L 4 KR 1056/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 1048/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1056/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf EUR 113.300,29 festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

Der 1944 geborene und im Juli 2004 verstorbene, bei der beklagten Krankenkasse versicherte K.-D. K. (im Folgenden: Versicherter) war an chronischer lymphatischer Leukämie ((CLL); Erstdiagnose Juni 1996) erkrankt. Im April 2001 wurde das Fortschreiten der Erkrankung festgestellt. Es folgten sechs Zyklen Chemotherapie mit Fludarabin im Rahmen der CLL-4-Studie der Deutschen CLL-Studiengruppe. Es kam zu einer partiellen Remission der Erkrankung. Im Januar 2002 erfolgte eine erneute Progression der Krankheit. Bis März 2002 wurden daraufhin drei Zyklen Chemotherapie mit Fludarabin/Cyclophosphamid durchgeführt. Von Juni bis September 2003 folgten drei weitere Zyklen einer COP-Chemotherapie. Klinisch zeigte sich im Anschluss eine komplette Remission. Anfang 2004 zeigten die Untersuchungen des Versicherten eine erneute erhebliche Tumorlast. Vom 7. Februar bis 15. März 2004 befand sich der Versicherte in stationärer Behandlung im Krankenhaus des Klägers, einem nach Landesrecht anerkannten Hochschulklinikum in der Rechtsform einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts. Nach dosis-reduzierter Konditionierung (Cyclophosphamid 40 mg/kg) mit einer Ganzkörperbestrahlung in einer Dosis von 2 Gy (kombiniert mit Fludarabin und ATG) erfolgte am 17. Februar 2004 eine fremd-allogene Stammzelltransplantation (SZT) mit 6,9 x 106 CD34+-Zellen (Entlassungsbericht des Prof. Dr. K. und Dr. F., Medizinische Klinik, vom 15. März 2004). Der Versicherte wurde dabei nicht im Rahmen einer Studie behandelt. Die Behandlung erfolgte entsprechend eines zeitgleich in dem Hochschulklinikum durchgeführten Studienprotokolls. Am 13. April 2004 wurde der Versicherte erneut stationär im Hochschulklinikum aufgenommen. Dort verstarb er am 25. Juli 2004 an den Folgen einer Transplantat-gegen-Empfänger-Erkrankung (Graft-versus-Host-Disease, (GVHD)) Grad IV (von maximal IV).

Mit Rechnung vom 14. Mai 2004 machte der Kläger für die vollstationäre Behandlung des Versicherten vom 17. Februar bis 15. März 2004 unter Ansatz der Fallpauschale (DRG = Diagnosis Related Group) A04A (Knochenmarktransplantation/Stammzelltransfusion, allogen, HLA-verschieden) insgesamt EUR 113.300,29 geltend (einschließlich des Qualitätssicherungszuschlags nach § 17b Abs. 1 Satz 5 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und DRG-Systemzuschlag, abzüglich geleisteter Zuzahlungen in Höhe von EUR 80,00). Die Beklagte beglich zunächst den Rechnungsbetrag.

Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Dr. E. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Baden-Württemberg am 27. August 2004 ein sozialmedizinisches Gutachten. Danach sei die allogene Fremdspendertransplantation bei der CLL als experimentell einzustufen. Unter bestimmten Voraussetzungen entspreche die Behandlung der CLL mit allogener SZT mit einem HLA-identischen Geschwisterspender dem wissenschaftlich gesicherten Standard, nicht aber die Behandlung mit Fremdspenderzellen. Die fremd-allogene Blutstammzell-Transplantation könne an Hochschulkliniken im Rahmen von klinischen Prüfprotokollen durchgeführt werden.

Am 17. Februar 2005 verrechnete die Beklagte EUR 113.300,29 mit anderen unstreitig bestehenden Forderungen des Klägers gegen die Beklagte.

Mit Schreiben vom 15. Mai 2009 widersprach der Kläger dem Gutachten des MDK vom 27. August 2004.

Im Auftrag der Beklagten verfasste daraufhin Prof. Dr. H. vom Kompetenz Centrum Onkologie beim MDK Nordrhein das Gutachten vom 9. März 2010. Die durchgeführte Behandlung habe nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen. Es hätten noch mehrere anerkannte Behandlungsmethoden mit zugelassenen Medikamenten zur Verfügung gestanden. Die dem medizinischen Stand entsprechende Behandlung hätte zunächst darin bestanden, den weiteren Krankheitsverlauf abzuwarten, nachdem durch die Anwendung des COP-Protokolls eine komplette Remission erreicht worden sei. Bei einem weiteren Krankheitsprogress hätte die Möglichkeit bestanden, den Versicherten mit den zugelassenen Medikamenten Bendamustin oder Alemtuzumab zu behandeln. Die Behandlung des Versicherten außerhalb einer klinischen Studie widerspreche zudem den Empfehlungen der Deutschen CLL-Studiengruppe und der Europäischen Fachgesellschaft für Blutstammzell- oder Knochenmarktransplantation (EBMT), die übereinstimmend für den Behandlungszeitpunkt empfohlen hätten, Behandlungen mit allogener SZT bei CLL, insbesondere bei nicht-verwandten Spendern, auf klinische Studien zu beschränken. Dies sei im Sinne des Patientenschutzes auch geboten gewesen, da mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 bis 50 % mit dem Auftreten tödlicher Komplikationen zu rechnen gewesen sei. Zum damaligen Zeitpunkt sei auch eine entsprechende Studie von der Deutschen CLL-Studiengruppe durchgeführt worden, in die der Versicherte hätte eingeschlossen werden können.

Am 21. Dezember 2010 erhob der Kläger beim Sozialgericht Stuttgart Klage auf Zahlung von EUR 113.300,29. Mit Beschluss vom 4. April 2011 erklärte sich das Sozialgericht Stuttgart für unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Sozialgericht Reutlingen (SG).

Zur Begründung seiner Klage führte er unter Vorlage von Stellungnahmen des Dr. F. vom 14. Oktober 2010, 10. Mai 2013 und 13. Mai 2014 sowie von Prof. Dr. M. vom 7. August 2014 im Wesentlichen aus, der Einsatz der allogenen SZT habe dem allgemein anerkannten Stand der damaligen medizinischen Erkenntnisse entsprochen. Dies ergebe sich zunächst bereits daraus, dass im maßgeblichen Fallpauschalenkatalog diese Behandlungsmethode Erwähnung finde. Da außerdem der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) einen Ausschluss der Methode nach § 137c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht beschlossen habe und diese Regelung eine Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt enthalte, handele es sich insgesamt um eine zulässige Behandlungsmethode. Die Durchführung der allogenen SZT sei auch im vorliegenden Einzelfall notwendig gewesen. Die Kriterien der von der Rechtsprechung entwickelten grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts seien erfüllt. Es habe damals eine sehr ungünstige Prognose gestellt werden müssen. Nur mit der allogenen SZT habe die Chance bestanden, das Versterben des Versicherten abzuwenden. Die transplantationsassoziierte Mortalität sei auf 25 % geschätzt worden. Entgegen der Auffassung von Prof. Dr. H. (im Gutachten vom 21. Januar 2013) sei auch das Konditionierungsprotokoll sachgerecht ausgewählt worden. Die dosisreduzierte Konditionierung mit Fludarabin, Cyclophosphamid, Ganzkörperbestrahlung und ATG werde in seiner (des Klägers) Klinik seit 1999 verwendet. Sie sei für den Versicherten geeignet gewesen. Die von Prof. Dr. H. erwähnte Studie der Deutschen CLL-Studiengruppe habe selbst sehr variable Konditionierungen beinhaltet. In der Studie werde auf die Möglichkeit der Anpassung der Konditionierung hingewiesen. Außerdem seien alle im genannten Protokoll erwähnten Arten der Konditionierung im vorliegenden Behandlungsfall zur Anwendung gekommen. Soweit Prof. Dr. H. einwende (Gutachten vom 4. Februar 2014), es habe damals Hinweise darauf gegeben, dass die Ganzkörperbestrahlung mit ungünstigen Behandlungsergebnissen verbunden ist, überzeuge die Argumentation nicht. Aus der von Prof. Dr. H. angeführten Publikation von Dreger (2003) ergebe sich kein Beweis für die Überlegenheit anderer Konditionierungsprotokolle. Die in der Studie festgestellten Unterschiede könnten unter Berücksichtigung statistischer Gesichtspunkte rein zufällig sein. Die Auswertung der CLL-Studie könne nicht herangezogen werden, weil sie aus dem Jahr 2010 stamme. Zudem seien dort neben der Ganzkörperbestrahlung andere Medikamente zum Einsatz gekommen, die beim Versicherten nicht angewandt worden seien. Der Einwand, der Versicherte hätte im Rahmen einer Studie behandelt werden müssen, sei nicht stichhaltig. Für eine entsprechende Verpflichtung fehle ein rechtlicher Anhaltspunkt. Der vorliegende Fall sei auch nicht mit dem Behandlungsfall, der dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. Dezember 2013 (B 1 KR 70/12 R – juris) zugrunde gelegen habe, vergleichbar. Anders als vorliegend habe sich dort die Notwendigkeit der Studienteilnahme aus einer Richtlinie des GBA ergeben. Zudem wäre eine Behandlung im Rahmen der Studie im Universitätsklinikum Heidelberg nicht möglich gewesen, weil dort ein Einschluss in die Studie frühestens im Jahr 2004 möglich gewesen sei und die Vorbereitungen für die SZT des Versicherten schon Ende 2003 hätten einsetzen müssen. Darüber hinaus verstoße eine Übertragung des genannten Urteils des BSG vom 17. Dezember 2013 auf Behandlungsfälle aus dem Jahr 2004 gegen die rechtsstaatlichen Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung. Schließlich sei der Versicherte auch nachweislich hinreichend aufgeklärt worden. Die Aufklärung habe Prof. Dr. M. im Dezember 2003 durchgeführt. Dieser bestätige, dass der Versicherte im Rahmen der Aufklärung umfassende Informationen über die Art, den Nutzen und die Risiken der geplanten Behandlung erhalten habe (unter Verweis auf die Stellungnahme von Prof. Dr. M. vom 7. August 2014). Die Aufklärung sei mündlich erfolgt; eine schriftliche Urkunde hierüber sei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht erforderlich. Der Versicherte habe nachweislich der konkret anstehenden Heilbehandlung zugestimmt. Versehentlich sei die unterschriebene Einverständniserklärung nicht ordnungsgemäß in der Patientenakte abgelegt worden.

Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage weiterer Gutachten von Prof. Dr. H. vom 21. Januar 2013, 4. Februar 2014 und 2. September 2014 entgegen. Nach Vorlage weiterer Patientenunterlagen stelle sich der medizinische Sachverhalt nun abweichend dar. Die Prognose der Erkrankung des Versicherten sei zum damaligen Zeitpunkt deutlich ungünstiger gewesen. Die Befunde im Januar und Februar 2004 belegten eine erhebliche Tumorlast. Bereits im Februar 2004 seien jedoch im Knochenmark ca. 60 % Leukämiezellen nachweisbar gewesen. Daran zeige sich, dass keine komplette Remission erreicht worden sei, so dass die Prognose deutlich ungünstiger einzuschätzen gewesen sei. Dr. F. sei zuzustimmen, dass in dieser Situation die Fortsetzung der Chemotherapie mit anderen Medikamenten wie Bendamustin oder Alemtuzumab wenig erfolgversprechend gewesen sei. Die Bewertung von Dr. F., eine Behandlung mit allogener SZT anzustreben und diese nicht weiter hinauszuzögern sei sachgerecht. Außerdem zeigten die Unterlagen, dass die Voraussetzungen für eine Behandlung mit allogener SZT günstig gewesen seien (guter Allgemeinzustand, Organfunktionen, sanierter Zahnstatus, ausgeheilter Infekt, Transplantat von männlichem Spender, der keine Differenzen in den HLA-Merkmalen aufwies). Es sei deshalb nachvollziehbar, dass dem Versicherten eine allogene SZT empfohlen worden sei.

Obwohl somit die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1a SGB V erfüllt gewesen seien, habe der Kläger gegen die Verpflichtung verstoßen, unter verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten diejenige auszuwählen, bei der die höchste Wahrscheinlichkeit für eine positive Nutzen-Schaden-Relation bestehe bzw. bei der die Sicherheit des Patienten am besten gewährleistet sei. Dies folge aus der Verpflichtung des Krankenhauses aus § 12 SGB V, eine möglichst "zweckmäßige" Behandlung auszusuchen. Die Auswahl des Konditionierungsprotokolls sei nicht sachgerecht erfolgt. Anders als in den von einer deutschen Studiengruppe im Juli 2003 publizierten 30 Patienten mit CLL (Schetelig J., et al), bei denen vor der allogenen SZT jeweils eine Konditionierung mit dosisreduziertem Busulfan, Fludarabin und ATG zum Einsatz gekommen sei, seien im Fall des Versicherten Cyclophosphamid 40 mg/kg und eine Ganzkörperbestrahlung eingesetzt worden kombiniert mit Fludarabin und ATG. Da das Behandlungsergebnis maßgeblich von der Art des Konditionierungsprotokolls abhänge, könne nicht vorausgesetzt werden, dass bei einer so gravierenden Änderung des Protokolls ein ähnlich günstiges Behandlungsergebnis wie in der Schetelig-Studie habe erreicht werden können. Eine klinische Studie, in der das eingesetzte Konditionierungsprotokoll erprobt worden sei, sei nicht zu finden gewesen. Dies stelle einen entscheidenden Qualitätsmangel der Behandlung dar, weil die Änderung des Konditionierungsprotokolls mit für den Patienten nicht kalkulierbaren Risiken verbunden gewesen sei. Es sei auch unverständlich, warum der Versicherte nicht in eine klinische Studie eingeschlossen worden sei, obwohl eine entsprechende Empfehlung der EBMT vom 15. Mai 2002 vorgelegen habe. Wie Dr. F. bestätigt habe, hätte der Versicherte auch an der Studie der Deutschen CLL-Studiengruppe (CLL 3x-Studie) teilnehmen können. Im Sinne des Patientenschutzes sei die Teilnahme an einer klinischen Studie einem individuellen Heilversuch vorzuziehen. Nur durch die Teilnahme sei die Einhaltung der Patientenschutzrechte gewährleistet (Ethikkommission, ausführliche Aufklärung, Probandenversicherung). Außerdem diene die Teilnahme an einer klinischen Studie dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn. Es entspreche den Grundsätzen der klinischen Forschung und der Aufgabenstellung einer Hochschulklinik klinische Studien zu fördern und Patienten die Teilnahme zu empfehlen. Im Bereich der Kinderonkologie liege eine entsprechend verpflichtende Vereinbarung des GBA vor. Für die Behandlung erwachsener Patienten fehle zwar bislang eine solche Vereinbarung des GBA. Aber die der Behandlung zugrundliegenden Qualitätskriterien seien natürlich identisch. Vorliegend sei von diesen Grundsätzen der klinischen Forschung abgewichen worden. Dies stelle einen entscheidenden Qualitätsmangel der Behandlung dar.

Weiter führte Prof. Dr. H. aus (Gutachten vom 4. Februar 2014 und 2. September 2014), die Auswahl des Konditionierungsprotokolls sei auch deshalb nicht sachgerecht gewesen, weil sich aus der EBMT-Analyse von Dreger aus dem Jahr 2003 Hinweise darauf ergeben hätten, dass ein Konditionierungsprotokoll mit dosisreduzierter Ganzkörperbestrahlung mit ungünstigen Behandlungsergebnissen verbunden sei. Dies habe auch die Auswertung der CLL3x-Studie von 2010 gezeigt. Ein "Standard"-Konditionierungsprotokoll habe es damals zwar noch nicht gegeben. Gerade deshalb hätte aber die Konditionierung der Schetelig-Studie zum Einsatz kommen müssen. Es sei damals die einzige Studie gewesen, in welcher ein Konditionierungsprotokoll für die allogene SZT speziell von CLL-Patienten systematisch prospektiv geprüft worden sei und welche mit günstigen Behandlungsergebnisse verbunden gewesen sei. Darüber hinaus sei nicht belegt, dass im Rahmen der Patientenaufklärung eine Teilnahme an der CLL3x-Studie empfohlen worden sei. Es sei glaubhaft, dass Prof. Dr. M. den Versicherten mündlich über die Behandlung mit allogener SZT aufgeklärt habe. Er hätte ihn aber auch auf den experimentellen Charakter der Behandlung und die Empfehlung von Expertengruppen, die Behandlung im Rahmen einer Studie durchzuführen, hinweisen und ihn über die damit verbundenen Vorteile aufklären müssen.

Das SG führte am 11. Februar 2015 eine mündliche Verhandlung durch. Hinsichtlich der Angaben von Dr. F. und Dr. Dr. E., Berater des MDK Baden-Württemberg, wird auf das Protokoll verwiesen.

