L 3 BA 1/18

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 12 R 478/12
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 BA 1/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 3. Dezember 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander Kosten in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen. -

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Kläger die seit dem 18. Mai 2010 ausgeübte Tätigkeit als Geschäftsführer der zu 1. beigeladenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) seit dem 1. Juni 2011 im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt.

Gegenstand der GmbH ist ausweislich der Eintragungen im Handelsregister des Amtsgerichts S. (HRB 15741) die Durchführung von Dienst- und Bauleistungen im Waldbaubereich. Die Gesellschaft ist an einer grundstückshaltenden Gesellschaft beteiligt, die über Grundbesitz in T. und Z. verfügt. Das Stammkapital der Gesellschaft von 85.000,00 DM wurde seit der Gründung der Gesellschaft von M. H. (Diplom-Forstingenieur) gehalten, dessen Schwiegersohn seit dem 20. August 2011 der am ... 1975 geborene Kläger (Diplom-Ingenieur) ist.

Nach § 7 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages in der seit der Gründung der Gesellschaft im Jahr 1999 geltenden Fassung bedurften alle Gesellschafterbeschlüsse über die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern, die Änderung des Gesellschaftsvertrages, die Einziehung eines Gesellschaftsanteils aus wichtigem Grund, die Feststellung des Jahresabschlusses, der Beschluss über die Gewinnverwendung und die Auflösung der Gesellschaft der Mehrheit von zwei Dritteln der Gesellschafter. Im Übrigen genügte nach § 7 Abs. 3 dieses Gesellschaftsvertrages für Beschlüsse die einfache Mehrheit.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 17. Mai 2010 wurde der Kläger mit Wirkung ab dem Folgetag zum alleinigen Geschäftsführer der GmbH berufen und gleichzeitig M. H. Einzelprokura erteilt, die nach den Eintragungen im Handelsregister die Ermächtigung zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken einschließt. Im Übrigen wurde der Ehefrau des Klägers Einzelprokura erteilt.

Mit dem notariell beurkundeten Vertrag vom 31. Mai 2011 übertrug M. H. dem Kläger einen Teilgeschäftsanteil von 4.250,00 DM, d.h. fünf Prozent des Stammkapitals, zu einem Kaufpreis von 2.173,00 EUR. In § 4 dieses Vertrages regelten M. H. und der Kläger eine Stimmrechtsbindungsvereinbarung wie folgt:

"Zwischen uns als Gesellschaftern der W. S. GmbH besteht eine Vereinbarung zur Stimmrechtsbindung nach der wir die uns zustehenden Stimmrechte als Gesellschafter der vorgenannten GmbH nur abgestimmt, das heißt nur einstimmig ausüben. Die Vereinbarung dient dem Erreichen einer effizienten, gemeinschaftlichen und gleichberechtigten Führung des gemeinsamen Familienunternehmens. Gemäß den gesellschaftsvertraglichen Regelungen ist die Ausübung und Wahrnehmung des Stimmrechts in Vollmacht möglich. Bei Veränderungen der Stimmrechtsanteile insgesamt oder für einzelne der beteiligten Gesellschafter ist eine neue Vereinbarung zu treffen. Das Ausscheiden eines Gesellschafters bedeutet das Erlöschen der Stimmrechtsbindungsvereinbarung. Zur Bekräftigung der Ernsthaftigkeit der Stimmbindung und zum Zwecke des Nachweises erfolgt die Stimmbindungsvereinbarung in notarieller Form.".

Wegen der weiteren Einzelheiten des notariellen Vertrages vom 31. Mai 2011 wird auf Blatt 30 bis 35 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

Der im Verwaltungsverfahren vorgelegte Geschäftsführervertrag zwischen der Beigeladenen zu 1. und dem Kläger betrifft die Geschäftsführertätigkeit des Klägers für den Zeitraum ab dem 1. Juni 2011. Er enthält insbesondere die Vereinbarung einer Befreiung von dem Beschränkungen nach § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) (§ 1 Abs. 2), einer monatlichen Vergütung in Höhe von 4.000,00 EUR mit einer jährlichen Anpassung entsprechend dem Erfolg der Gesellschaft und den Lebenshaltungskosten (§ 2 Abs. 1 und 4), einer Fortzahlung der Vergütung bei Krankheit und Urlaub (§ 2 Abs. 2, § 4 Abs. 1) und einer einstimmig durch die Gesellschafterversammlung zu beschließenden Tantieme entsprechend dem Bilanzgewinn (§ 2 Abs. 3). Der Vertrag soll nur von Seiten des Klägers ordentlich kündbar sein (§ 5 Abs. 2). Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Geschäftsführervertrages wird auf Blatt 39 bis 40 der Verwaltungsakte Bezug genommen.

