Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 2 KR 405/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 89/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 17/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 31. Januar 2002 - L 4 KR 89/00 - wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten um den Jahresausgleich für 1995 im Risikostrukturausgleich (RSA) nach den §§ 266, 267 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) und der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSAV).
Das Bundesversicherungsamt (BVA) setzte zu Lasten der Klägerin mit zwei Bescheiden vom 4. Dezember 1996 zur "Berechnung des Jahresausgleichs nach § 19 der Risikostrukturausgleichsverordnung (RSAV) für das Kalenderjahr 1995 zugleich Abrechnung der KVdR-Beiträge nach § 255 Abs 4 SGB V" nebst Anlagen Ausgleichsbeträge von 92.292.296,54 DM (Bereich West) und 13.713.479,67 DM (Bereich Ost) fest. Zugleich forderte es die Klägerin zur Zahlung auf. Der Bescheid für 1995 West wies eine Finanzkraft der Klägerin von 1.888.834.085,78 DM aus (Position 11 des Bescheides). Dem stand eine Gesamtsumme des Beitragsbedarfs von 1.485.560.796,21 DM gegenüber (Position 4). Für die Klägerin ergab sich im RSA eine Ausgleichsverpflichtung von 403.273.289,57 DM (Position 12). Da die Klägerin Abschlagszahlungen von 308.760.984,72 DM geleistet hatte (Position 13), ergab sich im RSA zu ihren Lasten noch ein Ausgleichsbetrag von 94.512.304,85 DM (Position 14). Hinzu kam ein "Ausgleichsbetrag KVdR-Beiträge" von 2.220.008,31 DM zu Gunsten der Klägerin. Gefordert wurden damit noch insgesamt 92.292.296,54 DM (Position 20). Der Bescheid für 1995 Ost wies eine Finanzkraft der Klägerin von 79.241.246,86 DM aus (Position 11 des Bescheides). Dem stand eine Gesamtsumme des Beitragsbedarfs von 47.221.767,13 DM gegenüber (Position 4). Für die Klägerin ergab sich im RSA eine Ausgleichsverpflichtung von 32.019.479,73 DM (Position 12). Da die Klägerin Abschlagszahlungen von 19.613.204,30 DM geleistet hatte (Position 13), ergab sich im RSA zu ihren Lasten noch ein Ausgleichsbetrag von 12.406.275,43 DM (Position 14). Hinzu kam ein "Ausgleichsbetrag KVdR Beiträge" von 1.307.204,24 DM, ebenfalls zu Lasten der Klägerin. Gefordert wurden damit insgesamt 13.713.479,67 DM (Position 20).
Die Klägerin hat am 17. Dezember 1996 gegen beide Bescheide Klage zum Sozialgericht (SG) München erhoben (S 2 KR 405/96). Während des Klageverfahrens setzte das BVA mit Bescheid vom 11. Dezember 1998 gegenüber der Klägerin Verzugszinsen und Säumniszuschläge für Zahlungsverpflichtungen der Klägerin ua aus dem RSA für 1995 fest. Dagegen hat die Klägerin Klage zum nunmehr zuständigen SG Köln erhoben (S 19 KR 217/98). Außerdem setzte das BVA mit zwei Bescheiden vom 11. Februar 1999 nach § 19 RSAV den Jahresausgleich für 1997 fest. Der erkennende 12. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat die Rechtmäßigkeit der Bescheide vom 11. Februar 1999 einschließlich der Korrektur für die Vorjahre bestätigt (Urteil vom 24. Januar 2003 - B 12 KR 19/01 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).
Das SG München hat die Klage gegen die Bescheide vom 4. Dezember 1996 zum RSA 1995 mit Urteil vom 3. Februar 2000 abgewiesen. Die Bescheide über den Jahresausgleich für 1995 hätten sich durch die Bescheide über den Jahresausgleich für 1997 und die darin enthaltene Korrektur für das Jahr 1995 erledigt. Zwar habe die Klägerin ein Interesse an der Feststellung, dass die Bescheide vom 4. Dezember 1996 über den Jahresausgleich für 1995 rechtswidrig gewesen seien, weil die Beklagte den Bescheid vom 11. Dezember 1998 über Verzugszinsen und Säumniszuschläge erlassen habe. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei aber unbegründet, weil die Bescheide vom 4. Dezember 1996 rechtmäßig gewesen seien.
Die Klägerin hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Die Bescheide vom 4. Dezember 1996 über den Jahresausgleich für 1995 seien rechtswidrig. Das BVA habe alle Familienversicherungszeiten von Kassen, die keine Bestandsbereinigung durchgeführt hatten, nicht berücksichtigen dürfen, sondern diese Zeiten mit Null ansetzen müssen.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 31. Januar 2002 zurückgewiesen. Die angefochtenen Bescheide vom 4. Dezember 1996 über den Jahresausgleich für 1995 hätten sich entgegen der Ansicht des SG durch die Bescheide über den Jahresausgleich für 1997 nicht erledigt. Zwar enthielten diese Bescheide auch eine Korrektur für 1995. Diese wirke sich aber nur auf den Beitragsbedarf des Ausgleichsjahres 1997 aus. Die Bescheide vom 4. Dezember 1996 über den Jahresausgleich für 1995 seien rechtmäßig. Sie verletzten weder die §§ 266, 267 SGB V noch Bestimmungen der RSAV.
