L 18 KN 73/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 7 KN 325/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 KN 73/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 KN 14/03 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28.06.2002 geändert. Unter Aufhebung des Bescheides vom 07.02.01 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.11.01 wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger auf Grund eines im September 2000 eingetretenen Leistungsfalles der Erwerbsunfähigkeit Leistungen auf Zeit bis zum 31.12.2004 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu erbringen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen trägt die Beklagte. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer sowie einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit.

Der 1968 geborene Kläger hat bis zum April 2000 als Maschinenhauer 2 gearbeitet. Seit dem 04.04.2000 ist er arbeitsunfähig krank mit Lohnfortzahlung und anschließendem Krankengeld- bzw. Übergangsgeldbezug während der Durchführung einer medizinischen Rehamaßnahme in der Zeit vom 09.08. bis 30.08.2000. Zum 30.09.2001 ist der Kläger vom Bergbau abgekehrt.

Auf den Rentenantrag vom September 2000 erkannte die Beklagte einen Anspruch auf Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau an. Rentenleistungen wegen Berufsunfähigkeit lehnte sie ab, nachdem die ärztliche Untersuchung vom 19.12.2000 ergeben hatte, dass der Kläger trotz eines chronifizierten Schmerzsyndroms der Hals- und Lendenwirbelsäule, einer Schulterausrenkung beidseits sowie Übergewicht noch in der Lage sei vollschichtig zu arbeiten. Zwar habe der Kläger nach der Reha-maßnahme weitere Chronifizierungstendenzen mit Auftreten typischer Sekundärphänomene wie Befindlichkeitsstörung, Schlafstörung, innere Unruhe und berechtigte Zukunftsängste entwickelt, dennoch seien durchgehend mittelschwere und leichte körperliche Arbeiten unter Vermeidung von häufigen Zwangshaltungen zumutbar (Bescheid vom 07.02.2001). Das Widerspruchsverfahren, während dessen Verlauf der Kläger ein ärztliches Attest des Dr. N vom 11.12.2000 vorgelegt hatte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21.11.2001).

Im Klageverfahren hat der Kläger eine weitere Bescheinigung von Dr. N vom 10.06.2002 vorgelegt, in der dieser attestiert, dass bei dem Kläger eine chronische somatisierte Depression bestehe, die sich inzwischen auch mit Erkrankungen im HNO-Bereich kombiniert habe. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger schon bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit nur noch in der Lage gewesen sei, leichteste Tätigkeiten zu verrichten.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.02.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2001 zu verurteilen, bei ihm ab 14.09.2000 einen Zustand von Berufsunfähigkeit anzunehmen und Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren, hilfsweise, gemäß § 109 SGG Gutachten von Dr. N1 und Dr. G einzuholen.

Die Beklagten hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch Urteil vom 28. 06.2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nicht berufsunfähig, weil er noch fähig sei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als Auslieferungsfahrer im Arzneimittelgroßhandel zu arbeiten. Daran sei er nach den festgestellten Gesundheitsstörungen nicht gehindert. Weder das vom Kläger vorgelegte Attest des Dr. N vom 11.12.2000 noch das vom 10.06.2002 könnten die Feststellungen und Ausführungen im Entlassungsbericht anlässlich des im August durchgeführten Heilverfahrens und das Ergebnis der Begutachtung durch den Sozial- medizinischen Dienst der Beklagten entkräften. Der nach § 109 SGG gestellte Antrag sei als verspätet abzulehnen, weil der Kläger zumindest seit einem am 11. März 2002 durchgeführten Erörterungs- termin gewusst habe, dass weitere Beweiserhebung von Amts wegen nicht vorgesehen sei.

