L 9 KR 293/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 KR 924/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 293/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine Klagebefugnis für die Deutsche Rentenversicherung Bund kann auch darauf beruhen, dass eine Krankenkasse das obligatorische Verfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV pflichtwidrig nicht einleitet.
2. Eine Krankenkasse kann sich gegenüber einem anderen Prozessbeteiligten nicht auf die Verwirkung prozessualer Rechte berufen, wenn sie selbst durch kollusives Zusammenwirken mit Arbeitgeber, Beschäftigten und deren Verfahrensbevollmächtigten das Verwaltungsverfahren zum Nachteil dieses Prozessbeteiligten beeinflusst.
3. Der Begriff „Meldung des Arbeitgebers (§ 28a)“ in § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV meint nicht nur eine Anmeldung i.S.v. § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB IV.
4. Eine Anmeldung i.S.v. § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB IV hat auch in den in § 12 DEÜV genannten Fällen zu erfolgen.
5. Ein obligatorisches Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV ist auch dann durchzuführen, wenn die Einzugsstelle von einem dort genannten Sachverhalt (Beschäftigter ist Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung) nicht durch eine Meldung des Arbeitgebers nach § 28a SGB IV erfährt, es aber pflichtwidrig unterlässt, auf richtige und vollständige Angaben hinzuwirken.
6. Auch Krankenkassen und ihre Mitarbeiter sind verpflichtet, im Verwaltungsverfahren eine mögliche Verletzung des Rechtsdienstleistungsgesetzes zu prüfen, wenn sich Antragsteller durch Bevollmächtigte vertreten lassen.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Mai 2016 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Aus-nahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) aufgrund seiner Tätigkeit im Betrieb seiner Ehefrau, der Beigeladenen zu 2).

Der vorliegende Rechtsstreit ist Teil eines umfangreichen Verfahrenskomplexes, in dem die klagende Deutschen Rentenversicherung Bund Bescheide dreier Krankenkassen (u.a. der hiesigen Beklagten) mit der Begründung angefochten hat, diese hätten in min-destens insgesamt 301 Fällen (davon die hiesige Beklagte in mindestens 195 Fällen) unter Missachtung einschlägiger Vorschriften und Rechtsprechung Mitglieder von der Sozialversicherungspflicht befreit. Allen in diesem Zusammenhang geführten Rechts-streiten zwischen der Klägerin und der Beklagten liegt im Wesentlichen folgender Sach-verhalt zugrunde:

Ausgangspunkt in 160 Fällen ist die Ende 2008 gegründete, in Stuttgart ansässige a AG, die über eine Erlaubnis als Versicherungsvermittler nach § 34d Abs. 1 Gewerbe-ordnung verfügt – ausweislich des Rechtsdienstleistungsregisters (www.rechtsdienstleistungsregister.de) aber nicht über eine Befugnis nach dem Rechts-dienstleistungsgesetz (RDG) – und zu deren Unternehmensgegenstand ausweislich des Handelsregisters unter anderem die "Beratung von Privat- und Geschäftskunden im Bereich Versicherung, die Tätigkeit als Versicherungsmakler" zählt. Diese AG bzw. ihre Vorstände T W, A R und W K hatten seit spätestens 2006 – damals noch für die ähnlich ausgerichtete und ebenfalls von ihnen geleitete f AG – ein Geschäftsmodell entwickelt, mit dem sie über vertraglich verbundene Versicherungsvermittler/-vertreter um kleine Familienunternehmen warben mit dem Ziel, für mit dem Firmeninhaber nahe verwandte Mitarbeiter zunächst eine "Befreiung" von der Sozialversicherungspflicht zu erreichen und sie anschließend für den Abschluss privater Versicherungsverträge zu gewinnen. Bei der umfangreichen und gezielten Suche nach "geeigneten" Krankenkassen stießen sie unter anderem auf die Beklagte und nahmen Kontakt mit verantwortlichen Kranken-kassenmitarbeitern auf, im Falle der Beklagten mit dem Zeugen W, der bei der Beklag-ten seit ca. 2005 allein für versicherungsrechtliche Beurteilungen zuständig ist. Im Ein-zelnen gestaltete sich das von der a AG gesteuerte Verfahren wie folgt:

Nachdem die a AG bzw. ihre Mitarbeiter Kunden für ihr Geschäftsmodell gewonnen hatten, kündigten die bisher versicherungspflichtig beschäftigten Angehörigen die Mitgliedschaft bei ihrer bisherigen Krankenkasse. Sodann beantragte die a AG für diese Angehörigen – unter Vorlage je einer Vollmacht für sie und ihren Aufsichtsratsvorsitzenden, Rechtsanwalt F – die Aufnahme als Mitglied bei der Beklagten. Zugleich baten sie in einem gesonderten, stets an den Zeugen W gerichteten Schreiben um eine – zeitlich in keiner Weise eingeschränkte – versicherungsrechtliche Beurteilung. In allen diesen, stets von der a Mitarbeiterin H unterzeichneten Anschreiben heißt es, dass der Angehörige nicht sozialversicherungspflichtig sei, weil er "absolut nicht weisungsgebunden" sei, die umfangreiche Tätigkeit "völlig frei" bestimme, für seinen Aufgabenbereich seit vielen Jahren eigenständig verantwortlich sei; der Angehörige sei "absolut gleichwertiger Part-ner im Betrieb und [setze] sich ganz und gar für das Wohl des Unternehmens ein".

Beigefügt war der von Angehörigen und Firmeninhaber unterzeichnete Vordruck "Fest-stellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhält-nisses zwischen Angehörigen im Rahmen eines Anfrageverfahrens gemäß § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV". Mit Ausnahme weniger individueller Daten, wie Name, Verwandt-schaftsverhältnis, erlernter Beruf und regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt, enthal-ten sämtliche über die a AG eingereichte Feststellungsbögen weitestgehend identische, stets von der Mitarbeiterin H vorgenommene Eintragungen. So findet sich z.B. als Ort der Tätigkeit stets die Eintragung "Betrieb, Kunde, Lieferant", bei der Frage nach einer Fortzahlung des Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit der handschriftliche Zusatz "wird von Fall zu Fall entschieden" und bei der Frage, ob das Arbeitsentgelt dem tariflichen bzw. ortsüblichen Lohn/Gehalt entspreche, der handschriftliche Zusatz "Zum Wohl des Unternehmens wird auf ein hohes Gehalt verzichtet". Zu sämtlichen Feststellungsbögen existiert eine beigefügte Anlage, mit näheren Angaben zu einzelnen Fragen. Folgende Passagen finden sich in sämtlichen Anlagen:

"2.4. Tätigkeit [Namen des Angehörigen]übt die Tätigkeit tatsächlich aus, ist aber nicht wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert, sondern hat einen weitaus höheren Stand im Un-ternehmen. Seine [Ihre] Aufgaben sind weitaus umfassender und verantwortungs-voller als die einer fremden Arbeitskraft.

2.5. Mitarbeit [Namen des Angehörigen] ist im Unternehmen nicht ersetzbar. Des Weitern könnte man einer anderen Arbeitskraft nie diese Verantwortung über-tragen.

2.8. Besondere Fachkenntnisse Auf Grund der Tatsache, dass [Namen des Angehörigen] seit [individuelles Datum] das Unternehmen begleitet, sind alle Entscheidungen von ihm [ihr] mit getroffen worden, d.h., die gesamte gravierende Umstrukturierung im Betrieb ist gemein-schaftlich [oder: gemeinsam mit ihm/ihr] getroffen und auch ausgeführt worden."

Fast immer findet sich darüber hinaus die Passage

"2.14 Bezüge [Namen des Angehörigen] nimmt im Durchschnitt 10 [oder 15] Tage im Jahr. Den Rest lässt er [oder: sie] sich zum Wohle des Unternehmens nicht ausbezah-len."

Die aAG legte hierbei Wert darauf, dass den Kunden nur die letzte Seite des Feststel-lungsbogens – zur Unterschriftsleistung – vorgelegt wurde und weder sie noch die Ver-sicherungsvermittler Kenntnis vom sonstigen Inhalt des Feststellungsbogens erhielten.

Regelmäßig wenige Tage nach dem Eingang dieser Unterlagen teilte der Zeuge W den Angehörigen mit, dass sie ab dem beantragten Zeitpunkt Mitglied der Beklagten seien und "vorbehaltlich einer abschließenden versicherungsrechtlichen Beurteilung [ ...] nach den [ ...] vorliegenden Unterlagen und Informationen davon ausgegangen werden" kön-ne, dass es sich bei ihrer Tätigkeit ab Beginn des zweiten Monats der Mitgliedschaft um eine sozialversicherungsfreie Tätigkeit handeln würde. Die abschließende sozialversi-cherungsrechtliche Beurteilung – so das Schreiben weiter – erfolge in einem gesonder-ten Bescheid. Ohne dass sich eine entsprechende Anforderung in den Verwaltungsak-ten der Beklagten findet, wurde in der Folgezeit stets ein im Wesentlichen vom Zeugen W entworfener Arbeitsvertrag bei der Beklagten eingereicht. Sämtliche Arbeitsverträge weisen denselben Schrifttyp, dasselbe Druckbild und folgenden identischen Inhalt auf:

§ 1 Aufgabenbereich

[Namen des Angehörigen] übernimmt ab dem [Beginn des zweiten Monats der Mit-gliedschaft] im Unternehmen die Zuständigkeit im kaufmännischen und praktischen Bereich, Kundenverkehr, usw. und stellt dem Unternehmen seine volle Arbeitskraft sowie sein [oder: ihr] ganzes Wissen und Können zur Verfügung. Aufgrund der fami-lienhaften Rücksichtnahme zwischen den Vertragsparteien und der Berücksichtigung des Betriebswohles werden [Namen des Angehörigen] ausdrücklich keine Weisungen zur Ausführung der Tätigkeit hinsichtlich Zeit, Ort, Art und Weise der Tätigkeit erteilt.

§ 2 Arbeitszeit

[Namen des Angehörigen] unterliegt keinen festen Arbeitszeiten und kann sich unter Berücksichtigung der Unternehmensbelange die Arbeitszeit selbst einteilen.

§ 3 Gehalt

(1) [Namen des Angehörigen] erhält als Gehalt einen monatlichen Betrag in Höhe von [individuell] Euro. Die Auszahlung des monatlichen Gehalts erfolgt zum Monatsende bargeldlos.

(2) Für etwaig geleistete Überstunden erfolgt im Hinblick auf die Unterstützung des Familienbetriebes keine gesonderte Vergütung; Überstunden gelten mit der un-ter Absatz (1) dieses Paragraphen vereinbarten Vergütung als abgegolten.

(3) Im Fall des Wegfalls der Arbeitsleistung in Folge von Krankheit besteht der An-spruch auf Weitergewährung der Gehaltszuzahlung.

§ 4 Sonderzuwendungen

Gratifikationen und sonstige Sonderzahlungen sind streng von der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens abhängig und sind daher als freiwillige und widerrufliche Leistungen des Unternehmens anzusehen.

§ 5 Urlaub

Die Anzahl der Urlaubstage werden anhand der wirtschaftlichen Unternehmenslage jährlich neu geregelt und nach Absprache durchgeführt.

§ 6 Vertragsdauer und Kündigung

Dieser Vertrag tritt mit Wirkung zum [Beginn des zweiten Monats der Mitgliedschaft] in Kraft und ist auf unbestimmte Dauer gültig.

§ 7 Vertragsänderungen

(1) Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Die-ses Erfordernis bezieht sich auch auf die Änderung/Aufhebung der Schriftform-klausel.

