L 2 U 26/02

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 U 5016/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 26/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Klägerin war als Landwirtin durch ihr Berufstätigkeit einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Gefahr ausgesetzt, an Borreliose zu erkranken. Des Nachweises einer bestimmten Infektionsquelle bedarf es in diesem Fall nicht. Es könnte auch nicht eingewendet werden, die Klägerin sei Nebenerwerbslandwirtin und deshalb keinem entsprechend erhöhtem Risiko ausgesetzt. Das Risiko bemisst sich nach dem Umfang der landwirtschaftlichen Tätigkeit.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 22. November 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Anerkennung einer Borreliose als Berufskrankheit.

Die Klägerin ist als Ehegattin eines landwirtschaftlichen Unternehmers (16 ha landwirtschaftlich bewirtschaftete Fläche, 8,45 ha Forst) bei der Beklagten versichert. Am 25.09.1997 machte sie das Vorliegen einer Berufskrankheit in Form einer Borreliose geltend. Etwa im August 1995 habe sie sich wegen einer Entzündung am linken Oberarm in ärztliche Behandlung begeben. Im Juli 1997 habe der behandelnde Gynäkologe den Verdacht auf eine Borreliose geäußert. An einen konkreten Zeckenstich im Jahre 1995 konnte sie sich nicht erinnern, sie habe auch keine Zecke an ihrem Körper gesehen. Sie verrichte regelmäßig Brennholzarbeiten im Forst und werde dort laufend von Zecken gestochen. Der Zeckenstich könne sich auch erst im Jahre 1997 ereignet haben, eventuell auf der Wallfahrt nach A ...

Den Hausarzt Dr.C. suchte die Klägerin erstmals am 29.05.1995 wegen einer flächigen Rötung des linken Oberarms auf, die dieser als Hautpilzentzündung behandelte. Am 18.06.1996 habe sich die Klägerin wegen eines Zeckenbisses am linken Oberarm vorgestellt, es habe sich jedoch kein Lokalbefund ergeben, es sei auch keine Therapie durchgeführt worden. Am 11.07.1997 habe er eine serologische Abklärung veranlasst.

Hierzu äußerte die Gewerbeärztin Dr.H. , der vom Hausarzt beschriebene Erstbefund 1995 rechtfertige nicht die gesicherte Diagnose einer Borreliose. Die positiven Antikörpertiter belegten eine Infektion mit Borrelien, aufgrund der vorliegenden Unterlagen könne jedoch eine klinisch-manifeste Borreliose nicht wahrscheinlich gemacht werden. Die Anerkennung einer BK 3102 werde nicht empfohlen.

Die weiteren serologischen Abklärungen in der Neurologischen Klinik der Universität E. und im Klinikum St.M. , A. , führten zu der Einschätzung durch die Universitätsklinik, eine Neuroborreliose lasse sich nicht sicher ausschließen. Die Gewerbeärztin führte hierzu aus, eine Neuroborreliose sei zwar nicht auszuschließen, könne jedoch auch nicht als ausreichend gesichert angesehen werden. Das typische klinische Bild mit radikulären Schmerzen und peripheren Lähmungen liege nicht vor und insbesondere spreche auch das Fehlen eines entzündlichen Liquorsyndroms gegen eine Neuroborreliose. Die Voraussetzungen zur Anerkennung einer BK nach Nr.3102 seien nicht gegeben.

Dementsprechend lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14.10.1998 einen Entschädigungsanspruch ab. Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Bescheid vom 21.01.1999 als unbegründet zurück.

Im Klageverfahren hat die Klägerin die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr.3102 der Anlage zur BKVO mit einer Rente nach einer MdE um mindestens 30 v.H. beantragt.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat das Sozialgericht ein Gutachten von dem Internisten Dr.H. vom 15.02.2000 eingeholt. Der Sachverständige führt aus, die Hautrötung am linken Oberarm im Jahre 1995 könne durchaus als Erythema migrans angesehen werden, auch wenn der Patientin selbst kein Zeckenbiss für diesen Zeitpunkt erinnerlich sei und bei der Untersuchung keine Zecke gefunden worden sei. Die von der Patientin geklagten und auch jetzt noch bestehenden Beschwerden stimmten in vielen Punkten mit den bei einer Borrelieninfektion bestehenden Begleitbeschwerden überein. Nur in maximal 50 % der Fälle gehe eine Borrelieninfektion mit einem Erythema migrans einher. Häufig werde der Biss überhaupt nicht bemerkt, da auch kleine Nymphen und Larven Borrelien übertragen könnten. Unstreitig sei die Patientin einer erhöhten Infektionsgefahr durch die Tätigkeit in der eigenen Landwirtschaft ausgesetzt, wobei sie regelmäßig Brennholzarbeiten im Wald verrichte. Es sei weiter unstrittig, dass sie dabei mehrfach von Zecken gebissen worden sei, zuletzt im Juli 1996. Der Zeckenbiss von 1996 könne durchaus die Infektion übertragen haben. Eine entzündliche Liquorpleozytose sei nicht obligat nachweisbar bei einer Neuroborreliose. Bei der Lymeborreliose sei eine Invasion des Liquorraums mit Borrelien ohne gleichzeitige meningeale entzündliche Reaktionen möglich und selbst seronegative Befunde ließen die Diagnose eine Lymeborreliose nicht ausschließen.

