L 1 KR 295/14 KL

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 295/14 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 2/18 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Veräußert ein pharmazeutisches Unternehmen die Vertriebsrechte an einem Arzneimittel, liegt im Rechtsstreit auf Aufhebung eines Schiedsspruches nach § 130b Abs. 4 SGB V ein Fall gesetzlicher Prozessstandschaft nach § 265 Abs. 2 ZPO vor.

Ein Schiedsspruch nach § 130b Abs. 4 SGB V ist aufzuheben, wenn der ihm zu Grunde liegende Nutzenbewertungsbeschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 35a Abs. 3 SGB V rechtswidrig ist.

Zu den Anforderungen an einen Nutzenbewertungsbeschluss nach § 35a Abs. 3 SGB V.
Der Schiedsspruch der Beklagten vom 24. Juni 2014, ausgefertigt am 10. Juli 2014, wird aufgehoben. Die Beklagte, der Beigeladene zu 1) und der Beigeladene zu 3) haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst zu tragen haben. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen und wendet sich gegen einen Schiedsspruch der Beklagten, der Gemeinsamen Schiedsstelle nach § 130b Abs. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).

Sie brachte am 1. Mai 2013 das Arzneimittel Constella® 290 mg Hartkapseln mit dem Wirkstoff Linaclotid in Deutschland in den Verkehr.

Constella® ist gemäß Ziffer 4.1 der Fachinformation zugelassen zur symptomatischen Behandlung des mittelschweren bis schweren Reizdarmsyndroms bei Obstipation (RDS O) bei Erwachsenen.

Das RDS O ist eine funktionelle Darmerkrankung. Es ist eine der häufigsten gastroenterologischen Erkrankungen mit einer geschätzten Prävalenz in den westlichen Industrieländern von bis zu 20 %. Es äußert sich in abdominalen Schmerzen, Änderung der Stuhlkonsistenz in Form der Obstipation, Krämpfen sowie Blähungen. Linaclotid ist als Guanylat-Zyklase-C-Rezeptoragonist das erste spezifische Arzneimittel, welches für die Dauertherapie zugelassen ist und eine Behandlung aller Symptome des RDS O (Schmerzen, Obstipation, Krämpfe und Blähungen) ermöglichen soll.

Bereits vor der Zulassung hatte die Klägerin mit Schreiben vom 23. Juli 2012 beim Beigeladenen zu 3), dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA), eine Beratung nach § 8 der Verordnung über die Nutzenbewertung von Arzneimitteln nach § 35a Absatz 1 SGB V für Erstattungsvereinbarungen nach § 130b SGB V (Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung - AM-NutzenV vom 28. Dezember 2010 [BGBl. I S. 2324]) unter anderem zur Frage der zweckmäßigen Vergleichstherapie angefordert. Dessen Unterausschuss Arzneimittel hat in seiner Sitzung am 11. September 2012 die zweckmäßige Vergleichstherapie festgelegt. Das Beratungsgespräch fand am 13. September 2012 statt.

Mit Schreiben vom 28. September 2012 übersandte der Beigeladene zu 3) der Klägerin die Niederschrift. Auf die Frage der Klägerin, die Psychotherapie erfülle doch am besten alle Anforderungen an die Vergleichstherapie für die Nutzenbewertung von Linaclotid, antwortete der Beigeladene zu 3), die zweckmäßige Vergleichstherapie zur Behandlung des moderaten bis schweren Reizdarmsyndroms mit Obstipation bei Erwachsenen sei die Ernährungsumstellung entsprechend ärztlicher Beratung sowie die symptomorientierte Behandlung (Obstipation, Blähungen, Krämpfe, Schmerzen). Ernährungsbezogene Maßnahmen sollten an erster Stelle stehen. Auf die Frage nach der Erbringbarkeit der ärztlichen Beratung zur Ernährungsumstellung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung führte die Geschäftsstelle des Beigeladenen zu 3) aus, dass die entsprechende ärztliche Beratung über die Gebührenordnung abgerechnet werden könne und dass die Beratung konkret die Therapie der Erkrankung durch Ernährungsumstellung betreffe. Auf den Vorhalt der Klägerin, dass eine Ernährungsberatung bei den vom Anwendungsbereich umfassten Patienten mit moderatem bis schweren Reizdarmsyndrom üblicherweise bereits erfolgt sei und zu keiner ausreichenden Symptomkontrolle geführt habe, wies die Geschäftsstelle des Beigeladenen zu 3) darauf hin, dass dies aus dem Wortlaut des Anwendungsgebietes nicht hervorgehe. Möglich wäre dies z. B. durch die Einschränkung auf Patienten gewesen, bei denen durch Ernährungsumstellung keine ausreichende Symptomkontrolle erreicht worden sei. Zur Frage der Psychotherapie als zweckmäßiger Vergleichstherapie erläuterte die Geschäftsstelle des Beigeladenen zu 3) laut Niederschrift, Psychotherapie komme hier nicht als zweckmäßige Vergleichstherapie für das Anwendungsgebiet in Betracht, da hier zwar die symptomatische Behandlung, nicht aber die Beteiligung psychischer Faktoren genannt sei und somit die Beteiligung psychischer Faktoren nicht ohne zusätzliche Information als gegeben angenommen werden könne. Es sei also nicht gewährleistet, dass beim RDS O regelmäßig eine seelische Krankheit vorliege oder dass die ursächliche Beteiligung psychischer Faktoren am Krankheitsgeschehen patientenindividuell festgestellt werde. Psychische Komorbiditäten seien im angestrebten Anwendungsgebiet nicht genannt.

Der Beigeladene zu 3) beauftragte mit der Bewertung des von der Klägerin eingereichten Dossiers am 2. Mai 2013 das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen IQWiG. Dieses sah in seiner Dossierbewertung vom 30. Juli 2013 einen Zusatznutzen von Linaclotid gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie als nicht belegt an. Es lehnte eine Bewertung der von der Klägerin in ihrem Dossier eingeschlossenen drei Studien ab, weil in diesen die zweckmäßige Vergleichstherapie des Beigeladenen zu 3) nicht umgesetzt worden sei. Für alle drei Studien gelte, dass aus den Studienunterlagen nicht hervorgehe, dass eine Ernährungsberatung und eine ggf. daraus resultierende Ernährungsumstellung erfolgt seien. Im Übrigen bleibe unklar, ob die symptomorientierte Behandlung erlaubt, ausreichend und flexibel sei. Darüber hinaus seien die Behandlungsphasen in zwei Studien mit einer Dauer von zwölf Wochen zu kurz gewesen. Das IQWiG berechnete auf Basis der erstattungsfähigen Elemente der symptomorientierten Behandlung in Ziffer 3.2 seines Bewertungsberichtes die Jahrestherapiekosten. Es sei davon auszugehen, dass die Kosten der Psychotherapie nur für einen Teil der Patienten anfielen, welche die Klägerin in ihrem Dossier ursprünglich ausgewiesen habe. Die Klägerin war in ihrem Dossier davon ausgegangen, dass bis zu 20 % der Patienten von Psychotherapie profitierten.

Am 9. September 2013 fand die gemäß § 35a Abs. 3 Satz 2 SGB V vorgesehene Anhörung beim Beigeladenen zu 3) statt. Der Beigeladene zu 3) stellte mit Beschluss vom 17. Oktober 2013 über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM RL Anlage XII – Beschlüsse über die Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35 a SGB V – Linaclotid, Stand vom 17. Oktober 2013 [BAnz AT 12.11.2013 B 5]) fest, dass ein Zusatznutzen von Linaclotid gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie nicht belegt sei. Zweckmäßige Vergleichstherapie sei die Ernährungsumstellung entsprechend ärztlicher Beratung sowie symptomorientierte Behandlung (Obstipation, Blähungen, Krämpfe, Schmerzen). Die Therapiekosten lägen pro Patient für Linaclotid bei 1.044,71 Euro jährlich (Ziffer 4 des Beschlusses). Für die zweckmäßige Vergleichstherapie fielen nur 333,83 Euro an, die Kosten für eine Behandlung mit Mebeverin. Der Beigeladene zu 3) schloss sich dabei im Wesentlichen der Argumentation des IQWiG an und teilte dessen Auffassung, dass alle drei von der Klägerin eingeschlossenen Studien die zweckmäßige Vergleichstherapie nicht umsetzten. Den Studienteilnehmern sei eine Adaption der symptomorientierten Therapie an ihre individuelle Krankheitssituation nicht möglich gewesen. Die Verfügbarkeit aller Therapieoptionen und deren situationsgerechte Adaption seien in Anbetracht des Krankheitsschweregrade und der typischen fluktuierenden Verläufe zwingend erforderlich. Die Komponente einer symptomorientierten Behandlung werde damit nicht adäquat umgesetzt. Auch werde in den genannten Studien keine Aussagen dazu getroffen, ob und inwieweit die eingeschlossenen Patienten eine Ernährungsumstellung entsprechend ärztlicher Beratung erhalten hätten. Darüber hinaus seien in zwei Studien die Behandlungsphasen mit einer Dauer von zwölf Wochen für die Bewertung des Zusatznutzens von Linaclotid zu kurz.

Ab dem 13. November 2013 verhandelten die Klägerin und der Beigeladene zu 1) (GKV Spitzenverband) über einen Erstattungsbetrag nach § 130b Abs. 1 SGB V.

Der Beigeladene zu 3) erließ am 23. Januar 2014 einen Änderungsbeschluss und hob die Jahrestherapiekosten von Mebeverin auf 356,75 Euro an, da ein Generikarabatt nicht anfalle.

Die letzte -fünfte- Verhandlung fand am 27. März 2014 statt. Die Verhandlungsparteien konnten sich nicht auf einen angemessenen Erstattungsbetrag im Sinne des § 130b Abs. 3 SGB V einigen. Sie vereinbarten, die Beklagte zum Ende der Verhandlungsfrist (17. April 2014) anzurufen.

Mit Schreiben vom 17. April 2014 bat der Beigeladene zu 1) hierzu die Beklagte um Festsetzung des Vertragsinhaltes für das Arzneimittel Constella® (Wirkstoff: Linaclotid). Die Parteien hatten sich im Interesse, das Schiedsverfahren auf wesentliche Punkte zu beschränken, über den Vertragsinhalt mit Ausnahme des konkreten Erstattungsbetrages verständigt. Dem Antrag war ein von beiden Seiten als konzertiert bzw. dissent gezeichneter Vertragsentwurf beigefügt.

Die Klägerin stellte zum 1. Mai 2014 den Vertrieb von Constella® in Deutschland ein.

Die Schiedsstellenverhandlung fand am 24. Juni 2014 statt.

Der Beklagte setzte – im Ergebnis den Anträgen des Beigeladenen zu 1) folgend – mit dem streitgegenständlichen Schiedsspruch vom 24. Juni 2014, ausgefertigt am 10. Juli 2014, einen Erstattungsbetrag je tägliche Erhaltungsdosis ab dem 1. Mai 2014 in Höhe von 0,6286 Euro fest. Bezogen auf die Packungsgrößen ergibt dies statt einem Listenpreis von 70,00 Euro (28 Tabletten-Packung) einen Erstattungsbetrag von 17,60 Euro und damit einen Rabatt von 52,40 Euro. Bei der Packungsgröße 90 Tabletten beträgt er bei einem Listenpreis 225,00 Euro und einem Erstattungsbetrag von 56,57 Euro einen Rabatt von 168,43 Euro.

Die Klägerin hat hiergegen am 7. August 2014 Klage erhoben.

Das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) der European Medicines Agency (EMA) veröffentlichte am 25. September 2014 eine Richtlinie für die Prüfung von Arzneimitteln zur Behandlung des Reizdarmsyndroms.

Mit Wirkung der Übertragung der Zulassung durch die EMA am 22. Februar 2016 hat die Konzernmutter der Beigeladenen zu 4), die AP Limited, I, die Vertriebsrechte und die Rechte an der Zulassung für den Wirkstoff Linaclotid von der Konzernmutter der Klägerin, der A S. A., S, erworben. Die Vertriebsrechte werden nunmehr von der Beigeladenen zu 4) wahrgenommen. Am 10. Juli 2016 haben der Beigeladene zu 1) sowie die Klägerin und die Beigeladene zu 4) deshalb einen "Vertrag zur Übertragung einer festgesetzten Vereinbarung nach § 130b SGB V" abgeschlossen.

Seit 1. April 2016 ist eines der etwaigen Arzneimittel der Vergleichstherapie, das Arzneimittel Vagantin® als "nicht verkehrsfähig" gelistet. Das Nachfolgepräparat "Vagantin® Riemser 50 mg" ist neu zugelassen (nur) für die Indikation Hyperhidrosis axillaris (unnatürlich gesteigerte Schweißbildung in den Achselhöhlen).

Die Beigeladene zu 4) hat die Klägerin mit Schreiben vom 13. Februar 2017 ermächtigt, den hiesigen Rechtsstreit im eigenen Namen weiterzuführen, auch soweit Rechte der Beigeladenen zu 4) nach der Übernahme betroffen sind.

Im Erörterungstermin am 6. März 2017 hat der Beigeladene zu 1) vorsorglich einem Parteiwechsel auf Klägerseite widersprochen.

