L 3 AL 112/02

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 3 AL 1025/00
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 112/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 28. März 2002 aufgehoben und die Klage abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind für beide Verfahrenszüge nicht zu erstatten. III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten nunmehr lediglich noch darüber, ob die Klägerin ab dem 07.06.2000 einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) hat.

Die am ... geborene, seit 07.06.1997 verwitwete Klägerin hat 5 Kinder, geboren 1979, 1981, 1989, 1992 und 1997. Die beiden älteren Kinder befinden sich in der Ausbildung, eines von ihnen wohnt im Haushalt der Klägerin, zwei weitere Kinder sind schulpflichtig. Der Ehemann der Klägerin hatte außer den gemeinsamen Kindern einen nicht ehelichen älteren Sohn.

Im Anschluss an ihre vom 05.05.1980 bis zum 30.11.1990 währende Beschäftigung als Bindereiarbeiterin meldete sich die Klägerin erstmals mit Wirkung zum 01.12.1990 arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte bewilligte die Leistung antragsgemäß ab dem 01.12.1990 i. H. v. wöchentlich 124,80 DM (BE 270,00 DM, Leistungsgruppe D/erhöhter Leistungssatz). Diese Leistung bezog die Klägerin bis zum 29.11.1991.

Anschließend bewilligte die Beklagte antragsgemäß ab dem 30.11.1991 Anschluss-Arbeitslosenhilfe (A-Alhi), welche zuletzt in Höhe von 133,80 DM wöchentlich (BE 380,00 DM, Leistungsgruppe D/allgemeiner Leistungssatz) gezahlt wurde.

Durch Veränderungsmitteilung vom 26.03.1992 teilte die Klägerin mit, dass sie wegen einer bevorstehenden Geburt Antrag auf Mutterschaftsgeld gestellt habe und der voraussichtliche Geburtstermin für den 09.05.1992 errechnet sei.

Ab dem 28.03.1992 zahlte die zuständige Krankenkasse an die Klägerin Mutterschaftsgeld. Der Tag der Entbindung war der 13.05.1992; Mutterschaftsgeld wurde entsprechend bis zum 12.05.1992 gezahlt. Im Zeitraum vom 13.05. bis zum 12.11.1993 bezog die Klägerin Bundeserziehungsgeld (BErzG) und vom 13.11.1993 bis zum 12.05.1994 Landeserziehungsgeld (LErzG).

Auf Antrag vom 30.05.1994 wurde der Klägerin durch Bescheid vom 22.07.1994 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22.08.1994 ab dem 30.05.1994 erneut Alg - entsprechend einer fiktiven Einstufung - in Höhe von wöchentlich 168,00 DM (BE 430,00 DM, Leistungsgruppe D/erhöhter Leistungssatz) für 312 Tage bewilligt. Diese Leistung bezog die Klägerin bis zum 27.05.1995.

Am 04.05.1995 beantragte die Klägerin sodann die Zahlung von Alhi ab dem 29.05.1995. Diese wurde in Höhe von 138,60 DM (BE 430,00 DM, Leistungsgruppe D/erhöhter Leistungssatz) bewilligt. Der Bewilligungsabschnitt dauerte bis zum 29.05.1996. Entsprechend dem Fortzahlungsantrag der Klägerin bewilligte die Beklagte durch Bescheid vom 12.06.1996 zunächst weiterhin Alhi in Höhe von 148,20 DM (BE 520,00 DM, Leistungsgruppe D/erhöhter Leistungssatz).

Auf die Mitteilung einer erneuten Schwangerschaft und des voraussichtlichen Entbindungstermins für den 14.06.1997 hob die Beklagte durch Bescheid vom 05.05.1997 die Bewilligung von Alhi wegen des Bezugs von Mutterschaftsgeld mit Wirkung zum 03.05.1997 auf.

Am 07.06.1997 verstarb der Ehemann der Klägerin. Die Klägerin beerbte ihn aufgrund gemeinschaftlichen Testaments vom 18.05.1997 als alleinige Vorerbin. Seit dem 01.11.1997 bezieht sie von der LVA Sachsen laufende monatliche Witwenrente (ab Juni 2000 i. H. v. 987,02 DM).

Am 17.06.1997 wurde das 5. Kind der Klägerin, ihre Tochter D ..., geboren. Die Klägerin bezog bis zum 12.08.1997 Mutterschaftsgeld nach dem Bundes- und vom 13.08.1997 bis zum 16.06.2000 ErzG nach dem Sächsischen Landeserziehungsgeldgesetz.

Auf eine Einladung des Arbeitsvermittlers hin teilte die Klägerin der Beklagten am 19.03.1998 mit, sie sei an einer Arbeitsvermittlung zzt. nicht interessiert, weil das Baby erst 9 Monate alt sei. Sie beziehe derzeit keine Leistungen vom Arbeitsamt. Antrag auf Alhi habe sie nicht gestellt, da sie Witwenrente beziehe. Sie befände sich zurzeit in einer Kur, deren Dauer noch ungewiss sei. Am 07.06.2000 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg oder Alhi und war in der Folgezeit als arbeitssuchend und arbeitslos gemeldet. Die Beklagte lehnte diesen Antrag durch Bescheid vom 27.06.2000 ab. Die Klägerin erfülle weder die Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Alg noch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alhi.

Hiergegen legte die Klägerin am 25.07.2000 Widerspruch ein und bat um nochmalige Prüfung von Verlängerungstatbeständen aufgrund der Kindererziehungszeiten.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 31.08.2000 als unbegründet zurück. Auch in einer um die Kindererziehungszeiten gemäß § 124 Abs. 3 Ziff. 2 SGB III verlängerten Rahmenfrist vom 07.06.1994 bis zum 06.06.2000 lägen keine ausreichenden beitragspflichtigen Beschäftigungszeiten oder gleichgestellten Zeiten zur Begründung der Anwartschaft auf einen neuen Alg-Anspruch. Die Zeiten des Bezuges von Mutterschaftsgeld und ErzG gemäß § 107 Satz 1 Ziff. 5b und c AFG könnten nur bis zum Ende der Rechtsgültigkeit des AFG, also für 243 Kalendertage berücksichtigt werden. Auch ein Anspruch auf Alhi bestehe nicht. Die Klägerin habe in der gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 3 SGB III verlängerten Frist von 3 Jahren weder Alg noch Alhi bezogen.

