L 9 AL 289/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AL 1066/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 289/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. Juni 1999 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 1997 wird abgeändert. Die Beklagte hat den Ruhensbescheid nach § 117a AFG vom 9. Januar 1997 ganz und den Sperrzeitbescheid vom 9. Januar 1997 insoweit aufzuheben, als darin das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld vom 1. Januar 1997 bis 25. März 1997 sowie der Eintritt einer Sperrzeit über sechs Wochen hinaus und die Minderung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld über 36 Leistungstage hinaus festgestellt wird. Sie hat der Klägerin ab 1. Januar 1997 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu leisten. Soweit die Berufung der Beklagten keinen Erfolg hat, wird sie zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu drei Viertel.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Eintritt einer Sperrzeit und die Minderung der Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld.

Die 1945 geborene Klägerin, die die mittlere Reife, jedoch keine abgeschlossene Berufsausbildung besitzt, trat im Juni 1974 als Sachbearbeiterin in die Debitorenabteilung der Verlagsgruppe M. GmbH, M. , ein. Der Betrieb siedelte 1980 nach L. um und wurde 1992 vom Verlag M. AG, L. , übernommen. Die Klägerin stieg in dieser Zeit zur Leitung der Debitorenabteilung auf, mit den Teilbereichen der Fakturierung, der Kontenführung, des Zahlungseingangs und des Mahnverfahrens.

Am 29.03.1996 schloss die Klägerin mit dem Verlag M. AG einen Aufhebungsvertrag folgenden Inhalts: "1. Diese Vereinbarung dient der Vermeidung einer ansonsten unumgänglichen ordentlichen betriebsbedingten Kündigung. Sie und der Verlag sind sich darüber einig, dass das zwischen Ihnen bestehende Anstellungsverhältnis auf Veranlassung des Verlages aus dringenden betrieblichen Gründen mit dem 31. Dezember 1996 fristgerecht sein Ende finden wird. 2. Der Verlag stellt Sie ab 1. April 1996 bis zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses unwiderruflich von der Arbeitsleistung frei. Während der Zeit der Freistellung zahlt der Verlag die vertragsgemäßen Bezüge. Mit der Freistellung sind zugleich Ihre Urlaubsansprüche abgegolten. 3. Der Verlag zahlt Ihnen für den Verlust Ihres Arbeitsplatzes und zum Ausgleich für den Verlust des sozialen Besitzstandes in Anlehnung an die §§ 9 und 10 Kündigungsschutzgesetz eine Abfindung in Höhe von 185.000,00 DM ... 7. Mit dieser Vereinbarung ist der Fortbestand des Anstellungsverhältnisses zwischen Ihnen und dem Verlag bis zum 31. Dezember 1996 und dessen Beendigung zu diesem Zeitpunkt abschließend geregelt. Zugleich sind mit der Erfüllung der Verpflichtungen aus dieser Vereinbarung sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien endgültig erledigt."

Am 25.11.1996 meldete sich die Klägerin bei der Nebenstelle Landsberg des Arbeitsamtes Weilheim mit Wirkung ab 01.01.1997 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.

In der Arbeitsbescheinigung gab der Verlag als Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine "Kündigung seitens des Arbeitgebers mit Abwicklungsvertrag" ohne vorausgehendes vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers an. Die Vergütung der Klägerin hatte danach zuletzt 8.000,00 DM monatlich betragen, die Kündigungsfrist neun Monate zum Monatsende.- Die Klägerin gab ihrerseits schriftlich am 12.12.1996 an: Ihr sei aus betriebsbedingten Gründen gekündigt worden. Erkundigun- gen bei Rechtsanwälten hätten ergeben, dass sie hiergegen macht- los sei. Sie habe dem Unternehmen über 22 Jahre angehört, sei 1980 wegen Verlegung des Standorts der Firma von M. in die Nähe von L. gezogen. Freiwillig hätte sie ihren Arbeitsplatz nicht geräumt. Sie habe angeboten, in einer anderen Abteilung tätig zu sein, wozu man ihr die Qualifikation abgesprochen habe. Sie hätte auch einen weniger gut bezahlten Arbeitsplatz angenommen. Möglichkeiten, das Beschäftigungsverhältnis erst zu einem späteren Zeitpunkt zu beenden, habe es offensichtlich nicht gegeben.

Mit Bescheid vom 09.01.1997 versagte das Arbeitsamt die Leistung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 01.01.1997 bis 25.03.1997 und stellte die Minderung der Anspruchsdauer auf Alg um 169 Tage fest. Es sei eine Sperrzeit von zwölf Wochen einge- treten mit der Folge des Ruhens des Anspruchs auf Alg vom 01.01. 1997 bis 25.03.1997. Die Klägerin habe durch Zustimmung zum Aufhebungsvertrag ihr Arbeitsverhältnis selbst gelöst, ohne hierfür einen wichtigen Grund zu haben.