Mit Verfügung vom 20. April 2017 hat der Senat den Beteiligten aufgegeben, abschließend binnen sechs Wochen vorzutragen und – soweit angedacht – Tatsachen anzugeben und Beweismittel zu bezeichnen. Es ist der Hinweis erteilt worden, dass Erklärungen und Beweismittel nach Maßgabe des § 106a Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückgewiesen werden können und ohne weitere Ermittlungen entschieden werden kann, wenn Erklärungen und Beweismittel verspätet vorgebracht werden. Mit Verfügung vom 6. Juni 2017 ist die Frist bis 22. Juni 2017 verlängert worden. Zur Begründung führt die Klägerin aus, statthafte Klageart gegen den Schiedsspruch der Beklagten sei die Anfechtungsklage. Beim Schiedsspruch handele es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Der erste Hilfsantrag werde allein vorsorglich für den Fall gestellt, dass der Senat wider Erwartens davon ausgehen sollte, statthafte Klageart sei die Verpflichtungsklage in Form einer Bescheidungsklage. Der zweite Hilfsantrag werde gestellt, sofern der Senat zu der Auffassung gelangen sollte, dass die Klägerin nicht berechtigt sei, den Prozess im Wege der Prozessstandschaft fortzuführen. In diesem Falle wäre die Anfechtungsklage als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft. Der Rechtsstreit hätte sich durch die Übertragung der Zulassung auf die Beigeladene zu 4) erledigt. Ein Feststellungsinteresse sei gegeben, da die Klägerin aufgrund der mit dem Beigeladenen zu 1) geschlossenen Überleitungsvereinbarung bis zum 22. Februar 2016 für alle Rechte und Pflichten aus der § 130b SGB V Vereinbarung verantwortlich sei. Die Voraussetzungen für eine gesetzliche Prozessstandschaft lägen allerdings vor. Streitbefangen sei der auf der Zulassung von Constella® beruhende Vertrieb dieses Arzneimittels in Deutschland zu dem von der Beklagten festgesetzten Erstattungsbetrag. Die Übertragung der arzneimittelrechtlichen Zulassung auf die Beigeladene zu 4) und die damit verbundene Einräumung der Vertriebsrechte stünden damit als Anknüpfungsobjekt für die Preisbildung im unmittelbaren Zusammenhang mit der hier streitgegenständlichen Erstattungsfrage In der Sache sei der Beschluss des Beigeladenen zu 3) rechtswidrig. Beim Inkrafttreten des AMNOG seien die klinischen Prüfungen für die Zulassung von Constella® bereits am Laufen gewesen. Eine Anpassung des klinischen Prüfkonzepts für Constella® an etwaige Anforderungen des Beigeladenen zu 3) sei der Klägerin unmöglich gewesen. Zum Zeitpunkt der Beratung sei hätten die vom Beigeladenen zu 3) angetragenen Bedingungen nicht mehr berücksichtigt werden können. An die Überprüfung des Beschlusses des Beigeladenen zu 3) gemäß § 35a SGB V dürften nicht die üblichen Anforderungen an die gerichtliche Kontrolldichte, wie bei sonstigen Richtlinienbeschlossen, angewendet werden. Die Nutzenbewertung sei bloß eine gutachterliche Stellungnahme (Bezugnahme auf BT Drucksache 17/2413 Seite 22) ohne zu binden. Dem Beigeladenen zu 3) komme auch kein Beurteilungsspielraum zu, weil es sich bei ihm um ein Selbstverwaltungsgremium mit einer interessenpluralistischen Zusammensetzung handele. Der Beigeladene zu 3) habe die zweckmäßige Vergleichstherapie unrichtig bestimmt. Dieser habe bereits keine vollständige Übersicht über die zugelassenen Arzneimittel im Anwendungsgebiet "Reizdarmsyndrom" gewonnen. Er habe sich nämlich auf eine Abfrage im Arzneimittel-Informationssystem (AMIS) auf das Schlagwort "Reizdarmsyndrom" beschränkt. Der ICD 10-Code verwende hingegen die Synonyme Coloneritabile, eritables Kolon und Reizkolon. Mit Abfrage auch dieser Synonyme werfe die Amis Datenbank weitere Arzneimittel. Da der Beschluss des Beigeladenen zu 3) als zweckmäßige Vergleichstherapie auch Arzneimittel berücksichtige, die zur symptomatischen Therapie von Obstipation, Blähungen, Krämpfen und Schmerzen zugelassen seien, hätten auch die Arzneimittel gesucht werden müssen, welche zwar keine Zulassung zur Behandlung des RDS O, jedoch zur Behandlung des Symptoms hätten. Der Beigeladene zu 3) habe sich in den tragenden Gründen ausdrücklich nur mit trizyklischen Antidepressiva (TZA) wie Amitriptylin und Imipramin befasst. Er habe ausgeführt, dass eine Anwendung dieser Wirkstoffgruppe beim Reizdarmsyndrom vom Obstipationstyp nicht empfohlen sei, ohne die Evidenz dieser Annahme darzulegen. Die Begründung stehe im Widerspruch zur Nutzenbewertung des IQWiG und der Einschätzung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Wissenschaftlicher Fachausschuss der Bundesärztekammer (AkdÄ). Die AkdÄ habe in ihrer Stellungnahme zur Nutzenbewertung ausgeführt, Metaanalysen belegten die Wirksamkeit von SSRI und TZA bei RDS mit Schmerzen und psychischer Komorbidität. Auch die deutschen S3 Leitlinie zur RDS (S3 Leitlinie Reizdarmsyndrom: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Therapie. Gemeinsame Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Neurogastroenterologie und Motilität (DGM), AWMV Registrierungsnummer: 021/016, published online Z Gastroenterol 2011; 49: 237–293; Anlage K16, Kopie GA Bl. 303 ff) belege die Wirksamkeit von TZA bei RDS. Die Auffassung, TZA seien wegen einer anticholinergen Wirkkomponente nicht zu berücksichtigen, sei nicht nachvollziehbar. Unter diesem Gesichtspunkt hätte nämlich auch Mebeverin nicht Bestandteil der zweckmäßigen Vergleichstherapie werden dürfen. Denn bei Mebeverin handele es sich um ein Anticholinergikum. Die unterschiedliche Behandlung von Mebervin und TZA sei sachlich nicht gerechtfertigt. Der Beigeladene zu 3) habe den Sachverhalt zu Mebeverin nicht vollständig ermittelt und sei zu einer nicht widerspruchsfreien Entscheidung gelangt. Ferner habe der Beigeladene zu 3) als nicht nicht medikamentöse Behandlung eine patientenindividuelle Adaption der Verhaltens- und Ernährungsgewohnheiten festgestellt. Wie der Beigeladene zu 3) im Rahmen seiner der Recherche die herangezogenen neun Quellen ermittelt habe, ergebe sich aus seinem Dokument "zur Recherche und Synopse der Evidenz zur Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie nach § 35a SGB V" nicht. Im Übrigen empfehle keine der ausgewählten neun Quellen eine Adaption der Verhaltens- und Ernährungsgewohnheiten. Weder die S3 Leitlinien noch die AkdÄ äußerten sich in diesem Sinne. Die Nutzenbewertung sei nicht auf der Grundlage der internationalen Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin erfolgt. Die Klägerin habe auch keine ergänzenden Unterlagen in der Nutzenbewertung einreichen können, weil sie aufgrund der durch den Beigeladenen zu 3) erfolgten Beratung nicht davon ausgehen habe müssen, dass weitere Unterlagen erforderlich gewesen seien. Dieser habe nicht nachvollziehbar erläutert, weshalb den Studienteilnehmern eine Adaption der symptomatischen Therapie an ihre individuelle Krankheitssituation nicht möglich gewesen sei, und habe deshalb die vorgelegten Studien abgelehnt. Die Anforderungen des Beigeladenen zu 3) stünden diametral im Widerspruch zu den Leitlinien der EMA, das an die Zulassung eines Arzneimittels zur Behandlung des Reizdarmsyndroms eine Reihe von Anforderungen stelle, die sich nicht mit Anforderungen des Beigeladenen zu 3) vereinbaren ließen. Es sei auch nicht so, dass die Patienten in den Studien im Vergleichsarm zu Linaclotid nicht symptomorientiert behandelt worden seien. Vielmehr habe eine Vorbehandlung mit den laut Studienprotokoll erlaubten Arzneimitteln unverändert weiter fortgeführt werden können. Dabei sei Voraussetzung gewesen, dass die Patienten stabil auf diese Behandlung eingestellt gewesen seien. Der Beigeladene zu 3) habe also eine Bewertung der Zulassungsstudien (nur) deshalb nicht durchgeführt, weil es den stabil eingestellten Studienteilnehmern nicht gestattet gewesen war, diese stabile Behandlung während des Verlaufs der Studie anzupassen, obgleich dieses Vorgehen der Klägerin den Leitlinien der EMA für die Zulassung von Arzneimitteln zur Behandlung des Reizdarmsyndroms entsprochen habe. Im Rahmen der Beratung gemäß § 8 AM NutzenV sei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt worden, dass aus Sicht des Beigeladenen zu 3) die Möglichkeit habe bestehen müssen, die symptomorientierte Behandlung während der Studiendauer anzupassen. Über einen solchen wesentlichen Umstand hätte die Klägerin aufgeklärt werden müssen. Die Frage einer symptomorientierten, adaptierten Behandlung der Patienten als zweckmäßige Vergleichstherapie habe sich aus Sicht der Klägerin nicht gestellt. Im Beratungsgespräch am 13. September 2012 habe der Beigeladene zu 3) als zweckmäßige Vergleichstherapie die Ernährungsumstellung entsprechend ärztlicher Beratung sowie die symptomorientierte Behandlung (Obstipation, Blähungen, Krämpfe, Schmerzen) festgesetzt. In der Beratung habe er nicht darauf hingewiesen, dass die symptomorientierte Behandlung in der zweckmäßigen Vergleichstherapie jeweils im Studiensetting hätten jeweils adaptiert werden müssen. Die Klägerin habe aufgrund des Beratungsgespräches vielmehr davon ausgehen müssen, dass ihre Zulassungsstudien die Anforderungen der zweckmäßigen Vergleichstherapie grundsätzlich erfüllten. Denn in der Studie seien die eingeschlossenen Patienten durchaus systemorientiert behandelt. Eine Vorbehandlung durch laut Studienprotokoll erlaubte Arzneimittel habe unverändert weitergeführt werden dürfen. Wie bereits ausgeführt, hätten gemäß den Richtlinien der EMA Begleitmedikamentationen in den Zulassungsstudien eingeschränkt werden sollen. Auch gebe es keinen pharmakologischen Standard zur Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung Reizdarmsyndrom, weshalb eine Placebo kontrollierte Studie als adäquater und ausschlaggebender Nachweis für den Nutzen einer neuen Therapie angesehen werde. Wenn dann im Rahmen dieser Studie die Patienten im Vergleichsarm ihre Vorbehandlung mit erlaubten Arzneimitteln fortführten und zusätzlich Placebo – statt des Veroms Linaclotid – erhielten, lasse sich aus diesen Studien eine Evidenz für die Nutzenbewertung von Linaclotid auch unter Beachtung der im Beratungsgespräch des Beigeladenen zu 3) gemachten Vorgaben generieren. Eine Bewertung der Zulassungsstudien durch den Beigeladenen zu 3) im Rahmen der Nutzenbewertung sei damit zwingend erforderlich gewesen. Der Beigeladene zu 3) habe ferner zwei Zulassungsstudien nicht bewertet, weil die Studien (nur) eine Dauer von zwölf Wochen gehabt hätten, obgleich Constella® für die Langzeitbehandlung von Patienten zugelassen (gewesen) sei. Dieser Zulassung stehe allerdings nicht entgegen, dass das Arzneimittel auch für eine kurzfristige Therapie infrage komme. Auch die EMA unterscheide in ihrer Leitlinie zwischen einer kurzfristigen und einer langfristigen Anwendung von Arzneimitteln zur Behandlung des Reizdarmsyndroms. Die Klägerin habe für das Zulassungsverfahren Studien sowohl für den kurzfristigen als auch für den langfristigen Gebrauch durchgeführt. Der Beigeladene zu 3) hätte deshalb auch die Möglichkeit eines kurzfristigen Gebrauchs von Constella® in Betracht ziehen und prüfen müssen. Gegebenenfalls hätte er im Ergebnis der Nutzenbewertung feststellen können, dass ein Zusatznutzen nur bei einer kurzfristigen Anwendung von bis zu zwölf Wochen gegeben sei. Das Anwendungsgebiet von Constella® gemäß Nr. 4.1 der Fachinformation umfasse auch eine kurzfristige Behandlung. Die Klägerin ist weiter der Auffassung, dass der Beigeladene zu 3) auch die Therapiekosten unter Nr. 4 seines Beschlusses unrichtig ermittelt habe. Ganz offenbar habe sich der Beigeladene zu 3) bei der Darstellung der Kosten auf die Arzneimittel beschränkt, die für die Indikation Reizdarmsyndrom von ihm für die Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie ermittelt worden seien. Diese Recherche sei unvollständig. Die Klägerin habe anhand von Daten des Dienstleistungsunternehmen IMS geprüft, welche Arzneimittel auch zur Behandlung der Symptome in der Indikation RDS O verordnet würden (Bezugnahme auf Anlagen K 18 bis K 21; Obstipation: Wirkstoff Prucaloprid; Blähungen: Probiotika; Krämpfe: Wirkstoff Methantheliniumbromid und Schlafmohn). Diese seien zum Teil zwar nicht verschreibungs-, aber apothekenpflichtig und würden (von Vertragsärzten) verordnet. Damit entstünden der gesetzlichen Krankenversicherung Kosten. Dass die nicht erstattungsfähigen Arzneimittel (OTC Arzneimittel) nicht dargestellt und berücksichtigt seien, sei vor dem Hintergrund der Eingriffsintensität in Art. 12 GG nicht zu rechtfertigen. Der Beigeladene zu 3) verlange einerseits, dass die Klägerin den Zusatznutzen auch gegenüber einer Therapie mit nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aufzeige. Andererseits sei er jedoch der Auffassung, dass die Kosten der nichterstattungsfähigen Therapie bei der Findung des Erstattungsbetrages keine Rolle spielen solle. Dies führe zu einem unauflösbaren Wertungswiderspruch. Es sei von Verfassungs wegen nicht hinnehmbar, wenn in einem ersten Verfahrensschritt der Nutzenbewertung – verlangt werde, den Zusatznutzen gegenüber nicht erstattungsfähigen Therapien nachzuweisen und dann im zweiten Verfahrensschritt – den Erstattungsbetragsverhandlungen – die Kosten der nicht erstattungsfähigen Therapien unberücksichtigt zu lassen. Vagantin sei ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel, welches als Spasmolytikum für das Reizkolon zugelassen sei. Für das Symptom Schmerzen seien TZA zugelassen. Mit dem Einsatz von SSRI habe sich der Beigeladene zu 3) nicht befasst, dabei würden diese für die Behandlung von RDS O in den S3 Leitlinien ausdrücklich empfohlen und auch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet. Der Beigeladene zu 3) habe die Klägerin unzureichend beraten. Diese habe in ihrer "Frage 1 der Beratungsanforderungen" die Auffassung vertreten, dass die Psychotherapie unter evidenzbasierter Betrachtung am besten alle Anforderungen an die Vergleichstherapie für die Nutzenbewertung von Linaclotid erfülle. Diese Auffassung habe sie aus den Therapieempfehlungen der relevanten Leitlinien abgeleitet. Das IQWiG habe in seiner Nutzenbewertung die Kurz- und Langzeitpsychotherapie im Rahmen der zweckmäßigen Vergleichstherapie berücksichtigt. Der Beigeladene zu 3) habe hingegen die Kosten der Psychotherapie nicht aufgeführt, obwohl die S3 Leitlinie die Aussage enthalte, dass psychotherapeutische Verfahren zur Therapie des RDS effektiv seien und in das Therapiekonzept integriert werden sollten. Für Patienten mit psychischer Komorbidität sei die Psychotherapie eine anerkannte Therapie. Sofern die Ernährungsumstellung nach ärztlicher Beratung als Teil der zweckmäßigen Vergleichstherapie angesehen werde, seien dann auch die Kosten der daraus resultierenden Ernährungstherapie nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 SGB V darzustellen. Danach sei eine Kostenerstattung möglich, sofern eine medizinische Indikation vorliege. Die medizinische Indikation sei hier das Reizdarmsyndrom. Die Krankenkassen genehmigten regelmäßig fünf bis sechs ernährungstherapeutische Beratungen. Auch die Kosten einer Psychotherapie hätten berücksichtigt werden müssen. Selbst wenn die Psychotherapie beim RDS O nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringbar sei, müssten die Kosten bereits deshalb berücksichtigt werden, weil § 35a SGB V und die AM NutzenV bei der Definition der zweckmäßigen Vergleichstherapie nicht zwischen einer Arzneimittelanwendung und einer nicht medikamentösen Behandlung unterschieden. Erst der Beigeladene zu 3) treffe eine solche Unterscheidung in § 6 Abs. 3 5. Kapitel seiner Verfahrensordnung. Soweit danach als Vergleichstherapie eine nicht-medikamentöse Behandlung in Betracht komme, müsse diese im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erbringbar sein. Diese Unterscheidung werde jedenfalls der grundrechtlich geschützten Position der Klägerin nicht gerecht. Die Klägerin ist weiter der Auffassung, dass die Entscheidung der Schiedsstelle von unzutreffenden rechtlichen Grundlagen ausgehe und in sich widersprüchlich sei. Fehlerhaft gehe der Schiedsspruch davon aus, dass auch die Klägerin, soweit sie eine Vereinbarung gemäß § 130b SGB V mit dem Beigeladenen zu 1) zu treffen habe, der Bindungswirkung des Beschlusses des Beigeladenen zu 3) nach § 91 Abs. 6 SGB V unterliege. Eine Erstreckung käme allerdings nur in Betracht, wenn es sich bei der Klägerin um eine Leistungserbringerin handeln würde. Dies sei abzulehnen. Hierfür spreche auch, dass die Beschlüsse des Beigeladenen zu 3) als unselbständige Handlungen nach § 35a Abs. 8 SGB V nicht selbständig angreifbar seien, sondern erst im Rahmen der abschließenden Entscheidung über die Erstattung des Arzneimittels. Ein solcher Ausschluss des Rechtsschutzes, der ohnehin verfassungsrechtlich problematisch sei, lasse sich in keinem Fall rechtfertigen, sofern dem Beschluss des Beigeladenen zu 3) eine bindende Wirkung zukomme. Nach Auffassung der Klägerin leide der Schiedsspruch an einem erheblichen Begründungsmangel, weil er sich insbesondere nicht mit den Fehlern im Beschluss des GBA auseinandergesetzt habe. Ausgehend von der Prämisse, dass die Vertragsparteien den Verhandlungen die in den tragenden Gründen zum Beschluss des Beigeladenen zu 3) nicht berücksichtigten Faktoren zugrunde legen könnten, hätte die Beklagte sich mit diesen Faktoren eingehend auseinandersetzen müssen. Insgesamt liege ein verfassungswidriger Eingriff in Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) sowie Art. 14 Abs. 1 GG vor. Mit dem 14. SGB Änderungsgesetz sei § 78 Abs. 3 a Arzneimittelgesetz (AMG) in das AMG eingefügt worden. Die neue Regelung führe dazu, dass die Klägerin für den Vertrieb von Constella® vor die Wahl gestellt worden sei, entweder das Arzneimittel zum Erstattungsbetrag in Deutschland zu vertreiben oder aus dem Markt zu nehmen. Hingegen sei es ihr nicht möglich, Constella® zu einem nicht erstattungsfähigen bzw. nur teilweise erstattungsfähigen Preis zu vertreiben. Diese Einschränkungen der Vertriebsmöglichkeit stelle einen unzulässigen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit und in das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum dar. Mit dem Erstattungsbetrag sei ein Zwangsrabatt in Höhe von nahezu ¾ verbunden. Ein wirtschaftlicher Vertrieb eines innovativen Arzneimittels sei damit weder in Deutschland noch innerhalb der Europäischen Union möglich. Die Klägerin beantragt,

1. den Schiedsspruch der Beklagten vom 24. Juni 2014, ausgefertigt am 10. Juli 2014, aufzuheben,

2. hilfsweise, die Beklagte unter Aufhebung ihres Schiedsspruches zu verpflichten, über die Schiedsanträge der Klägerin und des Beigeladenen zu 1) gemäß § 13 ihrer Geschäftsordnung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,

3. weiter hilfsweise festzustellen, dass der Schiedsspruch der Beklagten vom 24. Juni 2014, ausgefertigt am 10. Juli 2014, sie in ihren Rechten verletzt hat,

4. weiter hilfsweise festzustellen, dass der pharmazeutische Unternehmer des Fertigarzneimittels Constella® mit dem Wirkstoff Linaclotid berechtigt ist, dieses Arzneimittel zu einem Abgabepreis oberhalb des Erstattungsbetrages abzugeben.