Am 1. Juli 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV), dass er seit dem 1. Juni 2011 bei der Beigeladenen zu 1. nicht abhängig beschäftigt sei und nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege. Er sei Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. und lenke deren Geschicke. Es werde ein gleichberechtigtes Nebeneinander zwischen den Gesellschaftern gelebt. Die Stimmrechtsbindungsvereinbarung sei erfolgt, um seine besondere Stellung nach außen zu dokumentieren. Ein theoretisch denkbares Weisungsrecht ihm gegenüber sei vertraglich abbedungen. Soweit die Vergütung "zunächst" auf 4.000,00 EUR festgelegt worden sei, werde daraus deutlich, dass die Vergütung an die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Unternehmens angepasst werde. Im Übrigen sei er durch eine Tantieme am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beteiligt. Die Gesellschaft habe auf ihr Kündigungsrecht bezüglich des Geschäftsführervertrages verzichtet. Er sei von den Beschränkungen des Selbstkontrahierungsverbotes befreit. Soweit er keine privaten Gelder in das Unternehmen eingebracht habe, beruhe dies darauf, dass das Einbringen von finanziellen Mitteln nicht vonnöten gewesen sei. Nachfolgend übersandte er die Zustimmungserklärung zum späteren Beginn der Versicherungspflicht, dem ein Statusreport über den Stand einer Lebensversicherung des Klägers zum 30. April 2011 mit einem Rückkaufswert von 1.753,22 EUR und einer garantierten Monatsrente zum Rentenbeginn von 88,17 EUR sowie über eine Riester-Rente ohne nähere Angaben beigefügt gewesen sind.

Nach mehrfacher Anhörung stellte die Beklagte mit gleichlautenden an den Kläger und die Beigeladene zu 1. adressierten Bescheiden vom 7. Dezember 2011 eine Versicherungspflicht des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung ab dem 1. Juni 2011 fest. Die Voraussetzungen für einen späteren Beginn der Versicherungspflicht seien nicht erfüllt, weil der Kläger die Geschäftsführertätigkeit bereits seit dem 18. Mai 2010 ausübe und der Antrag damit nicht innerhalb von einem Monat im Sinne des § 7a Abs. 6 SGB IV gestellt worden sei. Den hiergegen nur von dem Kläger am 4. Januar 2012 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2012 als unbegründet zurück. Ausgangspunkt der Prüfung sei der Gesellschaftsvertrag. Die grundsätzliche Weisungsgebundenheit eines Geschäftsführers ergebe sich aus den Beschränkungen in § 37 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG). Maßstab für die Bestimmung der persönlichen Abhängigkeit eines Geschäftsführers sei die abstrakte Rechtsmacht, die durch deren Gebrauch bestätigt werde, durch einen fehlenden Gebrauch aber nicht verloren gehe. Die Abänderung eines Gesellschaftervertrages sei formgebunden. Hier seien die in § 7 des Gesellschaftervertrages geregelten notwendigen Mehrheiten für Gesellschafterbeschlüsse maßgebend. Da der Kläger nur fünf Prozent des Stammkapitals besitze, habe er keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH auf Grund seiner Kapitalbeteiligung. Er sei nicht in der Lage, Gesellschafterbeschlüsse herbeizuführen oder zu verhindern. Der Kläger erhalte im Übrigen eine monatlich gleichbleibende Vergütung und habe Anspruch auf Weiterzahlung der Bezüge im Krankheitsfall. Indizien für eine selbstständige Tätigkeit seien hier lediglich die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot und die Berechtigung, die Gesellschaft allein gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Diese Merkmale träten jedoch gegenüber der Weisungsgebundenheit durch die Gesellschafterversammlung in den Hintergrund. Auch durch die außerhalb des Gesellschaftsvertrages geschlossene notariell beurkundete Stimmbindungsvereinbarung werde weder eine Änderung des Gesellschaftsvertrages bewirkt noch sei eine entsprechende Auslegung möglich. Es lägen hier zwei einander widersprechende vertragliche Regelungen vor. Grundsätzlich gelte in diesen Fällen, dass eine satzungsgemäße Ausübung des Stimmrechts wirksam sei, auch wenn gegen eine anderslautende Stimmrechtsverpflichtung verstoßen werde. Die in der Satzung getroffenen Regelungen in Bezug auf die Beschlussfassung könnten durch eine notariell beurkundete Stimmbindungsvereinbarung nicht abbedungen werden. Dem Gesellschaftsvertrag sei Vorrang einzuräumen. Aus einer notariell beurkundeten Vereinbarung zur Stimmrechtsbindung ergebe sich damit keine (umfassende) Sperrminorität, die maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft einräume. Grundsätzlich sei diese Vereinbarung durch jeden der beteiligten Gesellschafter jederzeit kündbar.