(2) Sollte eine der Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein, bleiben die üb-rigen Bestimmungen wirksam. Die Vertragsparteien verpflichten sich, in diesem Fall eine der unwirksamen Bestimmungen nahekommende Regelung zu treffen, die ihre beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt.

Jeweils wenige Tage nach Eingang der Arbeitsverträge erteilte die Beklagte durch den Zeugen Wden Angehörigen die hier angefochtenen Bescheide, in deren Begründung sie unter Verwendung identischer Textbausteine und ohne Bezug auf individuelle Umstände davon ausging, dass ab dem jeweils im Arbeitsvertrag genannten Zeitpunkt keine abhängige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliege.

Alle Sachverhalte zeichnen sich darüber hinaus dadurch aus, dass - die Angehörigen ab dem Zeitpunkt der (vermeintlichen) Versicherungsfreiheit freiwil-lige Mitglieder der Beklagten wurden, - die anderen Sozialversicherungsträger weder vor Erlass des Bescheides beteiligt wurden noch ihnen der Bescheid bekanntgegeben wurde, - in den dem Senat übermittelten Arbeitgebermeldungen für den Zeitpunkt des Mit-gliedschaftsbeginns bei der Beklagten der Abgabegrund "11 Anmeld. Kassenwech-sel" angegeben wird und das Feld "Status-Kennzeichen" leer ist. Außerdem schloss die a AG – die seit September 2017 aufgrund einer formwechseln-den Umwandlung als B GmbH (unter der bisherigen Anschrift) firmiert – schon zum Zeitpunkt ihres nicht gesondert vergüteten Auftrags, eine Befreiung von der Sozialversi-cherungspflicht zu erwirken, mit den Angehörigen eine "Honorarvereinbarung" mit im wesentlichen folgenden Inhalt:

"Die nachfolgende Vereinbarung tritt in Kraft, wenn durch Vorlage einer schriftlichen Vorabinformation der Krankenkasse festgestellt wird, dass kein sozialversiche-rungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt.

Dies vorab, schließen die Parteien folgende

Vereinbarung:

1. Der Auftraggeber beauftragt die a AG, ein Konzept zur privaten Vorsorge im Rahmen der bisherigen Beitragszahlung zu erarbeiten. Das Konzept beinhaltet folgende Leistungen der a AG:

• Erstellung eines Rentenversicherungsangebots auf Basis der bisherigen Arbeit-geber Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträgen. • Erstellung eines Rentenversicherungsangebots auf Basis der bisherigen Arbeit-nehmer Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträgen. • Erstellung einer Steuerberatermappe mit Hinweisen zur Erfassung der Renten-versicherungsbeiträge in der Lohnabrechnung.

2. Die a AG erhält für die Erstellung des Konzepts gemäß Ziffer 1.) ein Honorar in Höhe von Euro 6.890.- zzgl. der jeweils gesetzlichen Umsatzsteuer. Der Rech-nungsbetrag wird mit Übergabe des Konzepts zur Zahlung fällig.

Die a AG verzichtet auf das Honorar, wenn der Auftraggeber innerhalb von einem Monat berechnet ab Angebotsübergabe Folgendes erfüllt:

1. Das unter Ziffer 1.) genannte Rentenversicherungsangebot abschließt, dieses nicht widerruft oder innerhalb von 60 Monaten ab Vertragsschluss reduziert, bei-tragsfrei stellt oder kündigt. 2. Drei Empfehlungen (angestellte Familienmitglieder) ausspricht.

Der Auftraggeber nimmt den Verzicht an."

Nachdem der Klägerin im Rahmen von Betriebsprüfungen im Raum Baden-Württem-berg, Schwaben und Rheinland-Pfalz aufgefallen war, dass in erheblicher Anzahl Fami-lienangehörige von Arbeitgebern und mitarbeitende Gesellschafter-Geschäftsführer von Familien-GmbH nach einem Krankenkassenwechsel zur Beklagten von der gesetzlichen Sozialversicherung abgemeldet worden waren, veranlasste sie eine Einzugsstellen-Sonderprüfung bei der Beklagten und focht in der Folgezeit eine Vielzahl der ihr hierbei in der Regel erstmals bekannt gewordenen Bescheide der Beklagten an. Das für Klagen dieser Art bundesweit allein zuständige Sozialgericht Berlin hat über ca. 70 Klagen entschieden und die übrigen Verfahren zum Ruhen gebracht. Zahlreiche weitere Verfahren hat das Landessozialgericht (LSG) zum Ruhen gebracht. Unabhängig hier-von leitete die Staatsanwaltschaft Stuttgart aufgrund der Strafanzeige eines Kunden der a AG ein umfangreiches Ermittlungsverfahren ein. Dieses richtet sich nicht nur gegen zahlreiche leitende Mitarbeiter der a AG, wie z.B. die o.g. Vorstände und den Aufsichts-ratsvorsitzenden (Rechtsanwalt F), sondern auch gegen verantwortliche Mitarbeiter der drei betroffenen Krankenkassen, unter anderem die beiden Vorstände der Beklagten (Herr Sch und Herr Ke) und den Zeugen W. Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens, das u.a. zu Durchsuchungen in den Geschäftsräumen der a AG, geführt hat, erstattete auch eine weitere der betroffenen Krankenkassen (mhplus Betriebskrankenkasse) Strafanzeige durch ihren Vorstand, dem eine Zusammenarbeit von ihm unterstellten Mitarbeitern mit der a AG offenkundig nicht bekannt war. Die Staatsanwaltschaft Stutt-gart hat, nachdem sie den Verteidigern aller Beschuldigten Gelegenheit zur Aktenein-sicht eingeräumt hatte, dem Senat weite Teile ihrer Akten, insgesamt mehrere tausend Seiten, elektronisch zur Verfügung gestellt. Das Bundesversicherungsamt hat der von der Klägerin Mitte 2014 geäußerten Bitte, aufsichtsrechtliche Schritte gegen die Beklag-te einzuleiten, bislang im Hinblick auf die laufenden Gerichtsverfahren nicht entspro-chen.

Für das vorgerichtliche Geschehen im vorliegenden Fall sind folgende Daten maßgeb-lich: Beginn der Tätigkeit d. Beigeladenen zu 2) bei d. Beigeladenen zu 1) 1. Juni 2007 Eingang des Antrags auf Kassenwechsel bei Beklagter 17. Dezember 2012 Beginn der Mitgliedschaft d. Beigeladenen zu 2) bei der Be-klagten 1. Februar 2013 Schreiben der Beklagten an d. Beigeladenen zu 2) wegen des Beginns der Mitgliedschaft und der voraussichtlichen Versiche-rungsfreiheit 17. Dezember 2012 Arbeitsvertrag vom 1. März 2013 Eingang des Arbeitsvertrags bei der Beklagten 14. März 2014 Bescheid der Beklagten 26. März 2013 Zeitpunkt, ab dem Versicherungsfreiheit bestehen soll 1. März 2013 Kenntnis der Klägerin vom Bescheid der Beklagten 2. Mai 2014 Erhebung der Klage 23. Mai 2014

Am 23. Mai 2014 hat die Klägerin Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 26. März 2013 aufzuheben und die Rentenversicherungspflicht des Bei-geladenen zu 2) seit dem 1. März 2013 festzustellen. Nachdem das Sozialgericht sie in anderen Verfahren darauf hinwies, dass sie als nicht kontoführende Rentenversiche-rungsträgerin durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert sein dürfte, hat sich die Klägerin auf ihre Rechte aus § 28q und § 7a SGB IV berufen und lediglich die Auf-hebung des Bescheids der Beklagten begehrt.

Mit Urteil vom 31. Mai 2016 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben, weil die Be-klagte für die Entscheidung vom 26. März 2013 nicht zuständig gewesen sei. Die Klage-frist sei gewahrt, weil die Klägerin innerhalb eines Monats seit der am 2. Mai 2014 er-folgten Kenntnis des Bescheids Klage erhoben habe. Die Klägerin sei auch klagebefugt, weil § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV ihr ein subjektives öffentliches Recht zur Durchsetzung ihrer Zuständigkeit und der Durchführung eines eigenen Statusverfahrens einräume.

Der angefochtene Bescheid sei schon wegen sachlicher Unzuständigkeit der Beklagten aufzuheben. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV bei der Klägerin einzuleiten. Entsprechend der Intenti-on des Gesetzgebers müsse die Einzugsstelle auch dann das Verfahren zwingend ab-geben, wenn sie nicht aus der Meldung des Arbeitgebers, sondern aus anderer Quelle Kenntnis vom Angehörigenverhältnis erhalte. Selbst wenn man die Meldung des Ar-beitsgebers nach § 28a SGB IV als ausschlaggebend ansehen wollte, wäre die Beklag-te sachlich nicht zuständig gewesen, weil sie trotz anderweitiger Kenntnis nicht auf eine vollständige Meldung hingewirkt habe. Wegen des Beginns einer versicherungspflichti-gen Beschäftigung habe der Arbeitgeber auch eine Meldung nach § 28a Abs. 3 Satz 2 SGB IV machen müssen, aber auch wegen des Kassenwechsels (§ 12 Abs. 1 Datener-fassungs- und -übermittlungsverordnung). § 7a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 SGB IV sei auf das obligatorische Statusfeststellungsverfahren nicht anwendbar; dagegen sprächen Wortlaut und Systematik der Regelung.

