L 2 VJ 11/02

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
2
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 11 VJ 124/00
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 2 VJ 11/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 17. Oktober 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Mit der Berufung begehrt der Kläger auch im zweiten Rechtszug die Gewährung höheren Berufsschadensausgleichs nach dem Bundesseuchengesetz (BSeuchG) bzw. ab 1. Januar 2001 nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) i.V.m. den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG).

Der 1959 geborene Kläger ist der älteste Sohn von fünf Kindern der Eheleute H A und K A.

Der Vater des Klägers war selbstständiger Fleischermeister, die Mutter war Fleichereifachverkäuferin.

Die vier Geschwister F , B , U und G sind im 1960, 1961, 1964 und 1966 geboren worden.

Der Kläger war nach einer unauffälligen frühkindlichen Entwicklung zeitgerecht eingeschult worden und besuchte im Dezember 1968 die 4. Klasse einer Grundschule mit guten Leistungen.

Am 4. Dezember 1968 nahm der Kläger an einer Schluckimpfung gegen Poliomyelitis Typ I, II und III teil.

Am 8. Dezember 1968 erkrankte der Kläger zunächst mit Kopfschmerzen und Erbrechen.

Nach weiteren Ermittlungen in einem Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Kiel (- S 3 V 46/73 -) erkannte das beklagte Land durch Bescheid vom 11. Dezember 1964 mehrere Gesundheitsstörungen als Impfschadensfolgen an (Hirnschädigung nach Polio-Schluckimpfung; Versteifung des linken Ellenbogengelenkes, Narben am linken Arm und am Becken; Lähmung des rechten Fußhebernervens) und gewährte Versorgung nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 v. H.

Der Kläger ist durchweg seit August 1975 in einer Werkstatt für Behinderte beschäftigt.

Ab Juli 1995 erhält der Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Das beklagte Land leitete erstmals im April 1979 eine Prüfung dahin ein, ob dem Kläger Berufsschadensausgleich zustehe.

Durch Bescheid vom 12. März 1982 gewährte das beklagte Land dem Kläger ab 1. März 1982 Berufsschadensausgleich. Der Bemessung des Berufsschadensausgleich legte das beklagte Land gemäß § 7 DVO zu § 30 Abs. 3 bis 5 BVG die Besoldungsgruppe A 9, Dienstaltersstufe 3 BBesG als Vergleichseinkommen zu Grunde, weil der Kläger vermutlich eine abgeschlossene höhere oder gleichwertige Schulausbildung (Reifeprüfung) ohne die Impfschadensfolgen erreicht hätte. Dieser Feststellung lagen außer den Erklärungen der Eltern des Klägers über ihren eigenen Bildungsgang auch Erklärungen der Eltern über den Ablauf der Schulbildung der vier Geschwister des Klägers zu Grunde. U. a. hatten die Eltern des Klägers im Januar 1982 mitgeteilt, der Sohn F habe sein Abitur mit 2,5 bestanden und studiere in Ba Tiermedizin, der Sohn B werde jetzt im März/April sein Abitur machen, die Tochter U besuche nach Abschluss der Ka Schule mit der mittleren Reife die höhere Handelsschule, der Sohn G besuche noch die Ka Schule und wolle anschließend auf dem Wirtschaftsgymnasium sein Abitur machen.

In dem Bescheid vom 12. März 1982 ist dem Kläger ferner mitgeteilt worden, dass das zu Grunde zu legende Vergleichseinkommen bei Vollendung des 30. und 40. Lebensjahres entsprechend zu erhöhen sei.

Dementsprechend erhielt der Kläger seitdem Berufsschadensausgleich, dessen Berechnung ab 1. März 1999 wegen Vollendung des 40. Lebensjahres das Endgrundgehalt A 11, Dienstaltersstufe 12 BBesG zu Grunde gelegt wurde (Bescheid vom 19. Januar 1999).

Auf den vom Kläger am 24. September 1999 gestellten Antrag u. a. auf höhere Pflegezulage stellte das beklagte Land unter Beibehaltung der früheren Bezeichnung der Impfschadensfolgen durch Bescheid vom 12. Januar 2000 die Höhe der ab 1. September 1999 zustehenden Leistungen aus Grundrente, Ersatz für Mehrverschleiß an Kleidung und Wäsche, die Pflegezulage nunmehr nach Stufe V, aus Schwerstbeschädigtenzulage Stufe VI sowie bezüglich der vom Einkommen abhängigen Leistungen aus Ausgleichsrente und Berufsschadensausgleichs fest.

