Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 11 KR 1524/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 954/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21.12.2016 aufgehoben.
Gründe:
Die Antragsgegnerin wendet sich gegen einen sog. Hängebeschluss des Sozialgerichts im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes.
I. Am 02.12.2016 schrieb die Antragsgegnerin unter Aktualisierung der Wirkstoffliste ihrer Auftragsbekanntmachung vom 16.11.2016 den Abschluss nicht exklusiver "Open-House-Verträge" nach § 130a Abs. 8 SGB V mit pharmazeutischen Unternehmen (Rabattverträge) zu dem Wirkstoff "Imatinib (ausgenommen zur Behandlung von Erwachsenen mit c-Kit-(CD117)-positiver nicht resezierbarer und/oder metastasierter maligner GIST)" aus. Frühestmöglicher Vertragsbeginn sollte der 01.02.2017 sein. Bereits im Jahre 2014 hatte die Antragsgegnerin mit einer erfolglos gebliebenen Ausschreibung den Wirkstoff Imatinib ohne die o.g. Einschränkung (Vertragsdauer bis längstens 31.01.2017) ausgeschrieben.
Der Wirkstoff Imatinib wurde von den Antragstellerinnen ursprünglich für die chronisch myeloische Leukämie (CML) entwickelt und patentrechtlich geschützt. Später wurde die Wirksamkeit auch bei der Behandlung gastrointestinaler Stromatumore (GIST) erkannt und das Fertigarzneimittel Glivec® mit dem Wirkstoff Imatinib mit großem wirtschaftlichen Erfolg auf den Markt gebracht. Die Antragstellerin zu 1 ist Inhaberin des bis zum 21.12.2016 verlängerten Verfügungszertifakts, die Antragstellerin zu 2 Mitinhaberin des Verfügungspatents mit dem Schutzgegenstand "Behandlung von GIST", das bis zum 26.10.2021 in Kraft steht.
Am 19.12.2016 (16.45 Uhr) haben die Antragstellerinnen beim Sozialgericht Düsseldorf Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, die im Wesentlichen darauf zielt, der Antragsgegnerin zu untersagen,
a) vor dem 22.12.2016 in der Bundesrepublik Deutschland zulassungsrechtlichen Beziehung Beitrittsverfahren für Rahmenrabattverträge, so genannte Open- House-Verfahren für Arzneimittel enthaltend
N-[5-[(4-(4-Methyl-piperazino-methyl)-benzoylamido]-2-methyl-phenyl]-4-(3-pyridyl)- 2-pyrimidinamin mit dem internationalen Freinamen (INN) Imatinib oder ein pharmazeutisch verwendbares Säureadditionssalz davon
zu eröffnen, zu veröffentlichen oder durchzuführen,
b) auch über den 22.12.2016 hinaus Open-House-Verfahren für Arzneimittel enthaltend
N-[5-[(4-(4-Methyl-piperazino-methyl)-benzoylamido]-2-methyl-phenyl]-4-(3-pyridyl)- 2-pyrimidinamin mit dem internationalen Freinamen (INN) Imatinib oder ein pharmazeutisch verwendbares Säureadditionssalz davon
zu veröffentlichen oder durchzuführen, ohne dabei alle Maßnahmen zu ergreifen, die angemessen und erforderlich sind, um die Verwendung einer unter Rabattverträgen der Antragsgegnerin abgegebenen Genehmigung die Behandlung von GIST zu verhindern.
Dazu geeignete Maßnahmen haben die Antragstellerinnen im Einzelnen dargelegt und die von ihnen gesehen Notwendigkeit näher begründet. Insbesondere sollte durch - von den Antragstellerinnen im Einzelnen aufgeführte - Hinweise und Informationen an u.a. den GKV-Spitzenverband, die Kassenärztlichen Vereinigungen und Hersteller von Ärztesoftware und Anbieter von Software für Apotheker und Arzneimittelgroßhändler darauf aufmerksam gemacht werden, dass der Wirkstoff Imatinib einen patengeschützten und einen nicht patentgeschützten Anwendungsbereich besitze und dass bei der Indikation GIST eine Imatinib-Therapie nur mit dem Arzneimittel Glivec® durchgeführt werden dürfe.
Die Antragstellerinnen befürchten, dass Ärzte und Apotheker Generika auch verordnen und ausgeben werden, für die die geschützte Indikation besteht, die ca. ein Drittel der Umsätze mit Glivec® begründe. Es reiche nicht aus, dass die Antragsgegnerin auf der auf dem Internetportal der Antragsgegnerin abrufbaren Liste (Stand 02.12.2016) ausschreibe "Imatinib (ausgenommen zur Behandlung von Erwachsenen mit c-Kit-(CD 117)-positiver nicht resezierbarer und/oder metastasierter maligner GIST)." Die Durchführung des streitigen Open-House-Verfahrens habe zwingend zur Folge, dass immer die Imatinib-Generika entgegen den bestehenden Schutzrechten der Antragstellerinnen an den Patienten abgegeben würden, und zwar auch zur Behandlung von GIST. Denn Ärzte und Apotheker würden über das Bestehen des Rabattvertrages im Rahmen der von ihnen verwendeten Software informiert und gingen auf Grundlage dieser Information von einer umfassenden Pflicht, die rabattierten Generika an den Patienten abzugeben, aus, unabhängig von der Beschränkung des Rabattvertrages unter Ausschluss bestimmter Indikationen. Die Gefahr einer patentrechtsverletzenden Versorgung mit Generika in Fällen, in denen (bei GIST-Therapie unter Einsatz von Imatinib) allein Glivec® eingesetzt werden dürfte, sei bei bestehenden Rabattverträgen mit Blick auf § 129 SGB V und den dazu geschlossenen Rahmenvertrag erhöht. Deshalb seien die mit der einstweiligen Anordnung beantragten ergänzenden Maßnahmen erforderlich, um eine Verletzung ihrer Rechte zu vermeiden. Die Antragsgegnerin habe hierbei die Rolle eines so genannten Nebentäters. Die mittelbare Patentrechtsverletzung trete bereits mit ihrer Ausschreibung ein. Wegen der Besonderheiten auf dem Pharmamarkt bestehe die Gefahr einer Verletzung ihrer Rechte und von Umsatzeinbußen nicht erst ab dem 01.02.2017, sondern bereits jetzt.
Das Sozialgericht hat der Antragsgegnerin die Antragsschrift zugefaxt und Frist zur Erwiderung bis zum Morgen des 21.12.2016 gewährt.
Die Antragsgegnerin hat geltend gemacht, sie könne in der Kürze der Zeit nicht Stellung nehmen und rüge deshalb die Verletzung ihres rechtlichen Gehörs. Es mangele auch bereits am Rechtsschutzbedürfnis. Sie stehe nicht vor einem Vertragsabschluss. Als frühester Vertragsbeginn sei der 01.02.2017 vorgesehen. Außerdem habe sie am 20.10.2016, 15:15 Uhr im Vergabeportal DTVB den potentiellen Vertragspartnern bekannt gemacht, dass sie ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bis zum 06.01.2017 keine Open-House-Verträge über den Arzneimittelwirkstoff Imatinib abschließen werde.