Hiergegen hat sich die am 19.09.2000 beim Sozialgericht Dresden (SG) eingegangene Klage gerichtet, mit welcher die Klägerin geltend gemacht hat, sie habe bereits im Mai 1998 beim Arbeitsamt vorgesprochen; dabei habe man ihr mitgeteilt, dass ab dem 01.01.1998 veränderte Rahmenfristen und Anwartschaftszeiten gültig seien. Ein Antrag auf Alhi sei ihr abgewiesen worden, da sie Witwenrente beziehe. Eine weitere Erklärung sei hierzu nicht erfolgt, da sie ja "sowieso" 3 Jahre Erziehungsgeld bekomme. Hierauf habe sie vertraut - und - nunmehr erfahren, dass sie den erneuten Antrag nur wenige Tage zu spät geltend gemacht habe.

Das SG hat nach umfassender Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen, u.a. der Bedürftigkeit mit Urteil vom 28. März 2000 dem Begehren der Klägerin hinsichtlich eines Anspruchs auf Alhi entsprochen, im Übrigen die Klage abgewiesen. Mangels Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen habe die Klägerin zwar weder einen Anspruch auf Alg noch auf Alhi erworben. Sie habe jedoch Anspruch auf Fortzahlung der Alhi auf der Grundlage des am 29.05.1995 entstandenen Stammrechts auf Alhi, welches dem Leistungsbezug bis zum 02.05.1997 zugrunde gelegen habe. Dieser Anspruch sei nicht gemäß § 196 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III erloschen. Gemäß § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III sei entsprechend dem Willen des Gesetzgebers im Wege der Analogie dahingehend zu ergänzen, dass sich dieser Zeitraum um die Zeit des mutterschaftsrechtlichen Beschäftigungsverbotes vor der Entbindung (§ 3 Abs. 2 Mutterschutzgesetz) und eine angemessene Frist im Anschluss an die Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes verlängere. Andernfalls wäre die volle Ausschöpfung der Mutterschutzfristen sowie der Zeiten des Erziehungsurlaubs, also des Privilegierungszeitraumes nicht möglich.

Hiergegen hat die Beklagte am 19.04.2002 Berufung eingelegt. Die Regelung betreffend das Erlöschen des Anspruchs auf Alhi beruhe auf der Überlegung, dass nach Ablauf des Zeitraumes die entsprechende Person nicht mehr der Gruppe der Arbeitnehmer zugeordnet werden könne. Dies gelte auch bei den Privilegierungstatbeständen spätestens dann, wenn seit dem letzten Tag des Bezuges 3 Jahre vergangen seien.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 28. März 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgesetzbuch - SGG -) sowie form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegt worden.

Die Berufung ist auch in der Sache begründet. Der Klägerin steht ab 07.06.2000 auch ein Anspruch auf Alhi nicht zu.

Das SG hat zunächst zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin keinen - den Alhi-Anspruch ausschließenden - neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) erworben hat, weil sie innerhalb der Rahmenfrist des § 124 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGB III mangels eines Versicherungspflichtverhältnisses von mindestens 12 Monaten die erforderliche Anwartschaftszeit gemäß § 123 Satz 1 Nr. 1 SGB III nicht erfüllt hat. Anwartschaftsbegründend war in diesem Zeitraum lediglich der Bezug von Mutterschafts- und Erziehungsgeld in der Zeit vom 03.05. bis zum 31.12.1997 gemäß § 107 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b und c des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) i. V. m. § 427 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), insgesamt also 243 Kalendertage und damit weniger als 12 Monate. Wegen der Einzelheiten wird auf die eingehende Begründung des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Nicht zu beanstanden ist auch die Feststellung des SG, dass kein neuer Anspruch auf Alhi gemäß § 190 Abs. 1 SGB III zugunsten der Klägerin entstanden ist. Anspruch auf Alhi haben gemäß § 190 Abs. 1 SGB III Arbeitnehmer, die arbeitslos sind (Nr. 1), sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben (Nr. 2), einen Anspruch auf Alg nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben (Nr. 3), in der Vorfrist Alg bezogen haben, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist (Nr. 4) und bedürftig sind (Nr. 5).

Die Anspruchsvoraussetzungen nach § 190 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und Nr. 5 SGB III müssen während des Leistungsbezuges ständig vorliegen; der Bezug von Alg in der Vorfrist § 190 Abs. 1 Nr. 4 SGB III ist Voraussetzung für die Entstehung eines Stammrechts auf Alhi.

Innerhalb der Vorfrist des § 192 Satz 1 SGB III hat die Klägerin Alg bezogen. Der letzte Tag des Bezuges von Alg lag zu diesem Zeitpunkt fast 6 Jahre zurück. Die gemäß § 107 Satz 1 Nr. 5b und c AFG gleichgestellte Zeit vom 03.05. bis zum 31.12.1997 führt nicht zu einem Anspruch auf Alhi. Denn auch bei einer Verlängerung der Vorfrist gemäß § 192 Satz 2 Nr. 3 SGB III kann dieser Zeitraum nicht anwartschaftsbegründend herangezogen werden. Gemäß § 192 Satz 2, 3 SGB III verlängert sich die Vorfrist um Zeiten, in denen der Arbeitslose innerhalb der letzten 3 Jahre vor dem Tag, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt sind, ein Kind, das das 3. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, betreut oder erzogen hat. Diese Verlängerung ist jedoch nur längstens um 2 Jahre möglich. Hier begann (bzw. endete bei einer Zurückrechnung) die Vorfrist am 01.01.1998 mit dem Inkrafttreten des SGB III. Die davor liegende Betreuungszeit konnte zu keiner weiteren Verlängerung führen, denn gemäß § 427 Abs. 2 SGB III ist eine Doppelberücksichtigung der weiterhin gleichgestellten Zeit (§ 124 Abs. 3 SGB III) nicht möglich (Urt. d. BSG vom 25.06.2002 - Az.: B 11 AL 67/01 R).

