L 12 AL 190/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 29 AL 92/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 190/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 01. Juli 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) vom 05.03.2002 bis 30.06.2002.

Der 1952 geborene Kläger war zuletzt bis 30.09.1996 als Sozialarbeiter beschäftigt. Danach bezog er bis 29.12.1997 Arbeitslosengeld (Alg) und anschließend ab 02.03.1998 Alhi, deren Zahlung ab dem 07.01.1999 wegen des Bezugs von Übergangsgeld durch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eingestellt wurde. Das Übergangsgeld bezog der Kläger zunächst während eines Rehabilitationsvorbereitungslehrgangs, sodann vom 22.03.1999 bis 04.12.2001 während der Durchführung einer um 1/2 Jahr verlängerten Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation (Umschulung zum Bürokaufmann) und danach bis 04.03.2002 in Form von Anschlussübergangsgeld (§ 51 Abs. 4 Sozialgesetzbuch 9. Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - SGB IX).

Am 27.11.2001 meldete sich der Kläger erstmals wieder arbeitslos und in seinem Antrag auf Alhi vom 13.12.2001 gab er an, dass er noch Anspruch auf Anschlussübergangsgeld habe.

Mit Bescheid vom 20.02.2002 lehnte die Beklagte die Gewährung von Alhi ab, weil der Kläger weder innerhalb des letzten Jahres vor der Arbeitslosmeldung noch in der längstens um 2 Jahre zu verlängernden Frist Alg bezogen habe. Ein Anspruch auf Alg bestehe ebenfalls nicht, weil der Kläger nach Erfüllen seines letzten Alg-Anspruchs am 01.10.1996 lediglich vom 30.12.1997 bis 01.03.1998 versicherungspflichtige bzw. anwartschaftsbegründende Zeiten nachweisen könne.

Nach seinem dagegen am 22.02.2002 erhobenen Widerspruch, mit dem er sein Unverständnis darüber zum Ausdruck brachte, dass wegen des Verlaufs seines Rehabilitationsverfahrens seine Ansprüche gegenüber dem Arbeitsamt verloren gegangen seien, und mit dem er eine besondere Härte geltend machte, lehnte die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 19.03.2002 auch für die Zeit vom 05.12.2001 bis 04.03.2002 die Gewährung von Alhi wegen mangelnder Bedürftigkeit aufgrund des Anschlussübergangsgeldbezugs ab und wies sodann mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2002 den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Am 22.04.2002 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben und dabei die Ansicht vertreten, sein Alhi-Anspruch habe während des Übergangsgeldbezugs lediglich geruht und sei danach wieder aufgelebt.

Die Beklagte hat an ihrer in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Auffassung festgehalten.

Mit Gerichtsbescheid vom 01.07.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Gewährung von Alhi, weil dieser während des Bezugs des Übergangsgeldes erloschen sei. Auf die Gründe II. des Gerichtsbescheides im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen den ihm am 17.07.2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 05.08.2003 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Vor dem Hintergrund seiner beruflichen, gesundheitlichen und familiären Situation sowie wegen seiner Langzeitarbeitslosigkeit sei ihm Alhi zu gewähren. Er ist ferner der Ansicht, das Anschlussübergangsgeld sei von der BfA bis zum 04.03.2002 nur deshalb gezahlt worden, weil die Beklagte die dem Kläger ab 05.12.2001 zustehende Alhi nicht gezahlt habe. Hierzu sei sie jedoch verpflichtet gewesen. Im Übrigen hätte die Beklagte ihn auf den drohenden Verlust des Anspruchs auf Alhi bei Verlängerung der beruflichen Rehabilitation im Juni 2001 hinweisen müssen. In diesem Falle hätte er, um sich nicht der Gefahr auszusetzen, seine Ansprüche auf Alhi eventuell zu verlieren, die berufliche Rehabilitation abgebrochen. Außerdem sei es unbillig, ihn für seine Umschulung zu bestrafen, indem ihm danach der Anspruch auf Alhi gestrichen werde.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 01.07.2003 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 20.02.2002 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19.03.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2002 zu verurteilen, ihm Arbeitslosenhilfe vom 05.03. bis 30.06.2002 zu zahlen.

Die Beklagte, die das erstinstanzliche Urteil für zutreffend hält, beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, der ebenfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtene Entscheidung der Beklagten ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger hat, was allein noch streitig ist, keinen Anspruch auf Alhi für die Zeit vom 05.03. bis 30.06.2002.

Gemäß § 190 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch 3. Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Alhi, die u.a. in der Vorfrist Alg bezogen haben, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist.

Das ist vorliegend nicht der Fall. Der Kläger hat weder während der einjährigen Vorfrist nach § 192 Satz 1 SGB III vom 05.03.2001 bis 04.03.2002 noch während der um zwei Jahre verlängerten Vorfrist nach § 192 Satz 2 Nr. 5 SGB III vom 05.03.1999 bis 04.03.2002 Alg bezogen.