Mit Beschluss vom 21.12.2016 hat das Sozialgericht beschlossen:
Tenor:
"1. Der Antragsgegnerin wird vorläufig bis zu einer weiteren Entscheidung des Sozialgerichts Düsseldorf, längstens bis zum 01.02.2017, im vorliegenden Verfahren, um eine ordnungsgemäße Bearbeitung des Verfahrens zu gewährleisten, aufgegeben, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist, zu unterlassen, a) vor dem 22.12.2016 in der Bundesrepublik Deutschland Zulassungs- bzw. Bei- trittsverfahren für Rahmenrabattverträge, sogenannte "Open-House-Verfahren", für Arzneimittel enthaltend
N-[5-[(4-(4-Methyl-piperazino-methyi-benzoylamido]-2-methyl-phenyl)-4(3-pyridyl)-2pyrimidinamin mit dem internationalen Freinamen (INN) Imatinib oder ein pharmazeutisch verwendbares Säureadditionssalz davon
zu eröffnen, zu veröffentlichen oder durchzuführen;
b) insbesondere, das aktuell durchgeführte Zulassungsverfahren für Open-house-Verträge zum 01.02.2017 in der Fassung vom 01.12.2016 für Arzneimittel enthaltend den Wirkstoff Imatinib fortzusetzen;
c) für den Fall, dass bereits auf in Ziffer 1.a bezeichnete Zulassungsverfahren Rabattverträge abgeschlossen wurden, diese Vertragsschlüsse an die IFA GmbH und/oder andere Datenbanken oder Arzt- und Apothekensoftwareanbieter zu melden oder melden zu lassen,
d) auch über den 22.12.2016 hinaus, Open-House-Verfahren für Arzneimittel enthaltend
4-(4-Methylpiperazin-1-ylmethyl-N-[4-methyl-3-(4-pyridin-3-yl)pyrimidin-2-yl-amino)phenyl]benzamid mit dem internationalen Freinamen (INN) Imatinib oder ein pharmazeutisch verwendbares Säureadditionssalz davon,
zu eröffnen, zu veröffentlichen oder durchzuführen, ohne dabei alle Maßnahmen zu ergreifen, die angemessen und erforderlich sind, um die Verwendung eines unter Rabattverträgen der Antragsgegnerin abgegebenen Generikums für die Behandlung von gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) zu verhindern."
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin: Der Beschluss sei aufzuheben, weil er keine Begründung enthalte, ihr rechtliches Gehör verletze und im Übrigen zu unbestimmt sei.
Ein Anordnungsgrund fehle. Für eine so kurzfristige Entscheidung des Sozialgerichts wäre erforderlich gewesen, dass schwerwiegende, existenzielle Rechtsverluste gedroht hätten. Das sei jedoch nicht der Fall. Im Falle der Fortführung des Open-House-Verfahrens hätten selbst im Falle einer Patentverletzung durch Rabattverträge schwerlich eine existenzielle oder unzumutbare wirtschaftliche Bedrohung der Antragstellerinnen eintreten können.
Es bestehe auch kein evidenter Anordnungsanspruch. Ein Patentrechtsverstoß könne ihr nicht zur Last gelegt werden. Sie habe weder den Vertrieb noch die Herstellung oder die Abgabe von Arzneimitteln in patentrechtsverletzender Art und Weise beabsichtigt oder gefördert. Etwaige von einem Generikahersteller veranlasste Listungen in der Lauer Taxe oder Ähnliches, wie sie die Antragstellerinnen in der Antragsschrift angesprochen hätten, seien nicht ihr zuzurechnen und würden auch mit Nichtwissen bestritten. Der Wirkstoff Imatinib besitze eine Zulassung zur Behandlung von Krebserkrankungen bei mehreren verschiedenen Indikationen. Einzig für die Indikation GIST verfügten die Antragstellerinnen über ein ergänzendes Schutzzertifikat, welches sich auf Zeitraum bis zum 26.10.2021 erstrecke. Für alle anderen Indikationen habe der Patentschutz mit Ablauf des 21.12.2016 geendet. Hinsichtlich des Wirkstoffs Imatinib ohne Einschränkung der Indikation sei es während der gesamten Laufzeit zu keinem Vertragsabschluss gekommen, sie habe kein Vertragsangebot eines Herstellers, die Antragstellerinnen eingeschlossen, erhalten. Die Verträge hätten ohnehin automatisch spätestens am 31.01.2017 enden sollen. Es sei nicht zu erkennen, dass insoweit die Gefahr von Patentrechtsverletzungen durch einen Rabattvertrag gedroht hätte.
Hinsichtlich der streitigen Ausschreibung bezüglich Imatinib ohne die GIST-Indikation habe das Ende des Patentschutzes unmittelbar bevorgestanden. Der früheste Vertragsstart sei für den 01.02.2017 beabsichtigt gewesen sei. Zudem sei auf ihre noch vor Ablauf der Stellungnahmefrist im Eilverfahren im Vergabeportal veröffentlichte Erklärung zu verweisen. Die Antragsteller hätten noch keinen fälligen Anspruch, von der Antragsgegnerin bereits zu diesem Zeitpunkt weitere Maßnahmen zu verlangen (Hinweis auf OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2016 - VII-Verg 2/16). Es sei ihr, der Antragsgegnerin, noch ausreichend Gelegenheit geblieben, um betroffene Kreise im Sinne des bereits zitierten Beschlusses des OLG Düsseldorf vom 11.05.2016 dahingehend zu informieren, dass nach Vertragsbeginn und bei Verordnung durch die Ärzteschaft zwischen der patentfreien und patentgeschützten Indikation zu unterscheiden sei. Eine mittelbare Patentrechtsverletzung durch sie als Nebentäterin liege nicht vor, sie führe derzeit keine Rabattverträge durch.
Schließlich sei der vom Sozialgericht ausgeworfene Tenor nicht hinreichend bestimmt. Auch deshalb sei der Beschluss aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21.12.2016 aufzuheben.
Die Antragstellerinnen beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen und das Verfahren zur endgültigen Entscheidung in der Sache an das Sozialgericht zurückzuverweisen.
Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss. Rechtliches Gehör sei hinreichend gewährt worden. Die Antragsgegnerin hätte sich auch telefonisch zu dem Vorwurf äußern können, was im Eilverfahren als hinreichende Anhörung anerkannt sei. Eine Begründung des Hängebeschlusses sei nicht erforderlich gewesen. Es handele sich um eine Entscheidung, die unmittelbar durch das Grundgesetz - Art. 19 Abs. 4 GG - legitimiert sei und nicht aus dem SGG oder der VwGO. Entsprechend sei auch die Rechtsnatur eines Hängebeschlusses umstritten. Selbst wenn man Hängebeschlüsse als Sachentscheidung begreife, gälten für diese Form der Entscheidung etwaige normierte Begründungserfordernisse nicht. Dies bereits deshalb, weil sie nicht durch das SGG oder die VwGO, sondern durch das Grundgesetz legitimiert sei. Die Nachricht der Antragsgegnerin, man wolle von einem Abschluss bis zum 06.01.2017 absehen, sei ohne Auswirkung, da offensichtlich auch bis zum 06.01.2017 keine abschließende Entscheidung hätte ergehen können. Eine solche Zusage hätte, wie durchaus üblich, auch am Telefon erteilt werden können. Es dürfe daher an den Erlass eines Hängebeschlusses kein Begründungserfordernis gestellt werden, zumal die entscheidende Kammer die Antragsgegnerin bereits telefonisch informiert gehabt habe. Der Beschlusstenor sei auch hinreichend bestimmt. Da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht offensichtlich aussichtslos sei, aber eine abschließende Entscheidung noch nicht getroffen werden könne, leide der Beschluss auch nicht an materiellen Mängeln. Das Sozialgericht habe bei dem Erlass Gebrauch von seinem Ermessen gemacht, Ermessensfehler seien nicht gegeben. Die Antragsgegnerin verkenne die Voraussetzungen für den Erlass eines Hängebeschlusses sowie die Relevanz von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund für die Begründetheit des vorliegenden Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Für den Hängebeschluss komme es eben nicht darauf an, die Begründetheit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abschließend zu ermitteln. Dies würde der Natur des Hängebeschlusses entgegenstehen. Entsprechend sei allein entscheidend, ob der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Dazu habe die Antragsgegnerin nichts vorgetragen. Vorliegend komme es nicht einmal auf Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund an, denn einstweiliger Rechtsschutz sei auch zu gewähren, wenn die Folgeabwägung dies gebiete. Selbst wenn eine abschließende Beurteilung von Anordnungsanspruch und -grund notwendig wäre, wäre der Hängebeschluss zu Recht ergangen. Sie - die Antragstellerinnen - verlangten gerade nicht, dass Rabattverträge auch über den 20.12.2016 hinaus betreffend Imatinib überhaupt nicht geschlossen würden, sondern lediglich, dass dies nicht ohne Maßnahmen, die den Patentschutz sicherstellten, geschähe. Im Übrigen werde zum wiederholten Mal darauf hingewiesen, dass es nach ständiger Rechtsprechung unerheblich sei, dass ein Angebot während der Laufzeit eines Patents zum Abschluss eines Vertrages auf ein Inkrafttreten eines Vertrages nach Patentablauf gerichtet ist. Dies folge schon daraus, dass das Anbieten eine selbstständige patentverletzende Handlung im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG darstelle. Ermessensfehler des Sozialgerichts seien nicht erkennbar. Während es auf Seiten der Antragsgegnerin allenfalls um etwaige wirtschaftliche Einsparungen für den vom Hängebeschluss betroffenen kurzen Zeitraum gehe, hätten sie hingegen ein unaufschiebbares Interesse an der sofortigen Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. In einer Konstellation wie der vorliegenden bestehe sogar eine Pflicht zum Erlass eines Hängebeschlusses (Hinweis auf BVerfG NVwZ 2014,163 ff.). Anzumerken sei auch, dass bereits eine Vielzahl von gesetzlichen Krankenkassen ihre Open-House-Verfahren betreffend Imatinib auf die Rüge der Antragstellerinnen wieder aufgehoben hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist, Bezug genommen.