Die Beklagte stellt keinen Antrag.

Sie hat vorgetragen, sie könne zu den Ausführungen der Klägerin zur Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Beigeladenen zu 3) nicht Stellung nehmen. Dies sei ihr nach § 35a Abs. 8 SGB V verwehrt. Die Bindungswirkung des Beschlusses gemäß § 91 Abs. 6 SGB V gelte auch für pharmazeutische Unternehmer, die eine Vereinbarung nach § 130b SGB V geschlossen hätten. Sie seien zwar keine Leistungserbringer im Sinne des § 69 SGB V. § 69 Abs. 2 Satz 3 SGB V räume aber Entscheidungen des GBA, zu denen er gesetzlich verpflichtet sei, im Verhältnis zum pharmazeutischen Unternehmer eine Sonderstellung ein. Außerdem seien die Beschlüsse Teil der Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V, § 35a Abs. 3 Satz 6 SGB V. Sie sei überzeugt, dass der Beigeladene zu 3) bei der Darstellung der Jahrestherapiekosten für die zweckmäßige Vergleichstherapie keine Lücken für einen Interpretationsspielraum gelassen habe, sondern alles Erforderliche geregelt habe. Auch ein Begründungsmangel liege nicht vor. Die Klägerin verkenne auch den Regelungsgehalt des § 78 Abs. 3 a AMG. Alle neuen und innovativen Arzneimittel stünden auch nach der Markteinführung sofort zur Verfügung. Im ersten Jahr der Markteinführung könne der pharmazeutische Unternehmer sein Produkt zu dem von ihm geforderten Preis vermarkten und unterliege keinen Beschränkungen. Erst ab dem 13. Monat nach dem erstmaligen Inverkehrbringen eines neuen Arzneimittels gelte die begrenzende Regelung. Dabei überlasse es der Gesetzgeber dem pharmazeutischen Unternehmer, ob er einen Erstattungsbetrag nach § 130b Abs. 1 SGB V aushandele, der sich für ihn wirtschaftlich trage oder ob er es aus unternehmerischen Gründen für zweckmäßiger halte, das Arzneimittel aus dem Verkehr zu nehmen. Auf dieser sehr großzügigen Lösung baue § 78 Abs. 3a AMG auf. Der pharmazeutische Unternehmer, der sich dafür entschieden habe, das Arzneimittel nicht aus dem Verkehr zu nehmen, sei dann verpflichtet, das Arzneimittel zu dem entweder mit dem Beigeladenen zu 1) vereinbarten oder durch die Schiedsstelle festgesetzten Erstattungsbetrag abzugeben. Die Norm stelle damit lediglich eine Klarstellung dar, welcher Begriff des Erstattungsbetrages als Grundlage für die Abrechnung gelte (Bezugnahme auf BT Drucksache 18/606 Seite 14 f). Deshalb liege kein zu prüfender Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit bzw. in Art. 14 Abs. 1 GG vor.

Der Beigeladene zu 1) beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, mittlerweile könne die Klägerin keine eigenen Rechte mehr aus dem Schiedsspruch geltend machen. Insbesondere habe sie auch keine Nacherstattungsansprüche, falls das Gericht den Schiedsspruch aufheben sollte. Von diesem sei gegenwärtig alleine die Beigeladene zu 4) betroffen. Die Voraussetzungen für eine gewillkürte Prozessstandschaft lägen nicht vor. Dazu sei nämlich Voraussetzung, dass die Klägerin ein eigenes Rechtsschutzbedürfnis habe. In Betracht käme allenfalls eine gesetzliche Prozessstandschaft nach § 202 SGG i. V. m. §§ 265, 325 Zivilprozessordnung (ZPO). Die subjektive Rechtskrafterstreckung müsse aber unzweifelhaft klar sein. Der Schiedsspruch sei ein Verwaltungsakt nach § 31 Satz 1 SGB X und keine Allgemeinverfügung. Denn als Verwaltungsakt wirke er unmittelbar nur gegenüber den Vertragsparteien. Die Erstreckung des Erstattungsbetrages auf dritte pharmazeutische Unternehmer sei deshalb ausdrücklich in § 130b Abs. 3a SGB V geregelt. Die Klägerin sei als pharmazeutisches Unternehmen Leistungserbringerin im Sinne des § 69 SGB V, weil der Begriff des Leistungserbringers weit auszulegen sei. Er erfasse nicht nur die Personen, die in unmittelbarem Kontakt zu dem Versicherten stehen, sondern alle, die in das Leistungsgeschehen einbezogen seien (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 17. September 2013 – B 1 KR 54/12 R Rdnr. 19: Systembeteiligte). An den Nutzenbewertungsbeschluss sei die Beklagte genauso gebunden wie die Vertragsparteien. Sie könne nur das festlegen, was die Vertragsparteien regeln dürften. Deshalb unterliege sie denselben rechtlichen Begrenzungen. Die Klägerin verkenne die Rechtsnatur des Nutzenbewertungsbeschlusses, wenn sie der Auffassung sei, es sei lediglich ein wissenschaftliches Gutachten und eine unselbständige Verfahrenshandlung. Der Wortlaut des § 35a Abs. 3 Satz 6 SGB V sei eindeutig. Der Nutzenbewertungsbeschluss des Beigeladenen zu 3) sei rechtmäßig. Dieser Beigeladene zu 3) habe unter anderem schlüssig dargelegt, dass als Kosten der Vergleichstherapie nur die von Mebeverin zugrunde zu legen seien. Der Beigeladene zu 3) habe auch nicht gegen Begründungspflichten verstoßen. Der Beigeladene zu 1) teile ferner die Auffassung der Beklagten, der Nutzenbewertungsbeschluss enthalte keine leeren Felder, die Interpretationsspielräume ermöglichten. Leere Felder bedeuteten, dass keine Kosten anfielen ("0,00 Euro").

Der Beigeladene zu 3) beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

zum Beweis der Tatsache, dass Linaclotid im Rahmen der symptomatischen Behandlung von RDS-O nicht zur Behandlung von psychischen Störungen im Zusammenhang mit der RDS-O zugelassen ist, ein Sachverständigengutachten einzuholen.

Er hält seinen Beschluss vom 17. Oktober 2013 für rechtmäßig. Dieser sei formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Er ist der Auffassung, 5. Kapitel § 6 seiner Verfahrensordnung (veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 84a (Beilage) vom 10. Juni 2009, in Kraft getreten am 1. April 2009, zuletzt geändert am 20. Juni 2013 veröffentlicht im Bundesanzeiger AT 13.08.2013 B2 in Kraft getreten am 14. August 2013; nachfolgend nur noch "VerfO") sei rechtmäßig. Soweit dort unter § 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 VerfO bestimmt sei, dass eine Arzneimittelanwendung nur dann Vergleichstherapie sein könne, wenn es sich um ein zugelassenes Arzneimittel im Anwendungsgebiet handele, sei dies eine Selbstverständlichkeit. In seinen "Tragenden Gründen" habe er ausführlich und nachvollziehbar auf der Grundlage der Feststellung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V dargelegt, dass seine Feststellungen zur zweckmäßigen Vergleichstherapie den in § 6 Abs. 3 VerfO niedergelegten Kriterien entspreche. Mit der Formulierung "Ernährungsumstellung entsprechend ärztlicher Beratung" sei gemeint, dass im Rahmen eines ärztlichen Beratungsgesprächs abgeklärt werden solle, ob und inwieweit eine Anpassung von Ernährungsgewohnheiten einen medizinisch sinnvollen Beitrag in der patientenindividuell festzulegenden Therapie einer symptomorientierten Behandlung des RDS O leisten könne. In Kenntnis der insgesamt limitierten Evidenz zum Nachweis des Nutzens einer Ernährungsumstellung habe er nicht etwa gefordert, dass sich jeder Patient vor Veranlassung einer medikamentösen Therapie gleichsam schematisch einer Ernährungsumstellung zu unterziehen habe. Er habe vielmehr die Beurteilung der jeweils patientenindividuell festzustellenden Geeignetheit der Anpassung der Ernährungsgewohnheiten durch die Formulierung "entsprechend ärztlicher Beratung" in die Hände des behandelnden und beratenden Arztes gelegt. Die Durchführung solcher Beratungsgespräche sei mit den Therapieempfehlungen der S3 Leitlinie durchaus in Einklang zu bringen. Es sei der Klägerin zwar im Ausgangspunkt zuzugeben, dass es an wissenschaftlicher Evidenz in Form von randomisierten kontrollierten klinischen Studien fehle, die den Nutzen einer Ernährungsumstellung belegten. Unmittelbar im Anschluss werde allerdings ausgeführt, dass der Patient Ernährungs- und Verhaltensvorgaben erhalten könne. Die S3 Leitlinie schlussfolgere im Rahmen der Kommentierung, es gebe keine einheitliche Ernährungsempfehlung für alle Patienten, aber es gebe zahlreiche individuelle Ernährungsempfehlungen, die sich an den jeweiligen Symptomen orientierten. Die Autoren dieser Leitlinie hielten also ernährungsbezogene Maßnahmen zur symptomorientierten Behandlung des RDS O medizinisch für sinnvoll. Gerichtlicherseits sei nur die Vertretbarkeit dieser These zu überprüfen (Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 6. März 2012 – B 1 KR 24/10 R , Rdnr. 25; Urteil vom 14. Mai 2014 – B 6 KA 21/13 R , Rdnr. 32). Da es keine Standardtherapie gebe, erscheine es aus medizinisch-fachlicher Sicht gerechtfertigt und damit vertretbar, eine ärztliche Beratung zur Ernährungsumstellung bzw. Anpassung zur Behandlung in die Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie miteinzubeziehen. Der Vertragsarzt habe darauf hinzuwirken, dass die Versicherten eigenverantwortlich durch gesundheitsbewusste Lebensführung und aktive Mitwirkung an Behandlungsmaßnahmen dazu beitrügen, den Verlauf von Krankheiten und deren Verlauf zu mildern, § 8 Abs. 1 Arzneimittel-Richtlinie. Nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 Arzneimittel-Richtlinie sei zu prüfen, ob angesichts von Art und Schweregrad der Gesundheitsstörung Maßnahmen im Sinne einer bewussten Lebensführung ausreichend seien. Abgesehen hiervon seien die von der Klägerin im Bewertungsverfahren vorgelegten Studien schon deshalb nicht zum Nachweis eines Zusatznutzens von Linaclotid geeignet, weil in den Studien die symptomorientierte Behandlung für die Symptome Obstipation, Blähungen, Krämpfe und Schmerzen nicht adäquat umgesetzt worden sei. Er habe nicht bestimmte Arzneimittel unberücksichtigt gelassen. Hinsichtlich der TZA könne unter Berücksichtigung der in der S3 Leitlinie getroffenen Aussagen nicht davon ausgegangen werden, dass – wie erforderlich – ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauernder Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den therapeutischen Nutzen bestehe. Es bestehe auch insoweit kein Widerspruch zur Bestimmung von Mebeverinhydrochlorid, obgleich es sich bei diesem Wirkstoff um ein Anticholinergikum handele. Allerdings fänden sich in der Fachinformation zu dem Mebeverin-haltigen Arzneimitte Mylan® unter Abschnitt 4.8 Nebenwirkungen keine Angaben dazu, dass der Wirkstoff anticholinerge Nebenwirkungen entfalte und typischerweise Obstipationen verursache oder verstärke. Eine Erklärung hierfür liefere Abschnitt 5) der Fachinformation "Wirkmechanismus und pharmakodynamische Wirkungen". Auch die S3 Leitlinie versehe die Geeignetheit von Mebeverin als Spasmolytikum mit dem hohen Evidenzgrad A. Auch der Einwand, dass die Psychotherapie als zweckmäßige Vergleichstherapie hätte berücksichtigt werden müssen, gehe fehl. Zum einen sei Linaclotid nicht für die Behandlung psychischer Komorbiditäten zugelassen. Eine indikationsbezogene Anwendung von Psychotherapie zur gezielten Behandlung des RDS O ließe sich zudem nicht mit der Psychotherapie-Richtlinie nach § 92 Abs. 6 a SGB V in Einklang bringen, da diese nur Psychotherapie als Richtlinienverfahren für seelische Krankheiten indiziere. Die von S3 Leitlinie empfohlenen Verfahren der darmbezogenen Hypnose und der psychodynamischen Therapie schieden von vornherein aus, da sie nicht zu den anerkannten und erbringbaren Psychotherapieverfahren gehörten. § 26 Abs. 1 Psychotherapie-Richtlinie bestimme in Form einer abschließenden Aufzählung die Indikationen, in denen Psychotherapie indikationsbezogen angewendet werden könne. Dabei handele es sich ausnahmslos um seelische Krankheiten. Eine indikationsbezogene Anwendung bei einem RDS Syndrom sei ersichtlich nicht von diesem Katalog umfasst. Nur ergänzend werde angemerkt, dass selbst nach der S3 Leitlinie eine Therapieempfehlung in Abhängigkeit bestimmter Symptommuster (z. B. Diarrhoe oder Obstipation) von der Datenlage nicht zugelassen werde. Die Berücksichtigung von Psychotherapie als zweckmäßige Vergleichstherapie komme auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unter den Voraussetzungen der in § 23 Abs. 2 Psychotherapie-Richtlinie zulässigen psychosomatischen Grundversorgung zur Behandlung von psychischen Komorbiditäten in Betracht. Allerdings müssten die Voraussetzungen des § 23 Abs. 2 Satz 2 Psychotherapie-Richtlinie erfüllt sein, wonach der Arzt die ursächliche Beteiligung psychischer Faktoren an einem komplexen Krankheitsgeschehen festgestellt habe oder für wahrscheinlich annehmen müsse, eine Voraussetzung, welche nicht bei jedem RDS O-Patienten indiziert sei. Er habe auch die Grundsätze der Nutzenbewertung nach § 7 Abs. 2 AM NutzenV i. V. m. § 18 Abs. 2 VerfO beachtet. Zu Recht habe er die Bewertung der Planungs-, Durchführungs- und Auswertungsqualität der von der Klägerin eingereichten Studien unter dem Gesichtspunkt bewertet, ob diese bezüglich der Operationalisierung der symptomorientierten Behandlung den Studienteilnehmern eine Adaption der symptomatischen Therapie an ihre individuelle Krankheitssituation ermögliche. Denn die Erfüllung dieser Anforderung entspreche dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse nach § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V. Das Wesen einer symptomorientierten Therapie des RDS O bestehe darin, ein an dem beim einzelnen Patienten ausgebildeten Symptomkomplex orientierten symptomatischen Therapieansatz zu verfolgen und diesen entwicklungsoffen so zu konzipieren, dass eine jederzeitige Adaption der symptomatischen Therapie an die individuelle Krankheitssituation möglich sei. Sowohl das IQWiG als auch die Stellungnahme der AkdÄ bestätigten diese Auffassung (Bezugnahme auf zusammenfassende Dokumentation zur Nutzenbewertung von Linaclotid, Seite 155). Es liege auch kein Verstoß gegen das in § 7 Abs. 2 Satz 6 AM NutzenV festgelegte Gebot vor, wonach die Nutzenbewertung nicht den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit widersprechen dürfe. Die arzneimittelrechtliche Zulässigkeit einer Arzneimittelanwendung stelle für die gesetzliche Krankenversicherung immer nur ein Mindestsicherheits- und Qualitätserfordernis dar und sei nur negativ vorgreiflich, weil eine erforderliche, aber nicht vorhandene Zulassung stets auch die Verordnungsfähigkeit ausschließe (Bezugnahme auf ständige Rechtsprechung des BSG, z. B. Urteil vom 15. Dezember 2015 – B 1 KR 30/15 R). Die Leitlinien der EMA hätten bezüglich der Bewertung eines Zusatznutzens von Linaclotid keine Bindungswirkung. Dass sich die vorgelegten Zulassungsstudien nicht für den Nachweis des Zusatznutzens eigneten, verstoße auch nicht gegen § 5 Abs. 3 Satz 3 AM NutzenV. Aus dem Umstand, dass in dieser Vorschrift für die erstmalige Bewertung grundsätzlich die Zulassungsstudien zugrunde zu legen seien, folge jedoch nicht, dass er stets daran gebunden sei. Er dürfe von den Grundsätzen abweichen, wenn begründete Einwände gegen die Eignung einer Zulassungsstudie zum Nachweis des Zusatznutzens bestünden. Vor diesem Hintergrund sei auch der Einwand unbegründet, er habe die Klägerin fehlerhaft beraten. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 AM NutzenV berate er den pharmazeutischen Unternehmer aufgrund dessen Anforderung auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen nach § 8 Abs. 2 AM NutzenV. Aus der Wendung "aufgrund dessen Anforderung" folge, dass der pharmazeutische Unternehmer die Verantwortung dafür trage, welche Fragen für eine sachgerechte Dossiererstellung Gegenstand der Beratung werden sollten. Der Unternehmer müsse die aus seiner Sicht relevanten Fragen an den GBA richten. Ausweislich der Niederschrift zum Beratungsgespräch habe sich die Klägerin nicht mit der Frage an ihn gewandt, in welcher Weise die symptomorientierte Therapie in den zum Nachweis des Zusatznutzens vorzulegenden Studien zu operationalisieren sei. Dies habe allerdings nahegelegen, da die Klägerin angesichts der eindeutigen Aussagen in der S3 Leitlinie zu dem Erfordernis einer flexiblen Anpassung der symptomorientierten Behandlung im Krankheitsverlauf in der Lage gewesen wäre, im Vorfeld der Beratung zu prüfen, ob die von ihr durchgeführten Studien diesen Anforderungen genügten. Von sich aus ungefragt, gleichsam von Amts wegen – habe er sich nicht mit dem Thema befassen müssen. Er habe auch die Kostendarstellung rechtmäßig vorgenommen. Die Jahrestherapiekosten bezüglich der Arzneimittel, die im Rahmen der zweckmäßigen Vergleichstherapie zur Anwendung gelängen, seien rechtsfehlerfrei dargestellt. Dies gelte für Mebeverin. Das Arzneimittel Resolur® sei als Abführmittel von der Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln nach § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V ausgeschlossen. Gleiches gelte für die Arzneimittel mit Probiotika. Überdies habe er sich in den Tragenden Gründen (dort Seite 5) mit der Therapierelevanz dieser Arzneimittel auseinandergesetzt. Da die Psychotherapie im Anwendungsgebiet von Linaclotid als zweckmäßige Vergleichstherapie nicht in Betracht komme, könne sie auch nicht in der Kostendarstellung berücksichtigt werden. Selbst wenn zugunsten der Klägerin unterstellt werde, dass die Psychotherapie zur Behandlung einer komorbiden seelischen Erkrankung als zweckmäßige Vergleichstherapie zu berücksichtigen wäre, hätte dies nicht zur Folge, dass sie auch in der Kostendarstellung abzubilden wäre. Denn § 4 Abs. 8 Satz 1 AM NutzenV bestimme, dass Unterschiede bei der notwendigen Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung oder bei der Verordnung sonstiger Leistungen zwischen dem zu bewertenden Arzneimittel und der zweckmäßigen Vergleichstherapie nur dann zu berücksichtigen seien, wenn bei der Anwendung der Arzneimittel entsprechend der Fach- oder Gebrauchsinformation regelhaft Unterschiede bestünden. Die nach dieser Vorschrift für die Berücksichtigung der Psychotherapiekosten maßgebenden Voraussetzungen seien aber nicht erfüllt, weil den Fach- und Gebrauchsinformationen der für eine symptomatische Therapie in Betracht kommenden Arzneimittel nicht entnommen werden könne, dass die Inanspruchnahme von Psychotherapie zwingend sei. Es gebe auch keine Hinweise darauf, dass Psychotherapie ergänzend nicht auch neben der Anwendung von Linaclotid in Anspruch genommen werden könne. Insoweit bestünden keine Unterschiede hinsichtlich der Inanspruchnahme von Psychotherapie sowohl auf Seiten von Linaclotid als auch auf Seiten der zweckmäßigen Vergleichstherapie. Zuletzt seien Kosten der Ernährungsumstellung entsprechend ärztlicher Beratung nicht abzubilden. Da eine solche Beratung bei jedem RDS O-Patienten durchgeführt werden solle, bestehe kein medizinischer Sachgrund, weshalb die Inanspruchnahme von Ernährungsberatung nur einseitig auf Seiten der zweckmäßigen Vergleichstherapie erfolgen solle, nicht aber bei Linaclotid.

