L 18 U 252/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 U 5005/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 U 252/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bei der Frage, ob eine gemischte Tätigkeit eines Versicherten vorliegt, ist primär auf die subjektiv nachvollziehbaren Vorstellungen des Versicherten abzustellen.
2. Der Versicherte handelt eigenwirtschaftlich, wenn er mit seiner Tätigkeit keine oder in einem nur unwesentlichen Ausmaß Zwecke des Unternehmens verfolgt. Die Tätigkeit des Versicherten ist in einem solchen Fall dem privaten Bereich zuzurechnen, auch wenn sie dem Unternehmen objektiv dient.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30.06.2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Unfall des Klägers vom 24.03.2000 als landwirtschaftlicher Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen ist.

Der 1930 geborene Kläger erlitt am 24.03.2000 als Lenker einer Pferdekutsche bei einem Verkehrsunfall u.a. eine Gehirnerschütterung und Prellungen. Er befand sich auf der Rückfahrt von einer von der Werbegemeinschaft W. Kaufleute veranstalteten "Nacht der Mode", an der ca 40 Pferdekutschen beteiligt waren. Der Kläger war z.Z. des Unfalles mit einer landwirtschaftlichen Fläche von 0,26 ha und Forst von 0,06 ha bei der Beklagten versichert. Er besaß bis Oktober 1999 eigene Pferde. Aus dem Kataster der Mitgliedsabteilung der Beklagten ergibt sich, dass der Kläger seit 1995 bei der Beklagten nicht mit Pferden vorgetragen war. Die vom Kläger gelenkte Kutsche und das Pferd gehörten zum landwirtschaftlichen Betrieb des Zeugen W. (W). Dieser war als Nebenerwerbslandwirt z.Z. des Unfalls mit einer Landwirtschaft von 6,71 ha, Pflegeland von 1,13 ha und einer Pferdehaltung und Pension bei der Beklagten versichert. Der Bevollmächtigte des Klägers teilte der Beklagten mit Schreiben vom 05.06.2000 mit, dass W den mit ihm befreundeten Kläger für die Fahrt am Unfalltag engagiert habe. Es habe sich um eine einmalige Fahrt gehandelt. Der Kläger sei bei W nicht angestellt gewesen und ein Lohn sei nicht vereinbart gewesen. Das Entgelt, das der Einzelhandelsverband W. zahlte, sollte geteilt werden.

Die Beklagte lehnte die Anerkennung und Entschädigung des Unfalles als Arbeitsunfall mit Bescheid vom 06.07.2000 mit der Begründung ab, dass der Kläger im Unfallzeitpunkt weder eine seinem landwirtschaftlichen Unternehmen noch eine dem Unternehmen des W dienende Tätigkeit verrichtet habe.

Im Widerspruchsverfahren gab W auf Anfrage der Beklagten an, der Kläger habe seine Teilnahme beim Umzug "Nacht der Mode" zugesagt, aber "seine Pferde seien zu diesem Zeitpunkt nicht gegangen". Der Kläger sei auf eigenen Wunsch gefahren und habe von ihm keinen Fahrauftrag erhalten. Er sei auch nicht entlohnt worden und habe keine sonstigen Leistungen erhalten. Es habe sich um eine einmalige Fahrt gehandelt, der Kläger arbeite nicht bei ihm. Er selbst habe zu diesem Zeitpunkt noch zwei Kutschen gehabt und gelegentlich Festzüge gefahren. Er habe kein Gewerbe.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.12.2000 zurück. Zur Begründung gab sie an, W habe glaubhaft versichert, der Kläger habe keinen Auftrag gehabt, am Unfalltag die Kutsche zu fahren, er sei vielmehr aus eigenem Interesse auf den Zeugen W zugegangen, um von ihm eine Kutsche und die Pferde auszuleihen.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Würzburg hat der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 06.07.2000 idF des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2000 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Unfall vom 24.03.2000 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen. Zur Begründung hat er angegeben, er habe sich die Kutsche samt Pferde von W ausgeliehen und aus eigenem Interesse an der "Nacht der Mode" teilgenommen. Durch die Fahrt habe er eine seinem landwirtschaftlichen Unternehmen dienende Tätigkeit vorgenommen. Er habe bereits ein Jahr vor dem Unfall dem Einzelhandelsverband zugesagt gehabt, an der "Nacht der Mode" teilzunehmen. Ca. 4 Wochen vor dem Unfall habe er seine Pferde verkauft. Um seine Zusage einhalten zu können, habe er sich dann von W die Pferde und die Kutsche ausgeliehen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Kläger angegeben, er habe bei W angerufen und gefragt, ob er ihm zwei Pferde und eine Kutsche zur Verfügung stellen könne. W habe ihm ein Gespann seines Vaters gegeben. Der Zeuge W hat angegeben, der Kläger habe ihm etwa eine Woche vor der Veranstaltung angerufen und erklärt, dass er zwar als Teilnehmer bei der Veranstaltung dabei sei, er jedoch keine Pferde habe. Er habe dem Kläger erklärt, dass er die Pferde einspannen könne, wenn er wolle. Da das Mitbringen der Kutsche durch den Kläger zu zeitaufwendig gewesen wäre, habe er erklärt, dass er seine Kutsche mit einspannen könne, er müsse sich jedoch um den Beifahrer und die Beleuchtung kümmern. Der Kläger habe den Beifahrer mitgebracht sowie die erforderliche Beleuchtung. W hat des Weiteren erklärt, sein Interesse sei auch dahin gegangen, dass Pferde Bewegung brauchten. Pferde müssten zur Winterszeit mindestens alle zwei Tage ins Freie und sollten so viel Bewegung wie möglich haben. Er habe zusammen mit seinem Vater, der im Jahre 2000 gestorben sei, seit Jahren mit zwei Gespannen an der Werbefahrt "Nacht der Mode" teilgenommen.

Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 30.06.2003 unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 06.07.2000 idF des Widerspruchsbescheides vom 21.12.2000 verurteilt, das Ereignis vom 24.03.2000 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die gesetzlichen Leistungen zu gewähren. Es hat den wesentlichen Zweck der Kutschfahrt in der Bewegung der Pferde des W gesehen. Damit in dem Fahrbetrieb Einnahmen erzielt werden sollten, sei die Teilnahme der Pferde für das Unternehmen des W auch von wirtschaftlicher Bedeutung gewesen. Das SG sah deshalb in der vom Kläger am Unfalltag durchgeführten Kutschfahrt eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert, die dem Unternehmen des Zeugen W gedient und auch dem ausdrücklichen Willen des Unternehmers W entsprochen habe. Dies ergebe sich auch daraus, dass W das Einspannen der Pferde auf seinem Hof begleitet und überwacht habe sowie sich auf dem Sammelplatz in W. um das vom Kläger gesteuerte Gespann gekümmert habe. Dass der Kläger mit der Bitte an den Zeugen W herangetreten sei, ihm ein Gespann zur Teilnahme an der "Nacht der Mode" zur Verfügung zu stellen, stehe der Annahme einer für den Unternehmer W ausgeübten Tätigkeit nicht entgegen. Für die Frage, ob der Kläger für ein fremdes Unternehmen oder für sich selbst habe tätig werden wollen, sei die Handlungstendenz zum Unfallzeitpunkt entscheidend. Nach den Aussagen des Klägers und des Zeugen W habe Einvernehmen darüber bestanden, dass die Fahrt im Rahmen des landwirtschaftlichen Unternehmens des W durchgeführt werden sollte. Die Kammer sei deshalb davon überzeugt, dass die Handlungstendenz des Klägers zum Unfallzeitpunkt ausschließlich auf eine Tätigkeit für das Unternehmen des W ausgerichtet gewesen sei. Das Vorliegen einer für das Unternehmen des Zeugen W ausgeübten ernstlichen Tätigkeit könne auch nicht mit dem von der Beklagten erhobenen Einwand in Zweifel gezogen werden, der Kläger habe die Kutsche am Unfalltag lediglich ausgeliehen, die Fahrt auf eigenem Wunsch durchgeführt, ohne vom Zeugen W einen Fahrauftrag erhalten zu haben. Bei der Tätigkeit des Klägers habe es sich um eine sogenannte "gemischte Tätigkeit" gehandelt, die einerseits dem betrieblichen Zweck - der Zeuge W habe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Pferde zur Winterszeit mindestens alle zwei Tage zur Bewegung ins Freie gebracht werden müssten - und möglicherweise gleichzeitig dem Wunsche des Klägers gedient habe, wie schon seit Jahren mit einem Kutschengespann an der "Nacht der Mode" teilzunehmen. Da das Bewegen der Pferde im Interesse des Unternehmens des W der wesentliche Zweck der Kutschfahrt gewesen sei, könne eine möglicherweise gegebene gleichzeitige Absicht des Klägers, die Fahrt auch im Rahmen seiner Freizeitgestaltung durchzuführen, nichts am Versicherungsschutz ändern.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie hat geltend gemacht, dass der Kläger am Unfalltag mit von W geliehenen Pferden und einer ebenso geliehenen Kutsche auf eigene Rechnung an einer Veranstaltung des W. Einzelhandelsverbandes teilgenommen habe. W habe als Verleiher der Kutsche und der Pferde kein unternehmerisches Interesse an der Teilnahme des Klägers bei der Veranstaltung gehabt. Das Sozialgericht verkenne, dass der Kläger zu keiner Zeit beabsichtigt habe, für das Unternehmen des W tätig zu werden. Ausschlaggebend für den Versicherungsschutz sei nach geltender Rechtsprechung die Handlungstendenz des Betroffenen, die nach den Umständen des Einzelfalles eine fremdwirtschaftliche Zweckbestimmung haben müsse. Auch wenn die Teilnahme an der Veranstaltung für das Unternehmen des W durch das Bewegen der Pferde eine gewisse dem Betrieb dienende Komponente enthalten habe, habe der Kläger eindeutig wesentlich eigene Zwecke verfolgt.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30.06.2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 30.06.2003 zurückzuweisen.