Gegen dieses ihr am 13. Juni 2016 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Be-klagten vom 17. Juni 2016, zu deren Begründung sie vorträgt: Das Sozialgericht habe schon den zugrunde liegenden Sachverhalt nicht zutreffend er-fasst. Bevor es in seinen tatbestandlichen Ausführungen zum beurteilenden Einzelfall komme, habe es sich in sechs Absätzen über Vorgehen in anderen Fällen ausgelassen. Dies habe aber im vorliegenden Einzelfall tatsächlich wie rechtlich keine Relevanz, sei teilweise schlicht falsch und führe zu verkehrten Rückschlüssen der ersten Instanz. Tat-sächlich seien diese Angaben irrelevant, weil es Parallelen zu anderen Fällen nur inso-weit gebe, als dass regelmäßig die a AG bevollmächtigt gewesen sei, die selbstver-ständlich in einer bestimmten Weise vorgegangen sei, und dass die Beklagte wiederum eine einheitliche Sachbearbeitung vorgenommen habe. Falsch sei insbesondere die Feststellung im angefochtenen Urteil, dass regelmäßig erst nach Eingang des Antrags auf Überprüfung der Mitgliedsantrag eingegangen sei. Obwohl das Gericht keine Ermitt-lung dazu angestellt habe, halte es eine Zusammenarbeit zwischen ihr – der Beklagten – und der aAG für offenkundig. Dies sei falsch. Zu keinem Zeitpunkt habe es Abstim-mungen mit ihr – der Beklagten – gegeben. Über die Verfahren hinaus, in denen Be-vollmächtigte eingeschaltet gewesen seien, habe es keine Geschäfts- oder sonstige Kontakte ihrerseits mit der aAG oder sonstigen Bevollmächtigten der Beigeladenen ge-geben. Die Klage sei mangels Klagebefugnis der Klägerin unzulässig. Die Verfolgung von Inte-ressen anderer Versicherungsträger sei eine Form der Popularklage, die mit der Prü-fung der Klagebefugnis gerade ausgeschlossen werden solle. Eine solche ergebe sich nur, wenn der Verwaltungsakt rechtlich geschützte subjektive Rechte verletze. Die Zu-ständigkeitsregelung des § 7a Abs. 1 SGB IV verleihe der Klägerin gerade keine sub-jektive Rechtsposition. Sinn und Zweck des Statusfeststellungsverfahrens sei vielmehr die Verbesserung der Rechtssicherheit für die Betroffenen und die Sozialversicherungs-träger. Im vorliegenden Fall sei die Klägerin aber nicht als Sozialversicherungsträgerin, sondern nur in ihrer Funktion als Clearingstelle aufgetreten. Weder aus wirtschaftlichen noch verwaltungspraktischen Gründen könne die Klägerin ein Interesse daran haben, Verfahren in ihre Zuständigkeit zu ziehen. Vielmehr zeige die Verwaltungspraxis der Klägerin eine Tendenz, Zuständigkeit für Verfahren auch in zweifelhafter Weise abzu-lehnen. Im Übrigen habe auch eine Zuständigkeit der Klägerin im vorliegenden Fall nicht be-standen. Die in der Arbeitgebermeldung fehlende Angabe zu einem Familienverhältnis zum Arbeitgeber sei nicht geboten gewesen. Die Konstruktion der ersten Instanz, es handele sich tatsächlich um eine (Neu-)Anmeldung, trage nicht, weil nach § 6 Datener-fassungs- und -übermittlungsverordnung (DEÜV) der Beginn einer versicherungspflich-tigen Beschäftigung mit der ersten folgenden Lohn- und Gehaltsabrechnung, spätes-tens innerhalb von sechs Wochen nach ihrem Beginn, zu melden sei. Wegen der feh-lenden Klagebefugnis und wegen bereits eingeleiteter Statusfeststellungen durch sie – die Beklagte – könne die Frage letztlich unentschieden bleiben, ob die Einzugsstelle wegen des Wortlauts von § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV das Verfahren auch dann zwin-gend abgeben müsse, wenn sie aus anderer Quelle Erkenntnisse gewinne. Mit Blick auf Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg sowie des hier befassten Senats sei diese Frage jedoch abzulehnen. Selbstverständlich sei die Übersendung von Unterlagen zur Überprüfung der versiche-rungsrechtlichen Beurteilung vor Begründung einer Mitgliedschaft kein zulässiger Antrag auf Statusfeststellung zu einem Zeitpunkt gewesen, in dem sie – die Beklagte – sachlich noch nicht zuständig gewesen sei. Entsprechend habe sie die Übersendung auch nicht so aufgefasst und keinen Bescheid erlassen, sondern dazu ausdrücklich nur eine Information vorbehaltlich einer abschließenden versicherungsrechtlichen Beurtei-lung abgegeben. Durch die formlose Vorabanfrage sei sie allerdings veranlasst gewe-sen, von Amts wegen bei Begründung der Mitgliedschaft eine Statusprüfung durchzu-führen. Der Vorbehalt einer abschließenden versicherungsrechtlichen Beurteilung in der Information auf die eingegangenen Unterlagen und die Bezugnahme des entsprechen-den, hier streitgegenständlichen Bescheides auf diese Unterlagen machten deutlich, dass das Prüfverfahren bei ihr – der Beklagten – zum Zeitpunkt des Eingangs der Mel-dung bereits eingeleitet und eine Weiterleitung an die Klägerin auch wegen § 7a Abs. 1, 2. Halbsatz SGB IV ausgeschlossen gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bun-dessozialgerichts (BSG) und des Sächsischen LSG sowie des hiesigen Senats komme es auch auf die Antragstellung der Beigeladenen an. Hierzu setze sich das Sozialgericht in Widerspruch, in dem es dieses Wahlrecht für zweckwidrig halte.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Mai 2016 aufzuheben und die Kla-ge abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und trägt ergänzend vor: Als drittbetroffene Rentenversicherungsträgerin sei sie klagebefugt. Die Entscheidung des BSG vom 3. Juli 2013 sei nicht anwendbar, weil sich im dortigen Sachverhalt der Bürger einem konsensualen Zusammenwirken von Rentenversicherungsträger und Einzugs-stelle gegenüber gesehen habe, während hier die Beigeladenen zu 1) und 2), juristisch beraten durch die a AG, konsensual mit der Einzugsstelle zusammengewirkt hätten. Die Beklagte sei in ihrem Bescheid vom 26. März 2013 zu Erkenntnissen gelangt, die im entgegengesetzten Verhältnis zum Arbeitsvertrag vom 1. März 2013 stünden und die Rechtsprechung des 12. Senats des BSG missachteten. Die vom Vorstand der Beklag-ten geschilderte Zusammenarbeit mit der a AG aufgrund von Kooperationsverträgen sei durch § 197b SGB V nicht gedeckt. Der Verstoß gegen § 7a Abs. 1 S. 2 und 3 SGB IV durch die Beklagte sei evident und gewollt.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Die Beigeladene zu 2) bringt vor, sie führten ihr Küchenstudio seit 2007, nachdem ihr damaliger Arbeitgeber sie gefragt hatte, ob sie sein Geschäft übernehmen wollten. Als sie sich dafür entschieden hätten, habe ihr Verband vorgeschlagen, dass nur sie – die Beigeladene zu 2) – Inhaberin werde; dies habe Vorteile bei der Kreditvergabe durch die KfW. Der Beigeladene zu 1) habe von Anfang an im Küchenstudio mitgearbeitet. Außer einem festangestellten, inzwischen pensionierten Monteur hätten sie immer mal wieder geringfügig beschäftigte Aushilfen gehabt. Kündigungen habe sie damals als Betriebsinhaberin unterschrieben. In ihrer Arbeitsaufteilung kümmere sich der Beigela-dene zu 1) um alles, was mit Kunden und Lieferanten zutun habe (auch Preise und Aufmaße), sie hingegen um die gesamte Buchhaltung und alles andere, was im Hinter-grund zu erledigen sei. Der Verkauf liege ihr nicht so. Entscheidungen hätten sie aber stets gemeinsam getroffen. Schließlich sprächen sie Tag und Nacht über die Firma. Ursprünglich habe es keinen schriftlichen Arbeitsvertrag gegeben, sie habe aber den Beigeladenen zu 1) damals als Beschäftigten zur Sozialversicherung angemeldet. Sein Gehalt werde bei Krankheit weitergezahlt. Urlaub machten sie allenfalls gemeinsam und auch dies nur ca. alle 3 Jahre. Das Geschäft müsse dann geschlossen werden. Der Beigeladene zu 1) trete nach Außen als Chef des Küchenstudios auf und werde von den Kunden auch so wahrgenommen. Den Mietvertrag, so wie in der Regel auch die Arbeitsverträge, habe sie unterschrieben. Sie hätten beide Arbeitsverträge nie in dem Sinne "benötigt", als dass anhand ihrer etwas zu klären gewesen wäre. Als sie das Küchenstudio 2012 im größeren Umfang umgebaut hätten, habe der Beige-ladene zu 1) für alle Kredite bürgen müssen; er habe diese Kredite aber auch zuvor selbst ausgehandelt. In diesem Zusammenhang hätten sie von dem Verband, der den Umbau begleitet habe, den Hinweis bekommen, dass sich danach, wie sich ihm ihre Zusammenarbeit darstelle, eine Befreiung von der Sozialversicherung ergeben müsse. Er habe darauf hingewiesen, dass möglicherweise er Rentenversicherungsträger, z.B. bei einer Betriebsprüfung, von einer selbstständigen Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) ausgehe und er dann keine Leistungen bekäme. Nach der Darstellung des Verbandes sollte die Befreiung von der Sozialversicherung glatt durchgehen. Außerdem seien sie darauf hingewiesen worden, dass bei einer eigenen Vorsorge die Rente später höher sei. Der Verband habe sie auf die a AG hingewiesen. Nach ihrer Erinnerung hätten sie da-mals keinen persönlichen, sondern nur telefonischen Kontakt mit Mitarbeitern der a AG gehabt. Sie hätten an die a AG nichts für ihr Engagement bezahlt, aber auch keinen Vertrag mit ihr über mögliche Vorsorgeangebote oder Versicherungen geschlossen. Die private Absicherung des Beigeladenen zu 1) sei vielmehr auch über den Verband ge-laufen. Sie könne heute nicht mehr sagen, warum sie auch eine zusätzliche Vollmacht für Rechtsanwalt F unterzeichnet hätten. Den Feststellungsbogen zur versicherungs-rechtlichen Beurteilung hätten sie erst ausgefüllt unterschrieben. Blanko hätten sie ihn nicht unterschrieben. Vermutlich stamme auch der Entwurf des Arbeitsvertrages von der a AG. Sie hätten früher schon einmal einen inhaltlich gleichlautenden Arbeitsvertrag geschlossen, den sie von anderen Verbandsmitgliedern erhalten hätten. Auch den An-trag auf Mitgliedschaft bei der Beklagten vom 22. November 2012 hätten sie beide nicht ausgefüllt; auch dies sei wohl ein Mitarbeiter der a AG gewesen. Auch der Vorschlag zum Krankenkassenwechsel sei damals von der a AG gekommen. Der Beigeladene zu 2) wäre aber auch auf entsprechenden Vorschlag hin zu jeder anderen Krankenkasse gewechselt. Trotz des Betriebsprüfungsbescheids aus dem Jahre 2011 hätten sie im Jahre 2012 keinen Anlass gesehen, die Rentenversicherung zu kontaktieren.

Auf der Grundlage einer Betriebsprüfung im Betrieb der Beigeladenen zu 2) für die Zeit vom 1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2010 hatte die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz in ihrem bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 9. Juni 2011 u.a. ausgeführt, dass der Beigeladene zu 2) seit 1. Jun 2007 in diesem Betrieb als versiche-rungspflichtiger Arbeitnehmer gemeldet sei und die Überprüfung der Beschäftigtenei-genschaft zu keinen Beanstandungen geführt habe. Auf der Grundlage einer Betriebsprüfung im Betrieb der Beigeladenen zu 2) für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 hat die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz mit Bescheid vom 20. Februar 2015 den Bescheid der Beklagte vom 26. März 2013 nach § 45 SGB X mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben, weil aus den der Entscheidung der Beklagten zugrunde liegenden Unterlagen keine Änderung der Verhältnisse im Vergleich zum Bescheid vom 9. Juni 2011 eingetreten sei. Der Wider-spruch der Beigeladenen zu 2) gegen diesen Bescheid ruht im Hinblick auf den hiesigen Rechtsstreit.

Der Senat hat im Erörterungstermin vom 12. September 2017 die Beigeladenen zu 1) und 2) angehört und am selben Tag im Parallelverfahren L 9 KR 165/15 den Zeugen W vernommen.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme, wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts-akten (einschließlich der als Beiakten geführten Auszüge aus den o.g. Ermittlungsak-ten) sowie die beigezogenen Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Ver-handlung waren, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig.

A. Die Klage ist zulässig.

I. Die Klägerin ist klagebefugt. Sie kann geltend machen, durch den Bescheid der Be-klagten vom 26. März 2013 sei ihr Alleinentscheidungsrecht nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV verletzt.

1. Die Anfechtung eines Verwaltungsakts durch einen Dritten ist zulässig, wenn dieser die Verletzung eigener Rechte durch den Verwaltungsakt behauptet (§ 54 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Anfechtung durch einen Dritten ist somit nur dann unzulässig, wenn dessen Rechte offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrach-tungsweise verletzt sein könnten (BSG, Urteil vom 17. August 2011 – B 6 KA 26/10 R –, juris; BSGE 98, 98; E 99, 145; E 105, 10).