Mit Urteil vom 11. Februar 2015 verurteilte das SG die Beklagte zur Zahlung von EUR 113.300,29 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 17. Februar 2005 an den Kläger. Zur Begründung führte es aus, die Klageforderung sei nicht durch Aufrechnung erloschen, weil der Beklagten kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zustehe. Die Vergütung für die streitgegenständliche Behandlung des Versicherten sei zu Recht bezahlt worden. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entstehe unmittelbar mit der Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt sei und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich sei. Zwar sei vorliegend das Qualitätsgebot als Vergütungsvoraussetzung nicht beachtet worden, weil die Behandlung des Versicherten nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen habe. Nach der Rechtsprechung des BSG müssten die Krankenhausleistungen dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 mit Abs. 4, § 12 SGB V genügen, um zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar zu sein. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Regelungskonzeption des § 137c SGB V. Die Regelung dürfe nicht über ihren Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden bis zum Erlass eines Verbots verstanden werden. Aus dem Umstand, dass im maßgeblichen Fallpauschalenkatalog die allogene SZT aufgeführt sei (DRG A04A), folge nicht, dass damit diese Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen habe. Der Fallpauschalenkatalog enthalte lediglich eine Beschreibung der im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung zur Anwendung kommenden Behandlungsmethoden. Es sei jedoch nicht zu ersehen, bei welchen Erkrankungen die Therapien dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Die Aufnahme der allogenen SZT sei dennoch angebracht gewesen, weil diese zur Behandlung anderer Erkrankungen anerkannt sei (unter Verweis auf Anlage I 4 der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus [Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung] in der Fassung vom 21. März 2006, zuletzt geändert vom 19. Juni 2014). Für andere Erkrankungen sehe die Richtlinie des GBA einen Ausschluss dieser Methode vor (unter Verweis auf § 4 Abs. 1 Nr. 14 der Richtlinie). Für die CLL sehe die Richtlinie keinen Ausschluss vor. Daraus könne jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass die Leistung erbracht werden dürfe. Das zu beachtende Qualitätsgebot erfordere vielmehr, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute die Behandlungsmethode befürworte und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens bestehe. Dies setze regelmäßig voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der neuen Methode – die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist – zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden könnten. Der Erfolg müsse sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Sie müsse in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein. Diese Kriterien seien für die allogene SZT bei CLL im Behandlungszeitraum nicht erfüllt gewesen. Dabei seien die Publikationen, denen Behandlungsfälle zugrunde lägen, die zeitlich weit vor dem hier maßblichen Behandlungszeitraum stattfanden, nur von geringer Aussagekraft, weil sie nicht den hier maßgeblichen Stand der medizinischen Erkenntnisse im Jahr 2004 wiederspiegelten. Hierzu gehörten die von Dr. Dr. E. im Gutachten von 27. August 2004 aufgeführten Publikationen aus den Jahren 1996 bis 2002. Gleiches gelte für die Publikation von Schetelig et al. (Juli 2003), Hallek et al. (2002) und Urbano-Ispizua (2002) sowie die Indikationsliste der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Knochenmark- und Blut-SZT e.V. (DAG-KBT) vom 1. Juni 2009. Aus den für die vorliegende Beurteilung maßgeblichen Publikationen von P. Ljungman vom 30. Januar 2006, Delegado et al. (2009), Schetelig und Dreger (DÄ 2006, A-1372) sowie der Leitlinie der DGHO (Stand November 2014) ergebe sich ein uneinheitliches Bild. Teilweise werde die Methode bei der CLL als "standard of care" bezeichnet. Teilweise werde vertreten, dass die Teilnahme an einer klinischen Studie erforderlich sei. Es spreche vieles dafür, dass auch im Jahr 2004 die allogene SZT nur im Rahmen einer klinischen Studie hätte durchgeführt werden dürfen. Dies bedürfe aber keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls könne nicht festgestellt werden, dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute sich damals darin einig gewesen sei, dass die Methode außerhalb klinischer Studien durchgeführt werden dürfe. Damit habe die beim Versicherten durchgeführte allogene SZT bei CLL nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen. Ergänzend sie darauf hinzuweisen, dass eine Pflicht zur Teilnahme an einer klinischen Studie nicht bestanden habe, weil ein Negativvotum des GBA nicht existiere. Ein Vergütungsanspruch ergebe sich aber bei grundrechtsorientierter Auslegung der Reglungen des SGB V. Die Erkrankung des Versicherten hätte ohne die allogene SZT innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit zum Tode geführt. Dies ergebe sich aus den Angaben des Dr. F. in der mündlichen Verhandlung. Dieser habe überzeugend dargelegt, dass der Versicherte andernfalls innerhalb eines Zeitraums von etwa einem Jahr verstorben wäre. Dr. Dr. E. habe diese Einschätzung in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Ferner habe eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung gestanden. Nach Angaben von Dr. F. sei allein durch eine allogene SZT eine Heilung möglich gewesen. Bestätigt werde dies durch die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie e.V. (DGHO) zur CLL (Stand November 2014) und die Publikation von Schetelig und Dreger im Ärzteblatt 2006. Die Publikationen belegten ferner, dass die allogene SZT eine Behandlungsmethode sei, bei der durchaus eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung bestand. Auch Prof. Dr. H. gehe in seinem Gutachten vom 21. Januar 2013 davon aus, dass im vorliegenden Fall die Empfehlung einer Behandlung mit allogener SZT nachvollziehbar gewesen sei. Soweit er die Auffassung vertrete, die Konditionierung habe nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen, stehe dies dem Vergütungsanspruch nicht entgegen. Bei der Konditionierung handele sich um einen Bestandteil der allogenen SZT. Nach der Rechtsprechung des BSG sei die Behandlung stets in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen. Schließlich habe auch eine wirksame Einwilligung des Versicherten in die Behandlung vorgelegen. Zwar fehle eine schriftliche Einverständniserklärung. Aufgrund der Angaben des Klägers bestünden jedoch keine Zweifel, dass der Versicherte vor der Durchführung der allogenen SZT umfassend aufgeklärt worden sei und in die Behandlung, als einzige Überlebenschance, eingewilligt habe. Da keine Verpflichtung zur Studienteilnahme bestanden habe, habe der Versicherte auch nicht über die Möglichkeit aufgeklärt werden müssen.

Gegen das ihr am 26. Februar 2015 zugestellte Urteil des SG hat die Beklagte am 20. März 2015 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris) und die Gutachten von Prof. Dr. H. verwiesen. Die streitgegenständliche Behandlung des Versicherten habe nach der zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden Studienlage nicht die Anforderungen an Qualität und Wirksamkeit, wie sie in §§ 2, 12, 70 und 137c SGB V vorausgesetzt würden, erfüllt. Auch die Kriterien der grundrechtsorientierten Auslegung seien nicht erfüllt. Es fehle die nicht ganz entfernt liegende, "auf Indizien gestützte" Aussicht auf Heilung oder spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Für ein Konditionierungsprotokoll mit Ganzkörperbestrahlung habe es kein Argument gegeben. Es hätten damals Hinweise auf ein besseres Protokoll vorgelegen. Das SG habe fehlerhaft nicht auf den im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand abgestellt. Den Aspekt der fehlerhaften Konditionierung habe es zu Unrecht vollkommen ausgeklammert. Die Konditionierung sei ein ganz wesentlicher Bestandteil der SZT, der maßgeblich dafür sei, ob eine Therapie zum Erfolg führe oder nicht. Die fehlerhafte Wahl des Konditionierungsprotokolls führe vorliegend dazu, dass die möglichen Risiken gegenüber dem voraussichtlichen Nutzen überwögen. Es habe im Behandlungszeitpunkt nicht festgestanden, dass die Behandlung mehr nütze als schade. Auch die Auffassung des SG zur Teilnahme an einer Studie widerspreche der Rechtsprechung des BSG. Die Durchführung der streitgegenständlichen Behandlung außerhalb einer Studie habe den maßgeblichen Empfehlungen der Fachgesellschaften widersprochen. Der Versicherte habe auch in die zum Behandlungszeitpunkt offene CLL3x-Studie aufgenommen werden können. Schließlich scheitere der Vergütungsanspruch des Klägers jedenfalls an einer hinreichenden Aufklärung des Versicherten. Sie bestreite, dass der Versicherte ordnungsgemäß aufgeklärt worden sei und in die Behandlung eingewilligt habe.

