S 13 KR 41/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 41/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen zu 2/27 die Beklagte und zu 25/27 die Klägerin.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, im welchem Umfang die Beklagte die Kosten einer (präoperativen) stationären Krankenhausbehandlung zu tragen hat.

Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Am 04.01.2001 verordnete der Vertragsarzt W für die bei der Beklagten versicherte N1 (im Folgenden: Versicherte) Krankenhausbehandlung wegen einer schweren arteriellen Verschlusskrankheit. Die Versicherte wurde am 09.01.2001 im Krankenhaus aufgenommen, am 16.01.2001 wegen eines Aneurysmas operiert und am 05.02.2001 entlassen. Mit Endrechnung vom 28.02.2001 machte die Klägerin Kosten für 27 Tage à 343,27 DM (Basispflegesatz 102,67 DM; Abteilungspflegesatz 240,60 DM), insgesamt 9.268,29 DM (= 4.738,80 EUR) geltend.

Die Beklagte beauftragte unverzüglich den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Prüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung. Da dem MDK die präoperative Verweildauer nicht nachvollziehbar war, richtete die Beklagte am 04.04.2001 eine entsprechende Anfrage an die Klägerin. Am 30.04.2001 teilte der Chefarzt der Chirurgischen Klinik, T mit, dass am Tag nach der Aufnahme der Versicherten die angiographische Untersuchung des Gefäßsystems stattgefunden habe; am 11.01.2001 sei eine Lungenfunktionsprüfung durchgeführt und die Gehstrecke bestimmt worden. Die Operation des Leistenaneurysmas habe in den nächsten 3 Tagen nicht erfolgen können, da zu diesem Zeitpunkt auf der Intensivstation keine Kapazität bestanden habe. Man habe die Zeit durch konservative Prostavasin-Therapie der bestehenden arteriellen Verschlusskrankheit genutzt. Daraufhin kam der MDK-Arzt U in einer Stellungnahme vom 17.05.2001 zum Ergebnis, der präoperativen Verweildauer könne nur für 3 Tage zugestimmt werden.

Mit Schreiben vom 22.05.2001 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Kosten für den stationären Aufenthalt um 5 Tage kürzen werde. Sie übernahm die Kosten für 22 - davon 2 präoperative - Behandlungstage und überwies der Klägerin am 01.06.2001 7.551,94 DM (= 3.861,25 EUR).

Die Klägerin akzeptierte die Kürzung nicht und verwies mit Schreiben vom 28.08.2001 darauf, dass die Versicherte vom Hausarzt wegen einer dringenden Behandlungsbedürftigkeit eingewiesen worden sei. Aufgrund der Überlastung der Intensivstation, die für die chirurgische Abteilung 4 Betten vorhalte, habe die Operation wegen mehrerer Notoperationen abgesagt werden müssen. Die "ursprünglich für den 10.01.2001 geplante OP" sei daher auf den 16.01.2001 verschoben worden. Im Hinblick auf die Behandlungsbedürftigkeit der Versicherten habe diese stationär weiter behandelt werden müssen. Mit Schreiben vom 04.09.2001 lehnte die Beklagte eine weitere Zahlung ab. Sie wies darauf hin, dass die Verordnung am 04.01.2001 ausgestellt worden sei, die Aufnahme aber erst am 09.01.2001 stattgefunden habe; demnach habe es sich nicht um eine dringende Behandlungsbedürftigkeit handeln können; hätte eine solche vorgelegen, hätte man auch in diesem Fall eine Notoperation vornehmen müssen. Für organisatorische Mängel der Klägerin könne die Krankenkasse nicht verantwortlich gemacht werden.

Am 15.07.2002 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 4.738,80 EUR erhoben. Nach einem Hinweis der Beklagten hat die Klägerin den Antrag auf Zahlung von 877,56 EUR reduziert.