Die Klägerin hat Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 266 Abs 1 Satz 1, Abs 5 Satz 3, Abs 6 Satz 7 SGB V, des § 3 Abs 5 RSAV, des § 20 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X). Das BVA habe den RSA durchgeführt, obwohl ihm bekannt gewesen sei, dass keine sicheren Daten über die Versicherungszeiten vorgelegen hätten. Es sei verpflichtet gewesen, vor Durchführung des Jahresausgleichs für 1995 durch eigene Ermittlungen eine sichere Datengrundlage zu schaffen. Es hätten hinreichende Anhaltspunkte dafür bestanden, dass ein Großteil der Kassen nicht über ein ausreichend grundbereinigtes Familienversichertenverzeichnis verfügt habe. Das BVA habe vor Durchführung des RSA prüfen müssen, ob und inwieweit die von den Kassen gemeldeten Versicherungszeiten durch zeitnahe Meldungen belegt seien. Es habe bei Kassen, die keine Grundbereinigung durchgeführt hatten, sämtliche Familienversichertenzeiten auf Null setzen müssen. § 266 Abs 6 Satz 7 SGB V erlaube Korrekturen in einem folgenden RSA nur bei sachlich-rechnerischen Fehlern, die nach Abschluss der notwendigen Ermittlungen festgestellt werden, nicht jedoch bei Fehlern, die vor Abschluss dieser Ermittlungen vorlägen. Letztere seien im laufenden RSA zu berücksichtigen und der RSA bis zur Aufklärung der Fehler zurückzustellen. Das Jährlichkeitsprinzip stehe dem nicht entgegen. Es besage nur, dass für jedes Kalenderjahr ein RSA durchzuführen sei. Jedoch lasse sich den §§ 266, 267 SGB V kein konkreter Zeitpunkt hierfür entnehmen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG vom 31. Januar 2002 - L 4 KR 89/00 - und das Urteil des SG vom 3. Februar 2000 - S 2 KR 405/96 - sowie die Bescheide der Beklagten vom 4. Dezember 1996 aufzuheben, hilfsweise die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Bayerische LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Revision im Ergebnis für erfolglos. Die angefochtenen Bescheide zum Jahresausgleich für 1995 seien rechtmäßig. Fehlern bei Einführung des RSA in den Versichertenbeständen sei mit der Korrektur der Versichertenzeiten in den Bescheiden vom 11. Februar 1999 zum Jahresausgleich für 1997 Rechnung getragen worden.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat ihre Berufung gegen das Urteil des SG mit Recht zurückgewiesen. Das Urteil des LSG erweist sich als prozessrechtlich und materiell-rechtlich zutreffend.
1. Das LSG hat zu Recht nur über die Bescheide über den Jahresausgleich für 1995 entschieden. Die Bescheide vom 11. Februar 1999 über den Jahresausgleich für 1997 mit der Korrektur für das Ausgleichsjahr 1995 haben die Bescheide vom 4. Dezember 1996 nicht abgeändert oder ersetzt. Wegen der angeordneten Berücksichtigung der Korrektur erst beim Ausgleichsverfahren für 1997 (vgl § 266 Abs 6 Satz 7 SGB V) wird ein Bescheid über einen Jahresausgleich, der eine solche Korrektur für Vorjahre enthält, nicht Gegenstand von Verfahren, die zu früheren Jahresausgleichen anhängig sind, hier also nicht des vorliegenden Verfahrens zum Jahresausgleich für 1995. Insofern greift § 96 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) demnach nicht ein. Die Trennung der Verfahren zu den einzelnen Jahresausgleichen trägt auch der Regelung in § 25 Abs 3 RSAV Rechnung. Nach dessen Maßgabe ist im Jahresausgleich für 1997 der RSA für die Jahre 1994 bis 1996 zu korrigieren, eine förmliche Änderung der früheren Jahresausgleichsbescheide jedoch nicht vorgesehen. Insofern liegt eine Sonderregelung zu den §§ 44, 45 SGB X vor.
2. Gegen die Bescheide vom 4. Dezember 1996 über den Jahresausgleich für 1995 ist die Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGG statthaft. Die Klägerin macht geltend, der RSA sei insgesamt rechtswidrig oder leide an Mängeln, die seine Wiederholung erforderlich machten. In derartigen Fällen darf eine Krankenkasse nicht auf spätere Korrekturen nach § 266 Abs 6 Satz 7 SGB V verwiesen werden. Bei Erfolg einer solchen Anfechtungsklage bedürfte allerdings die Rückabwicklung des RSA besonderer, möglicherweise gesetzlicher Regelungen, weil die Jahresausgleichsbescheide gegenüber Zahler- und Empfängerkassen vollzogen sind (vgl § 131 Abs 1 Satz 1 SGG). Der Erstattungsanspruch einer Zahlerkasse könnte nur bei gleich hohen Rückforderungen von Empfängerkassen befriedigt werden. Sachliche und rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen, die das BVA nachträglich feststellt, können demgegenüber nur beim nächsten Ausgleichsverfahren berücksichtigt werden (§ 266 Abs 6 Satz 7 SGB V). Dieses gilt auch, wenn das Gericht einen solchen Fehler feststellt.
3. Die Anfechtungsklage ist indessen unbegründet.
a) Die Bescheide sind nicht verwaltungsverfahrensrechtlich fehlerhaft, sodass unentschieden bleiben kann, ob sie deswegen aufzuheben wären. Der Untersuchungsgrundsatz, die Anhörungspflicht und die Begründungspflicht (§ 20 Abs 1, § 24 Abs 1, § 35 Abs 1 SGB X) sind unter Berücksichtigung des speziellen und späteren Rechts des RSA nicht verletzt. Dieses findet sich in den §§ 266, 267 SGB V und in den Regelungen der RSAV "über das Verfahren und die Durchführung des Ausgleichs", die insoweit auf der Ermächtigung in § 266 Abs 7 Nr 6 SGB V beruhen. Für den RSA unter den Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts bedient sich das Gesetz der Organisation der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und einer differenzierten Zuständigkeitsregelung.
Das BVA hat seinen Berechnungen zutreffend die ihm gemeldeten Daten zu Grunde gelegt. Es hatte insofern keine eigene Amtsermittlungspflicht (zutreffend Schäfer, SGb 1998, 516 ff). Soweit das Bayerische LSG in seinem Beschluss vom 17. Juni 1996 - L 4 B 100/96.Kr-VR - eine andere Ansicht vertreten hat, vermag ihm der Senat nicht zu folgen.
Für die Beschaffung und Verwertung der Daten ist ein mehrstufiges Verfahren vorgesehen. Auf einer ersten Stufe erheben die Krankenkassen nach § 267 Abs 1 bis 3 SGB V die Ausgaben, die Einnahmen sowie die Zahl der Mitglieder und der Familienversicherten. Sie leiten die Ergebnisse ihren Spitzenverbänden zu. Diese prüfen auf der zweiten Stufe die Daten auf Vollständigkeit und Plausibilität und geben sie unter schriftlicher Mitteilung des Ergebnisses an das BVA weiter (§ 267 Abs 4 SGB V, § 3 Abs 4 Satz 1 bis 4, § 5 Abs 4 RSAV). Auf der dritten Stufe führt dann das BVA den RSA durch.
