L 4 KR 14/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 10 KR 85/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 KR 14/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit zwischen den Beteiligten ist, ob die Beigeladene zu 3.), Frau T. B., beim Kläger versicherungspflichtig beschäftigt war.

Der Kläger ist selbständiger Versicherungsvertreter und arbeitet für die H.-M.r Versicherungs AG. Er betreibt in S. gemeinsam mit einer Vielzahl von Kollegen eine Bürogemeinschaft als freie Handelsvertreter.

Die Beigeladene zu 3.) ist dessen ehemalige Lebenspartnerin und jetzige Ehefrau. Sie lebt seit Jahren mit dem Kläger zusammen und hat ein gemeinsames Kind mit ihm sowie ein weiteres Kind. Sie war in der Vergangenheit ebenfalls als Handelsvertreterin im Bereich der Versicherungswirtschaft tätig und wie ihre beiden Kinder bei der Deutschen Krankenversicherungs AG - DKV - privat krankenversichert.

Am 26. Juli 1999 ging bei der Beklagten eine Meldung zur Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung ein, wonach die Beigeladene zu 3.) beim Kläger als Büroangestellte ab 17. Mai 1999 bei einem monatlichen Bruttoentgelt von 645 DM beschäftigt sei. Nach einem Ferngespräch mit dem Kläger teilte die Beklagte der Beigeladenen zu 3.) mit Schreiben vom 07. Oktober 1999 mit, dass die Mitgliedschaft annulliert werde, da keine Krankenversicherungspflicht vorliege. Am 22. November 1999 erfolgte für die Beigeladene zu 3.), die zwischenzeitlich in ein Krankenhaus aufgenommen worden war, eine erneute Meldung zur Sozialversicherung durch den Kläger. Die Beigeladene zu 3.) sei seit 01. November 1999 unbefristet bei einem Bruttoarbeitsentgelt von 645 DM bei ihm tätig. Am 02. Dezember 1999 wurde die Ausfertigung eines ausgefüllten Vordruckes "Arbeitsvertrag für kaufmännische Angestellte" beigebracht, wonach die Beigeladene zu 3.) als Bürokraft 11 Stunden wöchentlich mit Telefondienst, Schreibarbeiten, Lagerhaltung und Organisation betraut sei. Vereinbart war darin eine 14tägige Kündigung zum Quartalsende. Auf Nachfragen der Beklagten war angegeben worden, die Beigeladene zu 3.) sollte Dienstag, Mittwoch und Donnerstag jeweils von 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr und bei Bedarf auch an anderen Zeiten in dem Büro in der M. in S. anwesend sein. Im Falle der Arbeitsunfähigkeit übernehme der Kläger die Tätigkeiten, bei längerer Abwesenheit eine Ersatzkraft. Andere Mitarbeiterinnen beschäftige er nicht und vor dem 01. November 1999 habe er die Tätigkeiten selbst ausgeübt.

Gegenüber der Lebensgefährtin des Klägers stellte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Dezember 1999 fest, dass ihre Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht unterliege.

Mit Bescheid an den Kläger vom 18. Februar 2000 stellte die Beklagte fest, dass kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, sondern eine versicherungsfreie Mithilfe im Rahmen der bestehenden häuslichen Gemeinschaft vorliege.

Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2000 zurück. Sie führte zur Begründung aus, dass dann, wenn nach der allgemeinen Lebenserfahrung Zweifel am Vorliegen eines versicherungs-pflichtigen Beschäftigungsverhältnisses bestünden, wie zwischen Familienangehörigen oder Lebenspartnern, eine besonders sorgfältige Prüfung erforderlich sei. Dabei gingen Zweifel zu Lasten desjenigen, der sich auf die Versicherungspflicht berufe.

Hiergegen hat sich die am 10. August 2000 erhobene Klage gerichtet. Die Beigeladene zu 3.) war in der Folge bei einem Frühstücksservice versicherungspflichtig tätig, so dass der Kläger unter Wiederholung seines Vortrages aus dem Verwaltungsverfahren beantragt hat,

die Bescheide der Beklagten vom 13. Dezember 1999 und vom 18. Februar 2000, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2000, aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 3.) bei dem Kläger im Zeitraum vom 01. November 1999 bis zum 31. Januar 2000 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide berufen und ergänzend vorgetragen, trotz mehrfacher Versuche ihrer Mitarbeiter sei die Beigeladene während der im Arbeitsvertrag angegebenen Arbeitszeiten nicht im Büro des Klägers angetroffen worden.

Mit Urteil vom 20. März 2001 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es sprächen eine Vielzahl von Indizien für eine abhängige Beschäftigung und eine Vielzahl dagegen, so dass die Kammer insgesamt nicht in der Lage sei, die Voraussetzungen für eine abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 3.) positiv festzustellen. Die verbliebenen Zweifel gingen daher zu Lasten des Klägers.

Gegen dieses, dem Kläger am 30. April 2001 zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 30. Mai 2001, mit der im Wesentlichen die Darlegungen aus dem erstinstanzlichen Verfahren und dem Verwaltungsverfahren wiederholt werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 20. März 2001 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2000 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 3.) bei dem Kläger im Zeitraum vom 01. November 1999 bis zum 31. Januar 2000 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und durch die Beweiserhebung im Berufungsverfahren für bestätigt.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen B. und K. im Erörterungstermin vom 16. Dezember 2003 über die Tätigkeit der Beigeladenen zu 3.) für den Kläger. Die Zeugen, die zur Bürogemeinschaft der Handelsvertreter in der M. in S. gehören, haben im Wesentlichen dargelegt, dass sie die Beigeladene kennen und diese auch in dem entsprechenden Büro gesehen hatten, wie oft sie dort anwesend war, welche Tätigkeiten sie im Einzelnen verrichtet hat und wann genau sie gearbeitet hat, vermögen sie nicht mehr zu sagen.