Den vom Kläger am 24. September 1999 ebenfalls gestellten Antrag auf einen höheren Berufsschadensausgleich lehnte das beklagte Land durch Bescheid vom 11. November 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. April 2000 mit der Begründung ab, bei der Bemessung des Berufsschadensausgleichs durch Bescheid vom 12. März 1982 sei gemäß § 7 BSchAV die Besoldungsgruppe A 9 als Vergleichseinkommen zu Grunde gelegt worden. Bei der Entscheidungsfindung, welchen vermutlichen Schulabschluss der Kläger erreicht hätte, seien seine bis zur Schädigung erbrachten schulischen Leistungen, die berufliche und soziale Stellung seiner Eltern sowie der bisherige schulische Werdegang seiner Geschwister berücksichtigt worden. Dabei sei davon ausgegangen worden, dass er vermutlich die Reifeprüfung abgelegt hätte, so dass das in § 4 Abs. 1 BSchAV für Beamte des gehobenen Dienstes bestimmte Durchschnittseinkommen berücksichtigt worden sei. Für seinen Antrag auf Neufeststellung des Berufsschadensausgleichs unter Zugrundelegung des Durchschnittseinkommens für Beamte des höheren Dienstes berufe er sich auf den schulischen und beruflichen Werdegang seiner Geschwister F A als praktizierender Tierarzt, B A als Dipl. Ingenieur (FH), U Ga als staatlich geprüfte Technikerin mit abgeschlossener Meisterprüfung im Fleischer Handwerk sowie G A als Studienreferendar. Bei der Prognoseentscheidung nach § 7 BSchAV seien seine persönlichen Fähigkeiten und Kenntnisse bis zur Schädigung sowie die schulische, berufliche und soziale Stellung seiner Geschwister zu berücksichtigen gewesen. Nach Auswertung und Würdigung der Sachlage verfügten zwei von sechs Familienangehörigen über eine abgeschlossene Hochschulausbildung, so dass nach Auswertung der Sach und Rechtslage ein möglicher Abschluss der Hochschule für ihn nicht hinreichend wahrscheinlich sei. Da darüber hinaus andere entscheidungsrelevante Gründe, die dafür sprächen, dass er eine Hochschulausbildung erfolgreich abgeschlossen hätte, nicht vorlägen, werde an der rechtsverbindlichen Entscheidung vom 12. März 1982 festgehalten.

In der Begründung des Widerspruchs war zu dem schulischen und beruflichen Werdegang der Geschwister ausgeführt worden, dass der Kläger wie seine Geschwister bis zu seiner Erkrankung infolge der Impfung ein guter Sportler gewesen sei und Musikunterricht in der Gb -Volksmusikschule bei Kapellmeister J erhalten habe. Seine schulischen Leistungen hätten nachweislich erheblich über dem Durchschnitt gelegen. Weder sie als Eltern und auf keinen Fall die "Kommission" (deren Zusammensetzung ihnen nicht bekannt sei), könnten rückwirkend eine definitive Aussage bezüglich der beruflichen Entwicklung des Klägers machen. Nichtsdestotrotz zeige der Werdegang der Geschwister, der bedingt durch den in so jungen Jahren eingetretenen Impfschaden als einzige Beurteilungsgrundlage herangezogen werden könne, eine signifikante Tendenz (von den vier Geschwistern hätten drei eine Hochschulausbildung; 75 %). Es sei somit höchst wahrscheinlich, dass auch der Kläger eine Hochschulausbildung erfolgreich beendet hätte.

Der Kläger hat am 18. Mai 2000 Klage erhoben.

Er hat dazu vertiefend vorgetragen, seine Einordnung als Beamter des gehobenen Dienstes werde der Entwicklung seiner familiären und sonstigen Lebensverhältnissen seit dem 12. März 1982 nicht gerecht. Es sei eine wesentliche Änderung gemäß § 48 SGB X eingetreten. Seinerzeit sei eine abschließende Einschätzung seiner Lebensverhältnisse im Sinne des § 30 Abs. 5 BVG noch nicht möglich gewesen, weil seine Geschwister sich noch in der Berufsausbildung befunden hätten. Zwischenzeitlich habe sich aber folgende Entwicklung ergeben:

Sein im 1960 geborener Bruder F habe im Jahr 1981 das Abitur gemacht. Nach einem entsprechenden Studium an der FU Ba habe er im Sommer 1987 die Approbation als Tierarzt erhalten und sei seit Sommer 1988 als praktischer Tierarzt zugelassen.

Sein im 1961 geborener Bruder B habe im Jahre 1982 das Abitur gemacht. Nach einer Ausbildung zum Fleischergesellen habe er dann drei Semester Agrarwissenschaften in Kb und sodann sieben Semester Verpackungstechnik an der Technischen Fachhochschule Ba studiert. Er habe das Studium 1992 mit der Prüfung zum Dipl.-Ingenieur abgeschlossen.

Seine im 1964 geborene Schwester U habe nach Realschulabschluss und zweijährigem Besuch der höheren Handelsschule eine Ausbildung zur Fleischergesellin absolviert. Ihren Besuch der Fachschule für Lebensmitteltechnik in N von 1988 bis 1990 habe sie als staatlich-geprüfte Technikerin, Fachrichtung Fleischertechnik, abgeschlossen. Seit September 1990 sei sie Fleischermeisterin und führe seit 1. Januar 1999 als selbstständige Fleischermeisterin den ehemals elterlichen Betrieb.

