L 8 U 338/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 2119/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 338/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11.12.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen den Beklagten ein Anspruch auf die Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 20 v.H. für die Zeit ab dem 23.09.2006 zusteht.

Der 1961 geborene Kläger war zum Unfallzeitpunkt als Schlosser bei der Firma W. AG in E., einem Mitgliedsunternehmen der Beklagten, versicherungspflichtig beschäftigt.

Am 11.09.2006 klemmte sich der Kläger bei der Arbeit den 3. bis 5. Finger der linken Hand in einer Baggertür (vgl. H-Arzt-Bericht vom 11.09.2006, Bl. 3 der Verwaltungsakte). Die am selben Tag zweifach aufgesuchten H-Ärzte Drs. H., S./K. stellten eine Prellung D 3 bis 5 linke Hand fest. In der röntgenologischen Untersuchung fand sich kein Nachweis für Frakturen. PD Dr. M., welchen der Kläger am 12.09.2006 aufsuchte, gab an, bei dem Kläger bestünden klinisch am linken Mittel-, Ring- und Kleinfinger Schwanenhalsdeformitäten bei instabilen palmaren Platten. Es bestünden keine Schwellungen und außer minimalen Schürfungen keine äußeren Verletzungszeichen. Die Rupturen der palmaren Platten der Mittelgelenke seien in der MRT vom 12.09.2006 nicht eindeutig nachzuvollziehen (Befundbericht vom 14.09.2006, Bl. 4 f. der Verwaltungsakte).

Im Befundbericht vom 22.09.2006 (Bl. 6 f. der Verwaltungsakte) gab PD Dr. M. an, der Kläger traue sich seine berufliche Tätigkeit kurzfristig wieder zu. Die bereits ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung werde daher auf den 22.09.2006 abgeändert, Arbeitsfähigkeit bestehe ab dem 23.09.2006. Die MdE werde mit 0 v.H. eingeschätzt. In einem weiteren Befundbericht vom 07.11.2006 gab PD Dr. M. an, klinisch sei an der linken Hand der Faustschluss noch unvollständig. Es bestehe ein minimaler Abstand zwischen den Fingerkuppen von D2 bis D5 und der distalen Hohlhandfurche von 2/2/2/6 cm. Passiv sei der Faustschluss komplett. Der Kläger verbleibe arbeitsfähig.

Am 19.04.2011 stellte sich der Kläger erneut bei PD Dr. M. vor und berichtete von zunehmenden Beschwerden (Bl. 3 Teil II der Verwaltungsakte).

Mit Schreiben vom 03.11.2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Vorlage eines Attestes der Gemeinschaftspraxis Drs. S./J. die Gewährung einer Verletztenrente (Bl. 10 ff. der Verwaltungsakte).

Die Beklagte erhob daraufhin das Gutachten der Prof. Dr. W.-H. und Dr. H. vom 22.12.2011 (Bl. 26 ff. der Verwaltungsakte). Diese teilten mit, bei dem Kläger lägen folgende wesentlichen Unfallfolgen vor: Schwanenhalsdeformität des linken Mittel-, Ring- und Kleinfingers, aktiver Faustschluss links nicht möglich, passiver Faustschluss links eingeschränkt, Kraftminderung der linken Hand, vermehrte Kälteempfindlichkeit der linken Hand. Die MdE werde für die Zeit vom 23.09.2006 bis 18.04.2011 mit 0 v.H., für die Zeit vom 19.04.2011 bis 15.12.2011 mit 10 v.H. und für die Zeit ab dem 16.12.2011 mit 20 v.H. eingeschätzt.

Der Beratungsarzt der Beklagten Prof. Dr. W. machte in seiner Stellungnahme vom 01.02.2012 Einwendungen gegen das Gutachten geltend (Bl. 71 f. der Verwaltungsakte). In der Familie des Klägers scheine ein Ehlers-Danlos-Syndrom vorzuliegen, welches mit einer pathologischen Beweglichkeit der Gelenke einhergehe, die auch die Finger betreffen könne. Hierin könne eine konkurrierende Ursache für die Schwanenhalsdeformität liegen. Zudem seien die palmaren Platten der Gegenhand ebenfalls lax, was für ein anlagebedingtes Leiden spreche. Bei der Messung der Beweglichkeit des linken Daumens, welcher nicht bei dem Unfall verletzt worden sei, habe sich eine Beugefähigkeit gezeigt, die weit über das normale Maß hinausgehe, jedoch die Streckfähigkeit um 40° eingeschränkt sei. Das Gutachten gebe zu den aufgeworfenen Fragen keine Auskunft, so dass eine MdE-Einschätzung zunächst zurückgestellt werden müsse.