Hiergegen hat der Kläger am 24. September 2012 Klage beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhoben und die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 7. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2012 sowie die Feststellung, dass er in seiner Geschäftsführertätigkeit seit dem 1. Juni 2011 nicht auf Grund einer abhängigen Beschäftigung der Sozialversicherungspflicht unterliege, verfolgt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen seine Ausführung im Rahmen der Antragstellung bei der Beklagten wiederholt und vertieft.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 22. März 2013 die GmbH zum Verfahren beigeladen und mit Urteil vom 3. Dezember 2015 den Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2012 aufgehoben sowie festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1. seit dem 1. Juni 2011 nicht der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus abhängiger Beschäftigung unterliege. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, nach Auffassung des Gerichts sei der Kläger in dem streitbefangenen Zeitraum seit Juni 2011 als geschäftsführender Gesellschafter der Beigeladenen zu 1. selbstständig tätig. Es sei sicherlich zutreffend, dass der Geschäftsführervertrag vom 1. Juni 2011 weitgehend arbeitnehmertypische Rechte und Pflichten enthalte, etwa durch die Vereinbarung eines festen Monatsgehaltes und die Regelung von Ansprüchen auf Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Erholungsurlaub. Allerdings habe M. H. dem Kläger mit dem Kaufvertrag vom 31. Mai 2011 einen Geschäftsanteil in Höhe von fünf Prozent des Stammkapitals der Beigeladenen zu 1. übertragen. Auf Grund der notariellen Beurkundung sei die hier getroffene Stimmbindungsvereinbarung nur durch eine notarielle Vereinbarung aufhebbar. Damit sei der Sachverhalt nicht mit demjenigen vergleichbar, der Gegenstand der (zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig veröffentlichten) Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11. November 2015 (- B 12 KR 2/14 R, B 12 KR 13/14 R und B 12 KR 10/14 R -) gewesen sei. Deshalb sei der Kläger als gleichberechtigter Mitgesellschafter und Selbstständiger zu beurteilen.

Gegen das ihr am 28. Dezember 2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27. Januar 2016 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt und darauf abgestellt, dass die Rechtsauffassung des Sozialgerichts nicht mit der Rechtsprechung des BSG, insbesondere in dem Urteil vom 11. November 2015 (- B 12 KR 13/14 R -, juris), vereinbar sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 3. Dezember 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladenen haben von einer Antragstellung abgesehen.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 16. Juni 2016 - bei dem Senat eingegangen am 21. Juni 2016 - mitgeteilt, der Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen zu 1. sei mit dem beigefügten notariell beurkundeten Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 12. Mai 2016 zu § 7 des Gesellschaftsvertrages geändert worden. Zu der Urkunde und dem Antrag auf Eintragung in das Handelsregister wird auf Blatt 138 bis 142 Bd. II der Gerichtsakten Bezug genommen.

