L 11 KA 86/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 42/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 86/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 37/04 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.05.2003 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den von der Beklagten vorgenommenen Honorarabzug wegen Punktmengenüberschreitung für das Jahr 2000.

Der Kläger ist als Zahnarzt in X zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen.

Mit Bescheid vom 11.04.2001 kürzte die Beklagte das vertragszahnärztliche Honorar des Klägers für das Jahr 2000 in Höhe von 10.704,10 DM, da der Kläger die degressionsfreie Punktmenge von 350.000 Punkten (§ 85 Abs. 4 b - g SGB V) um 37.827 Punkte überschritten hatte.

In seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, ihm sei ein nachweisbarer finanzieller Schaden durch die großzügige Bonusgewährung der Krankenkassen entstanden; in zahlreichen Fällen sei den Patienten ein zu hoher Bonus seitens der Krankenkassen gewährt worden. Zwar sei auf den Heil- und Kostenplänen vermerkt worden, die Voraussetzungen für die Bonusgewährungen seien nicht erfüllt, jedoch hätten die Krankenkassen dennoch einen erheblichen Bonus gewährt. Dadurch sei es zu einer Überschreitung der degressionsfreien Punktmenge seiner Praxis gekommen. Es sei unzulässig, diese Großzügigkeit der Krankenkassen zum Teil aus seinem Honorar zu finanzieren.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 13.02.2002 zurück.

Mit seiner Klage hat der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft.

Er hat beantragt,

den Bescheid über die Quartalsabrechnung IV/2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.02.2002 insoweit aufzuheben, als ein Honorarabzug auf Grund Punktmengenüberschreitung in Höhe von 10.704,10 DM verfügt worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ausgeführt, sie habe die Minderung des klägerischen Honorars wegen Punktmengenüberschreitung auf Grund der gesetzlichen und gesamtvertraglichen Regelungen vorgenommen; die Frage eines leistungsrechtlich nicht korrekten Handelns einzelner Krankenkassen könne für die hier zu entscheidende Rechtsfrage dahinstehen.

Mit Urteil vom 07.05.2003 hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bestimmungen über die sogenannte Punktwertdegression nach höchstrichterlicher Rechtsprechung im Einklang mit dem Grundgesetz stehe und die Umsetzung im konkreten Einzelfall des Klägers durch die Beklagte rechtmäßig erfolgt sei. Entgegen der Ansicht des Klägers sei der Umstand, dass einzelne Krankenkassen ihre Versicherten möglicherweise zu Unrecht einen zu hohen Bonus gewährt hätten, für die Berechnung und Erfassung der degressionsrechtlich relevanten Gesamtpunktzahl unerheblich.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er geltend macht, die vom SG vorgenommene Auslegung von § 85 Abs. 4 b) SGB V verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG. Denn die Einbeziehung aller erbrachten vertragszahnärztlichen Leistungen in die Gesamtpunktmenge, also auch die Einbeziehung der auf die Eigenanteile der Versicherten entfallenen Punkte, stelle nicht das mildeste unter gleich wirksamen Mitteln und damit einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit dar und führe dazu, dass über die Beklagte abzurechnende Behandlungen nur mit wirtschaftlichen Verlusten durchgeführt werden könnten. Der gesetzgeberische Zweck, die Krankenkassen an den Kostenvorteilen der umsatzstarken Praxen zu beteiligen, wurde so nicht erreicht. Soweit man die umsatzstarken Praxen wirklich ermitteln wolle, hätten dann auch Privatpatienten, Beihilfeberechtigte, über das Sozialamt versicherte Patienten, Polizeibeamte und Asylbewerber erfasst werden müssen, für die der Vertragszahnarzt ebenfalls zahnärztliche Leistungen erbringe. Dass der Gesetzgeber die Nichteinbeziehung der auf Eigenanteile der Versicherten entfallenden Punkte gewollt habe, ergebe sich auch aus der Neufassung von § 85 Abs. 4 b) SGB V ab 01.01.2005. Denn wenn der Gesetzgeber, nachdem die zahnprothetische Behandlung aus der Berechnung der Punktmenge herausgenommen worden sei, die bis dahin geltende Gesamtpunktmenge lediglich um ein Viertel kürze, ergebe sich daraus, dass nur die Kassenanteile in der Gesamtpunktmenge berücksichtigungsfähig sein sollten.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.05.2003 abzuändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und verweist hinsichtlich der Einbeziehung der Eigenanteile der Versicherten bei der Erfassung der Punktmenge auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13. Mai 1998 (B 6 KA 39/97 R).

Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akten und den der Streitakten wird - insbesondere hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten - ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis gemäß § 126 Abs. 2 SGG erklärt haben.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Der hinsichtlich seiner Honorarkürzung angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG.

Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Urteil des SG Düsseldorf, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren führt zu keinem anderen Ergebnis. Soweit der Kläger eine Verletzung von Art. 12 GG rügt, schließt sich der Senat der Auffassung des BSG im Urteil vom 13.05.1998 (B 6 KA 39/97 R) an. Darin hat das BSG ausgeführt, die gesetzlichen Bestimmungen über die Punktwertdegression in § 85 Abs. 4b SGB V sind verfassungsgemäß. Die Rüge, dass nach der genannten Vereinbarung bei der Ermittlung der degressionspflichtigen Punktmenge zu Unrecht alle vom jeweiligen Zahnarzt abgerechneten Punkte und nicht nur die über die KZV abgerechneten und vergüteten Punkte zu berücksichtigen sind, greift nicht. Die Berechnung aller vom jeweiligen Zahnarzt abgerechneten Punkte bei der Ermittlung der degressionspflichtigen Punktmenge entspricht auch dem gesetzlichen Anliegen, mit der Regelung das als Sofortmaßnahme zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringende Einsparvolumen auf die umsatzstarken Praxen zu konzentrieren und zugleich im Sinne der Verbesserung der Qualität der zahnärztlichen Versorgung Anreize für überdurchschnittliche Umsätze zu verringern. Um die so formulierte gesetzliche Absicht, die Krankenkassen an den Kostenvorteilen in umsatzstarken Praxen zu beteiligen, zu realisieren, muss die gesamte vertragszahnärztliche Tätigkeit, unabhängig von der Vergütungs- bzw. Abrechnungsstruktur erfasst werden.

Soweit der Kläger geltend macht, bei dieser vom SG vorgenommenen Auslegung von § 85 Abs. 4 b SGB V müssten dann auch die an Privatpatienten, Beihilfeberechitgten etc. vorgenommenen zahnärztlichen Behandlungen Berücksichtigung finden, kann dem bereits deshalb nicht zugestimmt werden, weil § 85 Abs. 4 b SGB V nur auf Leistungen des Zahnarztes im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung gegenüber Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung angewandt werden kann, und zwar unabhängig davon, in welcher Form und durch wen deren Vergütung an den Zahnarzt erfolgt. Eine Einbeziehung von Leistungen, die gegenüber Personen erbracht werden, die nicht zu den gesetzlich Krankenversicherten zählen, wäre hingegen systemwidrig.

Aus der mit Wirkung vom 01.01.2005 vorgenommenen Änderung von § 85 Abs. 4 b SGB V lässt sich entgegen der Ansicht des Klägers der gesetzgeberische Wille bezüglich der im Jahr 2000 geltenden Fassung von § 85 Abs. 4 b SGB V nicht herleiten. Hinsichtlich der Auslegung dieser Vorschrift verweist der Senat auf die oben zitierte Rechtsprechung des BSG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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