Mit weiterem Bescheid vom 09.01.1997 versagte das Arbeitsamt die Leistung von Alg über den 25.03.1997 hinaus bis zum 23.07. 1997 und stellte eine weitere Minderung der Anspruchsdauer um 103 Leistungstage fest. Es sei ein Ruhen des Anspruchs auf Alg für weitere 120 Tage nach § 117a AFG eingetreten.

Beide Bescheide vom 09.01.1997 ergingen unter identischem Geschäftszeichen (III 122-82265/863).

Mit Schreiben vom 14.01.1997 erhob die Klägerin Widerspruch "gegen Ihren Bescheid vom 09.01.1997". Sie habe ihr Arbeitsverhältnis mit dem Verlag M. nicht selbst gelöst, die Stelle sei wegrationalisiert worden. Dem Aufhebungsvertrag habe sie nur deswegen zugestimmt, da in jedem Fall eine betriebsbedingte Kündigung erfolgt wäre, was wiederum langwierige Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht zur Folge gehabt hätte - mit wahrscheinlich ähnlichem Ausgang.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.1997 wies das Arbeitsamt den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Die von der Widerspruchsführerin vorgebrachten Einwendungen könnten nicht als wichtiger Grund für die Zustimmung zum Aufhebungsvertrag anerkannt werden.

Mit Schreiben vom 21.03.1997 stellte die Klägerin unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid einen "Überprüfungsantrag"; das Arbeitsamt habe ihre Zustimmung zum Aufhebungsvertrag zu Unrecht einer Eigenkündigung gleichgesetzt. Ihr vormaliger Arbeitgeber habe das Arbeitsverhältnis unbedingt beenden wollen. Er sei sogar so weit gegangen, dass er während eines einwöchigen Kurzurlaubs ihren Arbeitsplatz habe räumen lassen, so dass sie bei ihrer Rückkehr nicht einmal mehr einen Schreibtisch oder ein Telefon vorgefunden habe. Der Aufhebungsvertrag besage eindeutig, dass in jedem Fall eine betriebsbedingte Kündigung erfolgt wäre.

Das Arbeitsamt lehnte den Antrag der Klägerin mit negativem Zugunstenbescheid nach § 44 SGB X vom 23.05.1997 ab. Die Antragstellerin habe keine rechtserheblichen neuen Gründe vorgetragen.

Am 23.05.1997 untersuchte der Arbeitsamtsarzt Dr. A. die Klägerin und erstellte ein Gutachten: Die Klägerin habe einen Grad der Behinderung (GdB) von 40 v.H. Wegen einer Thrombose könne sie nur mehr vollschichtig leichte bis mittelschwere Arbeiten mit einem Mindestmaß an wechselnder Haltung verrichten. Insbesondere sollten längerdauerndes ununterbrochenes Sitzen bzw. Stehen vermieden werden. Tätigkeiten mit überwiegendem Sitzen seien nur in Teilzeit zumutbar.

Mit Schreiben vom 03.06.1997 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den negativen Zugunstenbescheid. Sie reichte eine Stellungnahme des Verlags M. vom 23.06.1997 ein. Darin bestätigt der Verlag: Die Widerspruchsführerin sei aus dem Unternehmen mit Wirkung zum 31.12.1996 ausgeschieden, da die bisher von ihr wahrgenommene Funktion "Leitung Auftragsbearbeitung und Debitoren" im Zuge einer Neuorganisation ersatzlos weggefallen sei. Die bisherigen Aufgaben der Widerspruchsführerin seien auf verschiedene Bereiche aufgeteilt worden. Diese Rationalisierungsmaßnahme sei aus wirtschaftlichen Gründen dringend notwendig gewesen. Es wäre in jedem Fall eine betriebsbedingte Kündigung erfolgt, an deren Wirksamkeit aufgrund vergleichbarer Prozesse kein Zweifel bestehe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.07.1997 wies das Arbeitsamt den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Es hätten sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben, die die vormalige Entscheidung als nicht rechtmäßig erscheinen lassen würden.

Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) München erhoben. Sie ließ durch ihren Prozessbevollmächtigten wiederum vortragen, dass ihr aufgrund einer Umstrukturierung des Betriebes und ersatzlosem Wegfallen ihres Arbeitsplatzes auf jeden Fall betriebsbedingt gekündigt worden wäre. Sie habe damit rechnen müssen, dass eine derartige Kündigung wirksam gewesen wäre und sie dann keine Abfindung erhalten hätte.

In der mündlichen Verhandlung am 29.06.1999 hörte das SG uneidlich als Zeugen Herrn H. H. an: Er sei Vorstandsmitglied des Verlags M. und für den kaufmännischen Bereich zuständig. Der Verlag habe 1996 etwa 500 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Klägerin als Leiterin der "zentralen Auftragsbearbeitung und Debitoren" seien etwa 20 Mitarbeiterinnen unterstellt gewesen. Zum Verlag M. gehörten mehrere Buchverlage, von denen es einzelnen zu dieser Zeit nicht gut gegangen sei. Man habe Anfang des Jahres 1996 beschlossen, die dezentrale Vertriebsstruktur zusammenzufassen. Dadurch seien sowohl in München wie auch in Landsberg Stellen weggefallen, so auch die leitende Position der Klägerin. Man habe eine flachere Struktur schaffen wollen. Früher oder später seien weitere Arbeitsplätze weggefallen. Hätte die Klägerin den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichnet, so wäre ihr unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende gekündigt worden.

