behandlungsfälle vorliegen, könne nicht gefolgt werden.
Zum Berufsbild des MKG-Chirurgen gehöre es, dass er in seiner Praxis ärztliche und zahnärztliche Tätigkeiten anbietet und ausübt, diese Doppelqualifikation sei Ausdruck des gewachsenen Berufsbildes, dem die Doppelzulassung zur vertragsärztlichen als auch zur vertragszahnärztlichen Versorgung Rechnung trage. Die Zulassung in zwei Versorgungsbereichen bedeute aber nicht, dass von zwei unterschiedlichen Leistungserbringern auszugehen sei. Auch wenn MKG-Chirurgen gleichzeitig über eine vertragszahn- und vertragsärztliche Zulassung verfügen, hätten sie nur einen Versorgungsauftrag. Auch bei einer zugelassenen Tätigkeit in zwei Fachgebieten handele es sich stets um nur eine Zulassung - und ebenso um nur insgesamt einen vollen Versorgungsauftrag (Hinweis auf BSG, Beschl. v. 09.02.2011 - B 6 A 44/10 B- juris Rdnr. 10 m.w.N.). Bereits von daher sei davon auszugehen, dass auch bei MKG-Chirurgen jeweils nur ein Behandlungsfall pro Patient im Quartal vorliegt, unabhängig davon, wo die Behandlung abgerechnet wird. Dies gelte unabhängig davon, ob der MKG-Chirurg in einer Einzelpraxis oder in einer ärztlichen oder zahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft zugelassen ist.
Die Behandlungsfälle der Klägerin und ihres MKG-Chirurgen seien auch dann als ein einheitlicher Behandlungsfall anzusehen, wenn Leistungen sowohl vertragsärztlich als auch vertragszahnärztlich abgerechnet werden.
Die Gemeinschaftspraxis sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts durch die gemeinsame Ausübung der ärztlichen Tätigkeit durch mehrere Ärzte der gleichen oder ähnlicher Fachrichtung in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer Praxisausrichtung, gemeinsamer Karteiführung und Abrechnung sowie mit gemeinsamem Personal auf gemeinsame Rechnung geprägt. Sie sei berechtigt, ihre Leistungen unter einer einzigen Abrechnungsnummer gegenüber der zuständigen KV abzurechnen, und trete dieser dem entsprechend wie ein Einzelarzt als einheitliche Rechtspersönlichkeit gegenüber. Rechtlich gesehen sei eine Gemeinschaftspraxis eine Praxis. Sie verfüge über eine gemeinschaftliche Patientendatei und rechne die erbrachten Leistungen unter einem Namen ab. Die Behandlung eines Patienten in einem Quartal durch verschiedene Mitglieder der Gemeinschaftspraxis stelle sich als ein Behandlungsfall dar. Die Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- und Verordnungsweise werde nicht auf den einzelnen Arzt bezogen, sondern die Gemeinschaftspraxis werde als Einheit geprüft; etwaige Honorarkürzungen und/oder Regresse habe die Gemeinschaftspraxis zu tragen. Auch die für Vertragsärzte geltenden Vertretungsregelungen bezögen sich auf die Praxis als Gesamtheit; der Vertretungsfall trete nicht ein, solange auch nur ein Arzt der Gemeinschaftspraxis weiterhin tätig ist. Schließlich würden in einer Gemeinschaftspraxis die Behandlungsverträge nicht zwischen Patient und behandelndem Arzt, sondern zwischen ihm und der Gemeinschaftspraxis geschlossen Dies schließe es aus, MKG-Chirurgen hinsichtlich des sog. Splittingverbots unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob sie in einer Einzelpraxis oder in einer Berufsausübungsgemeinschaft tätig sind. Dabei komme es in einer Berufsausübungsgemeinschaft nicht darauf an, ob der MKG-Chirurg selbst oder sein vertragszahnärztlicher Partner die Leistungen erbracht hat. Sie gälten als von der Berufsausübungsgemeinschaft erbrachte Leistungen und damit auch als Leistungen jedes einzelnen Mitglieds der Berufsausübungsgemeinschaft. Auch von daher scheide eine Trennung der Leistungen in einen zahnärztlichen, und einen MKG-chirurgischen Behandlungsfall aus.
