L 16 LW 32/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 9 LW 97/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 LW 32/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 7. Oktober 2002 wird zurückgewiesen.
II. Auf die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 14.07.2003 wird dieser Bescheid aufgehoben, soweit dieser den Zeitraum vom 01.01.2002 bis zum 31.07.2003 betrifft. Im Übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind zur Hälfte zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Berechnung des Beitragszuschusses, insbesondere über die Zugrundelegung der Vergleichszahl (LVZ) für die landwirtschaftlichen Flächen des Klägers aus dem Einheitswertbescheid des Finanzamtes.

Der 1938 geborene Kläger ist seit 1960 Mitglied der landwirtschaftlichen Alterskasse. Er bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb mit einer Fläche von rund 12,2 ha landwirtschaftlicher sowie 3,42 ha forstwirtschaftlicher Fläche.

Ab 1986 erhält der Kläger einen Beitragszuschuss bzw. eine Beitragsentlastung von der Beklagten.

Bereits im Bescheid über den Beitragszuschuss vom 08.01.1992 wurde für die landwirtschaftliche Fläche eine Vergleichszahl von 19,8 bei der Berechnung des Wirtschaftswertes zu Grunde gelegt.

Mit Bescheid vom 20.06.1995 wurde erstmals nach den neuen Bestimmungen des ALG der Beitragszuschuss berechnet, im Folgebescheid (vom 13.02.1996) ist als LVZ 19,8 genannt.

Im Bescheid vom 05.06.2000 hat die Beklagte zunächst ab 01.06. 2000 den Beitragszuschuss für Juni aufgehoben, mit dem folgenden streitgegenständlichen Bescheid vom 07.06.2001 aber bei geändertem außerlandwirtschaftlichen Einkommen wieder einen Zuschuss in Höhe von 125,00 DM gewährt.

Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 20.06.2001 Widerspruch und trug im Wesentlichen vor, die Beklagte habe bei der Berechnung des Einkommens aus Land- und Forstwirtschaft einen zu hohen Wirtschaftswert zu Grunde gelegt, da nach dem Einheitswertbescheid von 1964, der bis heute Gültigkeit habe, nur eine Vergleichszahl (LVZ) von 12,5 zu berücksichtigen sei und nicht, wie die Beklagte es getan habe, von 19,8. Der Kläger legte den Einheitswertbescheid von 1972 bei.

Die Beklagte klärte den Kläger über die von ihr vertretene Rechtsauffassung, die sich vor allem auf das BSG Urteil vom 31.08.1993 (4 LRw 7/92) stützt, auf und teilte ihm mit, dass dem Widerspruch nicht abgeholfen werden könne.

Der Kläger hielt an seinem Widerspruchsbegehren fest. Er legte eine Mitteilung des Finanzamtes U. vor, die bestätigt, der Einheitswertbescheid von 1972 habe weiterhin Gültigkeit.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 29.10.2001). Zur Begründung stellte sie die rechtlichen Grundlagen nach § 32 und § 1 Abs.6 Satz 1 ALG dar und wies auf das Urteil des BSG vom 31.08.1993 hin, wonach für die Anknüpfung an den Wirtschaftswert nach § 1 Abs.6 ALG der aktuelle Bescheid der Finanzbehörde selbst dann maßgeblich sei, wenn er den Einheitswert nicht neu feststelle. Dadurch werde gewährleistet, dass die Landwirtschaftliche Alterskasse bei der Prüfung den den tatsächlichen Wertverhältnissen im Entscheidungszeitpunkt entsprechenden Wirtschaftswert zu Grunde lege. Da die zeitlich letzte Berechnung im Bescheid des Finanzamtes U. vom 28.09.1984 zum 01.01.1980 gegenüber dem Einheitswertbescheid von 1972 eine auf 19,8 gestiegene LVZ ausgewiesen habe, sei diese bei der Berechung des Beitragszuschusses zu Grunde zu legen. Bei Berücksichtigung dieser Werte ergebe sich für Juni 2001 ein zustehender Beitragszuschuss i.H.v. monatlich 125,00 DM. Da zunächst ein Beitragszuschuss von 166,00 DM gezahlt worden sei, sei der Zuschuss neu festzustellen und die Überzahlung i.H.v. 41,00 DM zurückzufordern gewesen.

