L 16 RJ 623/01

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 3 RJ 845/99 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 RJ 623/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 RJ 112/04 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27. April 2001 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der 1950 in Jugoslawien geborene Kläger hat nach eigenen Angaben bis Dezember 1991 in Jugoslawien überwiegend den dort 1966 bis 1969 erlernten Beruf des Maschinenschlossers ausgeübt und war in Deutschland von Januar 1992 bis März 1993 als Hilfskraft in der Industrie-Elektrik sowie von Mai 1993 bis zu einem Arbeitsunfall vom 10. Februar 1997 als ungelernter Malerhelfer versicherungspflichtig beschäftigt. Von April 1997 bis zu seiner Ausreise nach Bosnien-Herzegowina bezog er Sozialleistungen. Er bezieht dort seit 7. Dezember 2001 eine Invalidenrente. Die Gewährung einer Verletztenrente aus der deutschen Unfallversicherung wurde abgelehnt (zuletzt Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Juli 1999 - L 7 U 3787/99 -).

Aus einer vom 2. Februar bis 2. März 1998 wegen Lendenwirbelsäulen-Beschwerden durchgeführten stationären Rehabilitationsmaßnahme wurde der Kläger als arbeitsfähig im zuletzt ausgeübten Beruf entlassen (Entlassungsbericht vom 4. März 1998). Vom 3. April 1998 bis 23. April 1998 wurde eine stationäre orthopädische Schmerztherapie durchgeführt (Entlassungsbericht vom 23. April 1998), unterbrochen durch eine stationäre Behandlung vom 17. März bis 3. April 1998 wegen einer akuten Gastrointestinalblutung (Entlassungsbericht vom 14. April 1998 mit dem Nebenbefund einer beidseitigen peripheren arteriellen Verschlusskrankheit vom Unterschenkeltyp, Stadium IIb; erneute stationäre Behandlung wegen Gastroenteritis vom 10. bis 19. Juni 1998). Am 19. Mai 1998 erfolgte eine Laser-Discusdekompression L4/L5.

Am 2. Juli 1998 beantragte der Kläger über die Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Wegen der am 10. Februar 1997 erlittenen Verletzungen (Rippenserienfraktur 6. - 9. Rippe rechts, Knieprellung links) und Bandscheibenbeschwerden könne er keine Erwerbstätigkeit mehr ausüben.

Die Beklagte holte (u.a.) eine Auskunft des letzten langjährigen Arbeitgebers über die Tätigkeit des Klägers von 1993 bis 1997 sowie Gutachten des Orthopäden Dr. L. vom 30. September 1998 und des Sozialärztlichen Dienstes der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (Dr. E.) vom 5. Oktober 1998 ein. Beide Gutachter hielten den Kläger noch für fähig, leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten mit einigen qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig zu verrichten.

Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag vom 2. Juli 1998 ab (Bescheid vom 10. November 1998). Bei vollschichtiger Leistungsfähigkeit für leichte und zeitweise mittelschwere Arbeiten liege beim Kläger keine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vor. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte nach Auswertung eines arbeitsamtsärztlichen Gutachtens vom 20. Oktober 1998 (mit der Leistungsbeurteilung vollschichtig leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen) und eines nervenärztlichen Berichtes aus Bosnien-Herzegowina vom 23. April 1999 (mit der Diagnose eines depressiven Syndroms) zurück (Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 1999). Der Kläger könne noch vollschichtig leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten zu ebener Erde ohne überwiegend einseitige Körperhaltung verrichten und sei als ungelernter Arbeiter ohne Benennung einer Verweisungstätigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.

Dagegen hat der Kläger am 7. Juli 1999 zum Sozialgericht Landshut (SG) Klage erhoben. Körperliche Tätigkeiten könne er nur unter Gefährdung seiner Restgesundheit ausüben, auf geistige Tätigkeiten sei er aufgrund fehlender beruflicher Kenntnisse nicht verweisbar.