Daraus folge, dass Leistungen, die vertragsärztlich oder vertragszahnärztlich abgerechnet werden können, nur einheitlich gegenüber der KV oder KZV abgerechnet werden dürfen. Würden auch Leistungen erbracht, die nicht in beiden, sondern nur in einem Bereich abgerechnet werden können, müsse sich die Abrechnung nach den Leistungen richten, die nur in einem Bereich abgerechnet werden können. In einer fachübergreifenden Gemeinschaftspraxis wie hier sei zu beachten, dass immer dann, wenn Leistungen von ausschließlich als Zahnarzt zugelassenen Behandlern erbracht werden, eine Abrechnung nur über die KZV in Betracht komme (Hinweis auf Harneit, Das Splittingverbot oder Was ist ein Behandlungsfall ?, MKG-Chirurg 2010-3, S. 163 ff., 164). Soweit darüber hinaus Fälle denkbar seien, in denen nicht sämtliche erbrachte Leistungen in einem der beiden Bereiche abrechenbar sind, gehe die Kammer davon aus, dass diese Fälle wegen der geringen Häufigkeit vernachlässigbar sind und die sich evtl. ergebenden Abrechnungsabstriche durchaus zumutbar wären. Solche Fälle seien im Übrigen vorliegend nicht ersichtlich. Die Klägerin habe dies auch nicht fallbezogen und substantiiert dargelegt.
Das sog. Splittingverbot beruhe gerade auch auf der unterschiedlichen Abrechnungssystematik einerseits des vertragsärztlichen und andererseits des vertragszahnärztlichen Leistungsbereichs. Im Unterschied zur ärztlichen Abrechnung nach dem EBM, bei der abgesehen von der Grundpauschale und Zusatzpauschalen - eine Gesamtvergütung für einen Eingriff, aber außerhalb des Regelleistungsvolumens, erfolgt, werde bei der vertragszahnärztlichen Abrechnung jeder Teilschritt einzeln vergütet, unterliege aber im Bereich der Beklagten verschiedenen Budgetgrenzen (sog. Restvergütungsquote und Degressionsregelung). Die Kammer habe aufgrund der Erörterung weiterer Einzelfälle in der mündlichen Verhandlung am 07.05.2014 zu den Verfahren mit Az.: S 12 KA 606/13, 610/13, 611/13 und 646/13 den Eindruck gewonnen, dass die Nichteinhaltung des Splittingverbots der Kumulation der Vorteile beider Abrechnungssysteme dient, indem eine chirurgische Hauptleistung vertragsärztlich und Begleitleistungen in z. T. nicht unerheblichem Umfang vertragszahnärztlich abgerechnet werden.
Die Beklagte sei somit grundsätzlich berechtigt, wegen des Verstoßes gegen das sog. Splittingverbot sämtliche Leistungen zu berichtigen. Dass sich die Beklagte auf Leistungsfälle beschränkt habe, die ihren Schwerpunkt im vertragsärztlichen Bereich haben, sei unerheblich, im Ergebnis werde der Kläger hierdurch begünstigt und nicht beschwert.
Gegen dieses, der Klägerin am 19. Mai 2014 zugestellte Urteil richten sich deren am 20. Juni 2014 beim Hessischen Landessozialgericht eingelegte Berufungen.
Sie macht weiterhin geltend, der MKG-Chirurg habe seine vertragsärztlichen Tätigkeit im relevanten Zeitraum in einer rein vertragsärztlichen Einzelpraxis erbracht und seine vertragszahnärztliche Tätigkeit in einer rein vertragszahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft mit ausschließlich zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Zahnärzten ausgeübt. Dies ergebe sich aus § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV wonach die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit nur unter allen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringern zulässig sei. Danach habe der MKG-Chirurg in den vorliegend streitgegenständlichen Fällen die von ihm persönlich erbrachten Leistungen ausschließlich gegenüber der kassenärztlichen Vereinigung zur Abrechnung gebracht. Aus der so dargelegten Konstellation ergebe sich kein Verstoß gegen das Splittingverbot. Aus der wortlautgetreuen Auslegung dieser Bestimmungen ergebe sich, dass vorliegend weder von einem einheitlichen Behandlungsfall zwischen der ärztlichen Einzelpraxis und der zahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft ausgegangen werden könne, noch dass die von dem MKG-Chirurgen allein ärztlich erbrachten und abgerechneten Leistungen zusammen mit den von den rein vertragszahnärztlich zugelassenen Zahnärzten erbrachten und abgerechneten Leistungen zusammengeführt und gemeinsam dem Splittingverbot zugeordnet werden dürften.
