L 2 U 17/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 68 U 937/99
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 U 17/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Februar 2002 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger auch dessen außergerichtliche Kosten im Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Verletztenrente.

Der 1966 geborene Kläger erlitt am 25. Oktober 1983 einen Arbeitsunfall, als er als Auszubildender für den Beruf des Gas-Wasser-Installateurs beim Erneuern eines Abflussrohres in einer ca. 2,5 m tiefen Grube von Sandmassen verschüttet wurde. Er wurde ins Klinikum W transportiert und nach kurzer Untersuchung wieder entlassen.

Am 14. Juli 1998 wandte der Kläger sich an die Beklagte und bat um eine Begutachtung, weil Spätfolgen des Arbeitsunfalls eingetreten seien. Die Beklagte forderte von dem erstbehandelnden Facharzt für Chirurgie L einen Befundbericht an. Dieser schilderte unter dem 13. Oktober 1998, dass der Kläger zunächst in seine Praxis gebracht worden sei. Er habe laufen und spontan atmen können, sei jedoch geschockt und voll mit Sand verdreckt gewesen. Zum Ausschluss einer Fremdkörperinhalation bzw. einer Unterkühlung habe er den Kläger sofort ins damalige W Krankenhaus weitergeleitet. Die Beklagte zog Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) vom 2. März 1990 und 18. Juni 1990, den Entlassungsbericht der Privatklinik für Psychogene Störungen vom 15. Mai 1990 sowie die Vorerkrankungsverzeichnisse der Techniker Krankenkasse für die Zeit ab 1. Januar 1997 und der AOK für die Zeit bis zum 31. Dezember 1996 und einen Entlassungsbericht der Privatklinik für Psychogene Störungen vom 25. Juni 1999 über einen Aufenthalt vom 22. Februar bis zum 8. Juni 1999 bei. Anschließend beauftragte sie den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H und die Diplom-Psychologin H mit der Erstellung eines fachärztlichen und psychologischen Gutachtens. Sie kamen am 21. Juli 1999 zu dem Ergebnis, der Unfall sei nach dem primären Ablauf folgenlos gewesen. Für die bestehende Angstneurose sei der Arbeitsunfall weder vordergründig noch gar wesentlich ursächlich gewesen. Nach aller Erfahrung würde ein derartiges Ereignis, wenn es denn wirklich wesentlich psychotraumatisierend wirksam geworden sei, aktuell eine Symptomatik auslösen, allenfalls mit einer kürzeren Intervallphase, keineswegs aber erst nach mehrjährigem zeitlichen Ablauf.

Durch Bescheid vom 17. August 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 1999 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente ab. Die geklagten Beschwerden stünden mit dem Arbeitsunfall nicht im ursächlichen Zusammenhang, seien vielmehr auf unfallfremde in der Persönlichkeitsstruktur des Klägers begründete Ursachen zurückzuführen.