II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet.
1. Die Beschwerde ist statthaft.
Nach § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Prozessleitende Verfügung können dagegen nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 172 Abs. 2 SGG). So genannte Hängebeschlüsse (auch Zwischenverfügungen genannt), deren Statthaftigkeit sich unmittelbar aus dem Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG ergibt (BSG, Beschluss vom 05.06.2013 - B 6 KA 4/13 B Rn. 16, juris; Wahrendorf in Roos/Wahrendorf, SGG, § 86b Rn. 124), sind nach ganz überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Literatur jedenfalls dann beschwerdefähig, wenn sie sich wie hier nicht allein auf den äußeren, förmlichen Verfahrensgang beziehen (Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 07.10.2014 - 8 B 1686/14, juris Rn. 16; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.08.2016 - L 15 AS 166/16 B ER, juris Rn. 3; Frehse in Jansen, SGG, 4. Auflage, § 86b Rn. 135; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86b Rn. 14; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 4. Auflage, Rn. 464). Der Gegenmeinung, die die Beschwerdefähigkeit wegen der Natur des Hängebeschlusses als bloßer (prozessleitender) Zwischenverfügung verneint (Wahrendorf, a.a.O.), ist nicht zu folgen. Jedenfalls sobald die Entscheidung des Sozialgerichts in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist es gleichfalls unter Ansehung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG gerechtfertigt, diesem die gesetzlichen Rechte zu gewähren, die im sozialgerichtlichen Verfahren vorgesehen sind - also hier die Beschwerde -, damit er seine Rechte wahren kann (vgl. Hessischer Verwaltungsgerichtshof a.a.O.).
2. Die Beschwerde ist auch begründet. Dies folgt schon allein daraus, dass der angefochtene Beschluss die nach § 142 Abs. 2 S. 1 SGG erforderliche Begründung vermissen lässt. Insbesondere fehlt es an einer auch nur ansatzweisen Darlegung der Ermessenserwägungen des Sozialgerichts, warum es seine Entscheidung als so eilbedürftig angesehen hat, dass es zur Wahrung der Rechte der Antragstellerinnen einen Hängebeschluss erlassen hat.
Es kann vorliegend dahinstehen, ob ausnahmsweise eine solche Begründung entbehrlich ist, wenn der geltend gemachte Anspruch offensichtlich eines sofortigen Schutzes der Antragstellerin bedarf. Dabei ist zunächst ohnehin zu berücksichtigen, dass der Erlass eines Hängebeschlusses nur in Betracht kommt, wenn eine abschließende Entscheidung noch nicht getroffen werden kann und zu besorgen ist, dass ohne ein sofortiges Tätigwerden des Gerichts vollendete Tatsachen geschaffen werden oder existenzielle Nachteile drohen (Frehse a.a.O. Rn. 134.; Keller a.a.O.). Solche Umstände sind hier nicht ersichtlich. Soweit die Antragstellerinnen eine Verletzung ihrer bis zum 21.12.2016 bestehenden Rechte durch die Ausschreibung der Antragsgegnerin geltend machen, war eine derartige zu besorgende Rechtsverletzung unabhängig von der Frage, ob die Ausschreibung eine Patentverletzung im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 1 PatG im Sinne eines verbotenen Angebots darstellt (vergleiche dazu noch unten), nicht gegeben. Da der Patentschutz am Tag des Erlasses des angefochtenen Beschlusses ohnehin auslief, ist nicht erkennbar, welche Rechte die Entscheidung des Sozialgerichts insoweit noch sichern konnte, zumal zu diesem Zeitpunkt noch keine Vertragsabschlüsse durch die Antragsgegnerin beabsichtigt waren. Auch bezüglich des Zeitraums ab dem 22.12.2016 waren keine unmittelbaren Beeinträchtigungen der Rechte der Antragstellerinnen zu befürchten. Die Rabattverträge sollten erst zum 01.02.2017 inkrafttreten, so dass erst ab diesem Zeitpunkt wirtschaftliche Einbußen der Antragstellerinnen zu gewärtigen sind. Der gegenteiligen Ansicht der Antragstellerinnen kann nicht gefolgt werden, weil - anders als in Fällen, in denen ein Anbieter Konkurrenzprodukte schon vor Ablauf des Patentschutzes bewirbt und damit anbietet (vergleiche dazu BGH GRUR 2007, 221) - weder für die Leistungserbringer (Ärzte und Apotheker) noch für die Versicherten ein Anreiz besteht, auf das günstigere Produkt zu warten, zumal angesichts der hier betroffenen Indikationen ein solches Zuwarten ohnehin ausgeschlossen erscheint. Damit war aber ein Tätigwerden des Sozialgerichts vor dem 31.01.2017 nicht zwingend, so dass die Eilbedürftigkeit für einen Hängebeschluss nicht gegeben war, dessen Erlass jedenfalls aber einer Begründung bedurfte.
In Anbetracht dieser Umstände ist der Senat auch nicht gehalten, in der Sache selbst schon eine Entscheidung zu treffen, so dass der angefochtene Beschluss lediglich aufzuheben ist.
Der Senat weist aber vorsorglich auf Folgendes hin.
Nach summarischer Prüfung ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben. Mit der Entscheidung des EuGH vom 02.06.2016 (C-410/14) ist klargestellt, dass Vergaberecht auf die Ausschreibung von Verträgen nach § 130a Abs. 8 SGB V im Open-House-Verfahren keine Anwendung findet (zum früheren Meinungsstreit vergleiche BSG, Beschluss vom 22.04.2008 - B 1 SF 1/08 R Rn. 65, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2012 - VII-Verg 58/11, juris Rn. 50). Auch der Gesetzgeber hat seine frühere gegenteilige Auffassung (BT-Drucks. 16/3100 S. 144) inzwischen aufgegeben (BT-Drucks. 18/6492 S. 3).
Es handelt sich vorliegend auch nicht um ein Verfahren wegen mittelbarer Verletzung von Patentrechten, für das die ordentlichen Gerichte zuständig sind, auch wenn das Vorbringen der Antragstellerinnen im Wesentlichen auf die Verletzung ihrer Patent-/Lizenzrechte gestützt wird.
Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in - bis auf hier nicht einschlägige Ausnahmen - Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung. Ob der Rechtsstreit öffentlich-rechtlicher Art ist, hängt dabei maßgeblich von der Natur des Rechtsverhältnisses ab, aus dem der erhobene Anspruch begründet wird, sofern eine ausdrückliche Zuweisung fehlt (GmSOGB SozR 1500 § 51 Nr. 53 S. 108; BSG, Beschluss vom 10.12.2015 - B 12 SF 1/14 R; BSG, Beschluss vom 30.09.2015 - B 3 KR 22/15 B; BSG, Beschluss vom 28.09.2010 - B 1 SF 1/10 R, alle unter juris). Die Antragstellerinnen wenden sich gegen die Art einer Ausschreibung nach § 130a Abs. 8 SGB V. Schon nach dem umfassenden Wortlaut des § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG sind sämtliche Rechtsstreitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Rechts- und Pflichtenkreis der Krankenkassen, der unmittelbar ihre öffentlichen Aufgaben betrifft, den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen (BSG, Beschluss vom 28.09.2010 a.a.O. Rn. 15). Die Verpflichtung und das Recht zur Ausschreibung entsprechender Verträge folgt aber unmittelbar aus den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des SGB V über die Gestaltung der gesetzlichen Krankenversicherung. Dass die Antragstellerinnen ihre Patent- bzw. Lizenzrechte durch die Art der Ausschreibung gefährdet sehen, begründet keine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit, weil die Rechtsfolgen/Wirkungen der hier geltend gemachten Unterlassungen bzw. Verpflichtungen für die hier maßgebliche Abgrenzung ohne Bedeutung sind (BSG, Beschluss vom 10.12.2015 a.a.O. Rn. 11).
Die Zulässigkeit der Anträge begegnet auch ansonsten keinen Bedenken, sie erscheinen jedoch nicht begründet.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Daran fehlt es, weil schon ein Anordnungsanspruch nicht erkennbar ist.
Soweit die Antragstellerinnen Eingriffe in ihren geschützten Rechtskreis aufgrund der Ausschreibung vor Ablauf des Patent-/Lizenzschutzes geltend machen, kann wiederum dahinstehen, ob die Antragsgegnerin mit der Ausschreibung eine Verletzung im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 1 PatG begangen hat. Zwar stellt auch ein Angebot, das sich allein auf den Abschluss von Geschäften oder Lieferung nach Ablauf der Schutzfrist bezieht, eine Patentverletzung bzw. Verletzung des ergänzenden Schutzzertifikats dar (BGH a.a.O.). Der damit bezweckte umfassende Schutzgedanke ist aber, wie bereits dargelegt, für eine Beurteilung der Ausschreibung nach § 130a Abs. 8 SGB V nicht heranzuziehen. Die von den Antragstellerinnen geltend gemachten negativen wirtschaftlichen Auswirkungen allein infolge der Ausschreibung sind nicht nachvollziehbar in Anbetracht der bei den Leistungserbringern und den Patienten vor der tatsächlichen Zurverfügungstellung günstigerer Arzneimittel bestehenden Interessenlage. Dass diese vor Abschluss der Verträge und der tatsächlichen Verfügbarkeit entsprechender Generika von einer Versorgung mit dem geschützten Arzneimittel Abstand nehmen könnten, ist seitens der Antragstellerinnen weder hinreichend belegt worden noch sind insoweit nachvollziehbare Gründe ersichtlich.
Aber selbst wenn man eine entsprechende Verletzung unterstellt, hat sich der Anordnungsanspruch jedenfalls mit Ablauf des 21.12.2016 erledigt. Ein Fortsetzungsfeststellungsantrag ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht zulässig (Keller a.a.O. Rn. 40).
Soweit das Verhalten der Antragsgegnerin ab dem 22.12.2016 betroffen ist, ist eine Gefährdung der Rechte der Antragstellerinnen durch die angegriffene Ausschreibung ebenfalls nicht erkennbar.
Wenn die Antragstellerinnen beantragen, der Antragsgegnerin aufzugeben, "alle Maßnahmen zu ergreifen, die angemessen und erforderlich sind", ihre Rechte zu schützen, läuft dies entgegen der Behauptung der Antragstellerinnen auf ein vollständiges Verbot der Ausschreibung hinaus, welches durch die Rechtsordnung nicht gedeckt ist (vgl. Conrad, NZS 2016, 687, 690). Im Falle einer solchen Verpflichtung liefe die Antragsgegnerin jederzeit Gefahr, gegen die gerichtlichen Auflagen zu verstoßen, weil in keiner Weise definiert ist, was angemessene und erforderliche Maßnahmen sind. Unter diesen Umständen könnte sie zur Vermeidung rechtswidrigen Handelns nur einstweilig Abstand von der Ausschreibung insgesamt nehmen.
Die Antragsstellerinnen haben aber auch keinen Anspruch auf die im Einzelnen bezeichneten Auflagen glaubhaft gemacht. Sie werden im Ergebnis nämlich durch den Abschluss von Rabattverträgen nicht schlechter gestellt, als sie im Fall des Angebots der Generika ohne Rabattverträge stünden. Nach § 129 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V sind die Apotheken zur Abgabe eines preisgünstigen Arzneimittels in Fällen verpflichtet, in denen der verordnende Arzt a) ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet hat oder b) die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen hat. Dies bedeutet aber grundsätzlich die Ersetzungspflicht, sofern der verordnende Arzt keinen Gebrauch von seinem Recht (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 AMVV) zum Ausschluss der aut-idem-Ersetzung gemacht hat. In Fällen des Bestehens von Verträgen nach § 130a Abs. 8 SGB V ändert sich diese Ersetzung lediglich insoweit, als nunmehr die rabattierten Arzneimittel abzugeben sind (§ 129 Abs. 1 S. 3 SGB V). Da damit aber die Ersetzung durch das Generikum, was preislich deutlich unter dem (zuvor) patentgeschützten Arzneimittel liegt, die Regel ist, führt allein der Abschluss von Rabattverträgen nicht zu einer weiteren Beeinträchtigung der Rechtsposition der Antragstellerinnen (vgl. ebenso OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2016 - VII-Verg 2/16, juris Rn. 38). Ebenso wenig ist erkennbar, dass der Abschluss der Rabattverträge auf das Verordnungsverhalten der Ärzte Einfluss haben wird (OLG Düsseldorf a.a.O.). Zwar ist im Vergaberecht angenommen worden, dass die Krankenkassen verpflichtet sind, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf das Verordnungsverhalten der Ärzte Einfluss zu nehmen (OLG Düsseldorf a.a.O.). Unabhängig davon, inwieweit diese Rechtsprechung mangels Anwendbarkeit des Vergaberechts noch von Bedeutung ist, ist aber nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin entsprechende Information der Ärzte unterlassen will. Insoweit könnte sie Erklärungen abgeben, wie sie das OLG Düsseldorf aufgezeigt hat (Beschluss vom 11.05.2016 a.a.O. Rn. 42 ff.; Beschluss vom 14.09.2016 - VII-Verg 13/16, juris Rn. 43 ff.).
Etwas anderes folgt auch nicht aus § 4 Abs. 4 des Rahmenvertrages nach § 129 Abs. 2 SGB V (Fassung vom 30.09.2016). Dieser sieht allerdings vor, dass, solange eine vorrangige Abgabe rabattbegünstigter Arzneimittel nicht zustande kommt, in Fällen der namentlichen Bezeichnung des Arzneimittels durch den verordnenden Arzt der Apotheker bei der Ersetzung die Wahl zwischen dem genannten und den drei preisgünstigsten Arzneimitteln hat. Abgesehen davon, dass zweifelhaft erscheint, ob diese Regelung im Einklang mit § 129 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V steht (vgl. auch BKartA Bonn, Beschluss vom 21.12.2015 - VK 1 - 106/15, juris Rn. 76), ist auch in diesem Fall zu erwarten, dass der Apotheker eines der preisgünstigsten Generika und nicht das teurere Arzneimittel abgibt, weil er Streitigkeiten mit der Krankenkasse vermeiden möchte.
Die Kostenentscheidung folgt der abschließenden Kostenentscheidung.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Gründe:
Die Antragsgegnerin wendet sich gegen einen sog. Hängebeschluss des Sozialgerichts im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes.
