L 3 RJ 54/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 5 (8) RJ 231/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 RJ 54/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12. Juni 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger vom 01. Januar 1984 bis zum 30. September 1992 eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gewähren muss.

Der im September 1927 geborene Kläger ist jüdischen Glaubens und begann 1943 nach eigenen Angaben eine Uhrmacher-Lehre. Von April 1944 bis zu seiner Befreiung im Mai 1945 wurde er aufgrund nationalsozialistischer Gewaltmaßnahmen seiner Freiheit beraubt. Deshalb ist er als Verfolgter i.S.d. § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) anerkannt (Bescheid vom 24. März 1960).

Von 1947 bis 1949 war er bei der Fa. L G in C/Slowakei als Uhrmachergehilfe und von April 1950 bis März 1951 in E/Schweiz als Uhrmacher tätig. Die Beklagte hat die Zeit vom 15. Februar 1947 bis zum 15. Februar 1949 als glaubhaft gemachte (Pflicht-)Beitragszeit in der Rentenversicherung der Arbeiter außerhalb der Land- und Forstwirtschaft anerkannt und in die Leistungsgruppe 3 der Anlage 1 zum Fremdrentengesetz (FRG) eingestuft.

Seit 1951 ist der Kläger israelischer Staatsbürger und lebt in S/Israel. Von 1952 bis 1995 arbeitete er für das israelische Landwirtschaftsministerium als Techniker und (hochrangiger) Beauftragter in einer Abteilung für Bodenerhaltung. Nach Auskunft des Ministeriums vom 04. Dezember 2002 war er dort an fünf Tagen in der Woche mit der "Planung von logistischen Tätigkeiten bei Landwirten" betraut. Verglichen mit der Leistung gesunder Kollegen sei seine Arbeitsleistung zwischen Dezember 1983 und September 1992 aufgrund krankheitsbedingter Fehlzeiten geringer gewesen. Dennoch habe er ein volles Gehalt erhalten. Aus einem Schreiben des Kreisleiters beim Ministerium für Landwirtschaft und Dorfentwicklung in I und I1 vom 30. November 1988 geht zudem hervor, dass der Kläger seine Arbeitsstunden aufgrund seines physischen und psychischen Gesund- heitszustands reduziert und krankheitsbedingt häufig gefehlt habe. Auf "Art und Umfang" seiner Tätigkeit "sei in den letzten Jahren Rücksicht genommen" worden. Nach einer Bescheinigung des Kreisleiters H1 vom 01. Juli 1996 sei der Kläger bis 1988 in der Planung, Aufsicht und Feldmessung tätig gewesen und anschließend - infolge Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes - nur noch bei Aufsichts- und Planungsarbeiten (im Innendienst) eingesetzt worden.

Am 29. Dezember 1983 beantragte der Kläger bei der BfA eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Mai 1987 ab, weil die Wartezeit nicht erfüllt sei. Den Widerspruch vom 15. Juni 1987 wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 26. November 1987 zurück; die Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf (S 12 J 363/87) blieb erfolglos (Urteil vom 20. Juli 1989). Im Berufungsverfahren (L 13 J 124/89) vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NW) erklärte der Kläger im Dezember 1990, dass "der Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen ...Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit ... im Verwaltungsverfahren weitergeführt werden" solle. Gleichzeitig überreichte er ein Attest des Dr. M, wonach er an einer Erkrankung der Herzkranzgefäße mit Durchblutungsstörungen des Herzmuskels und dadurch hervorgerufener Angina pectoris leide. Mit Urteil vom 19. Februar 1991 sprach das LSG NW dem Kläger Ersatzzeiten vom 01. März 1944 bis 31. Dezember 1946 und am 04. April 1951 zu.

Im Juli 1992 zahlte der Kläger Beiträge i.H.v. 53.784,00 DM nach. Die Beklagte gewährte ihm daraufhin mit Rentenbescheid vom 05. März 1993 eine Regelaltersrente ab dem 01. Oktober 1992.

Mit Schreiben vom 15. März 1993 wies der Kläger darauf hin, dass über seinen Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit noch nicht entschieden worden sei. Später legte er eine Bescheinigung des Herzspezialisten Dr. G aus Israel vom 01. Juli 1996 vor, wonach er seit 1987 wegen einer ischämischen Herzkrankheit behandelt werde. Ihm sei empfohlen worden, Arbeiten mit physischer Anstrengung zu meiden.