Zusammenfassend müsse festgestellt werden, dass bei der Patientin das berufliche Expositionsrisiko gegeben sei, mehrfach Zeckenbisse stattgefunden hätten, wobei ein beobachteter Zeckenbiss 1996 dokumentiert sei, die 1995 aufgetretene, flächige Rötung im Bereich des linken Oberarms auch ohne Nachweis einer Zecke ein Erythema migrans gewesen sein könne, unabhängig davon eine Borrelioseinfektion und Übetragung von Zecken auf den Menschen auch ohne Auftreten eines Erythema migrans erfolgen könne, serologisch eine Borrelioseinfektion nachgewiesen sei, im Liquor auch der Nachweis einer Neuroborreliose vorliege, dass bei einer Neuroborreliose nicht zwangsläufig ein entzündliches Liquorsyndrom und manifeste neurologische Ausfallerscheinungen nachweisbar sein müssten und bei einer Neuroborreliose auch Dysästhesien als Symptome auftreten könnten. Damit sei bewiesen, dass bei der Klägerin eine berufsbedingte Neuroborreliose bestehe und diese damit auch als Berufskrankheit anzuerkennen sei.

Für 1996 sei ein sicherer Zeckenbiss dokumentiert, der zur Übertragung geführt haben könne. Leider sei die Zecke damals nicht einer bakteriologischen Untersuchung auf Borrelien zugeführt worden, wodurch die Übertragung hätte nachgewiesen werden können. Da die Klägerin durch ihre berufliche Tätigkeit einer erhöhten Exposition ausgesetzt sei, könne die Übertragung auch zu einem anderen Zeitpunkt in den Jahren 1995 bis 1997 stattgefunden haben.

Die beratende Ärztin der Beklagten hat hiergegen eingewendet, bei der Klägerin bestünden keinerlei neurologische Ausfallerscheinungen, wie sie eigentlich bei einer Neuroborreliose Stadium III, wie sie vom Gutachter eingeschätzt wurde, schon vorhanden sein müssten. Die Gewerbeärztin führte hierzu aus, eine Neuroborreliose sei zwar möglich, aber nicht ausreichend wahrscheinlich, da die Befunde zum Teil inkonsistent seien, ein typischer pathologischer klinisch-neurologischer Befund nicht bestanden habe und bestehe und mehrmalige Antibiotikatherapien keinen Erfolg zeigten, wobei derart therapieresistente Fälle zwar möglich, aber selten seien.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. November 2001 als unbegründet abgewiesen. Das Sozialgericht stützt sich zunächst in seiner Begründung auf die angefochtenen Bescheide und führt weiter aus, dass selbst beim Nachweis einer Borreliose die Beklagte nicht verpflichtet sei, diese Erkrankung als Berufskrankheit zu entschädigen. Neben dem Nachweis der Erkrankung sei erforderlich, dass sich die Klägerin ausschließlich bei einer versicherten Tätigkeit diese Erkrankung zugezogen habe, nach Lage der Dinge allein durch einen Biss einer Zecke, welche wiederum von Borrelien infiziert gewesen sein müsse. Erforderlich sei der Nachweis, dass der Insektenbiss zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, als die Klägerin ihrer Arbeit als Landwirtin nachgegangen sei. Die Wahrscheinlichkeit reiche hierfür nicht aus. Nachdem sich nicht mehr feststellen lasse, wann genau es zu der Infektion gekommen sei, lasse sich nicht in erforderlichem Ausmaß feststellen, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt landwirtschaftliche Arbeiten verrichtet habe. Die Klägerin selbst habe zu verstehen gegeben, dass sie nicht ausschließen könne, dass sie sich jenen Zeckenbiss nicht etwa erst im Jahre 1997 bei einer Wallfahrt zugezogen habe. Ebensowenig sei auszuschließen, dass es bei einer Betätigung in der Freizeit zu diesem Zeckenbiss gekommen sei.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie stützt sich dabei im Wesentlichen auf das Gutachten des Sachverständigen Dr.H. und macht im Übrigen geltend, sie sei nur bei Ausübung ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit im Zuge von Waldarbeiten von Zecken gebissen worden. Es könne praktisch ausgeschlossen werden, dass eine Infektion außerhalb der beruflichen Tätigkeit stattgefunden habe. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung müsse im Wege des Anscheinsbeweises davon ausgegangen werden, dass sie sich die Borrelieninfektion durch eine mit Borrelien infizierte Zecke bei Ausübung ihrer landwirtschaftlichen Berufstätigkeit im Zuge der Ausübung von Holzarbeiten im Wald zugezogen habe. Die Fußwallfahrt nach A. im Jahre 1997 komme insoweit nicht in Betracht, da im Anschluss hieran kein Zeckenbiss festgestellt worden sei und überdies die Beschwerden der Klägerin bereits im Jahre 1996 massiv aufgetreten seien.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 22.11.2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.01.1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr.3102 der Anlage zur BKVO eine Entschädigung mit einer Rente nach einer MdE um mindestens 30 v.H. zu gewähren. Darüber hinaus beantragt sie, den Sachverständigen Dr. H. anzuhören, und zwar zu der Frage, ob die bei der Klägerin vorliegenden Symptome die Diagnose der Neuroborreliose mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit rechtfertigten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, neben der mangelnden Nachweisbarkeit der Erkrankung lasse sich auch die schädigende Einwirkung im Rahmen einer versicherten Tätigkeit nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit belegen.