Ergänzend hat die Beklagte auf die (vorgelegten) Gutachten des Prof. Dr. H. vom 23. August 2017 und vom 2. Februar 2018 verwiesen, in denen dieser ausgeführt hat, es sei zwar zutreffend, dass es ein Standardkonditionierungsprotokoll bei allogener SZT bei CLL 2004 nicht gegeben habe. Bis heute arbeite die CLL-Studiengruppe daran, das optimale Protokoll zu finden. Der Kläger habe aber die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse daraufhin prüfen müssen, welches Behandlungskonzept die günstigsten Behandlungsergebnisse erwarten lasse. Aus der Studie von Dreger et al. aus dem Jahr 2003 hätten sich Hinweise ergeben, dass die Ganzkörperbestrahlung mit ungünstigen Behandlungsergebnissen korrespondiere. Dr. F. (dazu unten) sei allerdings darin zuzustimmen, dass retrospektive Registerauswertungen, wie sie bei Dreger durchgeführt worden seien, aufgrund methodischer Schwächen mit einer erheblichen Unsicherheit belastet seien. Es sei aber der Schluss zulässig, dass man ohne Ganzkörperbestrahlung auf der sicheren Seite gewesen wäre. Die Schetelig-Studie aus dem Jahr 2003, eine prospektive Studie der Phase 2, in die 30 Patienten eingeschlossen gewesen seien, sei methodisch höherwertiger. Dort sei keine Ganzkörperbestrahlung zum Einsatz gekommen und das Behandlungsergebnis sei sehr günstig gewesen. Es habe damals keine Studie mit einem günstigeren Behandlungsergebnis gegeben. Zuzustimmen sei Dr. F. (dazu unten) allerdings insoweit, als dass die Auswahl der Medikamente bei prospektiven Studien möglichst in allen Fällen identisch sein sollten, um gesicherte Erkenntnisse zu erlangen. Die Unterschiede in der Schetelig-Studie erklärten sich mit den jeweiligen Vorlieben der verschiedenen Zentren. Es habe aber damals keine methodisch bessere Studie gegeben, weshalb man mit dieser habe vorliebnehmen müssen. Der Verweis von Dr. F. (dazu unten) auf die Studie von Einsele von 2003 sei nicht überzeugend, weil diese Patienten, die an einem multiplen Myelom erkrankt gewesen seien, betroffen habe. Soweit Dr. F. behaupte (dazu unten), Daten, die auf einem Kongress im Februar 2004 publiziert worden seien, vorab gekannt zu haben, sei dies aufgrund der Verschwiegenheitspflicht des Auswahlkomitees nicht vorstellbar. Die Einordnung der allogenen SZT bei CLL als Standardtherapie sei immer noch voreilig. Es sei zwar richtig, dass nach 2004 veröffentlichte Therapieleitlinien diese Therapie als Standardtherapie bei CLL bezeichneten. Bis heute werde aber noch nach dem optimalen Konditionierungsprotokoll gesucht, so dass weiterhin klinische Studien erforderlich seien. Außerdem sei bis heute der Nutzen der Therapie im Vergleich zur alleinigen medikamentösen Behandlung immer noch nicht belegt. Die DGHO empfehle weiterhin, die Behandlung – wenn möglich – unter Teilnahme an einer klinischen Studie durchzuführen.

Im vorliegenden Fall seien zudem die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten nicht ansatzweise ausgeschöpft gewesen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sei davon auszugehen, dass der Versicherte bei Fortsetzung der ambulanten medikamentösen Therapie noch mehrere Jahre gelebt hätte. Mit einer Kombination von Fludarabin, Bendamustin und Rituximab wäre ein Überleben bis zu 4,5 Jahren möglich gewesen. Dies hätten Studien aus den Jahren 2010 und 2017 gezeigt. Zwar sei die Kombination der Medikamente 2004 noch nicht zugelassen gewesen und die Wirksamkeit der Kombination sei auch noch nicht bekannt gewesen. Klar sei aber gewesen, dass es sich um eine sehr wirksame Kombination handele und dass diese nur in sehr wenigen Fällen mit tödlichen Komplikationen verbunden seien. Bei Fortsetzung der ambulanten medikamentösen Therapie hätte der Versicherte mit hoher Wahrscheinlichkeit noch mehrere Jahre gelebt. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte er jedenfalls länger als die sechs Monate gelebt, die ihm mit der SZT noch verblieben seien. Im Jahr 2004 sei die Überlebenswahrscheinlichkeit bei medikamentöser Therapie wie auch bei einer SZT allerdings nicht zuverlässig abschätzbar gewesen. Aufgrund der Datenlage habe 2004 aber auch nicht die Aussage getroffen werden können, dass die SZT mit einer Heilung verbunden sei. Die sinnvollste und angemessenste Möglichkeit der Behandlung wäre gewesen, den Versicherten in die CLL-3x-Studie einzuschließen. Die Studienteilnahme sei auch unkompliziert möglich gewesen. Es hätte genügt, der Studienleitung die Teilnahme mitzuteilen und sich das Studienprotokoll zusenden zu lassen. Alternativ hätte der Versicherte an das Universitätsklinikum Heidelberg, das lediglich 110 km vom Wohnort des Versicherten entfernt gelegen habe, überwiesen werden können.

Es werde nicht bezweifelt, dass der Versicherte über das Verfahren der allogenen SZT mit den damit verbundenen Risiken angemessen aufgeklärt worden sei. Es sei aber davon auszugehen, dass er nicht über die therapeutischen Alternativen (Fortsetzung der medikamentösen Therapie oder Studienteilnahme) aufgeklärt worden sei. Er hätte darüber aufgeklärt werden müssen, dass die Erkenntnisse zur allogenen SZT bei CLL im Jahr 2004 noch extrem begrenzt waren und keine verlässlichen Aussagen zu den Chancen im Hinblick auf Heilung möglich gewesen seien. Es hätte ihm mitgeteilt werden müssen, dass es 2004 nicht möglich war zu bewerten, ob die SZT oder die Fortsetzung der ambulanten medikamentösen Therapie mit einer günstigeren Überlebenswahrscheinlichkeit verbunden gewesen sei. Auch über die Möglichkeit des Einschlusses in eine klinische Studie, die entsprechende Empfehlung der Fachgesellschaften und die Vorteile einer Studienteilnahme hätte informiert werden müssen. Aus der Publikation Dreger et al. (2010) ergebe sich, dass die Überlebenschancen des Versicherten wesentlich günstiger gewesen seien, hätte er an der CLL3x-Studie teilgenommen. Weniger als 10 % der teilnehmenden Patienten seien innerhalb von sechs Monaten nach der SZT verstorben. 61 % der Studienteilnehmer hätten vier Jahre überlebt. 23 % seien im gleichen Zeitraum verstorben. Gerade von einer Hochschulklinik könne erwartet werden, dass sie klinische Forschung unterstütze und Patienten über die Möglichkeit des Studieneinschlusses aufkläre.

Die Beklagte beantragt,

Beweis zu erheben durch Vernehmung des behandelnden Oberarztes Prof. Dr. med. R. M., ob der Versicherte über den experimentellen Charakter der allogene Stammzellentransplantation und der Möglichkeit der Teilnahme an einer Studie aufgeklärt wurde und ob der Versicherte in Kenntnis dieser Aufklärungsinhalte seine Einwilligung zur allogenen Stammzellentranpslantation erteilt hat,

hilfsweise, das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 11. Februar 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise:

1. Zum Beweis der Tatsache, dass die Behandlung des Versicherten bei dem konkret bei ihm anzutreffenden Krankheitsbild (CLL mit ungünstiger Prognose nach Rezidiv) mit allogener Stammzelltransplantation zum Zeitpunkt seines stationären Aufenthalts vom 7. Februar 2004 bis 15. März 2004, auch unter Berücksichtigung des konkret angewandten Konditionierungsprotokolls, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen hat, weil diese Therapie zu diesem Zeitpunkt von der großen Mehrheit der einschlägigen Fachleute befürwortet worden ist, wird Beweis beantragt, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

2. Zum Beweis dafür, dass das von den MDK-Ärzten bevorzugte Konditionierungsprotokoll (Busulfan, Fludarabin und ATG, hierzu MDK - Gutachten vom 23. August 2017, S. 10) zum Zeitpunkt der Behandlung des Versicherten im Februar 2004 unter Berücksichtigung des damals bei ihm anzutreffenden Krankheitsbildes nicht in einem höheren Maße in der medizinischen Fachwelt anerkannt und akzeptiert war als das von der Klägerin angewandte Konditionierungsprotokoll wird Beweis beantragt, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

3. Zum Beweis der Tatsache, dass die mittlere Lebenserwartung des Versicherten zum Zeitpunkt der Durchführung der allogenen Stammzelltransplantation - bei Unterlassen dieser Behandlung - 10 bis 20 Monate betragen hätte und auch bei Fortsetzung einer rein medikamentösen Therapie (ohne Stammzelltransplantation) keine Verlängerung der so prognostizierten Lebenserwartung eingetreten wäre, wird Beweis beantragt, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

