L 13 RA 174/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 8 RA 152/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 RA 174/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 31.07.2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1951 geborene Kläger stellte dazu am 23.07.1998 einen Antrag bei der Beklagten, weil er an einer undifferenzierten Somatisierungsstörung leide und sich den Anforderungen seiner Arbeit als Grabungstechniker nicht mehr gewachsen fühle. Mit Bescheid vom 04.11.1998 lehnte diese den Antrag nach Vorlage eines Gutachtens des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. vom 07.10.1998 ab. Danach könne der Kläger in seinem bisherigen Berufsbereich noch vollschichtig tätig sein.

Den unter anderem mit dem Vorliegen eines Krankheitsbildes der Fibromyalgie begründeten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte nach Einholung von Gutachten des Orthopäden Dr. H. vom 03.03.1999 und des Internisten Dr. S. vom 24.03.1999 mit Widerspruchsbescheid vom 04.06.1999 zurück. Bei Vermeidung schwere Arbeiten sei ein vollschichtiges Leistungsvermögen vorhanden.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben und erneut sein Unvermögen zur Tätigkeit als Grabungsleiter vorgebracht, die er nach der Auskunft des Bayer. Landesamts für Denkmalpflege seit 01.04.1991 zunächst als Grabungsassistent ausübte.

In ihrem im Auftrag des SG erstellten Gutachten hat die Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin Dr. S. am 24.07.2000 beim Kläger eine akzentuierte Persönlichkeit, keine Erkrankung im eigentlichen Sinne, festgestellt. Trotz des sehr deutlichen Leidensdruckes bestehe ein außergewöhnlich guter körperlicher Zustand ohne gravierende Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit. Damit könnten dem Kläger noch leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne erhebliche Stressfaktoren bzw. ständigem Zeitdruck vollschichtig zugemutet werden. Hingegen gelangte der Facharzt für Orthopädie Dr. L. , in seinem Sachverständigengutachten vom 16.12.2000 zur Feststellung eines Leistungsvermögens von allenfalls noch zwei Stunden bis unter halbschichtig. Denn es liege eine Fibromyalgie vor. Bei dieser Ansicht ist Dr. L. auch nach Vorlage einer Stellungnahme von Dr. S. vom 28.05.2001 verblieben, in der ausgeführt wird, dass einer somatischen Herleitung dieses Krankheitsbildes nicht gefolgt werden könne. Diese Erkenntnis ergebe sich aus der Literatur sowie aus ihrer achtjährigen psychiatrisch-psythotherapeutischen Erfahrung als Gutachterin.

Daraufhin hat das SG beim Orthopäden und Chirurgen Dr. L. ein weiteres Gutachten (vom 20.04.2001) eingeholt, der sich eingehend mit der Argumentation von Dr. L. auseinander gesetzt hat. Danach müsse Dr. L. selbst einräumen, dass Entstehungsursache und Pathologie eines Fibromyalgie-Syndroms wissenschaftlichen noch unklar seien. Aber selbst dessen Herleitung als muskuläre Dysbalance mit Schmerzchronifizierung entbehre beim Kläger einer tatsächlichen Befundgrundlage. Beim Argument eines Trainings- bzw. ATP-Mangels bei Fibromyalgie-Patienten sei nicht geklärt, ob dies Ursache oder Folge der muskulären Inaktivität sei. Hier sei der Zusammenhang mit einer Depression eindeutig. Organisch gesehen bestehe beim Kläger ein chronisches Halswirbelsäulensyndrom leichter und ein Lendenwirbelsäulensyndrom leichtester Prägung. Damit sei ein achtstündiges tägliches Leistungsvermögen unter Ausschluss schwerer Arbeiten vorhanden.

Durch Urteil vom 31.07.2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Dem Gutachten von Dr. L. könne nicht gefolgt werden, weil er keine pathologischen Befunde gefunden habe. Soweit er, wie aus vielen anderen Verfahren bekannt, zur Begründung der angenommenen Leistungseinschränkung das Krankheitsbild der Fibromyalgie heranziehe, widerspreche dies wissenschaftlichen Erkenntnissen. Dies hätten die Sachverständige Dres. S. und L. deutlich gemacht.