Die Umstrukturierung sollte zum 01.04.1996 stattfinden. Der Verlag sei dringend daran interessiert gewesen, sich zu diesem Zeitpunkt von der Klägerin zu trennen. Im Rahmen der Neustrukturierung habe es keine Verwendung mehr für die Klägerin gegeben, da es keine vergleichbare Position für sie gegeben habe. Die Umsetzung der Klägerin auf einen anderen Arbeitsplatz sei nicht möglich gewesen. Auch auf der Sachbearbeiterebene seien Arbeitnehmer gekündigt worden. Die Klägerin wäre auch im Fall einer betriebsbedingten Kündigung ab sofort freigestellt worden.

Die Klägerin sei einer Schwerbehinderten gleichgestellt gewesen. Im Fall einer Kündigung hätte die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle eingeholt werden müssen. Dies hätte der Verlag auch getan. Er gehe davon aus, dass die Zustimmung erteilt worden wäre.

Der ausschlaggebende Grund für die beabsichtigte Kündigung sei gewesen, dass die Leitungsposition der Klägerin weggefallen sei und der Verlag die Zahl der Mitarbeiter habe reduzieren wollen und reduziert habe. Im Zuge der Umstrukturierung seien etwa zehn Mitarbeiter ausgeschieden.

Mit Urteil vom 29.06.1999 hat das SG den negativen Zugunstenbescheid vom 23.05.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.1997 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin unter Zurücknahme sowohl des Sperrzeitbescheides vom 09.01.1997 wie des weiteren Ruhebescheides vom 09.01.1997 ab 01.01.1997 Alg zu leisten. Die Klägerin habe einen wichtigen Grund gehabt, dem Aufhebungsvertrag zuzustimmen. Nach den Angaben des Zeugen müsse man davon ausgehen, dass das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin auch ohne ihre Zustimmung zu dem Aufhebungsvertrag zum gleichen Zeitpunkt aufgrund einer rechtmäßigen betriebsbedingten Kündigung des Verlags M. beendet worden wäre. Es habe der Klägerin daher nicht zugemutet werden können, die Nachteile in Kauf zu nehmen, die sich für ihr berufliches Fortkommen durch eine arbeitgeberseitige Kündigung ergeben hätten, wenn sie solches durch eine einverständliche Lösung vermeiden konnte.

Die Beklagte trägt mit der Berufung vor: Die Klägerin sei einer Schwerbehinderten gleichgestellt. Nach § 15 des Schwerbehindertengesetzes bedürfe die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung der Hauptfürsorgestelle; diese solle die Entscheidung innerhalb eines Monats vom Tage des Eingangs des Antrags an treffen. Die Kündigungsfrist habe nach der Arbeitsbescheinigung neun Monate zum Monatsende betragen. Hätte der Arbeitgeber bei Weigerung der Klägerin, dem Aufhebungsvertrag vom 29.03.1996 zuzustimmen, die für eine wirksame Kündigung notwendige Zustimmung der Hauptfürsorgestelle beantragt, so hätte selbst bei Zustimmung der Hauptfürsorgestelle der Zeitpunkt der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nach dem 31.12.1996 gelegen.

Man könne auch der Unterstellung, dass die Hauptfürsorgestelle ihre Zustimmung zu einer Kündigung erteilt hätte, nicht folgen. Laut dem nachgereichten Schreiben des Verlags M. vom 23.06.1997 seien die Aufgaben der Klägerin seinerzeit auf verschiedene Bereiche verteilt worden. Es sei nicht nachzuvollziehen, weshalb nicht eine dieser Positionen von der Klägerin hätte bekleidet werden können. Ohnehin habe der Zeuge nur vom Abbau von zehn Arbeitsplätzen berichtet, so dass angesichts der mitgeteilten Gesamtbeschäftigtenzahl wesentliche Rationalisierungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen offensichtlich nicht stattgefunden hätten. Die Klägerin ihrerseits habe angegeben,- qualifizierte Beschäftigung zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.06.1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie hat dem Senat das Einstellungsschreiben des Verlages vom 04.06.1974 und die nachfolgenden Schreiben im Zuge ihres innerbetrieblichen Werdegangs sowie das Entlassungszeugnis vom 17.06.1996 übersandt.

Der Senat hat die Akten des SG und der Beklagten beigezogen. Der Verlag M. hat dem Senat die anlässlich der Neustrukturierung des Verlages ab 01.04.1996 geschlossene Betriebsvereinbarung sowie den Sozialplan überlassen.

