L 17 RJ 59/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 23 RJ 1261/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 17 RJ 59/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. August 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein früherer Rentenbeginn.

Die Kläger sind die Söhne und Erben der 1994 verstorbenen A S (im Folgenden: Witwe), die seit 1943 mit dem 1910 geborenen und 1943 verstorbenen W S (im Folgenden: Versicherter) verheiratet war.

Erstmals im Juni 1959 beantragte die Witwe bei der Beklagten die Gewährung einer Hinterbliebenenrente und gab dazu an, der Versicherte sei von Beruf Postfacharbeiter gewesen und eines natürlichen Todes (Blutvergiftung) gestorben. Zur Angestelltenversicherung seien keine Beiträge entrichtet worden. Der Verstorbene habe keinen militärischen Dienst geleistet und eine Anerkennung als Verfolgter des Nationalsozialismus "entfalle".

Die Beklagte wandte sich an den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund in Ost-Berlin, bei dem sich die Quittungskarten Nr. 1 bis 4 über Beiträge im - lückenhaft belegten - Zeitraum vom 16. September 1935 bis 28. Juni 1942 (insgesamt 195 Wochen bzw. 45 Monate) fanden. Zudem wurden im Lohnabzugsverfahren entrichtete Beiträge von Juni 1942 bis August 1943 (14 Monate) ermittelt. Mit Bescheid vom 31. Juli 1959 lehnte die Beklagte eine Rentengewährung ab, weil nur 59 Kalendermonate Versicherungszeiten nachgewiesen und damit die Wartezeit (60 Kalendermonate Versicherungszeiten) nicht erfüllt sei.

Im Mai 1962 stellte die Witwe einen erneuten Rentenantrag und machte dazu bei ansonsten unveränderten Angaben geltend, sie habe von der Mutter des Versicherten erfahren, dass dieser vor seiner Tätigkeit bei der Post als Landarbeiter tätig gewesen sein solle. Die Beklagte zog von der Landespostdirektion Berlin die Personalakten des Versicherten bei. Nach einem Aktenvermerk der Beklagten fanden sich in den beigezogenen Arbeitgeberunterlagen keine Angaben über eine Tätigkeit vor Eintritt in den Postdienst am 7. September 1938. Den Rentenantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Januar 1963 ab.

Ein im Juni 1971 gestellter Rentenantrag, dem eine Bescheinigung der Bundespost über eine Beschäftigung des Versicherten als Postfacharbeiter vom 7. September 1938 bis 14. August 1943 beigefügt war, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Juli 1971 ab. Neue Tatsachen, die zur Anerkennung weiterer Versicherungszeiten führen könnten, seien nicht nachgewiesen. Dagegen erhob die Witwe mit der Begründung, eine Beschäftigungszeit von 66 Monaten sei bereits nachgewiesen, Widerspruch. Die Beklagte teilte ihr mit, dass nach den vorliegenden Belegen Beiträge für nur 59 Monate entrichtet worden seien. Den Widerspruch sehe sie somit als erledigt an. Auf eine weitere Anfrage der Witwe, ob Wehrdienstzeiten vom 25. Januar bis 6. Juni 1942 berücksichtigt worden seien, antwortete die Beklagte mit dem Hinweis, dass dieser Zeitraum bereits vollständig mit Beiträgen belegt sei.

Anlässlich eines im Oktober 1985 gestellten Hinterbliebenenrentenantrags gab die Witwe an, der Versicherte sei in einer SS-Haftanstalt verstorben. Mit Bescheid vom 6. November 1985 lehnte die Beklagte den Antrag "auf Rücknahme der Bescheide vom 31. Juli 1959 und 19. Juli 1971" ab, da neue Tatsachen nicht nachgewiesen worden seien.

Am 26. Juli 1994 stellte die Witwe einen weiteren Hinterbliebenenrentenantrag und gab dazu u.a. an, der Tod des Versicherten sei nicht durch Verfolgungsmaßnahmen des Nationalsozialismus verursacht worden. Auf Veranlassung der Klägerseite legte nunmehr die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine am 22. April 1926 ausgestellte Versicherungskarte Nr. 1 der Angestelltenversicherung, die Beitragsmarken im Zeitraum von 1926 bis 1928 für eine Tätigkeit als Lehrling in einem Büro enthält, der Beklagten vor. Mit Bescheid vom 10. April 1996 erkannte die Beklagte einen Anspruch auf Witwenrente vom 1. Januar 1990 bis 31. Juli 1994 unter Zurücknahme ihrer früheren Bescheide an. Die Rente könne nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch -SGB X- längstens für einen Zeitraum von vier Jahren vor Stellung des Rücknahmeantrags erbracht werden und ende mit dem Todesmonat. Den wegen des Rentenbeginns und der Zinsberechnung eingelegten Widerspruch wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 1996 zurück. Im anschließenden Klageverfahren nahm der Kläger zu 1) die Berufung gegen den klagabweisenden Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 9. Juli 1998 zurück. Nachdem er die Rücknahmeerklärung angefochten hatte, stellte das Landessozialgericht mit Urteil vom 29. September 1999 die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache fest. Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundessozialgericht als unzulässig verworfen.