2. Nach § 7a Abs. 1 Sätze 1 bis 3 SGB IV (in der vom 1. September 2009 bis 4. April 2017 geltenden, hier anzuwendenden Fassung) gilt:

Die Beteiligten können schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäfti-gung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Be-schäftigung eingeleitet. Die Einzugsstelle hat einen Antrag nach Satz 1 zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a) ergibt, dass der Beschäftigte Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers oder geschäftsführen-der Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. Über den Antrag entscheidet abweichend von § 28h Absatz 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund.

3. Inwieweit § 7a Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Satz 3 SGB IV der Klägerin ein subjektives Recht vermittelt, Bescheide der Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 Satz 2 SGB IV allein deshalb anzufechten, weil ihre Zuständigkeit verletzt wurde, ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt und in der vorliegenden Konstellation durchaus in Betracht zu ziehen. Die De-tailprüfung ist indes der Beantwortung der Frage, ob die Klägerin in eigenen Rechten verletzt ist, im Rahmen der Begründetheit vorbehalten (BSG, Urteil vom 17. August 2011 – B 6 KA 26/10 R –, juris).

4. Hieran gemessen ist die Klägerin im vorliegenden Fall aufgrund ihrer Behauptung, die Beklagte habe mit dem angefochtenen Bescheid – sehenden Auges – ihr Alleinent-scheidungsrecht nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV verletzt, klagebefugt.

II. Die Klage wurde entsprechend den Anforderungen von § 87 Abs. 1 Satz 1, §§ 66, 67, 78 Abs. 1 S 2 Nr. 3 SGG fristgemäß erhoben.

1. Ob die Klage eines von einem Verwaltungsakt betroffenen Dritten innerhalb einer bestimmten Frist erhoben werden muss, richtet sich zunächst danach, ob ihm der Ver-waltungsakt überhaupt bekannt gegeben wurde. Ist der Verwaltungsakt dem Dritten nicht bekannt gegeben worden, so kommt auch eine analoge Anwendung der Vorschrif-ten über die einzuhaltende Rechtsbehelfsfrist nicht in Betracht. Der von einem Dritten eingelegte Rechtsbehelf kann in einem solchen Fall gleichwohl unzulässig sein, soweit er seine Befugnis zur Einlegung des Rechtsbehelfs verwirkt hat. Dieselbe Rechtsfolge gilt in Bezug auf die Einhaltung einer in Gang gesetzten gesetzlichen Rechtsbehelfs- bzw. Klagefrist (BSG, Urteil vom 03. Juli 2013 – B 12 KR 8/11 R –, juris, m.w.N.)

2. Gemäß § 87 Abs. 1 S 1 SGG ist die Klage binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts zu erheben. Die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes (vgl. § 37 Sozialgesetzbuch / Zehntes Buch - SGB X -) ist die zielgerichtete Mitteilung des Inhalts des Verwaltungsakts durch die Behörde an den Bekanntgabe-Empfänger (BSG, Urteil vom 09. April 2014 – B 14 AS 46/13 R –, juris, m.w.N.). Die Bekanntgabe setzt damit eine zielgerichtete Mitteilung des Verwaltungsaktes durch die Behörde voraus (Engel-mann, in: v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8.A., § 37 Rn. 3a). Hieran könnten im vorliegen-den Fall Zweifel bestehen, da die Klägerin Kenntnis vom angefochtenen Bescheid erst und nur im Zusammenhang einer von ihr initiierten und durchgeführten Einzugsstellen-prüfung nach § 28q SGB IV erlangte, Anlass der Kenntnisnahme daher keine zielgerich-tete Mitteilung durch die Beklagte war. Da bei lebensnaher Betrachtung indes nicht da-von auszugehen ist, dass die Klägerin im Rahmen dieser Prüfung die zu prüfenden Un-terlagen und Vorgänge gegen den Willen der Beklagten an sich genommen hat, son-dern ihr die Unterlagen vielmehr auf entsprechende Aufforderung hin von der Beklagten vorgelegt wurden, genügt die hierin liegende willentliche Übergabe (u.a.) des hier ange-fochtenen Bescheids durch die Beklagte den Anforderungen an eine Bekanntgabe i.S.v. § 37 SGB X und § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG (a.A. für Bescheide, von denen der Renten-versicherungsträger bei einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV Kenntnis erhält: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 5. April 2011 – L 11 KR 658/09 –, juris). Ausgehend von einer somit frühestens am 2. Mai 2014 erfolgten Bekanntgabe des Bescheids vom 26. März 2013 wahrte die am 23. Mai 2014 erhobene Klage die einmonatige Klagefrist.

3. Allerdings muss sich (auch) die Ausübung prozessualer Befugnisse am Gebot von Treu und Glauben messen lassen. Prozessuale Befugnisse können daher verwirkt sein, wenn die verspätete Geltendmachung eines Anspruchs gegen Treu und Glauben ver-stößt, d.h. wenn ein gewisser Zeitraum verstrichen ist (Zeitmoment) und der Berechtigte unter Verhältnissen untätig bleibt, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung von Ansprüchen unternommen wird (Umstandsmoment); erst durch die Kombination beider Elemente wird eine Situation geschaffen, auf die der jeweilige Gegner vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (BSG a.a.O., m.w.N.). Weiterhin ist bei der Verwirkung prozessualer Befugnisse im öffentlichen Recht zu berücksichtigen, dass es nicht nur ein schutzwürdiges Vertrauen des Adressaten auf das Untätigbleiben eines Anfechtungsberechtigten rechtfertigen kann, die Anrufung eines Gerichts erst nach langer Zeit nach der Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes an ihn als unzulässig anzusehen, sondern auch ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens (vgl. grundlegend BVerfGE 32, 305, 308, m.w.N.; BSG, a.a.O.). a. Vor diesem Hintergrund hat das BSG (a.a.O.) die Verwirkung des Klagerechts eines Rentenversicherungsträgers gegen einen Bescheid der Einzugsstelle nach § 28h Abs. 2 SGB IV in einer Fallkonstellation angenommen, in der aufgrund einer entsprechenden Verwaltungspraxis dieser Bescheid dem Rentenversicherungsträger nicht unmittelbar nach seinem Erlass, sondern wesentlich später bekannt gegeben wurde, die Klage-frist – im dortigen Fall bestimmte sie sich aufgrund einer fehlerhaften Rechtsbehelfsbe-lehrung nach § 66 Abs. 2 SGG – aber gewahrt wurde.

Dem lag zugrunde, dass die Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger (u.a. der Arbeiter-Ersatz¬kas¬sen-Verband e.V., der Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V., der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger sowie die Bundesversiche-rungsanstalt für Angestellte) in einer "Gemeinsame(n) Verlautbarung zur Behandlung von Beitragsbescheiden durch die am gemeinsamen Beitragseinzug beteiligten Versi-cherungsträger" vom 29. März 2001 übereingekommen waren, Fälle der vorliegenden Art verwaltungstechnisch in einer Art zu behandeln, die – so die Auffassung des BSG – keine uneingeschränkte Entsprechung in den gesetzlichen Vorschriften des Sozialver-waltungsverfahrensrechts findet. Die Verlautbarung sah u.a. vor, dass Beitragsbeschei-de – entgegen § 12 Abs. 2, § 37 Abs. 1 SGB X – gegenüber den beteiligten Fremdver-sicherungsträgern nur in wenigen, abschließend aufgezählten Fallgruppen übersandt und – entgegen § 36 SGB X – grundsätzlich ohne Rechtsbehelfsbelehrung erteilt wer-den sollten. Das BSG (a.a.O.) hat ferner eine Verletzung von § 86 SGB X, wonach die Leistungsträger, ihre Verbände und die im SGB genannten öffentlich-rechtlichen Verei-nigungen verpflichtet sind, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetzbuch eng zusammenzuarbeiten, bejaht, weil die Vereinbarung eine Beteiligung anderer Trä-ger nicht – wie vom Gesetz vorgesehen – zur Regel, sondern zur Ausnahme machte. Die dargestellte Verlautbarung wurde durch die "Gemeinsame Verlautbarung zur Be-handlung von Verwaltungsakten (Beitragsbescheiden) durch die am gemeinsamen Bei-tragseinzug beteiligten Versicherungsträger" vom 21. November 2006 aktualisiert und leicht modifiziert, insbesondere der Begriff "Beitragsbescheid" durch "Verwaltungsakt" ersetzt. Darüber hinaus wurde u.a. eine Passage eingefügt, wonach in besonders prob-lematischen Fällen, in denen die Einzugsstelle um Überprüfung des zum Teil langjähri-gen Versicherungsverhältnisses von beschäftigten Familienangehörigen bzw. GmbH-Gesellschaftern angegangen wird und die Entscheidung möglicherweise auf das Vorlie-gen einer selbstständigen Tätigkeit und damit auf eine regelmäßig durch die Renten-versicherungsträger vorzunehmende Beitragserstattung hinauslaufen könnte, die Ein-zugsstelle unabhängig davon, ob ein Beitragserstattungsanspruch ganz oder teilweise verjährt war, vor einer abschließenden Entscheidung ihre begründete Auffassung mit dem für die Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV zuständigen Rentenversicherungsträ-ger abstimmen sollte. Abschnitt 3.2 der Verlautbarung wurde ebenfalls neu gefasst und enthielt seither u.a. eine Bestimmung, wonach die Einzugsstelle dem Träger der Ren-tenversicherung eine Mehrfertigung des Verwaltungsaktes nur dann übersendet, wenn sie nach Anhörung des Rentenversicherungsträgers eine von dessen Auffassung ab-weichende Entscheidung trifft.

b. Diese Rechtsprechung, der sich der Senat grundsätzlich anschließt, ist auf den vor-liegenden Fall nicht anwendbar. Denn eine Berufung der Beklagten oder der Beigela-denen zu 1) und 2) auf die o.g. Entscheidung des BSG verstößt gegen Treu und Glau-ben. Das BSG hat sein o.g. Urteil vom 3. Juli 2013 insbesondere mit Vertrauensschutz-aspekten zugunsten der am Verfahren beteiligten Arbeitgeber und (potentiell) Versi-cherten begründet. Vertrauensschutz können die hiesigen Beigeladenen zu 1) und 2) nicht in Anspruch nehmen, weil sie bzw. die a AG als ihre Bevollmächtigten das Verfah-ren in betrügerischer Weise durch kollusives Zusammenwirken mit der Beklagten be-trieben haben.

aa. Dass die a AG als Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1) und 2) im Verwaltungs-verfahren und die Beklagte in betrügerischer Weise zum Nachteil der Klägerin zusam-mengewirkt haben, entnimmt der Senat folgenden Umständen:

(1) Die a AG sah sich zur Umsetzung ihres Geschäftsmodells, mit dem sie durch die Vermittlung möglichst vieler Versicherungsverträge viele Provisionsansprüche begrün-den wollten, offenkundig auf die Zusammenarbeit mit Krankenkassen oder zumindest einzelnen Kassenmitarbeitern angewiesen. Dies belegen die in den Ermittlungsakten enthaltenen Visitenkarten leitender Kassenmitarbeiter (häufig Vorstände) und die Kor-respondenz mit einer Vielzahl von Krankenkassen, bei denen die a AG offensichtlich für ihr Geschäftsmodell geworben hat. Schon dieser Umstand belegt aus Sicht des Senats die unlauteren Absichten der a AG.

