L 4 KR 46/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 7 KR 35/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 KR 46/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 23. August 2001 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Freistellung von Behandlungskosten für seine verstorbene Ehefrau in der Bio Med-Klinik B.-Heilstätten in Höhe von 10.120 DM.

Der Kläger ist der Sonderrechtsnachfolger der am 29. November 1999 verstorbenen Versicherten R. U ...

Bei der Beklagten ging nach Blatt 1 von deren entsprechendem Verwaltungsvorgang am 19. August 1999 ein Antrag auf Kostenübernahme für die Versicherte ein, die bereits am 03. August 1999 dort aufgenommen worden war. Absender war die Bio Med-Klinik. Diese ergänzte mit Schreiben vom 19. August 1999, bei der Beklagten eingegangen am 24. August 1999 den Antrag dahingehend, dass die Verlegung aus dem Evangelischen Krankenhaus für Geriatrie in P. in die BioMed-Klinik im Gesundheitspark B. nach Vorabsprachen der Verwaltung dieses Krankenhauses erfolgt sei und dass am 06. August 1999 die Verwaltung der BioMed-Klinik der Beklagten mitgeteilte habe, dass die Versicherte dort seit 03. August 1999 stationär behandelt werde. Mit Schreiben vom 24. August 1999 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab, da die Einrichtung kein zugelassenes Vertragskrankenhaus sei. Dagegen wandte sich die behandelnde Einrichtung mit Schreiben vom 26. August 1999 und wurde darauf hingewiesen, dass die Versicherte selbst die Übernahme zu beantragen und Widerspruch zu erheben habe. Am 27. August 1999 erließ die Beklagte einen förmlichen Ablehnungsbescheid, gerichtet an die Versicherte. Hiergegen haben die Bevollmächtigten der Versicherten am 22. September 1999 Widerspruch erhoben, der damit begründet wurde, die Sachbearbeiterin F. der Beklagten habe die Kostenübernahme fernmündlich zugesagt. Hierzu nahm diese am 03. November 1999 Stellung und führte aus, sie sei am 24. August 1999 darüber informiert worden, dass die BioMed-Klinik wegen einer fehlenden Kostenzusage für die Behandlung der Versicherten zurückgerufen werden solle. Nachdem sie keinen Vorgang gefunden habe, habe sie nachgefragt, worum es sich handele und sie habe um Übersendung des fehlenden Kostenübernahmeantrags gebeten, der ihr am gleichen Tag zugefaxt worden sei. Danach habe sie festgestellt, dass es sich bei der BioMed-Klinik um kein zugelassenes Krankenhaus gehandelt habe und der Mitarbeiter H. habe die weitere Bearbeitung übernommen. Dieser habe dann die Ablehnung veranlasst. Die Mitarbeiterin B. vermerkte am 09. November 1999, dass sie auf einen Anruf des Evangelischen Krankenhauses P. wegen einer Verlegung in die BioMed-Klinik hin, sich mit dieser in Verbindung gesetzt und die Möglichkeit einer Anschlussheilbehandlung verneint und sie an Frau F. verwiesen habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da die BioMed-Klinik kein zugelassenes Krankenhaus sei und eine Kostenübernahmezusage nicht habe festgestellt werden können. Gegen diesen, den Bevollmächtigten der Versicherten am 25. Februar 2000 zugestellten Bescheid hat sich die am 24. März 2000 beim Sozialgericht Potsdam erhobene Klage gerichtet, zu dessen Begründung im Wesentlichen ausgeführt wurde, es habe eine Kostenübernahmezusage für die Aufnahme in die BioMed-Klinik vorgelegen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. August 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2000 zu verurteilen, eine Kostenübernahme für die Zeit ab 03. August 1999 in der BioMed-Klinik für die verstorbene Ehefrau des Klägers zu erteilen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin Dr. R. vom Evangelischen Krankenhaus für Geriatrie in P ... Diese hat dargelegt, sie habe nach Rücksprache mit Frau Dr. B. von der BioMed-Klinik die Auffassung vertreten, insbesondere wegen der psychoonkologischen Problematik sei eine Weiterbehandlung dort günstig. Sie habe dann bei der AOK Bayern angerufen, um eine Kostenübernahme zu klären und es sei ihr mitgeteilt worden, eine derartige Kostenübernahme sei möglich, der Antrag müsse jedoch schriftlich gestellt werden, was sie dann getan habe. Ob sie die Mitarbeiterin bei dem Ferngespräch darauf hingewiesen habe, dass die BioMed-Klinik kein zugelassenes Krankenhaus sei, wisse sie nicht mehr, sie sei jedoch davon ausgegangen, dass eine Verlegung erfolgen könne.