Ergänzend zum Sachverhalt wird auf die Unfallakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, den Unfall vom 24.03.2000 als Arbeitsunfall anzuerkennen und zu entschädigen. Das Urteil des Sozialgerichts Würzburg war daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Gemäß § 8 Abs 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Der Kläger stand bei der Tätigkeit, die zum Unfall führte, weder nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII noch nach § 2 Abs 2 Satz 1 iVm mit Abs 1 Nr 1 SGB VII, die bei der vorliegenden Sachlage allein in Betracht kommen, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Anhaltspunkte für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII liegen nicht vor. Eine persönliche Abhängigkeit und damit ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Zeugen W als Arbeitgeber sind nicht ersichtlich (vgl BSG SozR 2200 § 539 Nr 114). Der Zeuge W hat mehrfach bekundet, dass der Kläger bei ihm nicht angestellt gewesen ist und keinen Fahrauftrag von ihm erhalten hat. Auch ist der Kläger nicht von ihm entlohnt worden und hat keine sonstigen Leistungen erhalten. Die Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, nämlich eine wirtschaftliche und vor allem eine durch Weisungsgebundenheit geprägte persönliche Abhängigkeit des Klägers gegenüber W lag nicht vor.

Der Kläger war im Unfallzeitpunkt auch nicht nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII gegen Arbeitsunfall versichert. Danach sind Personen unfallversichert, die wie nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII Versicherte - wenn auch nur vorübergehend - tätig werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist für die Anwendung dieser Vorschrift entscheidend, dass es sich um eine ernstliche, dem in Betracht kommenden fremden Unternehmen dienende Tätigkeit handelt, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmens entspricht (so BSG SozR 3-2200 § 539 Nr 15 mwN) und ungeachtet des Beweggrundes für den Entschluss tätig zu werden, unter solchen Umständen tatsächlich geleistet wird, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Die Tätigkeit muss ferner in einem inneren Zusammenhang mit dem unterstützten Unternehmen stehen. Denn nicht alles, was einem Unternehmen objektiv nützlich und der Art der Verrichtung nach üblicherweise sonst dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich ist, wird für das Unternehmen und in beschäftigtenähnlicher Tätigkeit verrichtet. Das BSG hat vielmehr der mit dem Tun - selbst wenn es objektiv beschäftigtenähnlich ist - verbundenen Handlungstendenz der b e t r e f f e n d e n Person, so wie erstere in dem gesamten objektiven Umständen des Falles ihre Bestätigung findet, eine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen, um den Versicherungsschutz nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII zu bejahen. Bei der unfallbringenden Tätigkeit muss diese Handlungstendenz wesentlich auf die Belange des als unterstützt geltend gemachten Unternehmens gerichtet sein, damit die Handlung überhaupt als beschäftigtenähnliche Tätigkeit für dieses Unternehmen gewertet werden kann (BSG, Urteil vom 05.03.2002 Az: B 2 U 9/01 R, juris Nr KSREO 31601522). Verfolgt eine Person mit solchem Verhalten statt dessen wesentlich allein ihre eigenen Angelegenheiten, ist sie nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung und somit nicht wie im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses, sondern eigenwirtschaftlich tätig und steht daher auch nicht nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII wie eine nach Abs 1 Nr 1 dieser Vorschrift Tätige unter Versicherungsschutz (BSG, Urteil vom 13.10.1993 - 2 RU 53/92 - HV-Info 1993, 2626). Die Handlungstendenz als subjektives Kriterium der arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit dient der Abgrenzung zu nicht versicherten eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten. Maßgeblicher Beurteilungsmaßstab und Beurteilungszeitpunkt für die Handlungstendenz ist die Sicht des objektiven Betrachters zur Zeit als die betreffende Handlung vorgenommen wurde (BSG, Urteil vom 01.07.1997 - 2 RU 32/96 - HVBG-Info 1997, 2728 = USK 9799). Wesentlich ist dabei nicht allein die zum Unfall führende einzelne Verrichtung, sondern das Gesamtbild des Vorhabens in einem größeren zeitlichen Zusammenhang (vgl BayLSG, Breithaupt 2002, 548).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat die Kutschfahrt des Klägers am 24.03.2000 wesentlich dessen eigenwirtschaftlichen Zwecken gedient. Die Annahme des Sozialgerichts, ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB VII sei deshalb zu bejahen, weil wesentlicher Zweck der Kutschfahrt die Bewegung der Pferde gewesen sei, beruht auf einer fehlerhaften Anwendung des vom BSG entwickelten Begriffs der Handlungstendenz. Das Sozialgericht hat auf das Interesse des Zeugen W am Bewegen seiner Pferde abgestellt. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Der Kläger hätte nur dann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden, wenn er bei der Kutschfahrt wesentlich mit der Tendenz gehandelt hätte, die Pferde des W bewegen zu wollen und auf diese Weise für das landwirtschaftliche Unternehmen des W tätig zu werden. Eine solche Handlungstendenz des Klägers ist durch die objektiven Umstände aber nicht nachgewiesen. Das Gesamtbild des Vorhabens - langfristig geplante Teilnahme des Klägers an der "Nacht der Mode" mit einer Pferdekutsche gegen Bezahlung - spricht eindeutig dafür, dass die Handlungstendenz des Klägers nicht in erster Linie auf die Belange des Unternehmens des W gerichtet war. Die Annahme des Sozialgerichts, dass nach den Aussagen des Klägers und des Zeugen W Einvernehmen darüber bestanden habe, dass die Fahrt im Rahmen des landwirtschaftlichen Unternehmens des W durchgeführt werden sollte, kann dem Inhalt der Akten nicht entnommen werden. Die Aussagen des Zeugen W und die Angaben des Klägers sprechen vielmehr eindeutig gegen eine solche Annahme. Der Zeuge W hat gegenüber der Beklagten ausdrücklich angegeben, dass der Kläger auf eigenen Wunsch gefahren ist und von ihm keinen Fahrauftrag erhalten hat. Der Kläger hat dem Sozialgericht mitgeteilt, dass er - um seine Zusage dem Einzelhandelsverband gegenüber einhalten zu können - die Pferde und die Kutsche von W ausgeliehen hat.