Bereits nach den zulassungsrechtlichen Vorgaben könne kein einheitlicher Behandlungsfall zwischen der ärztlichen Einzelpraxis und der vertragszahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft angenommen werden. Dies ergebe sich auch aus den Definitionen des Behandlungsfalls. Ferner läge das personenbezogene Merkmal der Doppelzulassung bei den allein zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Zahnärzten nicht vor. Dieses personenbezogene Merkmal könne nicht auf eine Berufsausübungsgemeinschaft ausgedehnt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts seien auch innerhalb einer Berufsausübungsgemeinschaft die Fachgebietsgrenzen, Qualifikationsanforderungen und sonstigen Leistungsvorgaben der einzelnen Mitglieder der Berufsausübungsgemeinschaft weiterhin zu beachten, dies müsse daher auch für das personenbezogene Merkmal des Splittingverbots gelten. Die von den Zahnärzten persönlich erbrachten Leistungen könnten daher nicht dem den MKG-Chirurgen persönlich treffenden Splittingverbot unterfallen. Andernfalls liefe dies im Ergebnis darauf hinaus, dass der doppelt zugelassene MKG-Chirurg seine von ihm persönlich erbrachten Leistungen in allen kooperativen Behandlungen ausschließlich gegenüber der kassenzahnärztlichen Vereinigung Hessen abrechnen müsste. Eine solche Beschränkung der Wahlmöglichkeiten von MKG-Chirurgen und ihrer von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit bedürfte einer normativen Grundlage, die nicht in den Vorschriften zum Splittingverbot gesehen werden könne.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 7. Mai 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 21. März 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2013 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die vertragszahnärztliche Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) der Klägerin bestehe unter anderem aus dem MKG-Chirurgen Dr. Dr. A. Als doppelt zugelassener MKG Chirurg nehme dieser sowohl an der vertragsärztlichen Versorgung in Einzelpraxis als auch an der vertragszahnärztlichen Versorgung als Mitglied der BAG teil. Die rechtliche Konsequenz dieser Tatsache sei, dass die Tätigkeit der Klägerin dem MKG Chirurgen in Einzelpraxis abrechnungsrechtlich zugerechnet werden kann und umgekehrt in derselben Weise. Den MKG-Chirurgen treffe die unmittelbare Pflicht zur Ausübung des Abrechnungswahlrechts im ambulanten Bereich. Über die Mitgliedschaft zur BAG treffe diese Verpflichtung die Klägerin auch mittelbar.