Letztere zeigen sich auch im Verhalten gegenüber ihren Kunden (hier: den Beigelade-nen zu 1) und 2). Diese wurden in mehrfacher Hinsicht getäuscht, insbesondere indem - ihnen nur die letzte Seite der Feststellungsbögen zur Unterschrift vorgelegt wurde, - ihnen verschwiegen wurde, dass mit der Einführung des § 7a SGB IV die Gefahr, dass die Bundesagentur für Arbeit im Fall der Arbeitslosigkeit zu einer anderen versicherungsrechtlichen Einschätzung gelangt und deshalb keine Leistungen erbringt, wegen der über § 336 SGB III angeordneten Bindungswirkung gebannt war, - behauptet wurde, ein Kassenwechsel zur Beklagten sei für die Statusprüfung erforder-lich sowie - der Eindruck erweckt wurde, für die Erlangung der "Sozialversicherungsfreiheit" bedür-fe es nur einer geschickten Darstellung.

(2) Zumindest mit dem Zeugen W traf die a AG Absprachen, die darauf gerichtet waren, dass dieser keine objektive Prüfung der ihm vorgelegten Anträge vornahm, sondern das von der a AG gewünschte Ergebnis – den Erlass eines (Gefälligkeits-) Bescheids, in dem eine Beschäftigung und somit auch eine Versicherungspflicht verneint wird – pflichtwidrig herbeiführte. Dies ergibt sich insbesondere aus seiner E-Mail vom 2. September 2009 an ein Vorstandsmitglied (Herrn K) der a AG, in der er u.a. schreibt: "da wir ja künftig alle versicherungsrechtlichen Beurteilungen mit einem entspre-chenden Vertrag belegen wollen, übersende ich Ihnen in der Anlage eine detail-liertere Fassung/Entwurf eines weisungsfreien Vertrages. Wir sollten die zukünfti-gen Verträge vielleicht so gestalten. Falls Sie aber Änderungswünsche oder noch Anregungen haben können wir diese auch gerne umsetzen."

Dieser Nachricht ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Zeuge W den Erlass der von der a AG gewünschten Bescheide auch als sein Anliegen ("wir") ansah und er über sei-ne Aufgaben als Krankenkassenmitarbeiter, Antragsteller zu beraten und Anträge zu prüfen, hinaus aktiv an der "sicheren" Gestaltung einer entsprechenden Tatsachenla-ge – insbesondere durch Formulierung "geeigneter" Verträge – mitwirkte.

Dieses Verhalten des Zeugen setzte sich auch noch fort, nachdem die Beklagte im Zu-sammenhang mit der Einzugsstellenprüfung Ende März 2014 von der Klägerin auf die Fragwürdigkeit ihres Vorgehens hingewiesen worden war. So machte er unter dem 25. Juli 2014 der a AG (Herrn K) ausführlich Gestaltungsvorschläge für eine künftige "rechtssichere Beurteilung von mitarbeitenden Ehegatten und Angehörigen in Einzelfir-men", z.B. in Gestalt von "Handlungsvollmachten oder- Generalvollmachten mit weit-reichenden unternehmerischen Befugnissen, insbesondere Zustimmungsbefugnisse und/oder Vetorechte", die "Übernahme von Bürgschaften oder die Gewährung von Dar-lehen für den Betrieb", die "durchaus auch rückwirkend schriftlich dokumentiert werden könnten". Dass er in zwei E-Mails vom 20. Juni 2014 an Herrn K darum bat, er müsse die Unterlagen "nochmal als Kopie mit einem Anschreiben datiert aus dem April zu [sei-nen] Händen persönlich bekommen" bzw. die Unterschriften unter den Arbeitsverträgen müssten "mit einem Datum aus März oder spätestens April 2014 versehen sein [ ]. Passt sonst nicht wegen der Bescheiddaten", belegt außerdem, dass entweder der Be-scheid schon vor "Kenntnis" des Arbeitsvertrages fertiggestellt war oder der Bescheid zurückdatiert wurde (etwa in der Absicht, ihn hierdurch einer fristgemäßen Anfechtung durch die Klägerin zu entziehen).

Der Senat geht aufgrund dieses Verhaltens des Zeugen W davon aus, dass die gesam-ten Verfahrensabläufe seitens der a AG (zumindest) mit ihm abgestimmt waren, um nach außen den Eindruck eines ordnungsgemäßen Verfahrens zu erwecken.

(3) Auch wenn die Stellungnahmen von (z.T. ehemaligen) Mitarbeitern der mhplus Be-triebskrankenkasse sowie Gespräche der Strafverfolgungsbehörden mit diesen es mög-lich erscheinen lassen, dass das Geschäftsmodell der a AG auch ohne Wissen des Vorstands einer Krankenkasse bei dieser "installiert" werden konnte, belegen die beige-zogenen Ermittlungsakten darüber hinaus, dass auch der Vorstand der Beklagten in das betrügerische Handeln der a AG und des Zeugen W involviert war. So wandte sich ein Vorstand der a AG (Herr K) per Mail unmittelbar an den Vorstandsvorsitzenden der Beklagten (Herrn Sch), weil "Briefpost, aus dem Zeitrahmen ca. 14. April bis ca. 30. April [ ] nicht angekommen" sei. Ferner finden sich handschriftliche Aufzeichnungen von leitenden Mitarbeitern der a AG über eine "Besprechung" mit den beiden Vorständen der Beklagten, die stichworthafte Formulierungen wie "Vertrauen gegenseitig" oder "In guten wie in schwierigen Zeiten hielt man zueinander" beinhalten. Anlässlich eines Gesprächs am 16. Juni 2014 mit den beiden Vorständen der Beklagten (Herrn Sch, Herrn Ke) sowie deren Mitarbeiterin Frau Hö – sie war als Leiterin des "Profitcenter Versicherungen" damalige Vorgesetzte des Zeugen W – sagte Herr Ke ("hat sein Wort gegeben") den Erlass weiterer Bescheide "persönlich" zu. Darüber hinaus fand ein Termin mit Herrn Sch am 10. Juli 2014 statt. "In den beiden Wochen 28.7. bis 8.8." sollte "mit Anwalt und H. Ke Einigung" erzielt werden.

Der Senat ist sich bewusst, dass er diese Feststellungen ausschließlich Vermerken von Mitarbeitern der a AG entnimmt und daher deren ggf. interessengeleitete Sichtweise nicht außer Acht gelassen werden darf. Denn die Vermerke stammen aus einer Zeit, als die Beklagte infolge der Einzugsstellenprüfung durch die Klägerin im März 2014 und der zahlreichen Klageerhebungen ab April 2014 ihre bisherige Praxis offensichtlich nicht mehr uneingeschränkt fortsetzen wollte, hiervon die a AG unterrichtet hatte und diese – wie sich aus weiteren Vermerken ergibt – die Beklagte mit Hinweisen auf das Bundes-versicherungsamt und mögliche Amtshaftungsansprüche von Arbeitgebern und Be-schäftigten unter Druck zu setzen versuchte. Auf der anderen Seite ist aber auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte bzw. deren Mitarbeiter weder im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren noch im hiesigen Rechtsstreit dieser Darstellung durch die a AG entgegen getreten sind, obwohl ihnen die Vermerke aus beiden Verfahren – im Ermitt-lungsverfahren war den Verteidigern aller Beschuldigten Akteneinsicht gewährt worden – bekannt waren. Die Einschätzung des Senats, dass auch der Vorstand der Beklagten von der unlauteren Vorgehensweise der a AG und dem Zeugen W wusste, wird bestä-tigt durch eine auch Herrn Ke zugeleitete E-Mail der Beklagten-Mitarbeiterin Hö vom 15. August 2014 an zwei Vorstände der a AG (Herrn W, Herrn K) mit Vorschlägen zu Mus-ter-Arbeitsverträ¬gen, damit "die Rechtsmacht / das Mit-Unternehmertum stärker her-ausgestellt werden" können.

(4) Die Beklagte hat zur Umsetzung ihrer Absprachen mit der a AG bei der Durchfüh-rung der Statusprüfungsverfahren in schwerwiegender Form gegen geltendes Recht verstoßen.

(a) Die Beklagte hat die Bevollmächtigung der a AG hingenommen, obwohl diese nicht über eine Befugnis nach dem RDG verfügte und daher nach § 13 Abs. 5 SGB X hätte zurückgewiesen werden müssen. Denn Versicherungsvermittler dürfen in Anfragever-fahren zur Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status eines Erwerbstätigen nicht gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Bund als Verfahrensbevollmächtig-te auftreten (vgl. BSG, Urteil vom 05. März 2014 – B 12 R 7/12 R –, in Bestätigung von SG Duisburg, Urteil vom 21. Oktober 2011 – S 29 R 575/10 –; OLG Karlsruhe, Urteil vom 08. Oktober 2009 – 4 U 113/09 –; jeweils juris).

Dass § 13 Abs. 5 SGB X durch die Beklagte nicht nur bei der hiesigen Statusprüfung, ggf. also nur versehentlich, unbeachtet blieb, beweist die die Aussage des Zeugen W bei seiner Vernehmung durch den Senat. Danach haben die Mitarbeiter der Beklagten "damals nicht geprüft, ob ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz vorgele-gen hat"; er "hätte auch nicht gewusst, wie [er] solch eine Prüfung vornehmen soll"; ihnen habe "gereicht, dass eine Vollmacht vorlag."

Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang nicht darauf berufen, dass regelmä-ßig auch eine Vollmacht für Rechtsanwalt F eingereicht wurde. Denn mit diesem hat sie keinerlei Korrespondenz geführt, sondern ausschließlich mit der a AG.

(b) Die Beklagte hat im Rahmen der Statusprüfung nicht alle Umstände des Einzelfalls gewürdigt.

Hierzu war sie jedoch nicht nur nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (seit dem Urteil vom 5. April 1956 – 3 RK 65/55 –, juris), sondern auch nach der "Gemeinsamen Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung der Beschäftigung von Angehö-rigen" vom 11. November 2004 und der sie ersetzenden, inhaltsgleichen Anlage 4 zum "Gemeinsamen Rundschreiben zur Statusfeststellung von Erwerbstätigen" vom 13. April 2010 verpflichtet. In beiden Vereinbarungen der (damaligen) Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger heißt es unter "1.2 Voraussetzungen der Versicherungspflicht", dass die "Frage, ob zwischen Angehörigen eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt vorliegt, [ ] sich nach den gleichen Grundsätzen [beurteilt], wie sie allgemein für die Beurteilung der Versicherungspflicht maßgebend sind". Als Beleg wird auf das o.g. Urteil des BSG vom 5. April 1956 verwiesen.

Allein der Umstand, dass die Beklagte diese Entscheidung und die Wendung "Berück-sichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls" im angefochtenen Bescheid zitiert, belegt noch nicht, dass sie das entsprechende Prüfprogramm auch durchgeführt hat. Sie hat vielmehr – entsprechend der offenkundig bestehenden Übereinkunft mit der a AG, in möglichst vielen Fällen eine versicherungspflichtige Beschäftigung zu verneinen – die weitgehenden inhaltlichen und formellen Übereinstimmungen (in sämtlichen Fest-stellungsbogen nahezu identische Angaben mit wörtlich weitgehend identischen Ergän-zungen in derselben Handschrift, weitgehend identische Formulierungen in den einge-reichten Arbeitsverträgen u.ä.) ebenso ignoriert wie zahlreiche Ungereimtheiten und Widersprüche, die bei unbefangener und pflichtgemäßer Herangehensweise Anlass zu weiteren Ermittlungen hätten geben müssen: Im hiesigen Fall soll – nach den Angaben im Feststellungsbogen und seiner Anlage – der Beigeladene zu 1) seine 70 Stunden wöchentlich umfassende Tätigkeit in einem Küchenstudio an sechs Arbeitstagen bei "Kunde" ausüben – somit seine gesamte Arbeitszeit im Außendienst verbringen –, gleichzeitig aber (im weiten Bereichen allein) für Ein- und Verkauf, Beratung, Küchen-planung, Kalkulation und Verhandlungen mit Lieferanten, Controlling, EDV und deren Programmpflege sowie die Personalwesen (einschließlich Personalgesprächen) zu-ständig sein. Die Tätigkeit soll aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ausge-übt werden, die trotz handschriftlichem Verweis ("siehe Anlage") nicht beigefügt war. Beim Betrieb der Beigeladenen zu 2) soll es sich um eine Personengesellschaft in der Rechtsform der "Einzelfirma" handeln. Auf die Frage, ob bei Arbeitsunfähigkeit Arbeits-entgelt nachgezahlt werde, wurde einerseits "Nein" angekreuzt, andererseits findet sich der handschriftliche Zusatz "wird von Fall zu Fall entschieden".