Die Beklagte holte daraufhin eine ergänzende Stellungnahme der Dr. H.vom 22.05.2012 ein (Bl. 88 f. der Verwaltungsakte), welche trotz der Einwendungen des Beratungsarztes an ihrer Auffassung festhielt.

Nach weiterer Stellungnahme des Beratungsarztes Prof. Dr. W. vom 13.06.2012 (Bl. 90 f. der Verwaltungsakte) erhob die Beklagte sodann das Gutachten des Prof. Dr. S. vom 16.11.2012, welcher den Kläger am 30.08.2012 persönlich untersuchte (Bl. 149 ff. der Verwaltungsakte). Der Kläger leide unter einer Schwanenhals-Deformität der linken Mittel-, Ring- und Kleinfingers nach traumatischer Läsion der palmaren Platten im Jahre 2006. Das Ereignis vom 11.09.2006 sei dabei wesentliche Ursache für die Entstehung gewesen. Die MdE betrage 10 v.H.

Auf Veranlassung von Prof. Dr. S. holte die Beklagte zudem das orthopädisch-rheumatologische Gutachten des Dr. H. vom 05.11.2013 ein, welcher den Kläger am 04.09.2013 persönlich untersuchte (Bl. 223 der Verwaltungsakte). Für eine rheumatologische Erkrankung fänden sich klinisch, röntgenologisch und laborchemisch keine Hinweiszeichen. Auch die rechte Hand sei völlig unauffällig.

Unter Einbeziehung dieses Gutachtens gab Prof. Dr. S. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11.12.2013 an (Bl. 227 der Verwaltungsakte), er bewerte die festgestellten Schwanenhalsdeformitäten des linken Mittel-, Ring- und Kleinfingers weiterhin als Unfallfolgen der traumatischen Läsion der palmaren Platten im Jahre 2006.

In der daraufhin eingeholten Stellungnahme des Beratungsarztes Prof. Dr. W. vom 02.01.2014 teilte dieser mit (Bl. 230 f. der Verwaltungsakte), er könne die Äußerungen des Dr. H., die nicht als Gutachten bezeichnet werden könnten, nicht nachvollziehen. Insbesondere eine völlig unauffällige rechte Hand entspreche nicht den bisherigen Befunden. Er schlage vor, den Kläger nochmals in der Reha-Sprechstunde des Dr. K. untersuchen zu lassen.

Im Rahmen einer Reha-Untersuchung am 30.01.2014 erfolgte sodann eine entsprechende Untersuchung durch Dr. Kuck (Bl. 236 f. der Verwaltungsakte). Die Schwanenhalsdeformität im Bereich der Finger 3 – 5 der linken Hand sei unfallbedingt. Eine MdE sei nicht festzustellen. Die Einschränkungen der verletzten Finger sei nicht mit einer Amputation zu vergleichen.

Mit Bescheid vom 24.02.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 11.09.2006 ab (Bl. 248 f. der Verwaltungsakte). Die Erwerbsfähigkeit sei nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert. Der Arbeitsunfall habe zu folgenden Beeinträchtigungen geführt, die bei der Bewertung der MdE berücksichtigt worden seien: Schwanenhalsdeformität von Mittel, Ring- und Kleinfinger durch Quetschung des Kapsel-Band-Apparates der Mittelgelenke, anteilige Bewegungseinschränkung von Mittel-, Ring- und Kleinfinger, die durch intensives Training und Beübung noch verbessert werden kann.