Mit Urteil vom 23. August 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es liege weder eine Notfallbehandlung noch eine zu Unrecht erfolgte Ablehnung der Kostenübernahme durch die Beklagte vor, wie sich aus den Akten der Beklagten und der Beweisaufnahme ergebe.

Gegen dieses, dem Bevollmächtigten des Klägers am 18. September 2001 zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 17. Oktober 2001, zu deren Begründung im Wesentlichen ausgeführt wird, wenn sich nicht eindeutig klären lasse, ob eine Kostenübernahme vor der Aufnahme abgelehnt worden sei oder nicht, könne dies nicht zu Lasten des Klägers gehen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 23. August 2001 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. August 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2000 zu verurteilen, den Kläger von den Kosten für die Behandlung der Versicherten in der BioMed-Klinik B. vom 03. August 1999 bis zum 26. August 1999 zu freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Vorgang der Beklagten, die Kostenübernahme für die Versicherte betreffend sowie die Gerichtsakten Bezug genommen, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig.

Sie ist jedoch nicht begründet.

Die Versicherte hatte keinen Anspruch auf Erstattung der Behandlungskosten in der BioMed-Klinik B., so dass der Kläger als Sonderrechtsnachfolger solche nicht geltend machen kann. Weder sind aus einer unaufschiebbaren Leistung Kosten entstanden, noch hat die Beklagte eine Leistung zu Unrecht abgelehnt.

Der Kläger kann seinen Anspruch nicht auf § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) stützen: Diese Norm enthält zwei eigenständige Anspruchsgrundlagen, nämlich

1. wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte und

2. wenn die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat

In beiden Fällen sind die Kosten für die selbstbeschaffte Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.

Ein Anspruch wegen einer unaufschiebbaren Leistung scheidet aus, da die Versicherte sich in einem zugelassenen Krankenhaus zur Behandlung befand, in dem eine andauernde Therapie durchgeführt wurde und die Verlegung deshalb erfolgte, weil seitens des behandelnden Krankenhauses die Auffassung vertreten wurde, eine Behandlung in der BioMed-Klinik wäre geeigneter.

Wäre entsprechend dem Vortrag des Klägers eine Zusage zur Übernahme von Behandlungskosten in einem Gespräch zwischen der Zeugin Dr. R. und der Beklagten erfolgt, würde bereits dies einen Anspruch der Versicherten und damit des Klägers ausschließen. Das BSG hat in einem vergleichbaren Fall (B 1 KR 6/01 R, Urteil vom 09. Oktober 2001, SozR 3-2500 § 13 Nr. 25) entschieden, dass dann, wenn wie auch hier die Krankenanstalt von einer Kostenübernahme durch die Krankenkasse ausging und deshalb kein bürgerlich-rechtlicher Vertrag (Behandlungsvertrag, Krankenhausaufnahmevertrag) geschlossen wurde, in dem die Versicherte sich verpflichtet hätte, für die Kosten ggf. selbst aufzukommen, eine Sachleistung vorliegt, für die lediglich die Krankenkasse von der Krankenanstalt in Anspruch genommen werden kann. Der Senat folgt dieser Auffassung. Das Krankenhaus kann den Kläger nach diesen Grundsätzen nicht in Anspruch nehmen, von einem nicht bestehenden Anspruch kann keine Freistellung erfolgen. Vielmehr hat die BioMed-Klinik die Leistung als Sachleistung erbracht und muss sie unmittelbar mit der Beklagten abrechnen.

Eine Zusage, die die Beklagte nach dem Vortrag des Klägers dahin abgegeben haben soll, der Versicherten Kosten zu erstatten, bzw. sie von Kosten freizustellen, ist – unabhängig davon, dass derartige Kosten auf der Grundlage des Vortrags des Klägers nicht entstehen konnten- nicht erwiesen. Insoweit wäre allenfalls denkbar, dass der Versicherten zugestanden worden sein soll, sich privat (auf eigene Kosten) behandeln zu lassen, wobei die aus einem privatrechtlichen Vertrag resultierenden Kosten erstattet werden würden. Für eine derartige -gesetzwidrige - Zusage, die ein mündlicher Verwaltungsakt gemäß §§ 31, 33 Abs. 2 zweite Alternative Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) wäre, finden sich keine Anhaltspunkte. Grundsätzlich darf die Beklagte - durch Verwaltungsakt - nur Krankenhausbehandlung in einem zugelassenen Krankenhaus gemäß § 108 SGB V gewähren (§ 39 Abs. 1 SGB V). Ausnahmsweise wäre auch die Wahl eines nicht zugelassenen Krankenhauses zu rechtfertigen. Dies setzte aber voraus, dass weder die nächsterreichbaren noch die in zumutbarer Entfernung liegenden Vertragskrankenhäuser geeignet sind und ihr Aufsuchen dem Versicherten nicht zuzumuten ist. Diese Voraussetzungen sind ausweislich des Ergebnisses der Beweisaufnahme weder vor der Aufnahme von der Beklagten festgestellt worden noch werden sie vom MDK aufgrund des während des Berufungsverfahrens eingeholten Gutachtens gesehen. Von daher durfte die Beklagte eine derartige - objektiv rechtswidrige - Kostenübernahmeerklärung nicht abgeben. Dass sie es dennoch getan hat, ist nicht erwiesen. Jedenfalls kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden: Es ist wahrscheinlicher, dass die Beklagte als öffentlich-rechtliche Körperschaft sich rechtmäßig als dass sie sich rechtswidrig verhält. Aus den Aussagen der Zeugin Dr. R. vor dem Sozialgericht ergibt sich, dass diese davon ausgegangen ist, dass eine Verlegung der Versicherten aufgrund einer mündlich erteilten Zusage am Telefon erfolgen "könne" bzw. "möglich sei". Dies habe sie dann Frau Dr. B. von der BioMed-Klinik so mitgeteilt und es sei ein Termin zur Verlegung ausgemacht worden.