Dass die Beklagte die Umstände des Einzelfalls außer Acht gelassen hat, setzt sich im angefochtenen Bescheid fort, der – von sehr wenigen individuellen Anpassungen abge-sehen, wie z.B. dem Datum, ab dem der neue Arbeitsvertrag gelten soll – nur aus Text-bausteinen besteht, die sich wortgleich auch in den Bescheiden der zahlreichen ande-ren Fälle wiederfinden.

Außerdem hat die Beklagte nur eine oberflächliche Prüfung vorgenommen und im Rahmen der Sachentscheidung gewichtige Kriterien, die das BSG seit Jahrzehnten der Abgrenzung von Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit zugrunde legt, völlig unbe-rücksichtigt gelassen. So hat die Beklagte folgende Umstände nicht beachtet, die für eine Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) sprechen: das Fehlen jeglichen Unterneh-merrisikos und die Zahlung gleichbleibender Bezüge (ständige Rechtsprechung des BSG spätestens seit dem Urteil vom 11. August 1966 – 3 RK 57/63 –, juris); Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (ständige Rechtsprechung des BSG spätestens seit dem Urteil vom 24. Juni 1982 – 12 RK 45/80 –, juris). Zu Recht weist die Klägerin außerdem darauf hin, dass auch der "Arbeitsvertrag" (sic!) vom 1. März 2013 einige Regelungen enthält, die typisch für eine Beschäftigung sind, etwa Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaub.

(c) Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid gegen Denkgesetze verstoßen, indem sie ihn auf unauflösbare Widersprüche gestützt hat. Dies gilt zum einen für die Feststel-lung "Weiterhin unterliegen Sie nicht dem Direktionsrecht des Arbeitgebers und dieses Weisungsrecht wird auch tatsächlich nicht ausgeübt": Denn ein Weisungs-/ Direktions-recht, das nicht besteht, kann auch nicht ausgeübt werden. Zum anderen ist es unver-einbar, wenn die Beklagte einerseits feststellt, der Beigeladene zu 1) wirke an der Füh-rung des Betriebes mit, andererseits müsse aber ohne seine Mitarbeit keine fremde Arbeitskraft eingestellt werden. Denn eine Tätigkeit, die für den Betrieb so unbedeutend ist, dass sie nicht durch eine andere Person ersatzweise verrichtet werden muss, kann nicht zugleich eine leitende Tätigkeit sein.

(d) Die Beklagte hat gesetzliche Vorgaben so interpretiert bzw. interne Verfahrensab-läufe so gestaltet, dass Anträge der Beklagten als Einzugsstelle nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV regelmäßig ausgeschlossen waren. In diesem Zusammenhang hat der Zeuge W angegeben, dass er auch in Kenntnis des Verwandtschaftsverhältnisses keinen An-lass zu einem Antrag bei der Klägerin nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV gesehen hat, solange zwar noch keine Arbeitgebermeldung, wohl aber sonstige Unterlagen, wie z.B. ein Antrag auf Kassenwechsel oder ein Antrag auf Statusprüfung vorlagen. Wenn die Unterlagen innerhalb der Beklagten erst einmal bis zu ihm gelangt seien, sei er von ei-ner Zuständigkeit der Beklagten ausgegangen. Demnach hat der Zeuge offenkundig angenommen, allein die Tatsache, dass bei irgendeinem Mitarbeiter der Beklagten Un-terlagen zur Statusprüfung vorlagen, bevor sie an ihn weitergereicht wurden, habe im Hinblick auf § 7a Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. SGB IV zur (vorrangigen) Zuständigkeit der Beklagten als Einzugsstelle geführt. Dass diese irrige Sichtweise jegliches obligatori-sche Verfahren nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV ausschließt (und daher nicht gesetzes-konform sein kann), hat der Zeuge bei seiner Vernehmung eingeräumt. Die Beklagte muss sich diese Vorgehensweise vorhalten lassen, unabhängig davon, ob sie von ihrem Vorstand bewusst gestaltet oder aus Unwissenheit geduldet wurde.

bb. Unerheblich ist, dass den Beigeladenen zu 1) und 2) persönlich der Vorwurf unlau-teren Verhaltens ggf. nicht gemacht werden kann. Denn sie müssen sich das Verhalten der a AG als ihrer Verfahrensbevollmächtigten zurechnen lassen.

(1) Zwar ist im Zusammenhang mit den Vertrauensschutzregelungen der § 45 SGB X nicht abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen das Verhalten und die Kenntnis Dritter dem von der Aufhebung eines Bescheids Betroffenen zuzurechnen ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. August 2006 – 1 BvR 955/06 –, juris; Steinwedel, jurisPraxisreport-SozR 21/2017 Anm. 4). Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass Verschulden eines Vertreters uneingeschränkt zuzurechnen sei (Heße, in: Rolfs/Gie-sen/Kreikebohm/Udsching, Beck’scher Online-Kom¬mentar Sozialrecht, Stand: 1. Sep-tember 2017, SGB X § 45 Rn. 23f, m.w.N.). Andere Auffassungen differenzieren, ent-weder danach, ob die Vertretung durch den Dritten auf gesetzlicher oder gewillkürter (rechtsgeschäftlicher) Grundlage erfolge (Padé, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X (Stand: 1. Dezember 2017, § 45, Rd. 86, 97; Schütze, in: v. Wulffen/Schütze, 8.A., SGB X § 45 Rn. 51; Mrozynski, SGb 1993, 13; jeweils m.w.N.), oder danach, ob Wissen oder ein Verhalten zugerechnet werden sollten (Merten in: Hauck/Noftz, SGB, 08/17, § 45 SGB X, Rd. 79ff; Schütze, a.a.O., Rn. 59; jeweils m.w.N.). Demgegenüber ist zu § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz, der Parallelvorschrift im (allgemeinen) Verwaltungsverfahrensrecht, weitgehend einhellige Meinung, dass grundsätzlich Wissen und Verhalten jeglicher Vertreter zuzurechnen sind (vgl. nur Stelkens/Bonk/Sachs/, 9.A., Verwaltungsverfahrensgesetz § 48 Rn. 148ff).

(b) Jedoch gilt gemäß § 49 SGB X u.a. § 45 Abs. 1 bis 4 SGB X nicht, wenn ein be-günstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen oder der Klage stattge-geben wird. Diese Vorschrift ist hier anzuwenden, weil die Klägerin als Dritte einen die Beigeladenen zu 1) und 2) begünstigenden Verwaltungsakt anficht.

c. Sind nach alledem die im Urteil des BSG vom 3. Juli 2013 aufgestellten Grundsätze auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, kann der Klage nicht der Einwand der Ver-wirkung entgegengehalten werden.

B. Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 26. März 2013 ist rechtswidrig (hierzu II.), weil sie für seinen Erlass nicht zuständig war (hierzu I.). Dies verletzt die Klägerin in eigenem Recht (hierzu III.).

I. Die Beklagten hätte den Bescheid vom 26. März 2013 nicht erlassen dürfen, weil al-lein die Klägerin nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV zur Entscheidung befugt war. Dies ergibt sich aus dem Regelungsgefüge dieser Vorschrift i.V.m. den melderechtlichen Bestimmungen.

1. § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV wurde durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleis-tungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I 2954) mit Wirkung zum 1. Januar 2005, in der ersten Tatbestandsalternative zunächst bezogen auf "Angehöri-ge", eingeführt. Der Gesetzgeber reagierte hiermit darauf die unbefriedigende Situation, dass in "der täglichen Praxis der Arbeitsverwaltung [ ] immer wieder der Fall vor[komme], dass Unternehmen (Arbeitgeber) für im Betrieb mitarbeitende Ehegatten oder sonstige enge Familienangehörige – ohne Prüfung des Status der Betroffenen – Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit abführen" und erst "bei Verlust der Erwerbstätig-keit der Betroffenen [ ] sich heraus[stelle], dass Ansprüche auf Arbeitslosengeld nicht bestehen, weil die Familienangehörigen keine abhängig Beschäftigten, sondern Mitin-haber des Familienbetriebes gewesen" seien. Das gleiche Problem trete bei Gesell-schafter-Geschäftsführern von Gesellschaften mit beschränkter Haftung auf und sei auch darauf zurückzuführen, dass von der Möglichkeit, über § 336 Sozialgesetzbuch / Drittes Buch eine Bindung der Arbeitsverwaltung an Statusentscheidungen der Ein-zugsstelle (nach § 28h SGB IV) oder eines Rentenversicherungsträgers (nach § 28p Abs. 1 Satz 5 oder § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV) zu erlangen, nicht von allen Personen Gebrauch gemacht werde. Diese für die Betroffenen unbefriedigende Rechtslage lasse sich durch "die Erweiterung des Meldeverfahrens durch Ergänzung um besondere Kennziffern, nach der der Arbeitgeber einen mitarbeitenden Familienangehörigen oder das Rechtsverhältnis als Gesellschaftsgeschäftsführer einer Gesellschaft mit be-schränkter Haftung besonders auszuweisen hat", "die Prüfung des versicherungsrecht-lichen Status durch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte" sowie "die leis-tungsrechtliche Bindung der Bundesanstalt für Arbeit an den Verwaltungsakt der Bun-desversicherungsanstalt für Angestellte beheben" (Bericht des Ausschusses für Wirt-schaft und Arbeit u.a. zu dem Entwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleis-tungen am Arbeitsmarkt, BT-Drs. 15/1749, S. 35).

Als Folgeregelung wurde zugleich § 28a Abs. 3 Satz 1 SGB IV um die Nrn. 10 und 11 ergänzt, wonach die Meldungen für jeden Beschäftigten insbesondere "die Angabe, ob er zum Arbeitgeber in einer Beziehung als Ehegatte, Lebenspartner, Verwandter oder Verschwägerter in gerader Linie bis zum zweiten Grad steht" und "die Angabe, ob er als geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung tätig ist", enthielten. Mit Wirkung zum 30. März 2005 wurde diese Ergänzung gestrichen und – beschränkt auf Ehegatten und Lebenspartner, im Übrigen wortgleich – in § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 lit. d) und e) SGB IV eingefügt (Gesetz zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht (Verwaltungsvereinfachungsgesetz) vom 21. März 2005, BGBl. I 818), um "die Neuordnung des Feststellungsverfahrens für mitarbeitende Ehegatten und ge-schäftsführende Gesellschafter [ zu] präzisieren." Ziel war ausweislich der Gesetzes-begründung (BT-Drs. 15/4228, S. 23), dass bei Anmeldung einer Beschäftigung sofort durch das Statusfeststellungsverfahren verbindlich festgestellt [werde], ob es sich um eine versicherungspflichtige Beschäftigung handele oder nicht. Auf die Ausdehnung des Verfahrens auf weitere Angehörige [werde] mit Blick auf vermeidbaren Verwaltungsauf-wand verzichtet, da Probleme in der Praxis in diesem Bereich nicht bekannt seien.