Sein im 1966 geborener Bruder G habe nach Ausbildung zum Fleischergesellen und Erlangung des Fleischermeisterbriefs Berufspädagogik an der Universität Ha studiert und das Studium mit dem 1. Staatsexamen abgeschlossen. Er habe inzwischen nach der Referendarzeit das 2. Staatsexamen bestanden und sei seit dem 1. Oktober 1999 Studienrat zur Anstellung im Dienste des Landes Schleswig-Holstein.

Mithin verfügten von seinen Geschwistern nicht lediglich zwei, sondern drei über eine abgeschlossene Hochschulausbildung.

Sein Vater habe 1950 das Abitur gemacht gehabt und 1960 den Meisterbrief als Fleischermeister erlangt. In seiner Familie sei mithin die für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts typische familiäre Entwicklung festzustellen, bei der die elterliche Generation, die durch höhere Schulbildung eines Elternteils geprägt sei, im Willen zum beruflichen oder gesellschaftlichen Aufstieg die Kinder zur höheren und Berufsschulausbildung und zu Hochschulabschlüssen führe, wobei das geringfügige formale Zurückbleiben seiner Schwester im beruflichen Aufstieg gleichfalls typisch sei. Nach diesen Lebensverhältnissen sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass er ohne den erlittenen Impfschaden gleichfalls einen Hochschulabschluss erreicht hätte.

Ausgangspunkt für die Entscheidung in diesem Rechtsstreit sei § 30 Abs. 5 BVG, wonach die "Lebensverhältnisse" maßgebend seien, auf die richtig auch in § 2 der BSchAV abgestellt werde. Die Auslegung des § 7 der BSchAV habe im Lichte des § 30 Abs. 5 BVG zu erfolgen, nämlich unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse. Bei Bestimmung seiner Lebensverhältnisse könne unter Berücksichtigung der schulischen und beruflichen Entwicklung seiner Geschwister nicht davon ausgegangen werden, dass gerade er im Gegensatz zu seinen Brüdern keinen Hochschulabschluss erreicht hätte.

Der Kläger hat beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 11. November 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. April 2000 das beklagte Land zu verpflichten, unter Änderung der Bescheide vom 12. März 1982 sowie der nachfolgenden Bescheide hinsichtlich des Berufsschadensausgleichs diesen unter Zugrundelegung eines Durchschnittseinkommens in Höhe des Grundgehaltes eines Beamten des höheren Dienstes gemäß § 7 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 4 der Berufsschadensausgleichsverordnung neu zu berechnen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat zur Begründung auf den Inhalt seiner angefochtenen Bescheide verwiesen.

Da der Bescheid vom 12. März 1982 von Anfang an richtig im Sinne des § 44 SGB X gewesen sei und nicht etwa von Anfang an unrichtig im Sinne dieser Vorschrift, komme für eine Durchbrechung der Rechtsverbindlichkeit des Ausgangsbescheides allein § 48 SGB X in Betracht.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 3 der DVO zu § 30 Abs. 3 bis 5 BVG werde zum Begriff der Hochschulausbildung ausdrücklich auf § 3 Abs. 5 Satz 2 dieser DVO verwiesen. Danach gelte als Hochschulausbildung nur die Ausbildung an einer Hochschule, deren Abschluss eine Voraussetzung für die Einstellung in den höheren Dienst im Sinne des Beamtenrechts sei. In diesem Sinne erfülle der Bruder B nicht die Voraussetzungen für eine Einstellung in den höheren Dienst im Sinne des Beamtenrechts, denn mit seinem Abschluss des Dipl.-Ingenieurs (FH) (= Fachhochschule) erfülle er lediglich die Voraussetzungen für eine Einstellung in den gehobenen Dienst im Sinne des Beamtenrechts. Entgegen der Ansicht des Klägers hätten also nicht drei seiner jüngeren Geschwister eine Hochschulausbildung im Sinne des Beamtenrechts abgeschlossen, sondern nur zwei.

Da sich im Berufsschadensausgleichsrecht die Bestimmung des Vergleichsberufs nach der Wahrscheinlichkeit im Sinne des Gesetzes zu richten habe (es müssten mehr Gründe für den behaupteten Berufserfolg als dagegen sprechen), sei hier bereits die Wahrscheinlichkeit für eine abgeschlossene Hochschulausbildung des Klägers aus dem Berufsweg seiner Geschwister nicht abzuleiten, wenn nur zwei seiner vier jüngeren Geschwister eine abgeschlossene Hochschulausbildung im Sinne des Beamtenrechts hätten. Nicht jede Hochschulausbildung werde auch erfolgreich abgeschlossen. Das aber müsste hier für den Kläger wahrscheinlich im Sinne des Gesetzes sein.

