L 10 EG 1/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
10
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 12 EG 1/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 EG 1/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 11. Dezember 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten höheres Erziehungsgeld in Höhe von 900 DM monatlich für die Zeit ab 01. Januar 2001 für ihre am 27. Oktober 2000 geborene Tochter V. D. (im Folgenden: V. D.).

Die am ...1963 geborene Klägerin ist die Mutter der V. D. Sie beantragte bei dem Beklagten am 16. November 2000 die Gewährung von Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) für das erste Lebensjahr ihrer Tochter V. D.

Auf der Grundlage der von der Klägerin vorgelegten Verdienstbescheinigung ihres Arbeitgebers, des Arbeitsamtes Frankfurt (Oder), für das Jahr 2000 und der Berücksichtigung des Bezuges von Mutterschaftsgeld für die Zeit vom 22. September 2000 bis 22. Dezember 2000 von der BARMER Ersatzkasse, bewilligte der Beklagte der Klägerin ab 27. Oktober 2000 bis einschließlich Vollendung des 12. Lebensmonats des Kindes V. D. Erziehungsgeld in Höhe von monatlich 600 DM (Bewilligungsbescheid vom 21. November 2000). Dieser Bescheid wurde von der Klägerin nicht mit dem Widerspruch angefochten.

Mit Schreiben vom 31. Januar 2001 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bewilligungsbescheides vom 21. November 2000 mit der Begründung, aufgrund einer ab 01. Januar 2001 geltenden Gesetzesänderung sei das Erziehungsgeld von 600 DM auf 900 DM monatlich erhöht worden; sie erhalte aber nur einen Betrag von 600 DM.

Nachdem der Beklagte das Schreiben der Klägerin vom 31. Januar 2001 zunächst als Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 21. November 2000 ansah und diesen mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2001 als verfristet und damit unzulässig zurückwies, teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 25. Mai 2001 mit, das Schreiben vom 31. Januar 2001 stelle keinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 21. November 2000 dar, sondern enthalte vielmehr eine Aufforderung, den Anspruch auf Erziehungsgeld aufgrund der seit dem 01. Januar 2001 neu geltenden Regelungen des BErzGG zu überprüfen.

Mit Bescheid vom 05. Juni 2001 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Überprüfung gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ab. Nach § 24 BErzGG seien für vor dem 01. Januar 2001 geborene Kinder die Vorschriften des BErzGG in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung weiter anzuwenden. Demnach bestehe nicht die Möglichkeit, zwischen den 600 oder den 900 DM zu wählen. Das geltende Recht sei somit nicht falsch angewandt worden, auch habe seiner Entscheidung kein falscher Sachverhalt zugrunde gelegen.

Mit ihrem hiergegen am 05. Juli 2001 eingelegten Widerspruch vertrat die Klägerin die Auffassung, die Übergangsregelung des § 24 Abs. 1 BErzGG verstoße gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Nach dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG stehe ihr demnach ab dem 01. Januar 2001 ein Anspruch auf 900 DM monatlich bis zum Ablauf des beantragten Bewilligungszeitraumes von 12 Monaten zu. Für sie gelte außerdem noch die geringe Einkommensgrenze des § 5 BErzGG alter Fassung (a.F.).

Der Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 06. Februar 2002 zurück. Eine Wahlmöglichkeit, das Budget (900 DM = 460,16 EUR) zu beantragen, bestehe nur für Kinder, die ab dem 01. Januar 2001 geboren worden seien.