Durch das Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2007 (BGBl. I 3024) wurde § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 lit. d) SGB IV erneut geändert und – so die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/6540 S. 24) – "auf Wunsch aus der betrieblichen Praxis zur einfacheren Feststellung des Versicher-tenstatus mitarbeitender Familienangehöriger das Merkmal ,Abkömmling‘ in die Anmel-dung aufgenommen." Die Regelung solle die vereinfachte Erfassung dieser Personen-gruppe insbesondere in kleineren handwerklichen Betrieben, in denen eine Mitunter-nehmereigenschaft häufiger gegeben sei, ermöglichen. In § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV hat das Zweite Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 21. Dezember 2008 (BGBl. I 2933) mit Wirkung zum 1. Januar 2009 diese Änderung als "redaktionelle Klarstellung des Begriffs ,Angehöriger‘" (BT-Drs. 16/10488 S. 15) mittels Ersetzung durch "Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling" nachvollzogen.

2. Das BSG (Urteil vom 28. September 2011 – B 12 KR 15/10 R –, juris) hat bezüglich der bis Ende 2007 geltenden Rechtslage für die Auslegung des Begriffs "Angehöriger" in § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV auf die melderechtlichen Vorgaben in § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 lit. d) rekurriert. Diese Rechtsauffassung teilt der Senat. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass zur Auslegung von § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV ausschließlich § 28a SGB IV heranzuziehen und daher mit dem Begriff "Meldung des Arbeitgebers (§ 28a)" nur eine Anmeldung i.S.v. § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB IV gemeint ist.

a. Den o.g. Begründungen zum Verwaltungsvereinfachungsgesetz (BT-Drs. 15/4228, S. 23) und zum Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (BT-Drs. 16/6540 S. 24) lässt sich zwar die Vorstellung des Gesetzgebers ent-nehmen, Angaben zum Verwandtschaftsverhältnis seien bei der Anmeldung und somit beim Beginn einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zu machen. Im Wortlaut von § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV hat diese Vorstellung indes keinen Niederschlag gefunden, wie die unverändert gebliebene Formulierung "bei der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a)" belegt. Nach dem Wortlaut von § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV besteht die Pflicht zur Einleitung des obligatorischen Statusfeststellungsverfahrens somit auch dann, wenn aus einer Meldung i.S.v. § 28a SGB IV, die keine Anmeldung i.S.v. § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB IV darstellt, die Eigenschaft einer nahen Verwandtschaft zum Arbeitgeber hervorgeht.

b. Aber auch dann, wenn man die Formulierung "aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a)" i.S. einer Beschränkung auf Anmeldungen versteht, wäre die Beklagte zu ei-nem Antrag nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV verpflichtet gewesen.

aa. Eine parlamentsgesetzliche Legaldefinition für den – i.Ü. nur noch in § 28a Abs. 3a Satz 2 SGB IV verwendeten – Begriff "Anmeldung" findet sich im SGB IV nicht. Von der Ermächtigung in § 28c SGB IV, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundes-rates das Nähere über das Melde- und Beitragsnachweisverfahren zu bestimmen, ins-besondere, welche zusätzlichen, für die Verarbeitung der Meldungen und Beitrags-nachweise oder die Durchführung der Versicherung erforderlichen Angaben zu machen sind (Nr. 3 der Vorschrift), hat der Verordnungsgeber durch Erlass der zum 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung (DEÜV) Ge-brauch gemacht und in § 6 DEÜV ("Anmeldung") bestimmt, dass der Beginn einer ver-sicherungspflichtigen Beschäftigung mit der ersten folgenden Lohn- und Gehaltsab-rechnung, spätestens innerhalb von sechs Wochen nach ihrem Beginn, zu melden ist. Eine Anmeldung i.S. dieser Vorschrift bezieht sich daher auf den jeweiligen Beginn ei-ner versicherungspflichtigen Beschäftigung.

bb. Der Verordnungsgeber hat indes – in zulässiger Umsetzung der o.g. Ermächti-gung – den Begriff der Anmeldung weiter gefasst. Denn auch nach dem Beginn einer versicherungspflichtigen Beschäftigung sind gemäß § 12 Abs. 1 DEÜV – insoweit seit 1999 unverändert – eine Ab- und eine Anmeldung zu erstatten, wenn die bisher gemel-dete Beitragsgruppe, der Personengruppenschlüssel oder die Krankenkasse des Be-schäftigten sich ändert. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass auch die Mel-dung eines Krankenkassenwechsels durch die Beigeladene zu 2) eine Anmeldung und mithin die Angaben nach § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 lit. d) SGB IV erforderlich machte.

c. Ohne Bedeutung bleibt hierbei, dass die Meldung der Beigeladenen zu 2) solche An-gaben tatsächlich nicht enthielt (hierzu aa.) oder die von der Beklagten verwendete Software diese Angaben nicht zuließ (hierzu bb.).

aa. Zu Recht weist das Sozialgericht auf die Pflicht der Beklagten als Einzugsstelle hin, dafür zu sorgen, dass die Meldungen rechtzeitig erstattet werden, die erforderlichen Angaben vollständig und richtig enthalten sind und die Meldungen rechtzeitig weiterge-leitet werden (§ 28b Abs. 1 Satz 3 SGB IV in der bis zum 30. Juni 2015 geltenden Fas-sung, seither – leicht modifiziert – § 98 Abs. 1 Satz 3 SGB IV). Dem hat die Beklagte bei Eingang der Meldung der Beigeladenen zu 2) aus Anlass des Krankenkassenwechsels nicht entsprochen, weil sie die Beigeladene zu 2) nicht auf die Erforderlichkeit einer Anmeldung, zumindest aber nicht auf die notwendigen Angaben nach § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 lit. d) SGB IV hingewiesen hat, obwohl sie aufgrund der bisherigen Angaben im Verfahren, insbesondere im Feststellungsbogen, wusste, dass der Beigeladene zu 1) der Ehemann der Beigeladenen zu 2) ist.

Dem kann nicht entgegen gehalten werden, die Beklagte dürfe die nahe Verwandtschaft der Beigeladenen zu 1) und 2) allein deshalb ignorieren, weil die Kenntnis hiervon nicht aus einer "Meldung des Arbeitgebers (§ 28a)" stammt. Auf dieses auch vom Zeugen W anlässlich seiner Vernehmung durch den Senat geäußerte Argument kann sich die Be-klagte wegen Treuwidrigkeit nicht berufen. Denn der Gesetzgeber ist im Zusammen-hang mit den Regelungen des § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV – selbstverständlich – von einer vollständigen und wahrheitsgemäßen Meldung des Arbeitgebers ausgegangen. Die Beklagte hat demgegenüber – wie gezeigt – nicht nur ihre Pflicht verletzt, auf voll-ständige und richtige Angaben hinzuwirken, sondern auch in kollusivem Zusammenwir-ken mit der a AG das gesamte Verfahren in rechtswidriger Weise durchgeführt. Unter diesen Umständen darf eine Einzugsstelle Angaben nicht allein deshalb ignorieren, weil sie ihr nicht auf dem nach dem Gesetzeswortlaut vorgesehenen Übermittlungsweg be-kannt geworden sind, sondern auf andere – zulässige – Weise (Pietrek in: Schle-gel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 7a, Rd. 107; für eine Berechtigung der Einzugsstelle, in solchen Fällen einen Antrag nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV zu stel-len: Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 04. Dezember 2012 – L 11 R 44/11 –, juris; a.A. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Juni 2010 – L 5 KR 5179/08 –, juris; Baier in Krauskopf, SGB IV, § 7a RdNr 5c; für einen anders gelagerten Einzelfall auch Senat, Urteil vom 15. Februar 2012 – L 9 KR 332/09 –, juris). Für ein vom Zeugen wohl postuliertes "Sich-Dumm-Stellen-Dürfen" finden sich weder im Gesetz noch in den Gesetzgebungsmaterialien irgendwelche Hinweise.

bb. Grundsätzlich obliegt es – auch im Bereich des Sozialversicherungsrechts – jeder Behörde (bzw. ihrem Träger), die für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforder-liche technische Ausstattung vorzuhalten. Dies gilt insbesondere, soweit das Gesetz die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben mit elektronischen Hilfsmitteln vorsieht. Alle am Meldeverfahren nach dem SGB IV beteiligten Sozialversicherungsträger müssen daher Hard- und Software vorhalten bzw. zur Verfügung stellen, die seine ordnungsgemäße Durchführung gewährleisten. Sollte die von der Beklagten eingesetzte Software daher bei der Meldung eines Krankenkassenwechsels entgegen § 12 Abs. 1 DEÜV i.V.m. § 28a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 lit. d) SGB IV die Angabe des nahen Verwandtschaftsverhält-nisses nicht erlaubt haben, kann dies nicht zu Lasten anderer Sozialversicherungsträ-ger gehen. Auf unzureichende eigene Software kann sich eine Behörde im Verhältnis zu den Adressaten ihrer Bescheide grundsätzlich nicht berufen.

3. Die (Allein-)Zuständigkeit der Klägerin ist im Hinblick auf § 7a Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs SGB IV nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte als Einzugsstelle bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet hatte. § 7a Abs. 1 Satz 1, 2. Halbs. SGB IV ist auf das obligatorische Verfahren nach § 7a Abs. 2 SGB IV nicht anzuwenden. Der Senat folgt insoweit gem. § 153 Abs. 2 SGG den überzeugenden Ausführungen des Sozialgerichts.

4. Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass die Sozialversicherungsträger überein-stimmend davon ausgegangen sind, dass ein Wechsel der Krankenkasse bzw. die diesbezügliche Meldung keine Antragspflicht der Einzugsstelle nach § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV auslöst.

a. Nach dem Ergebnis der "Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen, des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger, der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und der Bundesagentur für Arbeit zu Fragen des gemeinsamen Meldever-fahrens" (dort unter Nr. 1) vom 17. November 2004 waren "ausschließlich Anmeldun-gen mit Meldegrund 10 (Aufnahme einer Beschäftigung) und nicht Anmeldungen mit den Meldegründen 11 (Krankenkassenwechsel), 12 (Beitragsgruppenwechsel) oder 13 (sonstige Gründe, Änderungen im Beschäftigungsverhältnis) zu überprüfen. Bei Anmel-dungen mit den Meldegründen 11, 12 oder 13 [sei] die Versicherungspflicht bereits auf-grund der vorausgegangenen Anmeldung überprüft" worden (inhaltlich gleichlautend: Gemeinsames Rundschreiben vom 11. November 2004 über die "Gemeinsamen Grundsätze zur leistungsrechtlichen Bindung der Bundesagentur für Arbeit an Beschei-de in Statusfeststellungsverfahren für Ehegatten/Lebenspartner und GmbH-Gesell-schafter-Geschäfts¬füh¬rer", dort Nr. 3.2). Dieser Standpunkt wurde im Gemeinsamen Rundschreiben von GKV-Spitzenverband, Deutsche Rentenversicherung Bund und Bundesagentur für Arbeit zur Statusfeststellung von Erwerbstätigen (dort Nr. 5) vom 13. April 2010 bestätigt, jedoch um die Feststellung ergänzt, dass dann, wenn eine An-meldung unzutreffend ohne Meldegrund "10" vorgenommen wurde, die korrekte Anmel-dung nachzuholen und das obligatorische Statusfeststellungsverfahren entsprechend einzuleiten ist.