Demnach ist die Ermittlung der Daten Angelegenheit der Kassen. Das Ergebnis unterliegt einer gewissen Prüfung durch die Spitzenverbände. Eine eigene Ermittlungspflicht des BVA besteht hingegen nicht. Sie ergibt sich nicht aus Vorschriften, die von Ermittlungen oder Berechnungen durch das BVA sprechen (§ 266 Abs 6 Satz 3, 7 SGB V, § 13, § 19 Abs 1 RSAV). Vielmehr ist damit die Durchführung der Rechenvorgänge im RSA gemeint. Aus § 266 Abs 5 Satz 3 SGB V ist ebenfalls keine umfassende Ermittlungspflicht des BVA zu entnehmen. Nach dieser Vorschrift kann das BVA lediglich "zum Zwecke der einheitlichen Zuordnung und Erfassung der für die Berechnung maßgeblichen Daten über die Vorlage der Geschäfts- und Rechnungsergebnisse hinaus weitere Auskünfte und Nachweise verlangen". Nur unter Hinweis auf diese Vorschrift heißt es auch in der Begründung zur RSAV, es werde davon ausgegangen, dass das BVA seine Möglichkeiten zur Überprüfung der Belege wahrnehme (BR-Drucks 611/93 S 46 zu Abs 3). Auch in der Begründung des Gesetzentwurfs zum GSG wird Abs 5 des § 266 SGB V lediglich als Berechnungsvorschrift erkennbar (BT-Drucks 12/3608 S 118). Das BVA kann allerdings, wenn die Daten zu den Versicherungszeiten nicht termingerecht vorliegen oder es erhebliche Fehler feststellt, nach Maßgabe des § 3 Abs 4 Satz 5 RSAV die Zeiten des Vorjahres zu Grunde legen. Dieser Vorschrift bedürfte es nicht, wenn das BVA zu einer näheren Prüfung auf Fehler und einer eigenen Ermittlung korrekter Daten verpflichtet wäre. Unberührt bleibt allerdings die Pflicht des BVA als Durchführungsbehörde des RSA, bei den Kassen, ihren Spitzenverbänden und den Aufsichtsbehörden auf eine Beseitigung solcher Mängel hinzuwirken, die es aus dem Zusammenlauf der Daten oder in gerichtlichen Verfahren erkennt.
Die Zuständigkeit des BVA für die Durchführung des RSA erstreckt sich nicht auf eine Prüfung der Krankenkassen. Eine solche Prüfung ist vielmehr allein Aufgabe der in § 274 Abs 1 SGB V genannten Stellen (Aufsichtsbehörden; § 90 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV)). Dieses wird neuerdings durch die Nr 11 des § 266 Abs 7 SGB V bestätigt, die durch Art 1 Nr 2 Buchst b) bb) des RSA-Reformgesetzes vom 10. Dezember 2001 (BGBl I 3465) angefügt worden ist. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die Verordnungsermächtigung auf "die Prüfung der von den Krankenkassen mitzuteilenden Daten durch die mit der Prüfung nach § 274 befassten Stellen". Damit sollte klargestellt werden, dass die Prüfung der von den Kassen im RSA gemeldeten Daten Aufgabe der Prüfstellen der Aufsichtsbehörden ist (Beschlussempfehlung des Bundestags-Ausschusses für Gesundheit in BT-Drucks 14/7355 S 7 mit Begründung im Bericht BT-Drucks 14/7395 S 7). Das wird in § 15a Abs 1 Satz 1, 5 und 6 RSAV erneut bestätigt (eingefügt durch Art 1 Nr 3 der 5. RSAÄndV vom 4. Dezember 2002, BGBl I 4506, mit Begründung in BR-Drucks 730/02 S 10). Die Aufsichtsbehörden prüfen die Kassen in eigener Zuständigkeit und haben für die Beseitigung etwaiger Mängel zu sorgen. Zwar ist das BVA auch selbst Aufsichtsbehörde, allerdings nur für die bundesunmittelbaren Kassen; die übrigen Kassen unterstehen den Aufsichtsbehörden der Länder. Diese Zuständigkeit für die nicht einheitlich geregelte Aufsicht ist rechtlich von der bundeseinheitlichen Zuständigkeit des BVA für die Durchführung des RSA zu unterscheiden. Als Durchführungsbehörde darf das BVA von der nach einer aufsichtsrechtlichen Prüfung bestehenden Datenlage ebenso ausgehen wie von den durch die Kassen über ihre Spitzenverbände gemeldeten Daten. Es ist insofern zur Prüfung von Kassen oder von Aufsichtsbehörden weder verpflichtet noch berechtigt.
b) Die angefochtenen Bescheide sind nicht wegen der Daten zu den Versicherten zu beanstanden. Hierzu gilt allgemein:
Der Gesetzgeber musste bei der Einführung des RSA abwägen. Er durfte einerseits davon ausgehen, dass der RSA zusammen mit einer Erweiterung der Kassenwahlrechte ein geeignetes und alsbald erforderliches Mittel zur Begrenzung der hohen, auch verfassungsrechtlich bedenklichen Beitragssatzunterschiede war. Andererseits konnte der RSA mit den damals erfassten Daten nicht durchgeführt werden. Hierzu fehlten vor allem hinreichend differenzierte Daten über die Einnahmen und über die Leistungsausgaben in den Hauptleistungsbereichen (Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser, Apotheken, sonstige Leistungserbringer, Krankengeld). Ferner waren bei manchen Kassen die Versichertenverzeichnisse nicht auf dem Laufenden.
Die Erhebung der Daten war wegen der hohen Zahl der Krankenkassen, der Leistungserbringer und der Versicherten besonders aufwändig. In der GKV waren Mitte der neunziger Jahre rund 50 Mio Mitglieder und 20 Mio Familienangehörige versichert. Da zu den Leistungsausgaben einerseits möglichst genaue Daten erforderlich waren, andererseits aber eine Vollerhebung ausschied, hat der Gesetzgeber einen Mittelweg zwischen der Beschaffung hinreichender Daten und einer vertretbaren Kostenbelastung der Beteiligten vorgesehen.