Mit der dagegen vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, bereits in engem zeitlichen Zusammenhang habe er eine Angstsymptomatik z.B. beim U-Bahnfahren entwickelt und deshalb nur noch das Motorrad für den Arbeitsweg benutzt. Das Sozialgericht hat Befundberichte des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. I, der Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B-G sowie der praktischen Ärztin H-S L eingeholt und das von Prof. Dr. K am 1. September 1999 für den MDK erstattete Gutachten sowie den Entlassungsbericht der C - Psychosomatische Klinik - vom 20. November 1998 zur Akte genommen. Anschließend hat es ein Sachverständigengutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie und Psychotherapie Dr. G nebst einem ergänzenden neuropsychologisch-psychologischem Gutachten der Diplom-Psychologin D eingeholt. Die Diplom-Psychologin D ist in ihremGutachten vom 13. Dezember 2000 zu dem Ergebnis gekommen, unfallunabhängig bestünden als psychosomatisch einzuschätzende Beschwerden im Gastrointestinalbereich, bezüglich der Angstsymptomatik gestalte sich die Sachlage uneindeutig. Ein Einschleichen der Angstsymptomatik durch das Unfallereignis könne nicht gänzlich ausgeschlossen werden, da der Kläger glaubhaft Symptome bereits aus der Frühphase angebe. Es sei auch glaubhaft, dass er damals die entsprechenden Auffälligkeiten nicht einzuordnen gewusst habe bzw. vor dem Hintergrund einer eher verdrängenden Persönlichkeitsstruktur nicht als beachtenswert eingeschätzt habe. Es sei jedoch anzunehmen, dass mehrere Ereignisse sowohl aus dem persönlichen als auch dem Arbeitsbereich eingetreten seien, die zu einer Dekompensation geführt hätten. Eine Gewichtung der verschiedenen Faktoren (traumatisierendes Initialereignis, lebensgeschichtlich belastende Ereignisse aus dem Bereich Familie und Beruf sowie problematische Persönlichkeitsstruktur) scheine angesichts der zeitlichen Verläufe und der eher spärlichen Dokumentation kaum leistbar. Dr. G hat in seinem Gutachten vom 15. Januar 2001 dargelegt, bei dem Kläger liege zum einen eine phobische und episodisch paroxysmale Angststörung und zum anderen eine somatoforme Störung vor. Diese somatoforme Störung habe ihren Ursprung bereits in der Kindheit, eine Unfallbezogenheit sei nicht zu erkennen. Hinsichtlich der phobischen und episodisch paroxysmalen Angststörung sei es für ihn im Gegensatz zu Frau D plausibler anzunehmen, dass das lebensbedrohliche Ereignis, das den Kläger als 17-jährigen Lehrling, also nicht im gleichsam gestandenen Erwachsenenalter, ereilt habe, überragende Bedeutung besitze. Selbst wenn man die genannten verschiedenen Faktoren als nebeneinander stehende Ursachen bzw. Mitursachen mit annähernd gleichwertiger Bedingungsbedeutung einstufen würde, müsste die unfallbedingte Schädigungsfolge in vollem Umfang anerkannt werden. Es bestehe ausprägungs- und auswirkungsmäßig eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, die eine MdE von 30 v.H. bedinge.

