L 9 AL 55/99

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 35 AL 773/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 55/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 20.11.1998 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger anlässlich einer Umschulung überhöhte Sachkosten erhalten und diese zurückzuzahlen hat.

Der 1953 geborene Kläger ist ungarischer Staatsangehöriger und von Beruf Pilot. Er hat am 27.11.1992 die deutsche Staatsangehörige E. B. geheiratet. Ein gemeinsamer Sohn, T. , wurde 1994 geboren.

Der Kläger war zuletzt vom 28.10.1991 bis 31.08.1994 bei der "Katholischen Kirchenpflege B." als Hausmeister und Messner beschäftigt.

Am 26.08.1994 beantragte er beim örtlich zuständigen Arbeitsamt B. eine Umschulung zum Kommunikationselktroniker vom 05.09.1994 bis 14.07.1996 in München. Als seine Wohnanschrift gab er "B.str., G. , bei B." an. Er bestätigte unterschriftlich, das Merkblatt 6 "Berufliche Fortbildung und Umschulung" erhalten zu haben.

Die Teilnahme des Klägers an der Maßnahme wurde seitens der Beklagten durch Gewährung von Unterhaltsgeld und Sachkosten gefördert.

Der Kläger beantragte u.a. die Erstattung seiner Fahrtkosten innerhalb Münchens zur Schulungsstätte sowie als bei einer auswärtigen Unterbringung zu erstattende Kosten die hierfür vorgesehenen Kosten für Heimfahrten und für Unterkunft und Verpflegung. Als Beleg für seine Fahrtkosten innerhalb Münchens legte er eine MVV-Monatskarte über einen Betrag von 86,70 DM vor. Als Kosten für eine einfache Fahrt von München nach G. (B.) gab er 156,- DM an.

Das Arbeitsamt bewilligte mit Bescheiden vom 15.12.1994 und vom 08.03.1995 für die Zeit vom 05.09.1994 bis 28.07.1995 für Pendelfahrten innerhalb Münchens monatlich 86,70 DM, zusammen 953,70 DM, für die Anfahrt von G. nach München mit Rückreise sowie für 10 Hin- und Rückfahrten zusammen 3.432,- DM und für Unterkunft und Verpflegung 7.260,-DM, insgesamt 11.645,70 DM.

Anläßlich eines Telefonats mit der Bahn am 27.07.1995 erhielt das Arbeitsamt die Auskunft, dass eine Hin- und Rückfahrt zwischen B. und München 150,- DM koste.

Daraufhin bewilligte das Arbeitsamt dem Kläger mit Bescheid vom 28.07.1995 für die Zeit vom 01.08.1995 bis zum Ende der Maßnahme am 14.07.1996 für die Pendelfahrten innerhalb Münchens und für Unterkunft und Verpflegung jeweils unter Zugrundelegung der bisherigen Sätze 1.011,59 DM sowie 7.920,- DM, insgesamt 8.931,50 DM. Für Familienheimfahrten erhalte er für den Restzeitraum der Maßnahme nichts mehr, da ihm für die vorangehende Zeit aufgrund seiner falschen Angaben über den Preis für die einfache Strecke München-B. bereits der doppelte Fahrpreis erstattet worden sei.

Der Kläger erhob Widerspruch und trug vor, dass die monatliche MVV-Karte in München mittlerweile 132,- DM koste und der genaue Betrag für eine Hin- und Rückfahrt zwischen München und G. (B.) 164,- DM ausmache. Das Arbeitsamt bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 19.09.1995 unter Zugrundelegung der höheren MVV-Kosten von monatlich 132,- DM für den Zeitraum vom 01.08.1995 bis 14.07.1996 hierfür statt lediglich 1.011,50 DM einen Betrag von 1.540,- DM.

Am 16.01.1996 kam es zu einem Telefonat des Arbeitsamts mit der Richterin am Familiengericht in B ... Laut Vermerk habe die Richterin angegeben, die Eheleute P. lebten "seit Oktober" getrennt. Der Kläger habe keinerlei Beziehung zu seiner Ehefrau, vermutlich sei sein erster Wohnsitz in München.