Am 12.03.2014 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch (Bl. 252 der Verwaltungsakte) und führte zur Begründung an, durch den Arbeitsunfall der unstreitig anerkannten Folgen sei die Gebrauchsfähigkeit der betroffenen linken Hand so gut wie ausgeschlossen. Er könne keinen Faustschluss ausüben, die Bewegungsfähigkeit der Finger selbst sei deutlich eingeschränkt und auch eine Kraftausübung durch die linke Hand sei nicht mehr möglich. Außerdem leide er seit dem Unfall unter stärksten Schmerzen. Die Begründung einer MdE von 20 durch Dr. H. sei daher plausibel, nachvollziehbar und absolut gerechtfertigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2014 (Bl. 278 f. der Verwaltungsakte) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zwar empfehlen Prof. Dr. W.-H. und Dr. H. eine MdE um 20 v.H. ab 16.12.2011. Dieser Beurteilung könne im Hinblick auf die Rentenliteratur nicht gefolgt werden. Danach rechtfertige der Verlust des Zeige-, Mittel- und Ringfingers im Mittelgelenk eine MdE um 20 v.H. Ein derart vergleichbarer Unfallfolgezustand liege bei dem Kläger aber nicht vor.

Am 03.07.2014 erhob der Kläger hiergegen Klage bei dem Sozialgericht Ulm (SG). Zur Begründung wiederholte er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.

Das SG erhob zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts das handchirurgische Gutachten der Prof. Dr. W.-H. vom 01.12.2014 (Bl. 19 ff. der SG-Akte). Die MdE schätze sie für die Zeit vom 23.09.2006 bis 18.04.2011 mit 0 v.H., für die Zeit vom 19.04.2011 bis 15.12.2011 mit 10 v.H., ab dem 16.12.2011 bis 19.09.2012 mit 20 v.H. und für die Zeit ab dem 20.09.2012 mit 10 v.H ...

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 11.12.2015 gab die Beklagte ein Teilanerkenntnis dahingehend ab, dass dem Kläger aufgrund des Arbeitsunfalls vom 11.09.2006 für den Zeitraum vom 16.12.2011 bis 31.08.2012 eine Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zusteht. Der Kläger nahm das Teilanerkenntnis zur teilweisen Erledigung des Rechtsstreits an. Die Beklagte berief sich im Übrigen auf den Eintritt der Verjährung (zur Niederschrift, vgl. Bl. 50 der SG-Akte).

Mit Urteil vom 11.12.2015 wies das SG die Klage zurück. Dem Kläger stehe über das Teilanerkenntnis hinaus kein Anspruch auf die Gewährung einer Unfallrente wegen des Unfalls vom 11.09.2006 zu.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 14.01.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.01.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Zur Begründung hat er angeführt, dass weder Prof. Dr. S. in seinem Gutachten vom 16.11.2012 noch Prof. Dr. W.-H. im Gutachten vom 01.12.2014 angäben, auf welche Literatur sie ihre MdE-Einschätzung stützten. Damit sei unklar, ob der aktuelle Stand der Wissenschaft berücksichtigt werde. Des Weiteren begründe Prof. Dr. S. seine MdE-Einschätzung auch nicht, womit das Gutachten nicht schlüssig sei. Die Begründung von Prof. Dr. W.-H. überzeuge im Vergleich zum Gutachten von Dr. H. nicht. Zudem dürfe im Rahmen der MdE-Erfahrungswerte nicht lediglich auf die Ausführungen von Schönberger/Mertens/Valentin eingegangen werden. In der aktuellen Auflage von Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung 12.Auflage 2010, S. 162 finde sich noch immer ein Erfahrungswert von 30 v.H ... Hierauf gehe Prof. Dr. W.-H. jedoch nicht ein. Zudem stellten sich die Verbesserungen in der Beweglichkeit der betroffenen Finger im Vergleich der Gutachten vom 22.12.2011, 16.11.2012 und 01.12.2014 nur als geringfügig dar. Hervorzuheben sei, dass die Überstreckung der Finger 3 bis 5 im Wesentlichen gleich geblieben sei. Gleichgeblieben sei auch, dass der Kläger die betroffenen Finger aus der Überstreckung nicht aktiv sondern nur unter Zuhilfenahme der rechten Hand beugen könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11.12.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 24.02.2014 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 25.06.2014 in der Gestalt des Teilanerkenntnisses vom 11.12.2015 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 11.09.2006 Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 20 v.H. durchgehend ab dem 23.09.2006 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat sie angeführt, der Kläger verkenne, dass es sich bei der MdE-Einschätzung um eine reine Rechtsfrage und nicht um eine medizinische Frage handele. Auf die Ausführungen des SG werde insoweit Bezug genommen. Der vom SG als Vergleichseckwert herangezogene MdE-Wert von 20 v.H. bei einer Amputation der Finger 3 bis 5 im Mittelgelenk entspreche auch dem in Mehrhoff/Ekkernkamp/Wich, Unfallbegutachtung und Bereiter-Hahn/Mertens, Handkommentar der gesetzlichen Unfallversicherung, für eine solche Verletzung zu findenden MdE-Wert. Dass die Funktion der linken Hand des Klägers gegenüber einer derartigen Amputation um einiges besser sei (Finger können zum Greifen und Halten genutzt werden) stehe für die Beklagte außer Frage. Dementsprechend sei die MdE geringer als 20 v.H. einzuschätzen.