Entscheidend sei aber für die Eingruppierung zunächst auf die Veranlagung und die Fähigkeiten des Beschädigten abzustellen. Lasse sich damit eine bestimmte Eingruppierung nicht mit Wahrscheinlichkeit begründen, sei hilfsweise auch auf die berufliche und soziale Stellung der Eltern und die sonstigen Lebensverhältnisse des Beschädigten abzustellen, nicht auf die Lebensverhältnisse seiner Geschwister.

Da von einem Abiturientenjahrgang jeweils nur eine geringere Anzahl (weniger als 50 %) ein Studium beginne, lasse sich schon nicht die Wahrscheinlichkeit begründen, dass gerade der Kläger ein Studium begonnen hätte.

Auch der Vater des Klägers habe, obgleich er das Abitur habe, nicht studiert.

Es gebe keine allgemeinen Erfahrungssätze, nach denen sich nach Erreichung des Abiturs mit Wahrscheinlichkeit ein erfolgreiches Hochschulstudium anschließe.

Das Sozialgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil vom 17. Oktober 2001 abgewiesen.

Das beklagte Land sei bei dem Vergleichseinkommen des Berufsschadensausgleiches zutreffend von dem Durchschnittseinkommen des gehobenen Dienstes ausgegangen.

Die Voraussetzungen des § 44 SGB X lägen nicht vor. Zu Grunde zu legen sei der bestandkräftig gewordene Bescheid über die Gewährung des Berufsschadensausgleichs von 1982. Es ergebe sich kein Hinweis dafür, dass das Recht unrichtig angewandt worden sei, und seinerzeit sei auch von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen worden. Die Geschwister des Klägers seien zum damaligen Zeitpunkt überwiegend noch in der Schule und außer bei dem zweitältesten Sohn sei noch nicht erkennbar gewesen, wie sich der berufliche Werdegang der Geschwister des Klägers entwickeln würde.

Es bestehe auch kein Anspruch nach § 48 SGB X. Danach sei ein Verwaltungsakt aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung eintrete.

Eine solche Änderung würde sich ergeben, wenn etwa sämtliche Geschwister des Klägers über eine abgeschlossene Hochschulausbildung verfügen würden, so dass davon ausgegangen werden könne, dass auch der Kläger, der unstreitig gute schulische Leistungen bis zu seinem 9. Lebensjahr, dem Zeitpunkt der Impfschädigung, erbracht habe, auch nach Ablegung der Reifeprüfung eine Hochschulausbildung erfolgreich abgeschlossen hätte. Zutreffend weise aber das beklagte Land darauf hin, dass von den Geschwistern des Klägers nur zwei eine abgeschlossene Hochschulausbildung absolviert hätten, nämlich der zweitälteste und der jüngste Sohn. Das Fachschulstudium eines weiteren Bruders sei mit einer Universitätsausbildung nicht gleichzusetzen. Es handele sich um eine Fachhochschule, nicht um eine Hochschule. Absolventen der Fachhochschulen würden dann auch im öffentlichen Dienst in der Regel im gehobenen Dienst beschäftigt. Das beklagte Land habe somit zutreffend festgestellt, dass von den sechs Familienmitgliedern "lediglich" zwei Familienmitglieder über eine abgeschlossene Hochschulausbildung verfügen würden. Dabei solle die Leistung der übrigen Geschwister keineswegs geschmälert werden. Vielmehr hätten auch diese trotz der Belastung durch die Mitarbeit im elterlichen Betrieb, ihre berufliche Fortbildung und die Betreuung des erkrankten Bruders eine hervorragende berufliche Laufbahn eingeschlagen. Dies bedeute, dass die Eltern sich sehr um die Aus- und Fortbildung ihrer Kinder bemüht und gekümmert hätten. Auch der Kläger würde sicherlich einen guten Schulabschluss (Reifeprüfung) erreicht haben, wenn ihn nicht die schwere Erkrankung ereilt hätte. Unbestritten seien seine schulischen Leistungen bis zum Zeitpunkt der Impfung gut bis sehr gut gewesen. Allerdings spreche auch sehr viel für die Auffassung des beklagten Landes, dass der Kläger nach der Reifeprüfung, Gesellen- und Meisterprüfung den elterlichen Betrieb übernommen haben würde. Leider könne niemand sagen, wie sich der Berufsweg des Klägers ohne die Schädigung entwickelt hätte. Rein rechtlich seien aber mehrere bestandskräftige Bescheide zum Berufsschadensausgleich ergangen. Eine wesentliche Änderung hätte nur darin gesehen werden können, wenn z. B. alle Geschwister eine Hochschulausbildung absolviert hätten. Das sei aber nicht der Fall, so dass die Voraussetzungen des § 48 SGB X zu Recht verneint worden seien.

Das Urteil ist dem Kläger am 21. Januar 2002 zugestellt worden.

Der Kläger hat am 20. Februar 2002 Berufung eingelegt.

Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Klageverfahren.