Hierzu angehört gab der Kläger an, er wohne seit Oktober 1995 mit 2. Wohnsitz in der H. Str. in München. Demgegenüber teilte das Einwohnermeldeamt München mit, München, H. Str. , sei seit 01.10.1995 der Hauptwohnsitz des Klägers.

Das Arbeitsamt hob daraufhin mit Bescheid vom 13.03.1996 für die Zeit ab 01.10.1995 die Bewilligung von Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie für Fahrtkosten auf. Der Kläger habe die bereits bis zum 29.02.1996 auf der Grundlage dieser Bewilligung ausgezahlten Beträge von insgesamt 3.941,65 DM zu erstatten.

Der Kläger erhob Widerspruch. Ehefrau und Sohn lebten in G ... Es wäre unsinnig, wenn er, nachdem bereits soviel in seine Ausbildung investiert worden sei, diese zwei Monate vor der Abschlussprüfung aus finanziellen Gründen abbrechen müsse.

Die Widerspruchsstelle des Arbeitsamts stellte bei der Überprüfung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides fest, dass der Kläger seit 01.10.1995 an Fahrtkosten nur die Pendelfahrten zur Schulungsstätte innerhalb Münchens erhalten habe, die ihm zu Recht bewilligt worden seien. Zu Unrecht habe man dem Kläger nur die Kosten für auswärtige Unterkunft und Verpflegung in Höhe von 660,- DM monatlich bewilligt, vom 01.10.1995 bis 29.02.1996 insgesamt 3.300,- DM.

Mit Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheid vom 03.04.1996 änderte das Arbeitsamt den Bescheid vom 13.03.1996 infolgedessen dahingehend, dass es nurmehr die Bewilligung von Kosten für auswärtige Unterkunft und Verpflegung ab 01.10.1995 aufhob und vom Kläger lediglich Leistungen in Höhe von insgesamt 3.300,- DM zurückforderte. Im Übrigen wies es den Widerspruch des Klägers zurück. Mit der Trennung des Klägers von seiner Familie ab 01.10.1995 sowie der Verlegung seines Hauptwohnsitzes nach München sei eine auswärtige Unterbringung im Sinne der Anordnung Fortbildung und Umschulung nicht mehr gegeben gewesen.

Der Kläger erhob Klage zum Sozialgericht (SG) München. Ihm seien die Kosten für Unterkunft und Verpflegung wegen notwendiger auswärtiger Unterbringung zu Recht erstattet worden. Er sei an den Wochenenden überwiegend in G. gewesen. Er habe gehofft, familiäre Schwierigkeiten zu überwinden. Er habe dort eine Garage gemietet gehabt, wo seine Sachen untergebracht gewesen seien und wo er am Wochenende gehaust habe. Dies könne die Vermieterin L. G. aus G. bezeugen. Im Übrigen habe er seit 01.10.1995 nur 3.153,32 DM erhalten.

Während des Klageverfahrens übersandte die Stadt G. dem Arbeitsamt eine bei der dortigen Meldebehörde am 11.01.1995 vorgenommene Abmeldung von G. nach München. Dem beigelegt war eine Bestätigung des Einwohnermeldeamtes der Landeshauptstadt München, wonach der Kläger ab 01.10.1994 seinen Hauptwohnsitz von B.str., G. , nach B. Str., München verlegt habe.

Das Amtsgericht B. übersandte dem Arbeitsamt ein Scheidungsurteil des Familiengerichts vom 29.05.1996. Darin wird die Ehescheidung des Klägers und seiner Ehefrau ausgesprochen und im Tatbestand festgehalten, dass die Eheleute seit Oktober 1994 getrennt lebten. Als Anschrift des Klägers ist S. Str., Müchen, angegeben.