Im Berufungsverfahren hat der Kläger seinen Antrag auf Einholung eines Gutachtens nach § 109 SGG wiederholt, im Übrigen aber auf eine Behandlung in der psychiatrischen Abteilung des Elisbeth- Krankenhauses H-F in der Zeit vom 06.09. bis 16.09.2002 hingewiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28. Juni 2002 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07. Februar 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2001 zu verurteilen, bei ihm ab 14. September 2000 den Leistungsfall der Berufsunfähigkeit auf Dauer und der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bis zum 31. Dezember 2004 anzuerkennen und entsprechende Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie hat, nachdem der Senat durch den Neurologen und Psychiater Dr. L eine Begutachtung von Amts wegen veranlasst und dieser den Kläger in seinem Gutachten vom 11.03.2003 für einen Zeitraum von zunächst einem Jahr nicht mehr für fähig erachtet hatte, leichte Arbeiten als Dauerbelastung regelmäßig zu erbringen, ein Vergleichsangebot unterbreitet. Danach war sie bereit, bei dem Kläger ab dem 06.09.2002 (Beginn einer stationären Behandlung im F-Krankenhaus H-F) vorübergehende volle Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI anzunehmen und dementsprechend Leistungen auf Zeit bis 29.02.2004 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen, ggfs. unter Anwendung der Regelungen über das Zusammentreffen von Renten und Einkommen, zu erbringen.

Der Kläger hat dieses Angebot nicht angenommen. Das Gutachten von Dr. L bringe zum Ausdruck, dass zumindest ein Zustand von Berufsunfähigkeit bereits zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt eingetreten sei. Dieser habe ausgeführt, dass die ersten somatoformen Störungen der depressiven Erkrankung bereits im Jahre 1999 aufgetreten seien.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Streit- und Beklagtenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zum Teil begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit zu. Das Urteil des Sozialgerichts war daher zu ändern und die Bescheide der Beklagten aufzuheben. Der Anspruch auf Gewährung von Berufsun- fähigkeitsrente auf Dauer ist dagegen nicht begründet.

Die Voraussetzungen der §§ 44 Abs. 2, 102 Abs. 2 SGB VI sind erfüllt. Anzuwenden sind diese Vorschriften in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (§ 300 Abs. 2 SGB VI), da der Kläger den Antrag auf Gewährung von Rentenleistungen im September 2000 gestellt hat, er Leistungen ab diesem Zeitpunkt begehrt und der Anspruch auf eine Rentenleistung im September 2000 - mithin bis zum 31.12.2000 - entstanden ist. Zu diesem Zeitpunkt ist nach den Feststellungen von Dr. L - auf die noch näher einzugehen sein wird - ein Zustand von Erwerbsunfähigkeit eingetreten und damit das Stammrecht auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit entstanden. Der Kläger hatte im September 2000 auch die allgemeinen und besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen - das ist zwischen den Beteiligten unstreitig - erfüllt.

Dem steht nicht entgegen, dass die Rente befristet zu leisten ist, da es ein besonderes Stammrecht auf eine befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht gibt (vgl. BSGE 22, 278, 280; BSG v.12.09.1990 5 RJ 28/90, SozR 3-2200 § 1276 Nr.2). Der sich aus diesem Stammrecht ergebende erste monatliche Einzelanspruch entsteht allerdings erst sieben Monate danach und ist auch erst zu diesem Zeitpunkt fällig (§§ 40, 41 des 1. Buches des Sozialgesetzbuches - SGB I; § 163, § 194 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -). Die Entstehung und die Fälligkeit des ersten Einzelan- spruches der befristeten Erwerbsunfähigkeitsrente wird über den in §§ 40, 41 SGB I bestimmten Zeitpunkt hinausgeschoben (vgl. BSG SozR 3 - 2600 § 99 Nr. 2). Er wird damit verlegt auf den Beginn des siebten Kalendermonates "nach dem Eintritt der Minderung der Erwerbsfähigkeit" (§ 101 Abs. 1 SGB VI). Die Voraussetzungen der Erwerbsminderung und damit einhergehend der Eintritt des Versicherungsfalles der Erwerbsunfähigkeit (§ 101 Abs. 1 i. V. m. § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB VI) waren im Monat der Antragstellung (September 2000) erfüllt.

Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 07.02.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.11.2001, in dem die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente verneint hat. Mit der Klage hat der Kläger zunächst allein die Gewährung von Berufsunfähig- keitsrente auf Dauer ab Antragstellung begehrt. Unter Erweiterung seines Begehrens im Berufungsverfahren, was keine Klageänderung im Sinne des § 99 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - ist (§ 99 Abs. 3 Ziffer 3) begehrt der Kläger nunmehr auch eine Zeitrente wegen Erwerbsunfähigkeit. In diesem Umfang ist die Berufung begründet, weil für den Senat nach dem Gutachten von Dr. L feststeht, dass der Kläger zumindest seit September 2000 erwerbs- unfähig ist und darüberhinaus die Voraussetzungen für eine zeitliche Begrenzung nach § 102 Abs. 2 SGB VI in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (s.o.) erfüllt sind. Es besteht begründete Aussicht, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit in absehbarer Zeit behoben sein kann.

Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass bei dem Kläger ein Zustand von Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist; anders wäre das Vergleichsangebot der Beklagten nicht verständlich. Der Senat vermag allerdings der Auffassung der Beklagten nicht zu folgen, wonach ein Zustand der Erwerbsunfähigkeit bzw. der vollen Erwerbsminderung erst mit dem Zeitpunkt des Beginns der stationären Behandlung im F-Krankenhaus H-F im September 2002 eingetreten ist.

Dr. L hat bei dem Kläger eine schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen diagnostiziert; außerdem ein LWS-Syndrom ohne radikuläre Ausfallerscheinungen. Die ersten somatoformen Störungen der depressiven Erkrankung seien bereits 1999 aufgetreten. Auf Grund der Anamnese und Fremdanamnese könne davon ausgegangen werden, dass die depressive Episode seit September 2000 ununterbrochen anhalte. Das in dem Entlassungsbericht der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des F-Krankenhauses geschilderte psychopathologische Bild entspreche dem auch bei seiner Untersuchung festgestellten Befund. Zusätzlich seien bei der von ihm durchgeführten Untersuchung (07. und 14.02.2003) Sinnestäuschungserlebnisse katathymer Art geschildert worden, was als Hinweis auf eine Erweiterung bzw. Verschlimmerung der depressiven Erkrankung gelten müsse. Es bestehe auf diagnostischer Ebene eine Einordnungsdifferenz der Symptome dahingehend, dass die angegebenen Schmerzen nicht einer somatoformen Schmerzstörung zugeordnet würden, sondern noch den Symptomen der depressiven Erkrankung. Die schwere depressive Episode mit agitiert depressiver Verstimmung, akustischen und visuellen Halluzinationen, Schlafstörungen und Störungen in allen Bereichen des vegetativen Systems stellten eine erhebliche Behinderung dar, die eine Betätigung im Erwerbsleben unmöglich mache. Damit sei der Kläger auch leichten Arbeiten als Dauerbelastung nicht gewachsen; die Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestünde schon seit September 2000 ununterbrochen.