Das SG hat den Kläger ambulant durch den Orthopäden und Rheumatologen Dr. S. , die Neurologin und Psychiaterin Dr. S. und den Allgemeinmediziner Dr. Z. begutachten lassen. Die Sachverständigen haben beim Kläger ein Wirbelsäulensyndrom bei Abnützungserscheinungen ohne wesentliche neurologische Ausfälle, ein medikamenteninduziertes Magen- und Zwölffingerdarmgeschwürsleiden sowie eine leichtergradige depressive Störung diagnostiziert und ihn für fähig erachtet, zumindest leichte Arbeiten mit einigen qualitativen Leistungseinschränkungen vollschichtig zu verrichten (Gutachten vom 25. April 2001).

Das SG hat sich dieser Leistungseinschätzung angeschlossen und die Klage abgewiesen (Urteil vom 27. April 2001). Als ungelernter Arbeiter sei der noch vollschichtig leistungsfähige Kläger auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.

Gegen das ihm am 14. August 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. November 2001 (Eingang beim SG) Berufung eingelegt. Er sei zwischenzeitlich mehrmals im Krankenhaus gewesen und aufgrund des Arbeitsunfalls vom 10. Februar 1997 auf Dauer arbeitsunfähig.

Er hat dem Bayer. Landessozialgericht (LSG) die medizinischen Unterlagen der Invalidenkommission B. über die im Jahr 2001 in Bosnien-Herzegowina erfolgte Rentenbegutachtung (Abschlussuntersuchung am 7. Dezember 2001) sowie medizinische Unterlagen aus dem Jahr 2000 vorgelegt. Ergänzend hat die Beklagte die aufgrund eines weiteren Antrags auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 11. Oktober 2002 aus Bosnien-Herzegowina übermittelten medizinischen Unterlagen vorgelegt, darunter Berichte des Allgemeinkrankenhauses S. vom 23. April 1999 und April 2001 und des Nervenarztes Dr. G. vom 18. April 2001.

Nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, er könne nicht zur Untersuchung nach Deutschland reisen, hat der Senat zur Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen Aktenlagegutachten der Sachverständigen Dr. S. (Orthopäde) vom 4. Juli 2002 und Dr. K. (Neurologe und Psychiater) vom 10. Januar 2003 eingeholt.

Dr. S. hat beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:

- Chronisches Schmerzsyndrom in der Lendenwirbelsäulen-, Kreuzbeinregion nach Deckplatteneinbruch des 5. Lendenwirbels, Bandscheibenvorfall zwischen 4. und 5. Lendenwirbel, Bandscheibenvorwölbung zwischen 5. Lendenwirbel und 1. Kreuzbeinwirbel mit Wirbelgleiten zwischen 4. und 5. Lendenwirbel bei Anlageanomalie des 1. Kreuzbeinwirbels.
- Zustand nach Rippenserienfraktur 6. bis 9. Rippe rechts vom 10. Februar 1997.
- Kniegelenksarthrose links.
- Erstgradige Varikosis beider Unterschenkel.
- Nacken-Schulter-Armsyndrom links.
- Zustand nach Laser-Diskusdekompression L4/L5 rechts vom 19. Mai 1998.

Zwar liege beim Kläger röntgenologisch ein schwerwiegender Befund von Seiten der Lendenwirbelsäule vor, doch könne der Kläger seit Juli 1998 noch vollschichtig leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus ohne schweres Heben und Tragen oder gebückte Zwangshaltung verrichten. Bezüglich der Unfallverletzungen vom 10. Februar 1997 lägen keine Hinweise auf akute Schädigungen mit bedeutenden Funktionsstörungen vor.

Dr. K. hat eine Ende 1998 beginnende rezidivierende depressive Störung mäßiger Ausprägung ohne Anhaltspunkte für eine Endogenität des Krankheitsbildes diagnostiziert und den Kläger ebenfalls für fähig erachtet, vollschichtig leichte Arbeiten im Wechselrhythmus zu verrichten. Über die orthopädisch bedingten Leistungseinschränkungen hinaus seien auch Akkord, Schichtarbeit und Arbeiten mit besonderer nervlicher Belastung nicht mehr zumutbar. Auf einfache, geistig nicht sehr anspruchsvolle Tätigkeiten könne sich der Kläger noch umstellen. Eine genauere Beurteilung der psychischen Situation sei aber nur im Wege einer ambulanten Begutachtung möglich, zu der der Kläger nach Maßgabe der aktenkundigen Befunde jedenfalls mit einer Begleitperson nach Deutschland anreisen könne.

