L 16 RA 18/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 17 RA 5302/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RA 18/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. Februar 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich mit dem Rechtsbehelf der Klage gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2001.

Die Klägerin, geboren 1926, bezieht von der Beklagten seit 1. April 1986 eine nach § 25 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz wegen bestehender Erwerbsunfähigkeit umgewandelte Rente wegen Alters. U.a. wegen der Höhe dieser Rente war ein Verfahren beim Sozialgericht (SG) Berlin unter dem Aktenzeichen S 38 RA 5096/99 anhängig, das mit dem Verfahren S 4 RA 3644/00, in dem es um Einwendungen der Klägerin gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2000 ging, verbunden worden war. Dieses Verfahren ist durch Gerichtsbescheid vom 23. Oktober 2001 rechtskräftig abgeschlossen. Wegen der Pfändung ihrer Rente betrieb die Klägerin außerdem ein Verfahren beim SG Berlin unter dem Aktenzeichen S 16 RA 5373/02, in dem sie u.a. die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2002 angefochten hatte; dieses Verfahren endete durch - rechtskräftigen - Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 20. Januar 2003, nachdem das Vorbringen der Klägerin in einem Schreiben vom 18. März 2003 als Rücknahme ihrer Berufung (L 1 RA 12/03) gewertet worden war.

Mit der Klage in diesem Verfahren hat die Klägerin die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2001 angefochten. Sie hat zur Begründung vorgetragen, dass "der Rentenbescheid zum 1. Juli 2001 eine Fotokopie über 1.972,42 DM sei und für nichtig erklärt und zurückgewiesen werde".

Das SG Berlin hat mit Gerichtsbescheid vom 12. Februar 2003 die von der Klägerin erhobene Klage als Klage auf Änderung der Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2001 und auf Gewährung höherer Altersrente gewertet und diese Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht zulässig. Zwar enthalte die Rentenanpassungsmitteilung eine - begrenzte - Regelung, sei also Verwaltungsakt. Der Zulässigkeit der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage stehe mithin grundsätzlich das fehlende Widerspruchsverfahren entgegen. Die Beklagte habe indessen deutlich gemacht, dass sie ein Rechtsmittel gegen die Rentenanpassungsmitteilung von vornherein nicht für gegeben erachte. Insofern halte die Kammer die Klagevoraussetzung für erfüllt. Die Klage bleibe gleichwohl unzulässig. Die Anpassungsmitteilung greife regelnd nur in den den Wert des Rechts (so genannte Rentenhöhe) betreffenden Verfügungssatz ein, treffe aber keine darüber hinausgehenden Regelungen zum Recht auf Rente und deren Bewilligung. Die Klägerin bekämpfe nicht die Anpassungsmitteilung als solche, etwa deren Anpassungsergebnis. Sie erstrebe eine Leistung in der ihr zustehenden Höhe, also eine Neufeststellung der Leistung zu ihren Gunsten. Solches könne über die Anfechtung einer Rentenanpassungsmitteilung nicht erreicht werden.

Die Klägerin erhebt Einwendungen gegen diesen Gerichtsbescheid, die als Berufung registriert worden sind. Sie trägt nunmehr vor: Sie weise die Ladung zum 16. Juni 2003 zurück, von ihr liege keine Berufung oder sonstige "sofortige Beschwerde" vor. Sie rüge die Verfahrensweise, und zwar sowohl die Verfahrensweise der Beklagten als auch die Verfahrensweise des Gerichts. Laut Sozialgesetzbuch stehe ihr im Übrigen ein Widerspruchsbescheid des Vorstandes der Beklagten zu. Durch die Ladung zum 16. Juni 2003 werde dieser Widerspruchsbescheid abgeblockt. Wegen des ausstehenden Widerspruchsbescheides habe sie auch keine mündliche Verhandlung beantragt. Sie möchte nochmals feststellen, dass von ihr keine "Berufung" eingelegt worden sei und deshalb könne die Streitsache nicht unter Rechtsbeugung vor dem Landessozialgericht entschieden werden. Das im Antrag der Beklagten aufgeführte Urteil des SG vom 12. Februar 2003 sei nicht in ihrem Besitz und sie beantrage die sofortige Zustellung desselben mit dem Sitzungsprotokoll. Am 19. Februar 2003 habe sie den Gerichtsbescheid vom 12. Februar 2003 - Maschine geschrieben "Wagner" - erhalten. Die erneute Übersendung des Gerichtsbescheides vom 12. Februar 2003 in einem Blankoum-schlag diene offenbar der Verdeckung des Umstandes, dass es von ihr gar keine Berufung gebe.