Auch die vom Sozialgericht für seine Auffassung herangezogene Rechtsprechung des BSG zur sogenannten "gemischten Tätigkeit" (BSG SozR 2200 § 548 Nr 19) ist nicht geeignet, einen Versicherungsschutz des Klägers zu begründen. Das Sozialgericht bejaht einen Unfallversicherungsschutz des Klägers mit der Begründung, die Kutschfahrt habe sowohl dem betrieblichen Zweck des W - Bewegen der Pferde - als auch (möglicherweise) dem Wunsch des Klägers gedient, wie schon seit Jahren mit einem Kutschgespann an der "Nacht der Mode" teilzunehmen. Das Sozialgericht stellt dabei - wie schon bei der Frage der Handlungstendenz - rechtsirrig auf die Aussage des Zeugen W ab, der erklärt hat, die Pferde müssten mindestens alle zwei Tage zur Bewegung ins Freie gebracht werden. Die Frage der Wesentlichkeit des betrieblichen Interesses beurteilt sich aber in erster Linie nach den aufgrund von objektiven Anhaltspunkten nachvollziehbaren subjektiven Vorstellungen des V e r s i c h e r t e n (so BSG Urteil vom 22.08.2000 Az: B 2 U 18/99 R in HVBG-Info 2001, 2611 unter Verweisung auf BSGE 20, 215 = Breithaupt 1964, 750). Entscheidendes Abgrenzungskriterium für die Frage, ob eine gemischte Tätigkeit wesentlich betrieblichen Interessen gedient hat, ist, ob diese Tätigkeit (vom Versicherten) hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck entfallen wäre (BSG aaO). Der Kläger wollte an der dem Einzelhandelsverband gegebenen Zusage der Teilnahme an der Veranstaltung der "Nacht der Mode" festhalten. Der Kläger hat sich die Pferde ausgeliehen, um an der Veranstaltung teilnehmen zu können. Wäre der private Zweck "Teilnahme an der Veranstaltung Nacht der Mode" entfallen, hätte für den Kläger kein Anlass bestanden, an diesem Tag und zu dieser Zeit die Pferde des W zu bewegen.

Anhaltspunkte dafür, dass die Kutschfahrt des Klägers seinem eigenen landwirtschaftlichen Unternehmen dienlich gewesen sein könnte, ergeben sich nicht.

Nach alledem hat der Kläger keinen landwirtschaftlichen Arbeitsunfall erlitten. Das Urteil des Sozialgerichts war aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision iS des § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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