4. Zum Beweis der Tatsache, dass bei Anwendung der allogenen Stammzelltransplantation bei dem Versicherten zum Zeitpunkt der Behandlung eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestand und bei Anwendung der Therapie die Wahrscheinlichkeit des krankheitsfreien Überlebens bei ihm damals bei etwa 55 % lag, wird Beweis beantragt, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Zur Begründung hat der Kläger unter Vorlage weiterer Stellungnahmen von Dr. F. vom 17. Dezember 2015 und 10. Januar 2018 ausgeführt, die streitgegenständliche Behandlung habe dem Qualitätsgebot entsprochen. Dabei sei die Methode im Ganzen zu beurteilen. Nicht jede Modifikation bei der Durchführung der Behandlung sei Maßstab für die Prüfung des allgemeinen Stands der medizinischen Erkenntnisse. Hiermit stehe im Einklang, dass auch der GBA bei einer Bewertung einzelner SZTen nach § 137c Abs. 1 SGB V nicht einzelne Konditionierungsprotokolle auf ihre Evidenz prüfe, sondern seiner Bewertung ausschließlich das maßgebliche Krankheitsbild, die Differenzierung autologer oder allogener SZT sowie die Unterscheidung verwandter oder nicht verwandter Spender zugrunde lege. Die allogene SZT habe 2004 bei der CLL – bei ungünstiger Prognose oder Rezidiv nach Vortherapie – dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen. Dies ergebe sich aus der Veröffentlichung der maßgeblichen deutschen Fachgesellschaft DAG-KBT vom 29. November 2004. Dort werde die allogene SZT bei Erwachsenen für das Krankheitsbild der CLL in Fällen einer ungünstigen Prognose oder Rezidiv nach Vortherapie als Standardtherapie bezeichnet. Dabei bilde die Indikationsliste eine bereits Monate zuvor vorliegende Konsensbildung der einschlägigen Experten ab. Nahezu alle Transplantations- und Leukämieexperten hätten im Jahr 2004 in der beim Versicherten vorliegenden Risikokonstellation (mutmaßlich) die durchgeführte Behandlung empfohlen. Im Zeitpunkt als der Versicherte transplantiert worden sei, seien allein in Deutschland zwischen 1998 und 2003 insgesamt 167 Patienten mit CLL transplantiert worden, davon 74 mit nichtverwandten Spendern. In Europa seien es 756 Patienten gewesen, davon 157 mit nicht verwandten Spendern. Darüber hinaus habe es zahlreiche Studienergebnisse gegeben, unter anderem die von Dreger, Schetelig und Sorror. Die allogene SZT sei längst kein experimentelles Verfahren mehr gewesen. Zur Art und Dosierung der Konditionierung enthielten die Behandlungsempfehlungen der ärztlichen Fachgesellschaften keinerlei Vorgaben. Prof. Dr. H. verweise lediglich auf eine einzige klinische Studie. Die Studie von Dreger et al. von 2003 lasse eine Bewertung der Ganzkörperbestrahlung nicht zu. Die Aussagekraft sei beschränkt und das Studienergebnis lasse sich nicht auf den Versicherten übertragen. Die gute Verträglichkeit der angewendeten Konditionierung sei zudem durch die guten Erfahrungen durch die regelmäßige Anwendung in seiner Klinik seit 1998 belegt. Es habe sich dabei um das sog. Seattle-Protokoll gehandelt, das bekanntermaßen gute Behandlungsergebnisse erziele und in seiner Klinik leicht modifiziert zur Anwendung gekommen sei. Die Ergebnisse der Behandlung mit diesem bewährten Protokoll seien 2003 von Einsele et al. publiziert worden. Dass es sich dabei um Myelompatienten gehandelt habe, sei hinsichtlich der Abstoßung und transplantationsbedingten Sterblichkeit unbeachtlich. Bis 2004 seien in seiner Klinik über 30 Patienten nach diesem Protokoll transplantiert worden. Keines der Transplantate sei abgestoßen worden und die transplantationsbedingte Sterblichkeit sei mit 23 % so niedrig wie im Seattle-Protokoll. Die positiven Behandlungsergebnisse des Seattle-Protokolls seien zwar erst im Jahr 2005 als Volltext veröffentlicht worden, seien aber schon Anfang 2004 auf einer Tagung bekannt gegeben worden. Die Konditionierung mit Ganzkörperbestrahlung sei demnach nicht schlechter als eine Konditionierung nur mit Chemotherapie. Da Dr. F. Mitglied der "American Society of Blood and Marrow Transplantation" sei, seien ihm die Prüfungsergebnisse schon einige Zeit vorher bekannt gewesen. Ein Verweis auf die Schetelig-Studie sei auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Patienten dort keinesfalls einheitlich konditioniert worden seien. Darüber hinaus habe ein Konsens der Fachwelt im Hinblick auf die Konditionierung gerade nicht bestanden. Bis heute existierten keine entsprechenden Empfehlungen. Renommierte deutsche Zentren bevorzugten nach wie vor Konditionierungen bei CLL mit Ganzkörperbestrahlung.

Darüber hinaus seien die Kriterien der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts erfüllt. Es habe eine notstandsähnliche Situation vorgelegen. Die mittlere Lebenserwartung des Versicherten habe im Zeitpunkt der Behandlung bei etwa 10 bis 20 Monaten gelegen. Bei Fortsetzung der medikamentösen Therapie hätte sich keine Verlängerung der Lebenserwartung ergeben. Die wirksamsten medikamentösen Therapien seien damals schon ohne nachhaltigen Erfolg verabreicht worden. Eine Wiederholung wäre nicht wirkungsvoller gewesen. Am erfolgversprechendsten wäre die Gabe von Alemtuzumab gewesen. Mit der besten verfügbaren medikamentösen Therapie hätte der Versicherte nach Auswertung der einschlägigen Studien eine Lebenserwartung von etwa 16 Monaten gehabt. Eine Vorbehandlung mit Alemtuzumab hätte aber die Erfolgsaussichten der SZT nachweislich verschlechtert. Es habe außerdem eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden. Die Wahrscheinlichkeit für ein krankheitsfreies Überleben habe nach Einschätzung von Dr. F. bei 55 % gelegen, während die transplantationsassoziierte Mortalität auf 25 % eingeschätzt worden sei. Die vorgenommene konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung bestätige die Therapieentscheidung. Allein durch den Einsatz der allogenen SZT habe eine Aussicht auf ein langjähriges rückfallfreies Überleben bestanden. Die medikamentöse Therapie hätte die Lebenserwartung auf mehrere Monate beschränkt. Ein Zuwarten mit der SZT hätte die Erfolgsaussichten verschlechtert.

Schließlich seien auch die Kriterien des § 137c Abs. 3 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16. Juli 2015 erfüllt. Laut Gesetzesbegründung handele es sich lediglich um eine gesetzliche Konkretisierung und Klarstellung der bisherigen Rechtslage, so dass die Regelung auch auf die Fälle vor Inkrafttreten der Regelung anwendbar sei. Nur in dem einzigen gesetzlichen Fall, in dem der GBA die Methode durch Richtlinie aus der Versorgung ausgeschlossen habe, könne der Vergütungsanspruch davon abhängig gemacht werden, ob der Versicherte im Rahmen einer klinischen Studie versorgt worden ist. Ein Erfordernis zur Studienteilnahme lasse sich auch nicht aus dem Urteil des BSG vom 17. Dezember 2013 (B 1 KR 70/12 R – juris) ableiten, weil der dort entschiedene Fall nicht mit dem vorliegenden vergleichbar sei. Der GBA habe vorliegend die Durchführung außerhalb einer Studie nicht als "unvertretbar" bezeichnet. Er habe keinerlei Empfehlung hierzu abgegeben. Auch die Fachgesellschaft habe nicht den zwingenden Einschluss in eine Studie verlangt. Tatsächlich seien zwischen 2001 und 2007 auch 2/3 aller Patienten mit CLL außerhalb einer Studie transplantiert worden.

Schließlich sei der Versicherte auch ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Er sei über die Prognose seiner Erkrankung, den Ablauf der Transplantation, die Konditionierung, die immunsuppressive Prophylaxe, den Transplantat-gegen-Leukämie-Effekt, die Transplantat-gegen-Wirt-Erkrankung, das Infektrisiko und das Rückfallrisiko umfassend informiert worden. Die Schätzungen für die transplantationsbedingte Sterblichkeit, die rückfallbedingte Sterblichkeit und die Heilungschancen seien ihm nach besten Erkenntnissen mitgeteilt worden. Die Auffassung der Beklagten, wonach der Versicherte über eine Studienteilnahme hätte aufgeklärt werden müssen, sei nicht stichhaltig. Entsprechendes lasse sich nicht aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ableiten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene und gemäß § 143 SGG statthafte Berufung der Beklagten ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung, da der maßgebliche Beschwerdewert nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 überschritten ist. Denn die Beklagte wendet sich gegen die Verurteilung, EUR 113.300,29 zahlen zu müssen.

2. Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger EUR 113.300,29 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 17. Februar 2005 zu zahlen.

a) Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat mit der erhobenen echten Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 5 SGG die richtige Klage gewählt; denn es handelt sich bei der auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (BSG, Urteil vom 13. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris, Rn. 9). Der Kläger hat den Zahlungsanspruch auch konkret beziffert. Dies gilt gleichermaßen für den geltend gemachten Zinsanspruch. Insoweit reicht die Bezugnahme auf den Basiszinssatz (vgl. Becker-Eberhard in: Münchner Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2013, § 253 Rn. 132).

b) Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von EUR 113.300,29 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 17. Februar 2005 aufgrund der Krankenhausbehandlung des Versicherten der Beklagten.