Die Klägerin hat entgegen der Auffassung des SG aber auch keinen Anspruch auf Fortzahlung der Alhi auf der Grundlage des am 29.05.1995 entstandenen Stammrechts auf Alhi, welches dem Leistungsbezug bis zum 30. Juni 1995 zu Grunde gelegen hat. Der am 02.05.1997 entstandene Anspruch auf Alhi ist gemäß § 196 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III erloschen.

Nach der genannten Vorschrift erlischt der Anspruch auf Alhi dann, wenn seit dem letzten Tag des Bezuges von Alhi ein Jahr vergangen ist. Zuletzt hatte die Klägerin am 02.05.1997 Alhi bezogen. Die Jahresfrist berechnet sich gemäß § 26 Abs. 1 SGB X i. V. mit §§ 187 bis 193 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), sie beginnt an dem Tag, der dem letzten Bezugstag folgt und endet grundsätzlich ein Jahr später an dem Tag, der kalendermäßig dem letzten Alhi-Bezugstag entspricht; dies war hier der 02.05.1998. Entscheidend ist lediglich der tatsächliche Bezug bzw. die tatsächliche Bewilligung von Alhi innerhalb dieser Wiederbewilligungsfrist. Unerheblich ist, auf welchen Gründen der zwischenzeitliche Bezug bzw. Nichtbezug beruhte und insbesondere, ob der Bezug oder Nichtbezug innerhalb dieser Frist rechtmäßig oder rechtswidrig war (Kärcher in Niesel, Rdnr. 8 und 9 zu § 196 SGB III). Im Fall der Klägerin verlängert sich jedoch die Frist nach Satz 1 Nr. 2 um Zeiten, in denen sie nach dem letzten Tag des Bezuges von Alhi (§ 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III) ein Kind erzogen hat, das das 3. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, jedoch längstens um zwei Jahre; also hier über den 02.05.1998 hinaus bis zum den 02.05.2000. Die Arbeitslosmeldung vom 07.06.2000 erfolgte angesichts dessen um ca. 1 Monat zu spät.

Bei § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III handelt es sich - ebenso wie bei dem auf die Vorschriften über Alhi nicht anwendbaren § 147 Abs. 2 SGB III, dem § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III nachgebildet ist - um eine Ausschlussfrist, die ohne Hemmungs- und Unterbrechungsmöglichkeiten kalendermäßig abläuft. Dies gilt auch dann, wenn der Fristablauf einen lediglich ruhenden Anspruch betrifft (vgl. § 125 AFG, hierzu bereits BSG SozR 3-4100 § 125 Nr. 2 und 3). Durch den Bezug von Mutterschaftsgeld in der Zeit vom 15. Februar 1997 bis 01. Juni 1997 ruhte der Anspruch der Klägerin auf Alhi gemäß §§ 134 Abs. 3, 118 Abs. 1 Nr. 2 AFG. Zwar führte der anschließende Bezug von Erziehungsgeld allein nicht mehr zum Ruhen dieses Anspruches; um eine Wiederaufnahme der Zahlungen zu erreichen, hätte die Klägerin jedoch den Wegfall des ruhensbegründenden Tatbestandes bei der Beklagten anzeigen müssen (Düe in Niesel, Rdrn. 7 zu § 142 SGB III). Dies ist vor Ablauf der Ausschlussfrist jedoch nicht geschehen.

§ 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III kann nicht dahingehend ergänzend ausgelegt werden, dass auch die Zeit des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes vor der Entbindung gemäß § 3 Abs. 2 Mutterschutzgesetz (MuSchuG), in denen die Klägerin Mutterschaftsgeld bezog, über die in Satz 2 genannte Höchstdauer zur Verlängerung der Erlöschensfrist führt. Eine solche ergänzende Auslegung findet zunächst schon ihre Schranken im Wortlaut des Gesetzes ("längestens") sowie insbesondere in dem Fehlen eines eindeutigen Willens des Gesetzgebers, auch diesen Tatbestand mit einzubeziehen, was eine "planwidrige Regelungslücke" bedeutete.

Eine planwidrige Regelungslücke stellt eine Lücke innerhalb des angestrebten Regelungszusammenhanges des Gesetzes dar. Ob eine derartige Lücke vorliegt, ist daher vom Standpunkt des Gesetzes zu beurteilen, anhand der ihm zugrundeliegenden Regelungsabsicht und der mit ihm verfolgten Zwecke: des gesetzgeberischen "Planes" (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Auflage, 1983, Seite 358). Der dem Gesetz zu Grunde liegende Regelungsplan ist aus ihm selbst im Wege der historischen und teleologischen Auslegung zu erschließen (Larenz, a.a.O.). Die insoweit aufzuklärende "immanente Teleologie" des Gesetzes hat nicht nur die Absichten und bewusst getroffenen Entscheidungen des Gesetzgebers zu berücksichtigen, sondern auch solche objektiven Rechtszwecke und allgemeinen Rechtsprinzipien, die in das Gesetz Eingang gefunden haben (Larenz, a.a.O., Seite 359). Eine etwa zu schließende "Lücke des Gesetzes" stellt lediglich das Fehlen einer bestimmten, nach dem Regelungsplan oder dem Zusammenhang des Gesetzes zu erwartenden, Regel dar. Das Gesetz ist "lückenhaft" oder "unvollständig" nur im Hinblick auf die von ihm erstrebte, sachlich erschöpfende und in diesem Sinne "vollständige sowie sachgerechte" Regelung (Larenz, a.a.O., Seite 360).