Nach Aufklärung durch den Senat über die Notwendigkeit einer Begutachtung in Deutschland hat sich der Kläger am 5. Mai 2003 einer ambulanten Untersuchung durch Dr. S. und Dr. K. unterzogen.

Dr. S. hat in seinem Gutachten vom 5. Mai 2003 nunmehr folgende Diagnosen gestellt:
- Rechtsbetonte Rücken-Beinbeschwerden bei erheblichen Ver- schleißschäden der mittleren und unteren Lendenwirbelsäule mit Segmentinstabilität, asymmetrische Anlage des Lenden- wirbelsäulen-Kreuzbeinüberganges, ausgeprägte, auf einzelne Wirbel lokalisierte Wirbelkörperkantenreaktion.
- Ausgeprägte Wirbelkörperkantenausziehungen im Sinne eines sog. Morbus Forestier-Ott sowie ausgeprägte Rippenwirbelge- lenksarthrosen rechts.
- Initiale Verschleißzeichen der Hüftgelenke im Sinne einer beginnenden aktivierten Hüftgelenksarthrose beidseits.
- Deutliche außenbetonte Kniegelenksarthrose rechts und nur geringfügige Verschleißzeichen des linken Kniegelenkes.
- Nacken-Schulter-Armsyndrom bei nur mäßigen Verschleißzeichen im Bereich der mittleren/unteren Halswirbelsäule.
- Initiale Verschleißzeichen der Fingerend- und -mittelgelenke bei ausgeprägten Verschleißzeichen der Fingermittelgelenke, der Zeigefinger und Ringfinger beidseits.
- Initiale Verschleißzeichen im Bereich der Schultereckgelenke beidseits.
- Deutliche degenerative Veränderungen an den Großzehengrundgelenken beidseits mit Zystenbildung und ausgeprägter Senk- Spreizfußausbildung mit Knickfußkomponente.
- Initiale, gering ausgebildete Verschleißzeichen im Bereich der Spunggelenke und der Fußwurzeln sowie rückwärtiger Fer- sensporn auf der linken Seite.
- Verdacht auf Polyneuropathie.
- Varikose der Beine, linksbetont.

Im Vordergrund stünden die erheblich fortgeschrittenen Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule, wobei eine gezeigte massiv eingeschränkte Beweglichkeit und Schmerzhaftigkeit jedoch deutlich überdemonstriert sei. Die Muskulatur sei zwar druckschmerzhaft und etwas verspannt, jedoch nicht verhärtet. Auch eine demonstrierte erhebliche Einschränkung der Geh- und Stehbelastbarkeit mit der Notwendigkeit, Unterarmgehstützen zu tragen, sei orthopädisch nicht erklärbar. Die degenerativen Veränderungen von Seiten der Halswirbelsäule, der Schultergelenke, der Sprunggelenke und Mittelfüße sei altersentsprechend. Weder hieraus noch aus den übrigen orthopädischen Gesundheitsstörungen außerhalb der Wirbelsäule ergäben sich schwerwiegende funktionelle Störungen. Der Kläger sei noch in der Lage, vollschichtig (ergänzende Stellungnahme vom 1. Juli 2003) leichte Arbeiten im Wechselrhythmus ohne schweres Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, Zwangshaltung, häufiges Bücken, Gehen und Steigen auf Leitern und Gerüsten sowie Kälte und Nässeexposition zu verrichten. Ein vergleichbarer Zustand dürfte bereits im Juli 1998 vorgelegen haben.

Dr. K. hat in seinem Gutachten vom 6. Mai 2003 eine völlig remittierte depressive Episode ohne aktuelle Behandlungsbedürftigkeit diagnostiziert. Eine radikuläre Symptomatik im Rahmen der Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulenbeschwerden oder eine Polyneuropathie liege nicht vor. Aus nervenärztlicher Sicht ergebe sich keine zeitliche oder qualitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit.