Im Erörterungstermin vom 22.05.2003 hat der Senat nochmals uneidlich den Zeugen H. einvernommen. Wegen des Ergebnisses der Zeugeneinvernahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22.05.2003 Bezug genommen, im Übrigen zur Ergänzung des Tatbestandes im Einzelnen auf den Inhalt der gesamten Akten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere statthafte und form- wie fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist nur teilweise begründet. Zwar hatte die Klägerin keinen wichtigen Grund zur einverständlichen Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses beim Verlag M. ab 01.01.1997. Eine Sperrzeit von zwölf Wochen würde jedoch nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte für die Klägerin bedeuten, so dass die Sperrzeit nur sechs Wochen umfassen kann. Dies hat zur Folge, dass ein Anwendungsfall des § 117a AFG nicht gegeben ist und dass die Beklagte bei einer Minderung der Anspruchsdauer auf Alg von lediglich 36 Leistungstagen der Klägerin - wegen der kalendarischen Lage der Sperrzeit - ab 01.01.1997 Arbeitslosengeld zu leisten hat.

Im Einzelnen:

Bei der von der Klägerin erhobenen Klage handelt es sich um eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs.4 SGG.

Streitgegenstand ist der negative Zugunstenbescheid der Beklagtem vom 23.05.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.07.1997, worin die Beklagte es abgelehnt hat, der Klägerin unter Aufhebung der ursprünglichen Versagungsbescheide vom 09.01.1997 Arbeitslosengeld ohne Minderung der Anspruchsdauer ab 01.01.1997 zu leisten. Gegenstand des negativen Zugunstenverfahrens wie auch des nachfolgenden gerichtlichen Verfahrens waren dabei sinngemäß sowohl der Sperrzeitbescheid vom 09.01. 1997 wie der weitere Ruhensbescheid nach § 117a AFG vom 09.01. 1997, nachdem beide Bescheide an den Eintritt einer Sperrzeit aufgrund ein und desselben Sachverhalts anknüpfen und die Klägerin nach ihrem Vortrag die gesamten von der Beklagten gezogenen leistungsrechtlichen Folgen der Sperrzeit in den Rechtsstreit einbezogen wissen will.

Anzuwenden war noch das AFG.

Danach tritt nach §§ 119 Abs.1 Nr.1, 119a AFG eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn u.a. der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst hat und dadurch zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.

Die Klägerin sieht einen solchen wichtigen Grund darin, dass ihr anderenfalls zum gleichen Zeitpunkt eine betriebsbedingte Kündigung durch den Verlag M. gedroht hätte und sie für den Fall einer Kündigungsschutzklage ihrerseits mit einer Klageabweisung hätte rechnen müssen. In einem solchen Fall sei es ihr zuzugestehen, einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses zuzustimmen, um die Nachteile für ihr berufliches Fortkommen, die eine arbeitgeberseitige Kündigung mit sich bringe, zu vermeiden und ihre Ansprüche auf eine Abfindung aus dem Sozialplan nicht zu riskieren.

Das BSG gesteht dem Arbeitslosen seit dem Urteil vom 12.04.1984, Az.: 7 RAr 28/83 (Dienstblatt Nr.2959), in einer derartigen Fall- konstellation einen wichtigen Grund zur einverständlichen Auflösung eines Arbeitsverhältnisses nur zu, "wenn dem Arbeitnehmer eine nach Arbeitsrecht rechtmäßige Kündigung aus einem von seinem Verhalten unabhängigen Grunde zu dem Zeitpunkt droht, zu dem er selbst das Arbeitsverhältnis löst". Versuche des Thüringer Landessozialgerichts, dies auf solche Fälle auszudehnen, in denen der Arbeitslose von der Rechtmäßigkeit einer zum gleichen Zeitpunkt drohenden betriebsbedingten Kündigung ausgehen "durfte", hat das BSG mit Urteilen vom 25.04.2002 (B 11 AL 65/01 R, B 11 AL 100/01 R) sowie vom 17.10.2002 (B 7 AL 76/01, 92/01, 134/01 und 16/02 R) zurückgewiesen. Es kommt also darauf an, ob tatsächlich eine Kündigung seitens des Arbeitgebers zum gleichen Zeitpunkt zu besorgen war und ob eine solche Kündigung unabhängig von den Vorstellungen des Arbeitnehmers hierüber rechtmäßig gewesen wäre und somit einer gerichtlichen Überprüfung standgehalten hätte.

Daran, dass die Klägerin, hätte sie den Auflösungsvertrag am 29.03.1996 nicht unterzeichnet, mit einer Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt hätte rechnen müssen, kann kein Zweifel bestehen. Hierzu hat der Zeuge vor dem Senat wörtlich angegeben, der Verlag sei entschlossen gewesen, "uns auf jeden Fall von der Klägerin zu trennen, auf welchem Wege auch immer".

Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass der vom Arbeitslosen geltend gemachte wichtige Grund auch den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses decken müsse. Die Klägerin sei einer Schwerbehinderten gleichgestellt. Eine wirksame Kündigung einer Schwerbehinderten oder Gleichgestellten setze nach § 15 Schwerbehindertengesetz die vorherige Zustimmung der Hauptfürsorgestelle voraus, die innerhalb eines Monats erfolgen solle. Hätte sich die Klägerin am 29.03.1996 geweigert, den Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen, so wäre, so die Beklagte, eine selbst rechtmäßige Kündigung zum 31.12.1996 nicht mehr möglich gewesen.

Dies trifft zwar zu. Eine wirksame Kündigung hätte seitens des Verlags M. AG bei Weigerung der Klägerin, den Auflösungsvertrag vom 29.03.1996 zu unterzeichnen, frühestens im April 1996 ausgesprochen werden können und zwar erst innerhalb von neun Monaten zum Quartalsende, also zum 31.03.1997 (jedenfalls noch § 18 Ziffer 8 des hier einschlägigen Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer des Buchhandels in Bayern für Kündigungen anlässlich von Rationalisierungsmaßnahmen, ansonsten im Fall der Klägerin nach § 18 Ziffer 2 innerhalb von sechs Monaten zum Quartalsende).

Allerdings ist das maßgebliche Ereignis, welches die Sperrzeit begründet, ohnehin nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern die Beschäftigungslosigkeit, gegebenfalls also die Freistellung (BSG vom 12.04.1984, Az.: 7 RAr 28/83, Dienstblatt Nr.2959 zu § 119, BSG vom 25.04.2002, Az.: B 11 AL 65/01 R, S.9). Die Neustrukturierung des Betriebes sollte laut Betriebsvereinbarung ab 01.04.1996 erfolgen und die Klägerin nach den Angaben des Zeugen in beiden Rechtszügen auf jeden Fall ab diesem Zeitpunkt freigestellt werden. Unterstellt man eine mögliche rechtmäßige Kündigung der Klägerin, wenn auch erst zum 31.03.1997, so wäre die entsprechend der Betriebsvereinbarung mit dem Umstrukturierungszeitpunkt zusammenfallende Freistellung ausscheidender Arbeitnehmer ab 01.04.1996 auch hiervon gedeckt, so dass der Klägerin ein wichtiger Grund für die einverständliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses bzw. der im Aufhebungsvertrag vereinbarten Freistellung ab 01.04.1996 zur Seite stünde.

Der Senat hatte daher zu beurteilen, ob der Verlag M. AG zum Zeitpunkt des Auflösungsvertrages vom 29.03.1996 nach den objektiven Gegebenheiten und dem Geschehensverlauf das Recht zu einer ordentlichen Kündigung der Klägerin hatte, was einschließt, dass er mit einer Zustimmung der Hauptfürsorgestelle oder wenigstens mit einer gerichtlichen Bestätigung der Kündigung in einem anschließenden arbeitsgerichtlichen Verfahren rechnen durfte.

Dies ist nicht der Fall. Mit ihrem GdB von 40 war die Klägerin einer Schwerbehinderten gleichgestellt (§ 2 Schwerbehindertengesetz) mit der Folge, dass sie den besonderen Kündigungsschutz nach dem Schwerbehindertengesetz genoss (Grossmann/ Schimanski, Rdz.88 zu § 2 Schwerbehindertengesetz). Das bedeutet, wie ausgeführt, das Erfordernis der Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zu einer Kündung nach § 15 Schwerbehindertengesetz, wobei die durch die Hauptfürsorgestelle wahrzunehmenden individuellen Interessen des Schwerbehinderten immanent daneben auch im Rahmen der Anwendung der Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes zu beachten sind (Grossmann/Schimanski, Rdz.49, 297 zu § 15 Schwer- behindertengesetz). Umgekehrt muss, obgleich dies nicht gesetzlich festgehalten ist, auch die Hauptfürsorgestelle wie im allgemeinen Kündigungsschutzrecht die Interessen des Schwerbehinderten und des Arbeitgebers gegeneinander abwägen (Grossmann/ Schimanski Rdz.17, 36 ff. zu § 19 Schwerbehindertengesetz).

Nach den Angaben des Zeugen vor dem Senat habe sich der Verlag M. seinerzeit nicht in einer wirtschaftlichen Krise befunden, die Massenentlassungen erforderlich gemacht hätte. Vielmehr sei seinerzeit 1996 eine betriebswirtschaftlich gebotene Umstrukturierung erfolgt, in deren Rahmen bestimmte einzelne Arbeitsplätze weggefallen seien, so auch der Arbeitsplatz der Klägerin.