Das Sozialgericht habe u. a. ausgeführt, es spreche viel für die Auffassung des beklagten Landes, dass er nach der Reifeprüfung, Gesellen- und Meisterprüfung den elterlichen Betrieb übernommen hätte; niemand könne sagen, wie sich sein Berufsweg ohne die Schädigung entwickelt hätte. Mit diesen Feststellungen habe das Sozialgericht die Rechtslage verkannt. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 29. Juli 1998 (- B 9 V 10/97 R -) habe eine antragsgemäße Einstufung zu erfolgen, wenn ein entsprechender hypothetischer Berufsverlauf "doch wahrscheinlich" sei, "dieser brauche nicht gewiss zu sein"; der hypothetische Berufsweg werde auf Grund festgestellter Tatsachen durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen als hypothetischer, d. h. gedachter Berufsweg für den Fall prognostiziert, dass die Schädigung nicht stattgefunden hätte. Wahrscheinlichkeit sei zu bejahen, wenn mehr Gesichtspunkte für als gegen einen bestimmten Umstand, d. h. "die behauptete berufliche Entwicklung sprechen würden".

Primär entscheidungserheblich seien damit die Berufsausbildungen, die die Geschwister des Klägers absolviert hätten.

Das Sozialgericht habe in seiner Argumentation für wahrscheinlich gehalten, dass der Kläger als ältester Sohn den Fleischereibetrieb übernommen hätte.

Aber bereits sein Vater habe den Beruf des Fleischermeisters nicht aus freien Stücken, sondern schicksalsbedingt ergriffen. Er sei mit seinen Eltern und seiner Schwester im Jahre 1945 nach Schleswig-Holstein geflohen. Sein Großvater habe dort eine große Fleischerei betrieben gehabt. Sein Vater habe ab 1945 in Schleswig-Holstein den Besuch eines Gymnasiums fortgesetzt und 1950 das Abitur gemacht. Er habe beabsichtigt gehabt, Veterinärmedizin zu studieren. Er habe sich nach dem Abitur sofort um einen Studienplatz in diesem Fach beworben, den er für 1951 auch erhalten habe. Während der Übergangszeit habe er im Betrieb des Vaters gearbeitet, der im Jahre 1950 einen Fleischereibetrieb gepachtet gehabt habe. Ende 1950/Anfang 1951 sei sein Großvater erkrankt. Sein Vater habe deshalb auf das Studium verzichtet und nach weiterer Ausbildung schließlich den Betrieb des Vaters übernommen, um das wirtschaftliche Überleben der Familie zu gewährleisten. Deshalb habe sein Vater notgedrungen auf das Hochschulstudium verzichtet. Er habe 1954 die Gesellenprüfung absolviert und im Jahre 1960 die Meisterprüfung gemacht.

Im Hinblick auf das so versäumte Hochschulstudium des Vaters sei für seine Eltern klar gewesen, dass bis auf ihn, den erkrankten Sohn, jedenfalls alle Söhne eine Hochschulausbildung hätten erhalten sollen. Der zweitälteste Sohn F habe nie daran gedacht, den väterlichen Betrieb zu übernehmen. In gleicher Weise seien sich B und G mit den Eltern einig gewesen, dass sie eine akademische Laufbahn absolvieren würden.

Angesichts des beruflichen Werdeganges seiner Brüder bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass er den Fleischereibetrieb seines Vaters übernommen hätte. Eine Übernahme dieses Betriebes wäre für ihn schon deshalb nicht in Frage gekommen, weil er ein sensibles, mitempfindendes Kind gewesen sei, für das das Schlachten von Tieren überhaupt nicht in Frage gekommen wäre. Es spreche alles dafür, dass er ohne den erlittenen Impfschaden eine Hochschulausbildung eingeschlagen und abgeschlossen hätte.

Zur Stützung seines Vorbringens beruft der Kläger sich auf eine Stellungnahme des stellvertretenden Schulleiters der D schule zu Schleswig vom 8. Mai 2002, in welcher dieser als ehemaliger Mitschüler und Freund des Klägers erklärt, der Kläger habe zu der Gruppe gehört, die den Weg an das Gymnasium nehmen würden.

In der mündlichen Verhandlung am 18. Februar 2003 haben die Eltern des Klägers die Situation ihrer Familie nach der Erkrankung des Klägers und den Ausbildungsweg ihrer Kinder F , B , U und G näher erläutert und ihre Auffassung wiederholt, dass für die Berechnung des Berufsschadensausgleiches von einem Hochschulabschluss des Klägers ausgegangen werden müsse.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 17. Oktober 2001 und den Bescheid des beklagten Landes vom 11. November 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. April 2000 aufzuheben und das beklagte Land zu verurteilen, ab 1. Oktober 1999 anstelle des bisher berücksichtigten Durchschnittseinkommens das Durchschnittseinkommen eines Beamten des höheren Dienstes gemäß § 7 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 4 der Berufsschadensausgleichverordnung zu gewähren.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die den Kläger betreffenden Renten- und Heilbehandlungsakten sowie Restakten des Sozialgerichts Kiel aus früheren Rechtstreitigkeiten haben dem Gericht vorgelegen. Der Inhalt dieser Akten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Über die Berufung konnte der Vorsitzende im Einverständnis der Beteiligten (§ 155 Abs. 3 SGG) allein entscheiden.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung höheren Berufsschadensausgleichs.