Der Kläger hat nach Vorlage dieser Gutachten (u.a.) medizinische Unterlagen aus dem Jahr 2003 vorgelegt, die nach Ansicht der Sachverständigen Dr. S. und Dr. K. keinen Anlass zu einer Änderung der Leistungsbeurteilung oder einer erneuten ambulanten Begutachtung geben. Eine bereits vor der Begutachtung in Deutschland angesprochene erneute Bandscheibenoperation, aus der sich nach Angaben des Sachverständigen Dr. K. ggf. sozialmedizinische Konsequenzen ergeben könnten, ist bislang nicht erfolgt (Stellungnahmen Dr. K. vom 8. Oktober und 12. Dezember 2003, Dr. S. vom 10. Oktober 2003 und 19. Januar 2004).

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 27. April 2001 und den Bescheid der Beklagten vom 10. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 1999 aufzu- heben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund seines Antrags vom 2. Juli 1998 Rente wegen verminderter Erwerbs- fähigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat die Akten der Beklagten, des Arbeitsamtes (jetzt Agentur für Arbeit) Heilbronn, der Württembergischen Bau-Berufsgenossenschaft (auszugsweise) und des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten und die Berufungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 10. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 1999, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, dem Kläger aufgrund seines Antrags vom 2. Juli 1998 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren. Die dagegen erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 27. April 2001 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) und der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (a.F.), da er den Rentenantrag vor dem 3. April 2000 gestellt hat und Rente (auch) für die Zeit vor dem 31. Dezember 2000 begehrt (§ 300 Abs.2 SGB VI i.V.m. § 26 Abs.3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - SGB X -). Soweit die Entstehung eines Rentenanspruchs (erstmals) für die Zeit nach dem 31. Dezember 2000 in Betracht kommt, richtet sich der Anspruch des Klägers nach den Vorschriften des SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (n.F.).

Nach § 43 SGB VI (a.F.) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, wenn sie 1. berufsunfähig sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfä higkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Warte zeit erfüllt haben.

Diese Voraussetzungen sind beim Kläger nicht erfüllt. Zwar hat er die allgemeine Wartezeit (§§ 50 Abs.1 Satz 1, 51 Abs.1 SGB VI) erfüllt. Beim Kläger liegt jedoch keine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vor.

Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs.2 SGB VI a.F.).

Ausgangspunkt für die Prüfung von Berufsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat. Kann ein Versicherter seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben, liegt Berufsunfähigkeit aber nur dann vor, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gibt, die sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, in Gruppen eingeteilt, die durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert werden (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 132, 138, 140). Die Einordnung eines Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten, förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI a.F. am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nrn. 27, 33).

Maßgebend für die Bestimmung des bisherigen Berufs des Versicherten sind nur die in der deutschen Rentenversicherung versicherungspflichtig ausgeübten Beschäftigungen oder Tätigkeiten (BSGE 50, 165), sofern nicht ein zwischenstaatliches Abkommen oder überstaatliches Recht (insbesondere das europäische koordinierende Sozialrecht, vgl. BSGE 64, 85) im Einzelfall die Berücksichtigung einer im Abkommens- bzw. Mitgliedsstaat ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit vorsieht. Das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bosnien-Herzegowina weiterhin anwendbare (BGBl. II 1992 S. 1196) deutsch-jugoslawische Abkommen über Soziale Sicherheit vom 12. Oktober 1968 (BGBl. II 1969 S.1438) in der Fassung des Änderungsabkommens vom 30. September 1974 (BGBl. II 1975 S.390) enthält hierzu keine Regelungen.

Grundsätzlich darf der Versicherte im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf die nächstniedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr.5).

Gemessen an den vom BSG aufgestellten Kriterien ist der Kläger allenfalls der Gruppe der einfach angelernten Arbeiter (Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten) zuzuordnen. Er war in Deutschland nach Angaben seiner hiesigen Arbeitgeber zunächst vom Januar 1992 bis März 1993 als Hilfskraft in der Industrie-Elektrik und von Mai 1993 bis Februar 1997 als ungelernter Malerhelfer versicherungspflichtig beschäftigt. Anhaltspunkte für eine qualifiziertere Tätigkeit des Klägers in Deutschland liegen nicht vor. Als einfach angelernter Arbeiter ist der Kläger auch auf ungelernte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.