Am 11. März 2002 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) Klage erhoben. Sie hat auf ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren verwiesen und ergänzend ausgeführt, die Übergangsregelung des § 24 BErzGG verstoße gegen Art. 3 GG, da nicht ersichtlich sei, warum zwischen Geburten bis zum 31. Dezember 2000 und ab dem 01. Januar 2001 differenziert werde. Es liege eine Ungleichbehandlung vor, die durch nichts gerechtfertigt sei. Sie werde durch die Regelung des § 24 BErzGG finanziell benachteiligt gegenüber Müttern, deren Kinder nach dem 31. Dezember 2000 geboren seien. Diese finanzielle Benachteiligung belaufe sich immerhin auf 300 DM monatlich. Hinzu komme, dass für sie noch die geringere Einkommensgrenze des § 5 BErzGG a. F. gelte. Diese willkürliche Regelung führe zu einer massiven Benachteiligung, die unter keinem Gesichtspunkt zu rechtfertigen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 05. Juni 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Februar 2002 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab 01. Januar 2001 Bundeserziehungsgeld in Höhe von 900 DM monatlich zu bewilligen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 11. Dezember 2002 hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) die Klage abgewiesen. Zwischen den Beteiligten sei die richtige Anwendung der Vorschriften zur Bewilligung des Erziehungsgeldes nicht streitig. Die Klägerin mache vielmehr geltend, dass durch die Anwendung von § 24 Abs. 1 BErzGG Art. 3 GG verletzt werde. Eine Verletzung von Art. 3 GG habe die Kammer jedoch nicht erkennen können. Das Bundeskindergeldgesetz sei erstmals am 01. Januar 1986 in Kraft getreten. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 seiner ursprünglichen Fassung wurde das Erziehungsgeld für nach dem 31. Dezember 1985 geborene Kinder gewährt. Die Worte "nach dem 31. Dezember 1985 geborenen" seien mit Wirkung vom 01. Juli 1989 gestrichen worden, weil der nach der ersten Fassung festgelegte Stichtag des 31. Dezember 1985 durch Zeitablauf gegenstandslos geworden sei, nicht etwa, weil die Verfassungswidrigkeit dieser Norm festgestellt worden sei. Vielmehr habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Entscheidung vom 10. Dezember 1987 dargelegt, dass die zeitliche Anknüpfung des gesetzlichen Leistungsanspruchs an den Tag der Geburt des Kindes sowie die konkrete Wahl des Stichtages (01. Januar 1986) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden seien. Insbesondere liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1, 6 Abs. 4 und 20 Abs. 2 GG nicht vor. Hierbei gelte es insbesondere zu bedenken, dass die Benachteiligung der Eltern von vor dem 01. Januar 1986 geborenen Kindern gegenüber den Eltern, deren Kinder ab dem 01. Januar 1986 geboren worden seien, erheblich größer gewesen sei, als die Benachteiligung, die die Klägerin nunmehr gegenüber den Eltern geltend mache, deren Kinder nach dem 31. Dezember 2000 geboren worden seien. Zum damaligen Zeitpunkt habe es den gesamten Anspruch auf Erziehungsgeld in Höhe von 600 DM betroffen; nunmehr gehe es lediglich um die Differenz aus dem Erhöhungsbetrag von 300 DM. Wenn das BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken in Bezug auf die Benachteiligung der Eltern von vor dem 01. Januar 1986 geborenen Kindern gehabt habe, denen ein Anspruch auf Erziehungsgeld gänzlich verwehrt geblieben sei, müsse dies erst recht für die ab 01. Januar 2001 erfolgte Erhöhung des Kindergeldes für das erste Lebensjahr des Kindes gelten, da hier die Ungleichheit nach Dauer und Höhe noch geringer sei als dies bei der Einführung des Bundeserziehungsgeldgesetzes der Fall gewesen sei.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 31. Dezember 2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 31. Januar 2003 Berufung bei dem Landessozialgericht für das Land Brandenburg eingelegt. Richtig sei zwar, dass das Sozialgericht § 24 Abs. 1 Satz 1 BErzGG richtig angewandt habe. Diese Regelung sei jedoch unwirksam, da sie eindeutig Art. 3 GG verletze. Nicht zu beanstanden sei, dass es grundsätzlich Stichtagsregelungen geben müsse. Hiergegen wende sie sich auch gar nicht. Wenn jedoch das Erziehungsgeld ab einem bestimmten Stichtag erhöht werde, müsse dies auch für alle Kinder gleichermaßen gelten und nicht nur Kinder, die ab einem bestimmten Stichtag geboren worden seien. Sie werde durch die vorliegenden gesetzlichen Regelungen unangemessen benachteiligt. Diese Benachteiligung sei auch willkürlich, da nachvollziehbare Gründe für diese Ungleichbehandlung nicht gegeben seien. Allenfalls mögen hier haushaltstechnische Gründe auf der Seite des Beklagten eine Rolle gespielt haben. Neben einem Verstoß gegen Art. 3 GG würden hierdurch auch Art. 6 Abs. 4, 20 Abs. 1 und 19 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt. Sie habe von dem Beklagten Erziehungsgeld in Höhe von 600,00 DM monatlich für den Zeitraum vom 27. November 2000 bis 27. November 2001 erhalten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 11. Dezember 2002 sowie den Bescheid des Beklagten vom 05. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Februar 2002 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid vom 21. November 2000 teilweise zurückzunehmen und ihr ab 01. Januar 2001 Erziehungsgeld in Höhe von 900 DM monatlich zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Nr. des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 Euro übersteigt.