Die Beklagte hat eine Stellungnahme nach Aktenlage des Facharztes für Nervenheilkunde Dr. Dr. W, Bad O, vom 4. März 2001 eingeholt. Dieser hat eingewandt, die bei dem Kläger bestehende phobisch und episodisch-paroxysmale Angststörung könne nicht auf den Arbeitsunfall zurückgeführt werden. Es bedürfe einer schlüssigen Erklärung, warum die Angstsymptomatik erst fünf Jahre später klinisch manifest und behandlungsbedürftig geworden sei, ohne dass der Kläger in irgendeiner Weise sich während dieser Zeit ärztlich oder psychologischerseits behandlungsbedürftig gezeigt habe. Es fehle an Brückensymptomen, die Dr. G aus der für die Beweisführung nicht ausreichenden Glaubwürdigkeit der Angaben des Verunfallten herleite. Für die Bewertung des Kausalzusammenhangs stelle eine enge zeitliche Bindung zwischen dem Trauma und der ersten Manifestation der Störung im psychischen Bereich ein außerordentlich wichtiges Beurteilungskriterium dar. Gegen den Kausalzusammenhang sprächen die Tatsache, dass bei dem Kläger schon anlagemäßig psychische Störungen vorgelegen hätten und die Tatsache, dass sich das Krankheitsgeschehen seit 1988 bis heute ständig ausgeweitet habe.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. Februar 2002 hat das Sozialgericht den den Kläger seit 1. August 1989 behandelnden Dr. A und die Mutter des Klägers als Zeugen vernommen. Durch Urteil vom selben Tage hat es die Beklagte verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen des am 25. Oktober 1983 stattgehabten Arbeitsunfalls ab 1. Juli 1998 eine Verletztenteilrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 v.H. zu gewähren. Eine phobisch und episodisch paroxysmale Angststörung sei durch den Arbeitsunfall verursacht worden. Nach dem Sachverständigengutachten von Dr. G stehe für die Kammer fest, dass das lebensbedrohende Unfallereignis für die Angststörung überragende Bedeutung habe. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei auch eine Angstsymptomatik belegt, die nicht ausnahmslos durch Vorlage ärztlicher Befunde erbracht werden könne. Aufgrund der Angaben des Klägers sowie der glaubhaften Angaben der Mutter stehe für die Kammer fest, dass der Kläger in dem fraglichen Fünf-Jahres-Zeitraum bis 1988 an Panikattacken gelitten habe. Sein Ausbildungsbetrieb habe ihn von der Arbeit in Gruben freigestellt. Trotz Einsetzen des Winters nur wenige Wochen nach dem Unfall habe der Kläger wieder sein Motorrad benutzt, ständig habe er Angst gehabt, habe immer jemanden in seiner Nähe gesucht, um nur nicht allein sein zu müssen. Diese Ereignisse habe der Kläger bei verschiedenen Gelegenheiten geschildert. Die Mutter des Klägers habe für die Kammer glaubhaft geschildert, dass ihr bis zum Unfall lebensfrohes Kind danach verändert gewesen sei, insbesondere den Aufenthalt an vielen Orten nicht mehr habe ertragen können. Die Kammer folge auch dem Vorschlag von Dr. G, nach dem die MdE mit 30 v.H. zu bewerten sei. Dr. G habe unter Bezugnahme auf die einschlägigen Darlegungen in Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit ausgeführt, dass die stärker behindernde Störung eine MdE von 30 v.H. bedinge.

Mit der Berufung vom 28. März 2002 gegen das ihr am 15. März 2002 zugestellte Urteil macht die Beklagte unter Bezugnahme auf das Gutachten von Dr. H und die Stellungnahme von Dr. Dr. W geltend, dass ein Zusammenhang der Beschwerden des Klägers im psychischen Bereich mit seinem Arbeitsunfall nicht bestehe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Februar 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme von Dr. G vom 26. Juli 2002 eingeholt. Dieser hat darauf verwiesen, dass sich die phobische Angststörung maskiert in Form sympathischer Dysfunktionen mit Schwindel-, Blutregulationsstörungs- und Schmerzsymptomen geäußert habe. Entgegen der Auffassung von Dr. Dr. W sei es unzutreffend, dass beim Kläger etwa krankheitswertige psychische Symptome in der Zeit bis 1988 nicht nachgewiesen seien. Der persönlichkeitsmäßig zum Verdrängen und Somatisieren Neigende habe durchaus krankheitswertige psychisch relevante Symptome bereits ab 1983 gehabt, die sich anfangs überwiegend in vegetativ vermittelten Körperstörungen geäußert hätten. Dass ein bezüglich der psychischen Angstsymptomatik großer Leidensdruck mit spätem Aufsuchen einschlägiger Hilfen stattgefunden habe, sei auf dem Hintergrund seiner Persönlichkeitsstruktur zu verstehen und für Angstpatienten keinesfalls untypisch. Angst könne sich hinter der Maske vieler Phänomene verbergen. Entgegen der Auffassung von Dr. Dr. Whabe sich das Krankheitsgeschehen auch nicht ständig ausgeweitet, vielmehr habe der Kläger erst im Laufe der Jahre gelernt, mehr Offenheit hinsichtlich der psychischen Aspekte der Angststörung zu entwickeln.