Das Gericht hat zunächst mit Einverständnis der Versicherten deren Krankenunterlagen von dem behandelnden Internisten W beigezogen und sodann über die Notwendigkeit des präoperativen stationären Krankenhausaufenthalts der Versicherten Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens von dem Leiter der Klinik für Gefäßchirurgie des Krankenhauses I in N2, M. Dieser ist zum Ergebnis gekommen, dass der Zeitraum der zwangsläufigen und unvermeidlichen stationären Krankenhausbehandlung vor der Operation am 16.01.2001 4 Tage betragen habe. Wegen des weiteren Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 31.03.2003 verwiesen.

Die Beklagte hat im Hinblick auf das Gutachterergebnis über die bereits als erforderlich anerkannten und bezahlten 2 präoperative Behandlungstage einen Vergütungsanspruch der Klägerin für weitere 2 präoperative Behandlungstage in Höhe von 351,02 EUR nebst 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 01.06.2001 anerkannt. Sie hat der Klägerin am 09.05.2003 insgesamt 384,15 EUR (351,02 EUR für die Hauptforderung und 33,12 EUR Zinsen) gezahlt.

Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen. Im Übrigen ist sie der Auffassung, dass im gesamten präoperativen Zeitraum vom 09. bis 16.01.2001 Krankenhausbehandlung notwendig gewesen sei. Die von Anfang an ins Auge gefasste Operation habe sich aus Gründen, die die Klägerin nicht habe vorhersehen können, verschoben. Die Versicherte sei zur kurzfristigen Operation aufgenommen worden; im Krankenhaus stünden auf der Intensivstation einschließlich eines einzubeziehenden Reanimationsbettes maximal 11 Betten zur Verfügung; zwangsläufig müsse jeder Patient nach durchgeführter Operation dieser Aufwach- und Intensivstation zugeführt werden. Bereits am 10.01.2001, dem Tag nach der Aufnahme der Versicherten, habe in der Abteilung der Chirurgie eine Operation abgesetzt werden müssen, da die Innere Abteilung durch unvorhergesehene Notfälle statt der planmäßig zugeordneten 4 Betten ein weiteres Bett der Intensivstation notfallmäßig belegt habe. Nachdem die für den 10.01.2001 zunächst vorgesehene Operation der Versicherten nicht habe stattfinden können, sei die Operation am 11.01.2001 vorgesehen gewesen. In der Nacht vom 10. auf den 11.01.2001 seien 2 Notfälle aufgenommen worden, weshalb die Versicherte wieder nicht habe operiert werden können. Am 12.01.2001 seien Operationen für die Chirurgie nicht vorgesehen gewesen. Am 13.01.2001, einem Samstag, habe keinerlei Operationsprogramm stattgefunden. Am 14.01.2001, dem Sonntag, sei von auswärts wiederum ein Patient der Intensivstation zugeführt worden, so dass diese belegt war. Die sodann für den 15.01.2001 geplante Operation der Versicherten habe erneut verschoben werden müssen, da an diesem Tag von außerhalb eine neuer Notfall zugeführt wurde. Erst am 16.01.2001 habe die Operation dann planmäßig durchgeführt werden können, obwohl auch an diesem Tag ein weiterer Notfall chirurgisch habe behandelt werden müssen. Die Klägerin verweist darauf, dass zum Zeitpunkt der Aufnahme der Versicherten Behandlungsnotwendigkeit und -möglichkeit bestanden habe. Sie ist der Auffassung, dass ihr Organisationsmängel nicht zur Last gelegt werden könnten; sie habe ihre Intensivstation als gesperrt gemeldet und dennoch Intensivpatienten geliefert bekommen. Sodann ist die Klägerin der Auffassung, die Beklagte sei allein deshalb zum Ausgleich der Forderung verpflichtet, weil sie sich an die im Landesvertrag gesetzte Zahlungsfrist nicht gehalten habe. Sie meint, dass die Krankenkasse nur dann nicht an die Entscheidung des Krankenhausarztes zu Art und Umfang der Behandlung gebunden sei, wenn dieser vorausschauend habe erkennen können, dass für die vorhandenen Beschwerden des Patienten nicht die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung begründet gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr 526,53 EUR nebst 4 % Zinsen auf 877,55 EUR seit dem 01.06.2001 und aus 526,53 EUR seit dem 09.05.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie sieht den Grund für die präoperative Verweildauer in von ihr nicht zu vertretenden Kapazitätsproblemen der Klägerin; diese hätte gegebenenfalls weitere Patienten gar nicht erst aufnehmen dürfen bzw. an ein anderes Krankenhaus verweisen oder weiterleiten müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Bei einer auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses gegen eine Krankenkasse geht es um einen so genannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2000 - B 3 KR 33/99 R = BSGE 86, 166 - SozR 3-2500 § 112 Nr. 1; Urteil vom 23.07.2002 - B 3 KR 64/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten.