Ein Anspruch auf Alhi besteht auch nicht wegen des Alhi-Bezugs des Klägers bis 06.01.1999. Dieser Anspruch ist wegen Ablaufs der Wiederbewilligungsfrist erloschen. Gemäß § 196 Satz 1 Nr. 2 SGB III erlischt der Anspruch auf Alhi, wenn seit dem letzten Tag des Bezugs von Alhi ein Jahr vergangen ist. Dieses Jahr endete im Falle des Klägers am 06.01.2000, denn die Frist berechnet sich gemäß § 26 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 10. Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) i.V.m. §§ 187 bis 193 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und beginnt an dem Tag, der dem letzten Bezugstag nachfolgt, also am 07.01.1999, und endet ein Jahr später an dem Tag, der kalendermäßig dem letzten Alhi-Bezugstag entspricht, mithin am 06.01.2000. War damit die vom 07.01.1999 bis 06.01.2000 dauernde einjährige Wiederbewilligungsfrist abgelaufen, war dies auch bei der wegen des Bezugs von Übergangsgeld von der BfA gemäß § 196 Satz 2 Nr. 5 SGB III um zwei Jahre verlängerten Wiederbewilligungsfrist der Fall, die entsprechend am bzw. mit Ablauf des 06.01.2002 endete.

Das Vorbringen des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren führt zu keiner anderen Beurteilung. Soweit er vorgetragen hat, sein Anspruch auf Alhi habe während des Übergangsgeldbezugs nur geruht und sei danach wieder aufgelebt, ist seine Rechtsansicht unzutreffend. Auch der ruhende Alhi-Anspruch erlischt nach § 196 Satz 1 Nr. 2 SGB III während der einjährigen Wiederbewilligungsfrist und dem entsprechend gemäß § 196 Satz 2 Nr. 5 SGB III auch während der um zwei Jahre verlängerten dreijährigen Wiederbewilligungsfrist (BSG vom 15.05.1985 - 7 RAr 22/84 - und vom 11.01.1989 - 7 RAr 39/87 -; vgl. auch Düein: Niesel SGB III, § 142 Randnr. 8 und Brandts, a.a.O., § 196 Randnr. 11 sowie Henke in: Hennig, SGB III, § 196 Randnr. 53).

Soweit der Kläger meint, vor dem Hintergrund seiner persönlichen und prekären wirtschaftlichen Situation sowie seiner Langezeitarbeitslosigkeit und seiner ständigen Bemühungen, wieder in Arbeit zu kommen, sei ihm Alhi zu gewähren, weist die Beklagte zutreffend darauf hin, dass diese Hinweise keine anspruchsbegründenden Tatsachen schaffen können.

Auch die weitere Rechtsansicht des Klägers, er habe innerhalb der dreijährigen Wiederbewilligungsfrist seinen Alhi-Anspruch erneut geltend gemacht und ab 05.12.2001 hätten alle Voraussetzungen für den Alhi-Bezug vorgelegen, ist unzutreffend. Entgegen seiner Ansicht haben eben wegen des Bezugs von Übergangsgeld gerade nicht alle Voraussetzungen für den Alhi-Bezug vorgelegen. In diesem Zusammenhang trifft es insbesondere auch nicht zu, dass das Anschlussübergangsgeld von der BfA bis 04.03.2002 nur deshalb gezahlt worden ist, weil die Beklagte die dem Kläger zustehende Alhi nicht ab 05.12.2001 gezahlt hat. Das Anschlussübergangsgeld wurde von der BfA vielmehr gemäß § 51 Abs. 4 Satz 1 SGB IX gezahlt, weil der Kläger im Anschluss an die abgeschlossene Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben trotz Arbeitslosigkeit und Arbeitslosmeldung keinen Anspruch auf Alg von mindestens 3 Monaten geltend machen konnte. Wie dies die Beklagte bereits im Widerpruchsbescheid vom 21.03.2002 zutreffend ausführte, hat der Kläger selbst in der fünfjährigen Rahmenfrist gemäß § 124 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 5 SGB III vom 05.12.1996 bis 04.12.2001 nur während des Bezugs von Krankengeld vom 30.12.1997 bis 01.03.1998, also nur für 2 Monate, in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden, so dass die Anwartschaftszeit nach § 123 SGB III nicht erfüllt ist.

Soweit der Kläger schließlich geltend macht, die Beklagte hätte ihn auf den drohenden Verlust des Anspruchs auf Alhi bei Verlängerung der beruflichen Rehabilitation im Juni 2001 hinweisen müssen, weil er in dem Fall die berufliche Reha-Maßnahme abgebrochen hätte, um seine Ansprüche auf Alhi eventuell nicht zu verlieren, bestand eine solche Pflicht der Beklagten nicht. Dies bereits deshalb nicht, weil die Beklagte keine Kenntnis von der Verlängerung der Maßnahme hatte. Zudem kann es bei der zu bewältigenden Massenverwaltung nicht Pflicht der Beklagten sein, ohne besondere Veranlassung die von ihr geführten Verwaltungsakten danach zu überprüfen, ob gegebenenfalls das Alhi-Stammrecht nach § 196 SGB III eines Arbeitslosen zu erlöschen droht.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Zur Revisionszulassung bestand kein Anlass, denn die Voraussetzungen des § 161 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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