L 6 RJ 376/00

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 RJ 500/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 376/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Klägers wird die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgericht Regensburg vom 26. Januar 2000 sowie des Bescheides vom 10. März 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 1997 verurteilt, dem Kläger ab 01.11.1996 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu leisten, soweit nicht Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung besteht.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Der 1959 geborene Kläger hat den Beruf des Malers/Lackierers erlernt und in diesem Beruf 1983 die Meisterprüfung abgelegt. Seit 1987 ist er als Handwerksmeister mit einem Malerbetrieb selbstständig tätig und beschäftigt ca. 6 Gesellen und 9 Lehrlinge. Für diese Tätigkeit hat er Handwerker Pflichtbeiträge bis 1995 entrichtet.

Am 13.01.1995 erlitt er einen Arbeitsunfall, der von der Bau- berufsgenossenschaft Bayern und Sachsen mit einer Unfallrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in Höhe von 50 v.H. entschädigt wird. Als Unfallfolgen sind verformende Veränderungen der Gelenke zwischen Sprungbein und Fersenbein beidseits mit liegenden Schraubenresten und Reizzustand, sekundäre Ergussbildung und Funktionsstörung in beiden oberen Sprunggelenken, wesentliche Störungen der Achsenverhältnisse in Form einer x-förmigen Fehlstellung der Rückfüße und Abflachung der Fußgewölbe, Muskelminderung an beiden Unterschenkeln anerkannt.

Am 19.11.1996 beantragte der Kläger wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalls bei der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Im Verwaltungsverfahren wurde er durch den Arzt für Chirurgie Dr.B. untersucht, der den Kläger noch zu einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit mit leichten Arbeiten überwiegend im Sitzen mit gelegentlichem Gehen und Stehen in der Lage beurteilte. Seine Tätigkeit im Beruf des Malermeisters sei damit nicht mehr möglich, andererseits sei er im Bürowege noch in der Lage, seinen eigenen Betrieb zu führen, auch wenn er nicht mehr vollwertig aufsichtsführend außerhalb seines Büros tätig sein könne.

Mit Bescheid vom 10.03.1997 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab, angesichts des verbliebenen Leistungsvermögens und der Fähigkeit des Klägers leichte Arbeiten vollschichtig überwiegend im Sitzen zu verrichten, sei der Kläger weder berufs- noch erwerbsunfähig und insoweit auch auf aufsichtsführende Bürotätigkeiten in seinem eigenen Betrieb verweisbar.

Dagegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt. Zur Begründung hat er eine Stellungnahme des Landesinnungsverbandes des bayerischen Maler- und Lackiererhandwerks vom 14.03.1997 vorgelegt, worin ihm bestätigt wird, dass die Führung eines handwerklichen Kleinbetriebes nicht "vom Schreibtisch aus" möglich sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auch wenn der Kläger seinen eigenen Betrieb im Bürowege nicht führen könne, so sei er auch auf Tätigkeiten im Bürobereich eines größeren Malerbetriebes verweisbar. Auch habe es das Bundessozialgericht für durchaus zumutbar erachtet, dass ein Handwerksmeister seinen eigenen Betrieb durch Änderung der Organisation so umgestalte, dass er darin einen gesundheitlich zumutbaren Arbeitsplatz finde.

Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht Regensburg Klage erhoben, mit der er weiter Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begehrt.

Das Sozialgericht hat zunächst ein Terminsgutachten des Sportmediziners Dr.K. vom 30.03.1999 eingeholt, der im Wesentlichen die Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.01.1995 festgestellt und den Kläger mit Rücksicht darauf zu einer vollschichtigen Tätigkeit vorwiegend im Sitzen in der Lage beurteilt hat. Es käme im Wesentlichen eine Tätigkeit im Bürobereich eines großen Malerbetriebes in Betracht, wofür der Kläger durchaus das erforderliche Anpassungs- und Umstellungsvermögen zeige.

Auf den Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG hat Prof.Dr.L. ein orthopädisches Gutachten zum beruflichen Leistungsvermögen des Klägers erstattet. In seinem Gutachten vom 25.06.1999 hat der ärztliche Sachverständige im Wesentlichen auf Grund der bereits bekannten Unfallfolgen zwar eine vollschichtige Erwerbstätigkeit mit leichten Arbeiten überwiegend im sitzen für möglich erachtet, Wegstrecken von viermal täglich 500 m in einer angemessenen Zeit - ca.7 Minuten - zurückzulegen seien dem Kläger jedoch nicht möglich.