Auf die vom Beigeladenen zu 3) im Internet veröffentlichten Materialien zu seinem Beschluss wird wegen der Einzelheiten (beispielsweise des Verfahrensablaufes) ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

I. Die Klage ist zulässig. 1. Das hiesige Gericht ist nach § 26 Abs. 4 Nr. 3 SGG erstinstanzlich zuständig. 2. Statthaft ist die Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Juni 2017 – L 9 KR 213/16 KL , juris Rdnr. 42; Beschluss vom 19. März 2015 – L 1 KR 499/14 KL ER , juris Rdnr. 29; Baierl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 130b SGB V, Rdnr. 179 mit Bezugnahme auf Bundessozialgericht –BSG- Urt. v. 30.10.1963 - 6 RKa 4/62-). Die Schiedsstelle handelt als Behörde im Sinne des § 1 Abs. 2 SGB X (vgl. BSG, Urteil vom 25. November 2010 – B 3 KR 1/10 R). Der angefochtene Schiedsspruch ersetzt gegenüber den Vertragspartnern die Erstattungsvereinbarung. Sie ist deshalb ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X. Dies ergibt sich auch aus § 130 b Abs. 4 Satz 5 SGB V, wonach Klagen gegen Entscheidungen des Beklagten keine aufschiebende Wirkung zukommt (LSG Berlin-Brandenburg, 9. Senat, a. a. O., mit Bezugnahme auf die Literatur).

Die Klägerin muss nicht (zusätzlich) eine Leistungsklage allgemeiner Art oder eine Verpflichtungsklage auf einen neuen Schiedsspruch (etwa gerichtet in der Sache auf einen Rabatt von 0 Cent) stellen. Dies ergibt sich zum einen ebenfalls aus § 130b Abs. 4 S. 5 SGB V: Nur Anfechtungsklagen haben aufschiebende Wirkung. Das Gesetz geht nicht davon aus, dass der klagende Beteiligte des Schiedsverfahrens nur einen anderen Schiedsspruch erstreiten kann. Zum anderen folgt dies aus dem Umstand, dass sich die Beteiligten des Schiedsverfahrens nach Aufhebung wieder selbst einigen können.

Der erste Hilfsantrag (Klageantrag zu 2.) hat sich damit erledigt. Er ist nur für den Fall gestellt worden, dass eine Anfechtungsklage bereits unstatthaft ist.

3. Ein Widerspruchsverfahren war nicht durchzuführen, § 130b Abs. 4 Satz 6 SGB V.

4. Die Klagefrist von einem Monat nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGG ist mit der Klageerhebung am 6. August 2014 gewahrt.

5. Die Klägerin tritt seit 22. Februar 2016 als Prozessstandschafterin auf:

Die Prozessführungsbefugnis ist das Recht, einen bestimmten Prozess als richtige Partei zu führen (BSG, Urteil vom 02. Juli 2013 – B 1 KR 18/12 R –, BSGE 114, 36-55 Rdnr. 10 mit Bezugnahme u. a. auf BSGE 37, 33, 34, BSG SozR 3-3300 § 72 Nr. 2 S 3 f; BVerwGE 3, 150, 154). Sie ist ohne weiteres gegeben, wenn der Kläger einen ihm nach seinem Vortrag zustehenden sachlichen Anspruch im eigenen Namen geltend macht. Dagegen bedarf die Prozessführungsbefugnis besonderer Feststellung und Begründung, wenn der Kläger einen fremden materiell-rechtlichen Anspruch im eigenen Namen verfolgt. Der Kläger ist in solchen Fällen nur dann prozessführungsbefugt, wenn entweder das Gesetz dies ausdrücklich anordnet (gesetzliche Prozessstandschaft) oder er aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Befugnis ("Prozessgeschäftsführung") handelt und ein eigenes rechtliches (und nicht nur ein wirtschaftliches) Interesse an der Geltendmachung des fremden materiell-rechtlichen Anspruchs hat (gewillkürte Prozessstandschaft; BSG, a. a. O mit umfangreichen Nachweisen).

Hier liegt ein Fall gesetzlicher Prozessstandschaft vor.

Nach § 202 S. 1 SGG i. V. m. § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO hat eine Veräußerung oder Abtretung der Streitsache bzw. -forderung keinen Einfluss auf den Prozess. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben (§ 265 Abs. 2 S. 2 ZPO). Die Norm ist ein Fall gesetzlicher Prozessstandschaft (MüKoZPO/Becker-Eberhard ZPO § 265 Rdnr. 69-70 mit Nachweisen). § 265 Abs. 2 S. 2 ZPO ist einschlägig (vgl. ebenso für den Streit um die Arzneimittel-Zulassung als solchen: OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 26. September 2008 – 13 B 1169/08 –, juris-Rdnr. 7 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9.03 -für Bauherrenwechsel bei streitiger Baugenehmigung). Streitgegenstand ist hier zwar nicht der auf der Zulassung durch die zuständige Behörde fußende Vertrieb des Arzneimittels Constella® in Deutschland als solcher. Jedoch ist die streitige Höhe des Erstattungsbetrags durch die Beklagte unmittelbar mit dem Vertrieb verknüpft. Die Vertriebsrechte für das Arzneimittel liegen aufgrund der Übertragung der Zulassungsrechte nunmehr bei der Konzernmutter der Beigeladenen zu 4) und werden von der Beigeladenen zu 4) wahrgenommen.

Damit hat sich -analog zu oben- der zweite Hilfsantrag (Klageantrag zu 3.) erledigt. Dieser ist nur für den Fall gestellt worden, dass die Klägerin nicht mehr prozessführungsbefugt sein sollte.

6. Die Klägerin ist klagebefugt. Sie kann behaupten, durch den Schiedsspruch beschwert zu sein (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser war für sie unmittelbar belastend, weil der Erstattungsbetrag unter dem bisherigen Abgabepreis lag. Die in Art. 12 GG geschützte Berufsfreiheit betrifft auch die Freiheit der Unternehmer, selbst über die Preise der von ihnen angebotenen Waren zu bestimmen (BVerfG B. v. 1. November 2010 – 1 BvR 261/10 – juris-Rdnr. 11). Für die Zeit nach Übertragung der Rechte kann sie sich als Prozessstandschafterin auf die Beschwer der Beigeladenen zu 4) berufen.

7. Der Klage fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Dieses ist insbesondere nicht deshalb weggefallen, weil die Klägerin das Arzneimittel vom deutschen Markt genommen hat. Diese Entscheidung ist nämlich die Folge des aus ihrer Sicht zu niedrigen Erstattungsbetrages. Der streitgegenständliche Schiedsspruch stellt sich als Dauerverwaltungsakt aus ihrer Sicht bzw. aus der der Beigeladenen zu 4) als permanentes Hindernis dar. Die Beigeladene zu 4) könnte den Vertrieb in Deutschland wieder aufnehmen, wenn dieser Rechtsstreit für sie mit positivem Ergebnis endet.

II.

Die Klage ist begründet. Der Schiedsspruch der Beklagten vom 24. Juni 2014/10. Juli 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

1. Seine Rechtgrundlage findet der angegriffene Schiedsspruch in § 130b Abs. 4 SGB V. Nach dieser Vorschrift setzt die Beklagte den Vertragsinhalt nach § 130b Abs. 1 und 3 SGB V fest, wenn auf der Grundlage des Beschlusses des Beigeladenen zu 3) über die Nutzenbewertung nach § 35a Abs. 3 SGB V keine Einigung zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und dem pharmazeutischen Unternehmer über den Erstattungsbetrag zustande kommt. Diese haben einen Erstattungsbetrag zu vereinbaren, der nicht zu höheren Jahrestherapiekosten führt, als die nach § 35a Abs. 1 Satz 7 SGB V bestimmte zweckmäßige Vergleichstherapie. Damit soll das von dem am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (vom 22. Dezember 2010, BGBl. I S. 2262, AMNOG) verfolgte Ziel erreicht werden, die Versorgung mit Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen zu angemessenen Kosten sicherzustellen. Zu diesem Zweck soll über den Erstattungsbetrag bewirkt werden, dass neue Arzneimittel ohne Zusatznutzen keine Mehrkosten gegenüber der Vergleichstherapie entstehen lassen (Gesetzesbegründung vom 6. Juli 2010, BT-Drs. 17/2413, S. 31). Nach § 130b Abs. 9 Satz 1 SGB V treffen der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer dazu auf Bundesebene eine Rahmenvereinbarung über die Maßstäbe für Vereinbarungen nach § 130b Abs. 1 SGB V (im Folgenden: Rahmenvereinbarung). Darin legen sie insbesondere Kriterien fest, die neben dem Beschluss nach § 35a SGB V und den Vorgaben nach § 130b Abs. 1 SGB V zur Vereinbarung eines Erstattungsbetrags heranzuziehen sind (Satz 2). Die Rahmenvereinbarung regelt in §§ 5 und 6 Kriterien für die Ermittlung des Erstattungsbetrages. Diese sind unter anderem nach § 6 der Rahmenvereinbarung "insbesondere der Beschluss des GBA über die Nutzenbewertung nach § 35a Abs. 3 SGB V mit den darin getroffenen Feststellungen gemäß § 20 Abs. 3 des 5. Kapitels der Verfahrensordnung des GBA" sowie das vom pharmazeutischen Unternehmer erstellte Dossier nach § 35a Abs. 1 Satz 3 SGB V, die von dem pharmazeutischen Unternehmer mitgeteilten tatsächlichen Abgabepreise in anderen europäischen Ländern und die Jahrestherapiekosten vergleichbarer Arzneimittel (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Juni 2017 – L 9 KR 72/16 KL –, juris-Rdnr. 102).

Der Beklagten ist für ihren Schiedsspruch eine Entscheidungsprärogative einzuräumen, so dass sich die gerichtliche Kontrolle darauf reduziert, ob die Interessen der am Schiedsverfahren Beteiligten sowie alle für die Abwägung maßgeblichen Umstände ermittelt worden sind, ob die Entscheidung in einem fairen und willkürfreien Verfahren getroffen worden ist und ob die materiellen gesetzlichen Vorgaben bei der Entscheidungsfindung beachtet worden sind (so bereits Beschlüsse des Senats vom 14. März 2017 -L 1 KR 372/16 KL ER- juris-Rdnr. 24 sowie vom 19. März 2015 -L 1 KR 499/14 KL ER- juris -Rdnr. 31 mit Bezugnahme auf Luthe in Hauck/Noftz, SGB V K § 130b Rdnr. 72; Baierl in jurisPK SGB V, 2. Aufl., § 130b Rdnr. 134).