Die Klägerin beantragt nach ihrem Vorbringen,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 12. Februar 2003 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Berlin zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Akten des Sozialgerichts Berlin S 16 RA 5373/02 (L 1 RA 12/03) und S 38 RA 5096/99 (L 15 A 11/00), die Gerichtsakte und die Akten der Beklagten (13 Bände) haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Einwendungen der Klägerin gegen die Entscheidung des SG Berlin vom 12. Februar 2003, mit der die Klage als unzulässig abgewiesen worden ist, sind als Rechtsmittel zu werten. Das gilt ungeachtet dessen, dass die Klägerin wiederholt darauf hinweist, dass "von ihr keine Berufung oder sonstige sofortige Beschwerde vorliege". Denn die Klägerin greift mit ihrem Vorbringen, ein Urteil des SG sei nicht in ihrem Besitz und sie beantrage die Zustellung dieses Urteils sowie des Sitzungsprotokolls, die Verfahrensweise des SG an, das gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid entschieden hat. Sie macht damit geltend, dass das erstinstanzliche Verfahren an einem wesentlichen Verfahrensmangel leidet (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Dieses Vorbringen der Klägerin zielt damit auf eine Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und Zurückverweisung an das SG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung. Dieses Ziel lässt sich aber nur im Wege der Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Rechtsmittelgericht erreichen.

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Eine Zurückverweisung an das SG nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG scheidet aus, da wesentliche Verfahrensmängel des erstinstanzlichen Verfahrens, die eine Zurückverweisung an das SG rechtfertigen könnten, nicht vorliegen. Entgegen der von der Klägerin sinngemäß vertretenen Auffassung ist das SG, wenn es die Beteiligten - wie hier - zuvor zu dieser Verfahrensweise angehört hat, nicht gehindert, durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG zu entscheiden, wenn die Sache nach Auffassung des Gerichts keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und das Gericht die Beteiligten zuvor im Rahmen der vorgeschriebenen Anhörung (§ 105 Abs. 1 Satz 2 SGG) auf diese verfahrensmäßigen Voraussetzungen hinweist. Das Anhörungsschreiben des SG vom 8. Mai 2002 ist der Klägerin in zulässiger Weise (vgl. § 63 Abs. 2 SGG i.V.m. den §§ 2 bis 15 des Verwaltungszustellungsgesetzes in der bis zum 30. Juni 2002 geltenden Fassung) im Wege der Ersatzzustellung durch Niederlegung bei der Postanstalt zugestellt worden. Dass die Klägerin das niedergelegte Schriftstück nicht abgeholt und damit von dem Inhalt des Anhörungsschreibens tatsächlich keine Kenntnis erhalten hat, ist auf die Wirksamkeit der Zustellung ohne Einfluss.

Im Übrigen ist das Berufungsgericht selbst im Falle des Vorliegens eines wesentlichen Verfahrensmangels nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG nicht verpflichtet, sondern nur berechtigt, die Sache an das SG zurückzuverweisen. Eine Zurückverweisung im Rahmen dieser Ermächtigungsgrundlage scheidet immer dann aus, wenn eine Zurückverweisung - wie hier - nicht zweckmäßig ist, weil das erstinstanzliche Gericht die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen hat.

Die Klage gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2001 ist unzulässig, weil es insoweit an einer die Klägerin belastenden und damit in zulässiger Weise anfechtbaren Verwaltungsentscheidung der Beklagten fehlt. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung sind Rentenanpassungsmitteilungen zwar grundsätzlich Verwaltungsakte; sie können daher mit Widerspruch und Klage angefochten werden. Der Regelungsgehalt derartiger Verwaltungsakte beschränkt sich aber inhaltlich auf die wertmäßige Fortschreibung bereits zuerkannter Rentenrechte (BSG, Urteil vom 23. März 1999 - B 4 RA 41/98 R = SozR 3-1300 § 31 Nr. 13). Dem von der Klägerin sinngemäß verfolgten Klageziel, im Wege der Anfechtung der Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2001 höhere Rentenleistungen zuerkannt zu bekommen, fehlt insoweit das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil die Rentenanpassungsmitteilung keine eigenständige Verwaltungsentscheidung zur Höhe des Rentenwerts enthält.

Da die Klage bereits aus diesem vorrangigen Grund unzulässig ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob vor einer Entscheidung des Gerichts das Widerspruchsverfahren hätte nachgeholt werden müssen, um die Zulässigkeit der Klage herbeizuführen (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG) und damit eine Entscheidung in der Sache zu ermöglichen. Denn die Zulässigkeit des Klagebegehrens scheitert bereits an dem Fehlen einer die Klägerin belastenden anfechtbaren Verwaltungsentscheidung in der Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2001.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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