Der RSA muss in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden, um die monatlichen Ausgleiche (§ 17 RSAV) abzurechnen, der Ansammlung zu hoher Ausgleichssummen vorzubeugen und den Krankenkassen die Haushaltsplanung nicht weiter zu erschweren. Insofern bestimmt § 266 Abs 1 Satz 1 SGB V, dass zwischen den Kassen jährlich ein RSA durchzuführen ist. Nach § 266 Abs 7 Nr 6 SGB V regelt jedoch die RSAV das Nähere über die Durchführung des Ausgleichs. § 19 Abs 5 RSAV bestimmt dementsprechend als Regel, dass der Ausgleich bis zum Ende des auf das Ausgleichsjahr folgenden Kalenderjahres durchzuführen ist. Diese Bestimmung ist durch die genannte Ermächtigung gedeckt. Das BVA hat daher mit Recht entsprechend der Regelung in § 19 Abs 5 RSAV den Jahresausgleich für 1995 bis Ende 1996 durchgeführt, obwohl Unklarheiten bei der für 1995 gemeldeten Zahl der Versicherten bekannt geworden waren. Die Ansicht der Klägerin, der Jahresausgleich für 1995 habe noch nicht mit den angefochtenen Bescheiden vom 4. Dezember 1996, sondern erst nach weiterer Prüfung von Daten durchgeführt werden dürfen, ist unzutreffend.
c) Der Jahressausgleich für 1995 war nicht, was die Revision allein geltend macht, wegen der Versichertenjahre, dh der Zahl der Versicherten zu beanstanden. Werden nach Abschluss der Ermittlungen der Werte des § 266 Abs 6 Satz 3 SGB V sachliche oder rechnerische Fehler in den Berechungsgrundlagen festgestellt, hat das BVA diese bei der Ermittlung beim nächsten Ausgleichsverfahren nach den dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen (vgl § 266 Abs 6 Satz 7 SGB V). Dies gilt auch, wenn sich nach Abschluss der Datenübermittlungen herausstellt, dass Kassen zum Teil nicht abgesicherte Versichertenzeiten gemeldet haben, oder insoweit jedenfalls Unsicherheiten bestehen, weil es entgegen §§ 288, 289 SGB V an einer ordnungsgemäßen Führung der Versichertenverzeichnisse fehlt. Das BVA musste daher, obwohl Unklarheiten bei der für 1995 gemeldeten Zahl der Versichertenjahre bekannt geworden waren, den Jahresausgleich für 1995 bis Ende 1996 durchführen und dabei für 1995 von den von den Kassen für dieses Ausgleichsjahr übermittelten Daten ausgehen. Es war nicht berechtigt, Versichertenzeiten nach Maßgabe des § 3 Abs 4 Satz 5 RSAV nur mit einem Sicherheitsabzug zu berücksichtigen, oder verpflichtet, die Versichertenzeiten solcher Kassen "auf Null" zu setzen, bei denen Zweifel an der Zuverlässigkeit der gemeldeten Familienversichertenzeiten bestehen konnten (vgl dazu BSG Urteil vom 24. Januar 2003 - B 12 KR 19/01 R- zur Veröffentlichung vorgesehen, unter 6. h, i). In diesem Urteil ist (unter 6. e) auch ausgeführt, dass Bedenken gegen eine nicht zeitnahe Erfassung der Familienversicherten ihrer Berücksichtigung im RSA nicht entgegenstanden.
d) Bei Durchführung des Jahresausgleichs für 1995 Ende 1996 bestanden im Übrigen bereits Vorkehrungen dafür, dass festgestellte Unzulänglichkeiten bei der Erhebung der Versicherungszeiten (dh der Zahl der Versicherten) in den Ausgleichen späterer Jahre ausgeglichen werden konnten. Fehler, die sich später bei der Grundbereinigung oder Prüfung ergaben, waren nach § 266 Abs 6 Satz 7 SGB V beim dann folgenden Jahresausgleich zu berücksichtigen. Außerdem war nach § 25 Abs 3 Satz 1 RSAV idF der Ersten Verordnung zur Änderung der RSAV (1. RSAÄndV) vom 17. Juli 1996 (BGBl I 1024) das BVA nach Anhörung der Spitzenverbände der Krankenkassen berechtigt, auf der Grundlage der 1996 durchgeführten Erhebungen nach § 267 Abs 3 SGB V die Verhältniswerte für 1994 und 1995 im Jahresausgleich für 1996 zu korrigieren. Mit dieser Bestimmung hat der Verordnungsgeber von der Verordnungsermächtigung in § 267 Abs 7 Nr 1, 6 SGB V Gebrauch gemacht (vgl Urteil vom 24. Januar 2003 - B 12 KR 19/01 R - unter 8. g, zur Veröffentlichung vorgesehen). Sie wurde später zwar dahin geändert, dass bei der Durchführung des Jahresausgleichs für 1997 die Verhältniswerte für 1995 und 1996 zu korrigieren waren, für 1994 jedoch lediglich eine Korrektur der Versichertenzeiten vorzunehmen war (vgl das vorgenannte Urteil vom 24. Januar 2003 - B 12 KR 19/01 R - unter 8. b und c). Jedoch stand nach § 266 Abs 6 Satz 7 SGB V und nach § 25 Abs 3 RSAV idF der 1. RSAVÄndV bereits bei Durchführung des RSA für 1995 Ende 1996 fest, dass die nach Abschluss der Datenübermittlung für das Jahr 1995 gewonnenen Erkenntnisse über die Datengrundlagen nicht mehr in den Jahresausgleich für 1995 eingingen, aber bei späteren Jahresausgleichen zu berücksichtigen waren. Im Übrigen hat das BVA die Unklarheiten bei den Versichertenzeiten zum Anlass genommen, eine Grundbereinigung der Familienversichertenverzeichnisse und Prüfungen durch die Aufsichtsbehörden in die Wege zu leiten.
Nach allem war das BVA wegen der von der Klägerin vermuteten Fehler weder berechtigt noch verpflichtet, sich über die zeitlichen Vorgaben zur Durchführung des RSA hinwegzusetzen und den RSA 1995 zu verschieben. Die Beseitigung zu vermutender oder bereits absehbarer, jedoch noch nicht bezifferbarer Nachteile von Krankenkassen beim RSA 1995 erst in späteren Ausgleichsjahren war angesichts des zu erwartenden Korrekturvolumens von den Kassen hinzunehmen. Der Gesetzgeber hat das Interesse einzelner ausgleichsverpflichteter Kassen an einer Verschiebung des Ausgleichs bis zur Herstellung präziser Datengrundlagen geringer bewertet als das öffentliche Interesse an der Durchführung des RSA auf noch nicht absolut sicherer Datengrundlage. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot des Grundgesetzes oder sonstige Verfassungsverstöße sind hierin nicht zu sehen.
Die Revision der Klägerin war damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten um den Jahresausgleich für 1995 im Risikostrukturausgleich (RSA) nach den §§ 266, 267 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) und der Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSAV).