In den Akten des Arbeitsamts findet sich unter dem 05.09.1996 hierzu folgender Vermerk: Der Kläger habe auch vom 01.10.1994 bis zum 30.09.1995 zu Unrecht Kosten für Unterkunft und Verpflegung erstattet erhalten, und zwar in Höhe von 12 x 660,-DM = insgesamt 7.920,- DM. Für Familienheimfahrten habe der Kläger für diesen Zeitraum 672,- DM zu Unrecht erhalten.

Zur Stellungnahme aufgefordert, gab der Kläger an: Zwar lebten seine Ehefrau und er seit Ende Oktober 1994 getrennt. Er habe jedoch seinen Hauptwohnsitz weiterhin in G. behalten, nämlich durch Anmietung einer Doppelgarage. Er habe weiterhin fast jedes Wochenende in E. verbracht. Die kleine Wohnung in München sei nur sein Nebenwohnsitz gewesen. Seine Ehefrau habe sich gegen seinen Willen von ihm getrennt und ihn ohne sein Wissen und seine Einwilligung abgemeldet. Der größte Teil seiner Sachen sei in der von ihm angemieteten Doppelgarage geblieben.

Mit Bescheid vom 18.10.1996 hob das Arbeitsamt die Bewilligung der "Kosten für Unterkunft und Verpflegung" vom 01.10.1994 bis 30.09.1995 auf und ordnete die Erstattung von 8.592,- DM an. Der Kläger habe seit dem 01.10.1994 seinen Hauptwohnsitz in München gehabt und seinen Umzug nicht mitgeteilt, weswegen er keinen Vertrauensschutz beanspruchen könne.

Das SG hob mit Urteil vom 20.11.1998 den Bescheid vom 18.10. 1996 auf, soweit die Beklagte darin die Erstattung von einem Betrag über 7.920,- DM hinaus angeordnet hatte. Im Übrigen wies es die Klage als unbegründet ab. Der Änderungsbescheid vom 08.03.1995, mit dem erstmals Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie für Familienheimfahrten bewilligt worden seien, sei ebenso wie die nachfolgenden Bescheide bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses rückwirkend ab 01.10.1994 unrichtig gewesen. Der Kläger habe nämlich die Voraussetzungen für die Erstattung von Familienheimfahrten sowie von Kosten für Unterkunft und Verpflegung wegen auswärtiger Unterbringung seit seinem Umzug nach München ab 01.10.1994 nicht mehr erfüllt. Dies, da die Eheleute seit diesem Zeitpunkt getrennt gelebt hätten und er mit Hauptwohnsitz in München gemeldet gewesen sei. Die Unterbringung seiner Habe bzw. eines Teils seiner Habe in einer Doppelgarage, worin er möglicherweise zeitweise auch genächtigt habe, könne man nicht als Beibehaltung eines Lebensmittelpunkts in G. bezeichnen. Vertrauensschutz in die Bestandskraft der Bewilligungsbescheide könne der Kläger nicht beanspruchen, da er die Übersiedlung nach München bzw. die Trennung von seiner Familie nicht angezeigt habe.

Der Bescheid vom 18.10.1996 müsse jedoch insoweit aufgehoben werden, als die Beklagte darin über 7.920,- DM hinaus noch weitere 672,- DM zurückgefordert habe. In dem Bescheid sei nämlich nur die Bewilligung von Leistungen für auswärtige Unterkunft und Verpflegung für die Zeit vom 01.10.1994 bis 30.09.1995, also insgesamt Leistungen in Höhe von 7.920,- DM, aufgehoben worden, nicht jedoch die Bewilligung von Familienheimfahrten. Eine Erstattung von Leistungen nach § 50 Abs.1 SGB X setze jedoch voraus, dass die Bewilligung der Leistung aufgehoben worden sei.