Vor diesem Hintergrund lässt sich bezogen auf die Vorschrift des § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III keine planwidrige Regelungslücke erkennen. Für eine ergänzende Auslegung im Sinne des SG wäre nur dann Raum, wenn ein Plan des Gesetzgebers aus der Gesetzesgenese und aus den mit dem Gesetz verfolgten Zwecken heraus erkennbar wäre, der dahin ginge, Eltern nach Ende der Höchstdauer des Bezuges von Bundes- und Landeserziehungsgeld bzw. der Höchstdauer des Erziehungsurlaubes bzw. nunmehr der Elternzeit zu ermöglichen, den Anspruch auf Alhi in einem umfassenden Sinne (wieder) zu erhalten.

Aus der Entstehungsgeschichte des SGB III und insbesondere der hier maßgeblichen Vorschrift des § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3a SGB III geht dies hier jedoch nicht hervor. Vielmehr ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber trotz bekannter rechtspolitischer Problematik eine so weit reichende Gesetzesregelung nicht getroffen hat.

§ 196 SGB III entspricht in weiten Teilen § 135 AFG, der bestimmt hatte, dass der Anspruch auf Alhi erlischt, wenn ein neuer Anspruch auf Alg erworben wurde oder seit dem letzten Tag des Bezuges von Alhi ein Jahr vergangen war. Die insofern wesentlichen Änderungen betreffen - soweit dies hier von Bedeutung ist - vor allem die Verlängerung der Vorbezugsfrist.

Die Gestaltung der Vorbezugsfrist entspricht derjenigen der Vorfrist nach § 192 SGB III und wurde weitgehend parallel zu dieser entwickelt. Nachdem bereits durch das Arbeitslosenhilfe-Reformgesetz (Alhi-RG) vom 24.06.1996 (BGBl. I S. 878) die in § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 SGB III geregelten Tatbestände zur Verlängerung der Vorbezugsfrist in das AFG eingefügt worden waren, hat das Arbeitsförderungs-Reformgesetz vom 24. März 1997 (-AFRG- BGBl. I Seite 594) die nunmehr in § 196 Abs. 3 Nr. 4 und 5 SGB III geregelten Tatbestände und den hier einschlägigen Verlängerungstatbestand der Kinderbetreuung bzw. -erziehung normiert. § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III war in der ursprünglich vorgesehenen Fassung nicht enthalten.

In der ersten Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AF-RG) vom 24. März 1997 (BGBl. I S. 594) waren als Verlängerungstatbestände lediglich die in den jetzigen Nummern 1, 2, 4 und 5 enthaltenen Tatbestände vorgesehen. Die Einfügung der jetzigen Nummer 3 in § 192 Abs. 1 Satz 2 SGB III beruht letztlich auf einem Kompromiss hinsichtlich der Frage, wie Erziehungszeiten nach Ablösung des AFG durch das SGB III berücksichtigt werden sollten. In dem Beschluss des Bundesrates vom 21. Februar 1997 wird als Begründung für die Anrufung des Vermittlungsausschusses wegen des AFRG unter anderem (BR-Drs. 61/97 Seite 3 unter Ziffer 8) ausgeführt, dass der in dem Gesetz formulierte Anspruch auf Frauenförderung inhaltlich nicht umgesetzt werde. Die typischen Risiken und die sich daraus ergebenden Lücken im Berufsverlauf von Frauen würden durch die gesetzlichen Regelungen nicht abgedeckt, so dass die Diskriminierung von Zeiten auf dem Arbeitsmarkt anhalte. Die Anrechnung von Zeiten der Kindererziehung und -betreuung als Beschäftigungszeiten müsse mindestens in dem Umfang wiederhergestellt werden, wie sie bisher im § 107 AFG geregelt sei. Auch war unter anderem der Deutsche Frauenrat im Gesetzgebungsverfahren angehört worden, von dem aber hauptsächlich die Gestaltungen von Alg-Ansprüchen moniert wurden (BT-Drs. 13/6845 S. 344).

In seiner Stellungnahme hatte der Bundesrat den Gesetzesentwurf u. a. deshalb abgelehnt (BT-Drs. 13/5676 Nrn. 26 und 27 der Stellungnahme), weil der Anspruch auf Frauenförderung in den Gesetzesinhalten keinen ausreichenden Niederschlag finde, teilweise die diesbezüglichen Bestimmungen sogar hinter das geltende AFG zurückfielen. Der Entwurf sei weit davon entfernt, im Gesamtbereich der rechtlichen Regelungen die typischen Risiken und die sich daraus ergebenden Lücken im Berufsverlauf von Frauen so zu gestalten, dass sie nicht mehr zu Diskriminierungen von Frauen führten. So würden Erziehungs- und Pflegezeiten bei der Bemessung von Rahmenfristen schlechter behandelt als bisher. Insbesondere sei zu kritisieren, dass die bisherige teilweise Anerkennung von Zeiten des Bezuges von Erziehungs- und Mutterschaftsgeld mit einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestrichen worden sei. Dies habe zunehmend den Verlust der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug zur Folge, der verstärkt Zugangsvoraussetzung für die Förderung innerhalb der aktiven Arbeitsmarktpolitik sei. In Nummer 28 der Stellungnahme wird nochmals betont, dass durch die Einführung starrer Rahmenfristen für die Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Alg bzw. für den Zugang zu Leistungen der aktiven Arbeitsmarktpolitik insbesondere für Frauen, für die diskontinuierliche Erwerbsbiografien wegen Familienaufgaben typisch seien, von wesentlichen Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung ausgeschlossen würden. Derartige starre, kurze Fristen seien bestenfalls auf Ein-Kind-Familien ohne Pflegeprobleme zugeschnitten und widersprächen zudem dem familienpolitischen Leitbild der Bundesregierung.