Über den dem Kläger zustehenden Berufsschadensausgleich hat das beklagte Land durch bestandskräftig gewordenen und damit bindenden Bescheid vom 12. März 1982 dahin entschieden, dass bei der Bemessung des Berufsschadensausgleichs gemäß § 7 DVO zu § 30 Abs. 3 bis 5 BVG die Besoldungsgruppe A 9, Dienstaltersstufe 3 BBesG als Vergleichseinkommen zu Grunde gelegt werde, weil der Kläger vermutlich eine abgeschlossene höhere oder gleichwertige Schulausbildung (Reifeprüfung) erreicht hätte.

Die Bindungswirkung dieses bestandskräftigen Bescheides kann nur durchbrochen werden unter den Voraussetzungen des § 44 SGB X oder des § 48 SGB X wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse.

Die Voraussetzungen beider genannten gesetzlichen Regelungen liegen jedoch nicht vor.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 12. März 1982 in Anwendung des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X.

Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

Ebenso wie das Sozialgericht hat das Gericht auch im Berufungsverfahren nicht feststellen können, dass die Berechnung des Berufsschadensausgleichs in dem Bescheid vom 12. März 1982 unrichtig zu Lasten des Klägers vorgenommen worden ist.

Das beklagte Land hat seine Entscheidung gestützt auf § 7 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 bis 5 BVG in seiner damaligen Fassung.

Nach § 7 Abs. 1 DVO zu § 30 Abs. 3 bis 5 BVG ist dann, wenn ein Beschädigter infolge einer vor Abschluss der Schulausbildung erlittenen Schädigung in seinem beruflichen Werdegang behindert worden ist, das Durchschnittseinkommen nach den Besoldungsgruppen des BBesG zu ermitteln. Die Eingruppierung ist nach seiner Veranlagung und seinen Fähigkeiten, hilfsweise auch unter Berücksichtigung der beruflichen und sozialen Stellung seiner Eltern und sonstiger Lebensverhältnisse des Beschädigten, vorzunehmen. Durchschnittseinkommen ist bei vermutlichem Abschluss einer höheren oder gleichwertigen Schulausbildung (Reifeprüfung) das für Beamte des gehobenen Dienstes bestimmte Durchschnittseinkommen.

Die 1982 so erfolgte Einstufung enthält keinen Rechtsfehler zu Lasten des Klägers.

Das beklagte Land hat sich bei seiner damaligen Entscheidung entsprechend der gesetzlichen Regelung orientiert an der Veranlagung des Klägers und seinen Fähigkeiten mit der daraus folgenden Annahme, dass dieser ohne die anerkannten Schädigungsfolgen die Reifeprüfung abgelegt hätte.

Aus der hilfsweise zu berücksichtigenden beruflichen und sozialen Stellung seiner Eltern mit dem Abitur des Vaters und einer Ausbildung zum Fleischermeister sowie der Mutter mit einem Volksschulabschluss und einer Ausbildung zur Fleischereifachverkäuferin ließ sich ein höherer vermutlicher Abschluss als eine höhere oder gleichwertige Schulausbildung mit Reifeprüfung nicht begründen.

Gleiches gilt unter dem weiter hilfsweise heranzuziehenden Merkmal der sonstigen Lebensverhältnisse des Klägers auch bei Berücksichtigung der Schulausbildung der Geschwister, wie sie sich zum Zeitpunkt der Entscheidung des beklagten Landes im März 1982 darstellten.

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Sohn F sein Abitur bestanden und studierte Tiermedizin. Der Sohn B sollte im März/April 1982 sein Abitur machen. Die Tochter U besuchte damals nach Abschluss der Ka -Schule (Realschule) mit der mittleren Reife die höhere Handelsschule. Der Sohn G besuchte damals noch die Ka -Schule (Realschule) und wollte anschließend auf dem Wirtschaftsgymnasium sein Abitur machen. Bei der damals anzustellenden Prognose eines hypothetischen weiteren Ausbildungsabschlusses (zu dem Maßstab und zur Überprüfbarkeit einer solchen Prognose s. BSG, Urteil vom 29. Juli 1998 - B 9 V 10/97 R -, Kurzwiedergabe in SGb 1998, 582) bestand keine Wahrscheinlichkeit für eine Prognose dahin, dass der Kläger ohne die Folgen der Impfschädigung eine Hochschulausbildung abgeschlossen hätte.