Mit der Berufung hat der Kläger zur Untermauerung seines Vor- bringens, dass er regelmäßig an den Wochenenden in G. gewesen sei, vorgetragen: Er habe dort weiterhin neben der Umschulung in München Küsteraufgaben wahrgenommen. Auch habe er sich nicht freiwillig nach München umgemeldet, vielmehr habe ihn seine Ehefrau ohne sein Wissen nach München abgemeldet. Als er dies erfahren habe, habe er sich in München als Zweitwohnsitz anmelden wollen. Die zuständige Sachbearbeiterin habe dies aber abgelehnt, so dass er München als Hauptwohnsitz habe ankreuzen müssen.

Der Kläger hat beantragt, das Urteil des Sozialgerichts vom 20.11.1998 abzuändern sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.03.1996 in Gestalt des Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheides vom 03.04.1996 und den Bescheid vom 18.10.1996 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hat keine Anschlussberufung eingelegt.

In der Sache hat die Beklagte auf die Ausführungen des SG verwiesen.

Der Senat hat die Akten des SG und der Beklagten sowie das Merkblatt Nr.6 "berufliche Fortbildung und Umschulung", Stand 1994, beigezogen. Die "Katholische Kirchenpflege B." hat dem Senat auf Anfrage mitgeteilt, dass der Kläger seit seiner Anstellung als Hausmeister und Messner bis 31.08.1994 dort keine weiteren beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeiten mehr ausgeübt habe. Über seine seitherigen Wohnverhältnisse könnten keine Angaben gemacht werden. Das Einwohnermeldeamt München hat dem Senat die Anschriften des Klägers seit 1994 mitgeteilt. Dieser sei am 05.09.1994 von G. zugezogen. Er habe vom 05.09.1994 bis 01.05.1995 in der B. Str. , vom 01.05. 1995 bis 06.10.1995 in der S. Str. sowie vom 06.10.1995 bis 01.04.1996 in der H. Str.20 gewohnt. Am 01.04.1996 sei eine Abmeldung nach S. , S. str., erfolgt. Aus den Akten ergibt sich, dass die Teilnahme des Klägers an der Maßnahme ab 01.04.1996 vom Arbeitsamt Aachen gefördert wurde und der Kläger die Maßnahme bis zu deren Ende am 02.07.1996 besucht hat. Wegen sonstiger Einzelheiten des Tatbestandes wird auf den Inhalt der gesamten Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige insbesondere statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist unbegründet.

Streitgegenstand sind die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 13.03.1996 in Gestalt des Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheides vom 03.04.1996 sowie der während des Klageverfahrens nachfolgende Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 18.10. 1996. Letzterer ist nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, da die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide auf dem gleichen fortgesetzten Sachverhalt beruhen und die gleichen laufenden Leistungen betreffen.

Vom Geschehensablauf her ist zunächst die Rechtmäßigkeit des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 18.10.1996 zu prüfen, da dieser Bescheid den chronologisch früheren Zeitraum vom 01.10.1994 bis 30.09.1995 betrifft. Die Beklagte hat mit diesem Bescheid die Bewilligung der Kosten für Unterkunft und Verpflegung vom 01.10.1994 bis 30.09.1995 aufgehoben und als dem Kläger hierfür erbrachte Leistungen den Betrag von 7.920,- DM zurückgefordert. Außerdem hat sie in dem Bescheid vom 18.10.1996 die Erstattung von 672,- DM für Familienheimfahrten angeordnet. Insoweit hat das SG den Bescheid aufgehoben, die Beklagte hat hiergegen keine Anschlussberufung eingelegt. Im Berufungsverfahren streitig war demnach bezüglich des Bescheides vom 18.10.1996 nurmehr die Aufhebung der Bewilligung der Kosten für Unterkunft und Verpflegung vom 01.10.1994 bis zum 30.09.1995 und die Rückforderung von hierfür erbrachten Leistungen der Beklagten in Höhe von 7.920,- DM.

Kosten für Unterkunft und Verpflegung wurden dem Kläger mit Bescheid vom 08.03.1995 für die Zeit vom 05.09.1994 bis 28.07. 1995 sowie mit Bescheid vom 28.07.1995 für die Zeit vom 01.08. 1995 bis 14.07.1996 bewilligt.

Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung von Unterkunft und Verpflegung für die Zeit vom 01.10.1994 bis 30.09. 1995 ist demnach § 45 SGB X.

Diese Vorschrift berechtigt in Abs.1 die Verwaltung zur Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts, der zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war.

Dies trifft zu auf die Bewilligungsbescheide vom 08.03.1995 und vom 28.07.1995, soweit diese die Kosten für Unterkunft und Verpflegung bewilligt haben.

Maßgebend dafür, ob dem Kläger während des Besuchs der Umschulungsmaßnahme in München ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und Verpflegung seitens der Beklagten zustand, ist die Anordnung Fortbildung und Umschulung vom 29.04.1993. Nach § 20 werden Antragstellern, die - wie der Kläger - die Voraussetzungen des § 14 Abs.2 Nr.1 erfüllen,

a) für Unterkunft eine Tagespauschale von 60,- DM, höchstens jedoch 420,- DM im Kalendermonat und b) für Verpflegung eine Tagespauschale von 30,- DM, höchstens jedoch 240,- im Kalendermonat, monatlich demnach maximal 660,- DM gewährt.

Diese Bestimmung wird dann relevant, wenn der Teilnehmer an einer Bildungsmaßnahme nicht am Maßnahmeort oder in dessen Tagespendelbereich wohnt und unter Beibehaltung seines bisherigen Wohnsitzes eine weitere Unterkunft am Maßnahmeort bezieht. Eine Beibehaltung des bisherigen Wohnsitzes in diesem Sinne liegt aber nur vor, wenn dieser auch während der Maßnahme den tatsächlichen Mittelpunkt der Lebensverhältnisse des Teilnehmers bildet (Gagel-Fuchsloch Rdz.8, 9 zur Nachfolgebestimmung des § 84 SGB III, BSG vom 30.01.1975 SozR 4100 § 45 Nr.4).

Der Senat konnte diese Überzeugung im Falle des Klägers nicht gewinnen. Vielmehr sprechen die Tatsachen dagegen, dass der Kläger auch während der Teilnahme an der Umschulung in München den Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse bzw. Lebensbezüge in G. behalten hat. Zum einen lebte er laut Scheidungsurteil des Amtsgerichs B. vom 03.04.1996, von ihm selbst nicht bestritten, nicht mehr in der bisherigen ehelichen Wohnung in G. mit Ehefrau und Sohn. Wie er selbst vorträgt, hatte er dort nicht einmal mehr den Rest seiner persönlichen Habe, den er nicht mit nach München nahm, sondern hat diesen in einer von ihm angemieteten Garage aufbewahrt. Das Anmieten einer Garage spricht eher für ein Provisorium, in dem er vorübergehend den Rest seiner Sachen aufbewahrte, und wo er bei gelegentlichen Besuchen in G. auch einmal zur Not übernachten konnte. Der Senat hält die darüber hinausgehenden Behauptungen des Klägers nicht für glaubhaft. Dafür, dass es sich um eine wohl weit übertriebene Darstellung handelt, spricht, dass die "Katholische Kirchenpflege B." entgegen den Behauptungen des Klägers mitgeteilt hat, dass dieser nach der Beendigung seiner dortigen Beschäftigung als Hausmeister und Messner am 31.08.1994 - auch an den Wochenenden - keinerlei irgendwie ehrenamtliche Tätigkeit mehr ausgeübt hat. Wenn die Meldebehörden in München den Kläger, wie er angibt, "gezwungen" hat, München als Hauptwohnsitz eintragen zu lassen, so lässt sich dies gleichfalls vernünftigerweise nur dadurch erklären, dass nach den Schilderungen, die der Kläger dort über seine Wohnsituation abgegeben hat, München eben der tatsächliche Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse war.