Dagegen vertrat die Ärztin für Chirurgie Dr.P. vom Sozialärztlichen Dienst der Beklagten in ihrer Stellungnahme vom 10.08.1999 die Ansicht, dass der Kläger trotz der Unfallverletzungsfolgen noch Gehstrecken von 600 bis 800 m zweimal täglich in einer Zeiteinheit von 20 Minuten zurücklegen könne. Unter der Maßgabe, dass der Kläger adäquates orthopädisch angepasstes Schuhwerk benütze, sei seine Wegefähigkeit nicht auf unter 500 m viermal täglich eingeschränkt.

Mit Urteil vom 26.01.2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Angesichts des verbliebenen Leistungs- vermögens mit der Fähigkeit körperlich leichte Tätigkeiten voll- schichtig auszuüben sei er keinesfalls erwerbsunfähig. Ebenso wenig sei er berufsunfähig. Er sei zwar angesichts seines beruflichen Werdegangs als besonders hoch qualifizierter Facharbeiter einzustufen und damit nur auf ebenso qualifizierte oder zumindest auf Tätigkeiten mit der Qualifikation des Facharbeiters verweisbar, auch sei der Kläger gesundheitlich nicht mehr in der Lage, den Beruf des Malermeisters vollwertig auszuüben, dennoch sei er nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 SGB VI, da der Kläger zumutbarerweise auf Tätigkeiten im Bürobereich eines großen Malerbetriebes, eines größeren Bauunternehmens oder eines Architekturbüros verweisbar sei. Die notwendigen bürotechnischen, kaufmännischen Kenntnisse müsse der Kläger durch den Besuch der Meisterschule und seine bisherige Tätigkeit als Leiter eines selbstständigen Handwerksbetriebes haben. Trotz seiner eingeschränkten Wegefähigkeit sei der Kläger unter Zuhilfenahme von orthopädischem Schuhwerk und einem eigenen Kraftfahrzeug, das der Kläger besitze, in der Lage, einen zumutbaren Arbeitsplatz zu erreichen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Nachdem dem Kläger wegen Versäumens der Berufungsfrist mit Beschluss des Senats vom 06.10.2000 die Wiedereinsetzung in vorigen Stand gewährt worden war, holte der Senat zunächst Gutachten zum beruflichen Leistungsvermögen auf innerem und orthopädischem Fachgebiet ein.

In seinem internistischen Gutachten vom 02.02.2001 stellte Dr.E. die Diagnosen: Ausschluss einer sozialmedizinisch relevanten arteriellen Verschlusskrankheit, Verdacht auf arteriellen Hypertonus, differenzialdiagnostisch Medikamentennebenwirkung, Adipositas Grad I, grenzwertige Hyperlipidämie. Die körperlichen und geistigen Fähigkeiten einer Erwerbstätigkeit nachzugehen seien durch diese Gesundheitsstörungen nur gering beeinträchtigt. Von Seiten seines Fachgebiets seien dem Kläger noch leichte bis mittelschwere Arbeiten vollschichtig ohne qualitative Einschränkungen möglich. Ebenso wenig sei dadurch eine Begrenzung des Anmarschweges zur Arbeitsstätte zu begründen. Im Vordergrund des Krankheitsbildes stünden die von Seiten des orthopädischen Fachgebietes zu beurteilenden Leiden. Dazu hat Dr.F. am 29.01.2001 ein Gutachten erstattet. Neben den Verletzungsfolgen des Arbeitsunfalles aus dem Jahre 1995 hat der ärztliche Sachverständige beginnende Verschleißerscheinungen an der Halswirbelsäule, Beschwerden von Seiten der Lendenwirbelsäule, eine Hüftdysplasie beidseits, beginnende Verschleißerscheinungen der Kniegelenke beidseits und ein erhebliches Übergewicht festgestellt. Eine wesentliche Einschränkung des körperlichen Leistungsvermögens begründe sich aus den Verletzungsfolgen des Arbeitsunfalles aus dem Jahre 1995, wodurch die Geh- und Stehfähigkeit des Klägers erheblich herabgesetzt sei. Insbesondere könne der Kläger keine Tätigkeiten im Gehen oder Stehen, auf Leitern und Gerüsten oder auf unwegsamen Gelände ausführen. Gesundheitlich zumutbar sei lediglich eine Tätigkeit im Sitzen, wie sie eine Bürotätigkeit darstelle. Aufsichtsführende Tätigkeiten außerhalb eines Büros seien nicht mehr zumutbar. Sitzende Tätigkeiten im Büro seien dem Kläger jedoch vollschichtig zumutbar. Wie weit beim Kläger die Wegefähigkeit eingeschränkt sei, sei von orthopädischem Fachgebiet schwierig zu beurteilen, sicher sei jedenfalls, dass der Kläger in der Tat so gut wie nicht gehe und das Gehvermögen auch reduziert sei. Es bestehe beim Kläger höchstwahrscheinlich ein Reizzustand der unteren Sprunggelenke, die es ihm tatsächlich nicht möglich mache, 500 m einfacher Strecke in angemessener Geschwindigkeit zu Fuß zurückzulegen. Die Situation ließe sich jedoch nach einem entsprechenden operativen Eingriff mit Versteifung der Sprunggelenke bis zu Wiederherstellung der Wegefähigkeit verbessern. Gegebenenfalls könnte ein psychiatrisches Gutachten die Frage der Somatisierung bzw. eines selbstständigen Schmerzsyndroms klären. Es sei dem Kläger jedoch möglich enen Pkw für den Weg zur Arbeitsstätte zu benutzen.