Der Vergütungsanspruch aus unstreitigen Forderungen des Klägers gegen die Beklagte aufgrund anderer, hier nicht im Streit stehender Krankenhausbehandlungen, ist nicht durch Aufrechnung entsprechend §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von EUR 113.300,29 erloschen (zur Aufrechnung vgl. BSG, Urteile vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 26/14 R – juris, Rn. 33 m.w.N., 25. Oktober 2016 – B 1 KR 9/16 R – juris, Rn. 10 und 25. Oktober 2016 – B 1 KR 7/16 R – juris, Rn. 11). Die mit der erhobenen Leistungsklage verfolgten Vergütungsansprüche des Klägers aus späteren Krankenhausbehandlungen von anderen Versicherten der Beklagten sind unstreitig. Darauf, welche Vergütungsansprüche der Kläger auf Grund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht, kommt es nicht an (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28. November 2013 – B 3 KR 33/12 R – juris, Rn. 10), sodass insoweit keine nähere Prüfung durch den Senat erforderlich ist (vgl. z.B. BSG, Urteile vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 34/13 R – juris, Rn. 8, 25. Oktober 2016 – B 1 KR 9/16 R – juris, Rn. 8 und 25. Oktober 2016 – B 1 KR 7/16 R – juris, Rn. 9).

Der Beklagten steht kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen den Kläger in Höhe von EUR 113.300,29 zu. Die Beklagte zahlte die mit Rechnung vom 14. Mai 2004 geltend gemachte Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten vom 7. Februar bis 15. März 2004 nicht ohne Rechtsgrund.

aa) Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs des Klägers gegen die Beklagte ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG, i.d.F. des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zum diagnose-orientierten Fallpauschalensystem für Krankenhäuser [FPÄndG] vom 17. Juli 2003, BGBl I, S. 1461) i.V.m. der Anlage 1 Teil a der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2004 vom 13. Oktober 2003 (Fallpauschalenverordnung 2004 – FPV 2004) i.V.m. § 17b Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze – Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Ein Krankenhausbehandlungsvertrag nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V für das Land Baden-Württemberg existierte für das Jahr 2004 nicht. Der zuletzt gültige Vertrag vom 14. Februar 2003 hatte lediglich eine einjährige Geltungsdauer bis 31. Dezember 2003. Die Vergütung richtet sich vorliegend nicht nach den Regelungen der Bundespflegesatzverordnung (BPflV, i.d.F. des Fallpauschalengesetzes (FPG) vom 23. April 2002, BGBl. I, S. 1412), weil das von dem Kläger betriebene Krankenhaus schon im Jahr 2004 in das Fallpauschalen-Vergütungssystem nach § 17b KHG einbezogen war (§ 1 Abs. 1 BPflV).

Nach § 109 Abs. 4 SGB V wird mit einem Versorgungsvertrag nach § 109 Abs. 1 SGB V (bei den Hochschulkliniken gilt die Anerkennung nach den landesrechtlichen Vorschriften als solche als Abschluss eines Versorgungsvertrags [§ 109 Abs. 1 Satz 2 SGB V]) das Krankenhaus für die Dauer des Vertrages zur Krankenhausbehandlung der Versicherten zugelassen. Das zugelassene Krankenhaus ist im Rahmen seines Versorgungsauftrags zur Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten verpflichtet. Die Krankenkassen sind verpflichtet, unter Beachtung der Vorschriften des SGB V mit dem Krankenhausträger Pflegesatzverhandlungen nach Maßgabe des KHG, des KHEntgG und der BPflV zu führen. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (vgl. hierzu und zum Folgenden: BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 10 ff).

Das Krankenhaus hat auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nur für eine "erforderliche" Krankenhausbehandlung. Das folgt aus dem Wortlaut und Regelungssystem sowie aus dem Zweck der Vergütung. Sie dient als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht des zugelassenen Krankenhauses, Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) der Versicherten im Rahmen des Versorgungsauftrags zu leisten. Die Leistung des Krankenhauses ist nämlich zur Erfüllung des Leistungsanspruchs des Versicherten bestimmt.

Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist. Deshalb definiert § 2 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG (i.d.F. des Art. 5 FPG vom 23. April 2002, BGBl. I, S. 1412): "Allgemeine Krankenhausleistungen sind die Krankenhausleistungen, die unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinisch zweckmäßige und ausreichende Versorgung des Patienten notwendig sind." Diese "allgemeinen Krankenhausleistungen" werden nach § 7 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern u.a. mit Fallpauschalen (sog. diagnosis related groups - DRG) nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9 KHEntgG) abgerechnet (zur Höhe siehe § 8 KHEntgG). Das Fallpauschalensystem lässt keinen Raum dafür, nicht notwendige Leistungen zu vergüten.

bb) Sämtliche Voraussetzungen der genannten Rechtsgrundlagen sind vorliegend erfüllt. Der Kläger ist ein nach Landesrecht anerkanntes Hochschulklinikum und damit ein zur Behandlung gesetzliche Krankenversicherter zugelassenes Krankenhaus nach §§ 108 Nr. 1, 109 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 SGB V. Bei dem Versicherten lagen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen vor. Er litt an CLL, einer behandlungsbedürftigen Krankheit i.S.v. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.

Der Versicherte hatte auch Anspruch auf die vom Kläger erbrachte Krankenhausbehandlung aus § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V. Dies ergibt eine grundrechtsorientierte Auslegung dieser Regelungen.

aaa) Krankenhausbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V ist grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn die Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und notwendig ist. Generell hat sich der Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V i.V.m. dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V und mit § 2 Abs. 4, § 12 Abs. 1 SGB V daran auszurichten, welche Behandlung unter Beachtung des umfassenden Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit notwendig und ausreichend ist, um das angestrebte, in § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V bezeichnete Behandlungsziel zu erreichen.

Das Qualitätsgebot gilt grundsätzlich auch für die mit Fallpauschalen nach § 17b KHG vergüteten Krankenhausleistungen (z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 15, m.w.N.). Eine Abmilderung des Qualitätsgebots kann sich insbesondere daraus ergeben, dass auch bei der Beurteilung der Behandlungsmethoden im Krankenhaus in einschlägigen Fällen eine grundrechtsorientierte Auslegung der Grenzmaßstäbe nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 – juris, Rn. 48 ff) stattzufinden hat (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 15 m.w.N.; seit 1. Januar 2012 in § 2 Abs. 1a Satz 1 SGB V normiert).

§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V bestimmt, dass Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben. Den Qualitätskriterien des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entspricht eine Behandlung, wenn die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode - die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist - zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (zum Ganzen: BSG, Urteile vom 21. März 2013 – B 3 KR 2/12 R – juris Rn. 12 und 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 21, beide m.w.N.).

§ 137c SGB V (i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14. November 2003, BGBl. I, S. 2190) setzt die Geltung des Qualitätsgebots des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht außer Kraft, weil die Regelung dieser Norm nicht im Sinne einer Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus bis zum Erlass eines Verbots ausgelegt werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juli 2008 – B 1 KR 5/08 R – juris, Rn. 52; BSG, Urteil vom 21. März 2013 – B 3 KR 2/12 R – juris, Rn. 20 ff.). Nach § 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V überprüft der GBA auf Antrag eines Spitzenverbandes der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass die Methode nicht diesen Kriterien entspricht, erlässt der GBA nach § 137c Abs. 1 Satz 2 SGB V eine entsprechende Richtlinie. Ab dem Tag des Inkrafttretens einer Richtlinie darf die ausgeschlossene Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden; die Durchführung klinischer Studien bleibt unberührt (§ 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V).

Ob die Neuregelung des § 137c Abs. 3 SGB V (eingefügt zum 23. Juli 2015 durch Art. 1 Nr. 64 Buchst. b GKV-VSG vom 16. Juli 2015 [BGBl. I, S. 1211]) eine Änderung dieser Grundsätze bewirkt (vgl. hierzu mit weiteren Anmerkungen Bundestags-Drucksache 18/5123, S. 135f.), kann vorliegend dahinstehen.

bbb) Zur Überzeugung des Senats hat der Kläger vorliegend das Qualitätsgebot aus § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V beachtet. Denn die Voraussetzungen des Qualitätsgebots waren vorliegend aufgrund einer grundrechtsorientierten Leistungsauslegung abgemildert.

Eine Abmilderung des Qualitätsgebots ergibt sich allerdings nicht bereits aufgrund eines Seltenheitsfalls (dazu z.B. BSG, Urteil vom 3. Juli 2012 – B 1 KR 25/11 R – juris, Rn. 18 ff). Mit 30 % ist die CLL die häufigste Unterform der Leukämien bei erwachsenen Menschen. Es erkranken jährlich etwa 2.500 bis 3.000 Menschen in Deutschland neu. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten von Prof. Dr. H. vom 9. März 2010 (S. 5).

Die Anforderungen, die das Qualitätsgebot an das Leistungsrecht stellt, sind vorliegend jedoch wegen der gebotenen grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts abgeschwächt. Die grundrechtsorientierte Auslegung einer Regelung des SGB V über einen Anspruch auf Übernahme einer Behandlungsmethode zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung setzt voraus, dass folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: (1.) Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor. (2.) Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung. (3.) Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf" (ständige Rechtsprechung; vgl. hierzu: BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 2005 – 1 BvR 347/98 –juris, Rn. 64 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 10. November 2015 – 1 BvR 2056/12 – juris, Rn. 18; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 11. April 2017 – 1 BvR 452/17 – juris, Rn. 22; BSG, Urteile vom 7. Mai 2013 – B 1 KR 26/12 R – juris, Rn. 15 und 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 28; seit 1. Januar 2012 normiert in § 2 Abs. 1a SGB V).