Der Zeuge hat dies im Einzelnen erläutert: Die Auftragsbearbeitung für die dem Verlag M. zugehörigen Verlage sei 1996 noch mehr als bisher in der bisher von der Klägerin geleiteten Abteilung Debitoren in Landsberg zusammengefasst worden. Parallel dazu sei die Abteilung umstrukturiert worden. Bisher sei die Abteilung nach Sachbereichen gegliedert gewesen, mit jeweiligen Gruppenleitern und der Klägerin als Gesamtleiterin. Im Zuge der Neuordnung habe dann ein Sachbearbeiter bestimmte Kunden übernommen, in Bezug auf welche er sämtliche Funktionen abgewickelt habe. Damit sei die Ebene der Gruppenleiter weggefallen. Die Leitung der Abteilung sei näher an die Sachbearbeitung herangerückt. Sie sei zwei Mitarbeiterinnen anvertraut worden, die bisher als Sachbearbeiterinnen in der Abteilung gearbeitet hätten. Diese hätten sich zwei Kundengruppen geteilt und auch Sachbearbeitertätigkeiten übernommen. Ihr finanzieller Status habe etwa dem der bisherigen Gruppenleiter entsprochen. Eine Gesamtleitung, wie sie bisher die Klägerin inne gehabt habe, habe es sowohl dem Inhalt der Tätigkeit nach als auch dem finanziellen Status nach nicht mehr gegeben.

Dies bedeutet, dass der bisherige Arbeitsplatz der Klägerin im Verlag M. im Zuge der betrieblichen Umstrukturierung 1996 wegfiel. Das Recht, den Betrieb so zu organisieren, wie er dies für betriebswirtschaftlich sinnvoll hält, gesteht das Kündigungsschutzrecht und auch das Schwerbehindertenrecht dem Arbeitgeber zu. Es ist aus Sicht des Kündigungsschutzes zu akzeptieren, dass der Verlag M. den Arbeitsplatz der Klägerin im Zuge der 1996 erfolgten Umorganisation entfallen ließ.

Allerdings ist nach § 1 Abs.2 Satz 3 Kündigungsschutzgesetz eine Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Dies gilt in besonderem Maße für Schwerbehinderte. Die Pflichten des Arbeitgebers gegenüber Schwerbehinderten nach § 14 Schwerbehindertengesetz wirken sich nicht nur bei einer eventuellen Einstellung aus, sondern auch auf sein Schicksal nach einer Einstellung (Grossmann/Schimanski, Rdz.287 ff. zu § 15 Schwerbehindertengesetz). Die Hauptfürsorgestelle hat dies zu beachten.

Der Verlag M. hat nach Angaben des Zeugen vor dem Senat der Klägerin weder eine der beiden nunmehrigen - herabgestuften - Leiterstellen in ihrer bisherigen Abteilung angeboten, noch auch versucht, sie durch irgendwelche anderweitigen Umsetzungen andernorts im Betrieb unterzubringen.

Man habe seinerzeit nicht mit der Klägerin über die Möglichkeit gesprochen, ihr einen der beiden neu geschaffenen Leitungsposten in der Abteilung zu übertragen. Man habe ihr dies nicht so ganz zugetraut, da die Abteilung auf ein ganz neues EDV-System umgestellt worden sei. Auch habe man befürchtet, dass sich die Klägerin dann innerhalb der Abteilung degradiert vorkommen werde, wenn sie auch Sachbearbeiterfunktionen übernehmen müsse. Die beiden Damen auf den neu geschaffenen Führungspositionen innerhalb der Abteilung hätten etwa 2.000,00 bis 2.500,00 DM weniger als die Klägerin verdient. Damit hätte sich dann auch die Klägerin abfinden müssen. Man habe die Fähigkeiten der Klägerin, sich fachlich umzustellen und eine Degradierung innerhalb ihrer bisherigen Abteilung hinzunehmen, für sehr gering gehalten. Dies müsse vor dem Hintergrund gesehen werden, dass es in der Abteilung schon bisher immer wieder Spannungen mit der Klägerin gegeben habe. Bei den beiden anderen Damen habe man davon ausgehen können, dass diese die zu übernehmenden Aufgaben mit Sicherheit gut beherrschen würden und dass auch der Betriebsfrieden so gesichert sei. Die aufgetretenen Spannungen hätten sicher auch in der Persönlichkeitsstruktur der Klägerin gelegen, ohne dieser nahetreten zu wollen. Offensichtlich sei die Klägerin auch körperlich angeschlagen gewesen, möglicherweise sei hierin der Grund für Schwierigkeiten im Umgang mit den Mitarbeitern zu suchen.

Die Firma habe auch nicht in Betracht gezogen, die Klägerin in eine andere Abteilung umzusetzen. Von den etwa 500 vorhandenen Arbeitsplätzen wären 400 Arbeitsplätze von vornherein für die Klägerin aufgrund ihrer beruflichen Vorbildung nicht in Frage gekommen. Soweit eine solche Möglichkeit rein abstrakt bestanden hätte, hätten dort auch überall eingearbeitete Leute gesessen, die ihrerseits eine spezifischere Vorbildung gehabt hätten. Auch in anderen Abteilungen hätte die Klägerin mit einem vergleichbaren Absinken des Gehalts rechnen müssen. Was für eine Weiterverwendung in anderer Funktion in der bisherigen Abteilung gelte, habe auch hinsichtlich einer Umsetzung in andere Abteilungen gegolten. Die Fähigkeit der Klägerin, sich fachlich umzustellen, sei von seiten der Firma als sehr gering eingeschätzt worden, desgleichen ihre Fähigkeit mit einer wenigstens vorübergehenden Degradierung fertig zu werden.