Dazu äußerte sich die Beklagte in ihrer Stellungnahme vom 19.04.2001 dahingehend, dass dem Kläger selbst dann der Arbeitsmarkt nicht verschlossen sei, wenn er weniger als 500 m zu Fuß zurücklegen könne. Er sei im Besitz eines Pkw, dessen Benützung ihm auch gesundheitlich zumutbar sei. Gewöhnlich stünden für Gehbehinderte entsprechende Schwerbehindertenparkplätze in unmittelbarer Betriebsnähe zur Verfügung. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 01.06.2001 führte Dr.F. dazu aus, dass die Anmarschwege von einem Pkw in ein Büro von ca. 400 m gesundheitlich zumutbar seien. Ebenso sei es dem Kläger möglich, während der Arbeit die im Büro üblichen kurzen Wege zu Aktenschränken oder Schreibtischen zurückzulegen, soweit dabei nicht mehr als 5 % des Arbeitstages und nicht insgesamt mehr als 500 bis 600 m pro Arbeitstag zurückgelegt werden müssten. Dazu reiche das vom Kläger getragene orthopädische Schuhwerk aus, sodass der Kläger dazu auch keine Krücken benützen müsse.

Anschließend hat die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr.O. ein neuropsychiatrisches Gutachten zum beruflichen Leistungsvermögen des Klägers erstattet. In ihrem schriftlichen Gutachten vom 03.11.2001 stellt sie ab dem Begutachtungszeitpunkt das Vorliegen eines reaktivdepressiven Versagungssyndroms in Kombination mit einem chronischen Schmerzsyndrom fest, das den Kläger sowohl in qualitativer wie in quantitativen Hinsicht beruflich beeinträchtige. Derzeit lasse das verbliebene Leistungsvermögen nicht mehr als geringfügige Tätigkeiten zu im Umfang von unter dreistündig täglicher Erwerbstätigkeit. Was die Wegefähigkeit des Klägers anlange, sei anzunehmen, dass er bei Benützung eines eigenen Pkws und einem entsprechenden örtlich nahen Behindertenparkplatz durchaus in der Lage sei, die Weg- strecken zum Arbeitsplatz und zurück zu bewältigen. Es bestehe eine begründete Aussicht, dass durch eine einschlägige psychosomatisch-psychotherapeutisch-nervenärztliche Behandlung unter Berücksichtigung schmerztherapeutischer Gesichtspunkte die quantitativen Beschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens beseitigt werden könnten.

Die Beklagte erklärte sich darufhin bereit, seit 25.10.2001 volle Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs.2 SGB VI anzuerkennen und zeitgleich Berufsfähigkeit gemäß § 240 Abs.2 SGB VI. Dementsprechend bestehe Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.05.2002 befristet bis 31.10.2003, da es wahrscheinlich sei, dass sowohl die volle Erwerbsminderung wie die Berufsunfähigkeit behoben werden können. Der Kläger hat hiergegen die Auffassung vertreten, ihm stünde ab 01.11.1996 Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 43 SGB VI a.F. auf Dauer zu und für die Zeit vom 01.05.2002 bis 31.10.2003 darüber hinaus die Rente wegen voller Erwerbsminderung, über deren Weitergewährung nach Ablauf zu entscheiden sei.

In ihrer Stellungnahme vom 03.06.2002 wies die Beklagte darauf hin, dass die Umstellungsfähigkeit des Klägers vor dem 25.10. 2001 nicht gemindert gewesen sei und deshalb auch vor diesem Zeitpunkt keine Berufsunfähigkeit , schon gar nicht auf Dauer, bestehe.