Er ist auch noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leichte Arbeiten mit einigen qualitativen Leistungseinschränkungen zu verrichten. Dies ergibt sich aus der umfangreichen Begutachtung des Klägers im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Die Gutachter Dr. L. und Dr. E. stellten im September und Oktober 1998 beim Kläger noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten fest. Die vom Sozialgericht beauftragten Sachverständigen Dr. S. , Dr. S. und Dr. Z. gaben in ihren Gutachten vom 25. April 2001 ein vollschichtiges Leistungsvermögen für zumindest leichte Arbeiten an. Zu demselben Ergebnis kommen die vom Senat beauftragten Sachverständigen Dr. S. und Dr. K. sowohl in ihren Aktenlagegutachten vom 4. November 2002 und 10. Januar 2003 als auch in ihren nach ambulanter Untersuchung des Klägers gefertigten Gutachten vom 5. und 6. Mai 2003. Im Vordergrund der Beschwerden standen bei allen Begutachtungen die für die Einschränkung des Leistungsvermögens auf leichte Arbeiten maßgebenden erheblichen Verschleißschäden der Lendenwirbelsäule, die entgegen der Ansicht des Klägers nach Maßgabe der orthopädischen Gutachten nicht auf den Arbeitsunfall vom 10. Februar 1997 zurückzuführen sind. Auch sonst fanden sich keine Anhaltspunkte für funktionsbeeinträchtigende Unfallfolgen. Die erlittene Serienrippenfraktur ist folgenlos ausgeheilt. Für einen Ursachenzusammenhang zwischen der damals erlittenen Knieprellung und heutigen Kniegelenksbeschwerden aufgrund bestehender Kniegelenksarthrose und Verschleißzeichen des linken Kniegelenkes bestehen keine Anhaltspunkte. Die weiteren orthopädischen Gesundheitsstörungen sind nicht so ausgeprägt, dass sie zu einer zeitlichen Begrenzung des Leistungsvermögens führen würden. Es ergeben sich hieraus - wie zuletzt Dr. S. eingehend ausführt - lediglich qualitative Leistungseinschränkungen. Für eine wesentliche Einschränkung der Gehfähigkeit fanden sich bei den Untersuchungen durch Dr. L. , Dr. S. und Dr. S. keine objektiven Anhaltspunkte.

Auch die nervenärztlichen Untersuchungen im April 2001 und Mai 2003 ergeben keine Hinweise auf dauerhafte neurologische Beeinträchtigungen. Vom Kläger wiederholt und in wechselnder Weise angegebene Schmerz- und Missempfindungen waren bei der klinischen Untersuchung nicht zu verifizieren. Sowohl Dr. S. als auch Dr. K. fanden keine aktuellen neurologischen Beeinträchtigungen. In psychischer Hinsicht ist die noch von Dr. S. diagnostizierte leichtgradige depressive Störung zwischenzeitlich völlig abgeklungen. Bei der Untersuchung durch Dr. K. ergab sich ein unauffälliger psychiatrischer Befund. Der Kläger selbst hat angegeben, er befinde sich zwar in psychiatrischer Behandlung, erhalte jedoch keine Psychopharmaka, was ebenfalls gegen eine belangvolle psychiatrische Gesundheitsstörung spricht. Hinsichtlich des von Dr. Z. im April 2001 diagnostizierten medikamenteninduzierten Magen- und Zwölffingerdarmgeschwürs bedarf es keiner erneuten Begutachtung, da sich diesbezüglich in den Beschwerdeangaben des Klägers und den übersandten medizinischen Unterlagen keine Anhaltspunkte für eine wesentliche Verschlechterung finden. Die Unterlagen enthalten auch keine Hinweise auf weitere, von den Sachverständigen bisher unberücksichtigte Gesundheitsstörungen, die für das Leistungsvermögen des Klägers von Bedeutung sein könnten.

