L 16 RJ 70/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 29 RJ 887/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RJ 70/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. August 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Erstattung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung.

Der Kläger ist 1961 geboren worden. Vom 1. September 1978 bis zum 31. Oktober 1985, insgesamt 86 Monate, stand er durchgehend in Beschäftigungsverhältnissen, welche in der gesetzlichen Rentenversicherung beitragspflichtig waren und entrichtete den auf ihn entfallenden Anteil am Beitrag. Seit 1. Oktober 2001 entrichtet der Kläger nach seinen Angaben auf Grund einer versicherungspflichtigen Nebenbeschäftigung wiederum Beitragsanteile zur gesetzlichen Rentenversicherung.

Am 1. November 1985 war der Kläger in das Beamtenverhältnis des Landes Berlin berufen worden und ist Beamter auf Lebenszeit.

Seinen im August 2001 gestellten Antrag, ihm die von ihm geleisteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erstatten, lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 14. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2002 ab. Die Voraussetzungen für die Beitragserstattung seien nicht erfüllt, weil der Kläger berechtigt sei, freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten.

Mit der Klage macht der Kläger geltend, dass er einen Anspruch auf Erstattung der Beiträge habe. Voraussetzung dafür sei, dass die Versicherungspflicht entfallen sei. Aus welchem Grund dies geschehen sei, sei ohne Bedeutung. Die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach Ablauf "der 24 Kalendermonate" habe keine Auswirkungen auf den geltend gemachten Anspruch.

Durch Urteil vom 22. August 2002 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Der Kläger könne nicht die Erstattung der bis Oktober 1985 zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge beanspruchen. Dies scheide bereits deshalb aus, weil der Kläger versicherungspflichtig sei. Der vom Kläger herangezogene Verweis auf die in § 210 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) genannte Frist beruhe auf einem irrigen Verständnis dieser Vorschrift und gehe fehl. Übersehen habe der Kläger auch, dass er die Erstattung gemäß § 210 Abs. 6 Satz 1 SGB VI nicht auf einzelne Beitragszeiten oder Teile der Beiträge beschränken könne. Weiter könne der Kläger nicht einwenden, dass er im Zeitpunkt seines Antrags auf Beitragserstattung noch nicht wieder beitragspflichtig gewesen sei. Denn maßgeblich sei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Schließlich bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Anwendung des § 210 SGB VI.

Mit der Berufung macht der Kläger geltend, dass der Ausschluss von der Beitragserstattung gegen Artikel 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstoße. Er habe über Jahre hinweg Beiträge eingezahlt, ohne daraus einen nennenswerten Anspruch herleiten zu können. Hinzu komme, dass er als Beamter eine Alterssicherung aus einem anderen Versorgungssystem erhalte. Es bestehe von daher keine Notwendigkeit, die bei der Beklagten eingezahlten Beiträge stehen zu lassen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. August 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die von ihm bis Oktober 1985 entrichteten Anteile an den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten lagen dem Senat bei seiner Entscheidung für. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte über die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter entscheiden, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Den Beteiligten ist zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Berufung ist unbegründet; das SG und die Beklagte haben zu Recht einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der Beiträge verneint.

Rechtsgrundlage hierfür sind § 210 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 SGB VI. Nach diesen Vorschriften ist einem Versicherten auf Antrag die Hälfte der für die Zeit nach dem 20. Juni 1948 gezahlten Beiträge zu erstatten, wenn er nicht versicherungspflichtig ist und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung hat sowie seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht 24 Kalendermonate abgelaufen sind und inzwischen nicht erneut Versicherungspflicht eingetreten ist. Der Kläger hat den Antrag nach Ablauf der maßgeblichen Zweijahresfrist gestellt und war im Zeitpunkt des Antrags auf Beitragserstattung als Beamter auf Lebenszeit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI versicherungsfrei. Ob der Anspruch inzwischen bereits deshalb entfallen ist, weil der Kläger nach eigenem Bekunden inzwischen wieder eine - dann offenkundig von der Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI wegen § 5 Abs. 1 Satz 1 letzter Teilsatz SGB VI nicht erfasste - versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen hat, kann ebenso dahinstehen wie die Frage, ob der Kläger wegen § 210 Abs. 6 Satz 1 SGB VI sein Begehren auf die bis zum Zeitpunkt des Erstattungsantrags entrichteten Beiträge beschränken kann. Denn selbst wenn diese beiden Umstände nicht berücksichtigt werden, besteht der Anspruch auf jeden Fall deshalb nicht, weil der Kläger nach § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB VI berechtigt ist, sich freiwillig zu versichern: Er hat die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren erfüllt, weil schon bis zum Zeitpunkt des Erstattungsantrags für ihn Pflichtbeiträge für 86 Monate entrichtet worden waren (§§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI).