Daher war die Bemessung des Durchschnittseinkommens nach dem Maßstab für Beamte des gehobenen Dienstes anknüpfend an eine höhere oder gleichwertige Schulausbildung (Reifeprüfung) im Jahr 1982 nicht unrichtig.

Dies ist mit den Eltern des Klägers in dem Termin am 18. Februar 2003 ausführlich erörtert worden. Letztlich haben auch die Eltern des Klägers einräumen müssen, dass damals im Jahr 1982 zum Zeitpunkt der erstmaligen Entscheidung über den Berufsschadensausgleich auch unter Berücksichtigung des damaligen Standes der Schulausbildung der anderen Geschwister des Klägers keine mit dem Maßstab der Wahrscheinlichkeit hinreichend sichere Beurteilung möglich war, dass der Kläger ohne die Impfschädigung eine Hochschulausbildung abgeschlossen hätte.

Ein Anspruch auf einen höheren Berufsschadensausgleich lässt sich auch nicht begründen wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse (§ 48 SGB X).

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist.

Für die Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs liegen weder eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse noch eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen vor.

Maßstab für die Ermittlung des Durchschnittseinkommens bei einer vor Abschluss der Schulausbildung erlittenen Schädigung ist jetzt § 7 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 bis 12 und des § 40a Abs. 1 bis 5 des Bundesversorgungsgesetzes (Berufsschadensausgleichsverordnung - BSchAV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juni 1984 (BGBl. I S. 861). Für die Eingruppierung enthält § 7 Abs. 1 Satz 2 BSchAV die gleichen Grundsätze wie früher § 7 DVO zu § 30 Abs. 3 bis 5 BVG. Nach beiden Regelungen ist die Eingruppierung vorzunehmen nach der Veranlagung und den Fähigkeiten, hilfsweise auch unter Berücksichtigung der beruflichen und sozialen Stellung seiner Eltern und sonstiger Lebensverhältnisse des Beschädigten.

Eine Veränderung der rechtlichen Verhältnisse ergibt sich hieraus nicht.

In den tatsächlichen Verhältnissen, die für die Ermittlung des Durchschnittseinkommens nach § 7 BSchAV maßgebend sind, ist ebenfalls keine wesentliche Änderung eingetreten.

Bei der Entscheidung nach dem Maßstab des § 7 Abs. 1 Satz 2 BSchAV ist durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen ausgehend von festgestellten Tatsachen ein hypothetischer Ausbildungsweg zu prognostizieren für den Fall, dass die Schädigung nicht stattgefunden hätte. Diese Prognose muss sich an den Maßstäben ausrichten, die zum Zeitpunkt der Prognoseentscheidung bestanden haben.

In einer derartigen Prognoseentscheidung mit Wahrscheinlichkeitsüberlegungen sind zwangsläufig Unsicherheiten enthalten bezogen auf zukünftige Veränderungen. Daher kann es fraglich sein, ob und nach welchem Maßstab eine solche Prognose nach langem Zeitablauf auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden kann und es kann weiter fraglich sein, ob eine in der Vergangenheit getroffene rechtlich einwandfreie Prognoseentscheidung einer Überprüfung an dem Maßstab der nachträglichen Änderung der Verhältnisse zugänglich ist (zur eingeschränkten Überprüfbarkeit einer Prognose wegen des in ihr enthaltenen Wertungsspielraums s. BSG, Urteil vom 29. Juli 1998, a.a.O.; BSG, Urteil vom 27. Oktober 1989 - 9 RV 40/88 -, SozR 1300 § 45 Nr. 49; siehe auch BSG, Urteil vom 26. November 1991 - 9a RV 6/90 -). In der letztgenannten Entscheidung stellt das Bundessozialgericht fest, dass die Feststellung, der Beschädigte hätte ohne die Schädigung wahrscheinlich eine bestimmte Berufsstellung erreicht, nicht schon dann rechtswidrig sei, wenn bei erneuter Beurteilung ein solcher Berufsweg nicht wahrscheinlich sei, er müsse als unmöglich zu beurteilen sein.

Auf den vorliegenden Fall kann dies übertragen werden, indem anstelle des Begriffs "bestimmte Berufsstellung erreicht" die Formulierung "bestimmte Schul- bzw. Hochschulausbildung erreicht" eingesetzt wird.

Die Frage, ob und unter welchem Maßstab eine Prognoseentscheidung rechtswidrig ist, und ob eine Prognoseentscheidung überhaupt einer Beurteilung an dem Maßstab des § 48 Abs. 1 SGB X zugänglich ist, ist mit den Verfahrensbeteiligten in dem Termin am 18. Februar 2003 intensiv - und zwischen den Beteiligten kontrovers - erörtert worden.

Letztlich bedarf dies in diesem Rechtsstreit keiner abschließenden Entscheidung, denn selbst dann, wenn man die von dem beklagten Land im März 1982 getroffene Prognosenentscheidung an dem Maßstab des § 48 Abs. 1 SGB X mit einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse misst, ist eine solche wesentliche Änderung der Verhältnisse, die eine andere Einstufung an dem Maßstab des § 7 BSchAV erfordern würde, nicht eingetreten.