Das Sach- und Streitverhältnis war Gegenstand des Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 09.02.2017 (vgl. zur Niederschrift Bl. 29 ff. der Senatsakte).

Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogen und zum Verfahrensgegenstand gemacht. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 24.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 25.06.2014 in der Gestalt des Teilanerkenntnisses vom 11.12.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat wegen der Gesundheitsstörungen, die Folgen des am 11.09.2006 erlittenen Arbeitsunfalls sind, keinen Anspruch auf die beantragte Verletztenrente. Der Senat konnte nicht feststellen, dass die unfallbedingten Gesundheitsstörungen bereits für die Zeit ab 23.09.2006 bzw. über den 31.08.2012 hinaus eine MdE um 20 v.H. rechtfertigen. Auch konnte der Senat nicht feststellen, dass sich seither ein Zustand ergeben hätte, der einen Rentenanspruch i.S.d. § 56 Abs. 2 SGB VII begründen würde.

Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII).

Zwischen den Beteiligten ist insoweit unstreitig, dass es sich bei dem Unfallgeschehen vom 11.09.2006 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat. Die Beklagte hat dies mit Bescheid vom 24.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 25.06.2014 anerkannt und zugleich folgende unfallbedingte Gesundheitsstörungen festgestellt: eine Schwanenhalsdeformität von Mittel-, Ring- und Kleinfinger durch Quetschung des Kapsel-Band-Apparates der Mittelgelenke sowie eine anteilige Bewegungseinschränkung von Mittel-, Ring- und Kleinfinger.

Der Senat konnte jedoch nicht feststellen, dass diese unfallbedingten Gesundheitsstörungen bereits ab dem 23.09.2006 sowie für die Zeit ab dem 01.09.2012 eine MdE von mindestens 20 v.H. bedingen. Denn aus den vorliegenden Befunden zu den genannten unfallabhängigen Gesundheitsstörungen lässt sich eine MdE von mindestens 20 v.H., wie dies ein Rentenanspruch nach § 56 SGB VII voraussetzt, nicht ableiten. Ein Stützrententatbestand ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Die Bemessung der MdE ist die Feststellung von Tatsachen, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; zuletzt BSG 22.06.2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1).

Derzeit ist im Hinblick auf den Wandel durch geänderte Anforderungen des Arbeitsmarkts und den medizinisch-therapeutischen Fortschritt eine wissenschaftliche Diskussion darüber in Gang, inwieweit die teilweise über Jahrzehnte alten MdE-Erfahrungswerte in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur diesem Wandel noch gerecht werden. So ist unter anderem von der Dachorganisation der Unfallversicherungsträger, der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung – DGUV – eine Expertengruppe eingesetzt, Vorschläge zur MdE-Einschätzung zu erarbeiten, Ergebnisse liegen bislang nicht vor (vgl. Ludolph/Schürmann, Neubewertung der MdE bei unfallchirurgisch-orthopädischen Arbeitsunfall- und BK-Folgen in der gesetzlichen Unfallversicherung, Medizinische Sachverständige 2016, 60-71). Zur Diskussion gestellt sind mittlerweile die Vorschläge der Kommission "Gutachten" der medizinischen Fachgesellschaft der Unfallchirurgie, der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie, die von Ausnahmen abgesehen die bisherigen MdE-Bewertungsansätze mit niedrigeren MdE-Sätzen versieht bzw. neue Bewertungsgrundsätze in die wissenschaftliche Auseinandersetzung einführt (vgl. Ludolph/Schürmann a.a.O.). Vor dem Hintergrund, dass die wissenschaftliche Diskussion um die MdE-Erfahrungswerte in der gesetzlichen Unfallversicherung noch ergebnisoffen und noch nicht abgeschlossen ist, hält der Senat im Wege der Einzelfallprüfung an den bislang in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur dargestellten MdE-Bewertungskriterien fest (Senatsurteil vom 22.07.2016 - L 8 U 475/15 -, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de, im Ergebnis ebenso BSG, Urteil vom 20.12.2016 - B 2 U 11/15-, juris, RdZiff. 21-23). Ergibt sich im Einzelfall, dass eine der zur Diskussion gestellte, abweichende MdE-Wertung für die zu bewertende gesundheitliche Folge eines Versicherungsfalls überzeugender ist, sieht sich der Senat nicht gehindert, diese seiner Entscheidung zugrundezulegen, nachdem allgemeiner Konsens jedenfalls darüber herrscht, dass die bisherigen MdE-Bewertungskriterien überarbeitungsbedürftig sind.