In der Folgezeit ergingen die Bescheide vom 21.01.2002 und 04.06.2002 über die Beitragszuschussgewährung ab Januar 2002 bzw. 01.06.2002, hier wurde jeweils als LVZ-Wert 12,5 zu Grunde gelegt.

Zur Begründung seiner Klage vom 02.11.2001 legte der Kläger die Auskunft des Finanzamtes U. und den Einheitswertbescheid von 1972 vor.

Die Beklagte hielt die Klage für unbegründet und nahm Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Die Verhandlung vom 05.08.2002 wurde vertagt zur Beiziehung des Bescheides des Finanzamtes U. vom 28.09.1984.

Der Kläger nahm schriftsätzlich Bezug auf die Diskussion in der mündlichen Verhandlung und stellte dar, dass eine Wohnwertverbesserung nicht eingetreten sei, er stütze sich weiterhin auf das Bestätigungsschreiben des Finanzamtes U ...

Mit Schriftsatz vom 26.08.2002 legt die Beklagte dar, dass die Diskussion über den Wohnwert lediglich zu Erklärungszwecken erfolgt sei, maßgeblich sei weiterhin die Darstellung des BSG im Urteil vom 1993, wonach nicht auf den Einheitswert, sondern auf den vom Finanzamt festgestellten Wirtschaftswert abzustellen sei.

Mit Urteil vom 07.10.2002 wies das Sozialgericht Nürnberg die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, das BSG habe im Urteil vom 31.08.1993 deutlich formuliert, dass maßgeblich nicht auf den Einheitswert abzustellen sei, sondern viel mehr auf den Bescheid in dem die Finanzbehörde ihr Ermittlungsergebnis zum Wirtschaftswert zuletzt niedergelegt habe. Deshalb sei die Verfahrensweise der Beklagten, die sich auf die LVZ von 19,8 aus dem Bescheid des Finanzamtes vom 28.09.1984 stütze, rechtmäßig. Es nahm im Übrigen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug.

Zur Niederschrift des Landessozialgerichts legte der Kläger am 14.11.2002 Berufung gegen das am 18.10.2002 zugestellte Urteil des Sozialgerichts Nürnberg ein. Er nahm im wesentlichen Bezug auf sein Vorbringen im Klageverfahren.

Die Beklagte beantragte im Schriftsatz vom 12.12.2002 die Zurückweisung der Berufung, sie hält das Urteil für zutreffend, neue Gesichtspunkte seien nicht vorgetragen.

Mit Schreiben vom 14.07.2003 übersandte die Beklagte die während des Verfahrens erlassenen Bescheide vom 04.06.2003, 20.01.2003 und 14.07.2003. Die Bescheide vom 04.06.2003 und 20.01.2003 enthielten eine Rechtsmittelbelehrung zur Einlegung eines Widerspruchs, während der Bescheid vom 14.07.2003 nach Auffassung der Beklagten gemäß § 96 Abs.1 SGG Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens geworden ist.

Auf Anfrage des Senats hat das Finanzamt U. im Schreiben vom 15.06.2003 mitgeteilt, der Einheitswert für den Betrieb des Klägers sei bestandskräftig mit Bescheid vom 10.02.1972 festgestellt. Eine Wertfortschreibung wollte das Finanzamt bezogen auf den 01.01.1980 durchführen, da im Rahmen der Flurbereinigungsverfahren eine Veränderung eingetreten sei. Die maschinelle Berechnung habe eine Erhöhung der Vergleichszahl von 12,5 auf 19,8 und dadurch eine Erhöhung des Vergleichswertes Landwirtschaft ergeben. Die weitere Berechnung habe jedoch gezeigt, dass eine Wertfortschreibung nicht durchzuführen war, da die Wertgrenzen des § 22 Abs.1 Nr.1 BewG nicht erreicht wurden. Das Finanzamt habe diese - als Einheitswertbescheid auf den 01.01. 1980 bezeichnete - Berechnung gegenüber dem Eigentümer bekannt gegeben. Die neuen Wertfortschreibungen seien für die Finanzverwaltung ohne steuerrechtliche Bedeutung. Das Finanzamt fügte die innerdienstlichen Arbeitsanweisungen für die Wertfortschrei- bungsgrenzen bei. In den von der Beklagten vorgelegten Bescheiden vom 04.06.2003 und 20.01.2003 war für die Zeit ab 01.01.2003 bzw. 01.06.2003 bei der Berechnung des landwirtschaftlichen Einkommens die LVZ 19,8 zu Grunde gelegt worden. Im Bescheid vom 14.07.2003 hat die Beklagte den Bescheid vom 21.01.2002 aufgehoben, soweit in diesem Bescheid eine LVZ von 12,5 statt 19,8 der Berechnung zu Grunde gelegt wurde.