Die Beklagte zog daraufhin einen Befundbericht der S-A-Klinik vom 14. August 1997 bei und lehnte den Rentenantrag "vom 29.12.1983" mit Bescheid vom 16. Dezember 1997 (erneut) ab. Zur Begründung führte sie aus, es bestehe weder Berufs- noch Erwerbsunfähigkeit. Außerdem seien "in den letzten fünf Jahren" keine drei Jahre mit Pflichtbeiträgen belegt.

Dagegen erhob der Kläger am 12. Januar 1998 Widerspruch und behauptete, seit 1987 erwerbs-, zumindest aber berufsunfähig zu sein. Hierzu fügte er ein Schreiben des Kardiologen Dr. G1 aus Israel vom 24. September 1998 bei, wonach er aufgrund einer Herzerkrankung keine Arbeiten mehr ausführen könne, die mit körperlichen Anstrengungen verbunden seien. Außerdem legte er ein "ärztliches Gutachten" des niedergelassenen Neurologen Dr. H aus U vom 01. Dezember 1998 vor, der die "MdE" aufgrund einer reaktiven Psychoneurose, einer chronischen Herzkrankheit und einem Z. n. Lungentuberkulose "seit dem 01. Januar 1987 auf mindestens 60%" schätzte. Aufgrund seines Gesundheitszustands sei der Kläger seinen Pflichten als Angestellter im Landwirtschaftsministerium "nicht voll nachgekommen" und habe "oft stundenlange Pausen" eingelegt. Der Arbeitgeber habe "seinem prekären Gesundheitszustand Rechnung getragen" und ihn 1988 mit leichteren Arbeiten betraut.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 1998 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, weil das Leistungsvermögen des Klägers noch nicht entscheidend gemindert oder gar aufgehoben gewesen sei. Als ungelernter bzw. angelernter Arbeiter könne er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden. Deshalb komme eine Rentenzahlung nicht in Betracht.

Hiergegen hat der Kläger am 30. Dezember 1998 vor dem SG Düsseldorf Klage erhoben und vorgetragen, er habe seine letzte Tätigkeit im Landwirtschaftsministerium nur noch auf Kosten seiner Restgesundheit verrichtet. Außerdem überreichte er eine Bescheinigung des niedergelassenen Arztes Dr. M aus S/Israel vom 26. Dezember 1999, wonach er seine Berufstätigkeit wegen einer schweren Herzkrankheit auf ärztlichen Rat aufgegeben habe.

Das SG hat einen Befundbericht des niedergelassenen Naturheilkundlers Dr. T aus S1/Israel beigezogen und die Klage mit Urteil vom 12. Juni 2002 abgewiesen: Der Kläger habe seine Berufstätigkeit bis Dezember 1992 tatsächlich ausgeübt. Dieser Tatsache komme erheblicher Beweiswert zu. Dass er seine körperlich leichten Arbeiten lediglich auf Kosten seiner Restgesundheit verrichtet habe, könne mangels medizinischer Unterlagen nicht (mehr) festgestellt werden. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast gehe dies zu seinen Lasten.

Nach Zustellung am 10. Juli 2002 hat der Kläger gegen diese Entscheidung am 12. Juli 2002 Berufung eingelegt, mit der er sein Rentenbegehren weiterverfolgt.

Der Kläger, der im Termin weder erschienen ist noch vertreten war, beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12. Juni 2002 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 16. Dezember 1997 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 14. Dezember 1999 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, ab dem 01. Januar 1984 bis zum 30. September 1992 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.

Die Beklagte, die dem angefochtenen Urteil beipflichtet, beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Sachaufklärung hat der Senat die Krankenkarte des Klägers sowie weitere medizinische Unterlagen über das israelische Finanzministerium in U beigezogen. Anschließend hat der Senat von Amts wegen weiteren Beweis erhoben durch Einholung eines internistisch-sozialmedizinischen Sachverständigengutachtens der Internistin und Sozialmedizinerin Dr. G, Leitende Ärztin des Sozialmedizinischen Dienstes der Bundesknappschaft in D. Diese ist in ihrem Aktengutachten vom 28. Juli 2003 zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger bis 1992 noch körperlich leichte Arbeiten bei weiteren Einschränkungen vollschichtig verrichten konnte. Die Tätigkeit als Beauftragter in einer Einheit für Bodenerhaltung habe er "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht auf Kosten seiner Restgesundheit" ausgeübt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte (Versicherungsnummer: 000) Bezug genommen. Beide Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Obwohl der Kläger weder im Termin anwesend noch durch seinen Bevollmächtigten vertreten war, konnte der Senat verhandeln und entscheiden, weil der Klägerbevollmächtigte auf diese Möglichkeit in der Ladung hingewiesen worden ist (§§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2, 126 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)).