2. Zu einem fairen und willkürfreien Verfahren gehört insbesondere die Einhaltung des Gebotes der Gewährung rechtlichen Gehörs (Luthe in Hauck/Noftz. SGB V, K § 130b Rdnr. 76). Die Geltung dieses Gebotes auch für ein Verwaltungsverfahren im Allgemeinen folgt aus der in § 24 SGB X formulierten Verpflichtung zur Anhörung Beteiligter. Die Bedeutung dieses Grundsatzes auch für das Schiedsstellenverfahrens ergibt sich dann daraus, dass es Verwaltungsverfahren im Sinne des § 8 SGB X ist (Luthe in Hauch/Noftz, SGB V, K § 130b, Rdnr. 76).

Formelle Defizite des streitgegenständlichen Beschlusses der Schiedsstelle vom 24. Juni 2014/10. Juli 2014 sind hier nicht ersichtlich. Mängel im Schiedsstellenverfahren trägt die Klägerin selbst nicht vor.

3. Der Schiedsspruch ist (aber) materiell rechtswidrig.

3.1 Die materiellen gesetzlichen Vorgaben ergeben sich nach § 130b Abs. 3 SGB V aus dem Beschluss des Beigeladenen zu 3) nach § 35a Abs. 3 SGB V aufgrund der gesetzlichen Vorgabe, den Erstattungsbetrag bei fehlendem Zusatznutzen so zu bestimmen, dass keine höheren Jahrestherapiekosten entstehen können als nach der bei der durch den Beigeladenen zu 3) bestimmten zweckmäßigen Vergleichstherapie.

Rechtsgrundlage der vorzeitigen Nutzenbewertung selbst ist § 35a SGB V in der durch das AMNOG eingeführten Fassung. Nach § 35a SGB V hat der Beigeladene zu 3) den Nutzen von erstattungsfähigen Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen zu bewerten. § 35a Abs. 1 Satz 2 SGB V regelt, dass zur Nutzenbewertung insbesondere die Bewertung des Zusatznutzens gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie gehört. Das Bundesministerium für Gesundheit hat hierzu aufgrund § 35a Abs. 1 Satz 6, 7 SGB V in der Arzneimittel-Nutzenbewertungsverordnung (AM-NutzenV) vom 28. Dezember 2010 (BGBl I 2324) die Grundsätze für die Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie und die Voraussetzungen, unter denen Studien bestimmter Evidenzstufen zu verlangen sind, festgelegt. Grundlage sind nach der Ermächtigungsnorm die internationalen Standards der evidenzpassierten Medizin und der Gesundheitsökonomie. Weitere Einzelheiten hatte ferner nach § 35a Abs. 1 Satz 8 SGB V der Beigeladene zu 3) durch seine VerfahrensO zu bestimmen. Dieser hat die Kriterien in § 6 Abs. 3 VerfO weiter konkretisiert: Die zweckmäßige Vergleichstherapie muss eine nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zweckmäßige Therapie im Anwendungsgebiet sein (§ 12 SGB V), vorzugsweise eine Therapie, für die Endpunktstudien vorliegen und die sich in der praktischen Anwendung bewährt hat, soweit nicht Richtlinien nach § 92 Absatz 1 SGB V oder das Wirtschaftlichkeitsgebot dagegen sprechen. Bei der Bestimmung der zweckmäßigen Vergleichstherapie sind insbesondere folgende Kriterien zu berücksichtigen: 1. Sofern als Vergleichstherapie eine Arzneimittelanwendung in Betracht kommt, muss das Arzneimittel grundsätzlich eine Zulassung für das Anwendungsgebiet haben. 2. Sofern als Vergleichstherapie eine nichtmedikamentöse Behandlung in Betracht kommt, muss diese im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung erbringbar sein. 3. Als Vergleichstherapie sollen bevorzugt Arzneimittelanwendungen oder nichtmedikamentöse Behandlungen herangezogen werden, deren patientenrelevanter Nutzen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss bereits festgestellt ist. 4. Die Vergleichstherapie soll nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zur zweckmäßigen Therapie im Anwendungsgebiet gehören. 5. Bei mehreren Alternativen ist die wirtschaftlichere Therapie zu wählen, vorzugsweise eine Therapie, für die ein Festbetrag gilt.

Diese Kriterien sind aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot abgeleitet (Flint in: Hauck/Noftz, SGB, 09/14, § 35a SGB V, Rdnr. 61) 3.2 Ob das pharmazeutische Unternehmen direkt durch den Beschluss nach § 35a Abs. 3 SGB V gebunden ist, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls kann es den Beschluss nicht unmittelbar gerichtlich angreifen. Eine isolierte Klage gegen den Nutzenbewertungsbeschluss ist nach § 35a Abs. 8 SGB V nicht zulässig.

Das Bewertungsverfahren nach § 35a Abs. 2 SGB V ist selbst kein Verwaltungsverfahren. Die Nutzenbewertung ist isoliert betrachtet lediglich eine gutachterliche Stellungnahme und daher nach dem Willen des Gesetzgebers rechtlich nicht bindend (Hess in Kass. Komm., § 35a Rz. 47, Beck/Pitz in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 35a SGB V, Rdnr. 26 unter Bezugnahme auf BT 17/2413 S. 22).

Der Beschluss des Beigeladenen zu 3) ist allerdings verbindlich. Der Beschluss gilt nach § 35a Abs. 3 Satz 6 SGB V ausdrücklich als Teil der Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V, allerdings ohne dass -im Gegensatz zu anderen Teilen der Arzneimittelrichtlinien- zum Wirksamwerden eine Vorlage beim Bundesgesundheitsministerium nach § 94 SGB V erforderlich ist. In den Gesetzesmaterialien heißt es hierzu:

"Verantwortlich für die Nutzenbewertung ist der Gemeinsame Bundesausschuss. Er wird durch Gesetz legitimiert, nach Vorlage eines Dossiers durch den pharmazeutischen Unternehmer und einer nachfolgenden Nutzenbewertung, wofür das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen als wissenschaftliches Institut der Selbstverwaltung zur Verfügung steht, abschließend über den Nutzen nach Anhörung der Fachkreise zu beschließen." (BT Drucksache 17/2413 Seite 20)

3.3 Der Vorgang der Nutzenbewertung ist primär in § 35 a Abs. 2 SGB V geregelt. Nach § 35a Abs. 2 Satz 1 SGB V entscheidet der Beigeladene zu 3), ob er die Nutzenbewertung selbst durchführt oder hiermit das IQWiG beauftragt. Die Nutzenbewertung ist spätestens innerhalb von drei Monaten nach Einreichung der Unterlagen durch den pharmazeutischen Unternehmer abzuschließen und im Internet zu veröffentlichen, § 35a Abs. 2 Satz 3 SGB V.

Der Nutzenbewertungsbeschluss ist in § 35a Abs. 3 SGB V normiert.

"Der Beschluss über die Nutzenbewertung ist eine Feststellung über die Zweckmäßigkeit des Arzneimittels im Sinne des § 12 und entfaltet daher Wirkung für den Vertragsarzt bei der Verordnung. Dem Vertragsarzt soll aber nicht die Kenntnis aller Einzelheiten der Nutzenbewertung zugemutet werden. Daher soll der Gemeinsame Bundesausschuss in seinem Beschluss ausdrücklich klarstellen, welche Feststellungen bei der Verordnung zu beachten und daher Teil der Arzneimittelrichtlinien sind." (BT Drucksache 17/2413 Seite 22)

Für die gerichtliche Überprüfung der materiellen Voraussetzungen gilt nach Auffassung des Senats Folgendes:

Voll überprüfbar sind -soweit hier relevant- die Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen "erstattungsfähiges Arzneimittel mit neuem Wirkstoff", "Zusatznutzen" und "zweckmäßige Vergleichstherapie" in § 35a Abs. 1 S. 1 und 2 SGB V, ferner "Kosten der Therapie für die gesetzliche Krankenversicherung" (§ 35a Abs. 1 S 3 Nr. 5 SGB V). Dabei enthält § 2 Abs. 1 AM-NutzenV bereits eine nähere Bestimmung für "neuen Wirkstoff", § 2 Abs. 3 AM-NutzenV für "Nutzen" und § 2 Abs. 4 AM-NutzenV für "Zusatznutzen". Der Senat zieht hierfür die Rechtsprechung des BSG für die in § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V geregelte Aufnahme eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels in die Anlage I zur AM-RL bestimmten Tatbestandsvoraussetzungen entsprechend heran. Für die dortigen Tatbestandsvoraussetzungen (Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung, Therapiestandard) gilt nach Auffassung des BSG eine differenzierte Behandlung (BSG, Urteil vom 14. Mai 2014 – B 6 KA 21/13 R –, BSGE 116, 1-15, Rdnr. 32): Die Auslegung der gesetzlichen Vorgaben ist gerichtlich voll überprüfbar. Dasselbe gilt über die Auslegung der Tatbestandsmerkmale hinaus für die Entscheidung, ob der GBA die für seine Fragestellung maßgebliche Studienlage in der medizinischen und/oder pharmakologischen Wissenschaft vollständig berücksichtigt hat und wie sich der Stand dieser Wissenschaften insoweit zusammenfassen lässt (ebenso BSG, Urteil vom 06. März 2012 – B 1 KR 24/10 R –, BSGE 110, 183-194 Rdnr. 25). Aufgrund der näheren Ausgestaltung der frühen Nutzenbewertung durch den formellen Bundesgesetzgeber in der AM-NutzenV ist zudem voll zu überprüfen, ob die Anforderungen des § 6 AM-NutzenV an die Ermittlung der zweckmäßigen Vergleichstherapie erfüllt sind, hier insbesondere die regelhafte Anwendung der Maßstäbe, die sich aus den internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin ergeben (§ 6 Abs. 1 AM-NutzenV). Auch ob § 6 Abs. 2 AM-NutzenV beachtet ist -die zweckmäßige Vergleichstherapie ist zwingend nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zweckmäßig im Anwendungsgebiet, vorzugsweise eine Therapie, für die Endpunktstudien vorliegen und die sich in der praktischen Anwendung bewährt hat- unterliegt dem Grunde nach keinem Beurteilungsspielraum des GBA. Bei der weitergehenden Konkretisierung dieser gesetzlichen Vorgaben bzw. der Bewertung des korrekt ermittelten Standes der medizinisch-pharmakologischen Wissenschaft besteht indes der für jede Normsetzung kennzeichnende Gestaltungsspielraum, den auch der GBA für sich in Anspruch nehmen kann. Insoweit beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob die Bewertung nachvollziehbar ist und den gesetzlich vorgegebenen Maßstäben entspricht. Insoweit darf die sozialgerichtliche Kontrolle ihre eigenen Wertungen nicht an die Stelle der vom GBA getroffenen Wertungen setzen. Vielmehr beschränkt sich die gerichtliche Prüfung in diesen Segmenten darauf, ob die Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen sowie die gesetzlichen Vorgaben nachvollziehbar und widerspruchsfrei Beachtung gefunden haben, um den Gestaltungsspielraum auszufüllen (BSG, Urteil vom 06. März 2012, a. a. O.).

4. Formelle Defizite des Beschlusses des Beigeladenen zu 3) vom 17. Oktober 2013 sind wiederum nicht ersichtlich: Der Beigeladene zu 3) forderte die Klägerin zur Vorlage der Nachweise nach § 35a Abs. 1 Satz 3 SGB V auf. Ein Beratungsverfahren nach § 8 AM NutzenV ist durchgeführt worden.

Insbesondere das Beratungsverfahren ist formell ordnungsgemäß durchgeführt worden. Nach § 35a Abs. 7 Satz 1 SGB V berät der GBA den pharmazeutischen Unternehmer insbesondere zu vorzulegenden Unterlagen und Studien sowie zur Vergleichstherapie. Dies gilt nach § 8 Abs. 1 Satz 1 AM-NutzenV nur aufgrund von AnforderungEs besteht ein Anspruch auf Beratung, § 8 Abs. 3 Satz 2 AM-NutzenV (vgl. Flint in: Hauck/Noftz, SGB, 09/14, § 35a SGB V, Rdnr. 192)

Die Beratung hätte hier bereits vor Beginn von Zulassungsstudien der Phase III und unter Beteiligung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte oder das Paul-Ehrlich-Institut stattfinden können (§ 35a Abs. 7 S. 3 SGB V in der insoweit noch bis 25. Oktober 2012 geltenden Fassung). Das Nähere hatte der Beigeladene zu 3) in seiner Verfahrensordnung zu regeln (Satz 5).Dass das AMNOG für die Klägerin unzumutbar überraschend in Kraft getreten sein könnte, ist nicht ersichtlich. Das Verfahren liegt zeitlich außerhalb des Anwendungsbereiches der Übergangsregelungen des § 35a Abs. 1 Satz 7 Nr. 6 SGB V i. V. m. § 10 AM-NutzenV (für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, die bis zum 31. 7. 2011 erstmals in den Verkehr gebracht werden) sowie § 35a Abs. 5b SGB V (Anträge, über die der GBA bis 31. Dezember 2012 entschieden hat). Der Vortrag der Klägerin, sie habe nicht mehr adäquat die Studiensettings anpassen können ist in sich widersprüchlich, da sie gleichzeitig vorträgt, hinsichtlich dieser durch die Vorgaben des EMA gebunden gewesen zu. Soweit die Klägerin rügt, der Beigeladene zu 3) habe sie nicht auf die Ernährungsberatung als Teil der Vergleichstherapie hingewiesen, wird auf unten verwiesen.

Nach Einreichung des Dossiers durch die Klägerin wurde das IQWiG nach § 35a Abs. 2 SGB V mit der Nutzenbewertung beauftragt. Die vom IQWiG fristgerecht erstellte Nutzenbewertung wurde innerhalb von drei Monaten nach Vorlage des Dossiers gemäß § 35a Abs. 2 Satz 3 SGB V im Internet veröffentlicht. Innerhalb von drei Monaten nach Veröffentlichung der Nutzenbewertung ist nach § 35a Abs. 3 Satz 2, Abs. 3a SGB V ein schriftliches wie auch mündliches Stellungnahmeverfahren zu der Nutzenbewertung durchgeführt worden. Der Beigeladene hat die Stellungnahmen ausgewertet und in seine Entscheidung über die Nutzenbewertung einbezogen. Der am 17. Oktober 2003 gefasste Beschluss war fristgerecht.

5. Der Beschluss des Beigeladenen zu 3) steht jedoch nicht im Einklang mit § 35a Abs. 1 SGB V, § 6 Abs. 1 und 2 AM-NutzenV.

5.1 Die Nutzenbewertung nach § 35a Abs. 1 SGB V findet Anwendung auf die erstattungsfähigen Arzneimittel, die neue Wirkstoffe enthalten. Wirkstoffe sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Arzneimitteln als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu werden oder bei ihrer Verwendung in der Arzneimittelherstellung zu arzneilich wirksamen Bestandteilen der Arzneimittel zu werden (§ 4 Abs. 19 AMG). Wirkstoffe sind neu im Sinne des § 35a Abs. 1 Satz 1 SGB V, wenn deren Wirkungen bei der erstmaligen Zulassung durch die zuständige Bundesoberbehörde oder durch die Europäische Kommission der medizinischen Wissenschaft nicht allgemein bekannt sind (§ 2 Abs. 1 AM-NutzenV) und die daher der Verschreibungspflicht unterliegen (Flint in: Hauck/Noftz, SGB, 09/14, § 35a SGB V, Rdnr. 66) Dies ist bei Linaclotid der Fall.

"Nutzen" ist nicht der grundsätzliche allgemeine Nutzen des Arzneimittels mit neuem Wirkstoff, den § 2 Abs. 3 AM-NutzenV als den patientenrelevanten therapeutischen Effekt definiert, insbesondere hinsichtlich der Verbesserung des Gesundheitszustands, der Verkürzung der Krankheitsdauer, der Verlängerung des Überlebens, der Verringerung von Nebenwirkungen oder einer Verbesserung der Lebensqualität. Wie sich aus § 92 Abs. 1 S. 1 Abs. 2 S. 12 SGB V in der Fassung des AMNOG ergibt, ist nämlich ein therapeutischer Effekt mit der Zulassung des Arzneimittel nach dem AMG belegt (Kraftberger in LPK-SGB V § 35a Rdnr. 5, KassKomm/Hess SGB V § 35a Rdnr. 18, 21). Denn nach § 92 Abs. 1 S. 1 Hs. 3 SGB V kann der Beigeladene zu 3) die Verordnungsfähigkeit zu Lasten der GKV nur dann ausschließen, wenn der umgekehrte Nachweis der Unzweckmäßigkeit eines Arzneimittels geführt ist.