In einem Petitionsverfahren erklärte sich die Beklagte bereit, die angefochtenen Bescheide zu überprüfen und lehnte dann mit Bescheid vom 2. August 1999 und Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2000 die Rücknahme des Bescheides vom 10. April 1996 ab. Dieser sei nicht rechtswidrig. Erstmals im 1994 gestellten Antrag seien Zeiten in der Angestelltenversicherung geltend gemacht worden, so dass zuvor keine Veranlassung zur Durchführung von Ermittlungen bei diesem Versicherungsträger bestanden habe.

Dagegen haben die Kläger am 23. Juni 2000 Klage erhoben und beantragt, die Witwenrente bereits vom 1. Oktober 1943 an zu gewähren und die sich ergebende Nachzahlung zu verzinsen. Die Beklagte habe bei der Entscheidung über die vor 1994 gestellten Rentenanträge Beitragszeiten und Ersatzzeiten unberücksichtigt gelassen, weil eine notwendige Nachfrage bei anderen Versicherungsträgern nicht erfolgte. Allein bei der Post sei der Versicherte mehr als 60 Monate tätig gewesen. Zudem sei 1942 Wehrdienst vom Versicherten geleistet worden. Ein Sachbearbeiter der Beklagten habe 1995 zugestanden, dass eine Rentennachzahlung von 1959 an erfolgen werde.

Die von den Klägern ebenfalls geltend gemachten Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Amtspflichten hat das Sozialgericht abgetrennt und mit Beschluss vom 27. August 2002 an das Landgericht Berlin verwiesen. Im dagegen gerichteten Beschwerdeverfahren vor dem erkennenden Senat haben die Kläger erklärt, einen Rechtsstreit beim Landgericht nicht führen zu wollen.

Mit Gerichtsbescheid vom 6. August 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe die Rente zu Recht erst ab Januar 1990 aufgrund der Regelung des § 44 Abs. 4 SGB X geleistet. Auf ein etwaiges Verschulden des Rentenversicherungsträgers komme es nicht an. Eine Zusicherung über einen früheren Rentenbeginn, die zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfe, habe die Beklagte nicht erklärt.

Gegen den am 24. August 2002 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 21. September 2002 eingelegte Berufung. Zu deren Begründung wird geltend gemacht, die Beklagte habe entgegen den gesetzlichen Bestimmungen den Sachverhalt bei den Rentenantragstellungen nicht hinreichend aufgeklärt. Aufgrund der auffälligen Lücken im Versicherungsverlauf hätten weitere Ermittlungen insbesondere bei anderen Versicherungsträgern erfolgen müssen, denn es sei davon auszugehen, dass der Versicherte seit dem Ende seiner Schulzeit im Jahre 1926 einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen sei. Die Post - als späterer Arbeitgeber - hätte auf einem lückenlosen Beschäftigungsnachweis bestanden. Bei der Post seien jetzt - wie eine Nachfrage ergeben habe - jedoch keine Unterlagen über den Versicherten mehr vorhanden. Die Beklagte hätte deshalb den gesamten Zeitraum als glaubhaft gemachte Beschäftigungszeit anerkennen müssen. Zudem sei zu beachten, dass der Versicherte in einer SS-Haftanstalt verstorben sei. Er müsse deshalb als Opfer des Nationalsozialismus angesehen werden.