Die Klage ist jedoch nicht begründet.

Die ursprünglich mit der Klageschrift vom 09.07.2002 auf Zahlung von 4.798,80 EUR gerichtete Klage ist von der Klägerin mit Schriftsatz vom 20.11.2002 auf Zahlung von 877,56 EUR reduziert worden. Darin liegt eine teilweise Rücknahme der Klage, die den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache erledigt hat (vgl. § 102 Satz 2 SGG). Eine weitere Teilerledigung der Hauptsache ist durch das von der Klägerin angenommene Teilanerkenntnis der Beklagten über 351,02 EUR erfolgt. Hiernach waren von der ursprünglich mit Rechnung vom 28.02.2001 geltend gemachten Hauptforderung in Höhe von 4.738,80 EUR für 27 Behandlungstage nur noch 526,53 EUR für 3 Behandlungstage à 175,51 EUR im Streit. Auf die Bezahlung dieser Restkosten hat die Klägerin keinen Anspruch.

Rechtsgrundlage des geltend gemachten restlichen Vergütungsanspruchs der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. dem aus § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V folgenden Krankenhausbehandlungsanspruch der Versicherten. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten (BSG Urteil vom 13.12.2001 - B 3 KR 11/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 2; Urteil vom 23.07.2002 - B 3 KR 64/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Die näheren Einzelheiten über Aufnahme und Entlassung der Versicherten, Kostenübernahme, Abrechnung der Entgelte sowie die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung ist in den zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen einerseits und verschiedenen Krankenkassen sowie Landesverbänden der Krankenkassen andererseits geschlossenen Verträge nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB V geregelt; es sind dies der am 01.01.1997 in Kraft getretene Vertrag über allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (KBV) und der am 01.07.1991 in Kraft getretene Vertrag zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung (KÜV).

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich eine unabhängig von der materiell-rechtlichen Begründetheit des Zahlungsanspruchs bestehende Pflicht der Beklagten zur Bezahlung des in Rechnung gestellten Betrages nicht bereits aus § 15 Abs. 1 Satz 1 KBV. Danach sind Rechnungen innerhalb von 15 Kalendertagen nach Eingang zu begleichen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat zwar eine vergleichbare Regelung des Rheinland-Pfälzischen Krankenhausbehandlungsvertrages dahin ausgelegt, dass die Krankenkasse auch bei Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art eine formal ordnungsgemäße Krankenhausrechnung innerhalb der Zahlungsfrist zu bezahlen hat (BSG, Urteil vom 23.07.2002 - B 3 KR 64/01 R = SozR 3-2500 § 112 Nr. 3). Wie bereits das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (vgl. Urteil vom 27.03.2003 - L 5 KR 141/01) überzeugt die erkennende Kammer nicht, in der Vereinbarung einer Zahlungsfrist zugleich die Übernahme der Verpflichtung zu sehen, trotz Zweifel an der Berechtigung der Forderung diese begleichen zu müssen. Es ist in der Regel kaum möglich, eine sachliche Prüfung innerhalb der vereinbarten Frist vorzunehmen. Wenn das BSG in der Entscheidung vom 23.07.2002 ein Zurückbehaltungsrecht der Krankenkasse verneint und diese bei begründeten Beanstandungen auf die Aufrechnung mit späteren Forderungen des Krankenhauses verweist, übersieht es, dass gar nicht sicher ist, ob jemals und ggf. wann eine solche Aufrechnungslage eintreten wird. Es erscheint ausgeschlossen, dass die Krankenkassen sich mit der Vereinbarung von Zahlungsfristen, wie sie in § 15 Abs. 1 Satz 1 KBV und auch entsprechenden Regelungen von Krankenhausbehandlungsverträgen anderer Länder enthalten sind, zugleich verpflichten wollten, schon bei Erteilung einer nur formal ordnungsgemäßen Rechnung den geltend gemachten Anspruch ungeachtet dessen inhaltlicher Berechtigung erfüllen zu wollen. Diese Verpflichtung kommt in den Verträgen nicht zum Ausdruck und lässt sich insbesondere nicht der Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 1 KBV entnehmen, wonach Beanstandungen rechnerischer und sachlicher Art auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht werden können. Bei verständiger Auslegung des § 15 Abs. 1 Satz 1 KBV beinhaltet die dort vereinbarte Zahlungsvereinbarung lediglich eine Zahlungspflicht zur Vermeidung von Verzugsfolgen, insbesondere von Verzugszinsen. Begleicht die Krankenkasse die Rechnung innerhalb der Zahlungsfrist des § 15 Abs. 1 Satz 1 KBV nicht, so muss sie, wie sich aus § 15 Abs. 1 Satz 4 KBV ergibt, Verzugszinsen zahlen, wenn der Vergütungsanspruch begründet ist (LSG NW, Urteil vom 27.03.2003 - L 5 KR 141/01; SG Aachen, Urteil vom 30.06.2003 - S 6 KN 15/02 KR).

Ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung zu Lasten der Krankenkasse und damit korrespondierend ein Zahlungsanspruch des Krankenhauses ist nicht gegeben, wenn die Krankenhausbehandlung nicht erforderlich ist (§ 12 Abs. 1 SGB V; § 3 Satz 1 KBV). Sie ist erforderlich, wenn das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- oder nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (§ 39 Abs. 1 Satz 2, letzter Halbsatz SGB V). Ob dies der Fall ist, entscheidet der Krankenhausarzt erstmalig bei Aufnahme und fortlaufend entsprechend den geplanten und durchgeführten Behandlungsschritten, und zwar mit Bindungswirkung für die Krankenkasse, es sei denn, er hätte vorausschauend ("ex ante") erkennen können, dass die geklagten Beschwerden nicht die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung begründeten, nach den Regeln der ärztlichen Kunst also eine Fehlentscheidung getroffen wurde (BSG, Urteil vom 21.08.1996 - 3 RK 2/96 = SozR 3-2500 § 39 Nr. 4). Die Begriffe "erforderlich" und "notwendig" sind unbestimmte Rechtsbegriffe. Die Beurteilung, ob die gewährte Krankenhauspflege nach objetiven Maßstäben erforderlich und notwendig war, unterliegt voller gerichtlicher Nachprüfung. Eine andere Frage ist es, ob die Krankenkasse oder im Rechtsstreit das Sozialgericht im konkreten Fall im Rahmen der Beweiswürdigung der Beurteilung des behandelnden Krankenhausarztes folgt, weil er aufgrund seiner Sachnähe am ehesten in der Lage ist, die Notwendigkeit und die Erforderlichkeit einer bestimmten Maßnahme zu beurteilen (BSG, Urteil vom 16.11.1984 - 8 RK 33/84).

Im KÜV ist das Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung geregelt. Die Überprüfung soll möglichst zeitnah mit der Behandlung erfolgen. Besteht aus Sicht der Krankenkasse Anlass, die Notwendigkeit und Dauer der stationären Behandlung zu überprüfen, so fordert sie eine Stellungnahme des Krankenhauses an und schaltet den MDK ein. Bei einer üblichen präoperativen Krankenhausbehandlungsphase von 1 bis 3 Tagen - laut Schreiben der Bevollmächtigten der Klägerin vom 28.08.2001 war die Operation der Versicherten bereits einen Tag nach der Aufnahme, nämlich am 10.01.2001 vorgesehen - ist eine präoperative Behandlung von 7 Tagen so auffällig, dass ohne weiteres Anlass zur Überprüfung gegeben war. Wenn sich die Beteiligten auch nach Stellungnahme des MDK nicht über die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung einigen können, ist das Gericht auf eine entsprechende Leistungsklage hin gemäß § 103 SGG gehalten, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Es ist dabei an das Vorbringen der Beteiligten nicht gebunden. Zur Aufklärung des Sachverhalts kann das Gericht u.a. Krankenpapiere beiziehen und Sachverständigengutachten einholen (§ 106 Abs. 3 Nr. 2 und 4 SGG).