Relevanter Gegenstand der frühen Nutzenbewertung ist vielmehr die Frage ob und welcher Zusatznutzen besteht. Der Zusatznutzen eines Arzneimittels im Sinne der AM-NutzenV ist ein Nutzen, der quantitativ oder qualitativ höher ist als der Nutzen, den die zweckmäßige Vergleichstherapie aufweist, § 2 Abs. 4 AM-NutzenV. Nach § 2 Abs. 5 AM NutzenV ist die zweckmäßige Vergleichstherapie diejenige, deren Nutzen mit dem Nutzen eines Arzneimittels mit neuen Wirkstoffen verglichen wird. Die zweckmäßige Vergleichstherapie ist nach § 6 Abs. 1 AM NutzenV regelhaft zu bestimmen nach Maßstäben, die sich aus den internationalen Standards der evidenzpassierten Medizin ergeben. Die zweckmäßige Vergleichstherapie muss eine nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zweckmäßige Therapie im Anwendungsgebiet sein, vorzugsweise eine Therapie, für die Endpunktstudien vorliegen und die sich in der praktischen Anwendung bewährt hat, soweit nicht Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V oder das Wirtschaftlichkeitsgebot dagegen sprechen (§ 6 Abs. 2 AM NutzenV).

Da es nicht um die im arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahren relevante grundsätzliche Sinnhaftigkeit des Arzneimittels geht, ist nicht von Bedeutung, welche Kriterien die EMA im Rahmen ihrer Zulassungsprüfung aufstellt.

Der vom Gesetz nicht geregelte Fall, dass für ein neues Arzneimittel mit einem neuen Wirkstoff keine zweckmäßige Vergleichstherapie bestimmt werden kann (vgl. Hess, in Kass. Komm., § 35a Rdnr. 11; Flint in: Hauck/Noftz, SGB, 09/14, § 35a SGB V, Rdnr. 63), liegt für Constella® nicht vor. Es gibt auch nach Auffassung der Klägerin eine andere Therapie: Die Bekämpfung der einzelnen Symptome mit unterschiedlichen Arzneimitteln. 5.2 Fehler bei der Feststellung fehlenden Zusatznutzens sind zunächst nicht ersichtlich. Der Beigeladene zu 3) hält die von der Klägerin vorgelegten Zulassungsstudien für nicht geeignet, einen Zusatznutzen zu belegen. Rechtsrelevante Fehler sind in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich, § 7 Abs. 2 AM NutzenV ist beachtet. Nach § 7 Abs. 2 AM-NutzenV wird mit der Nutzenbewertung die Validität und Vollständigkeit der Angaben im Dossier geprüft (S. 1). Dabei werden die Unterlagen hinsichtlich ihrer Planungs-, Durchführungs- und Auswertungsqualität im Hinblick auf ihre Aussagekraft für Wahrscheinlichkeit und Ausmaß des Zusatznutzens und hinsichtlich der Angaben zu den Therapiekosten bewertet (S. 2). Maßstab für die Beurteilung ist der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse (S. 4). Grundlage sind die internationalen Standards der evidenzbasierten Medizin und der Gesundheitsökonomie (S. 5). Die Bewertung darf den Feststellungen der Zulassungsbehörde über Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels nicht widersprechen (S. 6). Bei der Nutzenbewertung wird geprüft, ob für das Arzneimittel ein Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie belegt ist, welcher Zusatznutzen für welche Patientengruppen in welchem Ausmaß belegt ist, wie die vorliegende Evidenz zu bewerten ist und mit welcher Wahrscheinlichkeit der Beleg jeweils erbracht wird (S. 7). Der Beigeladene zu 3) führt hierzu in den Tragenden Gründe (Seite 7) aus:

"Die für die Nutzenbewertung von Linaclotid vorgelegten Studien bieten bezüglich der Operationalisierung der symptomorientierten Behandlung (Obstipation, Blähungen, Krämpfe, Schmerzen) eine unzureichende Datengrundlage hinsichtlich des Vergleiches mit Linaclotid. Angesichts der in den Studien festgelegten Ein- und Ausschlusskriterien zum Absetzen bzw. der Weiterführung der bisherigen patientenindividuellen symptomorientierten Medikation sowie der Tatsache, dass allein für das Symptom Obstipation eine in der Studie anagepasste Medikation, allerdings nur eine eingeschränkte Notfallmedikation zur Verfügung stand, war den Studienteilnehmer eine Adaption der symptomatischen Therapie an ihre individuelle Krankheitssituation nicht möglich. Die Verfügbarkeit der Therapieoptionen und deren situationsgerechte Adaption sind allerdings in Anbetracht des Krankheitsschweregrades der Zielpopulation und der typischen fluktuierenden Verläufe zwingend erforderlich. Damit ist in den Studien eine suffiziente bedarfsadaptierte Behandlung der Symptome des Reizdarmsyndroms mit Obstipation nicht ermöglicht worden.

Dabei wird die Komponente symptomorientierte Behandlung der vom GBA bestimmten zweckmäßigen Vergleichstherapie als nicht adäquat umgesetzt bewertet. Vor dem Hintergrund der pharmazeutischen Unternehmer formulierten Behandlungsziele unter einer längerfristigen Therapie mit Linaclotid wäre ein den gesamten Symptomkomplex umfassendes, flexibles Therapieregime der symptomorientierten Behandlung, insbesondere für die Langzeit-Studie MCP 103 302 sinnvoll gewesen. Da dies in keiner der vorliegenden Studien erfolgt ist, ist der Zusatznutzen von Linaclotid gegenüber dieser Komponente der zweckmäßigen Vergleichstherapie aus Sicht des GBA nicht belegt."

Der Beigeladene zu 3) übernimmt insoweit die von ihm eingeholte Stellungnahme des IQWiG. Dieses war zu dem Ergebnis gelangt, die Klägerin habe keine Studien vorgelegt, in welchen Linaclotid als Monotherapie mit dem Einsatz von etablierten wirksamen Arzneimitteln zur Behandlung des RDS-O mit der Möglichkeit der Anpassung der Auswahl und Dosierung nach klinischem Bedarf im Studienverlauf untersucht worden sei. Denn in der Kontrollgruppe seien die Patienten mit einer Dauertherapie behandelt worden oder erhielten keine zweckmäßig Vergleichstherapie (vgl. die Zusammenfassung in der ZD S. 155). Entsprechendes gelte unter der Annahme einer unzureichenden Wirksamkeit der Standardtherapie für den Vergleich einer Kombination Standardtherapie+ Linaclotid gegenüber Standardtherapie+Placebo. Auch insoweit sei eine Anpassung bzw. Ausschöpfung der Behandlungsmöglichkeiten nicht erfolgt. Die AkdÄ hat sich im Ergebnis der Bewertung des IQWiG angeschlossen, dass eine Beurteilung des Zusatznutzens im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie mit den vorliegenden Daten nicht möglich sei (Seite 7 des Protokolls der mündlichen Anhörung Sitzung am 9. September 2013).

Die Klägerin wendet hiergegen im Wesentlichen ein, die Vorgaben des EMA hätten das Studiendesign erzwungen. Allerdings ist -wie bereits ausgeführt- die arzneimittelrechtliche Zulassung von der Nutzenbewertung zu trennen. Aus dem Umstand, dass in dieser Vorschrift für die erstmalige Bewertung grundsätzlich die Zulassungsstudien zugrunde zu legen sind, folge nicht, dass der Beigeladene zu 3) stets daran gebunden ist.Der Wirksamkeit des Arzneimittels als solches wird von dem Beigeladenen zu 3) nicht in Frage gestellt. Die Abänderbarkeit der symptomatischen Behandlung ist allerdings nach der übereinstimmenden Auffassung der Fachgremien von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Vergleichstherapie.

Zusätzlich scheiden nach Auffassung des Beigeladenen zu 3) zwei der Studien aus, weil sie über einen zu kurzen Zeitraum geführt wurden. Auch dies erweist sich nicht als rechtsfehlerbehaftet.

In den Tragenden Gründen heißt es insoweit (S. 8):

"Im Hinblick auf die Aussagesicherheit zur langfristigen Wirksamkeit von Linaclotid wird die 12-wöchige Behandlungsdauer der Patienten in den für die Bewertung maßgeblichen Studien MCP-103-202 und LIN-MD-31 als zu kurz erachtet. Dem fluktuierenden Krankheitsverlauf wird in den Studien nicht ausreichend Rechnung getragen. Zu einer intermittierenden Therapie, welche aufgrund der Symptomfluktuation in der ärztlichen Behandlungspraxis in Betracht kommen kann, wurden im Dossier zu Linaclotid vom pharmazeutischen Unternehmer keine Angaben gemacht."

Er kann sich wiederum auf die fachliche Stellungnahme des IQWiG berufen, welches sich seinerseits mit den Argumenten der Klägerin auseinandergesetzt hat, wonach das EMA auch eine Kurzzeitbehandlung des RDS vorsehe (IQWiG, Dossierbewertung A13-21 Version 1.0 Linaclotid – Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V, 30.07.2013, S. 18):

"Wie vom pU dargestellt, unterscheidet die EMA im Grundsatz zwischen einer Kurz- und Langzeitbehandlung des RDS-O. Allerdings werden entsprechend der jeweiligen Ziele einer Kurz- oder Langzeitbehandlung von der EMA nicht nur unterschiedliche Studiendauern sondern auch unterschiedliche Studiendesigns empfohlen. Dies lässt der pU unberücksichtigt. So wird eine Kurzzeitbehandlung von der EMA als akute Symptombehandlung aufgefasst. Um die Fragestellung nach der akuten Symptombehandlung zu untersuchen, müssen mehrere Aspekte in Studien untersucht werden, wie z. B. Anwendungswiederholungen oder Absetzeffekte [9]. So können akute Symptombehandlungen zwar auch im Rahmen einer langfristigen Behandlung erfolgen, müssen aber in Anwendungswiederholungen geprüft werden. Dies ist allerdings nicht die Fragestellung des vorliegenden Berichts, da Linaclotid für die Dauertherapie indiziert ist. So geht aus dem EPAR der EMA [15] eindeutig hervor, dass Linaclotid für eine langfristige kontinuierliche Behandlung vorgesehen ist. Die EMA sieht nur eine Studie (MCP-103-302) als pivotale Zulassungsstudie an [15]. Die Begründung des pU für eine Mindestdauer von 12 Wochen ist damit nicht tragfähig. Insbesondere wegen des fluktuierenden Verlaufs der Erkrankung wird übereinstimmend mit der EMA [9] für die vorliegende Fragestellung eine Mindeststudiendauer von 6 Monaten (24 Wochen) für notwendig gehalten, um eine hinreichend lange Behandlung- und Beobachtungsdauer in den Studien zu gewährleisten."

Zu Recht stellt damit der Beigeladene zu 3) darauf ab, dass Constella® für eine Dauerbehandlung gedacht und zugelassen ist. Auch das EMA geht von einer möglichen Dauerbehandlung mit Linaclotid aus. Der Schluss, für einen Zusatznutzen einen Vergleich über 12 Wochen hinaus zu fordern, zeigt sich damit als nachvollziehbar.

5.3 Die Feststellung, zweckmäßige Vergleichstherapie sei Ernährungsumstellung entsprechend ärztlicher Beratung und nach Bedarf zusätzlich symptomorientierte Behandlung für die Symptome Obstipation, Blähungen, Krämpfe und Schmerzen ist nicht rechtswidrig,sondern steht noch mit § 6 Abs. 1 und 2 AM-NutzenV (in der hier maßgeblichen Fassung durch Art. 4 Nr. 2 Buchst. b des Gesetzes vom 7. August 2013 BGBl I 3108 mit Wirkung vom 13. August 2013) im Einklang.

Zur Frage der zweckmäßigen Vergleichstherapie zitiert der Beigeladene zu 3) in den Tragenden Gründen S. 3 zunächst aus den Fachinformationen für Constella® das Zulassungsgebiet und referiert § 6 VerfO. Anschließend heißt es:

" ( ) Die Behandlung des Reizdarmsyndroms erfolgt symptomorientiert. Ernährungsbezogene Maßnahmen sollten bei der Behandlung des Reizdarmsyndroms an erster Stelle stehen. ( ...) Begründung auf Basis der Kriterien nach 5. Kapitel, § 6 Absatz 3 VerfO: ( ) zu 2. Als nicht-medikamentöse Behandlung kommt im vorliegenden Anwendungsgebiet Reizdarmsyndrom mit Obstipation (RDS-O) grundsätzlich eine patientenindividuelle Adaptation der Verhaltens- und Ernährungsgewohnheiten in Betracht. Neben der Aufklärung und Schulung zur Erkrankung erhalten die Patienten im Rahmen einer individuellen Ernährungsberatung entsprechende Empfehlungen, welche eventuell vorhandene Nahrungsmittelunverträglichkeiten berücksichtigen sowie Hinweise zu ballaststoffreicher Kost enthalten." ( ) zu 4. Der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnis wurde durch eine Leitlinienrecherche und eine Evidenzrecherche abgebildet. Zur symptomatischen Behandlung der Patienten mit mittelschwerem bis schwerem Reizdarmsyndrom mit Obstipation (RDS-O) stehen neben einer individuellen Ernährungsberatung und Empfehlungen zur Lebensstiländerung entsprechend dem jeweils dominierenden Symptom bei Bedarf sowohl pflanzliche Quellstoffe mit hohem Anteil an löslichen Ballaststoffen, Spasmolytika sowie Kombinationen pflanzlicher Wirkstoffe unterschiedlicher Wirkqualität mit dem zugelassenen Anwendungsgebiet "Reizdarmsyndrom" zur Verfügung. In Abhängigkeit von der vorherrschenden Symptomatik kann patientenindividuell der Einsatz weiterer für die Behandlung der Obstipation, Blähungen, Krämpfen oder Schmerzen zugelassener Wirkstoffe medizinisch erforderlich werden. Aufgrund der Heterogenität der Erkrankung und des individuell stark differierenden Beschwerdebildes existiert gemäß aktuellem Wissensstand keine etablierte symptomatische Standardtherapie. Somit wird zurzeit ein an dem beim einzelnen Patienten ausgebildeten Symptomkomplex orientierter symptomatischer Therapieansatz empfohlen, dessen Grundlage entsprechende Empfehlungen zur Ernährung und allgemeinen Lebensführung bilden."

Im Stellungnahmeverfahren hatte die AkdÄ folgende Stellungnahme hierzu abgegeben (zitiert nach der Zusammenfassenden Dokumentation des Beigeladenen zu 3) S. 150):

"Der G-BA hat für Linaclotid als zweckmäßige Vergleichstherapie festgelegt: (A) Ernährungsumstellung entsprechend ärztlicher Beratung und nach Bedarf zusätzlich (B) symptomorientierte Behandlung für die Symptome Obstipation, Blähungen, Krämpfe und Schmerzen. Diese beiden therapeutischen Prinzipien sind getrennt zu betrachten: (A) Ernährungsumstellung gemäß ärztlicher Beratung: Es gibt keine generellen Lebensstil- oder Ernährungsempfehlungen beim RDS (25). Keine der kontrollierten Studien zum Einfluss von Ernährungsumstellung auf die Symptome des RDS-O hat einen therapeutischen Effekt gezeigt. Da keine kontrollierten Studien vorliegen, die den Nutzen einer Ernährungsumstellung beim RDS-O belegen, kann diese weder empfohlen, noch als zweckmäßige Vergleichstherapie angesehen werden. Auch die vom IQWiG angeführten Leitlinien (10;25) empfehlen keine Ernährungsumstellung beim RDS-O.