Das Bundesversicherungsamt (BVA) setzte zu Lasten der Klägerin mit zwei Bescheiden vom 4. Dezember 1996 zur "Berechnung des Jahresausgleichs nach § 19 der Risikostrukturausgleichsverordnung (RSAV) für das Kalenderjahr 1995 zugleich Abrechnung der KVdR-Beiträge nach § 255 Abs 4 SGB V" nebst Anlagen Ausgleichsbeträge von 92.292.296,54 DM (Bereich West) und 13.713.479,67 DM (Bereich Ost) fest. Zugleich forderte es die Klägerin zur Zahlung auf. Der Bescheid für 1995 West wies eine Finanzkraft der Klägerin von 1.888.834.085,78 DM aus (Position 11 des Bescheides). Dem stand eine Gesamtsumme des Beitragsbedarfs von 1.485.560.796,21 DM gegenüber (Position 4). Für die Klägerin ergab sich im RSA eine Ausgleichsverpflichtung von 403.273.289,57 DM (Position 12). Da die Klägerin Abschlagszahlungen von 308.760.984,72 DM geleistet hatte (Position 13), ergab sich im RSA zu ihren Lasten noch ein Ausgleichsbetrag von 94.512.304,85 DM (Position 14). Hinzu kam ein "Ausgleichsbetrag KVdR-Beiträge" von 2.220.008,31 DM zu Gunsten der Klägerin. Gefordert wurden damit noch insgesamt 92.292.296,54 DM (Position 20). Der Bescheid für 1995 Ost wies eine Finanzkraft der Klägerin von 79.241.246,86 DM aus (Position 11 des Bescheides). Dem stand eine Gesamtsumme des Beitragsbedarfs von 47.221.767,13 DM gegenüber (Position 4). Für die Klägerin ergab sich im RSA eine Ausgleichsverpflichtung von 32.019.479,73 DM (Position 12). Da die Klägerin Abschlagszahlungen von 19.613.204,30 DM geleistet hatte (Position 13), ergab sich im RSA zu ihren Lasten noch ein Ausgleichsbetrag von 12.406.275,43 DM (Position 14). Hinzu kam ein "Ausgleichsbetrag KVdR Beiträge" von 1.307.204,24 DM, ebenfalls zu Lasten der Klägerin. Gefordert wurden damit insgesamt 13.713.479,67 DM (Position 20).
Die Klägerin hat am 17. Dezember 1996 gegen beide Bescheide Klage zum Sozialgericht (SG) München erhoben (S 2 KR 405/96). Während des Klageverfahrens setzte das BVA mit Bescheid vom 11. Dezember 1998 gegenüber der Klägerin Verzugszinsen und Säumniszuschläge für Zahlungsverpflichtungen der Klägerin ua aus dem RSA für 1995 fest. Dagegen hat die Klägerin Klage zum nunmehr zuständigen SG Köln erhoben (S 19 KR 217/98). Außerdem setzte das BVA mit zwei Bescheiden vom 11. Februar 1999 nach § 19 RSAV den Jahresausgleich für 1997 fest. Der erkennende 12. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) hat die Rechtmäßigkeit der Bescheide vom 11. Februar 1999 einschließlich der Korrektur für die Vorjahre bestätigt (Urteil vom 24. Januar 2003 - B 12 KR 19/01 R - zur Veröffentlichung vorgesehen).
Das SG München hat die Klage gegen die Bescheide vom 4. Dezember 1996 zum RSA 1995 mit Urteil vom 3. Februar 2000 abgewiesen. Die Bescheide über den Jahresausgleich für 1995 hätten sich durch die Bescheide über den Jahresausgleich für 1997 und die darin enthaltene Korrektur für das Jahr 1995 erledigt. Zwar habe die Klägerin ein Interesse an der Feststellung, dass die Bescheide vom 4. Dezember 1996 über den Jahresausgleich für 1995 rechtswidrig gewesen seien, weil die Beklagte den Bescheid vom 11. Dezember 1998 über Verzugszinsen und Säumniszuschläge erlassen habe. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei aber unbegründet, weil die Bescheide vom 4. Dezember 1996 rechtmäßig gewesen seien.
Die Klägerin hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Die Bescheide vom 4. Dezember 1996 über den Jahresausgleich für 1995 seien rechtswidrig. Das BVA habe alle Familienversicherungszeiten von Kassen, die keine Bestandsbereinigung durchgeführt hatten, nicht berücksichtigen dürfen, sondern diese Zeiten mit Null ansetzen müssen.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin mit Urteil vom 31. Januar 2002 zurückgewiesen. Die angefochtenen Bescheide vom 4. Dezember 1996 über den Jahresausgleich für 1995 hätten sich entgegen der Ansicht des SG durch die Bescheide über den Jahresausgleich für 1997 nicht erledigt. Zwar enthielten diese Bescheide auch eine Korrektur für 1995. Diese wirke sich aber nur auf den Beitragsbedarf des Ausgleichsjahres 1997 aus. Die Bescheide vom 4. Dezember 1996 über den Jahresausgleich für 1995 seien rechtmäßig. Sie verletzten weder die §§ 266, 267 SGB V noch Bestimmungen der RSAV.