Der vom Gericht zum medizinischen Sachverständigen bestellte M ist in seinem Gutachten vom 31.03.2003 nach Auswertung der über die Versicherte vorliegenden Krankenpapiere und der entsprechenden Patientenakte der Klägerin zum Ergebnis gelangt, dass die Multimorbidität der Versicherten eine aufwändige präoperative Abklärung zur Einschätzung des Operationsrisikos erforderte. Der Sachverständige hat ausführlich und mit nachvollziehbarer Begründung dargelegt, dass der Zeitraum der zwangsläufigen und unvermeidlichen stationären Krankenhausbehandlung vor der durchzuführenden Aneurysma-Operation 4 Tage betrug. Die darüber hinausgehende präoperative Behandlung ist - so der Sachverständige M - nicht in Folge notwendiger präoperativer Untersuchungen und Behandlungen erfolgt, sondern durch mangelnde Kapazitäten auf der Intensivstation verursacht worden. Dem folgt die Kammer, weil es sie überzeugt.

Die Klägerin hat ausführlich dargelegt, warum die Versicherte erst am 16.01.2001 operiert wurde. Sie hat hierfür in erster Linie organisatorische Gründe, die in der Behandlung von anderen Notfällen und der Belegung der Intensivstation liegen, angeführt. Die eigentliche Operationsvorbereitungsphase war nach einem Tag bereits abgeschlossen, denn die Klägerin hat selbst in ihrem Schreiben an die Beklagte vom 28.08.2001 dargelegt, dass die Operation ursprünglich schon für den 10.01.2001, also einen Tag nach der Krankenhausaufnahme der Versicherten, vorgesehen war. Sie ist dann aus rein organisatorischen Gründen zunächst auf den 11.01., dann auf den 15.01. und schließlich auf den 16.01.2001 verschoben worden. Dabei waren nicht nur plötzliche Notfälle und die Belegung der Intensivstation ausschlaggebend, sondern auch der Umstand, dass an einem Tag "Operationen nicht für die Chirurgie vorgesehen" sind, am Samstag kein Operationsprogramm stattfand und offensichtlich auch der Sonntag zur Operation nicht möglich war. Wenn nach alledem schon nach Auffassung des Krankenhauses selbst nur ein präoperativer Behandlungstag notwendig war und die beklagte Krankenkasse nach Begutachtung durch einen medizinischen Sachverständigen im gerichtlichen Verfahren im Hinblick auf dessen Erkenntnisse immerhin 4 präoperative Behandlungstage anerkannt und bezahlt hat, kann die Klägerin nicht noch die Bezahlung weiterer 3 präoperativer Behandlungstage verlangen, da diese ganz offensichtlich und von ihr substantiiert und nachvollziehbar dargelegt auf Kapazitätsproblemen und Organisationschwierigkeiten beruhten. Diese hat aber nicht die beklagte Krankenkasse, sondern allein die Klägerin zu vertreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1, 161 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Bezogen auf die mit der Klageschrift geltend gemachte Hauptforderung von 4.738,80 EUR hat die Klägerin durch das Teilanerkenntnis der Beklagten (351,02 EUR) im Umfang von ungefähr 2/27 obsiegt; mit der Restforderung (25/27) ist die Klage - durch Rücknahme oder Abweisung - ohne Erfolg geblieben. Dementsprechend waren die Kosten des Verfahrens, das sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten (§ 162 Abs. 1 VwGO), anteilig auf die Klägerin und die Beklagte zu verteilen.
Rechtskraft
Aus
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