Seine Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) hat der Kläger damit begründet, an einem ausgeprägten depressiven Syndrom, einer cervikalen Myelopathie sowie einer Borreliose mit Auswirkungen auf das Immunsystem zu leiden. In seinem im Auftrag des Senats erstellten Gutachten vom 22.07.2002 diagnostizierte der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. eine Somatisierungsstörung (F 45.0) mit depressiven Anteilen, eine akzentuierte Persönlichkeit mit schizioiden, histrionischen und narzistischen Anteilen und ein chronisches Wirbelsäulensyndrom ohne neurologische Defizite. Für eine aktive Neuroborreliose oder Borreliose hätten sich keine Hinweise ergeben. Psychiatrischerseits bestehe kein Zweifel an einem erheblichen sekundären Krankheitsgewinn im Sinne eines Rentendesideriums. Der Kläger könne noch zu den üblichen Bedingungen eines Arbeitsverhältnisses Tätigkeiten vollschichtig durchführen. Bei dieser Ansicht ist Dr. M. auch nach Vorlage von Attesten des Neurologen und Psychiaters Dr. M. vom 23.09.2002 sowie des Orthopäden Dr. B. vom 03.09.2002 verbliebenen (Stellungnahme vom 03.02.2003).

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 31.07.2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.11.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.1999 zu verurteilen, ihm Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aufgrund seines am 23.07.1998 gestellten Antrags zu gewähren.

Er regt an, ein algesiologisches Gutachten einzuholen. Dazu hat er ein weiteres Attest von Dr. M. sowie Berichte des ärztlichen Psychotherapeuten Dr. K. vom Rheuma- und Orthopädie-Zentrum Bayern sowie des Urologen Prof. Dr. S. vorgelegt, der fibromyalgiebedingte Beschwerden des Harntrakts bescheinigte.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen sowie der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die ohne Zulassung (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2 SGG) und auch ansonsten zulässig. Sie ist aber nicht begründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Leistungen wegen eines Versicherungsfalls der verminderten Erwerbsfähigkeit bzw. der Erwerbsminderung.

Nach § 44 Abs. 2 SGB VI i. d. F. des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 92), des gemäß § 300 Abs. 1, 2 SGB VI wegen des am 23.07. 1998 gestellten Antrags anzuwenden ist, liegt Erwerbsunfähigkeit nur vor, wenn ein Versicherter wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße (bzw. nach dem Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24.03.1999 ab 01.04.1999 DM 630,00 bzw. 325,00 Euro ) übersteigt. Inhaltlich gleiches gilt nach § 43 Abs. 2 SGB VI des ab 01.01. 2001 geltenden Reformgesetzes der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit - EMRefG - vom 20.12.2000, BGBl. I. S. 1827), soweit Ansprüche erst ab 01.01.2001 begründet wären (vgl. auch insoweit §§ 300 Abs. 1, 2 und § 302 b SGB VI EMRefG).

Berufsunfähig ist nach § 43 Abs. 2 SGB VI RRG 92 der Versicherte, dessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder wegen Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Ab 01.01.2001 ist teilweise erwerbsgemindert, wessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder wegen Behinderung auf weniger als sechs Stunden derjenigen von körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist; sofern, der Versicherte, wie der Kläger, vor dem 01.01.1961 geboren ist (§ 240 SGB VI i.d.F. des EMRefG). Teilweise erwerbsgemindert ist auch, wer zwar nicht mehr vollschichtig tätig sein kann, aber noch mehr als drei Stunden (§ 43 Abs. 2 SGB VI i.d.F. des EMRefG).

Berufsunfähig oder erwerbsunfähig ist aber nach dem 2. SGB VI Änderungsgesetz vom 02.05.1996 (BGBl. I S. 659) nicht, wer eine -zumutbare - Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (SGB VI §§ 43 Abs. 2 Satz 4, § 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2). Diese Rechtslage (sog. Arbeitsmarktrente bei untervollschichtigem Leistungsvermögen) ist im EMRefG (SGB VI § 43 Abs. 3) beibehalten worden - allerdings mit einer Verschärfung hinsichtlich des zumutbaren Erwerbsverlustes von acht auf sechs Stunden.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist das Leistungsvermögen des Klägers für seinen Beruf eines Grabungstechnikers noch im Ausmaß von 8 Stunden vorhanden. Damit liegt keiner der oben angeführten Versicherungsfälle vor, nicht die "strengeren" Anforderungen an die Zumutbarkeit einer Erwerbseinbuße bis zu sechs Stunden nach dem EMRefG (Teilerwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 Satz 2 bzw. nach § 240 im maßgeblichen Beruf) noch ein Herabsinken unter die Zumutbarkeitsgrenzen des RRG 92 unter acht bzw. vier Stunden im maßgeblichen Beruf bzw. acht im maßgeblichen Beruf bei Fehlen eines konkreten Arbeitsplatzes.