(1) Der Versicherte litt an einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Der Versicherte war an CLL erkrankt. Diese Erkrankung führt unbehandelt zum Tode. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Es lag darüber hinaus eine notstandsähnliche Situation vor. Denn im Behandlungszeitpunkt drohte mit großer Wahrscheinlichkeit das Versterben des Versicherten innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums. Die Prognose war im Behandlungszeitpunkt ungünstig. Anfang 2004 zeigten die Untersuchungen des Versicherten eine erhebliche Tumorlast (60 % Leukämiezellen im Knochenmark). Die Chemotherapien in den Jahren 2001, 2002 und 2003 (insgesamt 12 Zyklen, 2001 sechs Zyklen einer Monochemotherapie, 2002 drei Zyklen Chemotherapie mit Fludarabin/Cyclophosphamid und 2003 drei weitere Zyklen einer COP-Chemotherapie) konnten die Krankheit nicht aufhalten. Die mittlere Lebenserwartung lag in dieser Situation bei 10 bis 20 Monaten. Dies entnimmt der Senat den schlüssigen Ausführungen des Dr. F. in seiner Stellungnahme vom 10. Januar 2018. Bestätigt wird diese Einschätzung auch von den Ausführungen von Prof. Dr. H. im Gutachten vom 21. Januar 2013, wonach die Prognose (nach Vorlage weiterer Unterlagen) "deutlich ungünstiger" einzuschätzen sei.

(2) Zur Überzeugung des Senats stand eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung Anfang 2004 nicht mehr zur Verfügung. Chemotherapien waren bereits ohne nachhaltigen Erfolg verabreicht worden. Dabei kamen Fludarabin als Monotherapie und Fludarabin in Kombination mit Cyclophosphamid als Kombinationstherapien zum Einsatz. Eine weitere Behandlung mit dem noch zur Verfügung stehenden Chemotherapeutikum Alemtuzumab hätte den tödlichen Verlauf der Krankheit nicht verhindern können. Nach der Studie von Keating et al. (2002) zur Alemtuzumab-Monotherapie war unter einer Alemtuzumab-Therapie eine mittlere Zeit zur Progression von 4,7 Monaten und eine mittlere Überlebenszeit von 16 Monaten zu erwarten. Dies entnimmt der Senat den schlüssigen Ausführungen von Dr. F. in seiner Stellungnahme vom 10. Januar 2018. Damit war vor dem Hintergrund der Anfang 2004 erhobenen Befunde die Fortsetzung der zystostatischen Chemotherapie mit anderen Medikamenten wie Alemtuzumab nicht erfolgversprechend. Bestätigt wird dies von Prof. Dr. H. im Gutachten vom 21. Januar 2013.

Der Versicherte konnte vor diesem Hintergrund auf eine Behandlung mit Alemtuzumab nicht verwiesen werden. Eine Vorbehandlung mit Alemtuzumab hätte zudem nachweislich die Erfolgsaussichten einer allogenen SZT verschlechtert. Diese Einschätzung von Dr. F. (vgl. Stellungnahme vom 10. Januar 2018, S. 2) wird von Prof. Dr. H. im Gutachten vom 21. Januar 2013 geteilt (vgl. S. 3), der ausführte, es sei nachvollziehbar gewesen, dem Versicherten im Jahr 2004 eine Behandlung mit allogener SZT zu empfehlen. Nur die allogene SZT bot aber die nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung (dazu sogleich).

Die von Prof. Dr. H. in seinen Gutachten vom 23. August 2017 und 2. Februar 2018 (erstmals) angeführte Kombinationstherapie bestehend aus Fludarabin, Bendamustin und Rituximab, mit der ein Überleben des Versicherten von bis zu 4,5 Jahren möglich gewesen wäre, war im damaligen Zeitpunkt keine Standardtherapie. Nach den eigenen Angaben von Prof. Dr. H. war die Kombination der Arzneimittel nicht zugelassen. Zudem ergaben sich die positiven Behandlungsergebnisse erst aus Studien der Jahre 2010 und 2017.

(3) Mit der durchgeführten allogenen SZT bestand zur Überzeugung des Senats in dem vorliegend zu entscheidenden Einzelfall eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder jedenfalls auf eine "spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf".

Dies ergibt sich allerdings nicht bereits aus dem Umstand, dass der maßgebliche Fallpauschalenkatalog eine DRG für die HLA-verschiedene, allogene SZT vorsieht. Die Fallpauschalen sind reine Vergütungstatbestände, die nichts über den Nutzen und die Unbedenklichkeit der Methode aussagen. Dies gilt insbesondere für Fallpauschalen, die sich wie die hier relevante DRG A04A – in ihrem Anwendungsbereich allein auf eine bestimmte Behandlungsmaßnahme beziehen und keine Vorgaben dazu machen, bei welchen Erkrankungen diese Behandlung zum Einsatz kommt.

Eine positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf ist zu bejahen, wenn zumindest das Fortschreiten der Krankheit aufgehalten oder Komplikationen verhindert werden. Fehlen theoretisch-wissenschaftliche Erklärungsmuster, kann im Einzelfall bei vertretbaren Risiken auch die bloße ärztliche Erfahrung für die Annahme eines Behandlungserfolgs entscheidend sein, wenn sich diese Erkenntnisse durch andere Ärzte in ähnlicher Weise wiederholen lassen. Ein Wirkungsnachweis ist nicht erforderlich. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der zu verlangen ist, um davon ausgehen zu dürfen, dass die behaupteten Behandlungserfolge mit hinreichender Sicherheit dem Einsatz gerade der streitigen Behandlung zugerechnet werden können und das einzugehende Risiko vertretbar ist, unterliegt Abstufungen je nach der Schwere und dem Stadium der Erkrankung. Dabei sind Differenzierungen im Sinne der Geltung abgestufter Evidenzgrade nach dem Grundsatz vorzunehmen "je schwerwiegender die Erkrankung und hoffnungsloser die Situation, desto geringere Anforderungen an die ernsthaften Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg". Anhaltspunkte zur Entwicklung solcher Abstufungen können die in der Richtlinie des GBA zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Methoden-Richtlinie), vor dem 1. April 2006 die Richtlinien zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtlinien) niedergelegten Grundsätze bieten. Es können als Beurteilungsgrundlage beim Fehlen anderer Studien auch "Assoziationsbeobachtungen, pathophysiologische Überlegungen, deskriptive Darstellungen, Einzelfallberichte, u.Ä.; nicht mit Studien belegte Meinungen anerkannter Experten und Berichte von Expertenkomitees und Konsensuskonferenzen" in Betracht kommen (zum Ganzen m.w.N.: BSG, Urteil vom 4. April 2006 – B 1 KR 7/05 R – juris Rn. 40). Im Wege der verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften des SGB V kann nur dann ein Anspruch auf die begehrte Behandlung bestehen, wenn auch diese den Regeln der ärztlichen Kunst entspricht. Dies ist nur dann der Fall, wenn die anzuwendende Methode nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft objektiv erfolgversprechend ist und unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes sowohl die abstrakte als auch die konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung ergeben, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 31 m.w.N).

Dass die allogene SZT mit einem nicht-verwandten Spender Anfang 2004 bei der Behandlung von CLL objektiv erfolgsversprechend war, ergibt sich aus den damaligen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft. Dr. Dr. E. hat in seinem Gutachten vom 27. August 2004 in Auswertung der Publikationen von Khouri et al. (1997), Michallet et al. (1996), Pavletic et al. (2000), Toze et al. (2000) und Doney et al. (2002) zunächst festgestellt, dass die allogene SZT generell bei Patienten mit CLL im Alter bis maximal 50 Jahren bei ungünstiger Prognose mit HLA-identischem Spender dem wissenschaftlich gesicherten Standard entsprach. Eine entsprechende Aussage für den Fall eines HLA-verschiedenen Spenders lehnte er unter Verweis auf die geringe Fallzahl ab. Nur in fünf der in den Studien beschriebenen 120 Fälle wurde ein Transplantat eines nicht-verwandten Spenders eingesetzt. Nicht berücksichtigt hatte Dr. Dr. E. allerdings die Studie der deutschen Studiengruppe von Schetelig et al. (2003). Von 30 Patienten mit fortgeschrittener CLL hatten zwei Jahre 72 % krankheitsfrei überlebt. 15 hatten einen nicht-verwandten Spender. 23 % waren zwischen 55 und 65 Jahre alt. Das Risiko an transplantationsbedingte Komplikationen zu versterben, lag bei Patienten mit nicht-verwandten Spendern bei 28 %. Im Vergleich zu der lediglich durchschnittlichen Lebenserwartung von 16 Monaten bei einer medikamentösen Weiterbehandlung mit Alemtuzumab boten die in dieser Studie aufgezeigten 72 %, die nach zwei Jahren noch lebten, einen deutlich günstigeren Krankheitsverlauf. Mit großer Wahrscheinlichkeit bestand damit durch den Einsatz der allogenen SZT bei fortgeschrittener CLL eine Aussicht auf ein langjähriges rückfallfreies Überleben.