Die Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), weil er keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit vom 01. Januar 1984 bis zum 30. September 1992 hat.

Die Klage S 5 (8) RJ 231/99 war zulässig, weil ihr die Rechtskraft des Urteils vom 20. Juli 1989 in dem Verfahren S 12 J 363/87 nicht entgegenstand. Nach § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG binden rechtskräftige Urteile, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger. Die Frage, ob dem Kläger ab dem 01. Januar 1984 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zusteht, hat das SG Düsseldorf bereits in dem Verfahren S 12 J 363/87 mit Urteil vom 20. Juli 1989 verneint. Dieses Urteil ist jedoch nicht "rechtskräftig" und damit in der Sache für die Beteiligten bindend geworden. Denn der Kläger hat es mit der Berufung rechtzeitig angefochten und im Berufungsverfahren erklärt, dass der "Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen ...Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit ... im Verwaltungsverfahren weitergeführt werden" solle. Damit hat er hinreichend deutlich gemacht, dass er das Berufungsverfahren insoweit durch Klagerücknahme beenden wollte. Denn mit einer bloßen Berufungsrücknahme wäre das erstinstanzliche Urteil formell und materiell rechtskräftig geworden. Die materielle Rechtskraftwirkung hätte der Kläger nur über die Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 179 SGG) durchbrechen können, was ersichtlich nicht gewollt war. Berücksichtigt man seine Interessenlage und den (Begleit-)Umstand, dass der 13. Senat des LSG NW die Abgabe dieser Prozesserklärung angeregt hatte, so ergibt sich, dass der Kläger das Berufungsverfahren L 13 J 124/89 - soweit es um eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ging - durch Klagerücknahme beendet hat. Eine Rücknahme der Klage ist auch noch im Berufungs- und sogar im Revisionsverfahren möglich, weil der Kläger bis dahin über den geltend gemachten Anspruch frei disponieren kann (h.M., vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl. 2002, § 102 Rn. 6a m.w.Nw.). Folglich stand das (abweisende) Urteil des SG Düsseldorf vom 20. Juli 1989 in dem Verfahren S 12 J 363/87 einer erneuten Klage (z.T. mit demselben Streitgegenstand) nicht entgegen. Die Klage S 5 (8) RJ 231/99 war somit in vollem Umfang zulässig.

Die Klage war aber unbegründet, wie das Sozialgericht zu Recht entschieden hat.

Die Beklagte durfte den Rentenantrag vom 29. Dezember 1983 mit Bescheid vom 16. Dezember 1997 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 14. Dezember 1998 erneut ablehnen. Daran war sie durch ihren Ablehnungsbescheid vom 22. Mai 1987 nicht gehindert, obwohl er gem. § 77 SGG für die Beteiligten in der Sache bindend geworden ist, als der Kläger im Berufungsverfahren L 13 J 124/89 seine Klage zurücknahm. Dennoch war die Beklagte befugt, erneut in der Sache zu entscheiden, weil gesetzlich ausnahmsweise etwas "anderes bestimmt ist" (§ 77 SGG a.E.). Eine solche Bestimmung enthält § 51 des (Bundes-)Verwaltungsverfahrensgesetzes (BVwVfG), der im Sozialverwaltungsverfahren (Zehntes Buch des Sozialgesetzbuches, SGB X) lückenfüllend anzuwenden ist (BSG, Urteil vom 03. April 2001, Az.: B 4 RA 22/00 R, SozR 3-2200 § 1265 Nr. 20). Danach muss die Behörde bei nachträglicher Änderung der Sach- oder Rechtslage, beim Vorliegen neuer günstiger Beweismittel oder bei Wiederaufnahmegründen das Verfahren wieder aufgreifen. Im Übrigen steht die Entscheidung, ob in eine (erneute) Sachprüfung eingetreten wird, im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde (BSG, a.a.O.).

Es sind drei Fallkonstellationen denkbar: Die Behörde 1. lehnt eine Sachprüfung ab, beruft sich auf die Bestandskraft des Bescheids und erlässt einen entsprechenden Verwaltungsakt (sog. wiederholende Verfügung), 2. greift das Verfahren wieder auf, prüft, ob der ursprüngliche Verwaltungsakt aufzuheben ist, und erlässt einen entsprechenden Verwaltungsakt (sog. Zugunstenbescheid, § 44 SGB X) oder 3. greift das Verfahren wieder auf und erlässt einen neuen Bescheid (mit gleichlautendem Verfügungssatz), ohne zu prüfen, ob der ursprüngliche Verwaltungsakt aufzuheben ist (sog. Zweitbescheid).