In der Gegenäußerung der Bundesregierung hierzu (BT-Drs. 13/5730 vom 09. Oktober 1996) wird ausgeführt, dass gerade im Bereich der beruflichen Weiterbildung der Entwurf des Gesetzes eine Vielzahl von weiterführenden Neuerungen enthalte, z.B. den Verzicht auf eine Vorfrist bei der Förderung von Berufsrückkehrern, was bedeute, dass diese bereits dann gefördert werden könnten, wenn sie irgendwann ein Jahr beitragspflichtig beschäftigt gewesen seien. Die Übernahme von Kinderbetreuungskosten werde auf bis zu 200,00 DM monatlich je Kind erhöht. Hinsichtlich der Frauenförderung wird dahingehend Stellung genommen, dass diese als fester Bestandteil des Arbeitsförderungsrechts zum ersten Mal im Gesetz selbst verankert werde. Durch eine Vielzahl von Bestimmungen sei im Übrigen vorgesehen, auf die besondere Lebenssituation von Arbeitnehmern Rücksicht zu nehmen, die Kinder betreuten oder betreut hätten, wozu z.B. die Einführung der Erstattung von Kinderbetreuungskosten auch für Auszubildende, die bereits genannte Erhöhung der Erstattung von Kinderbetreuungskosten, die Möglichkeit der Arbeitsämter, freie Mittel für neuartige Arbeitsförderungsmaßnahmen einzusetzen, sowie die bessere soziale Absicherung von Teilzeitbeschäftigten durch das Absenken der Kurzzeitigkeitsgrenze auf die Geringfügigkeitsgrenze der allgemeinen Sozialversicherung und die Einführung eines Teilarbeitslosengeldes. Auch wird darauf hingewiesen, dass Berufsrückkehrer zu besonders förderungsfähigen Personengruppen im Bereich der aktiven Arbeitsförderung gezählt würden und Berufsrückkehrern, die vor der Familienpause bereits Anwartschaften auf Alg erworben hätten, dieser Anspruch länger als bisher erhalten bleibe. Bislang sei eine Anwartschaft bereits zwei Jahre nach dem Ende des Bezuges von Erziehungsgeld entfallen. Künftig bleibe eine solche Anwartschaft während des Zeitraumes einer familienbedingten Unterbrechung der Erwerbstätigkeit längstens fünf Jahre aufrechterhalten, allerdings beginne dieser Zeitraum mit Beendigung der Beschäftigung. Dies entspreche in etwa der durchschnittlichen Unterbrechungsdauer einer Erwerbstätigkeit durch Familienaufgaben. Darüber hinaus ermögliche es die neue Regelung auch, die Berufstätigkeit nach dem Erwerb einer neuen Anwartschaft wegen der Betreuung und Erziehung desselben Kindes erneut zu unterbrechen. Dies sei nach dem bisher geltenden Recht nicht möglich, da die Gleichstellung von Erziehungszeiten mit Zeiten einer beitragspflichtigen Beschäftigung an den Bezug von Erziehungsgeld geknüpft sei.

In der Begründung zum jetzigen § 196 (dort 195) im 1. AFRG-Entwurf (BT-Drs. 13/4941 Seite 189) wurde ausgeführt, die Vorschrift entspreche § 135 AFG, § 195 Abs. 1 SGB III. Satz 2 Nr. 3 und 4 (jetzt: § 116 Satz 2 Nr. 4 und 5) seien erforderliche Folgeänderungen, weil durch den Bezug von Unterhaltsgeld und Übergangsgeld bei berufsfördernden Maßnahmen ein Versicherungspflichtverhältnis nicht begründet würde.

Angesichts dieser Gesetzesversion und der dazu gegebenen Begründung wird ersichtlich, dass ursprünglich lediglich Zeiten, die gemäß § 107 Abs. 5a AFG den Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleichstanden und nicht gemäß § 26 Abs. 2 SGB III als Versicherungspflichtverhältnissen gleichstehende Zeiten übernommen werden sollten, sowie die aus der bisherigen Gleichstellung mit der Beitragspflicht begründenden Beschäftigung herausfallenden Zeiten des § 107 Satz 1 Nr. 5d AFG (wenigstens) zur Verlängerung der Erlöschensfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 2 SGB III herangezogen werden sollten. Die Berücksichtigung von Zeiten des Mutterschutzes und von Bezug oder lediglich einkommensbedingtem Nichtbezug von Erziehungsgeld sollte gänzlich entfallen. Diese sollten nach dem ursprünglichen Entwurf weder anwartschaftsbegründend noch vorfristverlängernd bzw. erlöschensfristverlängernd wirken, wie §§ 26, 192 und 196 SGB III in der Fassung des AFRG vom 24.03.1997 belegen. Die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten (ohne Anknüpfung an den Bezug von Erziehungsgeld) war lediglich noch in § 124 Abs. 3 Nr. 2 SGB III vorgesehen und wirkte sich insoweit nur dahin aus, dass die für die Erfüllung der Anwartschaft maßgebliche Rahmenfrist von drei Jahren zeitlich ausgedehnt wurde, ohne dass insoweit eine starre zeitliche Grenze gezogen worden war.

Die Einfügung der nunmehrigen Nummer 3 in § 196 Abs. 1 Satz 2 SGB III durch das 1. SGB III - ÄndG vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I Seite 2970) erfolgte nach der Begründung hierzu (BT-Drs. 13/8012 Seite 20 zu Nr. 20) als "Folgeänderung zur Änderung des § 192". Dort war als Nummer 3 durch das 1. SGB III - ÄndG vom 16. Dezember 1997 erstmals der Tatbestand der Kindererziehung bzw. -betreuung als Verlängerungstatbestand für die Vorfrist aufgenommen worden. Dieser Tatbestand verlängerte die Vorfrist - wie auch in der jetzigen Fassung - um längstens zwei Jahre. In der Begründung hierzu (BT-Drs. 13/8012 Seite 20 zu Nr. 18 zu Buchstabe a) hieß es, dass eine Anpassung an die beim Arbeitslosengeld geltenden Regelungen (§ 124 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 2, 4 und 5) vorgenommen werden sollte. Doch sollten - wie sich aus der eindeutigen Formulierung in § 192 und 196 SGB III jeweils ergibt - diese Tatbestände längstens zwei Verlängerungsjahre ergeben. Eine vollständige Anpassung an die Regelungen über die Verlängerung der Rahmenfrist durch Kindererziehungszeiten (ohne Begrenzung) ist weder den Gesetzesmaterialien noch dem Gesetzestext an irgendeiner Stelle zu entnehmen. Beabsichtigt war nach der Gesetzesentwicklung demnach lediglich, die Vorschriften über die Arbeitslosenhilfe und die Regelungen über das Arbeitslosengeld zu harmonisieren, allerdings vor dem Hintergrund, dass - wie die ursprünglich vorgesehene Abschaffung der originären Alhi belegt - die Möglichkeit des Bezuges von Alhi insgesamt eingeschränkt werden sollte.