Neben den auf tatsächlichem Gebiet liegenden Umständen für die Bemessung der MdE sind aus der gesetzlichen Definition der MdE sowie den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung fließende rechtliche Vorgaben zu beachten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2). Bestanden bei dem Versicherten vor dem Versicherungsfall bereits gesundheitliche, auch altersbedingte Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit (sog. Vorschäden), werden diese nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und der einhelligen Auffassung in der Literatur für die Bemessung der MdE berücksichtigt, wenn die Folgen des Versicherungsfalles durch die Vorschäden beeinflusst werden. Denn Versicherte unterliegen mit ihrem individuellen Gesundheitszustand vor Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, a.a.O. m.H.a.: BSGE 63, 207, 211, 212 = SozR 2200 § 581 Nr. 28; Bereiter-Hahn/Mehrtens, SGB VII, Stand: 2006, § 56 RdNr 10.5; Kranig in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand: 2006, K § 56 RdNr 42 m.w.N.). Dies verlangt § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wonach die "infolge" des Versicherungsfalls eingetretene Beeinträchtigung des Leistungsvermögens und die dadurch verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens maßgeblich sind.

Grundsätzlich ist der Grad der MdE aus den festgestellten Funktionsbehinderungen abzuleiten, wobei als Maßstab Einschränkungen der Bewegungsmaße und durch neurologische Ausfalle bedingte funktionelle Beeinträchtigungen in Betracht kommen.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe konnte der Senat nicht feststellen, dass die Folgen des Arbeitsunfalls vom 11.09.2006 im Zeitraum vom 23.09.2006 bis 15.12.2011 und in der Zeit ab 01.09.2012 eine MdE von mindestens 20 v.H. bedingen.

Bei der Bewertung der MdE hinsichtlich der Folgen von Fingerverletzungen ist nach der unfallchirurgischen Literatur zu berücksichtigten, dass die Hand einschließlich der Finger als Greif-, Druck-, Tast- und Ausdrucksorgan zu bewerten ist (vgl. Schönberger, Mehrtens, Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage 2017, S. 572). Die wichtigste Funktion der Hand ist dabei die des Greifens. Bei der Bewertung der MdE sind die Verletzungen mit dem jeweiligen Finger(teil)verlust zu vergleichen und daraufhin zu prüfen, ob sie in etwa gleich, besser oder schlechter zu bewerten sind (vgl. Schönberger et. al., aaO, S. 575). Ausgangspunkt der Bewertung sind demnach die Erfahrungswerte für (vollständige) Verluste von Fingergliedern. Für die Bewertung der Verletzungen des Klägers sind hierbei die Erfahrungswerte für Teilverluste an zusammen drei Fingern, nämlich Mittel-, Ring- und Kleinfinger maßgeblich. Insoweit wird in der unfallmedizinischen Literatur für den Verlust (nur) der Endglieder (genauer: bei einer Verlustlinie im Endglied) am Mittel-, Ring- und Kleinfinger - jedenfalls für die Zeit ab 12 Monaten nach der Schädigung - eine MdE von 10 v.H. angenommen (so auch die Abb. 3.39 bei Schönberger et. al., a.a.O., S. 609), für den Verlust der End- und der Mittelglieder dieser drei Finger eine MdE von 20 v.H. (vgl. Abb. 3.40, a.a.O.) und für den Verlust von End-, Mittel- und Grundglied (bei Erhalt nur des MCP-Gelenks [Grundgelenk]) in allen drei Fingern eine MdE von 35 v.H. (vgl. Abb. 3.41, a.a.O.). Dies entspricht auch der Bewertung in Mehrhoff/Ekkernkamp/Wich, Unfallbegutachtung, 13. Auflage 2012, S. 176 ff. Diese nehmen zudem bei einer stärkeren Beuge- oder Streckhemmung aller Gelenke am 3. bis 5. Finger eine MdE von 20 an (Mehrhoff et. al., aaO., S. 175).