Der Senat ist auch nach Würdigung der zusätzlich von ihm erhobenen Beweise (insbesondere des Gutachtens des Nervenarztes und Psychiaters Dr. M.) aber auch der vom SG eingeholten Gutachten (Dr. S. und L.) sowie den von der Beklagten beauftragten Gutachtern Dr. M. , H. und S. nicht zur Überzeugung einer rechtlich relevanten Minderung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers im oben aufgezeigten Ausmaß gelangt. Dem Gutachten von Dr. L. konnte auch der Senat nicht folgen.

Ausgangspunkt für die Beurteilung von Berufsunfähigkeit ist der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 107, 169). Denn ein Versicherungsfall ist nicht eingetreten, solange der Versicherte seinen bisherigen Beruf noch ohne wesentliche Einschränkungen weiter ausüben kann (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 126). In der Regel ergibt sich der bisherige Beruf eines Versicherten aus dessen letzter versicherungspflichtiger Beschäftigung oder Tätigkeit, die auch dann maßgebend ist, wenn sie nur kurzfristig ausgeübt worden, aber zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 130, 164).

Der Kläger hat den Beruf eines Schreiners erlernt (17.09.1979 bis 20.03.1981) und bis 1986 ausgeübt. Er hat sich aber schon ab 1978 aus von seiner Gesundheit unabhängigen Gründen einer Tätigkeit als Grabungsarbeiter zugewandt. Damit bestimmt sich der Hauptberuf des Klägers aus diesem Beruf, in dem er nach der Auskunft des Bayer. Landesamts für Denkmalpflege als Angelernter mit einer Einstufung nach BAT VII als Grabungsassistent am 01.04.1991 begonnen und den er im Wege des Bewährungsaufstiegs nach BAT VI b fortgesetzt hat. Diesen Beruf kann er nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme noch weiter ausüben.

Aus orthopädischer Sicht liegt bei ihm zwar nach den Gutachten von Dr. L. und Dr. L. eine Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit durch ein HWS- und LWS-Syndrom vor, dem aber durch Ausschluss schwerer Tätigkeiten Genüge getan wird, ohne dass daraus sonst zeitliche Beeinträchtigungen resultieren. Darüber, dass dem Kläger für leichte und mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine hinreichende Resterwerbsfähigkeit verblieben ist, besteht bei den orthopädischen Sachverständigen - mit Ausnahme von Dr. L. - Einigkeit. Der Ansicht von Dr. L. , der Kläger könne nur zwei bis vier Stunden leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten, wird nicht beigetreten. Dr. L. führt als einziger Sachverständiger ein Fibromyalgiesyndrom (FMS) an, ohne aber einen orthopädischen Krankheitsbefund zu finden. Vielmehr stellt er auf eine deutliche Schlafstörung und gesteigerte Schmerzempfindlichkeit ab. Damit räumt er letztlich ein, wie es die Sachverständigen Dres. S. , L. und M. deutlich zum Ausdruck bringen, dass das FMS als seelische Störung aufzufassen und von Psychiatern zu bewerten ist. Dies entspricht der herrschenden Meinung in der einschlägigen Literatur (vgl. Hausotter MedSach 2000, 132 ff. Begutachtung der FMS ).

Auf dem psychiatrischen Fachgebiet besteht aber - nach Aussagen beider dazu befähigter Sachverständiger, Dres. S. und M. ein vollschichtiges Leistungsvermögen. Denn es liegt keine psychische Störung von Krankheitswert vor. Beide Gutachter beurteilen das Leistungsvermögen aufgrund ihrer eingehenden Untersuchungen auch unter Einschluss orthopädischer Befunde. Es ergab sich dabei kein Hinweis auf einen psycho-pathologischen Befund von eigenständigem Krankheitswert. Es fand sich weder das Vorliegen einer tiefergehenden depressiven Verstimmung noch einer Psychose oder eines hirnorganischen Psychosyndroms, sondern eine "undifferenzierte Somatisierungsstörung" (F 45.1).