Letztlich sei die Klägerin in gewisser Weise ein Problemfall gewesen, was mit der betrieblichen Umstrukturierung zusammengetroffen sei. Man habe sich auf jeden Fall von ihr trennen wollen.

Die Ausführungen des Zeugen haben den Senat nicht überzeugt, dass der Verlag M. berechtigt gewesen wäre, der Klägerin zu kündigen, ohne zunächst den Versuch zu unternommen zu haben, sie anderweitig einzugliedern. Eine besondere Verpflichtung des Arbeitgebers, für den schwerbehinderten Arbeitnehmer nach einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit zu suchen, ist sowohl dann gegeben, wenn aufgrund einer betrieblichen Umorganisation der Schwerbehinderte nicht mehr auf seinen bisherigen Arbeitsplatz verwendet werden kann, wie auch dann, wenn der Schwerbehinderte selbst in seiner Einsetzbarkeit im Laufe der Jahre nachgelassen hat. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist hierbei auch eine langjährige Beschäftigung bei dem gleichem Arbeitgeber und die bisher gezeigte Einsatzbereitschaft (Grossmann/Schimanski, Rdz.287 ff. zu § 15 Schwerbehindertengesetz). Diese Gesichtspunkte treffen sämtlich auf die Klägerin zu. Diese war 22 Jahre lang beim Verlag M. beschäftigt und hat dabei stets einen weitaus überobligationsmäßigen Einsatz gezeigt, wie aus den Beförderungsschreiben anlässlich ihres innerbetrieblichen Werdegangs hervorgeht. Ihr Arbeitgeber hätte im Fall der Klägerin unbedingt zunächst einmal den Versuch unternehmen müssen, sie innerhalb der Firma anderweitig unterzubringen. Bei insgesamt 500 Arbeitsplätzen, von denen nach Angaben des Zeugen immerhin etwa 100 nicht von vornherein für die Klägerin außer Betracht standen, lässt sich bei der üblichen Fluktuation innerhalb eines Betriebes nicht vorstellen, dass bei entsprechendem Willen des Arbeitgebers ein solcher Versuch von vornherein als aussichtlos anzusehen war.

Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nicht bereit gewesen wäre, einen Versuch an einem anderen, auch niedriger qualifizierten und bezahlten Arbeitsplatz zu unternehmen. Dafür spricht die langjährige Betriebstreue. Dafür spricht auch, dass es der Firma nach Angaben des Zeugen erst nach Gesprächen schon seit Ende 1995/Anfang 1996, die zum Teil konfliktreich verlaufen seien, und in denen der Klägerin klar gemacht worden sei, dass man sich auf jeden Fall von ihr trennen wolle, gelungen ist, die Klägerin zur Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages zu bewegen. Es war also nicht so, dass der Verlag M. deswegen von vornherein darauf verzichten konnte, nach einem geeigneten Arbeitsplatz für die Klägerin zu suchen bzw. ihr irgendein Angebot zu machen, da ohnehin gewiss war, dass sie dies ablehnen würde.

Der Verlag M. wäre also bei einer endgültigen Weigerung der Klägerin, einen Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen, nicht berechtigt gewesen, ihr stattdessen zu kündigen. Eine Zustimmung der Hauptfürsorgestelle war unter den gegebenen Umständen nicht zu erwarten wie auch keine Bestätigung der Kündigung als wirksam durch das Arbeitsgericht. Nach der Rechtsprechung des BSG, die auf die objektive Rechtslage, nicht auf die Vorstellungen des Arbeitnehmers abstellt, kann daher die Klägerin nicht als wichtigen Grund für ihr Einverständnis mit dem Aufhebungsvertrag vom 29.03.1996 geltend machen, dass ihr ohnehin, sei es zum 31.12.1996 oder zum 31.03.1997, jedenfalls mit Freistellung ab 01.04.1996, rechtmäßig und wirksam gekündigt worden wäre.

Allerdings sieht der Senat in einer vollen Sperrzeit von zwölf Wochen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte im Sinne von § 119 Abs.2 AFG.

Die Beurteilung, ob eine besonderte Härte im Sinne von § 119 Abs.2 AFG vorliegt, ist unabhängig von den Maßgaben für das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die einverständliche Auflösung eines Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses vorzunehmen. Insoweit ist nicht allein auf die objektive Rechtslage, sondern auch auf die persönliche Perspektive und Situation des Arbeitnehmers abzustellen (BSG vom 17.10.2002, Az.: B 7 AL 76/01, S.10, ebenso BSG vom 17.10.2002, Az.: B7 AL 92/01 R und vom 17.10.2002, Az.: B 7 AL 16/02 R).