Zum Verfahren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Akte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts Regensburg in dem vorangegangenen Klageverfahren. Auf ihren Inhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; eine Beschränkung der Berufung nach § 144 SGG besteht nicht.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet, denn die Beklagte hat die Klägerin nicht wegen der Folgen einer Berufskrankheit zu entschädigen.

Bei der Klägerin kommt als Berufskrankheit nach § 551 RVO bei einem geltend gemachten Versicherungfall vor dem 01.01.1997 (§ 212 SGB VII) eine durch einen Zeckenbiss übertragene Borreliose, also eine von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheit nach Nr.3102 der Anlage zur BKVO in Betracht.

Hierbei gilt, wie auch sonst im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, dass alle entscheidungserheblichen Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein müssen (vgl. BSGE 45, 285). Dies betrifft unter anderem die geltend gemachte Krankheit selbst. Erwiesen sein muss ferner die Ausübung der versicherten Tätigkeit bei der schädigenden Einwirkung. Lediglich für den Kausalzusammenhang genügt der geringere Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr.38).

Hierbei gilt bei der Berufskrankheit Nr.3102 der Anlage zur BKVO ebenso wie bei der Nr.3101 die Besonderheit, dass es für die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges zwischen versicherter Tätigkeit und der betreffenden Krankheit ausreicht, dass der Versicherte bei der Berufstätigkeit einer besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Ansteckungsgefahr ausgesetzt gewesen ist (vgl. BSG Beschluss vom 25.10.1989, Az.: 2 BU 82/89). Insoweit bedarf es keines Nachweises einer bestimmten Infektionsquelle, wenn der betrieblichen Gefahr einer Infektion im Verhältnis zum Risiko, im privaten Bereich zu erkranken, ein deutliches Übergewicht beizumessen ist.

Dies trifft bei der Klägerin als in der Land- und Forstwirtschaft tätiger Person grundsätzlich zu (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.09.1997, Az.: L 7 U 199/95 m.w.N.). Hiergegen könnte im vorliegenden Fall nicht eingewendet werden, die Klägerin sei Nebenerwerbslandwirtin und deshalb nicht einem entsprechend erhöhten Risiko ausgesetzt. Das Risiko bemißt sich nach dem Umfang der landwirtschaftlichen Tätigkeit und diese grundsätzlich wiederum nach der Größe und Art des landwirtschaftlichen Betriebs. Im vorliegenden Fall kann nicht mehr von mit einem geringen Risiko verbundenen Unternehmen ausgegangen werden, insbesondere hinsichtlich der Größe des Forsts, der die wesentliche Risikoquelle darstellt. Die Klägerin selbst übte keine weitere Berufstätigkeit aus, vielmehr war ihr Ehemann als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt und damit Nebenerwerbslandwirt. Bei diesen Verhältnissen müsste die Klägerin als voll in der Landwirtschaft tätig behandelt werden.