Darüber hinaus hat das Gericht dem Kläger Gelegenheit dazu gegeben, Stellung zu der Frage zu nehmen, ob er als beitragspflichtiger Arbeitgeber ein Feststellungsinteresse am Versicherungsverhältnis der Beigeladenen zu 3.) hat. Dies wurde unter Hinweis darauf beantwortet, dass er als Lebenspartner/Ehemann ein Interesse an der Feststellung der Krankenversicherungspflicht der Beigeladenen zu 3.) habe.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die eingereichten Schriftsätze, sowie den Vorgang der Beklagten die streitige Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 3.) betreffend, verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, sie ist jedoch nicht begründet.

Die Klage war als Feststellungsklage unzulässig, die Berufung ist daher nicht begründet.

Der Kläger hat kein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass die Beigeladene zu 3.) der Versicherungspflicht bei ihm im fraglichen Zeitraum unterlag und wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage steht der bindende Verwaltungsakt gemäß § 77 SGB V, wonach die Beigeladene zu 3.) nicht der Versicherungspflicht unterliegt, der Feststellungsklage entgegen (allgemeine Meinung, vgl. BSGE 70, 99 m.w.N.). Gerade bei den engen Beziehungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 3.) stellt sich unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität der Feststellungsklage, der auch im sozialgerichtlichen Verfahren gilt (allgemeine Meinung vgl. BSGE 73, 147) die Lage so dar, dass damit die Vorschriften über Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen umgangen würden. Denn die vorrangig an der Versicherungspflicht interessierte Beigeladene zu 3.) hat den entsprechenden Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 1999, der an sie selbst gerichtet war, nicht angefochten.

Selbst bei Zulässigkeit wäre die Klage als Feststellungsklage unbegründet.

Außer dem Vortrag der Beigeladenen zu 3.) und des Klägers gibt es keinerlei objektive Beweismittel dahingehend, dass tatsächlich irgendeine ernsthafte Beschäftigung ausgeübt wurde. Der Zeuge B. hat ausgeführt, er kenne die Beigeladene zu 3.) seit längerer Zeit als freier Handelsvertreter und sie sei dann um den Jahreswechsel 1999/2000 als Lebenspartnerin des Klägers wieder in sein Blickfeld getreten. In dem Büro in S. sei es wie im Bienenkorb zugegangen und er sei zwei- bis dreimal wöchentlich ca. 2 bis 3 Stunden in diesen Büros gewesen. Neben vielen anderen Personen sei dort auch die Beigeladene zu 3.) aufgetaucht, ohne dass er über Details ihrer Tätigkeiten Auskunft geben könne. Sie habe dort seiner Annahme nach Tätigkeiten wie Ausdruck von Unterlagen, Telefondienst und dergleichen verrichtet. Andere Kollegen hätten dafür z. B. Praktikantinnen gehabt. Über rechtliche Beziehungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 3.) könne er nichts sagen. Der Zeuge K. hat erklärt, er sei meist abends und am Wochenende in den Räumen der Bürogemeinschaft gewesen und habe dort ab und zu auch die Beigeladene zu 3.) gesehen. Was sie dort gemacht habe, ob sie auf den Kläger gewartet habe oder ihm bei irgendwelchen Arbeiten geholfen habe, vermöge er nicht zu sagen.

Die Beweisaufnahme hat somit nichts ergeben, was geeignet wäre, den Vortrag des Klägers zu unterstützen, vielmehr haben die Zeugen, wie dargelegt, bekundet, dass sie über Art und Umfang der Tätigkeit und insbesondere über deren rechtliche Grundlage über keinerlei Kenntnisse verfügten.

In Anbetracht dessen ist die Beurteilung des Sozialgerichts zutreffend. Die Beigeladene zu 3.) hat keine fremde Arbeitskraft ersetzt, vor und nach ihrer Tätigkeit war keine andere Arbeitskraft eingestellt. Zudem ist der Kläger dem Vortrag der Beklagten, die Beigeladene zu 3.) sei an Tagen, an denen sie nach den Angaben des Klägers in dessen Büro anwesend zu sein hatte, trotz mehrfacher Versuche von Mitarbeitern der Beklagten dort nicht erreicht worden, nicht entgegengetreten. Das Entgelt ist in bar ausgezahlt worden, was bei Personen, die in einem Haushalt leben und ein gemeinsames Kind versorgen, also "aus einem Topf wirtschaften", nicht als echte Lohnzahlung gedeutet werden kann. Denn in Anbetracht der finanziellen Verhältnisse des Klägers und der Beigeladenen zu 3.) hatte dieser seiner Lebenspartnerin und jetzigen Ehefrau ohnehin Barmittel zur Deckung des täglichen Bedarfs der Familie zur Verfügung zu stellen.

Auch die Tatsache, dass anstelle der rechtlich betroffenen Beigeladenen zu 3.) der Kläger das Verwaltungsvorverfahren und das Klageverfahren nunmehr in zweiter Instanz betreibt, zeigt, dass keine übliche Arbeitnehmer-/Arbeitgeberbeziehung mit dem dadurch gekennzeichneten Interessenkonflikt vorliegt, sondern ein einheitliches wirtschaftliches Interesse, wie er auch im Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 23. Januar 2003 auf den Hinweis des Gerichts vorgetragen wird.

Die Berufung kann somit keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt dem Ergebnis in der Hauptsache (§ 193 SGG).

Für die Zulassung der Revision liegt keiner der im Gesetz (§ 160 SGG) bezeichneten Gründe vor.
Rechtskraft
Aus
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