Die Beklagte ist hier in eine neue Sachprüfung eingetreten und hat dabei nicht geprüft, ob der ursprüngliche Verwaltungsakt aufzuheben ist. Es liegt deshalb ein Zweitbescheid vor, der den Rechtsweg erneut eröffnet und dadurch eine richterliche Nachprüfung der ausgesprochenen Rechtsfolge ermöglicht (st. Rspr. des BSG, Urteil vom 13. Oktober 1959, Az.: 11/8 RV 49/57, BSGE 10, 248, 250; Urteil vom 21. September 1962, Az.: 10 RV 1059/59, BSGE 18, 22, 29f.; Urteil vom 19. Februar 1986, Az.: 7 Rar 9/84, SozR 4100 § 68 Nr. 3; Urteil vom 12. Dezember 1991, Az.: 7 RAr 26/90, SozR 3-4100 § 94 Nr. 1; Urteil vom 23. März 1999, Az.: B 2 U 8/98 R, SozR 3-8100 Art. 19 Nr. 5; Engelmann in: von Wulffen, SGB X, 4. Aufl. 2001, § 31 Rn. 31; Meyer-Ladwig, a.a.O., Nach § 54 Rn. 9; kritisch Steinwedel in: Kasseler Kommentar, § 44 Rn. 14).

Der Zweitbescheid vom 16. Dezember 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 1998 ist rechtmäßig, weil der Kläger im Zeitraum vom 01. Januar 1984 bis zum 30. September 1992 weder erwerbs- noch berufsunfähig war. Grundlage der Entscheidung sind die rentenversicherungsrechtlichen Vorschriften des Vierten Buches der Reichsversicherungsordnung (RVO), obwohl sie durch Art. 7 Nr. 24 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl. I S. 2261) mit Wirkung vom 01. Januar 1992 (vgl. Art. 85 Abs. 1 RRG 1992) aufgehoben worden sind. Denn der Rentenantrag ist bereits im Dezember 1983 gestellt worden und bezieht sich auf Zeiten vor dem 01. Januar 1992 (§ 300 Abs. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der Fassung des Art. 1 des RRG 1992; BSG, Urteil vom 23. April 1992, Az.: 13 RJ 5/91). Die ab dem 01. Januar 1992 geltende Neuregelung durch das RRG 1992 ist allerdings heranzuziehen, soweit ein Anspruch am 31. Dezember 1991 nicht bestand, aber für die nachfolgende Zeit in Betracht kommt (§ 300 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB VI; BSG, Urteile vom 28. August 2002, Az.: B 5 RJ 12/02 R und B 5 RJ 14/02 R).

Der Kläger war von Januar 1984 bis September 1992 erwerbsfähig, weil er eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit verrichtet und hierdurch mehr als geringfügige Einkünfte erzielt hat (vgl. § 1247 Abs. 2 Satz 1 RVO, § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F.). Übt der Versicherte nämlich eine Tätigkeit aus und bezieht er ein ungekürztes Gehalt, so ist er grundsätzlich erwerbsfähig. Denn der Beweiswert der tatsächlichen Arbeitsleistung ist in der Regel größer als der Beweiswert medizinischer Befunde, die der Arbeitsleistung (scheinbar) entgegenstehen (BSG, Urteile vom 28. Februar 1963, Az.: 12/3 RJ 24/58, SozR Nr. 24 zu § 1246 RVO und vom 26. September 1975, Az.: 12 RJ 208/74, SozR 2200 § 1247 Nr. 12).

Dieser Grundsatz gilt nur dann nicht, wenn die Tätigkeit ausnahmsweise unter unzumutbaren Schmerzen, unter einer unzumutbaren Anstrengung der Willenskraft, auf Kosten der Gesundheit oder vergönnungsweise verrichtet wird (BSG, Urteile vom 27. Januar 1981, Az.: 5b/5 RJ 58/79, SozR 2200 § 1247 Nr. 31 und vom 08. September 1982, Az.: 5b RJ 16/81, SozR 2200 § 1246 Nr. 101). Diese Ausnahmen liegen nicht vor.

Denn nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme konnte der Kläger im Zeitraum von 1984 bis 1992 noch körperlich leichte Arbeiten in wechselnder (nicht ausschließlich gehender) Körperhaltung vollschichtig verrichten. Auszuschließen waren das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 5 kg, Gerüst- und Leiterarbeiten, Nacht- und Wechselschichten, besonderer Zeitdruck sowie Beschäftigungen im Freien ohne Witterungsschutz. Arbeiten im Knien, Hocken, Bücken oder Überkopf sowie das Treppensteigen waren noch gelegentlich bzw. kurzfristig möglich. An das geistige Leistungsvermögen konnten noch mittelschwierige und an die kognitiven Fähigkeiten durchschnittliche Anforderungen gestellt werden. Seine Tätigkeit als Beauftragter in einer Einheit für Bodenerhaltung hat der Kläger "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht auf Kosten seiner Restgesundheit" ausgeübt.