Die Berufung der Klägerin ist indessen nicht begründet. Das Sozialgericht Frankfurt (Oder) hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 05. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Februar 2002 ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Rechtsgrundlage für das Klagebegehren ist § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Hiernach ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Es fehlt hier bereits an der Grundvoraussetzung, dem Vorliegen eines rechtswidrigen, nicht begünstigenden Verwaltungsaktes. Der das der Klägerin Erziehungsgeld bewilligende Bescheid des Beklagten vom 21. November 2000 ist nicht rechtswidrig, und zwar auch nicht, soweit der Klägerin für die Zeit ab 01. Januar 2001 Erziehungsgeld in Höhe von 600,- DM monatlich statt der von ihr begehrten 900,- DM monatlich zuerkannt worden ist.

Die Klägerin hat auch für die Zeit vom 01. Januar 2001 bis zur Vollendung des 12. Lebensmonats des Kindes V. D. am 26. Oktober 2001 nur Anspruch auf Erziehungsgeld in Höhe von 600,- DM monatlich, sie hat für die Zeit ab 01. Januar 2001 keinen Anspruch auf Erziehungsgeld in Höhe von 900 DM monatlich.

Vorliegend hat der Beklagte der Klägerin Erziehungsgeld für ihr Kind V. D. für 12 Monate nach den Vorschriften der §§ 4 und 5 BErzGG in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung bewilligt.

Nach § 4 Abs. 1 BErzGG in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung wurde Erziehungsgeld vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des 18. Lebensmonats gewährt. Für Kinder, die nach dem 31. Dezember 1992 geboren werden, wurde Erziehungsgeld bis zur Vollendung des 24. Lebensmonats gewährt.

Nach § 5 Abs. 1 BErzGG in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung betrug das Erziehungsgeld 600 DM monatlich.

Entsprechend diesen Regelungen hat der Beklagte der Klägerin Erziehungsgeld für ihr Kind V. D. in Höhe von 600 DM monatlich bewilligt. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BErzGG in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes vom 12. Oktober 2000 (BGBl. I S. 1426) beträgt das monatliche Erziehungsgeld bei einer beantragten Zahlung für längstens bis zur Vollendung des

1. 12. Lebensmonats 900 DM (Budget),
2. 24. Lebensmonats 600 DM.

Soweit Erziehungsgeld wegen der Einkommensgrenzen nach § 5 Abs. 2 BErzGG nur für die ersten 6 Lebensmonate möglich ist oder war, entfällt das Budget (Satz 2). Der nach Satz 2 zu Unrecht gezahlte Budgetanteil von bis zu 1.800 DM ist zu erstatten (Satz 3). Die Entscheidung des Antragstellers für das Erziehungsgeld nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 ist für die volle Bezugsdauer verbindlich; in Fällen besonderer Härte ist eine einmalige Änderung möglich (Satz 4). Entscheidet er sich nicht, gilt die Regelung nach Nr. 2 (Satz 5).

Diese ab dem 01. Januar 2001 geltende Neuregelung findet jedoch auf die Klägerin, deren Kind V. D. vor dem 01. Januar 2001 geboren wurde, gemäß § 24 Abs. 1 BErzGG in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung keine Anwendung. Hiernach sind für die vor dem 01. Januar 2001 geborenen Kinder oder die vor diesem Zeitpunkt mit dem Ziel der Adoption in Obhut genommenen Kinder die Vorschriften des BErzGG in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung weiter anzuwenden.

Auch diesbezüglich ist nicht umstritten, dass der Beklagte die Regelungen des Bundeserziehungsgeldgesetzes in der ab dem 01. Januar 2001 geltenden Fassung, insbesondere § 24 Abs. 1 BErzGG zutreffend angewandt hat.