Die Entstehungsgeschichte der Norm spricht nicht dafür, dass diese an Vorschriften des Bundeserziehungsgeldgesetzes oder des Mutterschutzgesetzes anknüpfen sollte. Eine Bezugnahme auf diese Vorschriften fehlt in den Gesetzesbegründungen. Lediglich in § 77 des Entwurfes, später Artikel 74 des AFRG vom 24. März 1997 wird auf das Bundeserziehungsgeldgesetz Bezug genommen, allerdings nicht in dem Sinne, dass eine Angleichung des SGB III an die dortigen Vorschriften erfolgen sollte. Vielmehr wurde eine bis dahin bestehende Privilegierung von Erziehungsgeldbeziehern, § 2 Abs. 4 BErzGG aufgehoben. Diese Vorschrift hatte die Verfügbarkeit für Erziehungsgeldbezieher hinsichtlich der Arbeitslosenhilfe fingiert. Artikel 74 des AFGR regelte hingegen, dass der Anspruch auf Alhi während des Bezuges von Erziehungsgeld nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass der Arbeitnehmer wegen der Betreuung und Erziehung des Kindes die Voraussetzung des § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 AFG nicht erfüllt; insoweit ist § 136 Abs. 2 Satz 2 AFG nicht anzuwenden. Damit war zum einen die Verfügbarkeit nicht mehr fingiert und zum anderen ausgeschlossen worden, dass wegen Einschränkungen der Möglichkeit, das zuletzt der Bemessung der Alhi zugrunde liegende Arbeitsentgelt zu erzielen, eine Herabsetzung der Alhi erfolgen würde. In der Begründung zum Gesetzesentwurf (BR-Drs. 550/96) wird hierzu ausgeführt, dass die Alhi sowie das Alg Entgeltersatzleistungen seien, allein der Umstand, dass die Alhi eine bedürftigkeitsabhängige Leistung sei, die aus Bundesmitteln finanziert werde, rechtfertige die im Vergleich zum Alg begünstigende Regelung von § 2 Abs. 4 des BErzGG nicht mehr. Mit der Streichung dieser Regelung werde die Gleichbehandlung der Bezieher von Alg und Alhi gewährleistet.

Diese Streichung war auch sachgerecht, weil nach § 2 Abs. 2 BErzGG einer vollen Erwerbstätigkeit der Bezug von Alg gleichstand. In Abs. 3 der Vorschrift war lediglich dann Erziehungsgeld während des Bezuges von Alg zu gewähren, wenn dem Arbeitnehmer nach der Geburt eines Kindes aus einem Grund gekündigt worden war, den er nicht zu vertreten hatte, die Kündigung nach § 9 des MuSchuG oder § 18 zulässig war und der Wegfall des Erziehungsgeldes für ihn eine unbillige Härte bedeuten würde. Während es damit Alhi-Beziehern in § 2 Abs. 4 BErzGG möglich gewesen wäre, die Lohnersatzleistung weiter zu beziehen und gleichzeitig Erziehungsgeld zu erhalten, wäre dies Alg-Empfängern in der Regel nicht möglich gewesen. Insoweit ist die Antwort der Bundesregierung vom 25.07.1997 auf die kleine Anfrage (BT-Drs. 13/8222 i. V. m. BT-Drs. 13/8313) aufschlussreich, in der es heißt, dass mit Rücksicht darauf, dass das AFRG die Anforderungen der Arbeitslosigkeit neu regele und es danach künftig nicht mehr reichen werde, wenn der Arbeitnehmer verfügbar sei bzw. als verfügbar gelte, sondern er sich auch aktiv um die berufliche Eingliederung bemühen müsse, die Streichung in § 1 Abs. 4 BErzGG vorgesehen sei. Der Anspruch auf Alhi bestehe künftig nur dann, wenn die Bezieherinnen oder Bezieher von Erziehungsgeld den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung stünden, sich selbst bemühten, ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden und die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien. Arbeitslose Bezieherinnen und Bezieher von Erziehungsgeld könnten sich wegen der Betreuung und Erziehung eines aufsichtsbedürftigen Kindes auf Teilzeitbeschäftigungen beschränken, die den üblichen Bedingungen des für sie in Betracht kommenden Arbeitsmarktes entsprächen, soweit diese Teilzeitbeschäftigungen versicherungspflichtig zur Bundesanstalt für Arbeit seien.

Diese Ausführungen, die vor In-Kraft-Treten des Gesetzes zum 01. Januar 1998 erfolgten, machen deutlich, dass im Gesetzgebungsverfahren das Problem der Erziehungsgeldberechtigten gesehen wurde, aus der Gesetzesgenese des SGB III - auch soweit sie Verknüpfungen zum Bundeserziehungsgeldgesetz aufweist - wird jedoch gerade kein Plan deutlich, Erziehungsgeldberechtigte weiter als es im Gesetz zum Ausdruck kommt zu privilegieren. Es wird vielmehr deutlich, dass Erziehungsgeldberechtigte - mit sachgerechten Modifikationen - den allgemeinen Regelungen des SGB III unterfallen sollten. Ausnahmen, wie sie in §§ 124, 192 und 196, 20, 119 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und etwa § 85 SGB III vorgesehen waren, beschränkten sich auf bestimmte Fristen bzw. Merkmale. Sie hatten und haben gegenüber dem früheren Rechtszustand des AFG teilweise einschneidende, aus Sicht des potentiellen Leistungsempfängers - sowohl negative (Wegfall als Anwartschaftszeit begründende Zeit) als auch positive (Verlängerung von Rahmen-, Vor- und Erlöschensfrist sowie Wegfall der Anknüpfung an den Bezug bzw. nur einkommensbedingten Nichtbezug von Erziehungsgeld) - Auswirkungen.