Die Anwendung der oben genannten Kriterien führt jedoch nicht dazu, dass jede Borreliose bei jeder in der Landwirtschaft tätigen Person als Berufskrankheit anzuerkennen wäre. Es gelten vielmehr unter Berücksichtigung der oben genannten Beweiserleichterung weiterhin die allgemeinen Kriterien für den Nachweis einer Berufskrankheit, im vorliegenden Fall bezogen auf eine von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheit (vgl. Schönberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7.Auflage, S.841 f.). Insbesondere muss die betreffende Krankheit in vollem Umfang bewiesen sein (vgl. Schönberger-Mehrtens-Valentin, a.a.O.: "gesicherte Diagnose. Der Krankheitserreger ist tunlich nachzuweisen."). Am Nachweis einer Borreliose fehlt es im Fall der Klägerin. Gegen das Gutachten des Sachverständigen Dr.H. greifen die Einwendungen der beratenden Ärztin der Beklagten und der Gewerbeärztin durch.

Die vom Sachverständigen Dr.H. selbst aufgestellten Kriterien, die mit den in Schönberger-Mehrtens-Valentin a.a.O. genannten im Wesentlichen übereinstimmen, sind nicht in ausreichendem Maße erfüllt, um vom Nachweis einer Borreliose auszugehen. Die von ihm herangezogene Rötung im Bereich des linken Oberarms im Jahre 1995 und die Angabe eines Zeckenbisses im Jahre 1996 sind nicht hinreichend beweiskräftig. Die Rötung im Jahre 1995 ist vom behandelnden Arzt nicht als Erythema migrans angesehen worden und Dr.H. nimmt auch nur an, dass es sich um ein solches gehandelt haben könnte. Der Hinweis, dass eine Borrelioseinfektion auch ohne Auftreten eines Erytheme migrans erfolgen könne, ist insoweit nicht hilfreich, denn er ändert nichts daran, dass damit der notwendige Anknüpfungspunkt fehlt und ein anderer nicht ersichtlich ist. Bei dem angeblichen Zeckenbiss 1996 hat sich nach unmittelbarer ärztlicher Beurteilung überhaupt kein Lokalbefund gefunden, also nicht nur keiner, der für eine Infektion spräche, sondern auch keiner, der einen Biss dokumentieren würde.

Auch der Umgang des Sachverständigen mit der Bewertung weiterer Beweisanforderungen ist nicht geeignet, den notwendigen Nachweis zu führen. Hierbei ist zunächst festzuhalten, dass die entsprechenden Untersuchungen des Krankenhauses St.M. in A. und der Universitätsklinik E. die betreffenden Ärzte nur zur Diagnose eines Verdachtes auf eine Borreliose geführt haben, nicht jedoch zum Nachweis. Im Wesentlichen stellt auch der Sachverständige Dr.H. fest, dass es bei der Klägerin an einem entzündlichen Liquorsyndrom fehlt, desgleichen an wesentlichen neurologischen Ausfallerscheinigungen, wie sie im Stadium III vorliegen sollten. Er behilft sich insoweit mit dem Hinweis, dass Neuroborreliosen nicht zwangsläufig hiermit verbunden sein müssten. Dies mag zutreffen und ist vom Sachverständigen auch mit entsprechenden Literaturstellen belegt, trägt zum Nachweis einer Borreliose jedoch nicht bei. Wenn von einer Reihe zur Beurteilung heranzuziehender Kriterien eines oder mehrere fehlen, reicht es nicht aus, sie als nicht relevant zu behandeln, und zwar auch dann nicht, wenn diese Kriterien nicht unerlässlich sind. Im letzteren Fall müsste die Erfüllung der übrigen Kriterien allein den Beweis erbringen können. An den hierfür notwendigen Darlegungen fehlt es dem Gutachten des Sachverständigen Dr.H ... Die dem Senat begründet erscheinenden Zweifel der beratenden Ärztin und der Gewerbeärztin sind vom Sachverständigen insoweit nicht ausgeräumt worden.

Dem weiteren Beweisantrag war nicht stattzugeben, und zwar weder nach § 109 SGG noch nach § 106 SGG. Ist einem Antrag nach § 109 SGG in der ersten Instanz bereits stattgegeben worden, besteht ein solcher Anhörungsanspruch - gleich ob bezüglich des gehörten oder eines anderen Sachverständigen - nur, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen (Meyer-Ladewig, Komm. z. SGG, 7. Auflage, § 109 RdNr. 11 a m.w.N.). Hierfür ist im vorliegenden Fall nichts vorgetragen und nichts ersichtlich. Auch eine weitere Beweiserhebung nach § 106 SGG ist insoweit nicht veranlaßt. Es sind für die Entscheidung ausreichende gutachterliche Feststellungen zum Nachweis einer Borreliose getroffen worden und die Tatsache, dass sich der Senat einer dieser Einschätzungen anschließt, zwingt nicht zur Anhörung desjenigen Sachverständigen, dem das Gericht nicht folgt.

Der Berufung war deshalb nicht stattzugeben.

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 193 SGG und folgt der Erwägung, dass die Klägerin in beiden Rechtszügen nicht obsiegt hat.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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