Die Klägerin hat Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 266 Abs 1 Satz 1, Abs 5 Satz 3, Abs 6 Satz 7 SGB V, des § 3 Abs 5 RSAV, des § 20 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X). Das BVA habe den RSA durchgeführt, obwohl ihm bekannt gewesen sei, dass keine sicheren Daten über die Versicherungszeiten vorgelegen hätten. Es sei verpflichtet gewesen, vor Durchführung des Jahresausgleichs für 1995 durch eigene Ermittlungen eine sichere Datengrundlage zu schaffen. Es hätten hinreichende Anhaltspunkte dafür bestanden, dass ein Großteil der Kassen nicht über ein ausreichend grundbereinigtes Familienversichertenverzeichnis verfügt habe. Das BVA habe vor Durchführung des RSA prüfen müssen, ob und inwieweit die von den Kassen gemeldeten Versicherungszeiten durch zeitnahe Meldungen belegt seien. Es habe bei Kassen, die keine Grundbereinigung durchgeführt hatten, sämtliche Familienversichertenzeiten auf Null setzen müssen. § 266 Abs 6 Satz 7 SGB V erlaube Korrekturen in einem folgenden RSA nur bei sachlich-rechnerischen Fehlern, die nach Abschluss der notwendigen Ermittlungen festgestellt werden, nicht jedoch bei Fehlern, die vor Abschluss dieser Ermittlungen vorlägen. Letztere seien im laufenden RSA zu berücksichtigen und der RSA bis zur Aufklärung der Fehler zurückzustellen. Das Jährlichkeitsprinzip stehe dem nicht entgegen. Es besage nur, dass für jedes Kalenderjahr ein RSA durchzuführen sei. Jedoch lasse sich den §§ 266, 267 SGB V kein konkreter Zeitpunkt hierfür entnehmen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG vom 31. Januar 2002 - L 4 KR 89/00 - und das Urteil des SG vom 3. Februar 2000 - S 2 KR 405/96 - sowie die Bescheide der Beklagten vom 4. Dezember 1996 aufzuheben, hilfsweise die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Bayerische LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Revision im Ergebnis für erfolglos. Die angefochtenen Bescheide zum Jahresausgleich für 1995 seien rechtmäßig. Fehlern bei Einführung des RSA in den Versichertenbeständen sei mit der Korrektur der Versichertenzeiten in den Bescheiden vom 11. Februar 1999 zum Jahresausgleich für 1997 Rechnung getragen worden.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat ihre Berufung gegen das Urteil des SG mit Recht zurückgewiesen. Das Urteil des LSG erweist sich als prozessrechtlich und materiell-rechtlich zutreffend.
1. Das LSG hat zu Recht nur über die Bescheide über den Jahresausgleich für 1995 entschieden. Die Bescheide vom 11. Februar 1999 über den Jahresausgleich für 1997 mit der Korrektur für das Ausgleichsjahr 1995 haben die Bescheide vom 4. Dezember 1996 nicht abgeändert oder ersetzt. Wegen der angeordneten Berücksichtigung der Korrektur erst beim Ausgleichsverfahren für 1997 (vgl § 266 Abs 6 Satz 7 SGB V) wird ein Bescheid über einen Jahresausgleich, der eine solche Korrektur für Vorjahre enthält, nicht Gegenstand von Verfahren, die zu früheren Jahresausgleichen anhängig sind, hier also nicht des vorliegenden Verfahrens zum Jahresausgleich für 1995. Insofern greift § 96 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) demnach nicht ein. Die Trennung der Verfahren zu den einzelnen Jahresausgleichen trägt auch der Regelung in § 25 Abs 3 RSAV Rechnung. Nach dessen Maßgabe ist im Jahresausgleich für 1997 der RSA für die Jahre 1994 bis 1996 zu korrigieren, eine förmliche Änderung der früheren Jahresausgleichsbescheide jedoch nicht vorgesehen. Insofern liegt eine Sonderregelung zu den §§ 44, 45 SGB X vor.
2. Gegen die Bescheide vom 4. Dezember 1996 über den Jahresausgleich für 1995 ist die Anfechtungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1 SGG statthaft. Die Klägerin macht geltend, der RSA sei insgesamt rechtswidrig oder leide an Mängeln, die seine Wiederholung erforderlich machten. In derartigen Fällen darf eine Krankenkasse nicht auf spätere Korrekturen nach § 266 Abs 6 Satz 7 SGB V verwiesen werden. Bei Erfolg einer solchen Anfechtungsklage bedürfte allerdings die Rückabwicklung des RSA besonderer, möglicherweise gesetzlicher Regelungen, weil die Jahresausgleichsbescheide gegenüber Zahler- und Empfängerkassen vollzogen sind (vgl § 131 Abs 1 Satz 1 SGG). Der Erstattungsanspruch einer Zahlerkasse könnte nur bei gleich hohen Rückforderungen von Empfängerkassen befriedigt werden. Sachliche und rechnerische Fehler in den Berechnungsgrundlagen, die das BVA nachträglich feststellt, können demgegenüber nur beim nächsten Ausgleichsverfahren berücksichtigt werden (§ 266 Abs 6 Satz 7 SGB V). Dieses gilt auch, wenn das Gericht einen solchen Fehler feststellt.
3. Die Anfechtungsklage ist indessen unbegründet.
a) Die Bescheide sind nicht verwaltungsverfahrensrechtlich fehlerhaft, sodass unentschieden bleiben kann, ob sie deswegen aufzuheben wären. Der Untersuchungsgrundsatz, die Anhörungspflicht und die Begründungspflicht (§ 20 Abs 1, § 24 Abs 1, § 35 Abs 1 SGB X) sind unter Berücksichtigung des speziellen und späteren Rechts des RSA nicht verletzt. Dieses findet sich in den §§ 266, 267 SGB V und in den Regelungen der RSAV "über das Verfahren und die Durchführung des Ausgleichs", die insoweit auf der Ermächtigung in § 266 Abs 7 Nr 6 SGB V beruhen. Für den RSA unter den Krankenkassen als Körperschaften des öffentlichen Rechts bedient sich das Gesetz der Organisation der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und einer differenzierten Zuständigkeitsregelung.
Das BVA hat seinen Berechnungen zutreffend die ihm gemeldeten Daten zu Grunde gelegt. Es hatte insofern keine eigene Amtsermittlungspflicht (zutreffend Schäfer, SGb 1998, 516 ff). Soweit das Bayerische LSG in seinem Beschluss vom 17. Juni 1996 - L 4 B 100/96.Kr-VR - eine andere Ansicht vertreten hat, vermag ihm der Senat nicht zu folgen.
Für die Beschaffung und Verwertung der Daten ist ein mehrstufiges Verfahren vorgesehen. Auf einer ersten Stufe erheben die Krankenkassen nach § 267 Abs 1 bis 3 SGB V die Ausgaben, die Einnahmen sowie die Zahl der Mitglieder und der Familienversicherten. Sie leiten die Ergebnisse ihren Spitzenverbänden zu. Diese prüfen auf der zweiten Stufe die Daten auf Vollständigkeit und Plausibilität und geben sie unter schriftlicher Mitteilung des Ergebnisses an das BVA weiter (§ 267 Abs 4 SGB V, § 3 Abs 4 Satz 1 bis 4, § 5 Abs 4 RSAV). Auf der dritten Stufe führt dann das BVA den RSA durch.