Die Kläger beantragen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 6. August 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. August 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2000 aufzuheben und diese zu verurteilen, den Bescheid vom 10. April 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 1996 teilweise zurückzunehmen und den Klägern die Witwenrente ihrer verstorbenen Mutter bereits seit dem 1. Oktober 1943 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die den Versicherten betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und die Prozessakten des Sozialgerichts Berlin zu den Aktenzeichen S 29 J 1580/96, S 23 RJ 1261/00 sowie S 23 RJ 1261/00-1 haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht hat zu Recht die Entscheidung der Beklagten bestätigt, den Bescheid vom 10. April 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 1996 nicht zurückzunehmen. Gemäß § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor, denn bei Erlass des Bescheides vom 10. April 1996, der nach erfolgloser Anfechtung bindend im Sinne von § 77 Sozialgerichtsgesetz -SGG- geworden war, ist weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen hat.

Die Kläger haben als Erben nach dem Tod der Berechtigten keinen Anspruch auf Rentenzahlungen für den Zeitraum vor 1990. Dies folgt aus § 44 Abs. 4 SGB X. Danach werden, wenn ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist, Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, wird der Zeitraum ausgehend von der Antragstellung berechnet. Der Zeitpunkt der Rücknahme wird vom Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen oder der Antrag gestellt wurde. Nachdem die Beklagte die 1959, 1962, 1971 und 1985 gestellten Rentenanträge abgelehnt hatte, kam es aufgrund des im Juli 1994 gestellten 5. Rentenantrags zu einer Leistungsbewilligung unter Zurücknahme der früheren Ablehnungsbescheide. Ausgehend von dem zuletzt gestellten Rentenantrag war eine Leistungserbringung für zurückliegende Zeiträume nach § 44 Abs. 4 SGB X nur von Januar 1990 an rechtlich möglich.

Für die davor liegenden Zeiträume bestehen keine Zahlungsansprüche. Die vor 1994 gestellten Rentenanträge waren von der Beklagten jeweils bindend abgelehnt worden. Dies gilt auch für den im Juni 1971 gestellten Antrag. Gegen den daraufhin ergangenen Bescheid vom 19. Juli 1971 hatte die Witwe zwar Widerspruch eingelegt, diesen aber, nachdem ihr die Beklagte in einem erläuternden Schreiben mitgeteilt hatte, sie sehe den Widerspruch als erledigt an, nicht mehr weiterverfolgt und damit konkludent zurückgenommen. Dies wird auch durch die Tatsache bestätigt, dass die Witwe im Folgenden einen erneuten Rentenantrag stellte und sich mit ihrem wiederholten Begehren nicht etwa auf den Widerspruch gegen die zuletzt erfolgte Ablehnungsentscheidung stützte.

Es kann dahingestellt bleiben, ob das Vorbringen der Kläger, ein Sachbearbeiter der Beklagten habe 1995 erklärt, die Rente werde von 1959 an nachgezahlt werden, zutreffend ist. Denn nach § 34 SGB X bedarf eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen (Zusicherung), zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Form. Eine schriftliche Zusicherung ist von den Klägern nicht geltend gemacht worden und im Übrigen auch aus den Verwaltungsakten der Beklagten nicht ersichtlich. Soweit die Kläger auf einen Berechnungsbogen der Beklagten vom 13. Dezember 1995 Bezug nehmen, in dem es heißt "Jahr des Rentenbeginns (Sterbejahr) 1943", ist ein anderes Ergebnis nicht gerechtfertigt, da es sich dabei ersichtlich lediglich um eine Berechnungsgrundlage und nicht um die Zusicherung einer Rentengewährung seit 1943 handelt.