Haftungsrechtlich wie auch abrechnungsrechtlich sei es irrelevant, ob der MKG-Chirurg im konkreten Fall als zugelassener Zahnarzt oder ob einer seiner Kollegen für den zahnärztlichen Bereich die erforderliche Behandlung durchgeführt habe. Sei ein MKG-Chirurg Mitglied einer BAG und in einem Behandlungsfall involviert, dann müsse die BAG zusätzlich zum Zwecke der Einhaltung der abrechnungsrechtlichen Vorgaben unmittelbar das Wahlrecht ihres MKG-Chirurgen bei der Abrechnung berücksichtigen. Werde das Wahlrecht des MKG-Chirurgen nicht gewürdigt, dann riskiere die BAG, wie in den streitigen Fällen geschehen, einen Verstoß gegen das Splittingverbot zu begehen. Die Klägerin habe als eigenständige Rechtspersönlichkeit für die Richtigkeit der Abrechnungen und die Einhaltung der Abrechnungsvorgaben gegenüber der Beklagten einzustehen. In der vorliegenden Konstellation unterliege sie auch dem Splittingverbot, wenn ein und derselbe Patient in Behandlung der Klägerin und der Einzelpraxis sei. Es handele sich folgerichtig auch dann um denselben Vertragsarzt i.S. des § 9 BMV-Ä und § 14 EKV-Z. Die Klägerin einerseits und die Einzelpraxis andererseits seien aufgrund der verschiedenen Versorgungsbereiche zwar zulassungsrechtlich voneinander abzugrenzen, jedoch müsse die Klägerin, wenn ihr MKG-Chirurg in einem Behandlungsfall involviert sei, sich die Frage des Abrechnungswegs vor der Behandlung erstmals stellen und im Sinne der Einhaltung des Splittingverbots auch beantwortet haben. Aus der Gesetzesbegründung des § 285 Abs. 3 S. 5 SGB V ergebe sich, dass eine Datenüberprüfung zwischen der KVH und der KZVH in den Fällen zulässig sei, in denen Ärzte bzw. Zahnärzte in Praxen und deren Berufsausübungsgemeinschaften Leistungserbringer sind. Der Gesetzgeber habe mit Einführung dieser Vorschrift alle Konstellationen auffangen wollen, in denen ein mögliches Splittingverbot in Betracht kommt.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakten sowie auf den Inhalt der Akten des Parallelverfahrens L 4 KA 30/14, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Urteil des SG Marburg vom 07.05.2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 21.03.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2013 und der Bescheid der Beklagten vom 14.05.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2013 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die von der Beklagten vorgenommenen sachlich-rechnerischen Berichtigungen sind rechtlich nicht zu beanstanden, die Berechnung der abgesetzten Leistungen war nach Nr. 4 Allgemeine Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen (BEMA), Anlage A zum BMV-Z bzw. Anlage A zum EKVZ ausgeschlossen, da in den beanstandeten Behandlungsfällen Leistungen gegenüber der beigeladenen KVH durch Dr. Dr. A. abgerechnet wurden.
Das Sozialgericht hat ausführlich und zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte grundsätzlich zuständig und befugt war, eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Honorarforderungen der Klägerin für die streitbefangenen Quartale aufgrund des sog. Splittingverbots vorzunehmen und diese Richtigstellung der Honorarforderungen in der Sache rechtlich nicht zu beanstanden ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat hierauf Bezug und sieht insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Vor dem Hintergrund des Vortrags der Beteiligten in der Berufung ist ergänzend (nochmals) auf folgendes hinzuweisen:
Einer von der Klägerin angemahnten spezifischen Ermächtigungsgrundlage für eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Honorarforderung bedarf es nicht, da es sich hierbei lediglich um die Zurückweisung tatsächlich nicht erbrachter oder rechtlich nicht berechtigter Honorarforderungen handelt. Zu dem von der Beklagten und der Beigeladenen vorgenommenen Datenabgleich berechtigt § 285 Abs. 3 S.5 SGB V.
Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Vorschriften über das sog. Splittingverbot, hier der Nr. 4 Allgemeine Bestimmungen BEMA, bestehen keine Bedenken. Das Verbot für doppelt zugelassene Vertragsärzte, einheitliche Behandlungsfälle aufzuspalten und jeweils teilweise bei der Beklagten (KVH) oder der Beigeladenen (KZVH) abzurechnen, ist in der Sache gerechtfertigt wenn nicht gar geboten, weil ohne dieses zum Einen Abrechnungskontrollen (wie die sachlich-rechnerische Richtigstellung oder die Wirtschaftlichkeitsprüfung) erschwert oder gar unmöglich gemacht würden (so LSG BW, Urteil v. 18.10.1995 – L 5 Ka 262/95 = MedR 1996, 476 ff), und honorarbegrenzende Maßnahmen umgangen werden könnten, darüber hinaus aber auch rechtswidrige Doppelabrechnungen erleichtert würden, und – darauf hat bereits das Sozialgericht zutreffend hingewiesen – wegen der unterschiedlichen Abrechnungssystematik einerseits des vertragsärztlichen und andererseits des vertragszahnärztlichen Leistungsbereichs, gesplittete Abrechnungen es ermöglichen würden, die Honoraransprüche insgesamt ungerechtfertigt zu steigern, etwa dadurch, dass eine chirurgische Hauptleistung oder pauschalierte Leistungen vertragsärztlich und daneben zusätzlich Begleitleistungen vertragszahnärztlich (mit den hier vorgesehenen Einzelvergütungen) abgerechnet werden. Der Senat teilt den Eindruck des Sozialgerichts, dass vorliegend die gesplitteten Abrechnungen genutzt werden, um zusätzliches Honorar zu generieren. Dies erfolgt etwa dadurch, dass neben der Grundpauschale 15.2 EBM oder umfangreichen Leistungen, die gegenüber der beigeladenen KVH abgerechnet werden, isolierte Beratungsleistungen gegenüber der Beklagten abgerechnet wurden, die nicht zusätzlich gegenüber der KVH hätten abgerechnet werden können (s. z.B. Einzelfalldarstellung Nr. 4, 9,25).