Der Senat hat darauf ein berufskundliches Gutachten des Landesarbeitsamtes Bayern zur Frage eines möglichen Büroeinsatzes des Klägers auf Facharbeiterebene eingeholt. In seiner Stellungnahme vom 12.02.2003 führte das Landesarbeitsamt Bayern aus, es sei beim Kläger, der nur einen kleinen Handwerksbetrieb geführt habe, nicht zu erwarten, dass er die für die Arbeit in größeren Handwerksbetrieben notwendigen Kenntnisse besitze. In der Regel benötigen Handwerksmeister eine zusätzliche Ausbildung z.B. in Lehrgängen zum "Betriebswirt des Handwerks", deren Dauer zwischen drei und zwölf Monaten liege. Es sei nicht zu erwarten, dass der Kläger in einer maximal dreimonatigen Einarbeitungszeit die Kenntnisse erwerben könne, die innerhalb eines Büros großer Handwerksbetriebe erforderlichen hoch qualifizierten Arbeiten auszuführen. Im Übrigen würden, je größer ein Betrieb sei, die klassischen Aufgaben wie Kalkulation, Materialverwaltung, Arbeitsvorbereitung sehr arbeitsteilig organisiert und diese Aufgaben insbesondere von Ingenieuren, Technikern, Betriebswirten oder Kaufleuten oder zumindest von einschlägig fortgebildeten gewerblichen Fachkräften einschließlich Meistern ausgeübt. Diese Kenntnisse könne ein Malermeister, der einen kleinen Handwerksbetrieb geführt habe, auch innerhalb einer Einarbeitungszeit von drei Monaten nicht erwerben. Zudem gehörten bei der Ausübung derartiger Tätigkeiten grundlegende EDV-Kenntnisse, die beim Kläger ebenfalls nicht zu erwarten seien. Durch die komplexen Arbeitsmöglichkeiten am Computer sei eine Vernetzungsintegration der Tätigkeit in einem Betrieb möglich und damit insbesondere die mangelnde Beweglichkeit des Klägers auszugleichen, andererseits sei nicht zu erwarten, dass die dafür nötigen Kenntnisse beim Kläger vorhanden seien oder innerhalb von drei Monaten zusätzlich erlangt werden könnten.

Die Beklagte vertritt dagegen in ihrer Stellungnahme vom 03.04. 2003 weiterhin die Ansicht, dass der Kläger durch seine Ausbildung zum Meister und seine Erfahrung als Betriebsleiter in der Lage wäre, sich innerhalb von drei Monaten auf eine zumutbare Bürotätigkeit in einem größeren Betrieb einzuarbeiten. 1997 sei die Umstellungsfähigkeit des Klägers auch noch als ausgezeichnet beschrieben worden, sodass jedenfalls der Leistungsfall der Berufsunfähigkeit seinerzeit nicht eingetreten sei. Dieser sei entsprechend ihrem Angebot vom 16.01.2002 erst mit der Untersuchung durch Dr.O. nachgewiesen.

Zur weiteren Begründung seiner Berufung legte der Kläger Befundberichte des behandelnden Neurologen und Psychiaters Dr.N. vom 26.05.2003 und 02.11.2000 vor, worin im Wesentlichen ein unverändertes Beschwerdebild von Seiten des nervenärztlichen Fachgebietes, d.h. depressives Syndrom mit Somatisierung diagnostiziert ist, beschrieben wird.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Regensburg vom 26.01.2000 sowie des Bescheides vom 10.03.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.06.1997 zu verurteilen, ihm ab 01.11.1996 Rente wegen Berufsunfähigkeit zu leisten.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen waren die Akten der Beklagten und die des Sozialgerichts Regensburg, die Akten des Bayerischen Landessozialgerichts in Streitigkeiten mit der Bauberufsgenossenschaft und die Akten der Bauberufsgenossenschaft, auf deren Inhalt sowie auf den Inhalt der Berufungsakte zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die durch den Senat gewährte Wiedereinsetzung zulässige Berufung ist, soweit der Kläger mit ihr Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.11.1996 gemäß § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der zum 31.12.2000 gültigen Fassung begehrt, auch begründet.

Danach erhält derjenige Rente wegen Berufsunfähigkeit, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Gesundheitsstörungen auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit des Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die den Kräften und Fähigkeiten des Versicherten entsprechen und die ihm mit Rücksicht auf die Dauer und den Umfang seiner Ausbildung sowie seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger bereits vor dem Datum der Antragstellung. Auch wenn der Kläger im gesamten streiti- gen Zeitraum selbstständig einen Handwerksbetrieb betreibt, so- Berufsunfähigkeit nicht aus (vgl. BSG, Urteil vom 22.02.1989, Az.: 5 RJ 20/88).