Die Besprechungsergebnisse und Rundschreiben der Spitzenverbände stellen lediglich dachverbandliches, durch Vereinbarungen der Trägerverbände erzeugtes Verwaltungs-binnenrecht zu versicherungszweigübergreifenden Fragen u.a. des Beitragseinzugs und Melderechts, mithin bloße (dachverbandliche) Vereinbarungen über gemeinsam erar-beitete Entscheidungsmaßstäbe dar, die von den Trägerverbänden im eigenen Bereich ohnehin erst noch umgesetzt werden müssen. Sie kommen als Anknüpfungstatbestand für einen eine Selbstbindung auslösenden (administrativen) "Normsetzungs"-Willen schon von daher nicht in Betracht (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2013 – B 12 R 2/11 R –, juris). Besprechungsergebnisse und Rundschreiben der Spitzenverbände können somit gesetzliche Pflichten nicht derogieren. Die Vereinbarung abweichender (hier: ein¬geschränkter) Entscheidungszuständigkeiten ist mangels gesetzlicher Öff-nungsklausel in § 7a SGB IV mit höherem Recht unvereinbar (Berchtold, in: Knickrehm/ Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, SGB IV § 7 Rn.).

b. Unabhängig hiervon hätte die Beklagte – entsprechend der o.g. Ergänzung im Ge-meinsamen Rundschreiben vom 13. April 2010 – im vorliegenden Fall ein obligatori-sches Statusfeststellungsverfahren einleiten müssen, weil die (An-)Meldung der Beige-ladenen zu 2) unzutreffenderweise nicht den Meldegrund "10" enthielt und sie dies wusste. Zu Recht ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass nach dem von den Beigeladenen zu 1) und 2) bzw. der a AG als ihrer Bevollmächtigten erweckten Ein-druck das Vertragsverhältnis zwischen diesen Beigeladenen ab dem 1. März 2013 neu strukturiert werden sollte, was einer Neubegründung des Beschäftigungsverhältnisses gleichsteht. Auf die zutreffenden und überzeugenden Ausführungen des Sozialgerichts sei an dieser Stelle gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen. Zu ergänzen bleibt, dass die Beklagte im angefochtenen Bescheid ebenfalls von einem "Beginn der Tätigkeit [am] 01.03.2013" ausgeht. Anders ließe sich auch nicht erklären, dass sie, obwohl der An-trag auf Statusfeststellung zeitlich keine Einschränkung enthielt, die Versicherungs-pflicht nicht schon ab dem Beginn der Mitgliedschaft des Beigeladenen zu 1) geprüft hat.

II. Der Verstoß gegen die sachliche (Allein-)Zuständigkeit der Klägerin führt zur Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 26. März 2013. Hat die sachlich unzuständige Be-hörde über einen Antrag entschieden, führt allein dies schon zur Rechtswidrigkeit des erlassenen Bescheids. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus § 42 Satz 1 SGB X, wo-nach allenfalls die Verletzung von Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit unbeacht-lich sein kann. Da der Mangel der sachlichen Unzuständigkeit auch nicht nach § 41 SGB X unbeachtlich ist, führt er unmittelbar zur Rechtswidrigkeit der streitgegenständli-chen Bescheide (BSG, Urteile vom 03. September 1998 – B 12 KR 23/97 R – und vom 11. Dezember 1987 – 12 RK 22/86 –, juris, jeweils m.w.N.; Senat, Urteil vom 15. De-zember 2015 – L 9 KR 132/13 –, juris).

III. Die aus der fehlenden Zuständigkeit der Beklagten resultierende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids verletzt die Klägerin in eigenen Rechten.

1. (Auch) eine verwaltungsverfahrensrechtliche Regelung kann der durch sie begünstig-ten Behörde ein subjektives öffentliches Recht einräumen. Von solcher Qualität ist eine Verfahrensvorschrift aber nur dann, wenn sie nicht nur der Ordnung des Verfahrensab-laufs – insbesondere einer umfassenden Information der Behörde – dient, sondern ihr in spezifischer Weise und unabhängig vom materiellen Recht eine eigene, selbständig durchsetzbare verfahrensrechtliche Rechtsposition gewähren will, sei es im Sinne eines Anspruchs auf die ordnungsgemäße Beteiligung an einem (anderweitig) eingeleiteten Verwaltungsverfahren, sei es im Sinne eines Anspruchs auf die Durchführung eines bestimmten Verwaltungsverfahrens überhaupt. Die Frage, ob eine solche verfahrens-rechtliche Rechtsposition im Rahmen einer konkreten gesetzlichen Regelung anzu-nehmen ist, beantwortet sich dabei nicht nach der Art und Beschaffenheit desjenigen materiellen Rechts, auf das sich das vorgeschriebene Verwaltungsverfahren bezieht, sondern allein nach der Zielrichtung und dem Schutzzweck der Verfahrensvorschrift selbst. Aus ihrem Regelungsgehalt muss sich ergeben, dass die Regelung des Verwal-tungsverfahrens mit einer eigenen Schutzfunktion ausgestattet ist, und zwar in der Wei-se, dass die begünstigte Behörde allein unter Berufung auf einen sie betreffenden Ver-fahrensmangel, d.h. ohne Rücksicht auf die Entscheidung in der Sache, die Aufhebung bzw. den Erlass einer verfahrensrechtlich gebotenen behördlichen Entscheidung ge-richtlich soll durchsetzen können (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Dezember 1988 – 4 C 40/86 –, vom 22. Juni 1979 – 4 C 40.75 –, vom 11. Dezember 1978 – 4 C 13.78 – und vom 14. Dezember 1973 – IV C 50.71 –; SG Berlin, Urteil vom 09. Oktober 2015 – S 211 KR 692/14 –; jeweils juris).

2. Eine solche Zielrichtung lässt sich auch § 7a Abs. 1 Satz 2, 3 SGB IV entnehmen.

a. Der Gesetzgeber hat den Einzugsstellen die nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV grundsätzlich bestehende Zuständigkeit für die Entscheidung über die Versicherungs-pflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Ar-beitsförderung in den Fällen des § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV bewusst entzogen und auf die Klägerin übertragen. Den o.g. Gesetzesbegründungen, die durch die Antwort der Bundesregierung vom 13. April 2005 auf eine Kleine Anfrage bestätigt wird (BT-Drs. 15/5251, S. 5) lässt sich entnehmen, dass der Gesetzgeber – auch aus Gründen der Verwaltungsökonomie – eine Verfahrenskonzentration bei der Klägerin für bestimmte näher eingegrenzte Personengruppen beabsichtigte, um Entscheidungen nach einheit-lichen Kriterien herbeizuführen, die auch die Arbeitsverwaltung nach § 336 SGB III bin-den sollten (Knospe, in: Hauck/Noftz, SGB IV, § 7a Rd. 22; Rittweger, in: Rolfs/Giesen/ Kreike¬bohm/Udsching, Beck’scher Online Kommentar Sozialrecht, Stand 1. September 2017, SGB IV § 7a Rn. 19; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 04. Dezember 2012 – L 11 R 44/11 –, juris). Damit übereinstimmend sehen auch die Spitzenverbände der Sozialversicherung (Gemeinsames Rundschreiben von GKV-Spitzenverband, Deutsche Rentenversicherung Bund und Bundesagentur für Arbeit zur Statusfeststellung von Er-werbstätigen vom 13. April 2010, Nr. 2) in "diesem Verfahren [ ] eine schnelle und un-komplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage", durch das "divergierende Ent-scheidungen unterschiedlicher Versicherungsträger [ ] vermieden" würden. Die ge-setzliche Zuständigkeitskonzentration ist damit einer behördlichen Verfahrensstand-schaft nicht unähnlich, bei der ein Sozialversicherungsträger durch seine Entschei-dungsbefugnisse (auch) Rechte anderer Behörden wahrnimmt (zum Begriff vgl. Scheid-ler, VBlBw 2006, 224).

Darüber hinaus sollten mit der Überantwortung der Zuständigkeit gerade in diesen Fäl-len präventiv Probleme gelöst werden, die durch eine vom Gesetzgeber angenommene gewisse Befangenheit der Einzugsstelle bei der Statusentscheidung entstehen (vgl. Seewald, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand Juli 2017, § 7a SGB IV, Rn. 3a; SG Berlin, a.a.O.).

b. Die herausgehobene Bedeutung des Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV wird auch daran deutlich, dass der Gesetzgeber hierfür – abweichend etwa zu § 28h Abs. 2 SGB IV – in den Absätzen 2 bis 5 detaillierte Vorgaben zum Verwaltungs-verfahren vorgesehen hat. Auch wenn diese sich im Kern nicht wesentlich von den all-gemeinen Vorschriften zur Durchführung des Verwaltungsverfahrens nach dem SGB X unterscheiden, belegen sie gleichwohl, dass der Gesetzgeber dem Verfahren nach § 7a SGB IV eine zentrale Funktion innerhalb des gegliederten Systems der Sozialversiche-rung zugewiesen hat. Dies rechtfertigt es, dem damit betrauten Sozialversicherungsträ-ger weitergehende Rechte einzuräumen als anderen Behörden.

c. Der Gesetzgeber trägt mit der beschriebenen Verfahrenskonzentration dem Gedan-ken der Richtigkeitsgewähr durch Verfahren (im Wege einer bewussten Zuständigkeits-übertragung auf eine zentrale Stelle) in besonderer Weise Rechnung. Zudem wird die Schutzbedürftigkeit der in § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV Genannten verfahrensrechtlich (im Wege der Zuständigkeitsübertragung auf eine mit Bindungsmacht für alle Sozialversicherungszweige ausgestatteten Stelle) abgesichert. Dieser besonderen Verfahrensgestaltung entspricht es, dass der Gesetzgeber der Klägerin auch eine eigene verfahrensrechtliche Rechtsposition einräumen wollte, mit der sie Kompetenzüberschreitungen der Einzugsstelle selbständig angreifen und eine zentrale eigene Entscheidung durchsetzen kann (SG Berlin, a.a.O.).

d. Dieses Ziel lässt sich nur dann erreichen, wenn dem Sozialversicherungsträger, bei dem diese Kompetenzbündelung erfolgt, durch eine eigene Klagebefugnis bei (bewuss-ten) Kompetenzverstößen ein wirkungsvolles Instrument an die Hand gegeben wird. Eine anderweitige, ebenso effektive Lösung zur Vermeidung von (bewussten) Kompe-tenzverstößen ist nicht ersichtlich. Aufsichtsrechtliche Eingriffe könnten nur nachträglich erfolgen und die Bestandskraft von entsprechenden Bescheiden nicht verhindern.

Dass dieses Ergebnis sachgerecht ist, belegen Missbrauchsfälle der vorliegenden Art, Hier hat sich das o.g. Risiko einer befangenen Einzugsstelle, die um der bloßen Erhö-hung ihrer Mitgliederzahlen vorsätzlich Rechtsverstöße in Kauf nimmt, in besorgniser-regender Weise realisiert. Ohne ein der Klägerin eingeräumtes subjektives Recht, Be-scheide der Einzugsstellen allein wegen einer Kompetenzverletzung anfechten zu kön-nen, könnten die Zielsetzungen von § 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV bei der derzeitigen Ge-setzeslage nach dem von der a AG beschrittenen Weg leicht unterlaufen werden.

e. Im Übrigen ist eine nur auf einer Kompetenzverletzung beruhende Anfechtungsbe-fugnis dem deutschen Recht nicht fremd. So wurde einer Gemeinde eine Klagebefugnis auch wegen Verletzung ihrer Zuständigkeit nach dem bayerischen Gesetz über Zustän-digkeiten im Straßenverkehr zugebilligt (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 13. August 2001 – 11 B 98.1058 –, juris).

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1 bis 3 sowie 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und entspricht dem Er-gebnis des Rechtsstreites.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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