Demnach ist die Ermittlung der Daten Angelegenheit der Kassen. Das Ergebnis unterliegt einer gewissen Prüfung durch die Spitzenverbände. Eine eigene Ermittlungspflicht des BVA besteht hingegen nicht. Sie ergibt sich nicht aus Vorschriften, die von Ermittlungen oder Berechnungen durch das BVA sprechen (§ 266 Abs 6 Satz 3, 7 SGB V, § 13, § 19 Abs 1 RSAV). Vielmehr ist damit die Durchführung der Rechenvorgänge im RSA gemeint. Aus § 266 Abs 5 Satz 3 SGB V ist ebenfalls keine umfassende Ermittlungspflicht des BVA zu entnehmen. Nach dieser Vorschrift kann das BVA lediglich "zum Zwecke der einheitlichen Zuordnung und Erfassung der für die Berechnung maßgeblichen Daten über die Vorlage der Geschäfts- und Rechnungsergebnisse hinaus weitere Auskünfte und Nachweise verlangen". Nur unter Hinweis auf diese Vorschrift heißt es auch in der Begründung zur RSAV, es werde davon ausgegangen, dass das BVA seine Möglichkeiten zur Überprüfung der Belege wahrnehme (BR-Drucks 611/93 S 46 zu Abs 3). Auch in der Begründung des Gesetzentwurfs zum GSG wird Abs 5 des § 266 SGB V lediglich als Berechnungsvorschrift erkennbar (BT-Drucks 12/3608 S 118). Das BVA kann allerdings, wenn die Daten zu den Versicherungszeiten nicht termingerecht vorliegen oder es erhebliche Fehler feststellt, nach Maßgabe des § 3 Abs 4 Satz 5 RSAV die Zeiten des Vorjahres zu Grunde legen. Dieser Vorschrift bedürfte es nicht, wenn das BVA zu einer näheren Prüfung auf Fehler und einer eigenen Ermittlung korrekter Daten verpflichtet wäre. Unberührt bleibt allerdings die Pflicht des BVA als Durchführungsbehörde des RSA, bei den Kassen, ihren Spitzenverbänden und den Aufsichtsbehörden auf eine Beseitigung solcher Mängel hinzuwirken, die es aus dem Zusammenlauf der Daten oder in gerichtlichen Verfahren erkennt.
Die Zuständigkeit des BVA für die Durchführung des RSA erstreckt sich nicht auf eine Prüfung der Krankenkassen. Eine solche Prüfung ist vielmehr allein Aufgabe der in § 274 Abs 1 SGB V genannten Stellen (Aufsichtsbehörden; § 90 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV)). Dieses wird neuerdings durch die Nr 11 des § 266 Abs 7 SGB V bestätigt, die durch Art 1 Nr 2 Buchst b) bb) des RSA-Reformgesetzes vom 10. Dezember 2001 (BGBl I 3465) angefügt worden ist. Nach dieser Vorschrift erstreckt sich die Verordnungsermächtigung auf "die Prüfung der von den Krankenkassen mitzuteilenden Daten durch die mit der Prüfung nach § 274 befassten Stellen". Damit sollte klargestellt werden, dass die Prüfung der von den Kassen im RSA gemeldeten Daten Aufgabe der Prüfstellen der Aufsichtsbehörden ist (Beschlussempfehlung des Bundestags-Ausschusses für Gesundheit in BT-Drucks 14/7355 S 7 mit Begründung im Bericht BT-Drucks 14/7395 S 7). Das wird in § 15a Abs 1 Satz 1, 5 und 6 RSAV erneut bestätigt (eingefügt durch Art 1 Nr 3 der 5. RSAÄndV vom 4. Dezember 2002, BGBl I 4506, mit Begründung in BR-Drucks 730/02 S 10). Die Aufsichtsbehörden prüfen die Kassen in eigener Zuständigkeit und haben für die Beseitigung etwaiger Mängel zu sorgen. Zwar ist das BVA auch selbst Aufsichtsbehörde, allerdings nur für die bundesunmittelbaren Kassen; die übrigen Kassen unterstehen den Aufsichtsbehörden der Länder. Diese Zuständigkeit für die nicht einheitlich geregelte Aufsicht ist rechtlich von der bundeseinheitlichen Zuständigkeit des BVA für die Durchführung des RSA zu unterscheiden. Als Durchführungsbehörde darf das BVA von der nach einer aufsichtsrechtlichen Prüfung bestehenden Datenlage ebenso ausgehen wie von den durch die Kassen über ihre Spitzenverbände gemeldeten Daten. Es ist insofern zur Prüfung von Kassen oder von Aufsichtsbehörden weder verpflichtet noch berechtigt.
b) Die angefochtenen Bescheide sind nicht wegen der Daten zu den Versicherten zu beanstanden. Hierzu gilt allgemein:
Der Gesetzgeber musste bei der Einführung des RSA abwägen. Er durfte einerseits davon ausgehen, dass der RSA zusammen mit einer Erweiterung der Kassenwahlrechte ein geeignetes und alsbald erforderliches Mittel zur Begrenzung der hohen, auch verfassungsrechtlich bedenklichen Beitragssatzunterschiede war. Andererseits konnte der RSA mit den damals erfassten Daten nicht durchgeführt werden. Hierzu fehlten vor allem hinreichend differenzierte Daten über die Einnahmen und über die Leistungsausgaben in den Hauptleistungsbereichen (Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser, Apotheken, sonstige Leistungserbringer, Krankengeld). Ferner waren bei manchen Kassen die Versichertenverzeichnisse nicht auf dem Laufenden.
Die Erhebung der Daten war wegen der hohen Zahl der Krankenkassen, der Leistungserbringer und der Versicherten besonders aufwändig. In der GKV waren Mitte der neunziger Jahre rund 50 Mio Mitglieder und 20 Mio Familienangehörige versichert. Da zu den Leistungsausgaben einerseits möglichst genaue Daten erforderlich waren, andererseits aber eine Vollerhebung ausschied, hat der Gesetzgeber einen Mittelweg zwischen der Beschaffung hinreichender Daten und einer vertretbaren Kostenbelastung der Beteiligten vorgesehen.