Durch ihre Begründung stellen Dres. S. , L. und M. - anders als Dr. L. - unter Beweis, dass sie die allgemeinen Regeln der Begutachtung beherrschen, wie sie die neuere psychiatrische Literatur zur Einschätzung der Erwerbsbeeinträchtigung durch somatoforme (Schmerz-) störungen aufzeichnet (z.B. B. Widder und J.C. Aschoff, Somatoforme Störung und Rentenantrag MED SACH 91 (1995) 14 ff.). Dazu gehört u.a. das Erstellen einer Indizienliste zur quantitativen Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens (Hausotter, Begutachtung der Fibromyalgie, MED SACH 96 (2000), 132 ff., Hausotter in Suchenwirth, Kunze und Krasney, Neurologische Begutachtung, 3. Aufl., 2000, Kap 37; Hausotter, MED SACH 1997, 184, Foerster, Sozialmedizinische Begutachtung in der gesetzlichen Rentenversicherung, 5. Aufl., 1995, Kap 25, S. 509 ff., Breckner, Herbold, Nauerz, Rudelitz, Schwadner, Diagnose Firbromyalgie?, MED SACH 98/2002 22 ff., "Empfehlungen zur Schmerzbegutachtung" von Widder B., Hausotter W., Marx P., Puhlmann H. U., Wallesch C. W. Med. Sach. 98 (2002) 27-29, Sonderheft des VDR 2001, Empfehlungen für die sozialmedizinische Beurteilung psychischer Störungen- Hinweise zur Begutachtung). Die dort angeführten Kriterien oder Indizienlisten bzw. eine begründete Gesamtschau bei kritischer Würdigung der geklagten Beschwerden werden in den angeführten Gutachten methodisch zureichend abgehandelt und liefern damit eine rationale Grundlage der Beweiswürdigung.

Dem kann Dr. L. nichts wissenschaftlich Fundiertes gegenübersetzen. Dr. S. hat ihn in ihrem Gutachten und ihrer Stellungnahme voll widerlegt, wie auch Dr. L. aus Sicht des Fachgebiets des Dr. L ... Es besteht auch keine Veranlassung, nochmals eine Äußerung von Dr. L. herbeizuführen. Dieser hatte Gelegenheit, zu den ihm widersprechenden Gutachten Stellung zu nehmen. Sein Gutachten ist aber nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. S. weiterhin in sich widersprüchlich. Denn Dr. L. musste selbst einräumen, dass das Wesen der Erkrankung FMS unklar ist und stützt sich deshalb auf eine Diagnose mittels Tenderpoints, die selbst keine Objektivierung erlaubt. Ebenso wenig ist seine alternative Erklärung durch muskuläre Dysbalancen überzeugend. Diese können genauso gut auf einen Trainingsmangel zurückzuführen sein (vgl. dazu Seiten 32 bis 34 im Gutachten von Dr. L.). Insgesamt konnte Dr. L. nicht in einer für den Senat überzeugenden Weise darlegen, warum gerade im Falle des Klägers eine solche schwerwiegende schmerzhafte Funktionsstörung gegeben ist, die seine Leistungsfähigkeit im erwerbsmindernden Ausmaß limitiert. Seine Schlussfolgerungen im vorliegenden Falle sind gegenüber den Ausführungen von Dr. S. nicht nachvollziehbar; insbesondere weswegen gerade der Kläger keinerlei beruflichen Tätigkeit mehr nachgehen könne.

Die vom psychiatrischen Fachgebiet im Ergebnis anderslautende Ansicht des seit 13.06.2002 behandelnden Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. M. einer fehlenden Erwerbsfähigkeit ist vom Sachverständigen Dr. M. in dessen Stellungnahme vom 03.02.2003 widerlegt worden. Dabei kann sich Dr. M. auf ein umfassendes Studium der gesamten Akten berufen, wohingegen Dr. M. den Kläger erst seit kurzer Zeit behandelt hat und auf dessen anamnestischen Angaben angewiesen war. Der insoweit vorgetragene psychische Befund ist nicht neu, sondern war durch Berichte des früher behandelnden Facharztes Dr. S. schon Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens vor der Beweiserhebung durch Dr. S. , die sich schon in ihrem ersten Gutachten (Seite 22 ff.) mit dem von Dr. S. bescheinigten Erkrankungsbild eines ausgeprägten depressiven Syndroms mit deutlichen Somatisierungstendenzen auseinandersetzte.

Festzustellen ist damit, dass der Kläger in seinem bisherigen Beruf noch vollschichtig tätig sein kann und deswegen nicht berufsunfähig ist.

Da der Kläger einer vollschichtigen Tätigkeit nachgehen kann, liegt bei ihm auch keine Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 SGB VI in der bis 01.01.2001 geltenden Fassung vor, ebenso wenig verminderte Erwerbsfähigkeit gemäß § 43 SGB VI in der ab 01.01. 2001 geltenden - noch strengeren - Fassung (sechsstündiges Erwerbsvermögen). Denn erwerbsunfähig sind nach § 44 Abs. 2 SGB VI (RRG 92 nach 1996 und vor 2001) Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 1/7 der monatlichen Bezugsgröße bzw. ab 01.04.1999 einen Betrag von DM 630,00 übersteigt. Nach dem EMReformG ist voll erwerbsgemindert, wer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein; auch das ist beim Kläger nicht der Fall.

Der Kläger hat somit weder einen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit noch wegen Erwerbsunfähigkeit.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut war daher als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (SGG § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 ).
Rechtskraft
Aus
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