Entgegen der Ansicht des Klägers verletzt die Regelung des § 210 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 3 SGB VI nicht die Eigentumsgarantie des Artikel 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. zum folgenden BSG SozR 2200 § 1303 Nr. 35 und Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Juli 2000 - L 8 RA 2233/99 -, EzS 60/134). Ein verfassungswidriger Eingriff in das Grundrecht ist bereits deshalb fraglich, weil der Beitragserstattungsanspruch nicht der existentiellen Sicherung des Einzelnen zu dienen bestimmt ist und deshalb gerade keine Unterhaltsersatzfunktion hat, wie vom Bundesverfassungsgericht für den Schutz durch das Grundrecht auf Eigentum gefordert wird. Dies unterscheidet den hier geltend gemachten Anspruch von dem Anspruch auf Versichertenrente, der unter die Eigentumsgarantie des Artikel 14 GG fällt.

Selbst wenn unterstellt wird, dass das Grundrecht überhaupt berührt wird, so liegt doch jedenfalls kein verfassungswidriger Eingriff vor. Denn dem Kläger werden im Fall der Verneinung eines Beitragserstattungsanspruchs die von ihm erworbenen Rentenanwartschaften gerade nicht entzogen, so dass die Eigentumsgarantie nicht verletzt ist (dazu ausführlich BVerfGE 100, 1ff; 75,78 ff.).

Der Vortrag des Klägers, dass er die an die gesetzliche Rentenversicherung gezahlten Beiträge nicht benötige, weil er als Beamter durch ein anderes Versorgungssystem abgesichert sei, ist im Rahmen des Grundrechts auf Eigentum ohne Bedeutung. Denn durch dieses Grundrecht wird lediglich der Wert der gezahlten Beiträge im Leistungsgefüge der gesetzlichen Rentenversicherung selbst geschützt.

Soweit der Kläger der Sache nach einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 GG) rügt, kann dem gleichfalls nicht gefolgt werden. Eine Ungleichbehandlung liegt zum einen nicht darin, dass der Kläger im Gegensatz zu Beamten, die keine über 5-jährige Vorversicherungszeit bei einem gesetzlichen Rentenversicherungsträger vorweisen können, nach dem Gesetz auf keinen Fall eine Beitragserstattung beanspruchen kann. Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz verbietet es, wesentlich gleiche Sachverhalte willkürlich ungleich und wesentlich ungleiche Sachverhalte willkürlich gleich zu behandeln. Dadurch, dass nur solche Beamte Anspruch auf Beitragserstattung haben, die die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt haben, werden nicht gleiche Sachverhalte willkürlich ungleich behandelt. Der Kläger verkennt, dass er durch die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit - im Unterschied zu den Erstattungsberechtigten - u.a. bereits eine Anwartschaft für die Regelaltersrente nach § 35 SGB VI erworben hat, so dass schon keine wesentlich gleichen Sachverhalte vorliegen. Soweit die nach § 55 Beamtenversorgungsgesetz vorzunehmende Anrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf seine zu erwartende Beamtenpension im Ergebnis dazu führen kann, dass er zwar Anspruch auf eine Leistung des Rentenversicherungsträgers hat, diese aber wirtschaftlich nicht zu einer Erhöhung seiner Altersbezüge führt, ist dies ebenfalls verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Gesetzgeber war auch insoweit nicht durch Artikel 3 Abs. 1 GG gehalten, eine Beitragserstattung zu ermöglichen. Denn der Kläger steht auf Grund seines Status als Beamter nicht anders als jeder andere Versicherte, der die gleiche Zahl an Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt hat. Er hat also schon vor dem Erreichen der Altersgrenze für die Regelaltersrente Zugang zu allen Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung (z.B. zur medizinischen Rehabilitation) unter den gleichen Voraussetzungen wie dieser Personenkreis. Von daher liegen insoweit keine ungleichen Sachverhalte vor, die willkürlich ungleich behandelt würden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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