Danach steht für den Senat fest, dass der Kläger seit September 2000 nicht mehr in der Lage war, einer Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nachzugehen. Dabei ist zu konzedieren, dass Dr. L eine gewisse Verschlechterung des Krankheitsbildes gegenüber der Befundlage, wie sie im Bericht der L-klinik Bad T anlässlich der Behandlung im August 2000 festgehalten worden ist, vermutet; dennoch kann allein auf Grund der bei ihm zusätzlich aufgetretenen oder berichteten Sinnestäuschungen und Halluzinationen nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger davor noch in der Lage war, leichte Arbeiten in gewisser Regelmäßigkeit zu verrichten. Denn auch in der L-klinik Bad T wurde schon der Verdacht auf eine Somatisierungsstörung erhoben, wobei dieser Gesundheitsstörung - wie Dr. L nachvollziehbar erläutert - ein anderes oder auch kaum Gewicht beigemessen wurde. Wie sich aus dem Bericht der L-klinik Bad T vom 07.09.2000 ergibt, sollte gerade auf Grund der vielen Hinweise für einen solchen Verdacht "ggfs." eine weitere Diagnostik erfolgen. Dem wurde allerdings offenbar angesichts des Rehabilitationsziels (Reduktion der Rückenbeschwerden, Verbesserung der Wirbelsäulenbeweglichkeit, Verbesserung der Rückenmuskelkoordination, Einübung selbstständiger Bewegungsübungen für eine Fortsetzung zu Hause und dergleichen) weder in der vorwiegend internistisch/orthopädisch ausgerichteten Klinik, noch durch die Beklagte weiter nachgegangen. Denn auch der Sozialmedizinische Dienst hat anlässlich der Untersuchung am 19.12.2000 zwar ein chronifiziertes Schmerzsyndrom der Lendenwirbelsäule und Halswirbelsäule mit deutlicher weichteilrheumatischer Komponente diagnostiziert, eine psychiatrisch-neurologische Zusatzbegutachtung aber nicht für erforderlich erachtet. Dabei wurde allerdings vermerkt, dass der Heilerfolg der stationären Reha-Maßnahme im Sommer "frustran verlaufen" sei. Danach habe der Kläger eine weitere Chronifizierungstendenz mit Auftreten typischer Sekundär- phänomene in Form von Befindlichkeitsstörungen im Sinne von Schlafstörungen, innere Unruhe und berechtigte Zukunftsängste entwickelt. Nicht hochdosierte Antidepressiva, sondern das Erleben von Schmerzbewältigungs- und Entspannungstechniken mache hier aus internistisch-rheumatologischer Sicht Sinn. Dem Gutachter erschien die abschließende Stellungnahme der Reha-Ärzte bezüglich der körperlichen Einsetzbarkeit des Versicherten zu optimistisch. Dennoch hielt er den Kläger für durchgehend mittel- schwere und leichte körperliche Arbeiten unter Vermeidung von häufigen Zwangshaltungen, welche das Achsenskelett überfordern würden, für fähig.

Angesichts der Feststellungen von Dr. L muss diese Ein- schätzung, retrospektiv betrachtet, als unzutreffend angesehen werden. Diese Erkenntnis stützt der Senat unter anderem darauf, dass der Sozialmedizinische Dienst eine psychiatrisch- neurologische Zusatzbegutachtung deshalb nicht für erforderlich hielt, weil sich bei ihm "keine harten Fakten für eine renten- relevante eigenständige psychiatrische Erkrankung im Sinne z. B. einer Depression oder gar Psychose" gezeigt haben, ohne zu definieren, welche diese harten Fakten sein sollten. Er hat durch seinen Hinweis auf das nervenärztliche Attest des Dr. N vom 11.12.2000 - das vorgelegen hat - nur zu erkennen gegeben, dass er dies zur Kenntnis genommen habe, ohne sich damit auseinanderzusetzen. Letztlich spricht vor dem Hintergrund des Ergebnisses der Begutachtung durch Dr. L der Umstand, dass sich der Kläger ab November 2000 von Dr. N hat behandeln lassen, dieser Arzt eine schwere psychosomatische Störung diagnostiziert und diese sich im Nachhinein auch hat verifizieren lassen, sowohl für das Vorliegen dieser Erkrankung als auch dafür, dass sich diese psychosomatische Störung schon im September 2000 derart erwerbsmindernd ausgewirkt hat, dass der Kläger einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nicht mehr hat nachgehen können.