Wie bereits ausgeführt, gelten bei der Anwendung des § 7 BSchAV für die Prognoseentscheidung die gleichen Grundsätze wie früher in § 7 DVO zu § 30 Abs. 3 bis 5 BVG.

In dem Hauptmaßstab des § 7 Abs. 1 Satz 2 BSchAV, nämlich der Veranlagung und den Fähigkeiten des Klägers, konnte keine Veränderung eintreten. Hier kann damals wie heute nur festgestellt werden, dass der Kläger bis zu seiner Erkrankung gute Schulleistungen erbracht hat, die Anlass zu der Annahme geben konnten, dass er eine höhere Schule würde besuchen und erfolgreich abschließen können.

In dem hilfsweise anzulegenden Maßstab "unter Berücksichtigung der beruflichen und sozialen Stellung seiner Eltern" hat sich zwischen 1982 und heute ebenfalls keine wesentliche Änderung der Verhältnisse ergeben. Dies bedarf keiner näheren Begründung.

Auch in dem weiteren Hilfsmaßstab der sonstigen Lebensverhältnisse des Beschädigten lässt sich eine Änderung der Verhältnisse nicht feststellen.

Wie der Maßstab der sonstigen Lebensverhältnisse des Beschädigten zu bestimmen ist, ist - soweit ersichtlich - nicht näher geregelt und nicht näher entschieden (s. zu den sonstigen Lebensverhältnissen die Darstellung bei Hansen, Der Berufsschadensausgleich, 1996, S. 141; Feist, Der Berufsschadensausgleich jugendlicher Schwerbeschädigter, KOV 1967, 166; Spallek, Berufsschadensausgleich jugendlicher Schwerbeschädigter, Der Versorgungsbeamte, 1969, 31).

Auch wenn man den Ausbildungsweg von Geschwistern mit zu den sonstigen Lebensverhältnissen eines Beschädigten zählt, lässt sich aus den jeweiligen Ausbildungswegen und Ausbildungsabschlüssen der Geschwister des Klägers nicht ableiten, dass im Verhältnis zu der von dem beklagten Land im März 1982 getroffenen Entscheidung, dass der Kläger mit Wahrscheinlichkeit eine höhere oder gleichwertige Schulausbildung (Reifeprüfung) erreicht hätte, eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist.

Anders als 1982, als die Geschwister des Klägers noch in unterschiedlichen Stationen ihrer Schul- bzw. Berufsausbildung waren, ist die Berufsausbildung der Geschwister des Klägers zwischenzeitlich abgeschlossen. Auch unter Berücksichtigung der erzielten Ausbildungsabschlüsse der Geschwister des Klägers sprechen nicht mehr Gründe dafür als dagegen, dass der Kläger mit Wahrscheinlichkeit einen Hochschulabschluss erreicht hätte.

Der Bruder B hat als Dipl.-Ingenieur (FH) für Verpackungstechnik keine Hochschulausbildung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 2 BSchAV abgeschlossen, denn eine Hochschulausbildung in diesem Sinn ist nach § 3 Abs. 5 Satz 2 BSchAV die Hochschulausbildung, deren Abschluss eine Voraussetzung für die Einstellung in den höheren Dienst im Sinne des Beamtenrechts ist. Diese Voraussetzung erfüllt ein abgeschlossenes Studium als Dipl.-Ingenieur (FH) nicht.

Die Schwester U verfügt nicht über eine Hochschulausbildung.

Bei zwei Geschwistern mit einer Hochschulausbildung und zwei Geschwistern ohne Hochschulausbildung sprechen nicht mehr Gründe für einen wahrscheinlichen Hochschulabschluss des Klägers als dagegen.

Bei dieser Beurteilung kann auch nicht ergänzend darauf abgestellt werden, dass - wie dies betont in der Berufungsbegründung vorgetragen worden ist - der Vater des Klägers eine Hochschulausbildung durchführen wollte, dies aber aus bestimmten, auch zeitbedingten Gründen nicht hat durchführen können.

Maßgebend kann insoweit nur die tatsächlich durchlaufene Schul- und Berufsausbildung sein.

Nach alledem lässt sich nicht feststellen, dass in den Verhältnissen, die im März 1982 für die Prognoseentscheidung über den Ausbildungsweg des Klägers maßgebend waren, nachträglich eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten ist.

Um Missverständnissen vorzubeugen, die aus der Sicht des Gerichts im Termin am 18. Februar 2003 angeklungen sind, ist anzumerken, dass mit der rechtlichen Beurteilung keine abwertende Beurteilung der bedeutenden Lebensleistung der Eltern des Klägers und auch keine abwertende Beurteilung der jeweiligen erfolgreichen Berufsausbildung aller Geschwister des Klägers verbunden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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