Der Kläger ist mit richterlichem Schreiben vom 10. November 2016 darauf hingewiesen worden, dass die am 12. Mai 2016 geänderten Rechtsverhältnisse nicht zwingend Gegenstand des Antragsverfahrens seien, über das im vorliegenden Rechtsstreit zu entscheiden sei. Im Übrigen werde der Senat nicht umhin können, sich an der Entscheidung des BSG vom 11. November 2015 (- B 12 KR 13/14 R -, juris) auszurichten. Diese lasse keinen wesentlichen Raum, bei einem Gesellschafter mit einem Gesellschaftsanteil von fünf Prozent des Stammkapitals von einer selbstständigen Tätigkeit auszugehen.

Mit richterlichem Schreiben vom 9. Februar 2017 sind Ermittlungen zum Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung vorgenommen worden, die vom Kläger dahingehend beantwortet worden sind, dass er seit dem Jahr 2013 auf Grund des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze privat krankenversichert sei.

Mit Beschluss vom 22. März 2017 hat der Senat die Beiladungen zu 2. bis 4. bewirkt.

Die Beklagte hat sich mit Schriftsatz vom 4. Januar 2017 der Rechtsauffassung im gerichtlichen Schreiben vom 10. November 2016 in Bezug auf die Änderung der Rechtsverhältnisse angeschlossen. Sie hat über die Sozialversicherungspflicht des Klägers in seiner Stellung als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. über den 11. Mai 2016 hinaus auf einen weiteren Antrag des Klägers nach § 7a SGB IV mit Bescheid vom 23. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2017 entschieden. Diesem ist die Rechtsbehelfsbelehrung über die zulässige Klage bei dem Sozialgericht Dessau-Roßlau binnen eines Monats nach der Zustellung beigefügt.

Der Kläger hat am 14. August 2017 (Montag) einen an das LSG adressierten und nicht mit dem Hinweis auf eine Eilbedürftigkeit versehenen Schriftsatz (per Telefax, Eingang um 16.32 Uhr) eingereicht, in dem mitgeteilt wird, der Kläger gehe davon aus, dass der vorgenannte Bescheid gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gegenstand des Verfahrens werde. Im Übrigen heißt es dort: "Sollte das Gericht hier tatsächlich eine andere Auffassung vertreten, ist dieser Schriftsatz als Klage zu werten, die mit folgenden Anträgen erhoben wird [ ]". Es werde gebeten, die Klageschrift nach § 91 Abs. 2 SGG unverzüglich an das zuständige Gericht der Sozialgerichtsbarkeit abzugeben. Der Vorgang ist dem Berichterstatter am 21. August 2017 (Montag) vorgelegt worden und mit Telefaxschreiben vom 21. August 2017 bei dem Prozessbevollmächtigten angefragt worden, ob eine Weiterleitung des Schriftsatzes vom 14. August 2017 an das Sozialgericht Dessau-Roßlau erfolgen solle. Mit dem beim LSG per Telefax am 31. August 2017 eingegangenen Schriftsatz unter diesem Datum ist von dem Kläger ausgeführt worden, es sei "nochmals mitzuteilen", dass der Gesamtsachverhalt bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor der letzten Tatsacheninstanz bewertet werden müsse. Sei das Gericht - begründet - anderer Auffassung, bleibe keine andere Möglichkeit als die "Verweisung an das dann zuständige Sozialgericht". Dies ergebe sich aus § 91 Abs. 2 SGG.

Die Hauptbeteiligten und die Beigeladenen haben sich sämtlich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in dem Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2012 mit der Feststellung der Sozialversicherungspflicht des Klägers in seiner Geschäftsführertätigkeit für die Beigeladene zu 1. über den 31. Mai 2011 hinaus. Eine Zäsur bildet nachfolgend das von dem Kläger für die Beurteilung der Rechtsverhältnisse ab dem 12. Mai 2016 eingeleitete Statusfeststellungsverfahren.

Die vom Kläger zunächst gewünschte Zusammenfassung mehrerer Statusfeststellungsverfahren in dem Sinne, dass zumindest für den Zeitpunkt ab der Änderung des Gesellschaftsvertrages mit notariell beurkundetem Gesellschafterbeschluss vom 12. Mai 2016 eine Sozialversicherungspflicht des Klägers im laufenden Berufungsverfahren vom Senat verneint werden sollte, ist nicht möglich. Diese Zusammenfassung kann insbesondere nicht auf die Dogmatik zum maßgebenden Sach- und Streitstand gestützt werden. Denn jede abweichende Statusfeststellung für eine anderen Maßstäben folgende Tätigkeit setzt ein Verwaltungsverfahren nach § 7a SGB IV voraus. Das ergibt sich bereits aus dem in dieser Vorschrift (dort insbesondere in den Absätzen 3 bis 7) vorgegebenen Ablauf, den der Senat nicht durch eine eigene Bearbeitung des Verwaltungsverfahrens zu ersetzen hat. Dementsprechend ist hier - nach entsprechendem Hinweis durch den Senat - mit Bescheid der Beklagten vom 23. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2017 entschieden worden.