Da es sich nach Auffassung von Dr. L um ein behandelbares Leiden handelt und hierfür prognostisch nach Durchführung entsprechender Behandlungen begründete Aussicht besteht, dass sich dieser Zustand mit Auswirkung auf das Leistungsvermögen bessert, ist nach § 102 Abs.2 SGB VI der Rentenanspruch nur auf Zeit begründet. Im Hinblick darauf, dass bei entsprechender Behandlung in ca. einem Jahr dieser Zustand erreicht werden kann, war die Beklagte - wie aus dem Tenor ersichtlich - antragsgemäß zu einer Zeitrentengewährung zu verurteilen.

Ein Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente - auf Dauer - im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI ebenfalls in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung (s.o), den der Kläger nicht hilfsweise, sondern als selbstständigem Anspruch neben der Zeitrente wegen Erwerbsunfähigkeitsrente geltend gemacht hat, besteht nicht. Zwar handelt es sich bei den Rechten auf Berufs- und auf Erwerbsunfähigkeitsrente um zwei verschiedene Rechte mit unterschiedlichen Versicherungsfällen und auch unterschiedlichen Versicherungszielen und nicht um ein einziges Recht auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Denn während Schutzgut der Berufsunfähigkeitsrente das individuelle berufliche Leistungsvermögen des Versicherten ist (vgl. BSG SozR 3 - 2200 § 1246 Nr. 34 S. 126), ist Schutzgut der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gerade das allgemeine Leistungsvermögen, also die Fähigkeit des Versicherten, sich durch Erwerbstätigkeit überhaupt unterhalten zu können. Steht aber dem Versicherten - wenn auch auf Zeit - schon ein Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente zu, weil das Leistungsvermögen derart unterschritten ist, dass er nur noch geringfügige Erwerbstätigkeiten oder sogar gar keine Erwerbs- tätigkeit mehr ausüben kann, so ruht insoweit das Recht auf die Berufsunfähigkeitsrente. Das folgt schon aus § 89 Abs.1 Satz 1 SGB VI. Dabei ist das "Ruhen" nur im Sinne einer Rechtsfolgen- konsumtion zu verstehen, solange nämlich, wie der Anspruch auf die in der Regel höhere Erwerbsunfähigkeitsrente besteht (vgl. BSG vom 31.10.2002 B 4 RA 9/01, SozR 3 - 2600 § 101 Nr. 2). Das hat zur Folge, dass die auch aus dem Stammrecht auf Berufsun- fähigkeitsrente resultierenden Einzelansprüche während der Dauer des Bezuges der Erwerbsunfähigkeitsrente nicht zur Entstehung gelangen. Das könnte allenfalls dann eine Änderung erfahren, wenn der Anspruch auf die Berufsunfähigkeitsrente unbefristet zu leisten wäre. Nach dem Gutachten von Dr. L ist das jedoch nicht zu rechtfertigen. Es ergibt sich insoweit keine andere Beurteilung als bei der Begründung der Befristung der Zeitrente wegen Erwerbsunfähigkeit, weil gleichermaßen begründete Aussicht besteht, dass das eingeschränkte Leistungsvermögen hinsichtlich der Erfordernisse an den ausgeübten Beruf oder den - zumutbaren - Verweisungsberuf in absehbarer Zeit behoben sein wird. Ob bei Eintritt des im Tenor bestimmten Endzeitpunkts ein Rentenanspruch wegen Erwerbsunfähigkeit einerseits oder der der Berufsunfähigkeit andererseits "weiter" besteht, ist in diesem Rechtsstreit nicht zu entscheiden, da im Zeitpunkt der Entschei- dung des Senats auf Grund der Prognosestellung von Dr. L jedenfalls nur ein befristeter Rentenanspruch begründbar ist.

Besteht danach kein Anspruch auf eine Dauerrente wegen Berufsunfähigkeit erübrigen sich wegen der Rechtsfolgekonsumtion Auseinandersetzungen mit der Frage einer zumutbaren Verweisungs- tätigkeit, solange die höhere Erwerbsunfähigkeitsrente geleistet wird.

Die Kostentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Es bestand kein Anlass die Revision zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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