Die Beklagte konnte die Bewilligung der Kosten für Unterkunft und Verpflegung für die Zeit vom 01.10.1994 bis 30.09.1995 auch mit Wirkung für die Vergangenheit aufheben, da zumindest der vertrauensschutzvernichtende Tatbestand des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 SGB X erfüllt ist. Der Kläger hat bei seinem Antrag vom 20.08.1994 auf Förderung seiner Umschulung zum Kommunikationselektroniker unterschriftlich bestätigt, das Merkblatt für Teilnehmer an Maßnahmen der Fortbildung und Umschulung erhalten zu haben. Der Senat hat die seinerzeit geltende Fassung vom April 1994 beigezogen. Darin sind unter Nr.10.1 die Mitteilungspflichten des Teilnehmers an einer Maßnahme aufgeführt. Der Maßnahmeteilnehmer, der Leistungen für Unterkunft und Verpflegung erhält, hat danach mitzuteilen, wenn er seinen ersten Wohnsitz bzw. seine bisherige Wohnung aufgibt, desgleichen wenn sich die von ihm zurückgelegten Fahrstrecken oder aber die Kosten ändern, die ihm durch die Teilnahme an der Maßnahme entstehen. Der Kläger hat es zumindest grob fahrlässig unterlassen, dem Arbeitsamt die Trennung von seiner Familie und den Auszug aus der bisherigen Wohnung in G. mitzuteilen. Er musste dem Kostenträger die Möglichkeit geben, zu beurteilen, ob die nach seinem Auszug aus der ehelichen Wohnung gegebenen Umstände es weiterhin rechtfertigten, Kosten für eine notwendige auswärtige Unterbringung zu übernehmen.

Nach § 50 Abs.1 Satz 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Der Kläger hat aufgrund der Bewilligungsbescheide vom 08.03. 1995 und vom 28.07.1995 für die Zeit vom 01.10.1994 bis 30.09. 1995 12-mal 660,- DM, also insgesamt 7.920,- DM für Unterkunft und Verpflegung erhalten, wie sich aus den in den Akten befindlichen Zahlungsnachweisen ergibt. Diesen Betrag hat der Kläger zurückzuerstatten.

Mit dem desweiteren streitgegenständlichen Bescheid vom 13.03. 1996 in Gestalt des Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheides vom 03.04.1996 hat die Beklagte die Bewilligung von Kosten für Unterkunft und Verpflegung für die Zeit vom 01.10.1995 bis 29.02. 1996 aufgehoben und insoweit erbrachte Leistungen von 3.300,-DM vom Kläger zurückgefordert. Die Bewilligung dieser Leistungen beruhte auf dem Bescheid vom 28.07.1995, der unter anderem die Erstattung von Kosten für Unterkunft und Verpflegung von August 1995 bis 14.07.1996 zum Gegenstand hatte. Dieser Bescheid ist, wie bereits oben ausgeführt, da der Kläger den Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides nicht mehr in G. hatte, gleichfalls bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses unrichtig gewesen. Die Beklagte konnte die Bewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit aufheben, da der Kläger den vertrauensschutzvernichtenden Tatbestand des § 45 Abs.2 Satz 3 Nr.2 SGB X verwirklicht hat. Die aufgrund der unrichtigen Bewilligung für die Zeit vom 01.10. 1995 bis 29.02.1996 für Unterkunft und Verpflegung erbrachten Leistungen sind nach § 50 Abs.1 SGB X vom Kläger zurückzuerstatten. Der Kläger hat nach den Zahlungsnachweisen sämtliche ihm bewilligten Leistungen, also auch die 5 x 660,- DM für Unterkunft und Verpflegung für die Zeit vom 01.10.1995 bis 29.02. 1996, zusammen 3.300,- DM erhalten, die er demnach zurückzuerstatten hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Ein Anlass, die Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 oder Nr.2 SGG zuzulassen, bestand nicht.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und das Urteil des Senats weicht nicht ab von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts und beruht auf dieser Abweichung.
Rechtskraft
Aus
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