Vor dem Hintergrund der weitgehenden Deckungsgleichheit des ärztlichen und des zahnärztlichen Gebührenkatalogs bezüglich der Abrechnungsfähigkeit von Leistungen für MKG-Chirurgen erscheint das Splittingverbot auch nicht als unverhältnismäßig. Sämtliche der vorliegend gegenüber der Beigeladenen abgerechneten ärztlichen Leistungen hätte auch die Klägerin gegenüber der Beklagten abrechnen können. Es bedarf daher vorliegend auch keiner Entscheidung, ob das Splittingverbot auch dann anzuwenden ist, wenn ärztliche Leistungen erbracht wurden, die von einem MKG-Chirurg nicht zahnärztlich abgerechnet werden können.
Das aus Nr. 4 Allgemeine Bestimmungen BEMA folgende Verbot der streitbefangenen (gesplitteten) Abrechnungen von Leistungen gegenüber der Beklagten trifft und bindet die Klägerin zumindest mittelbar. Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, dass das Splittingverbot die BAG unmittelbar dann träfe, wenn der Kläger mit seiner Doppelzulassung und seinem einheitlichen ungeteilten Versorgungsauftrag Mitglied der BAG wäre und diese dann selbst sowohl gegenüber der Beklagten als auch gegenüber der Beigeladenen abrechnen würde. Ob dies zulassungsrechtlich ausgeschlossen ist, ist vorliegend nicht zu entscheiden. Aber auch in der vorliegend zu beurteilenden zulassungsrechtlichen Konstellation, nach der der doppelt zugelassene MKG-Chirurg an der vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen einer Einzelpraxis und an der zahnärztlichen Versorgung im Rahmen einer BAG mit anderen Vertragszahnärzten teilnimmt, erfordert Sinn und Zweck des Splittingverbots, dass es Anwendung findet und auch von der Klägerin zu beachten ist. Insoweit hat das Sozialgericht bereits zutreffend auf die höchstrichterliche Rechtsprechung hingewiesen, wonach auch der doppelt zugelassene Vertragsarzt nur eine Zulassung und einen Versorgungsauftrag hat (BSG Beschluss v. 09.12.2011, Az.: B 6 KA 44/10 B). Hieraus folgt, dass auch wenn der MKG-Chirurg nur mit seiner Zulassung zur zahnärztlichen Versorgung Mitglied der Klägerin ist, seine gleichzeitige Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung für diese beachtlich ist. Die aus der Doppelzulassung folgenden abrechnungsrechtlichen Bestimmungen, d.h. das Splittingverbot in Nr. 4 Allgemeine Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA), Anlage A zum BMV-Z bzw. Anlage A zum EKVZ, sind daher von der Klägerin ebenfalls zu beachten.