Der Beigeladene zu 3) führt in der Zusatzdokumentation aus:

"Aufgrund der Heterogenität der Erkrankung und des individuell stark differierenden Beschwerdebildes existiert gemäß aktuellem Wissensstand keine etablierte symptomatische Standardtherapie. Somit wird zurzeit ein an dem beim einzelnen Patienten ausgebildeten Symptomkomplex orientierter symptomatischer Therapieansatz empfohlen, dessen Grundlage entsprechende Empfehlungen zur Ernährung und allgemeinen Lebensführung bilden. (TG, S. 5)"

Er verweist also letztlich nur auf seine eigenen "Tragenden Gründe". Im gerichtlichen Verfahren räumt er ein, dass sich ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerten Konsens in den einschlägigen Fachkreisen über den Nutzen von ernährungsbezogenen Maßnahmen nicht feststellen lasse. Er beruft sich aber auf das Statement 4-4-2 der S3- Leitlinie (dort S. 260, "Symptombeeinflussung durch Lebensstil-Modifikation"), wonach es zwar keine generellen Ernährungs- und Lebensstil-Empfehlungen beim Reizdarmsyndrom gebe. Der Patient könne aber Ernährungs- und Verhaltensvorgaben erhalten. Dabei sollten diese auf der Beobachtung individueller Trigger der Symptomatik (z. B. Stress, bestimmte Nahrungsmittel, Bewegungs- oder Schlafmangel etc.) oder bestehenden Komorbiditäten (z. B. Depression) basieren. Allerdings beruht diese Empfehlung nur auf einem Evidenzgrad D, welchen die Leitlinie nur als "Expertenmeinung ohne explizite Bewertung der Evidenz oder basierend auf physiologischen Modellen, Laborforschung oder Definitionen" definiert. Abgesehen von der eingeschränkten Evidenz im Sinne der AM-NutzenV blendet der Beigeladene zu 3) aus, dass die Leitlinie der Ernährung ein eigenes Kapitel widmet und dort präzisere Empfehlungen enthält, die sich –ernährungsberatungsbezogen- primär auf den Ausschluss von Nahrungsmittelunverträglichkeiten beziehen. Im Ansatz unwidersprochen beruft sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auf die Definition des RDS, welche neben der Zeitdauer der Beschwerden und dem Leidensdruck voraussetzt, dass keine für andere Krankheitsbilder charakteristischen Veränderungen vorliegen, welche wahrscheinlich für die Symptome verantwortlich sind (vgl. S3-Leitlinie Statement 1.1.1 S. 242). Unter den Differenzialdiagnosen, deren Vorhandensein zur Vermeidung von Diagnose- und ggf. Therapieverschleppung rasch erfolgen sollten, gehören unter anderem die symptomatische Kohlenhydratmalabsorption, Nahrungsmittelallergie und Sprue/Zöliakie (Leitlinie Tab. 3-1 S. 253). Die Klägerin rügt zwar in diesem Zusammenhang zu Recht Widersprüche, weil sie ersichtlich davon ausgegangen sei, dass mit dem Krankheitsbild RDS die vorgenannten Krankheitsbilder bereits ausgeschieden worden seien. Ob die Ernährungsberatung differenzialdiagnostischen Zwecken dienen soll oder einer Behandlung des RDS als solches, lässt sich dem Beschluss nicht entnehmen. Allerdings –und tragend- beruft sich der Beigeladene zu 3) im Kern auf Erkenntnisse, die zwar nur einen geringen Evidenzgrad aufweisen, verlässt aber den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse im Sinne der Verordnung damit noch nicht.

Dass die Vergleichstherapie abgesehen von der Ernährungsberatung und unabhängig hiervon ansonsten in der Behandlung der Symptome selbst liegt, steht außer Streit.

5.4 Relevante Rechtsfehler bei der Ermittlung der Arzneimittel zur Behandlung der Symptome als Teil der Vergleichstherapie sind nicht ersichtlich.

Grundsätzliche Fragen in diesem Zusammenhang können in diesem Rechtsstreit dahingestellt bleiben. Allerdings dürfte § 6 VerfO des Beigeladenen zu 3) rechtmäßig sein. § 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 VerfO bestimmt, dass eine Arzneimittelanwendung nur dann Vergleichstherapie sein kann, wenn es sich um ein zugelassenes Arzneimittel im Anwendungsgebiet handelt. Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz für die Versorgung mit Arzneimitteln, § 6 Abs. 2 Halbsatz 1 AM NutzenV. Soweit die Klägerin die Fachinformation für Imipramin-Neuraxpharm® mit dem Wirkstoff Imipraminhydrochlorid eingereicht hat, ist festzustellen, dass dieses Arzneimittel nur für depressive Syndrome zugelassen ist, sowie in kleinen Wirkstärken zur langfristigen Schmerzbehandlung im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptes und zur Behandlung von Enuresis ab einem Alter von fünf Jahren und Ausschluss organischer Ursachen und von Pavor nocturnus im Rahmen eines therapeutischen Gesamtkonzeptes. Ein relevanter Bezug zu den hier relevanten Symptomen besteht nicht.

Aus den Fachinformationen für das Arzneimittel Vagantin® mit dem Wirkstoff Methantheliniumbromid ergibt sich, dass dieses Arzneimittel zur Zeit des Beschlusserlasses u. a. zugelassen war für "vermehrte Bewegungsvorgänge im Magen- und Darmbereich, Reizkolon". Allerdings handelte es sich um ein fiktiv zugelassenes Arzneimittel. Die Neuzulassung betrifft nunmehr ausschließlich ein anderes Anwendungsgebiet (übermäßiges Schwitzen unter den Achseln). Der Beigeladene zu 3) hat TZA fehlerfrei ausgeschlossen.

Zur Begründung führt er in den Tragenden Gründen aus (S. 10).

"Angesichts der anticholinergen Wirkkomponente trizyklischer Antidepressiva, wie z. B. Amitriptylin und Imipramin, wird eine Anwendung dieser Wirkstoffgruppe beim Reizdarmsyndrom vom Obstipationstyp nicht empfohlen. Daher besteht keine gesicherte medizinische Argumentationsgrundlage, welche die Kostendarstellung rechtfertigt."

Er kann sich dabei auf das Statement in der S3 Leitlinie stützen (dort S. 267) "Statement 6-1-8 Bei RDS vom Obstipationstyp sollen trizyklische Antidepressiva nicht verschrieben werden. [Evidenzgrad A, Empfehlungsstärke &8595;&8595;, Konsens]

Begründet wird dies mit den gastrointestinaler Nebenwirkungen antidepressiver Therapien (S3-Leitlinie S. 268). Ferner heißt es an anderer Stelle (S. 275)

"Zur Therapie des (schmerzhaften) RDS O sollten SSRI den trizyklischen Antidepressiva vorgezogen werden, da trizyklische Antidepressiva aufgrund ihrer anticholinergen (Neben )Wirkung eine Obstipation verstärken können."

Der Beigeladene zu 3) kann sich insoweit fehlerfrei auf die potentiell obstipationsverstärkende Wirkung dieser Wirkstoffe berufen. Dies gilt auch, soweit er keinen Widerspruch zur Bestimmung von Mebeverinhydrochlorid sieht, obgleich es sich bei diesem Wirkstoff um ein Anticholinergikum handele und ihm deshalb eine anticholinerge Wirkkomponente wie den TZA anhaftet.Allerdings verursachen Arzneimittel mit Mebeverin als Nebenwirkung keine Obstipation, was der Beigeladene zu 3) anhand der Fachinformation aus dessen Wirkmechanismus herleitet (vgl. Fachinformation Arzneimitte Mylan® (Mebeverin-haltig) Abschnitt 5 "Wirkmechanismus und pharmakodynamische Wirkungen"):

"Mebeverin ist ein muskulotropes Spasmolytikum mit einer selektiven Wirkung auf die glatte Muskulatur des Verdauungstraktes. Es lindert Krämpfe, ohne die normale Darmtätigkeit zu beeinflussen. Da dieser Effekt nicht durch das autonome Nervensystem vermittelt wird, treten keine typischen anticholinergen Nebenwirkungen auf."

Der Wirkstoff Scopolaminiumbromid ist nicht zur Behandlung eines der Symptome des Reizdarmsyndroms zugelassen.

Einzelne pflanzliche Wirkstoffe (z. B. indische Flohsamen) oder Kombinationen (z. B. Iberogast®)hat der Beigeladene zu 3) zu Recht ausgeschieden, da die entsprechenden Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel alle nicht verordnungspflichtig sind.

In den Tragenden Gründen heißt es hierzu (Seite 5):

"In der Behandlung der mit dem Reizdarmsyndrom mit Obstipation (RDS O) assoziierten Symptome ( ...) sind Arzneimittel etabliert, von denen eine Vielzahl von den Regelungen des § 31 SGB V umfasst sind. Der Ausnahmetatbestand nach § 34 Abs. 1 Satz 2 kommt für diese in dem vorliegenden Anwendungsgebiet nicht zum Tragen."

Entsprechendes gilt für die Probiotika, insbesondere die Milchsäurebakterien-Präparate. Soweit die Klägerin einen Begründungsmangel des Beigeladenen zu 3) sieht, weil Äußerungen zu sogenannten SSRI (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) fehlten, obgleich die S3-Leitinie deren Verschreibung bei RDS vorsehe, teilt der Senat diese Kritik nicht. Die Leitlinie geht nämlich selbst von einem Off-Label-Use aus (S. 280), so dass die Verordnung im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung per se ausscheidet. Der Wirkstoff Prucaloprid ist im Abführarzneimittel Resolor® enthalten. Abführmittel sind auch bei Verschreibungspflicht nach § 34 Abs. 6 Nr. 3 SGB V ausgeschlossen. § 13 Abs. 1 Nr. 3 Arzneimittel-Richtlinie (in der Fassung vom 18. Dezember 2008/22.Januar 2009, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2009 Nr. 49a zuletzt geändert am 15. August 2013, veröffentlicht BAnz AT 28.08.2013 B3 in Kraft getreten am 13. September 2013 enthält hiervon keine Ausnahme bei RDS-O. Als Ausnahmen sind dort nurAbführmittel zur Behandlungen im Zusammenhang mit Tumorleiden, Megacolon, Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszidose, neurogene Darmlähmung, vor diagnostischen Eingriffen, bei phosphatbindender Medikation bei chronischer Niereninsuffizienz, bei der Opiat- sowie Opioidtherapie und in der Terminalphase aufgeführt.Die Behandlung von Schmerzen mit Opioiden und Opioidagonisten solle nach der S3 Leitlinie nicht durchgeführt werden. Dass der Beigeladene zu 3) hierauf nicht ausdrücklich eingeht, ist angesichts des Evidenzgrades dieser Aussage unschädlich. Das Arzneimittel Paveriwern® mit dem Wirkstoff Schlafmohnkraut hat als Anwendungsgebiet symptomatische Behandlung bei krampfartigen Magen-Darm-Beschwerden (vgl. http://fachinformation.srz.de/pdf/aristo/paveriwernfl%C3%BCssigkeit.pdf) und gehört deshalb per se nicht zu den Arzneimittel der hier relevanten Symptome des RDS-O.

Auf die von der Klägerin vertretene These, dass die Beschränkung auf zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähige Arzneimittel verfassungswidrig sei, weil der zwangsweise festzusetzende Erstattungsbetrag nach § 78 Abs. 3a AMG generell, also auch außerhalb des Bereiches der gesetzlichen Krankenversicherung gilt und deshalb ein direkter Eingriff in Art. 12 GG vorliegt, braucht nicht eingegangen zu werden, da die Klage aus anderen Gründen Erfolg hat. Dies betrifft den Ausschluss von Abführmittel nach § 34 Abs. 6 S. 3 SGB V, Arzneimittel, soweit sie zur Symptombekämpfung als Off-Label-Use verordnet werden, fiktiv zugelassene Arzneimittel, OTC-Arzneimittel sowie bloße Nahrungsergänzungsmittel. 5.5 Der Beigeladene zu 3) hat allerdings nicht nachvollziehbar begründet, weshalb er die Psychotherapie für irrelevant bei der Behandlung der Symptome Obstipation, Blähungen, Krämpfe und Schmerzen hält. Damit wird gegen § 6 Abs. 1 und 2 AM-NutzenV verstoßen. Gleichzeitig -und tragend, soweit § 6 AM-NutzenV als nicht verletzt angesehen werden sollte- fehlt es jedenfalls an einer nachvollziehbaren Bewertung. Der Beigeladene zu 3) hat hierzu in den tragenden Gründen ausgeführt:

"Die Psychotherapie kommt nicht als zweckmäßige Vergleichs-therapie für das genannte Anwendungsgebiet infrage, da hier zwar die symptomatische Behandlung, nicht aber die Beteiligung psychischer Faktoren genannt ist und somit die Beteiligung psychischer Faktoren nicht ohne zusätzliche Informationen als gegeben angenommen werden kann. Es ist also nicht gewährleistet, dass beim RDS O regelmäßig eine seelische Krankheit vorliegt oder dass die ursächliche Beteiligung psychischer Faktoren am Krankheitsgeschehen patientenindividuell festgestellt wird." (Tragende Gründe Seite 4)

Im Klageverfahren hat er diese These dahingehend ergänzt, dass die Anwendung von Psychotherapie zur gezielten Behandlung des RDS O nicht im Einklang mit der Psychotherapie-Richtlinie nach § 92 Abs. 6 a SGB V stünde, da diese nur Psychotherapie als Richtlinienverfahren nur für die seelische Krankheiten indiziere, die in der Richtlinie abschließend aufgezählt seien.

Zutreffend scheiden danach zwar die Verfahren der darmbezogenen Hypnose und der psychodynamischen Therapie von vornherein aus, weil sie nicht zu den anerkannten und erbringbaren Psychotherapieverfahren gehören. Der Beigeladene zu 3) blendet allerdings ohne jede Begründung aus, dass zu den seelischen Erkrankungen nicht nur die auch in der S3-Leitlinie als Komorbiditäten genannten Krankheitsbilder der Depression und Angst gehören, die häufig mit RDS auftreten (vgl. S. 3-Richtlinie S. 242 Statement 1 1.9), sondern auch das weite Gebiet der somatoformen Störungen. Die Annahme, eine Indikation nach der Psychotherapierichtlinie liege abgesehen von den Komorbitäten im vorgenannten Sinne nicht vor, ist danach falsch:

Zu den Indikationen nach § 22 Psychotherapierichtlinie in der zur Zeit des Beschlusses des Beigeladenen zu 3) ab 19. Juni 2013 geltenden Fassung vom 18. April 2013 (heute: § 26) gehörten und gehören nach § 22 Abs. 1 Nr. 3, 1. Alt. Psychotherapierichtlinie die Behandlung von somatoformen Störungen sowie Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen). Nach Wikipedia sind Somatoforme Störungen körperliche Beschwerden, die sich nicht oder nicht hinreichend auf eine organische Erkrankung zurückführen lassen (im klassischen medizinischen Sinne des ICD-10). Kennzeichnend ist eine intensive Fixierung auf bestimmte körperliche (somatische) Symptome, die zu erheblichem Leid führen und die alltägliche Lebensführung beeinträchtigen

Der ICD-10 für 2013 definiert sie wie folgt:

F45.- Somatoforme Störungen Das Charakteristikum ist die wiederholte Darbietung körperlicher Symptome in Verbindung mit hartnäckigen Forderungen nach medizinischen Untersuchungen trotz wiederholter negativer Ergebnisse und Versicherung der Ärzte, dass die Symptome nicht körperlich begründbar sind. Wenn somatische Störungen vorhanden sind, erklären sie nicht die Art und das Ausmaß der Symptome, das Leiden und die innerliche Beteiligung des Patienten. Für die Anwendung der Schlüsselnummer F45.41 sind die vorgenannten Kriterien nicht heranzuziehen. Für die Anwendung dieser Kategorie gelten die im Hinweistext der Schlüsselnummer aufgeführten Kriterien.

