L 13 KN 9/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 4 KN 233/99
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 KN 9/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des So- zialgerichts München vom 16. August 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist eine Rentenüberzahlung in Höhe von 1.308,81 DM für die Zeit vom 1.12.1992 bis 31.8.1993 sowie deren Rückforderung.

Der 1928 geborene Kläger bezog ab 07.09.1988 vom polnischen Versicherungsträger Ruhegeld. Am 15.11.1992 ist er aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen, am 05.08.1993 hat er seinen polnischen Wohnsitz abgemeldet. Mit Bescheid vom 17.02.1994 gewährte die Beklagte Altersrente für langjährig Versicherte ab 01.12.1992 (Zahlbetrag ab 01.04.1994: 1.320,28 DM) nach den Vorschriften des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über Soziale Sicherheit vom 08.12.1990 (BGBl. 1991 II, S.743).

Mit Bescheid vom 20.04.1998 nahm die Beklagte den Bescheid vom 17.02.1994 nach § 45 SGB X zurück. Aufgrund der vom polnischen Versicherungsträger am 15.09.1997 bestätigten Versicherungszeiten (12.08.1992 bis 31.08.1993) für eine Tätigkeit als Wachmann lägen die Voraussetzungen für die Zahlung einer Altersrente in der Zeit vom 01.12.1992 bis 31.08.1993 nicht vor. Die Pflicht zur Erstattung der Überzahlung von 1.308,81 DM ergebe sich aus § 50 Abs.1 SGB X. Mit Bescheid vom 19.11.1998 (Zahlbetrag ab 01.01.1999: 1.407,48 DM) stellte die Beklagte die Altersrente ab 01.09.1993 neu fest. Der Bescheid vom 17.02.1994 werde nach § 44 SGB X insoweit zurückgenommen, als nunmehr - wegen des Zuzugs am 06.08.1993 - die gemeldeten polnischen Versicherungszeiten zu berücksichtigen seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.1999 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Rücknahme für die Vergangenheit sei zulässig, Vertrauensschutz bestehe nicht. Wegen der Angabe des Klägers im Antrag vom 21.12.1992, nur bis zum 31.10.1991 beschäftigt gewesen zu sein, sei zumindest der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nach § 45 Abs.2 Nr.3 SGB X gerechtfertigt. Auch die Prüfung des Ermessens und der Fristen hinderten die Rücknahme des Bescheides nicht.

Am 14.07.1999 hat für den Kläger J. K. Klage erhoben und versprochen, Begründung und Vollmacht unaufgefordert nachzureichen. Das Sozialgericht Würzburg hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 17.09.1999 (S 4 RJ 498/99) an das zuständige SG München (SG) verwiesen. Trotz mehrfacher Anmahnung seitens des SG, zuletzt mit Fristsetzung zum 28.02.2001, ist weder die Klage begründet noch eine schriftliche Vollmacht vorgelegt worden. Ebenso wenig ist die Frage beantwortet worden, ob die Klage mit Einverständnis des Klägers erhoben worden ist.

Durch Gerichtsbescheid vom 16.08.2002 hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen, da sie ohne Vollmacht des Klägers erhoben worden sei. Es könne nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass es sich bei dem Prozessbevollmächtigten bei gleichem Familiennamen und gleicher Adresse um einen Verwandten des Klägers in gerader Linie handele und damit eine Bevollmächtigung nach § 73 Abs.2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - angenommen werden könne. Keine der Anfragen sei beantwortet worden. Die Klage sei unzulässig, da das Gericht davon habe ausgehen müssen, dass die Klage ohne Vollmacht erhoben worden sei. Bei Klageerhebung ohne Vollmacht ergehe die Kostenentscheidung zu Lasten des Bevollmächtigten (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage 2002, § 193, Rdnr.11).

Mit der am 15.10.2002 fristgemäß eingelegten Berufung an das Bayer. Landessozialgericht (LSG) wendet sich der Kläger gegen die Entscheidung des SG und verweist auf sein bisheriges Vorbringen. Mit seinem Sohn J. K. habe er lange Zeit keinen Kontakt mehr gehabt, da dieser aus privaten und beruflichen Gründen oft unterwegs sei. Gerichtliche Anfragen verstehe er nicht, er brauche Hilfe für die Beantwortung. Wegen seines schwankenden Gesundheitszustandes könne er oft nicht sofort antworten. Eine schriftliche Vollmacht für seinen Sohn in der Zeit ab Klageerhebung im Juli 1999 bis zur Zustellung des Gerichtsbescheides im September 2002 habe er nicht.

Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 16.08. 2002 sowie den Bescheid vom 20.04.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.1999 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 16. August 2002 zurückzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten. Auf ihren Inhalt wird zur Ergänzung des Sachverhalts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen, weil eine Vollmacht des Bevollmächtigten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht vorgelegen hat. Im Übrigen war die Klage verfristet.

Nach dem Verhalten des Bevollmächtigten und des Klägers im Klageverfahren konnte das SG nicht ohne weiteres eine Verwandtschaft in gerader Linie unterstellen, die die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nach § 73 Abs.2 Satz 2 SGG entbehrlich machen kann. So hat der Bevollmächtigte bei der Klageerhebung am 14.07.1999 zur Niederschrift beim SG angekündigt, die Begründung und die Vollmacht unaufgefordert nachzureichen. Auf mehrfache schriftliche Anmahnungen, auch mit Fristsetzung, die Klagebegründung sowie eine schriftliche Vollmacht in Original vorzulegen, haben weder der Bevollmächtigte noch der Kläger geantwortet. Das SG war daher nach § 73 Abs.2 Satz 1 SGG befugt, eine Vollmacht anzufordern, da der Kläger bzw. sein Bevollmächtigter die Zweifel, ob trotz gleichen Nachnamens und gleicher Adresse eine Vollmacht im Sinne von § 73 Abs.2 Satz 2 SGG unterstellt werden kann, nicht ausgeräumt haben. Ein solcher Zweifel ist auch im Berufungsverfahren nicht beseitigt worden. Dort hat der Kläger angegeben, dass sein Sohn J. K. lange Zeit aus privaten und beruflichen Gründen nicht mit ihm in Kontakt gewesen sei, da er sehr oft unterwegs gewesen sei. Die Entscheidung des SG ist daher nicht zu beanstanden.

Eine Heilung durch Vollmachtserteilung mit rückwirkender Kraft vor dem SG ist nicht mehr möglich, da das SG durch Prozessurteil entschieden hat. In der Rechtsmittelinstanz ist eine Heilung nur dann möglich, wenn die Vollmachtsurkunde schon vor Erlass der Entscheidung ausgestellt worden ist, in der Vorinstanz keine Frist für die Einreichung der Vollmacht gesetzt worden ist oder trotz Fehlens der Vollmacht in der Sache entschieden worden ist (vgl. GemS SozR 1500 § 73 SGG Nr.5).

Alle diese Ausnahmetatbestände liegen nicht vor, eine Heilung der ohne Vollmacht erhobenen Klage ist nicht möglich. So hat der Kläger ausdrücklich bestätigt, dass er für den maßgeblichen Zeitraum (Klageerhebung im Juli 1999 bis zur Zustellung der gerichtlichen Entscheidung im September 2002) eine schriftliche Vollmacht nicht hat; sie kann daher auch nicht vorgelegt werden. Eine Frist zur Einreichung einer Vollmacht hat das SG gestellt. Schließlich hat das SG nicht in der Sache entschieden.

Selbst wenn man zugunsten des Klägers eine Vollmacht nach § 73 Abs.2 Satz 2 SGG als entbehrlich erachtet, ist die Klage wegen Verfristung unzulässig. Diese Rechtsauffassung hat die Beklagte bereits vor dem SG vertreten; der Kläger hat davon Kenntnis erlangt. Der Widerspruchsbescheid vom 23.03.1999 ist dem Kläger laut Postzustellungsurkunde am 01.04.1999 zugestellt worden. Die einmonatige Klagefrist hat am Montag, dem 03.05.1999 geendet. Die Klage vom 14.07.1999 ist somit nach Ablauf der Frist und damit verspätet erhoben worden. Gründe für eine Wiedereinsetzung sind aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich.

Nach alledem ist die Entscheidung des SG nicht zu beanstanden. Eine Prüfung des klägerischen Begehrens in der Sache ist nicht möglich. Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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