Der Kläger muss sich zwar grundsätzlich auf eine Tätigkeit als selbstständiger Handwerksmeister verweisen lassen ebenso wie auf eine unselbstständige Tätigkeit, dies selbst dann, wenn er als selbstständiger Handwerksmeister weiterhin tätig bleibt. Eine Verweisung auf seine Tätigkeit im eigenen Betrieb kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn diese dem Kläger gesundheitlich zumutbar ist und er trotz gesundheitlicher Leistungseinschränkungen in seinem eigenen Betrieb noch Tätigkeiten verrichten kann, deren Wert mindestens die Hälfte des vor Eintritt der Leistungseinschränkung erzielten "Unternehmerlohns" erreicht. (Vgl. BSG, Urteil vom 16.12.1993, Az.: 13 RJ 31/92). Eben diese die Berufsunfähigkeit ausschließende Tätigkeit im eigenen Handwerksbetrieb kann der Kläger jedoch nicht ausführen und führt sie auch nicht aus. Aus gesundheitlichen Gründen wäre der Kläger lediglich noch in der Lage, reine Bürotätigkeiten innerhalb seines Unternehmens auszuüben. Diese fallen jedoch offensichtlich nicht in einem Umfang an, die von ihrem Wert her mindestens die Hälfte des vor Eintritt der Leistungseinschränkung erzielten Unternehmerlohns erreichen. Dies ergibt sich einerseits aus der Tatsache, dass der Kläger bis zu seinem Arbeitsunfall in seinem Betrieb handwerklich mitgearbeitet hat und die Büroarbeit im Wesentlichen von seiner Mutter erledigt worden ist; worauf auch die Umstände des Arbeitsunfalls aus dem Jahre 1995, der dem Kläger anlässlich einer handwerklichen Tätigkeit zugestoßen ist, hinweisen. Ebenso wenig ist der Kläger gesundheitlich noch zu den üblichen aufsichtsführenden und administrativen Tätigkeiten in der Lage, die in einem Handwerksbetrieb augenscheinlich überwiegend außerhalb des Büros auszuüben sind, wie zum Beispiel Kundenbesuch, Aufmaß, Überwachung der Baustellen und Lehrlingsausbildung. Im Rahmen des gesundheitlich Zumutbaren bleibt deshalb lediglich in zeitlich geringem Umfang die Bürotätigkeit für den Kläger, wie sie der Landesinnungsverband des bayerischen Maler- und Lackiererhandwerks- Stellungnahme vom 14.03.1997 beschreibt. Der Senat geht deshalb davon aus, dass der Kläger innerhalb seines selbstständigen Handwerksbetriebes keinen gesundheitlich und sozial zumutbaren Arbeitsplatz innehat, auf den der Kläger von seinem wirtschaftlichen Wert her verwiesen werden kann.

Ebenso wenig kann der Kläger auf eine lohnabhängige Tätigkeit verwiesen werden. Als Handwerksmeister ist er nach dem vom Bundessozialgericht entwickelten Berufsgruppenschema als besonders hoch qualifizierter Arbeitnehmer zu beurteilen und damit nur auf Tätigkeiten verweisbar, die in ihrer Qualität mindestens der eines Facharbeiters mit dreijähriger Ausbildung entsprechen. In Anbetracht der für ihn gesundheitlich lediglich in Frage kommenden Arbeiten mit reinen Bürotätigkeiten hat der Kläger jedoch nicht die dafür nötige Qualifikation und kann diese auch nicht innerhalb von drei Monaten Einarbeitungszeit erreichen. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen des Landesarbeitsamtes Bayern vom 12.02.2003. Danach hat ein Handwerksmeister eines Kleinbetriebes nicht die für eine hoch qualifizierte Bürotätigkeit erforderlichen Kenntnisse, die er auch nicht innerhalb von drei Monaten sich anzueignen in der Lage ist. Dementsprechend ist der Kläger auch nicht auf für ihn sozial zumutbare Arbeitsplätze außerhalb seines Handwerksbetriebes verweisbar, die laut der berufskundlichen Stellungnahme des Landesarbeitsamtes durchaus in der nötigen Anzahl und Anforderungen an die Qualifikation im Bundesgebeit anzutreffen sind, weil er dafür weder die nötigen Kenntnisse hat, noch sie innerhalb von drei Monaten erwerben kann.

Der Kläger erfüllt deshalb die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit seit Antragstellung.

Die Beklagte war daher unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts Regensburg und ihrer Bescheide zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit ab 01.11.1996 zu gewähren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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