Diese ab 01. Januar 2001 geltenden Neuregelungen des Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes vom 12. Oktober 2000, insbesondere § 24 Abs. 1 Satz 1 BErzGG in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung verstoßen nicht gegen das Grundgesetz. Für eine Aussetzung des Verfahrens nach Art. 100 Abs. 1 GG verbunden mit einer Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gibt es deshalb keine Grundlage. Eine Vorlage an das BVerfG ist nämlich nur zulässig, wenn das Gericht von der Ungültigkeit einer Norm überzeugt ist. Zweifel oder Bedenken reichen nicht aus. Erlangt das Gericht diese sichere Überzeugung nicht, so ist es nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, die Norm ungeachtet eventueller Zweifel und Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit anzuwenden (s. dazu Maunz, in Maunz-Dürig, Komm. z. GG, Art. 100 Rz. 35).

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt zur Überzeugung des Senats nicht vor. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Grundrecht, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. u. a. BVerfGE 100, 59 m.w.N.).

Die der Entscheidung des Beklagten zugrunde liegende Stichtagsregelung des § 24 Abs. 1 BErzGG in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung ist unter diesem Gesichtspunkt verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG ist es dem Gesetzgeber durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Die verfassungsrechtliche Prüfung beschränkt sich dann darauf, ob der Gesetzgeber den ihm zukommenden Spielraum in sachgerechter Weise genutzt und die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichend gewürdigt hat; die gefundene Lösung muss sich im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe rechtfertigen lassen und darf nicht als willkürlich im Sinne von Art. 3 Abs. 1 GG erscheinen.

Hiernach ist § 24 Abs. 1 BErzGG in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung im Hinblick auf die Anknüpfung des ab 01. Januar 2001 geltenden gesetzlichen Leistungsrechts an den Tag der Geburt eines Kindes sachlich vertretbar. Der Tag der Geburt fällt in aller Regel mit dem Beginn der Lebens- und Erziehungsfähigkeit eines Kindes zusammen und stellt ein objektives Kriterium dar, dessen Anwendung generell die Betroffenen gleichbehandelt, mag es auch im Einzelfall ausnahmsweise einmal zu einer Benachteiligung der Betroffenen führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 1987, 1 BvR 1233/87, in SozR 7833 § 1 Nr. 3 m.w.N.). Auch die konkrete Wahl des Stichtages (01. Januar 2001) ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Selbst wenn die genannte Stichtagsregelung (01. Januar 2001) und die Anknüpfung an den Tag der Geburt eines Kindes verfassungsrechtlich problematisch sein sollte, was, wie ausgeführt, zur Überzeugung des Senats nicht der Fall ist, wird die Klägerin durch die ab 01. Januar 2001 geltenden Neuregelungen des § 5 Abs. 1 BErzGG nicht finanziell benachteiligt.

Die Klägerin hätte nämlich nach den ab 01. Januar 2001 geltenden Neuregelungen keinesfalls Anspruch auf ein Erziehungsgeld, das insgesamt höher wäre als das Erziehungsgeld, das ihr nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften zustand. Nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Regelungen in den §§ 4 und 5 BErzGG hatte die Klägerin längstens bis zur Vollendung des 24. Lebensmonats ihres Kindes V. D. Anspruch auf Erziehungsgeld in Höhe von 600 DM monatlich, ggf. gemindert ab dem 7. Lebensmonat bei Überschreiten bestimmter Einkommensgrenzen. Der maximale Leistungsanspruch für die Klägerin betrug somit nach diesen bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Regelungen insgesamt 14.400 DM. Die mit Wirkung vom 01. Januar 2001 geltende Neuregelung in § 5 Abs. 1 BErzGG dagegen beinhaltet ein Budget-Angebot für das Erziehungsgeld. Das monatliche Erziehungsgeld von grundsätzlich 600 DM monatlich erhöht sich hiernach im Rahmen dieser neuen Budgetregelung als familienpolitische Alternative auf monatlich 900 DM, und zwar unter der Voraussetzung, dass es insgesamt nur bis zum 12. Lebensmonat in Anspruch genommen wird. Die Gesamtsumme hierbei ist stets niedriger als bei der so genannten normalen Bezugsdauer bis zum 24. Lebensmonat. Die Budgetregelung sollte nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zu einem höheren Erziehungsgeld führen, sondern das Budget-Angebot sollte die unterschiedlichen familiären Lebensverhältnisse berücksichtigen. Dabei sollte der Grundsatz maßgebend sein, dass im jeweiligen Einzelfall der Gesamtbetrag des Budgets nicht den Gesamtbetrag des unbudgetierten Erziehungsgeldes bei seiner vollen Bezugsdauer erreichen oder übersteigen darf (vgl. Bundestags-Drucksache 14/3553 S. 17; Wiegand, Kommentar zum Bundeserziehungsgeldgesetz, 9. Auflage, § 5 Rz. 2 m.w.N.). Wäre die Klägerin unter die ab 01. Januar 2001 geltende Budgetregelung gefallen und hätte sie von dem Budgetangebot Gebrauch gemacht und lediglich für das erste Lebensjahr Erziehungsgeld beansprucht, hätte sie insgesamt nur einen maximalen Leistungsanspruch von 10.800 DM und damit nur Anspruch auf einen deutlich niedrigeren als den von ihr maximal nach dem alten Recht zu beanspruchenden Betrag von 14.400 DM gehabt. Eine Benachteiligung könnte daher allenfalls, jedenfalls unter Berücksichtigung des höchstmöglichen Erziehungsgeldanspruchs, für den Personenkreis gegeben sein, der die Leistungen ab 01. Januar 2001 lediglich für einen Zeitraum von 12 Monaten in Anspruch nimmt.

Auch nach dem In-Kraft-Treten der Neuregelungen zum 01. Januar 2001 haben im Übrigen Antragsteller, die Erziehungsgeld nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 BErzGG für die volle Bezugsdauer beantragen, ebenso wie nach den bis 31. Dezember 2000 geltenden Regelungen, lediglich einen Anspruch auf 600 DM monatlich. Lediglich Antragsteller, die das Budget-Angebot des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BErzGG in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung in Anspruch nahmen, konnten zwar 900 DM monatlich erhalten, insgesamt aber jedoch - wie ausgeführt - nur einen erheblich geringeren Betrag von insgesamt 10.800 DM. Für die Neuregelung des § 5 Abs. 1 BErzGG in der ab 01. Januar 2001 geltenden Fassung besteht im Übrigen ein sachlicher Grund, denn Eltern können sich hiernach unter Berücksichtigung ihrer familiären und beruflichen Bedingungen für eine zeitlich verkürzte Inanspruchnahme des Erziehungsgeldes entscheiden; das mögliche Budget-Verfahren ist eine unter mehreren Maßnahmen für eine pragmatische Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Unter Berücksichtigung dieser Zielsetzungen der ab 01. Januar 2001 geltenden Neuregelungen liegt es auf der Hand, dass auch eine Verletzung von Art. 6 Abs. 4 GG, nach dem jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft hat, nicht vorliegt. Das Schutzgebot aus Art. 6 Abs. 4 GG hat u. a. das Ziel und die Tendenz, den Gesetzgeber zu verpflichten, wirtschaftliche Belastungen, die im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft und Mutterschaft stehen, auszugleichen. Insoweit schützt Art. 6 Abs. 4 GG die Mutter in vergleichbarer Weise wie Art. 6 Abs. 1 GG Ehe und Familie. Das gilt auch für das Gebiet der Sozialversicherung. Indessen bedeutet das nicht, dass der Gesetzgeber gehalten wäre, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung oder Härte auszugleichen (vgl. BVerfGE 60,74; 88, 259; BVerfG SozR 7833 § 1 Nr. 3 m.w.N.).

Auch aus dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG lässt sich das Begehren der Klägerin auf höheres Erziehungsgeld nicht begründen. Dem Sozialstaatsgebot lässt sich lediglich die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen. Dieser Verfassungsauftrag lässt keinen Schluss auf eine konkrete gesetzliche Regelung in einzelnen Rechtsgebieten oder Teilsystemen zu, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist. Insoweit besteht vielmehr Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers. Im Übrigen darf das Sozialstaatsgebot nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG nicht dahin ausgelegt werden, dass hierdurch jede Einzelregelung modifiziert werden müsste, deren Anwendung sich im konkreten Fall nachteilig oder als Härte auswirken kann (BVerfG SozR 7833 § 1 Nr. 3 m.w.N.).

Worin der durch die ab 01. Januar 2001 geltenden Neuregelungen des Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes von der Klägerin behauptete Verstoß gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG liegen soll, ist nicht nachvollziehbar; jedenfalls liegt ein solcher nicht vor. Worin die Grundrechtsbeschränkungen der Neuregelungen des Bundeserziehungsgesetzes liegen sollen, wie von der Klägerin behauptet, ist jedenfalls dem Senat nicht nachvollziehbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Saved