Die hier schließlich erfolgte Entscheidung der Beklagten über die Sozialversicherungspflicht des Klägers über den 11. Mai 2016 hinaus mit Bescheid vom 23. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2017 ist jedoch nicht zum zulässigen Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden.

Die Voraussetzungen einer Einbeziehung des vorgenannten Bescheides in das Berufungsverfahren ergeben sich insbesondere nicht nach § 96 Abs. 1 SGG in der Fassung des Art. 1 Nr. 16 des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I, S. 444). Nach dieser Vorschrift wird nach Klageerhebung ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Zwar findet diese Vorschrift auch auf während des laufenden Berufungsverfahrens erlassene Verwaltungsakte Anwendung (vgl. auch zur Rechtsentwicklung z.B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG Kommentar, 12. Aufl. 2017, § 96 RdNr. 7). Eine Änderung im Sinne dieser Vorschrift liegt indes nur vor, wenn der bereits erlassene Verwaltungsakt teilweise aufgehoben wird. Auch wird der zunächst angefochtene Bescheid hier durch den weiteren Bescheid nicht ersetzt. Denn der nachfolgende Verwaltungsakt muss zur Regelung desselben Rechtsverhältnisses ergangen sein und einen identischen Regelungsgehalt betreffen (vgl. auch zur Rechtsentwicklung z.B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 96 RdNr. 4 und 4a). Ein neues Statusfeststellungsverfahren stellt nicht dasselbe Rechtsverhältnis in diesem Sinne dar. Auch der Kläger selbst macht eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse geltend.

Eine ggfs. konkludente Klageänderung mit einer Einbeziehung des Bescheides vom 11. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2017 in das Berufungsverfahren ist bereits nicht mit hinreichender Deutlichkeit erfolgt. Entsprechende Prozesshandlungen sind bedingungsfeindlich und können nicht von einer Vorprüfung eines Mitglieds eines Spruchkörpers oder des Spruchkörpers in seiner Gesamtheit abhängig gemacht werden (vgl. zu einer unter einer Bedingung eingelegten Berufung: Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 14. März 2007 - XII ZB 235/05 -, juris, RdNr. 10; Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 90 RdNr. 4a). Das muss einem rechtskundig vertretenen Beteiligten auch geläufig sein. Im Übrigen setzt eine solche Klageänderung eine erstinstanzliche Zuständigkeit des LSG voraus, die hier nicht gegeben ist (vgl. z.B. Sommer in: Roos/Wahrendorf, SGG Kommentar, 2014, § 157 RdNr. 8 m.w.N.). Damit kann dahinstehen, dass allein die Beklagte Berufungsführerin ist und damit eine Änderung des Klagegegenstandes durch die Klägerin ausgeschlossen sein dürfte. Die Beklagte hat einer Klageänderung auch ausdrücklich nicht zugestimmt.

Im Übrigen darf der Bescheid vom 23. März 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2017 nicht bereits in Bestandskraft erwachsen sein, um Grundlage einer inhaltlichen Prüfung des Senats zu sein. Das setzt nach § 90 SGG zur Wahrung der Klagefrist den Eingang bei dem zuständigen Gericht voraus. Vor diesem Hintergrund ist mit Telefaxschreiben des Berichterstatters vom 21. August 2017 nochmals bei dem Kläger nachgefragt worden, ob der Schriftsatz vom 14. August 2017 an das Sozialgericht Dessau-Roßlau hat weitergeleitet werden sollen. Eine fristwahrende Einlegung bei einem anderen Gericht nach § 91 Abs. 1 SGG setzt voraus, dass diesem unbedingt und unmissverständlich mitgeteilt wird, dass die Klageerhebung bei dem zuständigen Gericht gewollt ist (vgl. zu einem nicht zur Fristwahrung geeigneten bedingt eingelegten Rechtsmittel: BGH, Beschluss vom 14. März 2007, a.a.O., RdNr. 14). Bei einer von einer Bewertung des Berichterstatters oder des Senats (hier verbunden mit einer geforderten wohl schriftlichen Begründung noch innerhalb der gerade ablaufenden Klagefrist) abhängig gemachten Klage liegen auch die Voraussetzungen einer Weiterleitung an ein anderes Gericht nicht vor.