Auch die teleologische Methode führt nicht zur Feststellung eines solchen Gesetzeszweckes, der die Annahme einer planwidrige Regelungslücke im obigen Sinne zulassen würde.

Im Entwurf des AFRG (BR-Drs. 550/96) war die Zielsetzung wie folgt umschrieben: 1. Die Erwerbschancen von Arbeitslosen verbessern und Arbeits losigkeit vermeiden helfen, 2. das Arbeitsförderungsrecht weiterentwickeln und in der An wendung verbessern, 3. Effektivität und Effizienz der Bundesanstalt für Arbeit erhöhen, 4. Leistungsmissbrauch besser feststellbar machen und ein schließlich der illegalen Beschäftigung wirksamer bekämpfen und 5. die Beitragszahler entlasten.

Die Weiterentwicklung sollte sich darauf beziehen, dass unter anderem Teilzeitbeschäftigte unter 18 Stunden wöchentlich in den Versicherungsschutz einbezogen würden, ein Teilarbeitslosengeld für Versicherte mit mehreren Beschäftigungen eingeführt würde, flexible Arbeitszeiten bei Lohnersatzleistungen berücksichtigt werden sollten, Abfindungen gleichmäßig auf das Alg angerechnet würden, die Altersgrenze für verlängertes Alg um drei Jahre angehoben werden sollte, die Rahmenfrist des Alg bei Kindererziehung, Pflege und Selbstständigkeit erweitert werden sollte. Weiter war - wie die ursprünglich geplante Streichung der originären Alhi zeigt - eine Beschränkung des Bezuges von Alhi vom gesetzgeberischen Plan mit umfasst. Mit dem 3. SGB III - ÄndG vom 22.12.1999 ist die originäre Alhi ab dem 01.01.2000 weggefallen, was belegt, dass nach wie vor der gesetzgeberische Plan die Beschränkung von Alhi-Ansprüchen ist. Weiterhin war (BT-Drs. 13/4941) die konsequente Ausrichtung des SGB III am Versicherungsprinzip bezweckt. Deshalb waren die Regelungen des bisherigen Rechts zur Berücksichtigung bzw. Gleichstellung beitragsfreier Zeiten, wie z.B. des Bezuges von Erziehungsgeld, entfallen (BT-Drs. 13/4941, S. 143/146). Insoweit wird verdeutlicht, dass der Anspruch auf Alg künftig grundsätzlich nur noch auf Grund der Zeiten der Versicherungspflicht und der damit verbundenen Beitragsleistung begründet werden soll. Lediglich zur Vermeidung von Härten soll für Arbeitnehmer, die bereits längere Zeit der Versichertengemeinschaft angehört hatten, die Rahmenfrist von drei Jahren bis zu sechs Jahren verlängert werden, sofern sie aufsichtsbedürftige Kinder oder pflegebedürftige Angehörige betreut haben und auf bis zu fünf Jahre bei Arbeitnehmern, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagten.

Dieser erkennbar stärkeren Anknüpfung an den Bezug zur Versichertengemeinschaft entspricht es auch, die Erlöschensfrist für Alhi sowie die Verlängerung der Vorfrist, innerhalb welcher der Anspruch auf Alhi im Übrigen begründet werden muss, an eine starre Zeitgrenze zu knüpfen.

Mit der Begrenzung der verlängerten Erlöschungsfrist auf höchstens drei Jahre kann ein Bezieher von Alhi selbst bei nahtlosem Übergang aus dem Leistungsbezug in die Elternzeit das Erlöschen des Anspruchs auf Alhi mit Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes nicht verhindern. Durch die Verlängerung der Rahmenfrist für das Alg auf bis zu fünf Jahre kann hingegen auch bei voller Ausschöpfung der Erziehungszeiten bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Arbeitslosengeld selbst dann noch erfüllt sein, wenn der Arbeitslose innerhalb der verlängerten Rahmenfrist neben den Erziehungszeiten ein weiteres volles Jahr ohne anwartschaftsbegründende Zeit zurückgelegt hat. Hierbei ist nicht zu erkennen, dass es dem objektiven Willen des Gesetzgebers entspräche, dem Verlängerungstatbestand auch bei voller Ausschöpfung der Betreuungs- und Erziehungszeit bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes anspruchserhaltende Wirkung zukommen zu lassen.

Zum einen ergibt sich dies nicht aus den bereits vorgenannten Gesetzeszwecken. Eine Harmonisierung von §§ 192 und 196 SGB II mit § 124 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB III sollte nicht hergestellt werden, sondern allein im Hinblick auf die dort aufgeführten Verlängerungstatbestände erfolgen. Weder in § 124 Abs. 3 SGB III noch in § 192 Satz 2 SGB III sind jedoch die Zeiten des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbotes als Verlängerungstatbestände aufgeführt. Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Alhi und das Alg zwei eigenständige Leistungen bilden, da die eine - das Alg - eine beitragsfinanzierte und die andere - die Alhi - eine aus Steuermitteln finanzierte Leistung darstellt und damit auch andere Anspruchsvoraussetzungen gestellt werden können. Dies ergibt sich aus der Begründung zum 1. SGB III - ÄndG, wo es lediglich hieß, dass eine Anpassung an die beim Alg geltende Regelung vorgenommen werden solle. Zu § 196 hieß es in der Begründung zum 1. SGB III - ÄndG, dass eine Folgeänderung zur Änderung des § 192 erforderlich sei.