Der RSA muss in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden, um die monatlichen Ausgleiche (§ 17 RSAV) abzurechnen, der Ansammlung zu hoher Ausgleichssummen vorzubeugen und den Krankenkassen die Haushaltsplanung nicht weiter zu erschweren. Insofern bestimmt § 266 Abs 1 Satz 1 SGB V, dass zwischen den Kassen jährlich ein RSA durchzuführen ist. Nach § 266 Abs 7 Nr 6 SGB V regelt jedoch die RSAV das Nähere über die Durchführung des Ausgleichs. § 19 Abs 5 RSAV bestimmt dementsprechend als Regel, dass der Ausgleich bis zum Ende des auf das Ausgleichsjahr folgenden Kalenderjahres durchzuführen ist. Diese Bestimmung ist durch die genannte Ermächtigung gedeckt. Das BVA hat daher mit Recht entsprechend der Regelung in § 19 Abs 5 RSAV den Jahresausgleich für 1995 bis Ende 1996 durchgeführt, obwohl Unklarheiten bei der für 1995 gemeldeten Zahl der Versicherten bekannt geworden waren. Die Ansicht der Klägerin, der Jahresausgleich für 1995 habe noch nicht mit den angefochtenen Bescheiden vom 4. Dezember 1996, sondern erst nach weiterer Prüfung von Daten durchgeführt werden dürfen, ist unzutreffend.
c) Der Jahressausgleich für 1995 war nicht, was die Revision allein geltend macht, wegen der Versichertenjahre, dh der Zahl der Versicherten zu beanstanden. Werden nach Abschluss der Ermittlungen der Werte des § 266 Abs 6 Satz 3 SGB V sachliche oder rechnerische Fehler in den Berechungsgrundlagen festgestellt, hat das BVA diese bei der Ermittlung beim nächsten Ausgleichsverfahren nach den dafür geltenden Vorschriften zu berücksichtigen (vgl § 266 Abs 6 Satz 7 SGB V). Dies gilt auch, wenn sich nach Abschluss der Datenübermittlungen herausstellt, dass Kassen zum Teil nicht abgesicherte Versichertenzeiten gemeldet haben, oder insoweit jedenfalls Unsicherheiten bestehen, weil es entgegen §§ 288, 289 SGB V an einer ordnungsgemäßen Führung der Versichertenverzeichnisse fehlt. Das BVA musste daher, obwohl Unklarheiten bei der für 1995 gemeldeten Zahl der Versichertenjahre bekannt geworden waren, den Jahresausgleich für 1995 bis Ende 1996 durchführen und dabei für 1995 von den von den Kassen für dieses Ausgleichsjahr übermittelten Daten ausgehen. Es war nicht berechtigt, Versichertenzeiten nach Maßgabe des § 3 Abs 4 Satz 5 RSAV nur mit einem Sicherheitsabzug zu berücksichtigen, oder verpflichtet, die Versichertenzeiten solcher Kassen "auf Null" zu setzen, bei denen Zweifel an der Zuverlässigkeit der gemeldeten Familienversichertenzeiten bestehen konnten (vgl dazu BSG Urteil vom 24. Januar 2003 - B 12 KR 19/01 R- zur Veröffentlichung vorgesehen, unter 6. h, i). In diesem Urteil ist (unter 6. e) auch ausgeführt, dass Bedenken gegen eine nicht zeitnahe Erfassung der Familienversicherten ihrer Berücksichtigung im RSA nicht entgegenstanden.
d) Bei Durchführung des Jahresausgleichs für 1995 Ende 1996 bestanden im Übrigen bereits Vorkehrungen dafür, dass festgestellte Unzulänglichkeiten bei der Erhebung der Versicherungszeiten (dh der Zahl der Versicherten) in den Ausgleichen späterer Jahre ausgeglichen werden konnten. Fehler, die sich später bei der Grundbereinigung oder Prüfung ergaben, waren nach § 266 Abs 6 Satz 7 SGB V beim dann folgenden Jahresausgleich zu berücksichtigen. Außerdem war nach § 25 Abs 3 Satz 1 RSAV idF der Ersten Verordnung zur Änderung der RSAV (1. RSAÄndV) vom 17. Juli 1996 (BGBl I 1024) das BVA nach Anhörung der Spitzenverbände der Krankenkassen berechtigt, auf der Grundlage der 1996 durchgeführten Erhebungen nach § 267 Abs 3 SGB V die Verhältniswerte für 1994 und 1995 im Jahresausgleich für 1996 zu korrigieren. Mit dieser Bestimmung hat der Verordnungsgeber von der Verordnungsermächtigung in § 267 Abs 7 Nr 1, 6 SGB V Gebrauch gemacht (vgl Urteil vom 24. Januar 2003 - B 12 KR 19/01 R - unter 8. g, zur Veröffentlichung vorgesehen). Sie wurde später zwar dahin geändert, dass bei der Durchführung des Jahresausgleichs für 1997 die Verhältniswerte für 1995 und 1996 zu korrigieren waren, für 1994 jedoch lediglich eine Korrektur der Versichertenzeiten vorzunehmen war (vgl das vorgenannte Urteil vom 24. Januar 2003 - B 12 KR 19/01 R - unter 8. b und c). Jedoch stand nach § 266 Abs 6 Satz 7 SGB V und nach § 25 Abs 3 RSAV idF der 1. RSAVÄndV bereits bei Durchführung des RSA für 1995 Ende 1996 fest, dass die nach Abschluss der Datenübermittlung für das Jahr 1995 gewonnenen Erkenntnisse über die Datengrundlagen nicht mehr in den Jahresausgleich für 1995 eingingen, aber bei späteren Jahresausgleichen zu berücksichtigen waren. Im Übrigen hat das BVA die Unklarheiten bei den Versichertenzeiten zum Anlass genommen, eine Grundbereinigung der Familienversichertenverzeichnisse und Prüfungen durch die Aufsichtsbehörden in die Wege zu leiten.
Nach allem war das BVA wegen der von der Klägerin vermuteten Fehler weder berechtigt noch verpflichtet, sich über die zeitlichen Vorgaben zur Durchführung des RSA hinwegzusetzen und den RSA 1995 zu verschieben. Die Beseitigung zu vermutender oder bereits absehbarer, jedoch noch nicht bezifferbarer Nachteile von Krankenkassen beim RSA 1995 erst in späteren Ausgleichsjahren war angesichts des zu erwartenden Korrekturvolumens von den Kassen hinzunehmen. Der Gesetzgeber hat das Interesse einzelner ausgleichsverpflichteter Kassen an einer Verschiebung des Ausgleichs bis zur Herstellung präziser Datengrundlagen geringer bewertet als das öffentliche Interesse an der Durchführung des RSA auf noch nicht absolut sicherer Datengrundlage. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot des Grundgesetzes oder sonstige Verfassungsverstöße sind hierin nicht zu sehen.
Die Revision der Klägerin war damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).
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