In einer daraufhin von der Beklagten eingeholten Stellungnahme nach Aktenlage hat der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Gunter dem 1. Oktober 2002 angegeben, Dr. G sei es entgangen, dass Frau D abschließend erwähnt habe, eine Gewichtung der verschiedenen Faktoren sei angesichts der zeitlichen Verläufe und der eher spärlichen Dokumentation kaum leistbar. Eine plausible Schilderung bei einem Zeitintervall zwischen 1983 und 1998 reiche nicht aus, hier Brückenphänomene zu sehen, vielmehr sei festzustellen, dass es sich um kurzzeitig geschilderte Ereignisse ohne wesentlich weitergehende Problematik gehandelt habe. Das Erlebnis von 1983 habe ein Anfangserlebnis dargestellt, welches zunächst nicht zu einer weitergehenden Symptomatik geführt habe, dann aber mit Manifestwerden einer sich langsam entwickelnden, zunehmenden und unfallunabhängigen psychischen Störung mit in diese hineingenommen worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des SG - S 68 U 937/99 -) und die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass dem Kläger wegen des Vorliegens einer phobisch und episodisch paroxysmalen Angststörung als Folge des Arbeitsunfalles vom 25. Oktober 1983 eine Verletztenrente zu gewähren ist.

Gemäß §§ 212, 214 Abs. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) VII sind auf den Rechtsstreit nicht die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung, sondern diejenigen des SGB VII anzuwenden, weil eine Verletztenrente erst für die Zeit nach In-Kraft-Treten des SGB VII am 1. Januar 1997 geltend gemacht wird.

Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf eine Rente, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Voraussetzung für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch ist neben dem unstreitigen Vorliegen eines Arbeitsunfalles und dem unstreitigen Vorliegen einer Erkrankung, dass zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsstörung ein ursächlicher Zusammenhang besteht (haftungsausfüllende Kausalität). Dieser Zusammenhang muss nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hinreichend wahrscheinlich sein (vgl. BSGE 58, 76, 79). Hierunter ist eine Wahrscheinlichkeit zu verstehen, nach der bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gestützt werden kann. Haben mehrere Bedingungen zu einem Erfolg rechtlich wesentlich beigetragen, so sind sie rechtlich gleichwertig nebeneinander stehende Mitursachen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges annähernd gleichwertig sind; nur wenn einer dieser Kausalreihen gegenüber den anderen mitwirkenden Bedingungen eine überragende Bedeutung zukommt, ist diese allein Ursache im Rechtssinn. Haben also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit neben dem Arbeitsunfall unfallfremde Ursachen in für sich gesehen wesentlicher Weise mitgewirkt, müssen diese verschiedenen mitwirkenden Kausalreihen in ihrer Bedeutung und Tragweite für den streitigen Schaden gegeneinander abgewogen werden (vgl. u.a. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 84).

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stellt das Unfallereignis die wesentliche Bedingung für das Entstehen der Angststörung dar. Dr. G verweist für den Senat schlüssig und nachvollziehbar darauf, dass das lebensbedrohende Unfallereignis, das der Kläger im Alter von 17 Jahren erlebt hat, überwiegende Bedeutung für die Entwicklung des Krankheitsbildes gehabt hat. Den Einwand dagegen, dass der Kläger psychisch vorbelastet gewesen sei und während fünf Jahren keine behandlungsbedürftigen Angstsymptome entwickelt habe, widerlegt Dr. G nachvollziehbar dahingehend, gerade die verdrängende Persönlichkeitsstruktur des Klägers habe dazu geführt, dass es mehrere Jahre gedauert habe, bis es zu einer ausgeprägten Angsterkrankungsmanifestation mit entsprechendem Aufsuchen von einschlägigen Hilfen gekommen sei. Dies sei zudem für Angstpatienten keineswegs untypisch. Der Einwand von Dr. Dr. W, es könne nicht auf die Angaben des Klägers abgestellt werden, da diese für die Beweisführung nicht ausreichend seien, berücksichtigt nicht, dass für die Feststellung des Kausalzusammenhangs die hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 84 mit weiteren Nachweisen). Diese ist vorliegend zu bejahen, weil Dr. G und Frau D darauf verwiesen haben, dass in dem Zwischenzeitraum überwiegend vegetativ vermittelte Körperstörungen hätten festgestellt werden können. Dabei hat der Senat maßgeblich berücksichtigt, dass sowohl Dr. G als auch Frau D die Angaben des Klägers nicht unkritisch übernommen haben, sondern auf Widersprüchlichkeiten seiner Angaben ihnen gegenüber hingewiesen haben. So hat Dr. G ausgeführt, dass der Kläger ihm gegenüber die seit der Kindheit bestehenden psychosomatischen Störungen verschwiegen habe. Frau D hat darauf verwiesen, dass im Gespräch mit dem Kläger ein häufiges Auseinanderklaffen der gemachten Angaben und der beobachtbaren Affektlage deutlich werde. Dennoch sind beide übereinstimmend zu dem Schluss gekommen, dass der Kläger glaubhaft Symptome bereits aus der Frühphase, d.h. dem Zeitraum von 1983 bis 1988, angegeben habe. Ergänzend hat der Senat - wie bereits das Sozialgericht - berücksichtigt, dass der Nachweis der Erkrankung nicht nur durch ärztliche Behandlungen geführt werden kann, sondern auch sonstige Beweiszeichen zu berücksichtigen sind. Zutreffend hat sich das Sozialgericht insoweit insbesondere auf die Angaben der von ihm vernommenen Mutter bezogen.