Die Berufung ist begründet.

Das Sozialgericht Dessau-Roßlau hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger übt auch seit dem 1. Juni 2011 seine am 18. Mai 2010 aufgenommene Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. nicht im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit aus. Daraus resultiert seine Sozialversicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, zur Arbeitsförderung und (bis zum Jahr 2012) in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung.

Die Beklagte ist gemäß § 7a Abs.1 Satz 2 und 3 SGB IV für die begehrte Feststellung, ob eine Beschäftigung vorliegt, zuständig.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung und (soweit die maßgebende Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht überschritten wird) in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI); § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III); § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V); § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI)).

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Auf der Grundlage des festgestellten (wahren) Inhalts der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R -, juris, RdNr. 16 f., m.w.N.).

Der zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. mit Wirkung ab dem 1. Juni 2011 geschlossene Geschäftsführeranstellungsvertrag enthält mehrere Regelungen, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen (feste, monatlich gezahlte Vergütung in gleichbleibender Höhe; Anspruch auf eine Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfall und auf bezahlten Urlaub). Dass der Kläger vom Selbstkontrahierungsverbot (§ 181 BGB) befreit ist, spricht - wie das BSG bezogen auf Geschäftsführer wiederholt entschieden hat - nicht zwingend für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 18 m.w.N.).

Ist ein GmbH-Geschäftsführer - wie hier der Kläger - zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Hinzu kommen die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung. Entscheidend für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung ist dabei, ob die rechtliche Möglichkeit besteht, als beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter-Geschäftsführer nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 24 m.w.N.).

Der Kläger verfügt mit einem Geschäftsanteil von fünf Prozent am Stammkapital hier weder über eine für die Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung erforderliche Mehrheit noch über eine sogenannte Sperrminorität. Auch durch die unter dem 31. Mai 2011 notariell beurkundete Stimmrechtsbindungsvereinbarung wurde ihm nicht die gesellschaftsrechtliche Rechtsmacht verliehen, ihm nicht genehme Weisungen durch die Gesellschafterversammlung abzuwenden.

Ausweislich § 7 des Gesellschaftsvertrages in der über den 31. Mai 2011 hinaus geltenden Fassung werden Gesellschafterbeschlüsse regelmäßig mit einfacher Mehrheit und in bestimmten Fällen mit einer qualifizierten Mehrheit von zwei Dritteln der Gesellschafter gefasst. Im Hinblick auf diese Abstimmungsmodalitäten konnte der Kläger ihm nicht genehme Entscheidungen nicht verhindern.

Dem steht auch nicht die am 31. Mai 2011 geschlossene Stimmrechtsbindungsvereinbarung entgegen. Denn der Verstoß gegen eine Stimmbindungsvereinbarung lässt die Wirksamkeit eines Gesellschaftsbeschlusses grundsätzlich unberührt und berechtigt regelmäßig nicht zur Anfechtung des Gesellschafterbeschlusses.