Die im Rahmen der wiederholten Begutachtungen erhobenen Befunde zeigen, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers auf orthopädischem Gebiet hinsichtlich zwischenzeitlich aufgetretener Verschleißzeichen an den Hüft- und Kniegelenken, der Halswirbelsäule, der Schultereckgelenke, der Fingerend- und -mittelgelenke sowie der Großzehengrundgelenke verschlechtert hat. Nach den ausführlichen und überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. S. handelt es sich dabei jedoch bislang um leichte, lediglich an den Fingermittelgelenken der Zeigefinger und Ringfinger um ausgeprägtere Verschleißzeichen, die auf das zeitliche Leistungsvermögen des Klägers keinen Einfluss haben. Auch die Fingerfertigkeit und das Gehvermögen des Klägers werden hierdurch nicht wesentlich eingeschränkt. Anhaltspunkte für eine Einschränkung der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit finden sich in den nervenärztlichen Gutachten nicht.

Der Senat schließt sich der von Dr. S. und Dr. K. unter Berücksichtigung der umfangreichen Vorgutachten und medizinischen Unterlagen nach eigener Untersuchung des Klägers überzeugend, schlüssig und widerspruchsfrei getroffenen Leistungsbeurteilung an.

Bei vollschichtiger Leistungsfähigkeit für leichte Arbeiten ist der Kläger ohne Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich machen würde (vgl. BSGE 80, 24), liegt nicht vor. Für ungelernte Tätigkeiten typische Verrichtungen wie das Zureichen, Abnehmen, Sortieren, Verpacken oder Montieren sind dem weder hinsichtlich der Konzentrations- und Umstellungsfähigkeit noch der Feinmotorik wesentlich eingeschränkten Kläger ohne weiteres möglich. Für eine vom Kläger wiederholt behauptete und bei den Untersuchungen in Deutschland demonstrierte Gangunsicherheit und Wegstreckenbeschränkung fanden sich weder orthopädisch noch neurologisch oder psychiatrisch objektive Anhaltspunkte. Auffallend ist vielmehr die wechselhafte Darstellung des Gehvermögens seitens des Klägers, der beispielsweise am 5. Mai 2003 bei der Untersuchung durch Dr. S. ohne Unterarmgehstützen nur eine langsame, rechtshumpelnde Gehweise demonstrierte, Zehen- und Hakengang sowie Einbeinstand nicht durchführte und eine Kniebeuge aus Angst vor einem Schwindelanfall mit Sturz ablehnte, während er bei der Untersuchung durch Dr. K. am selben Tage ohne Unterarmgehstützen ein unauffälliges Gangbild bot, Fersen- und Zehenstand durchführte und eine tiefe Kniehocke unter Hinweis auf zu erwartende Rückenschmerzen, nicht aber wegen Schwindels und Sturzgefahr, verweigerte.

Ist der Kläger nicht berufsunfähig nach § 43 Abs.2 SGB VI a.F., so liegt auch keine Erwerbsunfähigkeit nach § 44 SGB VI a.F. (vgl. BSG Urteil vom 5. April 2001 - B 13 RJ 61/00 R -) oder (teilweise) Erwerbsminderung (bei Berufsunfähigkeit) nach §§ 43, 240 SGB VI n.F., die ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen voraussetzen, vor.

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob der Kläger nach seiner Ausreise Ende November 1998 in Bosnien-Herzegowina zwischen Dezember 1998 und dem Beginn des dortigen Rentenbezuges im Dezember 2001 noch anrechenbare Versicherungszeiten zurückgelegt hat und bis zu welchem Zeitpunkt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Erwerbsminderung (§§ 43 Abs.1 Nr.2, 44 Abs.1 Nr.2 SGB VI a.F. i.V.m. §§ 240, 241 SGB VI a.F. bzw. §§ 240, 43 Abs.1 Satz 1 Nr.2 SGB VI n.F. i.V.m. § 241 Abs. 2 SGB VI n.F.) noch erfüllt wären.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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