I. Am 02.12.2016 schrieb die Antragsgegnerin unter Aktualisierung der Wirkstoffliste ihrer Auftragsbekanntmachung vom 16.11.2016 den Abschluss nicht exklusiver "Open-House-Verträge" nach § 130a Abs. 8 SGB V mit pharmazeutischen Unternehmen (Rabattverträge) zu dem Wirkstoff "Imatinib (ausgenommen zur Behandlung von Erwachsenen mit c-Kit-(CD117)-positiver nicht resezierbarer und/oder metastasierter maligner GIST)" aus. Frühestmöglicher Vertragsbeginn sollte der 01.02.2017 sein. Bereits im Jahre 2014 hatte die Antragsgegnerin mit einer erfolglos gebliebenen Ausschreibung den Wirkstoff Imatinib ohne die o.g. Einschränkung (Vertragsdauer bis längstens 31.01.2017) ausgeschrieben.
Der Wirkstoff Imatinib wurde von den Antragstellerinnen ursprünglich für die chronisch myeloische Leukämie (CML) entwickelt und patentrechtlich geschützt. Später wurde die Wirksamkeit auch bei der Behandlung gastrointestinaler Stromatumore (GIST) erkannt und das Fertigarzneimittel Glivec® mit dem Wirkstoff Imatinib mit großem wirtschaftlichen Erfolg auf den Markt gebracht. Die Antragstellerin zu 1 ist Inhaberin des bis zum 21.12.2016 verlängerten Verfügungszertifakts, die Antragstellerin zu 2 Mitinhaberin des Verfügungspatents mit dem Schutzgegenstand "Behandlung von GIST", das bis zum 26.10.2021 in Kraft steht.
Am 19.12.2016 (16.45 Uhr) haben die Antragstellerinnen beim Sozialgericht Düsseldorf Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, die im Wesentlichen darauf zielt, der Antragsgegnerin zu untersagen,
a) vor dem 22.12.2016 in der Bundesrepublik Deutschland zulassungsrechtlichen Beziehung Beitrittsverfahren für Rahmenrabattverträge, so genannte Open- House-Verfahren für Arzneimittel enthaltend
N-[5-[(4-(4-Methyl-piperazino-methyl)-benzoylamido]-2-methyl-phenyl]-4-(3-pyridyl)- 2-pyrimidinamin mit dem internationalen Freinamen (INN) Imatinib oder ein pharmazeutisch verwendbares Säureadditionssalz davon
zu eröffnen, zu veröffentlichen oder durchzuführen,
b) auch über den 22.12.2016 hinaus Open-House-Verfahren für Arzneimittel enthaltend
N-[5-[(4-(4-Methyl-piperazino-methyl)-benzoylamido]-2-methyl-phenyl]-4-(3-pyridyl)- 2-pyrimidinamin mit dem internationalen Freinamen (INN) Imatinib oder ein pharmazeutisch verwendbares Säureadditionssalz davon
zu veröffentlichen oder durchzuführen, ohne dabei alle Maßnahmen zu ergreifen, die angemessen und erforderlich sind, um die Verwendung einer unter Rabattverträgen der Antragsgegnerin abgegebenen Genehmigung die Behandlung von GIST zu verhindern.
Dazu geeignete Maßnahmen haben die Antragstellerinnen im Einzelnen dargelegt und die von ihnen gesehen Notwendigkeit näher begründet. Insbesondere sollte durch - von den Antragstellerinnen im Einzelnen aufgeführte - Hinweise und Informationen an u.a. den GKV-Spitzenverband, die Kassenärztlichen Vereinigungen und Hersteller von Ärztesoftware und Anbieter von Software für Apotheker und Arzneimittelgroßhändler darauf aufmerksam gemacht werden, dass der Wirkstoff Imatinib einen patengeschützten und einen nicht patentgeschützten Anwendungsbereich besitze und dass bei der Indikation GIST eine Imatinib-Therapie nur mit dem Arzneimittel Glivec® durchgeführt werden dürfe.
Die Antragstellerinnen befürchten, dass Ärzte und Apotheker Generika auch verordnen und ausgeben werden, für die die geschützte Indikation besteht, die ca. ein Drittel der Umsätze mit Glivec® begründe. Es reiche nicht aus, dass die Antragsgegnerin auf der auf dem Internetportal der Antragsgegnerin abrufbaren Liste (Stand 02.12.2016) ausschreibe "Imatinib (ausgenommen zur Behandlung von Erwachsenen mit c-Kit-(CD 117)-positiver nicht resezierbarer und/oder metastasierter maligner GIST)." Die Durchführung des streitigen Open-House-Verfahrens habe zwingend zur Folge, dass immer die Imatinib-Generika entgegen den bestehenden Schutzrechten der Antragstellerinnen an den Patienten abgegeben würden, und zwar auch zur Behandlung von GIST. Denn Ärzte und Apotheker würden über das Bestehen des Rabattvertrages im Rahmen der von ihnen verwendeten Software informiert und gingen auf Grundlage dieser Information von einer umfassenden Pflicht, die rabattierten Generika an den Patienten abzugeben, aus, unabhängig von der Beschränkung des Rabattvertrages unter Ausschluss bestimmter Indikationen. Die Gefahr einer patentrechtsverletzenden Versorgung mit Generika in Fällen, in denen (bei GIST-Therapie unter Einsatz von Imatinib) allein Glivec® eingesetzt werden dürfte, sei bei bestehenden Rabattverträgen mit Blick auf § 129 SGB V und den dazu geschlossenen Rahmenvertrag erhöht. Deshalb seien die mit der einstweiligen Anordnung beantragten ergänzenden Maßnahmen erforderlich, um eine Verletzung ihrer Rechte zu vermeiden. Die Antragsgegnerin habe hierbei die Rolle eines so genannten Nebentäters. Die mittelbare Patentrechtsverletzung trete bereits mit ihrer Ausschreibung ein. Wegen der Besonderheiten auf dem Pharmamarkt bestehe die Gefahr einer Verletzung ihrer Rechte und von Umsatzeinbußen nicht erst ab dem 01.02.2017, sondern bereits jetzt.
Das Sozialgericht hat der Antragsgegnerin die Antragsschrift zugefaxt und Frist zur Erwiderung bis zum Morgen des 21.12.2016 gewährt.
Die Antragsgegnerin hat geltend gemacht, sie könne in der Kürze der Zeit nicht Stellung nehmen und rüge deshalb die Verletzung ihres rechtlichen Gehörs. Es mangele auch bereits am Rechtsschutzbedürfnis. Sie stehe nicht vor einem Vertragsabschluss. Als frühester Vertragsbeginn sei der 01.02.2017 vorgesehen. Außerdem habe sie am 20.10.2016, 15:15 Uhr im Vergabeportal DTVB den potentiellen Vertragspartnern bekannt gemacht, dass sie ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bis zum 06.01.2017 keine Open-House-Verträge über den Arzneimittelwirkstoff Imatinib abschließen werde.