Diese Leistungsbeurteilung beruht im Wesentlichen auf Durchblutungsstörungen der Herzkranzarterien mit Angina-Pectoris-Beschwerden unter mittelschwerer und schwerer körperlicher Belastung, einer Bluthochdruckerkrankung, einer Fettstoffwechselstörung, einem Z.n. Lungentuberkulose und operativer Therapie mit Zwerchfelllähmung rechts sowie auf einem reaktiv depressiven Syndrom.

Der Senat entnimmt diese Feststellungen zum Gesundheitszustand und zum Leistungsvermögen dem Gesamtergebnis der Ermittlungen und der Beweisaufnahme, insbesondere dem überzeugenden Sachverständigengutachten der Internistin und Sozialmedizinerin Dr. G vom 28. Juli 2003. Ihre Leistungsbeurteilung ist schlüssig, plausibel begründet und angesichts der vorhandenen medizinischen Unterlagen folgerichtig. Der Senat hat keinen Anlass, an der Vollständigkeit der erhobenen Befunde und der Richtigkeit der daraus gefolgerten Leistungsbeurteilung zu zweifeln, zumal auch der Kläger hiergegen keine substantiierten Einwände erhoben hat.

Dass er seine Tätigkeit als Techniker bzw. Beauftragter des israelischen Finanzministeriums von Januar 1984 bis September 1992 nur noch vergönnungsweise ausgeübt hat, ist nicht erwiesen. Denn ein außergewöhnliches Entgegenkommen des Arbeitgebers, das über die Anpassung des Arbeitsplatzes an die Leistungsminderung des Klägers deutlich und massiv hinausging (vgl. Niesel, a.a.O., § 43 Rn. 29), liegt nicht vor. Dass er ab 1987/88 (offenbar) nur noch im Innendienst bei Aufsichts- und Planungsarbeiten eingesetzt wurde, reicht keinesfalls aus, um ein vergönnungsweise ausgeübtes Beschäftigungsverhältnis anzunehmen (vgl. BSG, Urteile vom 29. September 1980, Az.: 4 RJ 121/79, SozR 2200 § 1247 Nr. 30 und vom 13. März 1985, Az.: 5a RKn 10/84, SozR 2600 § 45 Nr. 38). Außerdem ist nach Auffassung des Senats zu bedenken, dass die Erwerbsunfähigkeitsrente die Lohneinbuße ersetzen soll, die durch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit entstanden ist (sog. Lohnersatzfunktion). Fehlt es aber - wie hier - an einem krankheitsbedingten Einkommensverlust, so besteht kein Anlass, dem leistungsgeminderten Versicherten zusätzlich eine Erwerbsunfähigkeitsrente zu gewähren.

Ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit gem. § 1246 Abs. 1 RVO oder § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI scheidet aus, weil der Kläger von Januar 1984 bis September 1992 seinen Beruf als Techniker und (hochrangiger) Beauftragter im israelischen Landwirtschaftsministerium weiterhin ausüben konnte und ausgeübt hat. Damit war seine Erwerbsfähigkeit nicht auf weniger als die Hälfte einer gesunden Vergleichsperson mit ähnlicher Ausbildung, gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken (vgl. §§ 1246 Abs. 2 Satz 1 RVO, 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass der Kläger durch seine Uhrmachertätigkeit keinen Facharbeiterschutz erlangt hat. Denn er hat diesen Beruf bereits aufgegeben, bevor er die allgemeine Wartezeit in der deutschen Rentenversicherung erfüllte. Für Tätigkeiten, die vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit aufgegeben werden, entsteht aber weder Berufs- noch Versicherungsschutz (Niesel in: Kassler Kommentar, Stand: Dezember 2002, § 240 Rn. 17). Auch aus seiner Technikertätigkeit in Israel kann der Kläger keinen Berufsschutz herleiten. Denn für Beschäftigungen, die außerhalb der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ausgeübt wurden, kann kein Facharbeiterstatus erworben werden (so ausdrücklich zu Israel: BSG, Urteil vom 23. Juni 1981, Az.: 1 RA 5/80, SozR 2200 § 1246 Nr. 80; allgemein Niesel, a.a.O., § 240 Rn. 15).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und trägt der Erfolglosigkeit der Klage Rechnung.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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