In der mündlichen Verhandlung vom 12.08.2003 hob die Beklagte diesen Bescheid vom 14.07.2003 auf, soweit er die Zeit vom 01.01.2002 bis 31.07.2003 betraf.

Der Kläger beantragte, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 07.10.2000 und die Bescheide der Beklagten vom 07.06.2001 mit Widerspruchsbescheid vom 29.10.2001 sowie vom 14.07.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Berechnung des Beitragszuschusses eine LVZ von 12,5 zu Grunde zu legen.

Die Beklagte beantragte, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie des Sozialgerichts Nürnberg und des Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.

Das Sozialgericht hat im Urteil vom 07.10.2002 richtig dargelegt, dass bei der Berechnung des landwirtschaftlichen Einkommens des Klägers die Vergleichszahl (LVZ) von 19,8 heranzuziehen ist. Maßgeblich ist also nicht der unverändert fortbestehende Einheitswertbescheid, sondern vielmehr die durch Wertfortschreibung durch das Finanzamt festgestellte Vergleichszahl, die auf 19,8 erhöht wurde. Das Sozialgericht bezieht sich dabei zu Recht auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 31.08.1993 (Az: 4 RLw 7/92). Dieses Urteil, das zu dem identischen Sachverhalt ergangen ist, wie er auch im Falle des Klägers zu Grunde zu legen ist, hat ausdrücklich darüber entschieden, dass allein auf den Wirtschaftswert und nicht den Einheitswert für die Zuschussberechnung maßgeblich abzustellen ist und somit die Änderung der Vergleichszahl zu Grunde zu legen ist, auch wenn wegen anderer steuerlicher Gründe ein neuer Einheitswert nicht festzustellen war. Dieser Entscheidung schließt sich der Senat an; den Ausführungen des BSG ist diesbezüglich nichts hinzufügen.

Soweit die Beklagte im Bescheid vom 14.07.2003 jedoch ihre früheren Entscheidungen, mit denen sie die ursprüngliche Vergleichszahl wieder berücksichtigt hat, aufheben wollte, ist dies für die Vergangenheit nach Auffassung des Senats nicht möglich. Nach § 45 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Dabei ist vor allem die Frage des Vertrauensschutzes und die Jahresfrist, innerhalb der die Verwaltung zu handeln hat, zu berücksichtigen. Diesen Voraussetzungen genügt der Bescheid vom 14.07.2003 nicht. Die Beklagte hat ihn daher im Termin vom 12.08.2003 aufgehoben, soweit der Bescheid Regelungen für die Zeit vom 01.01.2002 bis 31.07.2003 getroffen hat. Da der Kläger aber die Beseitigung des Bescheides insgesamt, d.h. also auch für die Zukunft erstrebt hat, war vom Senat auszusprechen, dass der Bescheid vom 14.07.2003 nur aufzuheben war, soweit er eine Korrektur der früheren für den Kläger günstigeren Bescheide bis 31.07.2003 vorgenommen hatte. Eine weitere Begründung kann im Hinblick auf die von der Beklagten vorgenommene Aufhebung des Bescheides unterbleiben. Soweit der Kläger darüber hinaus für die Zukunft die Aufhebung dieses Bescheides und die weitere Berücksichtigung der Vergleichszahl 12,5 bei der Berechnung des Wirtschaftswertes fordert, gilt das bereits Gesagte, denn die Beklagte durfte, wie in den früheren Bescheiden, auch hier die vom Finanzamt korrigierte Vergleichszahl 19,8 ihrer Berechnung zu Grunde legen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Gründe gemäß § 160 Abs.2 Ziff.1 und 2 SGG die Revision zuzulassen sind nicht ersichtlich. Der Senat bezieht sich gerade auf das Urteil des BSG vom 31.08.1993, das die Rechtsfrage erschöpfend geklärt hat.
Rechtskraft
Aus
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