Soweit die Klägerin den gleichen Patienten bzw. Versicherten im gleichen Quartal wie ihr Mitglied Dr. Dr. A. in vertragsärztlicher Einzelpraxis (ambulant zu Lasten derselben Krankenkasse) behandelt, handelt es sich rechtlich um einen einheitlichen Behandlungsfall im Sinne der Splittingverbote und der Definitionen in den Mantelverträgen. Der Begriff des "einheitlichen Behandlungsfalles" i.S. von Nr. 4 Allgemeine Bestimmungen BEMA ist (ebenso wie in Ziff. 6.3 allgemeine Bestimmungen EBM) nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift (wie auch nach dem objektivierten Willen der Vertragsschließenden als untergesetzliche Normgeber) auf die Person des doppelt zugelassenen Vertrags(zahn)arztes und dessen Leistungs- und Abrechnungsverhalten zu beziehen. Diesem ist es hiernach verwehrt, einheitliche Behandlungsfälle nach den Definitionen in den Mantelverträgen gesplittet abzurechnen, was ungeachtet der zulassungsrechtlichen und abrechnungsrechtlichen Konstellation Geltung beansprucht. Ein "einheitlicher Behandlungsfall" in einer Arztpraxis liegt demnach auch dann vor, wenn der MKG-Chirurg die Behandlung eines Versicherten im gleichen Quartal sowohl vertragsärztlich, als auch vertragszahnärztlich (im Rahmen der klagenden BAG) behandelt und abrechnet. Dass es dabei hinsichtlich der vertragszahnärztlichen Behandlung und Abrechnung ohne rechtlichen Unterschied ist, ob die Behandlung tatsächlich von dem MKG-Chirurg oder von einem anderen Mitglied der Klägerin durchgeführt wurde, ist die rechtliche Konsequenz dieser von der Klägerin selbst gewählten Organisationsform und der Aufnahme eines MKG-Chirurgen in die BAG. Bedenken gegen die Zulässigkeit dieser Auslegung im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art.12 Abs. 1 GG) bestehen daher nicht.
Entgegen der Auffassung der Klägerin steht diese teleologische (und historische) Auslegung der Vorschriften der Mantelverträge zum Splittingverbot auch nicht im Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung bezüglich der Auslegung der vertragsärztlichen Vergütungsbestimmungen. Soweit das BSG die Auslegung solcher Vorschriften eng an den Wortlaut bindet (s. z.B. BSG Urteil v. 12.12.2013, Az.: B 6 KA 14/13 Rn. 11), bezieht sich diese Rechtsprechung auf Leistungsbeschreibungen in den Mantelverträgen und gründet sich zum einen darauf, dass dieses vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen dient und es vorrangig Aufgabe des Normgebers ist, Unklarheiten zu beseitigen. Zum anderen folgert das BSG die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept der Mantelverträge (insbes. des EBM-Ä) als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulässt. Im Falle der Splittingverbotsregelungen handelt es sich jedoch nicht um eine solche Leistungsbeschreibung oder Abrechnungsziffer sondern um eine rein normative Regelung zum Abrechnungsverhalten doppelt zugelassener Vertragsärzte, die allen juristischen Auslegungsmethoden zugänglich ist.
Schließlich sind die Beklagte und die Beigeladene übereinstimmend zutreffend davon ausgegangen, dass wechselseitige sachlich-rechnerische Berichtigungen, die zu einem Verlust aller gesplittet angeforderten Honorare führen würden, wohl unverhältnismäßig wären. Nachdem die Vorschriften zum Splittingverbot keine Regelung enthalten, welche der Honorarforderungen der sachlich-rechnerischen Berichtigung unterfällt, haben die Beklagte und die Beigeladene mit dem monetären Schwerpunkt der Abrechnungen eines Leistungsfalles das sachgerechte und für den Kläger schonendste Kriterium gefunden, wonach nur die jeweils geringere Honoraranforderung der sachlich-rechnerischen Berichtigung unterfällt. Dieses Kriterium vermeidet auch die Zufälligkeiten einer Differenzierung nach dem Abrechnungseingang, soweit dieses Kriterium überhaupt eine Differenzierung zulässt.
Das Splittingverbot kann somit im Ergebnis nicht dadurch umgangen werden, dass sich ein Arzt mit doppelter Zulassung mit einer der Zulassungen in eine BAG begibt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung in § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil hat die Verfahrenskosten zu tragen.
Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs.2 Zi. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved