S 4 KR 108/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 4 KR 108/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 2/04 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
1.) Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 19.02.2002 und Abänderung des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2002 verurteilt, der Klägrin bei Aufenthalten in Deutschland Sachleistungen nach den in Deutschland geltenden Rechtsvorschriften zu gewähren. 2.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3.) Die Beklagte trägt die Hälfte der erstattungs- fähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin. 4.) Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Erstattung der Kosten für in Spanien durchgeführte Krankengymnastik und die Gewährung von Sachleistungen über die Versicherungskarte bei Aufenthalten in Deutschland.

Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist Mitglied der Krankenversicherung der Rentner bei der Beklagten aufgrund des Bezuges einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die Klägerin hat seit 1994 einen Wohnsitz auf M in Spanien und einen Wohnsitz in Deutschland. Sie leidet unter Myopathia congenita.

Bis 09.07.2001 hat die Beklagte die Kosten für in Spanien durchgeführte Krankengymnastik und Lymphdrainage in der Höhe der Kosten erstattet, wie sie bei gleichartiger Behandlung in Deutschland angefallen wären.

Mit Bescheid vom 06.07.2001 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme der in Spanien privat durchgeführten Krankengymnastik und Lymphdrainage über den 09.07.2001 hinaus ab. Mit weiteren Bescheiden vom 11. und 18.09.2001 wieder- holte die Beklagte ihre Ablehnung der Kostenübernahme und wies zusätzlich darauf hin, dass die Klägerin nach der EWG-Verordnung 1408/71 und 574/72 verpflichtet sei, sich beim spanischen Versicherungsträger einzuschreiben. Ihr stehe dann ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen gegenüber dem spanischen Versicherungsträger nach Art und Umfang des Rechtes zu.

Gegen alle Bescheide legte die Klägerin Widerspruch ein und legte außerdem die Rechnung über eine privat-zahnärztliche Behandlung bei dem T vom 21.09.2001 in Höhe von 2.541,18 DM und vom 30.11.2001 die privat-ärztliche Verordnung des auf M pratizierenden N vom 31.08.2001 über 20 krankengymnastische Übungen sowie die private Rechnung des auf M tätigen Krankengymnasten C vom 14.11.2001 über 528,98 DM und vom 23.01.2002 über 370,70 Euro für insgesamt 20 krankengym-nastische Behandlungen auf neuro-physiologischer Grundlage vor.

Die Beklagte übernahm die Kosten dieser Behandlungen nicht.

Im September 2001 schrieb sich die Klägerin beim spanischen Krankenversicherungsträger ein.

Am 14.12.2001 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Sachleistungen über die Krankenversicherungskarte während ihrer Aufenthalte in Deutschland.

Mit Bescheid vom 19.02.2002 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab: Sach- und Dienstleistungen bei Aufenthalten in Deutschland könnten der Klägerin nur aushilfsweise zu Lasten des spanischen Krankenversicherungsträgers nach den Formblättern E 111 bzw. E 112 zur Verfügung gestellt werden.

Ab Dezember 2001 wurde die Klägerin in Spanien mit Krankengymnastik behandelt.

Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies die Widersprüche der Klägerin gegen die Bescheide vom 06.07.2001 und 19.02.2002 als unbegründet zurück. Auf den Inhalt wird verwiesen.

Dagegen hat die Klägerin am 00.00.0000 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Sie hätte sowohl auf M als auch in Deutschland einen Wohnsitz. Nach dem Urteil des BSG vom 16.06.1999 - B 1 KR 5/98 R - hätte sie sowohl in Spanien als auch in Deutschland einen Leistungsanspruch. In dem genannten Urteil führe das BSG aus, dass der durch das Gemeinschaftsrecht begründete versicherungsrechtliche Status eines Pflichtversicherten in der Krankenversicherung der Rentner "wesentliche Merkmale eines Versicherungsverhältnisses im Sinne des deutschen Rechts erfülle". Daraus folge, dass die Klägerin bei Aufenthalten in Deutschland Anspruch auf Leistungen über die Krankenversicherungskarte hätte. Die von ihr benötigte Krankengymnastik und Lymphdrainage sei vom Leistungskatalog des Versicherungsträgers nicht erfasst, sie habe deswegen Anspruch auf Kostenübernahme durch die Beklagte.

Im Termin der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten zur teilweisen Erledigung des Rechtsstreites bezüglich der Erstattung der Zahnarztrechnung des T vom 21.09.2001 in Höhe von 2.541,18 DM folgenden Vergleich geschlossen:

1. Die Beklagte verpflichtet sich, sich an den Kosten dieser Zahnarztrechnung in Höhe von 512,80 Euro zu beteiligen.

2. Die Klägerin ist hiermit einverstanden und nimmt insoweit die Klage zurück.

Bezüglich des von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsanspruches für die Rechnung des Krankengymnasten C vom 14.11.2001 in Höhe von 528,98 DM und vom 23.01.2002 in Höhe von 370,70 Euro trägt die Klägerin vor, dass nach dem Urteil des Landessozialgerichtes München eine Übergangszeit von 8 Monaten einzuräumen sei. Ihrer Auffassung nach müsse auch hier ein entsprechender Übergangszeitraum eingeräumt werden, so dass die genannten Rechnungen noch erstattungsfähig wären.

Im Übrigen beantragt die Klägerin,

die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 06.07.2001 und 11.09. und 18.09.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2002 zu verurteilen, die Rechnungen des Krankengymnasten C vom 4.11.2001 und 23.01.2002 zu erstatten und festzustellen, dass die Klägerin für die Zukunft hin weiter- hin berechtigt ist, Maßnahmen der Krankenbe- handlung und sonstige Leistungen der gesetz- lichen Krankenversicherung in Spanien gegen Kostenerstattung durch die Beklagte in Anspruch zu nehmen.

Des Weiteren beantragt die Klägerin,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.02.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.04.2002 zu verurteilen, bei Aufenthalten in Deutschland Sachleistungen der gesetzlichen Kranken- versicherung gegen Vorlage der Krankenversicherungskarte zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen,

hilfsweise,

die Sprungrevision zuzulassen.

Die Klägerin habe gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Kostenerstattung für in Spanien in Anspruch genommene Krankenversicherungsleistungen. Nach Art. 28 und 29 der EWG-Verordnung 1408/71 hätte sie Anspruch auf Sachleistungen durch den spanischen Versicherungsträger nach spanischen Rechtsvorschriften. Der Träger des Wohnortes, also der spanische Versicherungsträger gewährende Sachleistungen, als ob der Rentner nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dessen Gebiet er wohnt, zum Bezug einer Rente berechtigt wäre und Anspruch auf Sachleistungen hätte. Dazu habe sich der Rentner gemäß Art. 29 Abs. 1 EWG-Verordnung 574/72 beim Träger des Wohnortes - also Spanien - eintragen zu lassen und eine Bescheinigung darüber vorzulegen, dass er aufgrund der Rechtsvorschriften, nach denen eine Rente geschuldet werde, für sich und seine Familienangehörigen Anspruch auf Sachleistungen habe. Die Klägerin habe daher bei Aufenthalten in Spanien Anspruch auf Sachleistungen nach spanischem Recht gegenüber dem spanischen Versicherungsträger.

Bei Aufenthalten in Deutschland habe sie nach Art. 31 a EWG-Verordnung 1408/71 Anspruch auf Sachleistungen vom deutschen Krankenversicherungsträger zu Lasten des Krankenversicherungsträgers. Für die Inanspruchnahme derartiger Leistungen sei die Vorlage des Formulars E 111 bzw. E 112 für den vorübergehenden Aufenthalt in der Bundesrepublik erforderlich.Die deutschen Rechtsvorschriften zur Krankenversicherung der Rentner seien in diesem Fall nicht anwendbar. Sofern Art. 31 a EWG-Verordnung 1408/71 dahingehend einschränkend ausgelegt werde, dass die Kostentragungspflicht des Wohnstaates dann nicht eingreife, wenn Sachleistungen während des Aufenthaltes in dem primär zuständigen Mitgliedstaat in Anspruch genommmen werden,würde der vorliegende Rechtsstreit eine Frage nach der Auslegung des Gemeinschaftsrechtes aufwerfen mit der Folge, dass eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes notwendig würde. Die Beklagte halte die vom BSG im Urteil vom 16.06.1999 - B 1 KR 5/98 R - vertretene Rechtsauffassung, wonach einem in Spanien wohnenden deutschen Rentner die Ansprüche aus § 30 SGB V auf Zuschüsse zur Zahnersatzbehandlung zustünden, für unzutreffend. Das BSG benenne keine rechtlichen Grundlagen, warum ein Versicherungsverhältnis durch die Vorschriften der EWG-Verordnung 1408/71 begründet sei. Das BSG beurteile auch nicht die Auswirkungen dieser Rechtsauffassung. Falls die Kostentragungspflicht des Wohnstaates nicht eingreifen würde, wenn Sachleistungen während des Aufenthaltes in dem Staat in Anspruch genommen würden, in dem der Rentner zum Bezug einer Rente berechtigt sei, entstehe dem Träger des primär zuständigen Staates eine Doppelbelastung durch die in beiden Staaten entstehenden Behandlungskosten. Der entsprechende Personenkreis würde einerseits über die EWG-Verordnung im Rahmen der Sachleistungsaushilfe im Wohnstaat gegen Erstattung der Kosten durch den zuständigen Staat aus diesem Staat betreut und andererseits hätten sie aber auch in Deutschland einen umfassenden Versicherungsschutz, wiederum auf Kosten der deutschen Krankenkassen. Dies stelle das bisher vom EU-Recht als Regel vorgesehene auf pauschalen Erstattungsbeträgen basierende System der Sachleistungsaushilfe deutscher Rentner in ihrem Wohnstaat in Frage. Gemäß Art. 95 der EWG-Verordnung 574/72 gestatte der deutsche Krankenversicherungsträger an den Träger des Wohnortes, der eine Sachleistung gemäß Art. 28 der EWG-Verordnung 1408/71 erbracht habe, die Kosten auf der Grundlage eines Pauschbetrages. Der Pauschbetrag werde ermittelt, indem die jährlichen Durchschnittskosten je Rentner mit der jährlichen Durchschnittszahl der in Betracht kommenden Rentner vervielfältigt werden und das Ergebnis um 20 % gekürzt werde. Die Kopfpauschale werde fällig, unabhängig davon, ob die Rentner eine Leistung im Wohnstaat in Anspruch nehmen. Trotzdem müsste der deutsche Krankenversicherungsträger zusätzlich über Krankenversicherungskarte, also auf eigene Kosten, in Deutschland ärztliche Behandlungen usw. zur Verfügung stellen, wenn sich ein Rentner dort vorübergehend aufhalte. Eine Inanspruchnahme von Leistungen des deutschen Krankenversicherungsträgers als Sachleistung über die Krankenversicherungskarte scheide daher nach Auffassung der Beklagten aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klagen sind zulässig. Soweit die Klägerin Kostenerstattung begehrt, handelt es sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, die rechtzeitig erhoben wurde und zulässig ist. Soweit die Klägerin darüber hinaus die Feststellung begehrt, zur Leistungsinanspruchnahme gegenüber der Beklagten sowohl in Spanien als auch bei Aufenthalten in Deutschland grundsätzlich berechtigt zu sein, handelt es sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungskage, für die ein Feststellungsinteresse vorhanden ist. Es kann der Klägerin nicht zugemutet werden, die Frage der grundsätzlichen Anspruchsberechtigung in jedem einzelnen Leistungsfall erneut vortragen zu müssen.

Soweit die Klägerin die Erstattung der Kosten für in Spanien in Anspruch genommene Leistungen begehrt, ist die Klage unbegründet. Soweit die Klägerin geltend macht, zur Inanspruchnahme von Sachleistungen über die Krankenver-sicherungskarte bei Aufenthalten in Deutschland gegenüber der Beklagten berechtigt zu sein, ist die Klage begründet.

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der Kosten für in Spanien in Anspruch genommene Leistungen beurteilt sich in erster Linie nach europäischem Gemeinschaftsrecht, das in allen Mitgliedstaaten unmittelbar gilt und den jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften vorgeht (vgl. EuGH, Rechtssache 6/64, Costa/Enel). Ergänzend sind lediglich die §§ 16 bis 18 SGB V heranzuziehen. Da §§ 16 bis 18 SGB V die Leistungspflicht der Krankenkassen bei Auslandsbehandlungen für den Bereich des innerstaatlichen Rechtes abschließend regeln, besteht daneben für einen Anspruch aus § 13 Abs. 3 SGB V kein Raum (BSG Urteil vom 09.10.2001 - B 1 KR 26/99 R -).

Nach Art. 19 Abs. 1 der EWG-Verordnung 1408/71 erhält ein Versicherter, der im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates als des zuständigen Staates wohnt und die nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates für den Leistungsanspruch erforderlichen Voraussetzungen, ggfs. unter Berücksichtigung des Art. 18, erfüllt, in dem Staat, in dem er wohnt,

a) Sachleistungen für Rechnungen des zuständigen Trägers vom Träger des Wohnorts nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften, als ob er bei diesem versichert wäre,

b) Geldleistungen vom zuständigen Träger, nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften.

Nach Art. 17 Abs. 1 der EWG-Durchführungsverordnung 574/72 hat der Versicherte für den Bezug von Sachleistungen nach Art. 19 der Verordnung 1408/71 sich und seine Familienangenhörigen bei dem Träger des Wohnortes eintragen zu lassen und dabei eine Bescheinigung darüber vorzulegen, dass er für sich und seine Familienangehörigen Anspruch auf diese Sachleistungen hat. Der zuständige Träger stellt diese Bescheinigung ggfs. aufgrund von Auskünften des Arbeitgebers aus. Eine gleiche Regelung gilt für Rentner, die in anderen Mitgliedstaaten wohnen als dem Staat, der ihnen die Rente gewährt. Nach Art. 28 der EWG-Verordnung 1408/71 i.V.m. Art. 29 der Durchführungsverordnung 574/72 hat sich der Rentner in diesem Fall ebenfalls beim Träger des Wohnortes eintragen zu lassen und dabei eine Bescheinigung darüber vorzulegen, dass er aufgrund der Rechtsvorschriften, nach denen eine Rente geschuldet wird, für sich und seine Familienangehörigen Anspruch auf Sachleistungen hat. Da die Klägerin 1994 einen Wohnsitz in Spanien begründet hat,ist für die Gewährung von Sachleistungen ausschließlich der Träger des Wohnortes, also der Versicherungsträger, zuständig. Die nach Art. 34 der Durchführungsverordnung 574/72 vorgesehene Möglichkeit der Kostenerstattung bezieht sich nicht auf solche Versicherte, die ihren Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegt haben. Art. 34 nimmt keinen Bezug auf Art. 17 und 18 der EWG-Verordnung 1408/71. Die Beklagte hat daher zu Recht den Antrag auf Kostenerstattung für Krankenbehandlungen in S1 ab dem Zeitpunkt der Eintragung beim Versicherungsträger im September 2001 abgelehnt. Die in den Rechnungen des Krankengymnasten C vom 14.11.2001 und 23.01.2002 aufgeführten Leistungen beziehen sich nicht auf Zeiträume vor September 2001. Für die Einräumung einer Übergangsfrist ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich.

Zu Unrecht hat die Beklagte jedoch festgestellt, dass die Klägerin nicht berechtigt ist, bei Aufenthalten in Deutschland Sachleistungen nach deutschen Rechtsvorschriften von der Beklagten zu erhalten. Das BSG hat mit Urteilen vom 24.09.1996 (1 RK 26/95) und vom 16.06.1999 (B 1 KR 5/98 R) festgestellt, dass ein Pflichtversicherter in der deutchen KVdR, der ausschließlich eine Rente aus der deutschen Rentenversicherung bezieht, seinen Status als Versicherter nicht dadurch verliert, dass er seinen Wohnsitz in einen anderen Mitgliedstaat der europäischen Union - hier Spanien verlegt. Werden Krankenversicherungsleistungen während eines vorübergehenden Deutschlandaufenthaltes erforderlich, richtet sich deren Umfang nach deutschem Recht. Wie das BSG im Urteil vom 16.06.1999 festgestellt hat, besteht aufgrund der Mitgliedschaft in der KVdR und unter Berücksichtigung der Vorschriften der EWG-Verordnung 1508/71 zwischen der Klägerin und der Beklagten ein Versicherungsverhältnis. Zur Begründung dieses Versicherungsverhältnisses wird auf die Ausführungen des BSG im Urteil vom 16.06.1999 (a.a.O.) verwiesen.

Der von der Beklagten erhobene Einwand, die Rechtsauffassung des BSG führe zu einer Doppelbelastung der deutschen Krankenversicherung, wurde ebenfalls vom BSG angesprochen: Zwar ließen die gemeinschaftsrechtlichen Erstattungs-regelungen im Zusammenhang den Grundsatz erkennen, dass die Verpflichtungen des Versicherungsträgers im Heimatstaat mit der an den Wohnstaat gezahlten Pauschale in vollem Umfang abgegolten sein sollten ... Die gemeinschaftsrechtlichen Erstattungsregeln seien dispositives Recht, denn Art. 36 Abs. 3 EWG-Verordnung 1408/71 ermächtige die Mitgliedstaaten, andere Erstattungsverfahren zu vereinbaren oder auf Erstattungen ganz zu verzichten. Bleiben durch Auslegung des Gemeinschaftsrechtes oder des gemeinschaftsrechtlich geprägten nationalen Leistungsrechtes besondere Belastungen begründet, denen der vorgesehene Lastenausgleich nicht gerecht werde, sei es infolgedessen Sache der betroffenen Mitgliedstaaten, durch Vereinbarungen das Erstattungsrecht dem Leistungsrecht anzupassen; soweit dies möglich sei, bestehe kein Anlass, bei der Auslegung von Leistungsvorschriften auf die Erstattungsvorschriften Rücksicht zu nehmen. Deutschland und Spanien hätten von der ihnen eingeräumten Dispositionsbefugnis Gebrauch gemacht und für die in Deutschland lebenden Bezieher eine Rente aus der Rentenversicherung statt der Pauschale die Einzelerstattung vereinbart (Art. 1 der Vereinbarung vom 25.06.1990, in Kraft gesetzt durch Verordnung vom 30.11.1990 - BGBl II 1472). Eine entsprechende Vereinbarung für Bezieher einer deutschen Rente in Spanien könnte eine denkbare Doppelbelastung der Beklagten beseitigen, die durch Krankheitskosten intensiver Aufenthalte dieses Personenkreises in der Bundesrepublik entstünden.

Eine Vorlage gemäß Art. 234 EG-Vertrag an den Europäischen Gerichtshof zur Klärung der Frage:

"Greift die Kostentragungspflicht des Wohnstaates nach Art. 31 lit. a EWGV 1408/71 unter Berück- sichtigung der Grundsätze des Gemeinschaftsrechts auch dann ein, wenn Sachleistungen während eines vorübergehenden Aufenthaltes im primär zuständigen Mitgliedsstaat in Anspruch genommen werden?"

war nicht erforderlich. Diese von der Beklagten gestellte Fragte betrifft die Kostenerstattung, die von der Klägerin nicht geltend gemacht wurde. Das Klagebegehren betrifft die Gewährung von Sachleistungen. Die Gewährung von Sachleistungen führt nicht zu einer Einschränkung des Anwendungsbereiches des Art. 31 a EWGV 1408/71.

Die Klägerin hat daher Anspruch auf Gewährung von Sachleistungen gegenüber der Beklagten bei Aufenthalten in Deutschland.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Sprungrevision zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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