Im Rahmen der Neubewertung der MdE (vgl. Ludolph/Schürmann, Neubewertung der MdE bei unfallchirurgisch-orthopädischen Arbeitsunfall- und BK-Folgen in der gesetzlichen Unfallversicherung, Medizinische Sachverständige 2016, 60-71) wurde nachhaltig darauf abgestellt, welche Griffe (Spitzgriff, Grobgriff etc.) und welche Tastaturen bewegungsmäßig nicht oder nur noch teilweise bedient werden können. Außerdem wurde berücksichtigt, welche konkreten (Halte-)Tätigkeiten am Gerät dadurch ganz oder teilweise beeinträchtigt werden. Der Verlust des Mittelfingers und zweier weiterer Finger soll danach eine MdE von 30 bedingen (vgl. Ludolph/Schürmann, aaO, S. 65).

Für die Zeit vom 23.09.2006 bis 15.12.2011 konnte der Senat anhand der vorliegenden medizinischen Befunde nicht feststellen, dass die bei dem Kläger vorhandenen Gesundheitsstörungen mit einer MdE von 20 v. H. zu bewerten sind.

Nach dem Befundbericht des PD Dr. M. vom 22.09.2006 (Bl. 6 f. der Verwaltungsakte) bestanden an der linken Hand unauffällige Weichteilverhältnisse. Die Mittelgelenke des Mittel-, Ring- und Kleinfingers links waren palmar noch nicht stabil. Der Faustschluss gelang vollständig, die Fingerstreckung ebenfalls. Die bereits bis zum 06.10.2006 ausgestellte Arbeitsunfähigkeit wurde daraufhin auf den 22.09.2006 abgeändert. Bei der Untersuchung am 31.10.2006 (Befundbericht vom 07.11.2006, Bl. 10 ff. der Verwaltungsakte) war der Faustschluss an der linken Hand unvollständig. Es bestand ein minimaler Abstand zwischen den Fingerkuppen von D2 bis D5 und der distalen Hohlhandfurche von 2/2/2/6cm. Passiv war der Faustschluss komplett. Nach der unmittelbaren Behandlung im Anschluss an den Unfall im Jahr 2006 befand sich der Kläger zunächst nicht weiter in Behandlung. Erst im April 2011 wandte er sich erneut an PD Dr. M. und gab an, die rezidivierenden Beschwerden hätten zugenommen. Zwischen der Untersuchung vom 31.10.2006 und der Untersuchung am 19.04.2011 liegen daher keine medizinischen Befundunterlagen vor. Bei der Untersuchung am 19.04.2011 (Befundbericht vom 28.04.2011, Bl. 3 der Verwaltungsakte) zeigte sich eine angedeutete Schwanenhalsdeformität der Finger D3 bis D5 der linken Hand. Der Fingerkuppentischabstand für die Finger D2 bis D5 betrug jeweils 0 cm, der Fingerkuppenhohlhandabstand 2/2/2/1 cm, passiv waren die Finger frei beweglich. Die periphäre Sensibilität war intakt.

Damit bedingen die bei dem Kläger in diesem Zeitraum bestehenden Gesundheitsstörungen im Bereich der linken Hand keine MdE. Wesentliche Einschränkungen der Greiffunktion bestanden nicht bzw. sind mangels entsprechender Befundberichte nicht festzustellen. Der Faustschluss gelang aktiv, wenn auch mit einem Abstand zwischen Fingerkuppen und Hohlhandfurche. Auch die Tastfähigkeit war nicht eingeschränkt. Die in diesem Zeitraum bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen sind mithin nicht mit einem (Teil-)Verlust von Fingergelenken vergleichbar.

Auch für die Zeit ab dem 01.09.2012 liegen keine funktionellen Einbußen vor, die zu der Feststellung einer rentenberechtigenden MdE führen.

Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. S. am 30.8.2012 war die periphere Sensibilität seitengleich intakt. Rechts gelang der Faustschluss komplett (Fingernageltischabstand sowie Fingerkuppenhohlhandabstand 0-0-0-0 cm), links gelang der Faustschluss inkomplett mit einem Fingerkuppenhohlabstand von 2-2-1-1 cm. Passiv zeigte sich ein voller Faustschluss mit einem Fingerkuppenhohlabstand von 0-0-0-0 cm. Die Beugung des linken Mittel-, Ring- und Kleinfingers war nur unter Zuhilfenahme der rechten Hand nach passiver Beugung der Mittelgelenke möglich, hierbei war ein Schnappen der Seitenzügel deutlich zu hören und zu fühlen. Die Fingerstreckung gelang komplett (Fingernageltischabstand 0-0-0-0 cm). Damit beschreibt Prof. Dr. S. einen nahezu gleichen Befund wie Dr. M ... Am Mittelgelenk des linken Zeigefingers zeigte sich eine Überstreckung von 10 Grad, am Mittelgelenk des linken Mittelfingers von 20 Grad, am Mittelgelenk des linken Ringfingers von 30 Grad und am Mittelgelenk des linken kleinen Fingers von 20 Grad iS von Schwanenhalsdeformitäten. Pinzetten-, Schlüssel- und Spitzgriff waren rechts und links durchführbar, die Opponierung des Daumens gelang zu allen Langfingerkuppen. Die Kraftmessung mittels Jamar-Kraftmesser ergab für die rechte Hand 38 kg, für die linke Hand 17 kg. Diese funktionellen Einbußen rechtfertigen keine MdE um 20 v. H., denn sie sind mit der Schwere des Verletzungsmusters, Verlust ab Mittelglied von 3 Fingern nicht vergleichbar.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Gutachten des Prof. Dr. S. auch nicht deshalb unschlüssig, weil er die von ihm für die MdE-Bewertung zu Grunde gelegte Literatur nicht benennt. Bei der MdE-Bewertung handelt sich um eine Rechtsfrage, die Beklagte und Gerichte aus der aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens gewonnenen Überzeugung in eigener Verantwortung zu prüfen und ggf. zu korrigieren haben (vgl. BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2, vom 13.09.2005 - B 2 U 4/04 R - und vom 30.06.2009 - B 2 U 3/08 R -, jeweils zitiert nach juris). Bei den nachfolgenden Untersuchungen zeigten sich weitgehend gleiche Funktionseinschränkungen.

Bei der Untersuchung durch Dr. H. am 04.09.2013 zeigte sich passiv eine freie Beweglichkeit an allen Fingergelenken, auch im Bereich der Schwanenhalsdeformitäten. Aktiv spannte der Kläger zunächst voll gegen, nach mehrmaligen Üben konnten die Finger vollständig herein gezogen werden, es zeigte sich auch eine volle Streckfähigkeit. Die Sensibilität war intakt, es fanden sich keine trophischen Störungen.

Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. W.-H. am 07.11.2014 zeigte sich im Bereich der linken Hand an Mittel-, Ring- und Kleinfinger eine deutliche Schwanenhalsdeformität mit Überstreckung der Mittelgelenke und leichtem Streckdefizit der Endgelenke und dort insbesondere des Mittelfingerendgelenk. Das linke Daumengrundgelenk wies ebenso wie das rechte Daumengrundgelenk eine Knopflochdeformität mit Streckbehinderung in den Grundgelenken auf, kompensatorisch zeigte sich links und geringer auch rechts eine Überstreckung im Endgelenk. Es fand sich eine deutliche Instabilität der betroffenen Finger im Bereich der palmaren Platten. Beidseits bestand eine kräftige Handbeschwielung, rechts etwas ausgeprägter als links. Die Greifseiten von Mittel-, Ring-, Kleinfinger wiesen geringe Arbeitsspuren auf. Daumenballen und Kleinfingerballen waren an beiden Händen regelrecht und kräftig ausgebildet. Es lagen keine Muskelatrophien vor. Der Faustschluss links gelang aus der Überstreckung in den Fingern D3 bis D5 nur über ein Klicken, wobei sich die Streckensehnenseitenzügel über die Kondylen bewegen. Aus der Überstreckstellung musste mit der rechten Hand nachgeholfen werden. Aus der Mittelstellung der Langfinger heraus gelang ein vollständiger Faustschluss. Hierbei verblieben an der linken Hand Fingerkuppenhohlhandabstände der Finger 2 bis 5 von 2-2-1-1 cm, der Abstand Nagelrand/quere Hohlhandfalte betrug passiv jeweils 0 cm. Die Streckung der Langfinger war links sowie rechts frei mit einem Abstand Nagelrand/verlängerte Handrückenebene von allen Langfingern von 0 cm. Der forcierte Faustschluss links, der passiv unter Zuhilfenahme der rechten Hand durchgeführt wurde, wurde vom Kläger als unangenehm und schmerzhaft geschildert. Die Beweglichkeit beider Daumen war eingeschränkt. Bei der Prüfung der primären Greifformen konnte mit beiden Händen ein Spitzgriff von Daumen zu sämtlichen Langfingern demonstriert werden, der Grobgriff war aufgrund der Faustschlussbehinderung links eingeschränkt, Haken- und Schlüsselgriff waren links sowie rechts gut demonstrierbar. Die Kraftmessung gelang sowohl rechts als auch links, hierbei konnten rechts 44 kg, links 28 kg gemessen werden. Am linken Ober- und Unterarm zeigte sich links gegenüber rechts eine leichte Muskelminderung, die Sensibilität war an beiden Händen regelrecht.