F45.0 Somatisierungsstörung Charakteristisch sind multiple, wiederholt auftretende und häufig wechselnde körperliche Symptome, die wenigstens zwei Jahre bestehen. Die meisten Patienten haben eine lange und komplizierte Patienten-Karriere hinter sich, sowohl in der Primärversorgung als auch in spezialisierten medizinischen Einrichtungen, wo viele negative Untersuchungen und ergebnislose explorative Operationen durchgeführt sein können. Die Symptome können sich auf jeden Körperteil oder jedes System des Körpers beziehen. Der Verlauf der Störung ist chronisch und fluktuierend und häufig mit einer langdauernden Störung des sozialen, interpersonalen und familiären Verhaltens verbunden. Eine kurzdauernde (weniger als zwei Jahre) und weniger auffallende Symptomatik wird besser unter F45.1 klassifiziert (undifferenzierte Somatisierungsstörung). Briquet-Syndrom Multiple psychosomatische Störung Simulation [bewusste Simulation] (Z76.8) ( )

F45.3- Somatoforme autonome Funktionsstörung Die Symptome werden vom Patienten so geschildert, als beruhten sie auf der körperlichen Krankheit eines Systems oder eines Organs, das weitgehend oder vollständig vegetativ innerviert und kontrolliert wird, so etwa des kardiovaskulären, des gastrointestinalen, des respiratorischen oder des urogenitalen Systems. Es finden sich meist zwei Symptomgruppen, die beide nicht auf eine körperliche Krankheit des betreffenden Organs oder Systems hinweisen. Die erste Gruppe umfasst Beschwerden, die auf objektivierbaren Symptomen der vegetativen Stimulation beruhen wie etwa Herzklopfen, Schwitzen, Erröten, Zittern. Sie sind Ausdruck der Furcht vor und Beeinträchtigung durch eine(r) somatische(n) Störung. Die zweite Gruppe beinhaltet subjektive Beschwerden unspezifischer und wechselnder Natur, wie flüchtige Schmerzen, Brennen, Schwere, Enge und Gefühle, aufgebläht oder auseinander gezogen zu werden, die vom Patienten einem spezifischen Organ oder System zugeordnet werden. ( )

Psychogene Formen: ( )

• Colon irritabile

• Diarrhoe

• Dyspepsie

• Dysurie

• erhöhte Miktionshäufigkeit

• Flatulenz

( )

Psychische und Verhaltenseinflüsse bei anderenorts klassifizierten Störungen oder Krankheiten (F54) ( ) F45.31 Oberes Verdauungssystem F45.32 Unteres Verdauungssystem ( )

Zum Verhältnis des RDS zu somatoformen Störungen heißt es in der S3-Leitlinie (S. 244):

"Statement 1-1-9: Mit dem Reizdarmsyndrom assoziierte Störungen Das Reizdarmsyndrom ist gehäuft mit somatoformen und psychischen Störungen assoziiert.

Kommentar: Bei 15 – 48% der Patienten mit RDS sind die Kriterien einer Somatisierungsstörung, der schwersten Ausprägung somatoformer Störungen, erfüllt [78–84]. Umgekehrt nennen praktisch alle Patienten mit der Diagnose "Somatisierungsstörung" RDS- typische Beschwerden [85]."

Hinsichtlich der somatoforme Störung spricht deshalb viel dafür, nicht von einer Komorbidität -also zwei prinzipiell unterschiedlich Erkrankungen unterschiedlicher Ätiologie- auszugehen, sondern von einer Erkrankung die bei unklarer Krankheitsursache (oft) zusammen mit dem RDS auftritt oder sogar nur eine andere unterschiedliche Bezeichnung für dasselbe Leiden ist.

Das Therapiekonzept der S3-Leitlinie differenziert konsequenterweise zwischen psychischer Komorbidität und psychosozialen Belastungen. In den S3 Leitlinien ist zur Rolle der Psyche vgl. S3 Leitlinie ist unter Statement 6 1 3 ausgeführt:

"Bei Hinweisen auf eine relevante psychosoziale Belastung oder psychische Komorbidität soll eine psychologische Diagnostik und gegebenenfalls eine Psychotherapie veranlasst werden. Dabei soll die allgemeine ärztliche Betreuung weitergeführt werden. [Evidenzgrad A, Empfehlungsstärke &8593;&8593;, Konsens]".

In der Kommentierung heißt es hierzu:

"Psychotherapie wirkt jedoch sowohl auf die gastrointensinalen Symptome wie auf die psychische Komorbidität und die Lebensqualität, und präliminäre Daten belegen, dass diese Wirkungen unabhängig voneinander sind."

Der Beigeladene zu 3) verhält sich widersprüchlich, sich hinsichtlich der Ernährungsberatung auf den Evidenzgrad D zu verlassen, hier jedoch eine Aussage mit Evidenzgrad A für irrelevant zu erachten.

Die Klägerin geht deshalb davon aus, dass bei 20% der Patienten eine Psychotherapie sinnvoll ist. Das IQWiG führt dazu aus (S. 30)

"Der pU hat die Verordnung einer Psychotherapie auf die Patienten in der Zielpopulation "mit somatoformen Störungen bei Vorliegen einer psychischen Krankheit als Folge schwerer chronischer Krankheitsverläufe (20 % der Patienten)" beschränkt. Diese Begrenzung der Verordnung ist nachvollziehbar. Allerdings ist dann davon auszugehen, dass wiederum nur ein Teil dieser Patienten eine Psychotherapie erhält, da sie nicht als Dauertherapie über viele Jahre durchgeführt wird. Die Psychotherapie wird daher als Leistung nur für die Patienten mit neu aufgetretenem RDS angenommen. Dies wäre eine Teilmenge der jährlich neu auftretenden Fälle und damit deutlich geringer als die vom pU angesetzten 20 %."

Ob eine (Mit-)Behandlung somatoformer Störungen begrifflich ähnlich ausgeschieden werden kann wie die psychischen Komorbiditäten beispielsweise von Depression oder Ängsten hat der Beigeladene zu 3) also nicht Weise geklärt. Es geht insoweit nicht um einen Off-Label-Use des Arzneimittels Constella® für die Behandlung einer Somatisierungsstörung F 45.32, sondern um den (etwaigen) Effekt, dass durch die Behandlung eines RDS-O aufgrund des geschilderten Zusammenhangs bzw. jedenfalls der Deckungsgleichheit der Symptome Psychotherapie eingespart wird.

Dass Voraussetzung für eine psychosomatische Grundversorgung nach dem heutigem § 23 Abs. 2 Satz 2 Psychotherapie-Richtlinie (§ 21 Abs. 1 Satz 2 alter Fassung) ist, dass der Arzt die ursächliche Beteiligung psychischer Faktoren an einem komplexen Krankheitsgeschehen festgestellt hat oder für wahrscheinlich annehmen muss und dem Umstand, dass diese Voraussetzung nicht bei jedem RDS O-Patienten indiziert ist, führt entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 3) nicht zur generellen Irrelevanz dieser nichtmedikamentösen Therapie.

Klarzustellen ist, dass Constella® nur für die symptomatischen Behandlung des mittelschweren bis schweren Reizdarmsyndroms bei Obstipation (RDS O) zugelassen ist. Dies steht außer Streit, ohne dass der Sachverhalt aufklärungsbedürftig ist. Beweis ist nicht zu erheben.

Es fehlt zusammenfassend derzeit jedenfalls an einer nachvollziehbaren Begründung für die Annahme des Beigeladenen zu 3), Psychotherapie (auch im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung) sei keine Vergleichstherapie, auch nicht für einen Teil der Patienten.

6. Die Annahme des Beigeladenen zu 3), die ärztliche Beratung zur Ernährungsumstellung als Teil der Vergleichstherapie sei für die gesetzliche Krankenversicherung nicht mit Kosten verbunden, ist nicht tragfähig.

Die Frage, welche Kosten einer Vergleichstherapie zu berücksichtigen sind, ist in § 4 Abs. 8 AM-NutzenV geregelt. Diese Vorschrift bezieht sich zwar auf den Inhalt des vom pharmazeutischen Unternehmer vorzulegenden Dossiers. Da es aber keine anderen Vorschriften darüber gibt, welche Kosten der Beigeladene zu 2) in der von ihm anzustellenden Vergleichsberechnung zu berücksichtigen hat, ist davon auszugehen, dass § 4 Abs. 8 AM-NutzenV auch für den Beigeladenen zu 3) inhaltlich maßgebend ist (so bereits B. des Senats vom 14. März 2017 – L 1 KR 372/16 KL ER –, juris-Rdnr. 31). Nach § 4 Abs. 8 Satz 1 bis 5 AM NutzenV hat der pharmazeutische Unternehmer die Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung gemessen am Apothekenabgabepreis und die den Krankenkassen tatsächlich entstehenden Kosten anzugeben (Satz 1). § 4 Abs. 8 Satz 2 AM-NutzenV lässt sich der Grundsatz entnehmen, dass die Kosten des zu bewertenden Arzneimittels denen der zweckmäßigen Vergleichstherapie gegenüber zu stellen sind. Maßgeblich sind die direkten Kosten für die gesetzliche Krankenversicherung über einen bestimmten Zeitraum (Satz 3). Bestehen bei Anwendung der Arzneimittel entsprechend der Fach- oder Gebrauchsinformation regelhaft Unterschiede bei der notwendigen Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung oder bei der Verordnung sonstiger Leistungen zwischen dem zu bewertenden Arzneimittel und der zweckmäßigen Vergleichstherapie, sind die damit verbundenen Kostenunterschiede für die Feststellung der den Krankenkassen tatsächlich entstehenden Kosten zu berücksichtigen (Satz 4).

Der Beschluss des Beigeladenen zu 3) lässt zwar die Höhe der Kosten nicht teilweise offen. Dies lässt sich dem Text nicht entnehmen. Die Lücke in der Kostentabelle zur "Ernährungsumstellung entsprechend ärztlicher Beratung sowie symptomorientierte Behandlung (Obstipation, Blähungen, Krämpfe, Schmerzen)" als Teil der Vergleichstherapie ist als "keine Kosten" zu verstehen.

Die These des Beigeladener zu 3), die diesbezügliche ärztliche Beratung verursache der GKV keine Kosten ist jedoch fehlerhaft. In den "Tragenden Gründen" (S. 10) heißt es diesbezüglich:

"Die Ernährungsumstellung entsprechend ärztlicher Beratung wird bereits durch die Grundpauschale der Gebührenordnung für Ärzte gedeckt, so dass diese Leistung keine gesonderte Berücksichtigung bei der Kostendarstellung der zweckmäßigen Vergleichstherapie findet."

Soweit der Beigeladene zu 3) in der mündlichen Verhandlung sinngemäß geäußert hat, die entsprechende ärztliche Beratung falle in jedem Falle an, also auch wenn Linaclotid verordnet werde, widerspricht dies dem Tenor seines eigenen Beschlusses. Dort wird die Beratung zu einer Ernährungsumstellung ausschließlich als Teil der Vergleichstherapie genannt.

Die These des Beigeladenen, Arztkosten für die Ernährungsberatung fielen keinesfalls an, unterstellt zum einen, dass eine gesonderte EBM-Ziffer neben der Grundpauschale nicht entstehen kann. Dies blendet aber bereits aus, dass die Grundpauschale mehrfach pro Quartal abrechenbar sein kann, wenn beispielsweise die Hausärztin ihre RDS-O-Patienten zum Gastroenterologen überweist zur Durchführung der Beratung zur Ernährungsumstellung. Daneben können Sonderpauschalen anfallen, zum Beispiel die "Versichertenpauschale bei unvorhergesehener Inanspruchnahme" (vgl. die EBM-Ziffer 04130 des EBM [Stand 3. Quartal 2013] für die Inanspruchnahme zwischen 19:00 Uhr und 7:00 Uhr, an Samstagen, Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen, am 24.12. und 31.12.). Gerade beim RDS des Typs Obstipation kann sich der Notfall der bereits lange andauernden Verstopfung ereignen. Fiele dies weg, weil mit der Verschreibung des neuen Arzneimittels weitere Arztbesuche oder gar Notfallbehandlungen vermindert werden können, reduzierten sich die erforderlichen ärztlichen Leistungen. Darüber hinaus kann nicht einfach unterstellt werden, die Versicherten gingen regelmäßig mindestens einmal pro Quartal zum (Fach-)Arzt.

Die Kosten für ärztliche Leistungen sind Teil der Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung. Verringern sich die zu vergütenden ärztlichen Leistungen, weil die Therapie mit einem neuen Medikament seltener Arztbesuche erfordert oder der sich der Behandlungsaufwand reduziert, verringert sich auch die Gesamtvergütung: Gemäß § 85 Abs. 1 SGB V entrichtet die Krankenkasse nach Maßgabe der Gesamtverträge an die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung mit befreiender Wirkung eine Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung der Mitglieder mit Wohnort im Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung einschließlich der mitversicherten Familienangehörigen. Die Kosten der ärztlichen Versorgung stehen nicht monolithisch fest und stehen nicht außerhalb der hier relevanten Therapiekosten. Denn die Gesamtvergütung ist das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen (§ 85 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 SGB V). Der Umfang der vertragsärztlichen Versorgung ergibt sich aus § 73 Abs. 2 SGB V und umfasst unter anderem die ärztliche Behandlung, Nr. 1 (Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB, 10/16, § 85 SGB V, Rdnr. 29). Auch aus dem Gebot der Beitragssatzstabilität (§ 71 SGB V) folgt, dass sich der Therapiekostenvergleich nicht nur auf Arzneimittelkosten bezieht, sondern auf die Kosten für die medizinische Versorgung insgesamt.

Schätzweise ist demnach zu ermitteln ist demnach, welche ärztlichen Gebührenziffern bei Anwendung der Vergleichstherapie anfallen. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Quantifizierung des Bruchteils an ärztlicher Leistung, welche durch die Ernährungsberatung erforderlich ist, nicht möglich sein könnte. Auch die Umrechnung des Punktvolumens in Euro ist möglich. Die anhand der im Beschluss angegebenen Patientenzahlen in Geld umgerechneten Beträge sind direkte Kosten nach § 4 Abs. 8 S. 3 AM-NutzenV. Eine Ernährungsberatung hat nach der Fachinformation für Constella ® nicht zu erfolgen. Es gibt insoweit einen regelhaften Unterschied zur vom Beigeladenen zu 3) festgelegten Vergleichstherapie im Sinne des § 4 Abs. 8 Nr. 4 AM-NutzenV.

Soweit der Beigeladene zu 3) der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgehalten hat, die etwaigen zusätzlichen Kosten der ärztlichen Beratung nicht in seinem Dossier angegeben zu haben, verhält er sich widersprüchlich: Denn er hat sich bereits im Vorfeld der Beratung dahingehend festgelegt, dass die ärztliche Beratung über die Gebührenordnung abgerechnet werden könne. Zudem hätte er der Klägerin, welche von der therapeutischen Irrelevanz einer Ernährungsumstellung ausgegangen ist, auf die aus seiner Sicht gebotene vorsorgliche Ergänzung des Dossiers im Rahmen seiner Beratungspflicht hinweisen müssen. Gleiches gilt für die etwa zudem unter Umständen anfallenden Kosten einer Ernährungsberatung im Rahmen "Ergänzender Leistungen zur Rehabilitation" nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 SGB V.

7. Entsprechendes gilt unabhängig von dem ärztlich abrechenbaren Aufwand für die Ernährungsberatung für die ärztliche Betreuung, welche mit der Bekämpfung der Symptome des RDS-O verbunden sind, beispielhaft für die (Notfall-)Verordnung von Abführmitteln.

8. Entsprechendes gälte ferner auch für die Kosten eingesparter Psychotherapeutischer Leistungen (im oben skizzierten Umfang also insbesondere im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung).

Im bereits genannten Beschluss vom 14. März 2017 hat der Senat weiter ausgeführt, dass § 4 Abs. 8 Satz 4 AM-NutzenV, wonach Unterschiede bei der notwendigen Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung oder bei der Verordnung sonstiger Leistungen zwischen dem zu bewertenden Arzneimittel und der zweckmäßigen Vergleichstherapie nur dann zu berücksichtigen sind, wenn bei Anwendung der Arzneimittel entsprechend der Fach- oder Gebrauchsinformation regelhafte Unterschiede bestehen, möglicherweise lex specialis gegenüber dem in § 4 Abs. 8 Satz 2 AM-NutzenV normierten Grundsatz sei, dass die Kosten einer Therapie so zu berücksichtigen sind, wie die Therapie in den Vergleich eingestellt worden ist. Im Gegensatz zum dortigen Fall eines neuen Antidepressivum geht es hier nicht um die Kosten für Psychotherapie neben denen für Arzneimittel, sondern um das mögliche Entfallen der Notwendigkeit einer Psychotherapie.

9. Der Mangel des Beschlusses des Beigeladenen zu 3) führt zur Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Schiedsspruches. Die Beklagte war -wie ausgeführt wie die Vertragsparteien an die Vorgaben des GBA gebunden. Dies verletzt die Klägerin bzw. nunmehr die Beigeladene zu 4) in ihren Rechten, weil möglicherweise ein höherer Erstattungsbetrag festzusetzen wäre bzw. nach Korrektur durch den Beigeladenen zu 3) festzusetzen sein wird. 10. Angesichts des Erfolges der Klage im Hauptantrag braucht auf den dritten Hilfsantrag nicht eingegangen zu werden.III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1 und Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision ist nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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