Die Kläger können weitere Zahlungsansprüche auch nicht mit Erfolg gestützt auf die Begründung geltend machen, die Beklagte habe bei früheren Antragstellungen den Sachverhalt nicht in der erforderlichen Weise von Amts wegen aufgeklärt. Nach § 20 SGB X hat die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen und ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. Eine Verletzung dieses Untersuchungsgrundsatzes kann zu einem so genannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruch führen. Ein solcher Herstellungsanspruch, der nur subsidiär in Betracht kommt, hat drei Voraussetzungen: 1. Der Sozialleistungsträger muss eine gesetzliche oder eine aus einem bestehenden Sozialrechtsverhältnis resultierende Verpflichtung verletzt haben, die ihm gerade gegenüber dem Anspruchssteller oblag. 2. Die Pflichtverletzung muss als nicht hinwegdenkbare Bedingung - zumindest gleichwertig neben anderen Bedingungen - ursächlich einen Nachteil des Betroffenen bewirkt haben. 3. Die verletzte Pflicht muss darauf gerichtet gewesen sein, den Betroffenen gerade vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren; es muss also ein Schutzzweckzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Nachteil im Sinne eines inneren Zusammenhangs bestehen. Zudem kommt ein Herstellungsanspruch nur dann in Betracht, wenn der entstandene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn die Korrektur mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang steht (vgl. Bundessozialgericht -BSG- SozR 3-3200 § 86 a Nr. 2). Rentenzahlungen für den Zeitraum vor 1990 sind aufgrund des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs schon deshalb nicht möglich, weil auf diese Anspruchsgrundlage die Regelungen des § 44 Abs. 4 SGB X entsprechend anwendbar sind (vgl. BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 25, SozR 3-1200 § 14 Nr. 31). Eine analoge Anwendung des § 44 Abs. 4 SGB X auf laufende Leistungen, die nachträglich aufgrund eines Herstellungsanspruchs zuzuerkennen sind, ist geboten, weil die Verletzung einer Nebenpflicht (hier: möglicherweise ungenügende Amtsermittlung) nicht weiterreichende Folgen haben kann, als die Verletzung der Hauptpflicht (hier: rechtswidrige Ablehnung des Rentenantrags durch Verwaltungsakt). Diesem Ergebnis steht hier die Auffassung des 4. Senats des BSG (SozR 3-2600 § 99 Nr. 5), der in Erstfeststellungsverfahren eine entsprechende Anwendung des § 44 Abs. 4 SGB X für ausgeschlossen hält, nicht entgegen, denn die Rentenbewilligung erfolgte durch die Beklagte nicht aufgrund einer Erstfeststellung, da frühere Rentenanträge bereits wiederholt beschieden worden waren.

Im Übrigen ist auch eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht ersichtlich. Aufgrund der in den Anträgen aus den Jahren 1959, 1962, 1971 und 1985 gemachten Angaben bestand keine Veranlassung, eine Nachfrage an die Angestelltenversicherung zu richten. Eine entsprechende Tätigkeit war nie behauptet und sogar ausdrücklich erklärt worden, der Versicherte sei möglicherweise als Landarbeiter tätig gewesen und es seien keine Beiträge zur Angestelltenversicherung entrichtet worden. Aufgrund dieser Angaben war eine Beitragsentrichtung zur Angestelltenversicherung völlig fernliegend und die Beklagte konnte zu Recht davon ausgehen, dass eine Anfrage bei dieser Behörde zu keinen weiteren Erkenntnissen führen wird.

Auch aus sonstigen Gründen waren keine weiteren Ermittlungen der Beklagten geboten. Nach den Quittungskarten Nr. 1 bis 4 der Arbeiterversicherung und den im Lohnabzugsverfahren bis August 1943 entrichteten Beiträgen waren lediglich 59 Kalendermonate Versicherungszeiten belegt. Aufgrund der für diesen Zeitraum fortlaufend vorhandenen Quittungskarten legte auch die bei der Rentenantragstellung 1971 eingereichte Bescheinigung der Bundespost über eine Beschäftigung von September 1938 bis August 1943 nicht das Bestehen weiterer Versicherungszeiten nahe, zumal die Beklagte bereits 1962 Einsicht in die damals noch vorhandenen Personalakten des Versicherten bei der Post genommen hatte und dabei offenbar keine weiterführenden Erkenntnisse hatte gewinnen können. Da die geltend gemachte Wehrdienstzeit bereits vollständig mit Beiträgen belegt war, konnte sie nicht zur Erfüllung der Wartezeit beitragen.

Für eine vorzeitige Wartezeiterfüllung (§ 1252 Reichsversicherungsordnung -RVO-) lagen und liegen noch immer keine Anhaltspunkte vor. Die Kläger tragen nunmehr zwar vor, der Versicherte sei in einer SS-Haftanstalt verstorben und Verfolgter des Nationalsozialismus gewesen. Dieses Vorbringen steht aber im deutlichen Widerspruch zu den Angaben der Ehefrau des Versicherten in den früheren Rentenanträgen. Darin heißt es, der Versicherte sei eines natürlichen Todes gestorben (Blutvergiftung) und ein Tod durch Verfolgungsmaßnahmen des Nationalsozialismus war noch in dem 1994 gestellten Rentenantrag ausdrücklich verneint worden. Gegen einen Tod des Versicherten aufgrund nationalsozialistischer Verfolgungsmaßnahmen, zu denen die Kläger auch auf ausdrückliche Nachfrage des Senats keine näheren Angaben gemacht haben, spricht zudem, dass der Versicherte noch bis August 1943 bei der Post beschäftigt war und nur kurze Zeit danach verstorben ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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