Angesichts der Entstehungsgeschichte und auch der aufgezeigten Gesetzeszwecke kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Drei-Jahres-Frist des § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III auf dem Bestreben des Gesetzgebers basiert hätte, den Anspruch bei Bezug von Mutterschaftsgeld vor der Geburt und anschließenden Erziehungsurlaub über die dort geregelte Jahresfrist hinaus zu erhalten. Diese Frist orientiert sich vielmehr an dem Gesichtspunkt, dass nach Ablauf von drei Jahren ohne Leistungsbezug oder ohne Erfüllung einer neuen Anwartschaft ein hinreichender Sachzusammenhang zur Versichertengemeinschaft nicht mehr gegeben ist.

Auch der sich aus Art. 6 Abs. 4 GG unmittelbar ergebende Anspruch jeder Mutter auf Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft (vgl. BVerfGE 65, 104, 113) gebietet keine ergänzende Auslegung. Dem Fürsorgegebot des Art. 6 Abs. 4 GG ist vielmehr durch die Einbeziehung der nachgeburtlichen Erziehungszeiten bis zum Tag der Vollendung des dritten Lebensjahres in den Verlängerungstatbestand des § 196 SGB III hinreichend Genüge getan. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass durch § 2 Bundeserziehungsgeldgesetz und § 119 Abs. 4 SGB III neben dem Bezug von Erziehungsgeld Alhi-Bezug ohne Anrechnung von Erziehungsgeld ermöglicht wird (§ 194 Abs. 3 Nr. 3 SGB III), weil die in § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB III angesprochenen Erzieher bzw. Betreuer die Möglichkeit haben, ihren Leistungsanspruch bereits vor Erreichen des dritten Lebensjahres des Kindes geltend zu machen und zugleich den Erziehungsurlaub vollumfänglich auszuschöpfen.

Hinsichtlich der Differenzierung von Alg und Alhi ist vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber offenbar den Alhi-Bezug wesentlich begrenzen wollte, was auch aus verfassungsrechtlicher Sicht keinen durchgreifenden Bedenken begegnet, da es sich bei der Alhi um eine im Wesentlichen nicht durch Eigenleistung des Versicherten finanzierte Leistung handelt (vgl. hierzu Boecken in SGb 2002, S. 357 ff.), nachvollziehbar, dass der Alg-Anspruch nach Ablauf von vier Jahren nach seiner Entstehung erlischt (§ 147 SGB III), der Anspruch auf Alhi hingegen grundsätzlich ein Jahr nach dem letzten Bezug von Alhi, im Fall der Erziehung eines Kindes, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, jedoch längstens drei Jahre nach dem Ende des letzten Alhi-Bezuges, endet.

Aus dem Gesamtzusammenhang des Gesetzes ergibt sich im Übrigen hinsichtlich der Prüfung von Art. 6 Abs. 1 und 4 GG, dass der gebotene Ausgleich familiärer Lasten in verschiedener Weise vorgenommen werden sollte; hier allein den Fokus auf § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 zu richten, scheint verfehlt. Die Gesamtschau ergibt, dass den Belangen der durch Erziehung an der vollen Entfaltung im Erwerbsleben gehinderten Personen durch die bereits vorgenannten verschiedenen begünstigenden Regelungen rechtlich in vertretbarer Weise Rechnung getragen wird. Wie den Stellungnahmen im Gesetzgebungsverfahren zu entnehmen ist, war auch beabsichtigt, Kindererziehende stärker dazu zu verpflichten, einen Bezug mit den Beitragszahlern und damit eine Verknüpfung mit dem Arbeitsmarkt vorzunehmen, um weiterhin in den Genuss von entsprechenden Lohnersatzleistungen zu kommen. Dies ist nicht zu beanstanden; dem erkennbaren Gesetzeszweck, nämlich (auch) der Begrenzung von Belastungen des Steuerzahlers im Bereich der Arbeitslosenversicherung durch "Aufforderung", sich stärker eigeninitiativ für die Beendigung des Leistungsfalles einzusetzen, wird dadurch entsprochen. Auch dem Sozialstaatsprinzip ist mit den verschiedenen Regelungen, die begünstigend für Erziehende wirken, Genüge getan. Die Tatsache, dass erziehungsgeldberechtigte Väter in der Regel später als die erziehungsgeldberechtigten Mütter aus dem Leistungsbezug der Alhi ausscheiden, weil bei ihnen keine Mutterschutzfristen einschlägig sind, begründet keine gegen Art. 3 GG verstoßende Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, sondern ist im Rahmen der typisierenden und pauschalisierenden Betrachtung im Bereich der Massenverwaltung noch gerechtfertigt. Die Auswirkung ist insoweit gering, als es zum Einen faktisch selten vorkommt, dass ein Vater sofort nach dem Tag der Geburt die Erziehung des Kindes auf sich nimmt und Erziehungsgeld innerhalb der dreijährigen Möglichkeit hierzu ausschöpft, und es zum Anderen um einen Zeitraum von in der Regel sechs Wochen geht, der verhältnismäßig gering ins Gewicht fällt. Den betroffenen Frauen ist es zuzumuten, sich für eine entsprechende Teilzeitarbeit zur Verfügung zu stellen, kurz bevor das Erziehungsgeld endet, und dadurch innerhalb der Erlöschensfrist wieder einen Anspruch auf Alhi zu bewirken, soweit die Verfügbarkeit und die sonstigen Voraussetzungen zu bejahen sind. Nach Ablauf der Bezugsdauer des Erziehungsgeldes bleibt es ihnen dann unbenommen, sich wieder für eine Vollzeitstelle zur Verfügung zu stellen oder für eine Teilzeitstelle, welche über dem bisher durch die Regelungen über das Bundeserziehungsgeld bzw. Landeserziehungsgeld vorgegebenen, für den Bezug von Erziehungsgeld unschädlichen Umfang der Teilzeitbeschäftigung liegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. -
Rechtskraft
Aus
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