Dies erlaubt eine Korrektur der Härten, die sich aus dem rein objektiven Maßstab für das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Einzelfall ergeben können. Die Ausgangsentscheidung des BSG vom 12.04.1984, Az.: 7 RAr 28/83 (Dienstblatt Nr.2959) führt zum dort entschiedenen Fall aus: "Dem Arbeitnehmer kann nicht zugemutet werden, die Nachteile hinzunehmen, die sich für sein berufliches Fortkommen durch eine Kündigung ergeben, wenn er diese- vermeiden kann. Der Arbeitnehmer darf daher einer ihm drohenden Kündigung aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grund zuvor kommen, ohne eine Sperrzeit befürchten zu müssen. Der Kläger kann sich hierauf allerdings nicht berufen, denn er hätte sich mit Aussicht auf Erfolg gegen eine Kündigung wehren können".

Folgt man dem wie der Senat bezüglich der Maßstäbe für das Vorliegen eines wichtigen Grundes, so kann aber gleichwohl für den Arbeitnehmer eine besondere Härte darin liegen, es auf eine Kündigung und das Anstrengen einer Kündigungsschutzklage ankommen zu lassen. Bei einer dem Arbeitnehmer zwar objektiv zur Wahrung der Interessen der Versichertengemeinschaft zugemuteten fortgesetzten Weigerung, einer einvernehmlichen Auflösung zuzustimmen, kann eine solche besondere Härte zum einen in einem zu erwartenden fortgesetzten Druck des Arbeitgebers sowie in der im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens zu erwartenden Auseinandersetzung liegen, dessen Ergebnis für den Arbeitnehmer in der Regel kaum voraussehbar ist. Solche Umstände sind im Fall der Klägerin in hohem Maße gegeben. Den Angaben des Zeugen ist zu entnehmen, dass bei einer fortgesetzten Weigerung der Klägerin, einem Aufhebungsvertrag zuzustimmen, weiterhin höchst intensiver Druck auf sie ausgeübt worden wäre und sie anschließend an eine letztlich unausweichliche Kündigung im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens bzw. auch schon bei der Befassung der Hauptfürsorgestelle mit höchst unerfreulichen Auseinandersetzungen zu rechnen gehabt hätte. Mit Sicherheit hätte der Verlag M. , selbst wenn der Klägerin irgendeine Art von vertragswidrigem Verhalten offenbar nicht vorgeworfen werden kann und eine längere Erkrankung in der Arbeitsbescheinigung nicht ausgewiesen ist, eine Kündigung zusätzlich mit jedenfalls eine ordentliche Kündigung nach § 1 Abs.2 KSchG rechtfertigenden Gründen in der Person der Klägerin oder in deren Verhalten, letztlich mit Angriffen auf ihre Persönlichkeit zu begründen versucht. Eine solche Belastung ist bereits als solche erheblich und die Klägerin hatte überdies zu befürchten, dass ihr hierdurch ihre weitere berufliche Kariere verbaut werden würde. Außerdem war der Sozialplan des Verlags M. so abgefasst (Ziffer 1 Punkt 2), dass die Klägerin bei einer nicht rein betriebsbedingten Kündigung mit einem Verlust ihrer Abfindung rechnen musste.

Nach § 119 Abs.2 Satz 1, § 119a AFG ist demnach zur Überzeugung des Sentas anlässlich des Ausscheidens der Klägerin aus ihrem Beschäftigungsverhältnis beim Verlag M. wegen des Vorliegens einer besonderen Härte eine Sperrzeit von lediglich sechs Wochen eingetreten.

Dies bedeutet, dass die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld ab dem Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung und Antragstellung am 01.01.1997 zu leisten hat.

Die Ruhensvorschrift des § 117a AFG greift nicht ein, da sie das Eintreten einer vollen Sperrzeit zur Voraussetzung hat. Infolge der, wenn auch halbierten Sperrzeit nach § 119 Abs.1 Satz 1 Nr.1 AFG tritt zwar ein Ruhen des Anspruchs der Klägerin auf Arbeitslosengeld von sechs Wochen ein. Die Sperrzeit beginnt jedoch nach § 119 Abs.1 Satz 2 AFG mit dem für den Eintritt der Sperrzeit maßgeblichen Ereignis. Dies ist bei rechtlichem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses der Eintritt der Beschäftigungslosigkeit, also der Freistellung der Klägerin ab 01.04.1996 (BSG vom 25.04.2002, Az.: B 11 AL 65/01 R, S.9). Der mit dem 01.04.1996 beginnende Ruhenszeitraum von sechs Wochen war am 01.01.1997 bereits abgelaufen. Einem Anspruch der Klägerin ab diesem Zeitpunkt lässt sich deshalb ein Ruhen nicht entgegen halten (BSG vom 25.04.2002, a.a.O., S.10).

Als Folge des Bestehenbleibens des Sperrzeitbescheides, insoweit als darin eine Sperrzeit von sechs Wochen festgestellt wird, vermindert sich die Dauer des Anspruchs der Klägerin auf Arbeitslosengeld um 36 Leistungstage.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Anlass zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 oder Nr.2 SGG bestand nicht, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und das Urteil nicht von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweicht und auf diese Abweichung beruht.
Rechtskraft
Aus
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