Die Frage, ob Gestaltungen der Gesellschaftsrechts- bzw. Gesellschaftsvertragsrechtslage (überhaupt) für die Entscheidung über den sozialversicherungsrechtlichen Status bedeutsam sind, und - falls ja - mit welchem Indizcharakter und welcher Gewichtung im Rahmen der insoweit zu treffenden Abwägung aller Umstände, beurteilt sich ohne strikte "Parallelwertung" allein im vorliegend thematisch einschlägigen - sozialversicherungsrechtlichen - Kontext des § 7 Abs. 1 SGB IV (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 27). Es liegt im Interesse aller Beteiligten, der Versicherten und der Versicherungsträger, die Frage der Versicherungspflicht bzw. fehlender Versicherungspflicht wegen Selbstständigkeit schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil diese nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten des Sozialleistungsträgers und die Leistungsansprüche des Betroffenen von entscheidender Bedeutung sein kann. Gerade dieses Postulat der Vorhersehbarkeit prägt das Recht der Pflichtversicherung in der Sozialversicherung und unterscheidet dieses von Wertungen des - an ganz anderen praktischen Bedürfnissen ausgerichteten - Gesellschaftsrechts. Vor diesem Hintergrund ist sozialversicherungsrechtlich bedeutsam, dass im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Minderheitenrechte eine ganz andere Stellung des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers vermitteln als Vereinbarungen außerhalb des Gesellschaftsvertrages. Die Anforderungen an die Aufhebung gesellschaftsvertraglicher Regelungen sind hoch: Der Beschluss über eine Änderung des Gesellschaftsvertrages muss nach § 53 Abs. 2 GmbHG notariell beurkundet werden und bedarf einer Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen. Wer als Minderheitsgesellschafter über eine solche ihm im Gesellschaftsvertrag eingeräumte Sperrminorität verfügt, kann sich deshalb im Konfliktfall gegen eine Entziehung seiner Sperrminorität wehren. Hinzu kommt, dass der Gesellschaftsvertrag und spätere Änderungen zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden sind (§§ 8, 54 GmbHG). Nur im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Minderheitenrechte können deshalb für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Gesamtbildes ihrer Tätigkeit verlässlich bedeutsam sein, soweit daraus eine Selbstständigkeit hergeleitet werden soll (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R -, juris, RdNr. 32 m.w.N.).

Stimmrechtsbindungsvereinbarungen stellen rein schuldrechtliche Vereinbarungen dar. Nach der Rechtsprechung des BGH führen solche außerhalb des Gesellschaftsvertrages auf Dauer eingegangenen schuldrechtlichen Abstimmungsverpflichtungen unter wechselseitiger Beteiligung aller Gesellschafter an der Stimmbindungsvereinbarung regelmäßig zu einer Innengesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705ff. BGB), weil mit der koordinierten Ausübung der Stimmrechte ein gemeinsamer Zweck verfolgt wird (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 13/14 R -, juris, RdNr. 31 m.w.N.). Auch wenn sie auf unbestimmte Zeit abgeschlossen werden, sind sie jederzeit ordentlich kündbar (§ 723 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Ungeachtet des Umstandes, dass das BSG die sogenannte Kopf- und Seele-Rechtsprechung inzwischen aufgegeben hat (vgl. Urteil des BSG vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R -, juris RdNr. 29 m.w.N.), sind für die Geschäftsführerstellung des Klägers keine tätigkeitsbezogenen Gründe für die Stimmrechtsbindung erkennbar. Vielmehr scheint die Stimmbindungsvereinbarung bereits wesentlich von dem Willen geleitet gewesen zu sein, die Last zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen zu verringern. Dafür spricht auch der Inhalt des vorgelegten Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 12. Mai 2016, in dem diese Motivation offen angesprochen wird. Diese Zielrichtung lässt aber gleichzeitig keinen Zweifel daran, dass die tatsächlichen Machtverhältnisse in der Beigeladenen zu 1. durch die Stimmbindungsrechtsvereinbarung vom 31. Mai 2011 nicht zutreffend abgebildet wurden. Für diese Einschätzung spricht auch, dass sowohl M. H. als auch die Ehefrau des Klägers jeweils mit Einzelprokura ausgestattet wurden und diese Rechtsmacht für M. H. sogar die Ermächtigung zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken einschließt, d.h. Geschäfte mit elementarer Bedeutung für die Gesellschaft. Im Übrigen machen die Angaben des Klägers im Zusammenhang mit der Zustimmung nach § 7a Abs. 6 SGB IV deutlich, dass er selbst über keine nennenswerte soziale Absicherung verfügte und damit einen Geschäftsführervertrag unter den Bedingungen des Vertrages mit Wirkung ab dem 1. Mai 2011 (der im Übrigen keinen Anspruch auf eine Absicherung über die Gesellschaft vorsieht) nicht im Rahmen eines gleichberechtigten Verhältnisses, in dem im Wesentlichen der Kläger die Geschicke der Gesellschaft lenkt, abschließen konnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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