Mit Beschluss vom 21.12.2016 hat das Sozialgericht beschlossen:
Tenor:
"1. Der Antragsgegnerin wird vorläufig bis zu einer weiteren Entscheidung des Sozialgerichts Düsseldorf, längstens bis zum 01.02.2017, im vorliegenden Verfahren, um eine ordnungsgemäße Bearbeitung des Verfahrens zu gewährleisten, aufgegeben, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist, zu unterlassen, a) vor dem 22.12.2016 in der Bundesrepublik Deutschland Zulassungs- bzw. Bei- trittsverfahren für Rahmenrabattverträge, sogenannte "Open-House-Verfahren", für Arzneimittel enthaltend
N-[5-[(4-(4-Methyl-piperazino-methyi-benzoylamido]-2-methyl-phenyl)-4(3-pyridyl)-2pyrimidinamin mit dem internationalen Freinamen (INN) Imatinib oder ein pharmazeutisch verwendbares Säureadditionssalz davon
zu eröffnen, zu veröffentlichen oder durchzuführen;
b) insbesondere, das aktuell durchgeführte Zulassungsverfahren für Open-house-Verträge zum 01.02.2017 in der Fassung vom 01.12.2016 für Arzneimittel enthaltend den Wirkstoff Imatinib fortzusetzen;
c) für den Fall, dass bereits auf in Ziffer 1.a bezeichnete Zulassungsverfahren Rabattverträge abgeschlossen wurden, diese Vertragsschlüsse an die IFA GmbH und/oder andere Datenbanken oder Arzt- und Apothekensoftwareanbieter zu melden oder melden zu lassen,
d) auch über den 22.12.2016 hinaus, Open-House-Verfahren für Arzneimittel enthaltend
4-(4-Methylpiperazin-1-ylmethyl-N-[4-methyl-3-(4-pyridin-3-yl)pyrimidin-2-yl-amino)phenyl]benzamid mit dem internationalen Freinamen (INN) Imatinib oder ein pharmazeutisch verwendbares Säureadditionssalz davon,
zu eröffnen, zu veröffentlichen oder durchzuführen, ohne dabei alle Maßnahmen zu ergreifen, die angemessen und erforderlich sind, um die Verwendung eines unter Rabattverträgen der Antragsgegnerin abgegebenen Generikums für die Behandlung von gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) zu verhindern."
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin: Der Beschluss sei aufzuheben, weil er keine Begründung enthalte, ihr rechtliches Gehör verletze und im Übrigen zu unbestimmt sei.
Ein Anordnungsgrund fehle. Für eine so kurzfristige Entscheidung des Sozialgerichts wäre erforderlich gewesen, dass schwerwiegende, existenzielle Rechtsverluste gedroht hätten. Das sei jedoch nicht der Fall. Im Falle der Fortführung des Open-House-Verfahrens hätten selbst im Falle einer Patentverletzung durch Rabattverträge schwerlich eine existenzielle oder unzumutbare wirtschaftliche Bedrohung der Antragstellerinnen eintreten können.
Es bestehe auch kein evidenter Anordnungsanspruch. Ein Patentrechtsverstoß könne ihr nicht zur Last gelegt werden. Sie habe weder den Vertrieb noch die Herstellung oder die Abgabe von Arzneimitteln in patentrechtsverletzender Art und Weise beabsichtigt oder gefördert. Etwaige von einem Generikahersteller veranlasste Listungen in der Lauer Taxe oder Ähnliches, wie sie die Antragstellerinnen in der Antragsschrift angesprochen hätten, seien nicht ihr zuzurechnen und würden auch mit Nichtwissen bestritten. Der Wirkstoff Imatinib besitze eine Zulassung zur Behandlung von Krebserkrankungen bei mehreren verschiedenen Indikationen. Einzig für die Indikation GIST verfügten die Antragstellerinnen über ein ergänzendes Schutzzertifikat, welches sich auf Zeitraum bis zum 26.10.2021 erstrecke. Für alle anderen Indikationen habe der Patentschutz mit Ablauf des 21.12.2016 geendet. Hinsichtlich des Wirkstoffs Imatinib ohne Einschränkung der Indikation sei es während der gesamten Laufzeit zu keinem Vertragsabschluss gekommen, sie habe kein Vertragsangebot eines Herstellers, die Antragstellerinnen eingeschlossen, erhalten. Die Verträge hätten ohnehin automatisch spätestens am 31.01.2017 enden sollen. Es sei nicht zu erkennen, dass insoweit die Gefahr von Patentrechtsverletzungen durch einen Rabattvertrag gedroht hätte.
Hinsichtlich der streitigen Ausschreibung bezüglich Imatinib ohne die GIST-Indikation habe das Ende des Patentschutzes unmittelbar bevorgestanden. Der früheste Vertragsstart sei für den 01.02.2017 beabsichtigt gewesen sei. Zudem sei auf ihre noch vor Ablauf der Stellungnahmefrist im Eilverfahren im Vergabeportal veröffentlichte Erklärung zu verweisen. Die Antragsteller hätten noch keinen fälligen Anspruch, von der Antragsgegnerin bereits zu diesem Zeitpunkt weitere Maßnahmen zu verlangen (Hinweis auf OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2016 - VII-Verg 2/16). Es sei ihr, der Antragsgegnerin, noch ausreichend Gelegenheit geblieben, um betroffene Kreise im Sinne des bereits zitierten Beschlusses des OLG Düsseldorf vom 11.05.2016 dahingehend zu informieren, dass nach Vertragsbeginn und bei Verordnung durch die Ärzteschaft zwischen der patentfreien und patentgeschützten Indikation zu unterscheiden sei. Eine mittelbare Patentrechtsverletzung durch sie als Nebentäterin liege nicht vor, sie führe derzeit keine Rabattverträge durch.
Schließlich sei der vom Sozialgericht ausgeworfene Tenor nicht hinreichend bestimmt. Auch deshalb sei der Beschluss aufzuheben.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21.12.2016 aufzuheben.
Die Antragstellerinnen beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen und das Verfahren zur endgültigen Entscheidung in der Sache an das Sozialgericht zurückzuverweisen.
Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss. Rechtliches Gehör sei hinreichend gewährt worden. Die Antragsgegnerin hätte sich auch telefonisch zu dem Vorwurf äußern können, was im Eilverfahren als hinreichende Anhörung anerkannt sei. Eine Begründung des Hängebeschlusses sei nicht erforderlich gewesen. Es handele sich um eine Entscheidung, die unmittelbar durch das Grundgesetz - Art. 19 Abs. 4 GG - legitimiert sei und nicht aus dem SGG oder der VwGO. Entsprechend sei auch die Rechtsnatur eines Hängebeschlusses umstritten. Selbst wenn man Hängebeschlüsse als Sachentscheidung begreife, gälten für diese Form der Entscheidung etwaige normierte Begründungserfordernisse nicht. Dies bereits deshalb, weil sie nicht durch das SGG oder die VwGO, sondern durch das Grundgesetz legitimiert sei. Die Nachricht der Antragsgegnerin, man wolle von einem Abschluss bis zum 06.01.2017 absehen, sei ohne Auswirkung, da offensichtlich auch bis zum 06.01.2017 keine abschließende Entscheidung hätte ergehen können. Eine solche Zusage hätte, wie durchaus üblich, auch am Telefon erteilt werden können. Es dürfe daher an den Erlass eines Hängebeschlusses kein Begründungserfordernis gestellt werden, zumal die entscheidende Kammer die Antragsgegnerin bereits telefonisch informiert gehabt habe. Der Beschlusstenor sei auch hinreichend bestimmt. Da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht offensichtlich aussichtslos sei, aber eine abschließende Entscheidung noch nicht getroffen werden könne, leide der Beschluss auch nicht an materiellen Mängeln. Das Sozialgericht habe bei dem Erlass Gebrauch von seinem Ermessen gemacht, Ermessensfehler seien nicht gegeben. Die Antragsgegnerin verkenne die Voraussetzungen für den Erlass eines Hängebeschlusses sowie die Relevanz von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund für die Begründetheit des vorliegenden Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Für den Hängebeschluss komme es eben nicht darauf an, die Begründetheit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abschließend zu ermitteln. Dies würde der Natur des Hängebeschlusses entgegenstehen. Entsprechend sei allein entscheidend, ob der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Dazu habe die Antragsgegnerin nichts vorgetragen. Vorliegend komme es nicht einmal auf Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund an, denn einstweiliger Rechtsschutz sei auch zu gewähren, wenn die Folgeabwägung dies gebiete. Selbst wenn eine abschließende Beurteilung von Anordnungsanspruch und -grund notwendig wäre, wäre der Hängebeschluss zu Recht ergangen. Sie - die Antragstellerinnen - verlangten gerade nicht, dass Rabattverträge auch über den 20.12.2016 hinaus betreffend Imatinib überhaupt nicht geschlossen würden, sondern lediglich, dass dies nicht ohne Maßnahmen, die den Patentschutz sicherstellten, geschähe. Im Übrigen werde zum wiederholten Mal darauf hingewiesen, dass es nach ständiger Rechtsprechung unerheblich sei, dass ein Angebot während der Laufzeit eines Patents zum Abschluss eines Vertrages auf ein Inkrafttreten eines Vertrages nach Patentablauf gerichtet ist. Dies folge schon daraus, dass das Anbieten eine selbstständige patentverletzende Handlung im Sinne von § 9 S. 2 Nr. 1 PatG darstelle. Ermessensfehler des Sozialgerichts seien nicht erkennbar. Während es auf Seiten der Antragsgegnerin allenfalls um etwaige wirtschaftliche Einsparungen für den vom Hängebeschluss betroffenen kurzen Zeitraum gehe, hätten sie hingegen ein unaufschiebbares Interesse an der sofortigen Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. In einer Konstellation wie der vorliegenden bestehe sogar eine Pflicht zum Erlass eines Hängebeschlusses (Hinweis auf BVerfG NVwZ 2014,163 ff.). Anzumerken sei auch, dass bereits eine Vielzahl von gesetzlichen Krankenkassen ihre Open-House-Verfahren betreffend Imatinib auf die Rüge der Antragstellerinnen wieder aufgehoben hätten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist, Bezug genommen.