Im Vergleich zu einem Verlust der End- und der Mittelglieder des Mittel-, Ring- und Kleinfingers, welcher eine MdE von 20 v.H. bedingt, ist bei dem Kläger die Greiffunktion zwar eingeschränkt, aber nicht aufgehoben. Bei der Prüfung der primären Greifformen durch Prof. Dr. S. als auch durch Prof. Dr. W.-H. konnte mit beiden Händen ein Spitzgriff von Daumen zu sämtlichen Langfingern demonstriert werden, der Grobgriff war aufgrund der Faustschlussbehinderung links eingeschränkt, Haken- und Schlüsselgriff waren links sowie rechts gut demonstrierbar.

Damit bestehen bei dem Kläger zwar Bewegungs- und Funktionseinschränkungen. Insbesondere liegt aber kein Totalverlust des Grobgriffs vor, der eine MdE um 30 v.H. rechtfertigen würde (Schönberger et. al., aaO, S. 572), sondern nur eine Behinderung des vollen Grobgriffs, so dass eine deutliche Abstufung vorzunehmen ist. Die Beeinträchtigungen wiegen zudem nicht so schwer, dass die Behinderung des Klägers dem vollständigen Verlust von End- und Mittelgliedern in drei Fingern gleichgestellt werden kann. Bei dieser Einschätzung ist auch zu berücksichtigen, dass sich weder bei der Untersuchung durch Prof. Dr. S. noch bei der Untersuchung durch Prof. Dr. W.-H. Muskelatrophien fanden. Eine höhere MdE als 10 v.H. ist daher nicht festzustellen. Dies entspricht auch der Bewertung bei Mehrhoff et. al, aaO., S. 175, die bei einer stärkeren Beuge- oder Streckhemmung aller Gelenke am 3. bis 5. Finger eine MdE um 20 v.H. annehmen. Bei dem Kläger besteht eine Überstreckung im Bereich der Mittelgelenke und ein leichtes Streckdefizit der Endgelenke. In den Grundgelenken finden sich zwar Bewegungseinschränkungen, aber keine Beuge- oder Streckhemmung, so dass von der empfohlenen MdE ein Abschlag vorzunehmen ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der neueren Diskussionsansätze, nachdem bei diesen ebenfalls nachhaltig darauf abgestellt wird, welche Griffformen noch durchgeführt werden können, insbesondere die in der Arbeitswelt mittlerweile branchenübergreifend entstandene Notwendigkeit, Tastaturen bedienen zu können, ist nicht tangiert.

An dieser Beurteilung ändert auch das Gutachten der Dr. H. (und der Prof. Dr. W.-H.) vom 22.12.2011 nichts. Im Unterschied zu der Untersuchung durch Dr. H. zeigte sich bei der Untersuchung durch Prof. Dr. S. und Prof. Dr. W.-H. eine Verbesserung der Beweglichkeit mit geringeren Fingerkuppenhohlhandabständen beim Faustschluss und auch eine verbesserte Fingerbeweglichkeit.

Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Dass eine Verschlimmerung im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten ist, die Anlass zu weiteren Ermittlungen gibt, ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger im Übrigen auch nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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