Gestützt wird diese Einschätzung darüber hinaus – ohne, dass es vorliegend entscheidend darauf ankommt – durch die langjährigen Erfahrungen, die damals schon mit dieser Therapie bei CLL-Patienten gewonnen wurden. Allein in Deutschland wurden zwischen 1998 und 2003 insgesamt 167 Patienten mit CLL transplantiert, davon 74 mit nichtverwandten Spendern. In Europa waren es in derselben Zeit 756 Patienten, davon 157 mit nichtverwandten Spendern. Dies entnimmt der Senat den (insoweit von Prof. Dr. H. unwidersprochenen) Ausführungen von Dr. F. in seiner Stellungnahme vom 10. Januar 2018 (S. 8 f.). Darüber hinaus gab es weitere Studien, z.B. die retrospektive Registerauswertung von Dreger et al. (2003) und Sorror (2003). Auch der Umstand, dass schon Ende 2004 von der DAG-KBT die allogene SZT bei CLL bei ungünstiger Prognose oder Rezidiv als Standardtherapie bezeichnet wurde, spricht dafür, dass der Behandlungsmethode objektiv ein Nutzen zugeschrieben wurde.

Die Voraussetzungen für eine Behandlung mit einer allogenen SZT waren im konkreten Fall des Versicherten auch günstig. Der Versicherte befand sich nicht nur in einem guten Allgemeinzustand, sondern die Funktion von Lunge, Herz, Leber und Nieren war nicht eingeschränkt. Es gab kein Anhalt für eine nicht ausgeheilte Infektion in Lunge oder den Nasennebenhöhlen. Der Zahnstatus war saniert. Das Transplantat stammte von einem männlichen Spender, das keine Differenzen in den HLA-Merkmalen aufwies. Dies entnimmt der Senat den Ausführungen von Prof. Dr. H. im Gutachten vom 21. Januar 2013.

Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass Dr. F. dem Versicherten ein rückfallfreies Überleben von etwa 60 % nach Durchführung der allogenen SZT prognostiziert hat (vgl. Stellungnahme vom 10. Januar 2018, S. 7). In Abwägung mit dem Risiko für eine transplantationsassoziierte Mortalität von geschätzten 25 % (vgl. Stellungnahme von Dr. F. vom 14. Oktober 2010, S. 3) ergibt damit die konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung, dass der voraussichtliche Nutzen der Therapie für den Versicherten (das langjährige rückfallfreie Überleben) die Risiken (das transplantationsassoziierte Versterben) deutlich überwog.

Demgemäß bezeichnet auch Prof. Dr. H. die Behandlung mit allogener SZT als "einzig möglicherweise hilfreiche Therapie" (Gutachten vom 21. Januar 2013, S. 6). Die Empfehlung dieser Therapie hält er ebenfalls für "sachgerecht" und "nachvollziehbar" (Gutachten vom 21. Januar 2013, S. 3 und 6).

(4) Eine Änderung der konkret-individuellen Chancen-/Risikoabwägung ergibt sich auch nicht aufgrund des vom Kläger eingesetzten Konditionierungsprotokolls. Trotz der insoweit von der Schetelig-Studie abweichenden Vorgehensweise, bestand eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder jedenfalls auf spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Eine Standardkonditionierung gab es nach den übereinstimmenden Angaben von Dr. F. und Prof. Dr. H. damals nicht. Der Kläger musste auch nicht aufgrund der Ergebnisse der Studie von Dreger et al. (2003) von einer Ganzkörperbestrahlung absehen. Wie Dr. F. für den Senat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat, ist die Aussagekraft der Studie als retrospektive Registerauswertung beschränkt. Auch Prof. Dr. H. räumt insoweit "methodische Schwächen mit einer erheblichen Unsicherheit" ein. Das Studienergebnis lässt sich nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Ein Verweis auf "die Konditionierung der Schetelig-Studie" ist auch deshalb unzulässig, weil die Patienten dort nicht einheitlich konditioniert wurden. Prof. Dr. H. begründet dies mit "den Vorlieben" der jeweiligen Zentren. Demgegenüber verfügte der Kläger im Behandlungszeitraum über eine langjährige gute Erfahrung mit dem zur Anwendung gekommenen Konditionierungsprotokoll.

Abgesehen davon ist die Methode hinsichtlich von Qualität und Wirksamkeit in ihrer Gesamtheit zu würdigen, nicht nur in Bezug auf einen Teilaspekt (vgl. BSG, Urteile vom 21. März 2013 – B 3 KR 2/12 R – juris Rn. 12 und 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, R. 21, beide m.w.N.). Nicht jede Modifikation bei der Durchführung der Behandlung bedarf entsprechender Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft. Damit korrespondiert, dass auch der GBA bei der Bewertung einzelner SZTen nach § 137c SGB V nicht einzelne Konditionierungsprotokolle auf ihre Evidenz prüft.

(5) Die allogene SZT hatte auch nicht im Rahmen einer klinischen Studie zu erfolgen. Eine entsprechend verpflichtende Vorgabe seitens des GBA oder der Fachgesellschaften gab es damals nicht. Anders als in dem vom BSG entschiedenen Fall (Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 31) fehlt ein Beschluss des GBA, wonach die Therapie nur im Rahmen einer klinischen Studie erfolgen durfte. Nach Auffassung des Senats genügt die bloße Existenz offener Studien nicht, um von einer Verpflichtung zur Leistungserbringung im Rahmen einer solchen ausgehen zu können. Darüber hinaus war auch unter Qualitätsgesichtspunkten keine Überlegenheit des Studienprotokolls der CLLx3-Studie zu erkennen, zumal die CLLx3-Studie ebenfalls einen Behandlungsarm mit Ganzkörperbestrahlung beinhaltete (Stellungnahme von Dr. F. vom 10. Januar 2018, S. 11). Der Verweis von Prof. Dr. H. auf das Ergebnis der CLLx3-Studie aus dem Jahr 2010, wonach weniger als 10 % der Patienten innerhalb von sechs Monaten nach der SZT verstorben seien, ist als unzulässige ex-post-Betrachtung abzulehnen.

Abgesehen davon ist nach der Rechtsprechung des Senats die Teilnahme an einer klinischen Studie im Rahmen der Anwendung der vom BVerfG aufgestellten Grundsätze im Beschluss vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98 – a.a.O.) ohnehin nicht erforderlich (Urteil des Senats vom 16. Oktober 2015 – L 4 KR 3748/13 – juris, Rn. 48).

(6) Der Senat ist schließlich davon überzeugt, dass eine wirksame Einwilligung des Versicherten vorlag (zur Einwilligung als Vergütungsvoraussetzung: BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013 – B 1 KR 70/12 R – juris, Rn. 25). Versicherte müssen der konkreten Heilbehandlung nach hinreichender, gebotener Aufklärung entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zugestimmt haben. Erforderlich ist eine so umfassende Information über Eigenart, Nutzen und Risiken der geplanten Behandlung, dass sie dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten in vollem Umfang Rechnung trägt. Dies war vorliegend der Fall. Dem Versicherten war bekannt, dass die Stammzelltransplantation erfolgen sollte. Es ist nicht erkennbar, dass er sich dem widersetzte, zumal diese Behandlung einen erheblichen Eingriff und auch für ihn die einzige Chance für ein (längeres) Überleben darstellte. Auch Prof. Dr. H. bezweifelt nicht, dass der Versicherte über das Verfahren der allogenen SZT mit den damit verbundenen Risiken angemessen aufgeklärt wurde (vgl. Gutachten vom 23. August 2017, S. 9). Zudem bestätigt Dr. M. im vom Kläger vorgelegten Schreiben vom 7. August 2014, den Versicherten u.a. über die Risiken der Behandlung und die Therapiealternativen aufgeklärt zu haben. Er (Dr. M.) habe mit dem Versicherten die Nutzen/Risikoabwägung ausführlich besprochen. Der Senat sieht keine Veranlassung, an diesen Angaben zu zweifeln. Die Verpflichtung, auf die Möglichkeit zur Studienteilnahme hinzuweisen, bestand nicht.

Dem Beweisantrag der Beklagten war deshalb nicht nachzugehen.

cc) Fehler in Bezug auf die Höhe der Vergütung sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht geltend gemacht.

dd) Der Zinsanspruch folgt aus § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. §§ 286, 288 Abs. 1 BGB (vgl. BSG, Urteil vom 15. November 2007 – B 3 KR 1/07 R – juris, Rn. 11; BSG, Urteil vom 8. September 2009 – B 1 KR 8/09 R – juris, Rn. 15 ff).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung, da weder der Kläger noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.

4. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.

5. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 47 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
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