II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet.
1. Die Beschwerde ist statthaft.
Nach § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Prozessleitende Verfügung können dagegen nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 172 Abs. 2 SGG). So genannte Hängebeschlüsse (auch Zwischenverfügungen genannt), deren Statthaftigkeit sich unmittelbar aus dem Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG ergibt (BSG, Beschluss vom 05.06.2013 - B 6 KA 4/13 B Rn. 16, juris; Wahrendorf in Roos/Wahrendorf, SGG, § 86b Rn. 124), sind nach ganz überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Literatur jedenfalls dann beschwerdefähig, wenn sie sich wie hier nicht allein auf den äußeren, förmlichen Verfahrensgang beziehen (Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 07.10.2014 - 8 B 1686/14, juris Rn. 16; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.08.2016 - L 15 AS 166/16 B ER, juris Rn. 3; Frehse in Jansen, SGG, 4. Auflage, § 86b Rn. 135; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86b Rn. 14; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 4. Auflage, Rn. 464). Der Gegenmeinung, die die Beschwerdefähigkeit wegen der Natur des Hängebeschlusses als bloßer (prozessleitender) Zwischenverfügung verneint (Wahrendorf, a.a.O.), ist nicht zu folgen. Jedenfalls sobald die Entscheidung des Sozialgerichts in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist es gleichfalls unter Ansehung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG gerechtfertigt, diesem die gesetzlichen Rechte zu gewähren, die im sozialgerichtlichen Verfahren vorgesehen sind - also hier die Beschwerde -, damit er seine Rechte wahren kann (vgl. Hessischer Verwaltungsgerichtshof a.a.O.).
2. Die Beschwerde ist auch begründet. Dies folgt schon allein daraus, dass der angefochtene Beschluss die nach § 142 Abs. 2 S. 1 SGG erforderliche Begründung vermissen lässt. Insbesondere fehlt es an einer auch nur ansatzweisen Darlegung der Ermessenserwägungen des Sozialgerichts, warum es seine Entscheidung als so eilbedürftig angesehen hat, dass es zur Wahrung der Rechte der Antragstellerinnen einen Hängebeschluss erlassen hat.
Es kann vorliegend dahinstehen, ob ausnahmsweise eine solche Begründung entbehrlich ist, wenn der geltend gemachte Anspruch offensichtlich eines sofortigen Schutzes der Antragstellerin bedarf. Dabei ist zunächst ohnehin zu berücksichtigen, dass der Erlass eines Hängebeschlusses nur in Betracht kommt, wenn eine abschließende Entscheidung noch nicht getroffen werden kann und zu besorgen ist, dass ohne ein sofortiges Tätigwerden des Gerichts vollendete Tatsachen geschaffen werden oder existenzielle Nachteile drohen (Frehse a.a.O. Rn. 134.; Keller a.a.O.). Solche Umstände sind hier nicht ersichtlich. Soweit die Antragstellerinnen eine Verletzung ihrer bis zum 21.12.2016 bestehenden Rechte durch die Ausschreibung der Antragsgegnerin geltend machen, war eine derartige zu besorgende Rechtsverletzung unabhängig von der Frage, ob die Ausschreibung eine Patentverletzung im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 1 PatG im Sinne eines verbotenen Angebots darstellt (vergleiche dazu noch unten), nicht gegeben. Da der Patentschutz am Tag des Erlasses des angefochtenen Beschlusses ohnehin auslief, ist nicht erkennbar, welche Rechte die Entscheidung des Sozialgerichts insoweit noch sichern konnte, zumal zu diesem Zeitpunkt noch keine Vertragsabschlüsse durch die Antragsgegnerin beabsichtigt waren. Auch bezüglich des Zeitraums ab dem 22.12.2016 waren keine unmittelbaren Beeinträchtigungen der Rechte der Antragstellerinnen zu befürchten. Die Rabattverträge sollten erst zum 01.02.2017 inkrafttreten, so dass erst ab diesem Zeitpunkt wirtschaftliche Einbußen der Antragstellerinnen zu gewärtigen sind. Der gegenteiligen Ansicht der Antragstellerinnen kann nicht gefolgt werden, weil - anders als in Fällen, in denen ein Anbieter Konkurrenzprodukte schon vor Ablauf des Patentschutzes bewirbt und damit anbietet (vergleiche dazu BGH GRUR 2007, 221) - weder für die Leistungserbringer (Ärzte und Apotheker) noch für die Versicherten ein Anreiz besteht, auf das günstigere Produkt zu warten, zumal angesichts der hier betroffenen Indikationen ein solches Zuwarten ohnehin ausgeschlossen erscheint. Damit war aber ein Tätigwerden des Sozialgerichts vor dem 31.01.2017 nicht zwingend, so dass die Eilbedürftigkeit für einen Hängebeschluss nicht gegeben war, dessen Erlass jedenfalls aber einer Begründung bedurfte.
In Anbetracht dieser Umstände ist der Senat auch nicht gehalten, in der Sache selbst schon eine Entscheidung zu treffen, so dass der angefochtene Beschluss lediglich aufzuheben ist.
Der Senat weist aber vorsorglich auf Folgendes hin.
Nach summarischer Prüfung ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben. Mit der Entscheidung des EuGH vom 02.06.2016 (C-410/14) ist klargestellt, dass Vergaberecht auf die Ausschreibung von Verträgen nach § 130a Abs. 8 SGB V im Open-House-Verfahren keine Anwendung findet (zum früheren Meinungsstreit vergleiche BSG, Beschluss vom 22.04.2008 - B 1 SF 1/08 R Rn. 65, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.01.2012 - VII-Verg 58/11, juris Rn. 50). Auch der Gesetzgeber hat seine frühere gegenteilige Auffassung (BT-Drucks. 16/3100 S. 144) inzwischen aufgegeben (BT-Drucks. 18/6492 S. 3).
Es handelt sich vorliegend auch nicht um ein Verfahren wegen mittelbarer Verletzung von Patentrechten, für das die ordentlichen Gerichte zuständig sind, auch wenn das Vorbringen der Antragstellerinnen im Wesentlichen auf die Verletzung ihrer Patent-/Lizenzrechte gestützt wird.
Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in - bis auf hier nicht einschlägige Ausnahmen - Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung. Ob der Rechtsstreit öffentlich-rechtlicher Art ist, hängt dabei maßgeblich von der Natur des Rechtsverhältnisses ab, aus dem der erhobene Anspruch begründet wird, sofern eine ausdrückliche Zuweisung fehlt (GmSOGB SozR 1500 § 51 Nr. 53 S. 108; BSG, Beschluss vom 10.12.2015 - B 12 SF 1/14 R; BSG, Beschluss vom 30.09.2015 - B 3 KR 22/15 B; BSG, Beschluss vom 28.09.2010 - B 1 SF 1/10 R, alle unter juris). Die Antragstellerinnen wenden sich gegen die Art einer Ausschreibung nach § 130a Abs. 8 SGB V. Schon nach dem umfassenden Wortlaut des § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG sind sämtliche Rechtsstreitigkeiten aus dem öffentlich-rechtlichen Rechts- und Pflichtenkreis der Krankenkassen, der unmittelbar ihre öffentlichen Aufgaben betrifft, den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen (BSG, Beschluss vom 28.09.2010 a.a.O. Rn. 15). Die Verpflichtung und das Recht zur Ausschreibung entsprechender Verträge folgt aber unmittelbar aus den öffentlich-rechtlichen Bestimmungen des SGB V über die Gestaltung der gesetzlichen Krankenversicherung. Dass die Antragstellerinnen ihre Patent- bzw. Lizenzrechte durch die Art der Ausschreibung gefährdet sehen, begründet keine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit, weil die Rechtsfolgen/Wirkungen der hier geltend gemachten Unterlassungen bzw. Verpflichtungen für die hier maßgebliche Abgrenzung ohne Bedeutung sind (BSG, Beschluss vom 10.12.2015 a.a.O. Rn. 11).
Die Zulässigkeit der Anträge begegnet auch ansonsten keinen Bedenken, sie erscheinen jedoch nicht begründet.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Daran fehlt es, weil schon ein Anordnungsanspruch nicht erkennbar ist.
Soweit die Antragstellerinnen Eingriffe in ihren geschützten Rechtskreis aufgrund der Ausschreibung vor Ablauf des Patent-/Lizenzschutzes geltend machen, kann wiederum dahinstehen, ob die Antragsgegnerin mit der Ausschreibung eine Verletzung im Sinne des § 9 S. 2 Nr. 1 PatG begangen hat. Zwar stellt auch ein Angebot, das sich allein auf den Abschluss von Geschäften oder Lieferung nach Ablauf der Schutzfrist bezieht, eine Patentverletzung bzw. Verletzung des ergänzenden Schutzzertifikats dar (BGH a.a.O.). Der damit bezweckte umfassende Schutzgedanke ist aber, wie bereits dargelegt, für eine Beurteilung der Ausschreibung nach § 130a Abs. 8 SGB V nicht heranzuziehen. Die von den Antragstellerinnen geltend gemachten negativen wirtschaftlichen Auswirkungen allein infolge der Ausschreibung sind nicht nachvollziehbar in Anbetracht der bei den Leistungserbringern und den Patienten vor der tatsächlichen Zurverfügungstellung günstigerer Arzneimittel bestehenden Interessenlage. Dass diese vor Abschluss der Verträge und der tatsächlichen Verfügbarkeit entsprechender Generika von einer Versorgung mit dem geschützten Arzneimittel Abstand nehmen könnten, ist seitens der Antragstellerinnen weder hinreichend belegt worden noch sind insoweit nachvollziehbare Gründe ersichtlich.
Aber selbst wenn man eine entsprechende Verletzung unterstellt, hat sich der Anordnungsanspruch jedenfalls mit Ablauf des 21.12.2016 erledigt. Ein Fortsetzungsfeststellungsantrag ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht zulässig (Keller a.a.O. Rn. 40).
Soweit das Verhalten der Antragsgegnerin ab dem 22.12.2016 betroffen ist, ist eine Gefährdung der Rechte der Antragstellerinnen durch die angegriffene Ausschreibung ebenfalls nicht erkennbar.
Wenn die Antragstellerinnen beantragen, der Antragsgegnerin aufzugeben, "alle Maßnahmen zu ergreifen, die angemessen und erforderlich sind", ihre Rechte zu schützen, läuft dies entgegen der Behauptung der Antragstellerinnen auf ein vollständiges Verbot der Ausschreibung hinaus, welches durch die Rechtsordnung nicht gedeckt ist (vgl. Conrad, NZS 2016, 687, 690). Im Falle einer solchen Verpflichtung liefe die Antragsgegnerin jederzeit Gefahr, gegen die gerichtlichen Auflagen zu verstoßen, weil in keiner Weise definiert ist, was angemessene und erforderliche Maßnahmen sind. Unter diesen Umständen könnte sie zur Vermeidung rechtswidrigen Handelns nur einstweilig Abstand von der Ausschreibung insgesamt nehmen.
Die Antragsstellerinnen haben aber auch keinen Anspruch auf die im Einzelnen bezeichneten Auflagen glaubhaft gemacht. Sie werden im Ergebnis nämlich durch den Abschluss von Rabattverträgen nicht schlechter gestellt, als sie im Fall des Angebots der Generika ohne Rabattverträge stünden. Nach § 129 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V sind die Apotheken zur Abgabe eines preisgünstigen Arzneimittels in Fällen verpflichtet, in denen der verordnende Arzt a) ein Arzneimittel nur unter seiner Wirkstoffbezeichnung verordnet hat oder b) die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen hat. Dies bedeutet aber grundsätzlich die Ersetzungspflicht, sofern der verordnende Arzt keinen Gebrauch von seinem Recht (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 AMVV) zum Ausschluss der aut-idem-Ersetzung gemacht hat. In Fällen des Bestehens von Verträgen nach § 130a Abs. 8 SGB V ändert sich diese Ersetzung lediglich insoweit, als nunmehr die rabattierten Arzneimittel abzugeben sind (§ 129 Abs. 1 S. 3 SGB V). Da damit aber die Ersetzung durch das Generikum, was preislich deutlich unter dem (zuvor) patentgeschützten Arzneimittel liegt, die Regel ist, führt allein der Abschluss von Rabattverträgen nicht zu einer weiteren Beeinträchtigung der Rechtsposition der Antragstellerinnen (vgl. ebenso OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2016 - VII-Verg 2/16, juris Rn. 38). Ebenso wenig ist erkennbar, dass der Abschluss der Rabattverträge auf das Verordnungsverhalten der Ärzte Einfluss haben wird (OLG Düsseldorf a.a.O.). Zwar ist im Vergaberecht angenommen worden, dass die Krankenkassen verpflichtet sind, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf das Verordnungsverhalten der Ärzte Einfluss zu nehmen (OLG Düsseldorf a.a.O.). Unabhängig davon, inwieweit diese Rechtsprechung mangels Anwendbarkeit des Vergaberechts noch von Bedeutung ist, ist aber nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin entsprechende Information der Ärzte unterlassen will. Insoweit könnte sie Erklärungen abgeben, wie sie das OLG Düsseldorf aufgezeigt hat (Beschluss vom 11.05.2016 a.a.O. Rn. 42 ff.; Beschluss vom 14.09.2016 - VII-Verg 13/16, juris Rn. 43 ff.).
Etwas anderes folgt auch nicht aus § 4 Abs. 4 des Rahmenvertrages nach § 129 Abs. 2 SGB V (Fassung vom 30.09.2016). Dieser sieht allerdings vor, dass, solange eine vorrangige Abgabe rabattbegünstigter Arzneimittel nicht zustande kommt, in Fällen der namentlichen Bezeichnung des Arzneimittels durch den verordnenden Arzt der Apotheker bei der Ersetzung die Wahl zwischen dem genannten und den drei preisgünstigsten Arzneimitteln hat. Abgesehen davon, dass zweifelhaft erscheint, ob diese Regelung im Einklang mit § 129 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB V steht (vgl. auch BKartA Bonn, Beschluss vom 21.12.2015 - VK 1 - 106/15, juris Rn. 76), ist auch in diesem Fall zu erwarten, dass der Apotheker eines der preisgünstigsten Generika und nicht das teurere Arzneimittel abgibt, weil er Streitigkeiten mit der Krankenkasse vermeiden möchte.
Die Kostenentscheidung folgt der abschließenden Kostenentscheidung.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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