Aus der Aussage der Zeugin ergibt sich demnach nicht, dass die Mitarbeiter der Beklagten tatsächlich die Kostenübernahme für eine Privatbehandlung erklärt haben. Vielmehr sei ihr dargelegt worden, dass eine Kostenübernahme "unbedingt vorliegen müsse". Dies ist keinesfalls gleichbedeutend mit der Erteilung einer Zusage. Letztere war auch entsprechend der Angabe der Zeugin nur möglich, wenn der Antrag noch schriftlich gestellt werde. Der schriftliche Antrag jedoch datiert erst vom 06. August und ging nach den Unterlagen der Beklagten bei ihr erst am 19. August ein. Nach dem 19. August jedoch wurde unstreitig keine Kostenübernahmezusage erteilt.

Diese Angaben der Zeugin Dr. R. werden durch die Vermerke der Mitarbeiter der Beklagten, die mit der Angelegenheit betraut waren, erhärtet. Aus keinem dieser Vermerke ergibt sich, dass entgegen der Aussage der Zeugin Dr. R. tatsächlich eine Kostenübernahme erteilt wurde.

Da sich demgemäß ein Verwaltungsakt, der ausnahmsweise entgegen § 39 SGB V die Kostenübernahme für die private Behandlung in einem nicht zugelassenen Krankenhaus ausspricht, nicht feststellen lässt, geht dies nach den Regeln der objektiven Beweislast, die auch im sozialgerichtlichen Verfahren gilt, zu Lasten des Klägers. Insoweit kommt es nicht darauf an, wann ggf. ein Antrag gestellt worden ist oder ob eine Ablehnung vorgelegen hat. Entgegen den gesetzlichen Vorschriften könnte der Kläger vielmehr allenfalls dann einen Anspruch haben, wenn eine Zusage der Kostenübernahme erwiesen wäre.

Im Übrigen hat die Beklagte der Versicherten auch nicht eine Leistung, nämlich die Behandlung in der BioMed-Klinik B., zu Unrecht verwehrt (§13 Abs.3 - o. g. Buchst. b - SGB V).

Die Versicherte wurde am 03. August 1999 vom Evangelischen Krankenhaus für Geriatrie in P. in die BioMed-Klinik B. verlegt. Unabhängig davon, dass in der Verwaltungsakte der Beklagten der erste Hinweis auf diesen Vorgang der Kostenübernahmeantrag der BioMed-Klinik vom 06. August 1999 ist, der ausweislich des Sendeprotokolls dort am 19. August 1999 um 12.47 Uhr abgesandt wurde, wurde auch vom Kläger selbst - der meint, es sei eine Zusage erfolgt - nicht vorgetragen, vor der Verlegung sei eine Ablehnung durch die Beklagte erfolgt. Da die Kosten erst nach einer Ablehnung durch die Krankenkasse entstanden sein dürfen, damit § 13 Abs. 3 zweite Alternative SGB V anwendbar ist (vgl. BSG vom 15. April 1997 SozR 3-2500 § 31 Nr. 15) muss der Versicherte sich deshalb vor jeder Therapieentscheidung im zumutbaren Umfang um die Gewährung der Behandlung als Sachleistung bemühen, das heißt vor Behandlungsbeginn mit der Krankenkasse Kontakt aufgenommen und deren Entscheidung abgewartet haben. Wenn eine Leistung nicht abgelehnt worden ist, ist sie jedenfalls auch nicht zu Unrecht abgelehnt worden.

Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision liegt kein in § 160 SGG bezeichneter Grund vor.
Rechtskraft
Aus
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