Der Annahme eines überwiegenden Kausalzusammenhangs stehen auch die Ausführungen von Frau D, dass eine Gewichtung der verschiedenen Faktoren, nämlich des traumatisierenden Initialereignisses, der lebensgeschichtlich belastenden Ereignisse aus dem Bereich der Familie und Beruf sowie der problematischen Persönlichkeitsstruktur nicht möglich sei, nicht entgegen. Ist nämlich das eindeutige Überwiegen einer Schadensanlage bzw. unfallfremder Ereignisse nicht feststellbar und damit eine überwiegend wesentliche Bedeutung der Schadensanlage bzw. der unfallfremden Einflüsse im Rahmen der Abwägung nicht begründbar, darf der Arbeitsunfall nicht als Gelegenheitsursache angesehen werden. Die gute Möglichkeit, dass körpereigene Ursachen den Schaden herbeigeführt haben, reicht nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) zur Verneinung des Kausalzusammenhangs nicht aus.

Die überwiegende Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs zwischen dem Arbeitsunfall und der Angststörung wird auch nicht durch den Einwand von Prof. Dr. G widerlegt, das Anfangserlebnis sei mit Manifestwerden einer sich langsam entwickelnden, zunehmenden und unfallunabhängigen psychischen Störung mit in diese hineingenommen worden. Dieser Einwand wird nicht durch Bezugnahme auf zu den Akten gelangte medizinische Unterlagen belegt. Des Weiteren beruht er auf der Annahme, dass das Anfangserlebnis zunächst nicht zu einer weitergehenden Symptomatik geführt habe, während Dr. G und Frau D aufgrund einer umfassenden Untersuchung des Klägers gerade dargelegt haben, dass das Anfangserlebnis in unmittelbarer Folge zu Gesundheitsstörungen geführt hat, die wegen der besonderen Persönlichkeitsstruktur des Klägers nicht als Angstsymptomatik aufgetreten seien.

Nach alledem hält der Senat aufgrund der dargelegten medizinischen Erkenntnisse den Arbeitsunfall für eine wesentliche Teilursache der gegenwärtig bestehenden Angststörung, während die vorbestehende Persönlichkeitsstörung allenfalls eine annähernd gleichwertige Mitursache darstellt.

Das Sozialgericht hat auch zutreffend entschieden, dass die MdE des Klägers mit 30 v.H. zu bewerten ist. Hierzu hat es sich zu Recht auf die Einschätzung von Dr. Ggestützt.

Die Kostenentscheidung folgt dem Ergebnis in der Hauptsache. Sie beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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